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Band 1 der nervenaufreibenden Reihe rund um Gideon & Royal! Gideon McDermott ist der erfolgsverwöhnte CEO einer Investmentfirma. Attraktiv, wohlhabend und eiskalt, bekommt er immer, was er will. Als er auf einer Vernissage den Fotografen Royal Wright kennenlernt, weiß er, er muss ihn haben. In seinem Bett. Zu seinen Bedingungen. Das Problem ist nur: Royal steht nicht auf Männer und hat auch keinerlei Interesse an Gideon. Aber Gideon lässt sich nicht entmutigen und so entspinnt sich zwischen den beiden Männern ein Spiel aus Nähe und Distanz. Zu seinem Erstaunen muss Royal feststellen, dass er Männern gegenüber vielleicht doch nicht so abgeneigt ist, wie er zunächst dachte, denn in Gideons Anwesenheit schlägt sein Herz schneller. Als Gideon ihm dann aber ein haarsträubendes Angebot macht, auf dessen Bedingungen er auf keinen Fall eingehen kann, zieht er sich enttäuscht zurück. Eine Notlage zwingt Royal dann aber dazu, sich auf Gideons Forderungen einzulassen. Er lässt sich in eine dunkle Welt aus Grenzen, Regeln und Lust entführen. Wozu Gideon wirklich in der Lage ist, erkennt Royal erst, als es schon fast zu spät ist.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
2. Auflage
Copyright © 2023 T.C. Daniels
Covergestaltung: Catrin Sommer / rausch-gold.com
T.C. Daniels
c/o WirFinden.Es
Naß und Hellie GbR
Kirchgasse 18
65817 Eppstein
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum der rechtmäßigen Besitzer.
Vorwort & Triggerwarnung
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Nachwort
Danksagung
Lost Limits - Desire
Lost Limits - Passion
Lost Limits - Darkness
Lost Limits - Revenge
Lost Limits - Forever
So leidenschaftlich Royal und Gideon sich in meinen Kopf und mein Herz geschlichen haben, so leidenschaftlich ist auch ihre Geschichte. Zwei Männer, von der Vergangenheit beherrscht, versuchen einfach zu überleben. Jeder auf seine Weise.
Ob und wie ihnen das gelingt, wirst Du in der Lost Limits-Reihe herausfinden. Ich freue mich, dass Du Royal und Gideon kennenlernen willst. Nichtsdestotrotz möchte ich Dich nicht ins kalte Wasser werfen. Ich weiß, dass es dort draußen Menschen gibt, die Schlimmes hinter sich haben. So schlimm wie Royal und Gideon.
Und für Dich möchte ich diese Triggerwarnung aussprechen. Sie enthält potentielle Spoiler und solltest Du nicht von einem Trauma oder einer Traumabewältigungsstörung betroffen sein, so empfehle ich Dir, hier weiterzublättern.
Für alle anderen:
Dieses Buch enthält potentiell triggernde Inhalte. Es werden unter anderem sexuelle Gewalt, sowie psychische Erniedrigungen thematisiert. Es werden Traumabewältigungsstrategien angedeutet, die im Roman vielleicht funktionieren. Im wahren Leben ist es immer gut und richtig, sich professionelle Hilfe zu holen.
Nichts, was sich wirklich lohnt,
ist einfach.
Brian Tracy
Gideon
Gideon beobachtete den jungen Kellner, der mit seinem Glenturret-Whisky auf dem Tablett, auf ihn zukam. Er schenkte ihm ein Augenzwinkern und stellte den Tumbler vor ihm auf den Tisch. Seine dunklen Nippel blitzten verführerisch durch das schwarze Fischgräten-Shirt und das Piercing an der linken Brustwarze glitzerte einladend. Er trug eine Lederhose, die nicht viel der Fantasie überließ und jede seiner Konturen vorteilhaft betonte. Seine schmalen Hüften, den runden Po, das üppige Geschlecht. Seine ganze Erscheinung war eine einzige Aufforderung und sein Verhalten gleichzeitig verlockend und unterwürfig. Gideon leckte sich über die Lippen, denn der Mann reizte ihn. Er ließ sich in den weichen, dunkelroten Sessel zurücksinken, ohne den Mann weiter zu ermuntern.
