Lost Limits: Passion - T.C. Daniels - E-Book

Lost Limits: Passion E-Book

T.C. Daniels

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Band 2 der Lost Limits-Reihe! Könntest du verzeihen? Nach seinem Verrat hat Royal Gideon konsequent aus seinem Leben gestrichen. Aber das heißt noch lange nicht, dass er den komplizierten Mann auch vergessen kann. Als der ihm in einer schwierigen Situation zur Hilfe kommt, muss Royal sich unwillkürlich fragen, ob nicht mehr hinter seiner Faszination für Gideon steckt. Warum geht dieser Mann ihm so unter die Haut? Und welches Geheimnis umgibt ihn und zieht ihn immer wieder mit sich in die Tiefe? Zögerlich gehen sie aufeinander zu und erleben flüchtige Momente von Grenzenlosigkeit. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer, denn dieses Mal ist es nicht Gideon, der dem Abgrund einen Schritt zu nahe steht ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



LOST LIMITS - PASSION

T.C. DANIELS

INHALT

Triggerwarnung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Danksagung

Lost Limits - Desire

Lost Limits - Passion

Lost Limits - Darkness

Lost Limits - Revenge

Lost Limits - Forever

Impressum

TRIGGERWARNUNG

Die Geschichte um Royal und Gideon geht weiter. Es wird dunkler, verzweifelter und schmerzhaft, weshalb ich auch für Lost Limits - Passion eine Triggerwarnung ausspreche. Sie enthält potentielle Spoiler und solltest Du nicht von einem Trauma oder einer Traumabewältigungsstörung betroffen sein, so empfehle ich Dir, hier weiterzublättern.

Für alle anderen:

Triggerwarnung

Dieses Buch enthält potentiell triggernde Inhalte. Es werden unter anderem sexuelle Gewalt, sowie psychische Erniedrigungen thematisiert. Es werden Traumabewältigungsstrategien angedeutet, die im Roman vielleicht funktionieren. Im wahren Leben ist es immer gut und richtig, sich professionelle Hilfe zu holen.

Everyone wants to be the sun to lighten up someone’s life, but why not be the moon, to brighten in the darkest hour

1

Gideon

»Irgendwie hab ich das Gefühl, deine Veilchen sehen von Tag zu Tag schlimmer aus, kann das sein?«

»Nein, kann es nicht«, knurrte Gideon und sah von seinen Papieren auf. Marshall stand im Türrahmen seines Büros, noch total verstrubbelt und verschlafen. Leider galt das nicht für sein Mundwerk.

Gideon fuhr den Computer runter, griff nach seiner Kaffeetasse, in der sich nur noch kalter Kaffee befand, und erhob sich. »Hast du dich gestern Nacht heimlich weggeschlichen und eine Party gefeiert?«, fragte er, als er an Marshall vorbeiging.

»Ha ha. Sehr komisch. Wirklich. Hast du schon mal versucht, in diesem verrückten Zimmer zu schlafen?« Marshall folgte ihm in die Küche und lehnte sich an die Arbeitsfläche. Sein sehnsüchtiger Blick streifte Gideons vollautomatische Kaffeemaschine, und er erbarmte sich seines Bruders.

»Kaffee?« Gideon trat an einen der Hängeschränke und holte ein Glas heraus, in das die Kaffeemaschine gleich darauf den Latte Macchiato einzufüllen begann.

»Dafür liebe ich dich. Für dein Zimmer nicht. Du bringst mich noch dazu, dass ich mich darauf freue, zurück in die Klinik zu können«, murmelte Marshall und setzte sich auf den Barhocker. »In deinem Zimmer ist es taghell, wenn der Pool beleuchtet ist. So kann man einfach nicht schlafen.«

»Ich schalte das Licht das nächste Mal aus«, erwiderte Gideon. Er würde zu gern mit Marshall tauschen. Die Nächte auf dem Sofa seines Wohnzimmers waren lang und dunkel gewesen, denn im Gegensatz zu seinem Bruder mochte er es, im Hellen zu schlafen. Natürlich würde er ihm das nicht sagen. Er würde weiterhin auf dem Sofa schlafen, wenn Marshall ihn besuchte.

