Maddrax 477 - Sascha Vennemann - E-Book

Maddrax 477 E-Book

Sascha Vennemann

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Beschreibung

Als Kilian von Colonel Kormak verraten und den Initiatoren ausgeliefert wird, gelangt mit ihm ein Spion in die Zentrale der Macht: Die Schwarmintelligenz One begleitet als Armreif getarnt Kilian zur Hirnverwertung und schleust sich in das Kollektiv ein! Ein wichtiger Verbündeter, denn Matthew Drax hat vor, die dort inhaftierten Kontras zu befreien. Nur von ihnen kann er die Wahrheit über die Pläne der Initiatoren erfahren. Dabei kämpft Matt einen Zweifrontenkrieg, denn auf Novis muss er verhindern, dass Colonel Kormak die Herrschaft über die Menschenkolonie an sich reißt ...

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EPUB

Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Die Aufständischen

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Sascha Vennemann

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6411-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew Drax, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen, und macht sich deren Notlage zu Nutze. Die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, damit sie später geortet und evakuiert werden können. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson macht sich Matt mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg und trifft dabei auf die Kolonie Colonel Kormaks, erkennt aber dessen Machtgier und überlässt ihm keinen der Peilsender. Darum überfällt Kormak die benachbarte Community und eignet sich deren Sender an.

Aus Agartha stoßen die Daa’muren Grao und Ira zu den Gefährten. Als sie von einem Dorf mit überlebenden Artgenossen in Indien erfahren, wollen sie es ausfindig machen. Matt überlässt ihnen PROTO und springt mit Hordelab und den anderen via Sprungfeldgenerator nach Meeraka. In Agartha wird derweil nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform fertiggestellt, mit der Hordelab das Wurmloch bändigen und an jeden beliebigen Ort der Erde versetzen soll, um die Enklaven „einzusammeln“.

Die Evakuierung beginnt und alles läuft – aus Sicht der Initiatoren – gut. Dann jedoch erfahren die Rev’rends davon und sind überzeugt, dass Satan seine Hand im Spiel hat. Sie zerstören die Transportplattform und verursachen eine Entladung, die die vier Gefährten – Matt, Xij, Tom und Hordelab – ohne Erinnerung an verschiedene Ort versetzt. Die ersten drei finden den Weg zurück nach San Antonio, nur Hordelab erlangt sein Gedächtnis nicht zurück und strandet ausgerechnet in Roswell, der Hochburg der UFO-Gläubigen.

Das Wurmloch ist außer Kontrolle, weitere Passagen scheinen unmöglich. Die drei Gefährten suchen Miki Takeo auf, um mit dessen letztem Gleiter die Todeszone und das Wurmloch lotrecht zu durchfliegen. Sie landen auf Novis, wo sie von Aruulas Visionen erfahren: dass die Offerte der Initiatoren eine Falle sein könnte, um an menschliche Gehirne zu gelangen …

Die Aufständischen

von Sascha Vennemann

Kilians erwachende Lebensgeister registrierten die sanften Vibrationen, die seinen Schädel in Schwingung versetzten und seine Ohren zum Klingeln brachten. Erst dann, noch bevor er die Augen öffnete, verspürte er den Schmerz überall in seinem Körper.

Die Betäubung, erinnerte er sich an die Momente vor seinem Blackout. Maddrax hatte vor ihm gestanden, das Gewehr auf ihn gerichtet. „Und du bist sicher, dass du das wirklich willst?“, hatte er gefragt, und er, Kilian, hatte genickt. „Bitte! Es ist die einzige Chance, meine Familie wiederzusehen!“, hatte er gefleht. Dann war es schwarz um ihn geworden.

Und wo bin ich jetzt?, fragte sich Kilian und schlug die Augen auf.

Zuerst war er verwirrt, weil er auf der Seite lag und das Gesehene perspektivisch nicht richtig einordnen konnte. Schwindelgefühl erfasste ihn augenblicklich, und er bemerkte, wie sich Flüssigkeit seine Kehle hinaufarbeitete.

Leise stöhnend rollte Kilian sich auf den Rücken, und der Brechreiz verging so schnell, wie er gekommen war.

Jetzt blickte er auf einen Himmel, der in ein seltsames ockerfarbenes Licht getaucht war. Die Vibrationen, die in seinem Schädel dröhnten, waren immer noch da und ein vertrautes Surren deutete ihre Quelle an.