Der Kellner zog sich diskret zurück, nicht ohne ihm noch einen letzten bedauernden Blick zuzuwerfen, dann war Gideon allein mit seinem Edelwhisky, den Dalton, einer seiner wenigen Freunde und gleichzeitig der Besitzer des Darkside Amour, ihm extra aus Schottland importiert hatte, weil er wusste, dass er ihn gern trank.
Guter Mann.
Gideon nippte an seinem Getränk und die zitronige Note vermischte sich mit seinem Hunger nach Sex. Sein Körper stand so sehr unter Spannung, dass er kaum wusste, wohin mit sich. Seine letzte sexuelle Begegnung lag schon viel zu lange zurück und er wusste, dass er sich bald nach einem geeigneten Kandidaten umsehen musste.
Vielleicht würde er später nochmal in den Club zurückkommen und Dalton um Rat fragen. Aber zuerst musste er noch zu einem anderen Termin. Der kurze Abstecher ins Darkside Amour war sein Kompromiss, damit er nicht vollends durchdrehte. Nur für eine Stunde. Nur ein bisschen zusehen. Gideon seufzte.
Er setzte sich jedoch auf, als er bemerkte, dass der Raum auf der anderen Seite des Beobachter-Spiegels von einem Pärchen betreten wurde. Früher oder später war es immer so weit. Das rote Zimmer war bei schwulen Paaren beliebt. Vor allem, weil sich dort drin eine Menge verschiedener Spielsachen und Möglichkeiten befanden. Möglichkeiten, einander Lust zu verschaffen. Möglichkeiten, seinen Partner zu quälen oder ihn zu kontrollieren. Gideon saß sehr oft auf der anderen Seite des Raumes. Man konnte schon fast sagen, dass es sich um seinen Stammplatz handelte. Hier war er der stumme Augenzeuge, wie andere Menschen sich in ihrer Lust verloren. Diese Menschen zu beobachten, törnte ihn an. Manchmal stieß es ihn ab. Oft frustrierte es ihn, dass er nicht selbst Hand anlegen konnte, dann aber war er wieder froh um die Anonymität seiner Position. Er blieb der Zuschauer auf der anderen Seite des Spiegels. Hier konnte er vergessen, wer er war und welche Dämonen ihn umtrieben.
Gideon war sich nicht sicher, ob er das Paar schon mal an einem anderen Abend beobachtet hatte. Aber er war sich sicher, dass sie einander schon länger kannten. Er erriet es an ihren vertrauten Bewegungen. An der Routine, wie der ältere Mann den jüngeren an das Bettgestell fesselte und ihn mühelos erregte. Der Schwanz des jüngeren Mannes war prall nach oben gereckt und bettelte um Erlösung, die der ältere Mann ihm Minute um Minute versagte.
Gideon rutschte auf seinem Sitz umher. Er spürte, wie eine quälende Erregung von ihm Besitz ergriff. Er brauchte wirklich einen Fick. Er war schon längst überfällig. Hätte er in diesem Moment mehr Zeit, würde er sogar selbst Hand anlegen, es wäre nicht das erste Mal. Aber so würde er sich mit den optischen Reizen begnügen müssen und später mit den Erinnerungen an die beiden in sein Bett gehen.
Der ältere Mann reizte den jüngeren weiter. Er liebkoste seinen gesamten Körper, indem er ihn mit Küssen bedeckte, dabei aber bewusst sein Genital aussparte. Gideon sah, wie der jüngere sich beherrschen musste, um nicht augenblicklich zu kommen. Seine Eichel glitzerte im schummrigen roten Licht des Raumes von den Lusttropfen und Gideon lief das Wasser im Mund zusammen. Er konnte den salzigen Geschmack auf seiner Zunge förmlich schmecken.
Er stöhnte leise auf, als der ältere Mann den jüngeren schließlich erlöste und mit der Zunge die Tropfen genüsslich und qualvoll langsam ableckte. Gideon schluckte, als wäre er es gewesen. Seine Hose spannte, sein Schwanz zuckte schmerzhaft und er hätte nichts lieber getan, als sich selbst zu erlösen.
