Lassiter 2694 - Tom Hogan - E-Book

Lassiter 2694 E-Book

Tom Hogan

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Beschreibung

Die vier Gunslinger brachten ihre Pferde am Zügelholm des Saloons zum Stehen. Sie glitten aus den Sätteln und lockerten ihre steif gewordenen Glieder. Aus dem Gastraum des Lady's House erklang der Refrain eines beschwingten Virginia Reel.
Dan Hancock zog lässig seinen Hutrand ins Gesicht. "Es heißt, in diesem Laden arbeiten nur Frauen - eine hübsche als die andere."
"Es heißt aber auch, dass ein paar dieser Beautys verdammt gut mit dem Eisen umgehen können." Rick Ashley warf die Zügel übers Haltegeländer. "Wer nicht nach ihrer Pfeife tanzt, wird vor die Tür gesetzt. Mit den Ladys ist nicht gut Kirschen essen."
Hancock boxte Ashley gegen die Schulter. "Angst vor Weiberröcken?" Er lachte geringschätzig, dann rückte er seinen Revolvergurt zurecht. "Also los! Zeigen wir den Ladys, aus welchem Holz echte Kerle geschnitzt sind!"


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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Heißes Blei im Lady's House

Vorschau

Impressum

Heißes Blei im Lady's House

von Tom Hogan

Die vier Gunslinger brachten ihre Pferde am Zügelholm des Saloons zum Stehen. Sie glitten aus den Sätteln und lockerten ihre steif gewordenen Glieder. Aus dem Gastraum des Lady's House erklang der Refrain eines beschwingten Virginia Reel.

Dan Hancock zog lässig seinen Hutrand ins Gesicht. »Es heißt, in diesem Laden arbeiten nur Frauen – eine hübscher als die andere.«

»Es heißt aber auch, dass ein paar dieser Beautys verdammt gut mit dem Eisen umgehen können.« Rick Ashley warf die Zügel übers Haltegeländer. »Wer nicht nach ihrer Pfeife tanzt, wird vor die Tür gesetzt. Mit den Ladys ist nicht gut Kirschen essen.«

Hancock boxte Ashley gegen die Schulter. »Angst vor Weiberröcken?« Er lachte geringschätzig, dann rückte er seinen Revolvergurt zurecht. »Also los! Zeigen wir den Ladys, aus welchem Holz echte Kerle geschnitzt sind!«

An jenem verhängnisvollen Samstagabend hatte Lorna McCain, die Besitzerin des Lady's House, den Ausschank übernommen.

Im Saloon herrschte reger Betrieb. Die Kronleuchter an der Decke tauchten den Saal in bernsteinfarbenes Licht. Bläuliche Tabakschwaden waberten durch den Raum. Auf der Bühne spielte die Kapelle einen Gassenhauer nach dem anderen. Einige Tanzpaare hopsten auf den mit Sägespänen bedeckten Dielen umher. Die Sporen an den Stiefeln der Cowboys klimperten metallisch. An der langen Bartheke reihten sich Schulter an Schulter ein Dutzend Zecher, die meisten Viehtreiber aus Texas. Die Serviermädchen trugen dezente Kleidung und waren nur unauffällig geschminkt, Anweisung der Chefin. Lorna McCain wollte nicht, dass ihr Etablissement mit einem Freudenhaus im Amüsierviertel von Wichita verwechselt wurde. Das älteste Gewerbe der Welt fand im Lady's House nicht statt. Wer mehr wollte, als mit den hübschen Evastöchtern ein Glas Champagner trinken oder mit ihnen das Tanzbein schwingen, musste sich außerhalb des Saloons eine geeignete Partnerin suchen.

Lorna McCain achtete darauf, dass diese Regel streng eingehalten wurde.

Sie stand gerade an der langen Mahagoni-Theke und kassierte Jim Zimack, den Hufschmied, als die Schwingtüren aufsprangen – so laut, dass viele Gäste erstaunt zum Eingang blickten.

Vier düster dreinblickende Männer traten über die Schwelle. Die Daumen überheblich in die Schlaufen des Gürtels gehakt, staksten sie auf die Bartheke zu.

Zimack, der ihnen im Wege stand, wurde angerempelt. Als der Schmied gegen die Rüpelei Protest erhob, legte der Rempler demonstrativ die Hand auf sein Holster.

