Maddrax 418 - Sascha Vennemann - E-Book

Maddrax 418 E-Book

Sascha Vennemann

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Beschreibung

Als Professor Dr. Jacob Smythe in seinem Roboterkörper das Wurmloch passiert, landet er nicht auf Terminus. Für Maschinenwesen wie ihn ist das Ziel Binaar, und hier lautet die einzige Regel, in der Hierarchie der Konkurrenten ganz nach oben an die Spitze zu kommen, will man die Chance erhalten, zu den Initiatoren auf den Ringplaneten geholt zu werden.

Smythe wäre nicht Smythe, wenn er sich dieser Herausforderung nicht stellen würde. Denn seine bisherige Priorität - den Erzfeind Commander Drax zu vernichten - wurde aus seinem Speicher gelöscht...

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Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Was bisher geschah …

Wege zur Macht

Leserseite

Cartoon

Die MADDRAX-Zeittafel

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Sascha Vennemann

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2484-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hilfreiche Links zu diesem Roman:

Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ihre Achse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz retten ihn Barbaren, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, auf einen von zwanzig Monden um einen Ringplaneten versetzt werden.

Sie finden sich auf dem Mond Terminus in der Stadt Toxx wieder, wo ein Psi-Feld alle Sprachen übersetzt – und sie gleichzeitig ihr früheres Leben vergessen lässt! Die Wurmloch-Anzüge schützen vor dieser Strahlung; das erfahren die beiden, als sie das Wolfsmädchen Kra’rarr treffen, das Xaanas Anzug besitzt. Xaana und der Roboter Jacob Smythe – Matts Erzfeind – gingen Monate vor ihnen durch das Wurmloch.

Immer wieder werden Bewohner von den „Friedenswahrern“, die in einem Turm im Zentrum der Millionenstadt residieren, abgeholt. Matt will mehr erfahren und ahnt nicht, dass sie von dem Religionsgründer „Hochwürden“ ausspioniert werden. Er hilft den Menschen mit einem „Zeitgift“, das extrem beschleunigt, einer Falle der Tauchergilde zu entkommen.

Bei einem unterirdischen Fluss geraten Matt und Aruula in einen Kerker, wo das mächtige Volk der Saven eingesperrt wurde. Sie selbst können entkommen, doch die Saven installieren unbemerkt ein Quantenbewusstsein in Aruula, das beim Kontakt mit den Friedenswahrern in Aktion treten soll. Als sie endlich in den Turm gelangen – wo sie alle Erinnerungen an die Erde verlieren – öffnet der „Schläfer“ in Aruula den Kerker der Saven. Danach schickt er die beiden zum Wassermond Aquus, wo sie sich mit dem Probanden Mi-Ruut zum Südpol aufmachen. Unterwegs treffen sie auf Hydree, eine Rasse, deren Nachkommen heute auf der Erde leben. Die Fischwesen geben Matt und Aruula ihre Erinnerungen wieder, die nur blockiert wurden. Auf der Insel Assala werden sie von einer magnetischen Anlage festgehalten, bevor sie sich befreien und mit einer Ladung Mintan, das sie von einer Gruppe Polatai „geerbt“ haben, weiterreisen. Am Südpol gelangen sie mit der Hilfe eines Hydree in den dortigen Transferturm – und erfahren, dass sie nicht zum Ringplaneten reisen können, wohl aber zum Mond Binaar, auf dem der Smythe-Roboter gelandet sein dürfte. Sie wagen den Transfer, und hinter ihnen sprengt der Hydree den Turm.

Auf Binaar werden sie getrennt. Während Matt zu den Bios gesperrt wird, die den Cyborgs als Ersatzteillager dienen, gerät Aruula an den Avatarkörper eines Friedenswahrers, der in den Menschen Potenzial sieht und ihnen hilft, dann aber vom Smythe-Roboter übernommen wird …

Wege zur Macht

von Sascha Vennemann

Oktober 2545, Erde

Jacob Smythe näherte sich der Tür, aus der das gleißende Licht auf ihn fiel. Die Tür des Aufzugs hinter ihm schloss sich mit einem leichten Quietschen, ansonsten war es totenstill. Die Quelle der Strahlung, die jedes Lebewesen in der Nähe des CERN in den Wahnsinn trieb, hatte auf ihn keine Auswirkung, denn er lebte nicht – nicht im herkömmlichen Sinne.