Er umklammerte sein Whiskyglas und leerte es in hastigen Schlucken, während er das Schauspiel weiter beobachtete. Der ältere Mann fing an, den jüngeren oral zu befriedigen, und Gideon bewunderte die Hingabe, mit der er dieser Tätigkeit nachging. Es war Jahre her, seit Gideon das bei einer anderen Person getan hatte.
Bei Weitem nicht lange genug.
Gideon trank schneller, während der ältere Mann seine Bewegungen beschleunigte und sein Partner sich ekstatisch auf dem Bett wand.
Ja. Er war gut. Er hörte im genau richtigen Moment auf. Gideon sah es an der Spannung, die aus dem Körper des jüngeren Mannes wich, einen winzigen Moment, bevor er explodiert wäre.
Sein Whisky war leer, obwohl Gideon sich wünschte, er hätte noch welchen. Er beugte sich vor, weil er nichts verpassen wollte. Nicht, wie der junge Mann gedehnt wurde, nicht, wie sein Loch vom Gleitgel glitzerte. Nicht, wie der ältere Mann mit seinem dicken Schwanz Zentimeter um Zentimeter in ihn eindrang.
Gideon schluckte und beobachtete, wie sein Schwanz sich im Körper des jungen Mannes verlor. Sein Blick schoss zum Gesicht des älteren Mannes. Er sah die Ekstase und die Lust, er sah die Beherrschung und gleichzeitig die Freude darin.
Welche Emotionen waren auf seinem Gesicht zu lesen, fragte er sich unwillkürlich.
Der ältere Mann beugte sich vor und küsste den jüngeren Mann sanft auf den Mund. Die beiden trieben es in der Missionarsstellung miteinander.
Viel zu intim. Gideon fickte so nicht. Niemals. Noch nie hatte er einen Mann auf diese Weise genommen.
Er betrachtete die Gesichter der beiden Männer, registrierte, wie sie sich ansahen, wie ihre Blicke ineinander tauchten, wie sie in einer Welt versanken und sich ineinander verloren. Ihre Körper wurden zu einem, ihre Bewegungen gingen fließend ineinander über, sie strahlten eine Schönheit aus, die eine jähe Wut in Gideon heraufbeschwor, die ihn nicht überraschte, denn er war ihr schon oft begegnet.
Mit einer schnellen Bewegung knallte er sein Glas zurück auf den Tisch und erhob sich ruckartig. Sein Ständer drückte noch immer schmerzhaft gegen seinen Reißverschluss, aber er ignorierte ihn. Er würde nicht wichsen und diese beiden Männer dabei vor Augen haben.
Wenn er fickte, dann ging es um Sex.
Wenn er fickte, dann gab es keine Liebe oder Gefühle.
Gideon
Die Ausstellung war ziemlich gut besucht für einen noch unbekannten Künstler. Cherry, die Galeristin, eine Bekannte von ihm, hatte ein furchtbares Geheimnis aus den Bildern gemacht, weshalb Gideon neugierig auf die Ausstellung gewesen war.
Er liebte Kunst und alles was damit zu tun hatte. Andere rauchten teure kubanische Zigarren oder spielten Golf, er kaufte sich schier unbezahlbare Bilder und hängte sie in sein Haus.
Nachdem er ein Glas Champagner entgegengenommen hatte, schlenderte er durch die Ausstellungsräume. Für seinen Besuch im Darkside Amour hatte er die Eröffnungsrede der Ausstellung sausen lassen und jetzt wusste er nicht recht, ob er lachen oder Cherry für ihre weise Voraussicht beglückwünschen sollte. Wenn sie auch nur eines der Stücke beworben hätte, wäre die Galerie heute leer geblieben, dessen war er sich sicher.
Gideon betrachtete unauffällig die Gesichter der anderen Besucher und schmunzelte innerlich über die bemüht ernsthaften Mienen, während sie den Fotografien an der Wand einen Sinn abzuringen versuchten. Er würde zu gern wissen, was sie davon hielten.