Der Hufschmied blähte seinen Brustkorb und presste die Lippen zusammen. Dann drehte er sich um und ging.

Die vier wandten sich der Theke zu.

»Platz da!«, rief ihr Anführer, ein schlaksiger Blondschopf mit Yankeebart. »Wir sind am Verdursten. Beiseite, ihr Longhorn-Treiber!«

Die Männer an der Theke wandten den Kopf.

Auch Lorna wurde auf die Neuankömmlinge aufmerksam. »Da sind noch vier Sitzplätze frei!«, rief sie über die Barriere hinweg. »Neben dem Spieltisch, rechts an der Tanzfläche.«

»Wir wollen uns aber nicht hinsetzen«, sagte der Mann, der neben dem blonden Wortführer stand. »Wir machen es am liebsten im Stehen, auch das Trinken.« Er hielt seinen Spruch für geistreich und lachte rauhalsig.

Niemand lachte mit.

»Whisky«, sagte der Blondschopf zu Lorna. »Aber gleich 'ne ganze Flasche, wenn ich bitten darf.« Sprach's und zwängte sich zwischen zwei Texaner, die sich gerade über den Komfort in den Pullman-Waggons des Denver-Express unterhielten.

Die Barfrau ahnte, dass das Quartett auf Stunk aus war. Sie überlegte, wie sie den sich anbahnenden Konflikt im Keim ersticken konnte.

»He, nun mal sachte!«, knurrte einer der Texaner. »Ich habe zuerst hier gestanden, Amigo, und du siehst doch, dass hier kein Blatt mehr zwischen uns passt.«

»Erzähl keine Opern, Texman«, raunte der Stänkerer. »Mach Platz für uns und fertig. Wir haben einen langen Ritt hinter uns.«

Der Texaner fluchte. Seine Rechte ließ vom Bierglas ab und sank eine Etage tiefer, zu seinem Revolver.

Doch der Blondschopf war schneller, viel schneller.

Schon zeigte der Lauf seines Navy-Colts auf die Brust des Widersachers. »Keine Dummheiten, Sonny!«, warnte er den Mann aus dem Süden.

Die Männer an der Theke zeigten sich von dem Kunststück sichtbar beeindruckt, aber nicht Lorna McCain.

Sie stieß einen lauten Pfiff aus.

In der gleichen Sekunde hörte die Kapelle auf zu spielen.

Dan Hancock hörte plötzlich eine Stimme, dicht hinter sich – die Stimme einer Frau: »Sofort fallen lassen – sonst sind Sie tot!«

Der Anruf wurde vom Geräusch eines Schlaghammers begleitet, der gerade gespannt wurde.

Hancock starrte den Texaner an, den er mit der Waffe bedrohte.

Der Mann hatte ein breites Grinsen im Gesicht.

Bullshit! Hancock drehte sich um, ganz langsam, aber den Revolver hielt er weiterhin auf seinen Rivalen gerichtet.

Vor ihm und seinen drei Gefährten hatten sich drei junge Frauen in adretten Kleidern aufgebaut, alle mit einem schussbereiten Pocket-Colt in der Hand. Sie sahen nicht so aus, als wenn sie zum ersten Mal mit einer Bleispritze umgingen.

Ashley und die beiden Collins-Brüder standen da wie die Ölgötzen. Ungläubig starrten sie die Serviermädchen an.

»Nimm ihnen die Revolver weg, Maddie«, erklang die energische Stimme der Barfrau.

Hancock glaubte, Hauptperson in seinem schlimmsten Albtraum zu sein. Er war gerade dabei, sich vor versammelter Mannschaft komplett zum Hanswurst zu machen.

Von drei Mädchen entwaffnet und gedemütigt.

Tod und Teufel!

Mehr ging nicht. Wenn sich diese Pleite in Kansas herumsprach, konnte er auswandern, ganz weit weg. Am besten in die Sierra Nevada oder in ein kleines Kaff in Connecticut, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten.

Hancocks Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Auf Verdacht versuchte er es mit Frechheit. »Das traut ihr euch nicht«, sagte er zu dem Mädchentrio. »Ihr blufft, meine Schönen, aber da seid ihr bei mir an der falschen Adresse!«

Im Saal war es mucksmäuschenstill.

Die Stimme der Barfrau zerschnitt das Schweigen wie ein Skalpell.

»Maddie!«

Das Mädchen in der Mitte feuerte den Revolver ab.