Jacob trat näher und betrachtete das Phänomen. Eine faustgroße künstliche Sonne schwebte in der Mitte des Raums. Aber das, was er eigentlich gesucht hatte, sah er nicht. Xaana war nicht hier.

Sie muss es getan haben, dachte Jacob. Sie ist tatsächlich durch das Wurmloch gegangen …

Es gab keine andere Möglichkeit. Jacob hatte das restliche Gebäude bereits durchsucht, und er konnte sich nicht vorstellen, dass Xaana sich irgendwo anders in dem strahlenverseuchten Gebiet aufhielt, auch wenn sie einen Schutzanzug trug, den man im Hort des Wissens angefertigt hatte.

Nein, die Frau war nicht mehr hier. Und damit war auch Jacobs Chance, sie als Druckmittel gegen seinen Erzrivalen Matthew Drax einzusetzen, hinfällig – sein eigentlicher Plan, der ihn hierher geführt hatte.

Seine Emotions-Subroutinen reizten ihn zu einem sarkastischen Kichern. Der ganze Aufwand, den er betrieben hatte, um hierher zu gelangen – für nichts? Seine Reise aus Amerika nach Schottland, seine Tarnung als Androide namens Troyaan, um sich den Zugang zum Hort des Wissens und das Vertrauen seiner Bewohner zu erschleichen …

„Es ist noch nicht vorbei“, knurrte er. Vorsichtig ging er in den Raum hinein und umrundete das Wurmloch in einigem Abstand. Die Messinstrumente, die ihm Darius Quicksilver mitgegeben hatte, spielten verrückt. Luftdruck, Temperaturen, Partikeldichte, magnetische Strahlung; in der Kombination ergab nichts in der Nähe des Phänomens Sinn. Quicksilver würde sich an den Daten die Zähne ausbeißen, da war er sicher. Wenn sich schon sein eigener überlegener Verstand keinen Reim darauf machen konnte, standen die Chancen, dass es ein zusammengewürfelter Haufen von Retrologen vermochte, denkbar schlecht. Jacob war sich nur bei einem sicher: dass er nicht voraussehen konnte, was passierte, wenn er ebenfalls den Durchgang wagte.

Er warf einen Blick zurück zum Aufzug. Es stand ihm frei zu gehen. Darius wartete außerhalb der Strahlenzone auf ihn. Seit Jacobs Abschied von ihm waren noch keine sechs Stunden vergangen. So verlockend der Gedanke – aus persönlicher und wissenschaftlicher Sicht – auch war … er konnte es nicht riskieren, den Weg einzuschlagen, den Xaana offensichtlich gewählt hatte.

Wer weiß, ob sie den Übergang überhaupt überlebt hat, dachte er. Wenn sie tot ist, würde mir ein solches Wagnis erst recht nichts nutzen.

Und da Xaana eh nur ein Mittel zum Zweck gewesen wäre, entschied er sich, in dieser Welt zu bleiben. Matthew Drax und seine Barbarenschlampe rannten irgendwo auf dieser Erdkugel herum, nicht anderswo im Uni- oder Multiversum. Er würde seine Rache schon noch bekommen. Aufgeben war für ihn noch nie eine Option gewesen. Selbst der Tod hatte ihn nicht stoppen können – auch wenn es Glück und ein bisschen Hilfe von außen gebraucht hatte, dass er mit all seinen Erinnerungen und Emotionen als Roboter zu neuem Leben erweckt worden war.

Er brauchte mehr Zeit und mehr Daten, um die Situation abschließend zu betrachten. Dass Xaana nicht zurückgekehrt war, sprach dafür, dass sie eine Reise ohne Wiederkehr angetreten hatte. Auch dazu war Jacob nicht bereit.