Weil er Cherry nicht ausmachen konnte, schlenderte er durch die perfekt ausgeleuchteten Räume. Perlendes Gelächter, leises Gemurmel und das Klacken von Absätzen auf dem Parkett drang an seine Ohren und ergab eine angenehme Geräuschkulisse, die ihm sehr vertraut war. Das langgezogene Vibrieren seines Handys unterbrach den Frieden und er nahm den Anruf entgegen, ohne auf das Display zu achten.
»Hallo Bruderherz«, sagte Sterling auch schon und sein warmherziges Lachen drang an Gideons Ohr. Es war so warmherzig, dass seine Hände augenblicklich zu zittern begannen und das Handy seinen Fingern entglitt und zu Boden fiel.
Gideon bückte sich hastig. Er bemerkte, wie sich ein paar Blicke, der Leute um ihn herum, auf ihn richteten, und es fühlte sich an, wie ein kleiner Tod. Er griff nach dem Handy, hielt es sich ans Ohr und eilte dann mit letzter Kraft in den hintersten der Räume, der zum Glück verlassen da lag.
Der Rhythmus seines Herzens glich dem einer alten Dampflok. Schnaufend und wummernd. Nie endend. Gideon hielt seine freie Hand in die Höhe und das sichtbare Zittern war erschreckend. Er hasste es so abgrundtief.
Er hasste sich so abgrundtief.
»Du bist heute nicht gerade zum Reden aufgelegt, oder? Feierst du gerade eine fette Party, zu der du mich nicht eingeladen hast?«, fragte Sterling und lachte über seinen eigenen Witz.
Gideon schluckte. »Nein«, sagte er dann. Er hasste sich noch ein bisschen mehr, weil es ihm nicht mal mit sechsunddreißig Jahren gelang, sich gegen seinen Bruder zu behaupten.
»Nein was? Du hast keine Lust zu reden? Keine Party? Gott, Gideon. Dein Mund ist ganz schön lahm geworden.«
»Ich bin auf einer Ausstellung.«
»Verstehe. Hast du meine Mail bekommen? Dass ich wieder nach San Francisco gezogen bin?«
»Ja«, sagte Gideon. Er schloss die Augen, weil er spürte, dass jedes Wort, das Sterling aussprach, ihn seiner Energie beraubte.
»Und bist du mal auf die Idee gekommen, mir zu antworten?«
»Ich habe es wohl vergessen«, antwortete Gideon. Er strich sich mit seiner zitternden Hand über die Stirn, spürte, dass ihm der Schweiß ausgebrochen war, versuchte den Aufruhr in seinem Innern irgendwie niederzuringen, aber es wollte ihm nicht gelingen.
Natürlich nicht. Das wollte es nie.
»Das fällt mir schwer zu glauben. Du bist doch sonst ein richtiger Kontrollfreak.« Sterling lachte wieder. »Hör zu, lass uns demnächst mal Essen gehen, ja? Und es ist ja wohl klar, dass ich zukünftig an den Vorstandssitzungen teilnehmen werde, oder?«
Nicht auch noch das.
»Natürlich«, sagte Gideon.
»Gut. Wir hören uns. Viel Spaß noch auf der Ausstellung.«
Sterling legte auf und Gideon ließ das Handy sinken. Sein Kiefer hatte sich verkrampft und sein Blick war verschwommen. Sein gesamter Körper schien nicht mehr zu ihm zu gehören, während Sterlings Stimme sich wie ein nicht enden wollendes Echo in seinem Kopf wiederholte.
Er hasste es. Hass. Hass. Hass!
»Hey, geht es Ihnen gut?«, fuhr eine tiefe Stimme in seine Gedanken und ließ Gideon zusammenzucken. Sein Handy fiel ein weiteres Mal zu Boden und er sah ihm wie hypnotisiert hinterher. Er entdeckte Risse auf dem Display. Offenbar hatte es den zweiten Sturz nicht unbeschadet überstanden.