Hancock spürte, wie ihm der Hut vom Kopf flog. Die Kugel schlug gegen etwas Hartes an der Rückwand der Theke, prallte ab und zerfetzte ein Licht des Kronleuchters. Glassplitter rieselten auf den Boden.

»Sofort fallen lassen«, sagte das Mädchen, das Maddie hieß.

Hancock überlegte fieberhaft. Die Kleine war ein gottverdammter Shooter. Man hatte sie gewarnt, aber sie hatten die Warnung in den Wind geschlagen. Jetzt war das Kind in den Brunnen gefallen. Wie konnte man sich aus diesem Dilemma hinaus winden, ohne völlig das Gesicht zu verlieren? Ashley und die Collins-Brüder machten bereits Anstalten, dem Kommando der zierlichen Rotblonden zu folgen.

Verdammte Feiglinge!

Schon plumpsten ihre Schießeisen auf die Dielen.

Das Spiel war aus. Hancocks Herz wummerte wie eine Kirchenglocke, die zur Sonntagsmesse rief. Er ließ den Navy-Colt sinken.

»Fallen lassen!«, sagte Maddie, aus deren Colt Rauch züngelte.

Mit einem Fluch warf Hancock der Rotblonden die Waffe vor die Füße.

»Bitte sehr, süße Maddie!«, rief er und hob beide Hände in die Luft. »Dein Wunsch ist mir Befehl. Ich beuge mich gern dem Willen einer schönen Frau.«

Im Saloon wurde hörbar aufgeatmet.

Die Gäste waren gekommen, um sich zu amüsieren, und nicht, um einem tödlichen Kugelgewitter beizuwohnen.

»One, two, three!«, rief der Chef der Kapelle.

Schon erklangen die ersten Takte einer beliebten Polka.

Die Barfrau warf Hancocks durchschossenen Hut auf den Tresen. »Hier, der gehört Ihnen«, sagte sie scharf. »Und jetzt Adios!«

Hancock brannte der Boden unter den Füßen. Alle gafften ihn an, als wäre er eine Attraktion aus Phineas Barnums Kuriositätenkabinett.

»Well, Mister, warten Sie mal«, sagte der Texaner von der Bar.

Hancock wandte sich ihm zu.

Im nächsten Augenblick explodierte die Faust des Cowboys in seinem Gesicht. Hancock riss die Hände hoch, um den Angriff zu kontern.

»Maddie!«, rief die Frau hinter dem Ausschank.

Hancock hielt inne. Wenn er jetzt eine falsche Bewegung machte, war er ein toter Mann! Diese Maddie würde ihn umlegen, ohne mit der Wimper zu zucken.

Er atmete tief durch. Mit der Manschette wischte er sich das Blut aus dem Gesicht. Dann gab er Ashley und den Collins-Brüdern ein kurzes Zeichen mit dem Kopf.

Ihre Revolver zurücklassend, verließen die vier Störenfriede das Lady's House.

»Wir kommen wieder«, murmelte Hancock, als er die Flügel der Pendeltüren aufstieß. »Wir kommen wieder, und dann gnade euch Gott, ihr gottverdammten Satansbraten...«

Lassiter lag auf der Pritsche in der Gitterzelle des City Jails von Littleton. Angestrengt grübelte er über seine missliche Lage nach.

Vor zwei Stunden war er festgenommen worden.

In einer Quergasse der Mainstreet hatte er vor einem Zaun einen leblos daliegenden Mann gefunden. Als er sich über ihn beugte, um zu sehen, was mit ihm los war, tauchten plötzlich zwei Männer auf, die sofort ihre Revolver aus den Holstern rissen. Der Mann am Boden war tot; das Einschussloch zwischen seinen Schulterblättern wies darauf hin, dass er aus dem Hinterhalt mit einer Kugel niedergestreckt worden war. Die beiden Kerle mit den Schießeisen hielten ihn, Lassiter, für den Todesschützen. Sie drohten, ihn auf der Stelle zu erschießen, wenn er nicht sofort seinen Remington wegwarf und mit ihnen zum Sheriff's Office ging. Lassiter hatte versucht, mit den beiden zu reden, aber er war auf taube Ohren gestoßen. In der Hoffnung, dass sich im Büro des Gesetzeshüters der Irrtum aufklärte, hatte er sich von den zwei Männern abführen lassen. Inzwischen waren noch mehr Leute an den Tatort gekommen. Sie kümmerten sich um den Abtransport des Leichnams. Bei dem Toten handelte es sich um einen Mitarbeiter der Bells & Harlowe Bank, die eine Filiale in Littleton betrieb. Deputy Nesmith, der den des Mordes beschuldigten Lassiter im Sheriff's Office in Empfang nahm, steckte ihn ins Gefängnis, ohne seinen Erklärungen Beachtung zu schenken. Der Sheriff sei gerade unterwegs im County, Lassiter müsse so lange warten, bis er wieder zurück war.