Noch einmal kontrollierte er die Aufzeichnungs- und Messgeräte aus dem Hort des Wissens. Er würde die Daten später mit denen seiner internen Sensoren abgleichen. Vielleicht hatte er Glück und fand mehr über das Phänomen heraus. Möglicherweise barg es sogar das Potenzial, es für seine Zwecke zu nutzen …

Vorsichtig näherte sich Jacob dem Wurmloch. Seine optischen Sensoren hatte er auf eine niedrigere Empfindlichkeit geregelt, damit das gleißende Licht ihn nicht blendete oder gar seine künstlichen Photorezeptoren beschädigte.

War es wirklich ein Durchgang in eine andere Welt? Der Gedanke faszinierte Jacob. Er war ein Kind des Zwanzigsten Jahrhunderts und durch einen Kometeneinschlag über fünfhundert Jahre in die Zukunft geschleudert worden. Er kannte inzwischen drei verschiedene Welten: die, aus der er stammte, die postapokalyptische Erde, und die Sphäre der Seelen im Jenseits. Aber das, was man „seinen Seelenfrieden finden“ nannte, war ihm in keiner davon gelungen. Jacob wusste, dass Konzepte wie Schicksal und Vorherbestimmung menschengemacht waren, Projektionen von Sehnsüchten und Wünschen. Doch er wusste auch um die Kraft der Emotionen.

Selbst als Maschine zog er noch Antrieb daraus, auf Rache zu sinnen. Und dass er sich selbst als Herrscher sah, als geniales Individuum, das dazu geschaffen war, andere nach seinem Gutdünken zu lenken … alle Fakten sprachen eben dafür. Das waren keine frommen Wünsche. Betrachtete man alle Gegebenheiten und dachte sie logisch zu Ende, lief es einfach darauf hinaus. Ursache und Wirkung. Keine hohe Wissenschaft.

Jacob machte noch einen Schritt auf das Phänomen zu. Die Speicher der Aufzeichnungsgeräte füllten sich. Vielleicht war an den Daten auch ablesbar, wie und warum sich das Wurmloch vergrößerte. Das wären keine unwichtigen Erkenntnisse, denn wenn es sich weiter so rasant entwickelte, würde es bald zur Gefahr für den gesamten Planeten werden.

„Abstand zum Phänomen: 287 Zentimeter“, meldeten seine Sensoren. Das genügt, entschied Jacob – und machte noch einen kleinen Schritt nach vorn.

Was …?

„Abstand zum Phänomen: 272 Zentimeter.“

Und schon hob sich sein anderer Fuß vom Boden, um noch einen Schritt zu tun.

Alle motorischen Systeme stoppen!, befahl Smythe seinem Körper. Seine Emotionssubroutine changierte zwischen Wut, Furcht und Panik. Hatte er die Kontrolle über seine Mechanik verloren?

Blitzanalyse!, befahl er seinen Wartungsprogrammen, während sich sein Körper ohne sein bewusstes Zutun weiter auf das Wurmloch zu bewegte.

„Abstand zum Phänomen: 224 Zentimeter.“

Das Analyseprotokoll spie Jacob einen Wust an wirren Datensätzen entgegen, die sich von seiner Firewall unbemerkt über die motorischen Programme geschrieben hatten!

Ein Virus?, durchfuhr es ihn. Aber woher? Die CERN-Rechner sind tot, hier funktioniert nichts mehr.

Schlagartig wurde es hell um Jacob, und er hätte gerne die Augen geschlossen, wenn es ihm noch möglich gewesen wäre. Aber nicht einmal das kleinste Blinzeln erlaubte ihm die unbekannte Software, an der sich seine Virenabwehr die Zähne ausbiss. Die Abdunkelung der Photosensoren war deaktiviert worden. Jacobs Welt bestand nur noch aus Licht.

„Abstand zum Phänomen: 117 Zentimeter.“

Ich kann es nicht aufhalten! Wer immer dahinter steckt, lenkt mich direkt in das Wurmloch!