»Oh Mist. Jetzt haben Sie gerade die Spider-App installiert. Warum tun Sie das denn?«, fragte die Stimme und Gideons Blick klärte sich so langsam. Er entdeckte ein paar breiter Schultern in einem dunklen Smoking, vor ihm ein Mann, der sich jetzt gerade nach seinem Handy gebückt hatte. Sein Haar war lang, sodass er es mithilfe eines unordentlichen Dutts nach hinten gebunden hatte. Zusammen mit dem eleganten Smoking verlieh ihm das ein wildes, unbändiges Aussehen.
Er hob seinen Kopf und ihre Blicke begegneten sich.
Unwillkürlich hielt Gideon die Luft an. Verdammt. Das war irgendwie angsteinflößend. Menschen, die solche Augen hatten, sollten nicht frei in der Gegend herumlaufen.
Gideon konnte nichts anderes tun, als in die grünen Augen seines Gegenübers zu starren und sie wortlos zu mustern. Bei genauerem Hinsehen erkannte er einen goldfarbenen Ring um die Pupille, der sich nach außen hin in sanfte Strahlen ausbreitete und in dieses faszinierende Grün überging.
»Das ist gerade unheimlich.«
Er hatte einen Bart. Einen dichten, dunklen Vollbart, der ihn männlich und trotzdem gepflegt aussehen ließ und in Gideon den Wunsch heraufbeschwor, seine Fingerspitzen hindurchfahren zu lassen.
»Können Sie aufhören, mich anzustarren, als wäre ich ein totes Wiesel?«
Gideon blinzelte, dann merkte er, dass der fremde, schöne Mann gerade mit ihm sprach. Wiesel? Welches Wiesel?
»Ihr Handy. Spider-App. Ich wollte witzig sein. Zumindest witziger als die jämmerlichen Bilder hier, die diese Ausstellung nicht verdient haben.«
Gideon sah sich um und fragte sich, wovon der Mann eigentlich sprach. Sein ganzer Körper schmerzte von der Anspannung, die ihn noch immer gefangen hielt. Seine Hände zitterten, wenn auch nicht mehr so stark wie noch vor ein paar Minuten.
Oder waren schon Stunden vergangen seit Sterlings Anruf?
»Okay. Sie haben keine Lust zu reden. Kann ich verstehen. Mir ist die Lust auch vergangen. Ich lass Sie jetzt in Ruhe. Tut mir leid mit Ihrem Handy.«
»Nein!«, sagte Gideon schnell.
Der Mann, der sich bereits von ihm abgewandt hatte, drehte sich wieder zu ihm um und musterte ihn nun neugierig. »Nein?«
»Ich … ich war nur in Gedanken«, sagte Gideon und wäre am liebsten im Boden versunken. Das machte diese verdammte Situation mit ihm! Das Händezittern, Sterlings Stimme, der kurze Moment des Kontrollverlusts. Grüne Augen, dichte Bärte. Das war einfach ein bisschen viel für den Augenblick!
Die Augen des Fremden funkelten. »Okay.«
»Sie mögen die Bilder also nicht?« Gideon räusperte sich und zwang seinen Geist dazu, wieder vollends in die Gegenwart zurückzukehren. Das gelang ihm nicht immer. Offengestanden warfen ihn die Kontakte mit Sterling regelmäßig aus der ansonsten geordneten Laufbahn seines Lebens. Immer wieder. Und dann brauchte er mehrere Stunden, bis er sich wieder einkriegte. Aber offenbar hatte der Fremde die Abwärtsspirale mit seinem Gerede über Spider-Apps und tote Wiesel unterbrochen, und Gideon davor bewahrt, in die Tiefen seiner Dunkelheit abzutauchen.
»Nicht wirklich.« In der Stimme des Fremden schwang Unglauben und auch ein wenig Amüsement mit. »Sie etwa?«
Gideon wandte sich zu den Fotografien um, die groß und schnörkellos an den Wänden hingen und von indirektem Licht dezent beleuchtet wurden. Er legte den Kopf schief und versuchte sich eine kluge Antwort einfallen zu lassen. »Ich mag irgendwie das Lichtspiel«, sagte er dann.