Sie betrachteten die Kaffeemaschine, wie sie ihre Arbeit verrichtete, am Schluss gab der Milchaufschäumer noch cremigen Milchschaum ins Glas, dann herrschte Ruhe. Gideon stellte seinem Bruder den Kaffee hin, und dessen Augen leuchteten auf. »Genial. Es ist echt verdammt lang her, dass ich einen anständigen Kaffee hatte.«

»Stimmt. Zuletzt gestern, oder? Eine Ewigkeit. Du tust mir echt leid.« Gideon grinste seinen Bruder an. Es war schön, mitanzusehen, wie sehr er seine neue Freiheit genoss. Er verbrachte das zweite und letzte Wochenende – vor seiner Entlassung aus der Entzugsklinik – bei Gideon. Und Gideon genoss es, Zeit mit ihm zu verbringen. Mit seinem wirklichen Bruder, nicht mit der drogenabhängigen Kopie, die er so lange Zeit gewesen war.

Marshall verdrehte die Augen. In wenigen Stunden würde er in die Klinik zurückkehren und das Wochenende wäre auch schon wieder vorbei.

»Also, was willst du heute noch unternehmen?«

Marshall grinste. »Du musst mich nicht bemuttern, weißt du? Der Sinn von diesen Wochenenden ist es, herauszufinden, wie ich mein Leben führen würde. Also, wenn du nicht vorhast, ständig meine Hand zu halten, sobald ich wieder draußen bin, dann solltest du jetzt gar nicht erst damit anfangen.«

»Ich werde ganz sicher ständig deine Hand halten, darauf kannst du Gift nehmen«, brummte Gideon. Er würde nicht noch einmal dabei zusehen, wie sein Bruder wegen seiner Drogensucht vor die Hunde ging.

Marshall lehnte sich vor. »Ich wusste, dass es keine gute Idee war, dass du zu keinem der Angehörigenseminare gekommen bist. Dort hättest du nämlich gelernt, wie man mit ehemaligen Junkies umgeht. Jetzt hast du keine Ahnung davon, und deine Überfürsorglichkeit wird mich sofort zurück in die Drogensucht treiben. Aber zum Glück habe ich ja noch zwei Wochen in der Klinik vor mir. Wie wäre es, wenn du mal zu einer der Sitzungen kommst?«

»Auf gar keinen Fall«, brummte Gideon.

Marshall wurde ernst. »Gid. Hast du eigentlich jemals darüber gesprochen? Ich meine, ich bin das Sorgenkind, schon klar, aber du …«

»Wir müssen nicht weiter darüber sprechen. Mir geht es gut. Sehr gut sogar. Ich habe keinen Grund, über irgendwas zu sprechen. Über gar nichts. Und du solltest mich nicht noch einmal Gid nennen, sonst muss ich dir leider eine verpassen.«

Marshall grinste und deutete auf Gideons Gesicht, in dem noch immer die Spuren einer Auseinandersetzung zu sehen waren, die er am liebsten aus seinem Gedächtnis streichen würde. »Worum ging es denn bei diesem Streit?«, fragte er nach und lehnte sich neugierig vor. »Willst du mir nicht endlich erzählen, wer dir dort eine verpasst hat?«

»Nein. Will ich nicht«, erwiderte Gideon. Die Erinnerung an Royals unbändige Wut blitzte vor seinem inneren Auge auf. Gideon blinzelte sie weg. »Wenn du heute also keine Betreuung von mir brauchst, dann gehe ich in die Firma.«

Marshall runzelte die Stirn. »Es ist Sonntag.«

Gideon zog die Augenbrauen zusammen. »Und?«

»Gott, du meinst das wirklich ernst, oder? Du gehst nicht ins Büro. Auf keinen Fall. Wir gehen an den Strand.«

Gideon stöhnte auf. »Komm schon. Muss es wirklich der Strand sein?«

»Muss es. Das letzte Mal, als ich am Strand war, habe ich Koks vertickt und wurde dafür von der Polizei eingebuchtet. Ich muss neue Erinnerungen schaffen.«

2

Royal

»Oh Gott, oh Gott, oh Gott«, murmelte Angela neben ihm. Royal wandte den Blick nicht von Avery ab, die konzentriert auf die kleine Rampe zufuhr und dann einen perfekten Mini-Bunny-Hop ausführte.