In Sekundenbruchteilen überdachte er seine Optionen. Er befand sich in Lebensgefahr! Mein Bewusstsein … Ich muss mein Bewusstsein abspeichern! Er startete das Backup-System, das all seine Erinnerungen und den aktuellen Persönlichkeitsimprint an einem gesonderten Speicherort ablegte. Diese Funktion hatte er selbst installiert, als er sich bei seiner ersten Reise ins Totenreich beinahe selbst getötet hatte. Die mit einer Aufwachfunktion versehene Sicherheitsspeicherung seiner Daten würde sich nach einer gewissen Zeit von selbst einschalten, auch wenn er sich im deaktivierten Zustand befand. In diesem Augenblick war er mehr als froh, sie aktiv gehalten zu haben, auch wenn er sie seit Wochen nicht verwendet hatte.

„Abstand zum Phänomen: 43 Zentimeter.“

Jacob Smythe schob sich langsam in den Nahbereich des Wurmlochs. Seine Sensoren registrierten den Sog, der von ihm ausging und dem er sich ergeben hatte. Selbst wenn er jetzt die Kontrolle über seinen Körper zurückerhielt, war das Unvermeidliche nicht mehr aufzuhalten.

„Abstand zum Phänomen: 8 Zentimeter.“

Jacobs Wahrnehmung wechselte von gleißendem Weiß zu tiefem Schwarz. Seine Sensoren behaupteten, er würde immer wieder auseinandergerissen und neu zusammengesetzt.

Kollision.

Bevor er sich selbst abschalten konnte, tat es das fremde Programm.

Tausende Lichtjahre entfernt

Übergangslos – so schien es Jacob jedenfalls – war die Schwärze verschwunden, und aus dem digitalen Nebel, aus dem seine Sicht bestand, schälten sich Umrisse hervor, die er zunächst nicht zuordnen konnte.

Seine Gleichgewichtssensoren registrierten, dass er in der Horizontalen lag, offenbar auf einer Art Bahre oder Tisch, denn die akustische Erfassung maß den Schall der Umgebungsgeräusche aus. Also wusste er, dass er sich in einem rechteckigen Raum befinden musste, der etwas mehr als acht Meter lang, circa fünfeinhalb Meter breit und knapp vier Meter hoch war.

Ein beständiger Strom von Daten ging ein: Alle Sensoren meldeten volle Einsatzbereitschaft.

Natürlich, warum auch nicht? Jacobs Subroutinen griffen auf seine Erinnerungsprotokolle zu – und entdeckten nur den Eintrag seiner Aktivierung vor wenigen Sekunden. War sein Modell gerade erst aus der Herstellung gekommen? Möglich.

Er durchsuchte seine Datensätze. Da waren die akustischen und audiovisuellen Zuordnungsalgorithmen, anhand derer er Gegenstände erkennen und sich ihrer Funktion gewahr werden konnte. Im Speicher für Individualbezeichnungen fand er nur einen Namen, der seine eigene Gesamteinheit bezeichnete: Jacob Smythe.

Die Zeit vor seinem Erwachen – gab es nicht. Es musste also so sein: Seine Existenz startete gerade erst.

Er entdeckte seine motorischen Programme und beschloss sogleich, sie auszuprobieren. Als er sich mit den Möglichkeiten, seinen Körper zu bewegen, vertraut gemacht hatte und wusste, welches Zusammenspiel welcher Gelenke es ihm ermöglichen würde, sich aufzurichten und fortzubewegen, aktivierte er sie.

Nichts geschah. Jacob erkannte, dass er zwar auf diese Programme zugreifen, sie aber nicht aktivieren konnte. War er noch nicht so weit? Fehlten vielleicht noch entscheidende Datensätze seines Betriebssystems, bevor er autark die Umgebung erkunden durfte? Dazu war er doch erschaffen worden, oder nicht?