Ich liege auf einer Schwebeplattform!, erkannte er. Vorsichtig hob Kilian den Kopf und sah sich um, darauf bedacht, sich nicht auffällig zu bewegen. Seine Hände waren ihm vor dem Bauch gefesselt worden, das spürte er. Sein Kopf ragte unter einem groben, stinkenden Stofffetzen hervor, mit dem man den Rest seines Körpers bedeckt hatte.

So, wie wir es mit unseren Gefangenen getan haben, ging es Kilian durch den Kopf, und im selben Moment überkam ihn ein wohlbekanntes Gefühl der Scham und der Angst.

Er schämte sich, weil er sich so bereitwillig für die im Nachhinein durchschaubare Aktion von Colonel Aran Kormak hatte einspannen lassen, angebliche Aufständische in Novis Prime zusammenzutreiben und gefangen zu nehmen. Er schämte sich, weil er sich – in der Hoffnung und Aussicht darauf, seine Frau Onya und seine Tochter Pliya wiederzusehen – dem Colonel so angebiedert hatte. Dass er erst spät auf sein schlechtes Gewissen gehört und trotzdem weiter mitgemacht hatte. Und er schämte sich, weil er nicht der Einzige gewesen war. Rund zwanzig Hoffnungslose hatte der Colonel für diese Aufgabe gefunden.

Verzweiflung tötet die Angst und den Verstand, dachte er. Es gab immer wieder miese Piigs, die sich das zunutze machten, die diejenigen, die am Ende waren, für ihre Drecksarbeit benutzten.

Aus den Augenwinkeln sah Kilian, dass nahe bei ihm ein weiterer Körper auf dem Boden der Schwebeplattform ruhte. Unter der Decke ragten nur zwei kräftige Beine hervor, aber Kilian wusste sofort, wem sie gehörten.

Roory …

Der Hüne war sein Partner bei der Aktion gewesen, die sie für Kormak ausführen sollten. Roory war genau wie Kilian ein Getriebener, der wissen wollte, wo seine geliebte Mutter geblieben war. Wie Kilians Frau und Tochter war auch Roorys Mama, wie er sie liebevoll nannte, in Novis Prime verschwunden. Kormak hatte versprochen, ihnen beiden bei der Suche nach ihren Angehörigen zu helfen.

Dafür, dass wir selbst weitere Menschen verschwinden lassen … Kilians schlechtes Gewissen quälte ihn wirklich.

Mit der Erkenntnis, das Falsche zu tun, war irgendwie alles aus den Fugen geraten. Roory bestand darauf, weiterzumachen, und als dann auch noch Eileen aufgetaucht war, musste Kilian eingreifen. Er hatte den Hünen mit einem Betäubungsschuss außer Gefecht gesetzt und gefesselt.

Eileen, die verwirrte Barbarin, war dabei gewesen, als Kilian von seiner Familie getrennt worden war. Sie hätte vielleicht wissen können, was mit Onya und Pliya geschehen war!

Doch sie war krank. Aruula meinte, ihr Geist sei verwirrt. Maddrax und sie hatten Eileen mit sich genommen, wollten sich um sie kümmern.

Kilians letzter Rettungsanker war, sich auf denselben Weg zu wagen, den vermutlich auch seine Frau und seine Tochter gegangen waren. Er wollte sich in die Fänge Kormaks begeben, der ihn – zusammen mit den anderen Gefangenen – an einen unbekannten Ort brachte. Alle Aufständischen und alle Mitwisser würden das Schicksal teilen, von dem Kilian keine Ahnung hatte, wie es aussehen könnte. Nun, er würde es wohl bald erfahren.

Es hat also geklappt!, dachte Kilian. Er hatte Maddrax gebeten, dem bewusstlosen Roory die Fesseln abzunehmen und ihn selbst zu betäuben. Kilians Plan: Roory würde zuerst erwachen, das Signal senden, das sie geben sollten, falls es Probleme gab – und dann würde man sie beide ebenfalls deportieren. Offenbar war es genau so gekommen.

Er wandte den Kopf in die entgegengesetzte Richtung, zur Vorderseite der Plattform, wo sich der Pilot befand. Und tatsächlich: Es war der Colonel persönlich, der das Fluggerät steuerte. Je ein Betäubungsgewehr baumelte links und rechts seiner muskulösen Oberschenkel.