»Yes, Baby!«, jubelte Royal und warf seine Faust in die Luft. Avery wendete ihren Scooter und grinste ihn breit an, während Angela neben ihm erleichtert seufzte. »Mein altes Herz macht das nicht mehr lange mit.«

»Sie ist gut, Angi! Zu Weihnachten kauf ich ihr ein Skateboard.«

»Untersteh dich!«, konterte Angela entsetzt.

Royal konnte die Dollarzeichen in ihren Augen sehen. Sie rechnete sich wahrscheinlich bereits aus, was eine Zahnersatzbehandlung kosten würde. Aber daran dachte er nicht. Er dachte nur an den Spaß, den Avery haben würde.

»Irgendwann wird es soweit sein. Gewöhn dich schon mal dran, Granny«, neckte er Angela. Avery kam zu ihnen gefahren, und er klatschte sich mit ihr ab. Er liebte dieses Mädchen!

Sie machten noch ein paar Runden, und Royal hätte nicht stolzer sein können. Nachdem sie nach Hause zurückgekehrt waren, und er ihr aus Peter Pan vorgelesen hatte, bis sie eingeschlafen war, ging er in die Küche, und wurde dort von seinen Mitbewohnern empfangen.

Ein Paket lag auf der Anrichte mitten zwischen ihnen, und seine Mitbewohner betrachteten es mit argwöhnischen Blicken, als wäre es eine hochexplosive Bombe.

»Was ist mit euch?«

»Das ist für dich«, sagte Dakota und deutete mit ihrem Tequilaglas darauf. Er hatte gar nicht gewusst, dass es heute einen Grund gab, Tequila zu trinken.

»Aha. Okay. Gut.«

»Es ist für dich«, wiederholte Dakota bedeutungsvoll und leerte den Tequila. Sie schüttelte sich und verzog ihr Gesicht. Dann deutete sie wieder auf das Paket. »Mach es auf.«

»Warum guckt ihr denn so?« Royal trat näher und warf einen Blick auf den Absender. Es stand nur ein Wort darauf geschrieben, aber das reichte, um seinen Pulsschlag in einen unregelmäßigen Rhythmus fallen zu lassen.

Ich.

Royal betrachtete die schwungvolle Handschrift, die ihm von einem anderen Päckchen sehr bekannt vorkam. Er war nicht wirklich erstaunt, dass die Wut auf Gideon auch nach zwei Wochen noch nicht verraucht war. Vielleicht war sie sogar noch ein wenig stärker geworden. Mit jedem lächerlichen Anruf, jeder E-Mail, jeder Nachricht, die er ihm hatte zukommen lassen, hatte sich seine Wut gesteigert. Und das sollte wirklich etwas heißen, denn er war sowieso schon richtig, richtig sauer auf diesen Mann. Sie alle waren das.

»Ich schicke es zurück.«

»Oder du machst es auf«, schlug Levi vor. »Würde mich wirklich interessieren, was für Liebesgrüße dein irrer Freund dir dieses Mal schickt.«

Royal zog eine Grimasse und schubste Levi. Für einen angehenden Arzt hatte er erschreckend wenig Empathie. »Ich mache es oben auf.«

Dakota stöhnte auf. »Das kannst du nicht machen. Komm schon. Jetzt passiert endlich mal was Spannendes in diesem Haus, abgesehen von den üblichen Vögeleien, und dann schließt du uns aus?« Sie schob ihre Unterlippe vor und setzte ihren süßesten Hundeblick ein, der Royal auflachen ließ.