Der Mann neben ihm blinzelte, dann öffnete er den Mund, als wollte er etwas sagen. Aber es kam kein Wort dabei heraus, dann schloss er ihn wieder. Das brachte Gideon zum Lachen. »Was?«
»Das ist Ihr Ernst, oder?«
Bevor Gideon antworten konnte, fuhr der fremde Mann aber fort. »Es ist Ihr Ernst. Er hat Jalousien fotografiert.«
Jalousien. Jalousien? Vermutlich hätte Gideon mal einen Blick ins Programmheft werfen müssen.
»Sie waren nicht bei der Eröffnungsrede dabei, zumindest habe ich Sie dort nicht gesehen«, sagte der Fremde.
Er hatte ihn nicht gesehen. Hieß das, er wäre ihm aufgefallen?
»Wenn Sie dabei gewesen wären, hätten Sie mitbekommen, wie großkotzig er davon erzählt hat, wie er das Lichtspiel mit einer simplen Ikea-Lampe erzeugt hat. Ich meine … wir sind hier in San Francisco. Wir haben jede Menge verdammt starkes, absolut geniales, natürliches Licht! Und er erzeugt künstliches Licht mit einer Lampe von Ikea und erzählt es auch noch? Hat er denn gar keine Ehre?«
Der Mann schüttelte den Kopf und Gideon musste unwillkürlich über die Empörung des Mannes grinsen. Der betrachtete ihn von der Seite her, dann schnaubte er. »Sie finden das wirklich witzig.«
»Ich bin mir gerade nicht sicher.«
»Das ist nicht witzig«, betonte der Mann.
Hippie, dachte Gideon plötzlich. Er sah ein bisschen aus, wie ein Hippie, der sich verkleidet hatte. Nur dass er verdammt gut roch und auch noch gepflegt aussah. Jetzt fuhr er sich mit sorgfältig manikürten Fingern über seinen gestutzten Bart und schüttelte wieder den Kopf. Der Ärmel seines Smokings rutschte etwas hoch und offenbarte neben ein paar Lederarmbändern auch noch die unteren Ausläufer eines verschnörkelten Tattoos.
Interessant.
Gideon räusperte sich, weil seine Mundhöhle in den vergangenen Minuten ziemlich trocken geworden war. Dieser Mann war heiß und Gideon hatte ganz bestimmt nicht damit gerechnet, jemanden wie ihn in einer Galerie wie dieser zu treffen.
Das war … magisch.
»Haben Sie auch was dazu zu sagen?«, fragte der Mann nach und zog seine dunklen Augenbrauen auffordernd in die Höhe. Seine grünen Augen blitzten und Gideon war sich nicht sicher, ob er darin Humor entdeckte oder Spott. Vielleicht auch beides.
»Nun, immerhin ist er hier. Er hat eine Ausstellung. Irgendwie scheint er es also geschafft zu haben.«
Der Fremde schnaubte wieder. »Sie beurteilen sein Können also danach, weil er seine Bilder in einer Galerie ausstellt? Was ist, wenn er mit der Galeristin geschlafen hat?«
»Hat er nicht«, sagte Cherry schmunzelnd, die hinter ihnen aufgetaucht war. Gideon konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, was ihm einen bösen Blick des umwerfenden Fremden einbrachte, der zu Cherry herumgefahren war.
»Tut mir leid. Das war eine Grundsatzdiskussion und Gefälligkeitssex war einfach nur ein schlechtes Beispiel«, sagte der Mann entschuldigend und verzog das Gesicht.
»Schon gut. In einer Grundsatzdiskussion darf ein gutes altes Vorurteil einfach nicht fehlen«, sagte Cherry mit einem Augenzwinkern. Und dann tat sie das, was Gideon schon längst hätte tun sollen und reichte dem Fremden die Hand. Sie stellte sich vor und als der Fremde es ihr gleichtat, rann Gideon ein Schauer den Rücken hinunter.
»Ich bin Royal.«
* * *
Royal hatte einen natürlichen Charme an sich, deshalb hatte Cherry ihm seine Bemerkung schnell verziehen und diskutierte mit ihm nun über die Bilder.