Unsere Waffen, erkannte Kilian. Natürlich hatte Kormak sie ihnen abgenommen. Sein eigenes Gewehr trug der Colonel um die Schulter.

Kilian, Roory, Kormak – mehr Leute befanden sich nicht auf der Schwebeplattform. Maddrax und Aruula hatten die betäubten Gefangenen, die Kilian und Roory zuvor gemacht hatten, weggebracht und versteckt. Wenigstens ein paar Menschen haben wir so retten können.

Da Kormak beschäftigt und abgelenkt war, riskierte Kilian, sich ein wenig weiter aufzurichten und über den Rand des Fluggeräts zu blicken.

Unter ihnen zog die urtümlich wirkende Landschaft des Mondes Novis hinweg. Wälder und Wiesen wechselten sich ab. Hier und da sah Kilian schmale Wege, die sich durch die Landschaft schlängelten. Sie führten irgendwo hin – nach Novis Prime oder zu einer anderen Stadt, die die Menschen auf diesem speziell für sie hergerichteten Mond in Bälde beziehen durften.

Ein neues Zuhause, unendlich weit weg von der Erde, dachte er. Wie es wohl inzwischen auf dem Heimatplaneten aussah? Hatte der abstürzende Mond die Erde vielleicht schon zerrissen? Seit kurzem hatte Kilian keine Neuankömmlinge mehr in der Stadt gesehen. Hieß das, es war schon alles vorbei und die Umsiedlung abgeschlossen?

Kilian schüttelte den Gedanken unwillig ab. Es war für ihn nicht mehr von Belang, was in Novis Prime passierte. Seine Frau und seine Tochter waren nicht mehr hier. Nur – wo waren sie?

Er ließ den Blick weiter schweifen. Da er keine Ausläufer der Stadt mehr erkannte, waren sie wohl schon eine Weile unterwegs, und wenn er den Stand der sichtbaren Monde und des Ringplaneten richtig deutete, war er vielleicht eine Stunde bewusstlos gewesen.

Da erklang hinter ihm ein lautes, rasselndes Husten. Kilians Kopf ruckte herum. Unter der schmutzigen Decke schüttelte sich Roorys Körper, ein Schnaufen und Keuchen erklang, dann lag er wieder ruhig da.

Als Kilian den Blick wieder nach vorne richtete, sah er direkt in den Lauf eines Betäubungsgewehrs.

Colonel Kormak musterte ihn belustigt und schnalzte abschätzig mit der Zunge. „Wieder wach?“, fragte er spöttisch.

Kilian wagte es nicht, Kormak in die Augen zu sehen. Stattdessen richtete sich sein Blick auf etwas am Horizont – ein seltsames Gebäude, das wie eine Spirale gen Himmel wuchs. Was für ein seltsamer Turm!, dachte er.

Aran Kormak bemerkte seinen Blick und sah kurz in dieselbe Richtung, während er mit seiner freien Hand die Plattform weiter hielt auf Kurs. „Unser Ziel“, erklärte er, „aber für euch beide nur die erste Station eurer Reise.“

Kilian presste die Lippen aufeinander und schluckte. „Wohin?“, krächzte er.

Der Colonel grinste. „Geduld!“, mahnte er. „Das erfahrt ihr noch früh genug. – Warum hältst du bis dahin nicht noch ein kleines Nickerchen?“ Damit drückte er ab.

Kilian spürte noch, wie seine Zähne aufeinander schlugen, als sein Kinn auf den Plattformboden knallte. Dann waren da wieder nur das Sirren und die Vibrationen. Und danach – Schwärze.

Matthew Drax steuerte die gestohlene Schwebeplattform dicht über die Baumwipfel hinweg und sehnte sich nach der nächsten Freifläche, auf der er das Fluggefährt wieder auf ein paar Meter über dem Boden absenken konnte. Er war sich zwar relativ sicher, dass man sie nicht verfolgte, aber ihm war bedeutend wohler, wenn sie die Landschaft als natürliche Deckung nutzen konnten.

Das Waldstück endete jäh an einem langgezogenen Geröllabhang, der in eine kilometerlange, mit dichtem Gras bewachsene Senke führte. Etwa in der Mitte des ovalen Tals entdeckte er eine Herde rehähnlicher Tiere, die beim hohen Surren der Plattform interessiert die Köpfe hoben, sich aber nicht beim Grasen stören ließen.