Jacob beschloss, dass die Frage nach seiner Herkunft warten musste, bis er weitere Sensordaten gesammelt und interpretiert hatte. Also musste er sich vorerst damit begnügen, was er in seinem eingeschränkten Zustand über sich und das, was ihn umgab, erfassen konnte.

Die Raumgröße hatte er bereits festgestellt und mit den ihm programmierten Maßeinheiten versehen. Als Nächstes registrierte er den Rauminhalt: Vor den kahlen Wänden, die keinen besonderen Farbverlauf aufwiesen, erkannte er allerlei technische Gerätschaften. Er schloss dies aus den verwendeten Materialien, deren Dichte er erfasste, und an einem bestimmten Maß elektromagnetischer Aktivität, die von ihnen ausgingen. Ihre Funktion indessen konnte er so nicht ergründen, auch wenn sie in einem bestimmten Ausmaß miteinander verbunden sein mussten. Regelmäßige akustische und optische Signale zeugten davon, dass die Gerätschaften einem wie auch immer gearteten Zweck nachgingen.

Jacob bemerkte eine Bauart der Dinge, die sich in Aufbau und Design von seiner eigenen Machart sehr unterschieden. Was hatte das zu bedeuten? Da er an dieser Stelle nicht weiterkam, ging er seine restlichen Erfassungssysteme durch. Er konzentrierte sich zunächst auf die akustischen Schwingungen, die er auffangen konnte.

Neben den Geräuschen, welche die Gerätschaften und Aufbauten von sich gaben, war da noch etwas anderes im Hintergrund. Es kam Jacob so vor, als würden Worte durch den Raum fließen, die von mindestens drei verschiedenen Quellen stammten. Er konnte sie nicht sehen, da sie wohl außerhalb seines Erfassungsbereichs lagen, aber anhand der Unterschiede in Tonhöhe und Abfolge der plätschernden Silben konnte er sie dennoch unterscheiden.

Die regelmäßige Wiederkehr bestimmter Abfolgen von Lauten führte ihn zu der Schlussfolgerung, dass es sich dabei um eine Art Sprache handeln musste. Jacob verstand nicht, was gesprochen wurde – noch nicht. Möglicherweise würde es ihm gelingen, zu entschlüsseln, worum es bei der Konversation ging. Wenn er bestimmte Parameter anwandte, Themenbereiche eingrenzte, die aufgrund seiner Umgebung wahrscheinlich waren … Es mochte eine Weile dauern, aber es könnte gelingen.

Als Nächstes nahm er sich die Ergebnisse der Strahlenmessungen vor. Auch hier stieß er erneut auf seine eigenen elektromagnetischen Impulse sowie die der Maschinen. Als er eine Erfassung der Umgebung im Hinblick auf Infrarotstrahlung veranlasste, erlebte er eine Überraschung.

Der Erfassungsbereich erweiterte sich plötzlich und er konnte den Sprechsignalen eine genauere Position im Raum zuordnen. In seinen Erfassungsbereich schoben sich drei undeutliche Silhouetten, deren Wärmestrahlung an den Rändern wabernd ausfranste. Auch ihre Konturen wirkten verschwommen, als betrachtete man jemanden durch milchiges Glas oder einen Wasserschleier.

Im Kern der jeweils hellgelb leuchtenden Kokons zeichneten sich humanoide Körper ab, die eine auffällig große Schädelpartie aufwiesen.

Sind das meine Erschaffer?, fragte sich Jacob. Er glich die Körperform der Lebewesen mit seiner ab und konnte nur in der Grundform und der Anzahl der Extremitäten Deckungsgleiche ausmachen.

Was ist meine Funktion?, wollte er fragen, doch auch die dafür nötigen Subroutinen waren deaktiviert. Er konnte nicht interagieren, nur registrieren.

Es war das Einzige, das ihm übrig blieb, und er tat es mit allen ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen, als die drei Wesen an die erhöhte Plattform traten, ihn umstellten und dabei weiter in ihrer unidentifizierbaren Sprache miteinander kommunizierten. Ihre drei Köpfe schoben sich direkt über sein Gesicht, hellgelbe Auren in elliptischer Form.