»Wer vögelt denn?«, fragte er, schnappte sich ihr Tequilaglas und schenkte sich eines voll.

»Ähm. Jeder, außer ich? Du besonders?«, sagte Levi mit ätzender Stimme. Er nahm Royal das Glas aus der Hand und stürzte den Schnaps hinunter. »Ich rette Leben, während ihr euch zügellos vermehrt.«

»Ich habe die Vermehrung bereits abgeschlossen, deshalb verbringe ich meine Abende auf dem Sofa, bewache meine Nachkommenschaft und sehe mir Sex and the City im Fernsehen an.« Angela seufzte.

»Das klingt irgendwie traurig«, sagte Dakota mitleidvoll. »Wir müssen mal wieder um die Häuser ziehen.« Sie gab Angela einen Kuss auf die Wange, dann drehte sie sich wieder um und warf Royal einen blitzenden Blick zu. »Machst du es jetzt auf, oder soll ich?«

Royal verdrehte die Augen. In den vergangenen zwei Wochen waren nach und nach all die gestohlenen Gegenstände in verschiedenen Paketen geliefert worden. Und jedes Mal, wenn einer von ihnen einen Gegenstand zurückbekommen hatte, war seine Wut auf Gideon gestiegen. Er hatte eine Art an sich, die Royal einfach nur wütend machte. Er hatte so viele Grenzen überschritten, er hatte gelogen und ein Verbrechen begangen, wobei Royal sich sicher war, dass nicht Gideon in ihr Haus spaziert war und die Gegenstände geklaut hatte. Vermutlich hatte er irgendjemanden dafür bezahlt. Gideon machte sich nicht selbst die Hände schmutzig.

Royal holte eine Schere und trennte das Klebeband auf. Seine Mitbewohner beugten sich neugierig vor, als er die beiden Laschen des Kartons zur Seite schob, um den Inhalt des Kartons genauer zu betrachten.

»Was ist das?«, fragte Angela irritiert.

»Meine fucking Festplatte!«, jubelte Royal und holte das Kunststoffgehäuse aus dem Karton. Das war der letzte Teil der Gegenstände, die bei dem fingierten Einbruchdiebstahl aus seinem Zimmer gestohlen worden waren, und Royal hatte es schwer vermisst. Er hatte sogar daran gezweifelt, sie jemals wieder zurückzubekommen, weil Gideon mit Sicherheit bewusst war, welch unschätzbaren Wert die Platte für ihn hatte. Vielleicht hatte er darauf gehofft, dass Royal sich bei ihm meldete, aber er war hart geblieben. Er hatte sich geweigert, auf irgendeine Art Kontakt zu Gideon aufzunehmen und ihn darum zu bitten, ihm die Festplatte zu schicken. Er vermutete, dass Gideon genau dies bezweckt hatte, indem er ihnen das Diebesgut nur nach und nach aushändigte. Aber letztendlich hatte sich sein Abwarten ausgezahlt.

Er hatte all seine Ausrüstung zurück, und konnte jetzt guten Gewissens den verrücktesten Mann aller Zeiten aus seinem Leben streichen. Einen Mann, der nicht davor zurückschreckte, ein Verbrechen zu begehen, nur, damit Royal sich ihm hingab. Ein Mann, der nicht zögerte, das Vertrauen anderer Menschen zu missbrauchen, um an seine eigenen, egoistischen Ziele zu gelangen.

Auch nach zwei Wochen erschreckte es Royal manchmal noch, wie sehr er sich in Gideon getäuscht hatte. Für ihn war die Sache nicht nur ein Spiel gewesen. Leider. Er wünschte, er könnte mit der gleichen Oberflächlichkeit und Distanz an ihre gemeinsame Zeit zurückdenken, aber das wollte ihm nicht gelingen.

Er war verletzt, wenn er über Gideons Vertrauensmissbrauch nachdachte. Immerhin hatte er einen Einbruch vorgetäuscht und Royal in finanzielle Bedrängnis gebracht, damit er Sex mit ihm bekam.