Matt zog mit einigem Abstand an ihnen vorbei. Das Rotwild reckte seine Hälse und wackelte arglos mit den Ohren. Matthew schüttelte grinsend den Kopf. Die Terraformer hatten ganze Arbeit geleistet. Der Mond sah über weite Strecken aus, wie man sich das Paradies vorstellte: üppige Wälder und Wiesen; Täler, durchzogen mit klaren Flüssen. Die Luft roch frisch wie ein klirrend kalter Wintermorgen. Wären die Umstände anders, hätte die Menschheit hier tatsächlich sehr glücklich werden und einen neuen Anfang wagen können.

Matts Gedanken verdüsterten sich. Von allen Menschen, die er von der todgeweihten Erde gerne noch gerettet hätte, war ausgerechnet der Mann hier aufgekreuzt, den er hatte zurücklassen wollen. Colonel Aran Kormak hatte sich irgendwie eine Passage durch das Wurmloch erschlichen und beaufsichtigte nun im Auftrag der Initiatoren die Siedler von Novis Prime, der bislang einzigen bewohnten Stadt auf dem terraformten Mond.

Der Colonel war skrupellos und ging über Leichen, wenn es ihm und dem Gewinn seiner Macht zuträglich war. Und wo er sich aufhielt, da war auch Vasraa nicht weit, seine Gehilfin, die Gefallen daran fand, jene zu quälen und zu demütigen, die sich dem Willen des Colonels widersetzten.

Matt schüttelte sich und korrigierte den Kurs. Die Plattform verließ den Talkessel und näherte sich einer leichten Anhöhe, auf der ein weiteres Waldstück lag. Wenn ihn nicht alles täuschte, war dies der Ort, an dem Aruula und er die anderen zurückgelassen hatten: Xaana, Xij und den verletzten Tom Ericsson, der sich bei ihrer Flucht aus den Fängen der Initiatoren den linken Arm gebrochen hatte. Sie hatten sich hier in der Nähe ein Versteck suchen und auf ihre Rückkehr warten wollen. Es machte also Sinn, zu landen und sich umzusehen.

Matthew senkte die Plattform ab und drehte sich zu seiner Gefährtin Aruula um, die auf dem Boden hockte und die Hand von Eileen hielt – jener verwirrten Frau, die wie Aruula von den Dreizehn Inseln stammte und telepathisch begabt war. Nur dass die Gabe bei Eileen außer Kontrolle geraten war.

Aruula hatte ihm erklärt, wie chaotisch es im Kopf der Kriegerin aussah. Es würde einige Zeit dauern, ihr zu helfen. Das konnte Aruula nur durch eine Geistesverschmelzung hinbekommen, und selbst dann wahrscheinlich nur mit viel Geduld und Glück.

„Wir sind da!“, rief Matt den beiden Frauen zu. „Kommt ihr mit, nach den anderen suchen, oder wollt ihr hier warten?“

Aruula erhob sich und schüttelte die Beine aus. Eileen sah unsicher zu ihr hoch, offenbar nicht in der Lage einzuschätzen, was gerade passierte. Aruula streckte die Hand nach ihr aus. Zögerlich ergriff Eileen sie und ließ sich in den Stand ziehen.

„Wir kommen mit!“, entschied Matts Gefährtin. „Aber wir sollten uns aufteilen, dann finden wir sie schneller.“

Matt deaktivierte den Antrieb der Plattform und sprang hinab. „Dann mal los. Die anderen brennen sicher schon auf Neuigkeiten aus der Stadt. Hoffentlich geht es Tom inzwischen besser.“

„Er hat Schmerzen“, murmelte Eileen kaum hörbar. Sie war neben Aruula getreten und schaute sich unsicher um.

Matt hob überrascht die Augenbrauen. „Wer?“

Eileens Blick irrlichterte umher und fand schließlich den seinen. „Der, den du Tom genannt hast. Aber sonst geht es ihm gut. Die Schmerzen sind auszuhalten.“

Aruula sah die Schwester überrascht an. „Du kannst seinen Geist hören“, schlussfolgerte sie dann. „Uns alle: Xij, Xaana, Tom, Maddrax und mich. Wir sind in deinem Kopf, nicht wahr?“

Eileen machte unsicher einen Schritt vorwärts und trat vorsichtig vom Rand der Plattform auf den Boden. Sie biss sich entschuldigend auf die Lippen. „Leise!“, flüsterte sie. „Ich höre sie nur noch ganz leise. Dank dir, Aruula.“

Kaum hatte Aruula ebenfalls die Plattform verlassen, klammerte sich Eileen wieder an ihrem Arm fest, so, wie sie es fast den ganzen Flug über getan hatte.