Jacob Smythe sah starr gegen die Decke des Raums, lauschte, erfasste – und wartete.

„Ich hätte nicht gedacht, dass die Spezies eine künstliche Intelligenz schickt, nachdem bereits ein biologisches Exemplar die Passage genommen hat. Normalerweise geschieht es anders herum.“

„Typisch hingegen ist die Machart: Die Nachbildung entspricht optisch dem Phänotyp der Spezies Mensch, die durch dieses Wurmloch zu uns kam. Das weibliche Exemplar, das nach Toxx verbracht wurde, um die Testdurchläufe zu absolvieren, ist optisch mit dem nachgeschickten Kunstwesen vergleichbar.“

„Vielleicht ein Rückholkommando? Die ausgeprägte soziale Ader der Menschen haben wir ja schon in der Auswertung des Subjekts festgestellt.“

„Möglich. Was mich irritiert, ist die große Abweichung des technologischen Entwicklungsniveaus. Der Schutzanzug des Weibchens und dieser Roboter unterscheiden sich explizit. Eine Welt mit so inhomogenem Technologiestand … das wäre eine rare Erfahrung.“

„Fest steht die eindeutig artifizielle Struktur des Wesens. Es ist damit nicht für die Szenarien auf Terminus geeignet und wird nach der Aufbereitung nach Binaar verbracht.“

„Keine Einwände.“

„Keine Einwände.“

„Der universelle Code für den Transfer künstlicher Intelligenzen hat bei diesem Exemplar ebenfalls gegriffen. Die Erinnerungsprotokolle zeigen eindeutig, dass die Bewegungsroutinen okkupiert und angepasst wurden.“

„Und seine Erinnerungen?“

„Ausgelesen, gespeichert und danach gelöscht. Es ist nicht unsere Aufgabe, sie zu sichten, nur festzustellen, ob sie entfernt wurden.“

„Die Basisdaten und Wartungsroutinen bleiben existent. Dieses Exemplar wird sich auf Binaar unter denselben Voraussetzungen etablieren müssen wie alle, die vor ihm kamen.“

„Wurden die Sprachdaten der bislang bekannten Kommunikationsformen aufgespielt?“

„Ja, aber noch nicht aktiviert.“

„Waffen und externe Module?“

„Entfernt.“

„Das Kunstwesen ist für den Transport präpariert und für seinen weiteren Verbleib auf Binaar vorbereitet. Weitere Maßnahmen sind nicht nötig.“

„Der Transport erfolgt umgehend. Vielen Dank für die Zusammenarbeit.“

Jacob spürte in seinem paralysierten Zustand, wie fremde Programme auf ihn zugriffen. Seine Dateistruktur wurde ausgelesen, die Inhalte indiziert und bewertet. Einiges wurde aussortiert und gelöscht, anderes als geschützt markiert. Dabei wurde seine interne Zuordnung einfach ignoriert.

Eine Defragmentierung? So kurz nach der Aktivierung?

Das kam ihm seltsam vor. Zumal nicht nur Datensätze entfernt wurden, sondern auch neue Software aufgespielt. Milliarden von Vokabeln wurden in sein Sprachzentrum implementiert, Schriftsymbole mit ihnen verknüpft, akustische Wellenmuster von Sprachwiedergaben bereitgestellt, jederzeit abrufbar.

Jacob spürte die Reichhaltigkeit der Informationen, die man ihm einflößte. Gleichzeitig schien er zu vergessen, wo er war. Der Raum, die Wesen … gerade waren sie noch da gewesen – jetzt waren sie übergangslos verschwunden und damit auch die Erinnerungen an sie.

Als sich der virtuelle Nebel lichtete, hatte Jacob Smythe alles vergessen, was sich seit seinem Übergang – an den er sich ebenfalls nicht erinnerte – ereignet hatte.

Mit blankem Erfahrungsspeicher aktivierte sich sein Bewusstsein, als er stehend auf einer Plattform erwachte und über ein Meer aus Metall und Glas starrte.