Royal vertrat weiterhin sehr konsequent die Meinung, dass sie besser in einem Hinterzimmer einer Wäscherei in Chinatown aufgehoben wären als in einer Galerie, während Cherry mit ihren Argumenten dagegenhielt.
Das gab Gideon die Gelegenheit, die beiden zu beobachten. Er nippte an seinem Champagner, und betrachtete den Mann. Wenn Haut schimmern könnte, würde sie es vermutlich tun. Er hatte diesen bronzefarbenen Hautton, der wirkte, als hätte die Sonne San Franciscos noch ein paar Glitzerpartikel draufgestreut, bevor er die Galerie betreten hatte. Und von seinem Körper ging dieser Duft aus, dieser verdammt heiße Duft nach Sonne, Wind und Orangen.
Fuck.
Vermutlich halluzinierte er jetzt schon, weil er noch halb in diesem Flashback von vorhin feststeckte und noch nicht richtig wieder in der Gegenwart angekommen war. Dieser Mann verwirrte ihn auf eine merkwürdige Weise. Und er erregte ihn. Mehr, als es gut war. So sehr, dass er unauffällig seine Hose zurechtrücken musste, um keinen negativen Eindruck zu vermitteln.
Er sollte Cherry sagen, dass sie diesen Mann als lebendes Objekt an die Wand tackern sollte und ihre Bude wäre tagein, tagaus gerammelt voll.
Gideon leerte den Champagner und nahm sich ein neues Glas von einem Tablett in der Nähe, während er Cherrys und Royals Diskussion lauschte. Roch sie es nicht? Diese Orangen? Stellte sein Lachen nichts mit ihr an? Reagierte nur er so irrational auf Royal?
Das musste an der Parallelwelt liegen, in die er kurzzeitig abgetaucht war. Das war wohl zuviel gewesen für seinen Verstand. Es änderte aber nichts daran, dass er Royal auf eine Art attraktiv fand, wie er schon lang keinen Mann mehr attraktiv gefunden hatte. Auf diese Art, wie man als Kind ein Spielzeug in der Werbung sah und nächtelang davon träumte. Man konnte an nichts anderes mehr denken. Nur diesem Spielzeug würde es gelingen, wieder einen glücklichen Menschen aus ihm zu machen. Nur mit ihm würde er seinen Frieden finden.
Der Fremde lachte und eine Gänsehaut breitete sich auf Gideons Körper aus. Nein. Er war kein Fremder mehr. Er hatte einen Namen bekommen. Einen lächerlichen, dämlichen Namen.
Royal.
Scheiße. Er passte zu ihm.
Keine Ahnung, was mit ihm los war, aber in seinem Kopf hatte ein Karussell begonnen, sich zu drehen. Ein Karussell, dass ihm in jeder Runde den Namen des Mannes zuflüsterte.
Royal.
Oh man.
Gideon leerte sein Glas wieder und nickte. Er entfernte sich von Royal und Cherry, weil er unbedingt ein bisschen Abstand von ihm brauchte. Er hatte wirklich, wirklich das Gefühl, demnächst überzuschnappen. Und er konntenicht garantieren, dass er dann nicht irgendetwas Dummes anstellte.
Immerhin ging es hier um ein begehrenswertes Spielzeug und Gideon hatte Blut geleckt.
Aber vorher erinnerte er sich an seine Verpflichtungen und stürzte sich ins gesellschaftliche Leben. Er fühlte sich nach der Attacke von vorhin wieder stark genug und unterhielt sich mit einigen Geschäftspartnern, während er seinen Blick immer wieder unauffällig durch die Galerie schweifen ließ, auf der Suche nach seinem persönlichen Lieblingsmodel. Ein diskreter Blick auf seine Armbanduhr, ein paar Stunden später, sagte ihm, dass seine gesellschaftlichen Verpflichtungen für den heutigen Abend erfüllt waren.
Was den künstlerischen Aspekt betraf, war der Abend zwar etwas enttäuschend verlaufen, da musste er Royal einfach recht geben. Nachdem er nämlich von dem Detail mit der Ikea-Lampe erfahren hatte, konnte er einfach überhaupt keine Kunst mehr an den Aufnahmen erkennen.