Matthew war nicht wohl bei dem Gedanken, dass so eine starke Telepathin ungefragt in seinem Kopf herumspuken konnte, aber kaum hatte er das gedacht, zuckte Eileen zusammen und sah ihn erschreckt an.

„Ich würde nie …“, keuchte sie. „Ich würde nie …!“

„Schon gut.“ Matthew bemühte sich, sein Wohlwollen in Gesten und Gedanken zu fassen. „Du kannst nichts dafür. Und ich werde versuchen, meine Gedanken ein wenig abzuschirmen, so wie Aruula es mir beigebracht hat. Ich weiß, dass du mich nicht aushorchen willst.“

Aber Eileen hatte sich bereits wieder in sich selbst zurückgezogen und versuchte augenscheinlich, das Chaos in ihrem Kopf zu sortieren.

„Sie ist ruhiger geworden, je weiter wir von der Stadt weggekommen sind“, berichtete Aruula, während sie einem schmalen Pfad folgten, der zwischen den Bäumen gut auszumachen war. Niedergetrampeltes Gras und Stiefelabdrücke im Pfützenschlamm ließen darauf schließen, dass hier vor nicht allzu langer Zeit Menschen vorbeigekommen waren. „Räumliche Distanz scheint ihr zu helfen, die Stimmen der Menschen in Novis Prime auszublenden, auch wenn sie sie wahrscheinlich immer noch als Hintergrundrauschen wahrnimmt.“

Matt verstand. „Dann tut es ihr gut, wenn so wenig Leute wie möglich um sie herum sind. Wenn sie isoliert ist.“

„Für ihre Heilung wäre das günstig, ja“, meinte Aruula.

„Wir müssen mit den anderen besprechen, wie wir jetzt weiter vorgehen.“ Matthew dachte nach. Eileen war nur eine der offenen Baustellen, um die sie sich zeitnah kümmern mussten. Kormak war eine andere. Und dann sind da noch Aruulas Visionen … Je schneller sie dazu kamen, Entscheidungen zu fällen, desto besser.

„Eileen, du hast gesagt, du kannst unsere Freunde hören“, sagte Matt und legte eine Hand auf den Oberarm der scheuen Barbarin. „Kannst du auch bestimmen, wo sie sind?“

Eileen nickte und zuckte mit den Mundwinkeln. Sie deutete weiter den Weg entlang.

„Ist es weit?“, wollte Aruula wissen.

„Nicht weit“, flüsterte Eileen. „Nah. Ziemlich nah.“ Sie löste sich von Aruulas Arm und ging zögerlich voraus.

Matt warf seiner Gefährtin einen fragenden Blick zu. „Sie wird uns hinführen“, meinte Aruula. Also folgten sie ihr.

Ziemlich nah stellte sich tatsächlich als genau das heraus: Keine drei Minuten Fußweg von ihrem Landeplatz entfernt führte Eileen sie in eine muldenartige Vertiefung, durch die ein Schotterweg führte und die wenig später in einen halbrunden Talkessel mündete, der immer noch vom Wald umgeben war.

Dort befanden sich, in die Böschung eingelassen, portalartige Türen von etwa vier Metern Höhe, die so aussahen, als würden dahinter Tunnels in den Boden führten.

Eileen deutete auf die linke der drei Türen und lächelte zaghaft. „Dort!“, raunte sie.

Matthew verengte die Augen. War dort nicht ein leichter Widerschein zu sehen, der aus einem offenen Spalt zwischen den Torhälften nach draußen drang?

„Hallo?“, rief er laut. „Ist hier jemand?“

Xijs Blondschopf erschien auf Kopfhöhe im Spalt, und als sie Matt, Aruula und ihre Begleiterin erkannte, stieß sie die Tür ganz auf, um sie zu sich zu winken.

Matt umarmte sie zur Begrüßung, tat das Gleiche mit Xaana und sah wegen der Verletzung davon ab, Tom kameradschaftlich auf die Schulter zu schlagen. Nachdem er Eileen allen vorgestellt hatte, bat er Aruula, die Freunde auf den neuesten Stand zu bringen. Er selbst lief zurück in den Wald, um die Schwebeplattform herzuholen und in einem der Silos,