Damit verriegelte der Deputy die Zelle und ging fort.

Ein seltsames Knurren unterbrach Lassiters Gedanken.

Er war nicht allein. In dem großen Gitterkäfig stand noch ein zweites Feldbett. Darauf wälzte sich ein großer, dicker Geselle mit roten Wangen und langen, strähnigen Haaren.

Lassiter sah hinüber.

Der große Mann hieß Norman Knox, aber der Deputy redete ihn mit Chubby an. Chubby war eingelocht worden, weil er in eine Metzgerei eingebrochen war, um frisch geräucherten Büffelschinken zu stehlen. Bei seinem Abgang aus dem Lagerraum war er durch ein Fenster geklettert und prompt im Rahmen stecken geblieben. Befreit wurde er am Morgen von dem Metzger, der ihn gleich zum Sheriff verfrachtete.

Das sonderbare Geräusch ertönte zweites Mal.

Norman »Chubby« Knox hob die Achseln. »Mein Magen knurrt«, sagte er. »Kann nichts dafür. Das Abendessen, das der Starman uns vorgesetzt hat, war für den hohlen Zahn.« Er klopfte auf seinen Kugelbauch. »Ich brauche viel mehr als der Durchschnitt der Leute. So ein großer Körper braucht eine Menge Kraft.«

Lassiter nickte versonnen. »Der Sheriff«, sagte er dann. »Was ist das für ein Mensch? Lässt er mit sich reden?«

»Kommt drauf an.« Chubby stemmte sich auf einen Ellbogen. »In meinem Fall wird er bestimmt Gnade vor Recht ergehen lassen, aber wenn es um Mord geht...« Er wackelte mit dem Kopf.

»Ich habe den Mord nicht begangen«, sagte Lassiter. »Als ich den Banker fand, war er schon tot.«

Chubby strich über seinen Bauch. »Mein Gott, hab ich einen Knast.«

Lassiter verfiel in Schweigen. Er kam sich vor, als hätte er in den Schmiertopf gegriffen. Seit er in Littleton war, ging alles schief.

Ein Telegramm von der Zentrale in Washington hatte ihn an diesen vermaledeiten Ort geführt. Er sollte hier einen Verbindungsmann namens Badham treffen, der ihn mit seiner geheimen Mission vertraut machte. Badham war Vorsteher einer kleinen Anwaltskanzlei, doch er glänzte durch Abwesenheit. Selbst seine engsten Mitarbeiter wussten nicht, wo er sich derzeit aufhielt. Lassiter hing in der Luft. Er hatte vor, anderntags ein chiffriertes Telegramm nach Washington durchzugeben, wegen neuer Instruktionen, da war er über die Leiche des hinterrücks erschossenen Bankers gestolpert.

»Ich kannte mal einen Mann«, sagte Chubby, »den nannten sie Badger, weil er gern gestreifte Klamotten trug, wie ein gottverdammter Dachs. Diesem Badger wurde vorgeworfen, einen Kerl umgelegt zu haben, der in der Immobilienbranche mitmischte. Badger schwor, dass er es nicht gewesen sei. Er wäre nur als Erster am Tatort gewesen. Es gab eine Verhandlung, und die Jury hat den armen Kerl zum Tode verurteilt. In Littleton sind sie ganz fix damit. Als wenn es den Leuten Spaß machte, andere aufzuhängen. Bevor ihm der Henker den Strick um den Hals legte, hat Badger noch mal seine Unschuld beteuert. Kein Aas hat ihm geglaubt. Hängt ihn auf, hat der Pöbel gebrüllt. Das Urteil wurde vollstreckt, und Badger landete auf dem Friedhof am Stadtrand.«

»Pech gehabt«, brummte Lassiter, den ein flaues Gefühl beschlich.