Jetzt war er zwar um fünfundzwanzigtausend Dollar reicher, er hatte das Diebesgut zurückerhalten, und Gideon für seine ungeheuerlichen Taten eine reinzuhauen, hatte auch verdammt gut getan. Trotzdem fühlte sein Herz sich an, als sei es gebrochen worden. Von einem Mann, der von Gefühlen, geschweige denn Liebe, absolut nichts verstand, denn sonst hätte er so etwas nicht abgezogen.

Doch für Gideon schien es noch nicht vorbei zu sein. Immer wieder suchte er seither den Kontakt zu ihm. Erst über das »in Geiselhaft« genommene Diebesgut, aber auch über diverse Nachrichten. Es war, als ob Gideon nicht verstand, dass Royal sauer auf ihn war und unter diesen Umständen auf keinen Fall wiedersehen wollte.

»Wie kann man so ausrasten wegen einer Festplatte?«, fragte Angela kopfschüttelnd.

»Das ist, wie wenn du plötzlich ein Date hättest«, erwiderte Royal und duckte sich lachend unter einer Kopfnuss weg. »Fünftausend Bilder, Leute!«, rief er und schwenkte die Festplatte hin und her. Er eilte die Treppen nach oben in sein Zimmer, das inzwischen wieder aussah wie sein Zimmer. Vollgestellt mit verschiedensten Utensilien, die er für seine Fotografie brauchte. Sein Schreibtisch war nicht länger eine leere Fläche. Sein geliebter iMac thronte wieder darauf, als wäre er nie weg gewesen, Lautsprecherboxen, Laufwerke, Kartenleser, weitere Monitore. Sein kleines Paradies der Technik.

Royal stöpselte die Festplatte ein und schmiss sich auf seinen Schreibtischstuhl. Mit ein paar Klicks startete er seinen Musikplayer, dann klickte er das Laufwerk an, in dem sich die Festplatte befand. Erleichtert atmete er auf, als er entdeckte, dass sich anscheinend wirklich alle Fotos unbeschadet darauf befanden.

Es waren nicht nur verschiedenste Aufnahmen seiner privaten Exkursionen, sondern auch erste Auftragsarbeiten darauf. Es wäre ziemlich ärgerlich gewesen, wenn er seinen Kunden hätte mitteilen müssen, dass ihre Bilddateien sich nicht länger in seinem Besitz befanden.

Er scrollte sich durch die Liste und konnte das dämliche Grinsen nicht von seinem Gesicht wischen. Draußen war es schon längst dunkel, drinnen beschallte Mando Diao ihn, und der Anblick seiner Aufnahmen machte ihn grenzenlos glücklich. So glücklich, dass er Gideon für eine kurze Zeit mal aus seinem Kopf streichen konnte.

Gegen Mitternacht war er durch und erreichte die Aufnahmen, die er zuletzt auf die Platte gespielt hatte. Sein Zeigefinger scrollte langsamer, und schließlich klickte er ein Bild an. Es öffnete sich im Großformat, und sein Atem stockte. Offenbar hatte sein lästiger, billiger, dummer Körper noch nicht mitbekommen, dass sie Gideon nicht länger mochten. Anders konnte er sich das heitere Pochen seines Herzens nicht erklären.

Er musterte Gideons Antlitz. Sein ernstes Gesicht, die dunklen, aufmerksamen Augen, der stachelige Dreitagebart, das weiße Hemd, das sich eng an seine Muskeln schmiegte, die dunkle Hose, die seinen Hintern so toll betonte.

Royal erinnerte sich gut, wann er das Foto aufgenommen hatte: In Gideons Büro, als sie sich sehr nahegekommen waren und sie beide entsprechend darauf reagiert hatten. Alles, woran er damals hatte denken können, war, diese Fotos zu machen.