Es war wie verhext! Littleton war kein gutes Pflaster für ihn. Wenn diese gottverdammte Jury auch in seinem Fall so kompromisslos entschied, wurde es ernst.

Sehr ernst.

Zum hundertsten Mal fragte er sich, wo wohl sein Kontaktmann abgeblieben war. Badham wusste doch, dass er, Lassiter, nach Littleton kam. Dennoch war er zum vereinbarten Termin nicht an Ort und Stelle gewesen.

Es lag nahe, dass ihm ein Unglück zugestoßen war.

Lassiter überlegte hin und her. Oh, wie er es hasste, zum Nichtstun verurteilt zu sein. Die Stadt Littleton entpuppte sich als große Herausforderung. Er hätte so gern Licht ins Dunkel gebracht und nach Badham gesucht. Als Insasse im City Jail waren ihm jedoch die Hände gebunden.

Derweil schmökerte sein Zellengenosse in einem dünnen Abenteuerheft mit knalligem Umschlag: In Deadwood ist der Teufel los, hieß der Roman.

Chubbys Magen knurrte schon wieder.

Im nächsten Augenblick erklangen Hufschläge vor dem Haus. Alsbald polterten nebenan, im Dienstzimmer des Sheriffs, schwerfällige Schritte. Ein Schlüssel knirschte im Schloss der Verbindungstür.

Lassiters Zellengefährte ließ das Heft fallen und hievte sich aus dem Bett.

Die Tür ging auf, und Deputy Nesmith führte einen Mann im steingrauen Gehrock in den Gefängnistrakt.

»Ich brauche etwas zu essen«, lamentierte Chubby.

»Ist das der Kerl, der Dobson aus der Bank erschossen hat?«, fragte der Unbekannte.

Der Deputy, ein stämmiger Vierschrot mit fuchsrotem Schnauzer, schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Potts, es ist der andere.«

»Sie können mich doch nicht verhungern lassen«, lamentierte Chubby. Er umklammerte zwei Gitterstangen und rüttelte daran, dass es laut klirrte. »Bitte, holen Sie mir was zu beißen. Ich habe Geld und werde jeden Bissen bezahlen. Gütiger Gott im Himmel, habe ich einen Hunger!«

Keiner der beiden Neuangekommenen reagierte auf sein Flehen.

Der Mann, der Potts hieß, wandte sich an Lassiter. »Wer hat Sie beauftragt, Dobson umzulegen?« Er senkte die Stimme. »Es ist doch nicht auf Ihrem Mist gewachsen, den Mann zu killen.«

Lassiter schluckte seinen Ärger hinunter. »Da liegt ein Irrtum vor, Mister. Ich habe diesen Mann nicht erschossen. Kenne ihn ja gar nicht. Er lag tot auf der Straße, als ich zu ihm trat.«

Potts kniff die Augen zusammen. »Wie ist Ihr Name, Mister?«

»Lassiter.«

»Lassiter?« In Potts' Augen irrlichterte es.

»Die Jungs, die ihn hopp genommen haben«, warf Nesmith ein, »sagten, außer dem Toten und ihm war weit und breit kein Mensch zu sehen. Und außerdem fehlte in seinem Remington eine Patrone im Magazin.«

»Die steckt Dobson im Rücken«, meinte Potts.

»Nein, steckt sie nicht«, widersprach Lassiter. »Als ich in Littleton ankam, habe ich einen Schuss in die Luft abgegeben, um einen angreifenden Bastardköter zu verscheuchen.«

»Natürlich, das reinste Unschuldslamm.« Potts räusperte sich und machte die Augen schmal. »Darf man fragen, was Sie hier, in unserer Stadt, wollen?«

»Einen Freund besuchen.«

»Hat Ihr Freund einen Namen?«, hakte der Deputy nach.

»Nat Badham«, gab Lassiter Auskunft. »Er betreibt eine Anwaltskanzlei in der Mainstreet.«

»Badham kenne ich«, sagte Potts. »Raffinierter Paragrafenreiter. Er hat meiner Firma mal in einer Steuersache beraten.«

»Er ist verschwunden«, versetzte Lassiter. »In seiner Kanzlei weiß keiner, wo er steckt. Und eine Familie hat er nicht.«

»Dafür kann keiner was«, brummte Potts. »Badham wird schon wieder auftauchen.«