Gideon auf irgendeinen Träger bannen, damit er sich ihn immer wieder ansehen konnte. Damit er vielleicht irgendwann herausfand, was ihn so sehr an Gideon anzog. An einem Mann. Einem Mann, der dominant, unehrlich und ganz sicher auch problembeladen war. Immerhin hatte er ja diese kleine Obsession, wenn es um Berührungen ging – oder eben um das Vermeiden eben jener.

Royal seufzte und schloss das Bild. Am besten wäre es, wenn er dieses und alle anderen löschen würde. Auf der Stelle. Ab in den Papierkorb und danach direkt auf die virtuelle Müllhalde damit.

Sein Zeigefinger schwebte über der Maus, der Mauszeiger schwebte über dem Datei-Icon, und Mando Diao sangen über den langen Weg, den es noch zu beschreiten galt.

Royal seufzte wieder, verschob die Maus und schloss das gesamte Programm. Er vertagte die Entscheidung auf morgen. Es würde niemanden umbringen, wenn die Bilder noch ein wenig länger auf seiner Festplatte herumlagen. Er musste sie sich ja nicht mehr ansehen.

3

Gideon

»Du warst diese Woche schon zweimal hier«, sagte Dalton und sah Gideon entgegen, als der sich auf einen der Barhocker setzte. Dalton war viel zu aufmerksam, er sah zu viel, und manchmal pisste es Gideon an.

Meistens.

Aber jetzt drehte er sich um und griff nach einer weiteren Flasche Glenturret-Whisky. Er ließ die rotbraune Flüssigkeit in einen Whisky-Tumbler einlaufen und stellte ihn vor Gideon auf die Theke. Mit einer routinierten Bewegung verschloss er die Flasche, dann schnappte er sich sein Handtuch und begann, ein paar Gläser zu polieren, die auf der Arbeitsfläche herumstanden. Leider hieß das nicht, dass er Gideon damit vom Haken ließ. Es hieß nur, dass er beschäftigt war, während er Gideon ausgiebig musterte.

Schließlich ging er um den Tresen herum und lehnte sich mit dem Rücken neben ihn an die Theke. »Was ist los?«, fragte er.

Gideon nippte am Whisky und betrachtete die lange Reihe von alkoholischen Flaschen hinter der Bar. Er wollte nicht reden. Nicht darüber. Er wollte einfach hier sein und vergessen. Seinen Kopf für ein paar Stunden auf Standby schalten.

»Du willst nicht reden?«

»Bin ich jemals hergekommen, weil ich reden wollte?«, fragte Gideon zurück und sah Dalton nun doch an. Wenn man einen Menschen in seinem Leben als Freund bezeichnen konnte, dann vermutlich ihn. Zumindest kannten sie sich nun schon ein paar Jahre lang, und Gideon hatte für sich eine Definition von Freundschaft gefunden, mit der er leben konnte.

Dalton war hier, und Gideon konnte herkommen, ohne dass er das Gefühl haben musste, dass irgendwas von ihm erwartet wurde. Und das war das verdammt beste Gefühl überhaupt.

Gideon hatte es ihm nie gesagt, aber vermutlich wusste Dalton, dass er nicht in der Lage war, ihm einen größeren Anteil in seinem Leben freizumachen.

»Vermutlich springst du mir gleich an die Gurgel, aber ich mache mir Sorgen um dich«, sagte Dalton. Einer der anderen Barkeeper stellte ein Bier vor Dalton auf den Tresen. Er nahm die Flasche und drehte sie gedankenverloren zwischen seinen Fingern hin und her, dann sah er Gideon an. »Muss ich mir Sorgen machen? Ich meine … du hast dein Zimmer schon eine Weile nicht mehr genutzt. Gibt es dafür einen Grund?«

Gideons Miene verdüsterte sich. Er wollte nicht an das Zimmer im Keller des Darkside Amour denken, das er gewöhnlich für seine sexuellen Aktivitäten nutzte. Royal war sein letzter sexueller Kontakt gewesen, und bei ihm war alles anders gelaufen, als es geplant gewesen war. Alles.

»Nein«, antwortete Gideon und leerte seinen Whisky. Er hob das Glas an und signalisierte dem Barkeeper, dass er Nachschub brauchte. Es war der Gleiche wie der vor ein paar Wochen. An jenem Abend hatte er Royal kennengelernt. Und seither hatte sich alles verändert. Musste Dalton sich Sorgen machen? Musste irgendjemand sich Sorgen machen?

»Bist du mit Sterling verabredet?«, fragte Dalton plötzlich, und Gideon sah sich hastig um. »Nein.« Er hatte seinen Halbbruder ebenfalls entdeckt, der die breite Treppe in das Darkside Amour heruntergeschlendert kam, als würde ihm der verdammte Club gehören. Er unterhielt sich mit ein paar Leuten, lachte dabei und sah verdammt zufrieden aus.

Der Barkeeper stellte einen neuen Tumbler vor Gideon ab.

»Vielleicht solltest du dir eine Show gönnen«, sagte Dalton. Er schob den Kristallschwenker in Gideons Hand und drückte Gideons Schulter. Die verhasste Berührung reichte aus, um seinen Körper augenblicklich in Bewegung zu versetzen. Es war wie ein Schalter, der umgelegt worden war. Mit schnellen Schritten entfernte sich Gideon von der Bar und aus dem Hauptraum, um in einen der vielen Gänge zu verschwinden, die in die Geheimnisse des Clubs führten. Er flüchtete, wie der kleine Feigling, der er war.

Sterling hatte ihn nicht gesehen. Was tat er überhaupt hier? Er war selbst der Besitzer unzähliger Sex-Clubs auf der ganzen Welt. Warum besuchte er ausgerechnet das Darkside Amour?

Gideon ging bis ans Ende des Gangs, ehe er einen der Räume durch einen schwarzen Vorhang betrat. Der Zuschauerbereich war in vollkommene Dunkelheit gehüllt, während der Teil, in dem sich das Liebespaar aufhielt, dezent ausgeleuchtet war.

Gideon war sich zwar nicht vollkommen sicher, aber er hatte das Gefühl, der einzige Zuschauer zu sein. Er ließ sich in einen gepolsterten Sessel sinken und schluckte schwer. Die Panik wollte nach ihm greifen und ihn mit sich in die dunkelsten Abgründe ziehen. Seine Hände zitterten unkontrolliert, und er stellte seinen Whisky ab, bevor er noch mehr davon verschüttete.

Er entdeckte drei nackte Männer, die sich auf einer breiten Liegefläche wälzten und sich gegenseitig verwöhnten und liebkosten, während seine Gedanken durch Zeit und Erinnerung rasten und ihn daran hinderten, auch nur ein Bild der Gegenwart aufzunehmen. Blicklos sah er ihnen zu. Sie erreichten ihre Höhepunkte, Gideon nicht.

Er saß auch noch in dem Sessel, nachdem die Männer den Raum verlassen hatten und es schon lange nichts mehr zu sehen gab. Er saß da, versuchte seine Hände zur Ruhe zu bringen und nicht bei jedem Geräusch, das von draußen hereindrang, zusammenzuzucken. Er versuchte, Sterlings Stimme herauszuhören, aber es gelang ihm nicht. Er saß da, als die meisten Besucher den Club längst verlassen hatten und Dalton ihm versichert hatte, dass Sterling weg war. Er saß da, hatte seine Hand um den Kristallschwenker gekrallt und starrte vor sich hin.

4

Gideon

Vor zehn Jahren hatte sein Vater einen Schlaganfall erlitten. Einen kleinen, winzig kleinen Moment lang hatte Gideon es als vollendetes Karma betrachtet. Wir haben das, was uns geschieht, selbst erschaffen.

Aber dann hatten sich Fragen und Gedanken auf ihn gestürzt, die so unfassbar schmerzten, dass er seine gehässigen Ansichten schnell zur Seite schob und sich daran machte, die Firma zu übernehmen, so, wie sein Vater und er es immer geplant hatten.

---ENDE DER LESEPROBE---