Maddrax 516 - Sascha Vennemann - E-Book

Maddrax 516 E-Book

Sascha Vennemann

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Beschreibung

Das Sonnentor

In diesem Band blenden wir um nach Novis, wenige Monate nach der Katastrophe, die den Ringmond vernichtete. Dort setzen die Überlebenden einen riskanten Plan um: Mit dem Transferturm-Prototypen auf dem Mond Portal versucht man die Station über dem Sonnenpol zu erreichen, wo ein Initiatoren-Team das Wurmloch wieder gangbar machen will. Tom und Xij bringen die Mannschaft nach Portal - und geraten in tödliche Gefahr!
Währenddessen entdeckt Xaana, dass Vasraa heimlich Hilfslieferungen abzweigt, wofür sie das Tunnelnetz im Untergrund von Novis nutzt. Was hat Kormaks Nachfolgerin vor?

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Das Sonnentor

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Design Projects; Miguel Regalado; Triff/shutterstock

Autor: Sascha Vennemann

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8870-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht. Matt findet Hilfe und Verbündete und die Rettung gelingt in letzter Sekunde – aber etwas geht schief: Areale aus verschiedenen Parallelwelten manifestieren sich plötzlich auf der Erde …

Matt und Aruula wissen nicht, was bei dem Unfall geschah. Vom Untergang der Kasynari im Ringplaneten-System und dass Colonel Aran Kormak mit seiner Flucht durch das Wurmloch zur Erde die Katastrophe ausgelöst hat, ahnen sie nichts. Sie entdecken fünfzig Kilometer durchmessende Areale von Parallel-Erden, die von hohen Dornenhecken umgeben sind und in deren Zentrum es eine Verbindung beider Universen zu geben scheint.

Um weitere Areale aufzuspüren, nutzen Matt & Co. ein im Erdorbit installiertes Satelliten-Netzwerk, das Polarlichter über dem Ort der Versetzung anzeigt. Mit einem Gleiter des Androiden Miki Takeo überwinden sie den Pflanzenwall, begleitet vom Sauroiden Ydiel.

Eine ihrer Reisen führt sie in ein paralleles Rom, das von einem Archivar namens Patrem regiert wird. Als Rom nun vom Rest seiner Welt abgeschnitten wird, will er es opfern, um in Agartha ein neues Machtzentrum zu errichten. Er beschädigt ein Artefakt, das ihn vor Verfolgern seiner Spezies schützt, sodass es bald kollabieren wird. Doch Agartha ist verschwunden! Denn ein Transfer gleich nach dem Wurmloch-Kollaps blieb unbemerkt: Das Königreich wurde in eine Parallelwelt versetzt. Bei der Rückkehr nach Rom wird Patrem Opfer seines eigenen Vernichtungsplans. Zurück bleibt seine BagBox; ein Behälter mit gefährlichen Artefakten, an die man aber nur mit Patrems Handabdruck herankommt. Matt will die Box in Sicherheit bringen.

Da taucht Kormak auf! Er hat einen Gleiter von Takeo gestohlen und stellt die Gefährten bei Nürnberg zum Kampf. Dabei wird Ydiel von einer Artefaktwaffe getroffen. Matt kann Kormaks Gleiter lahmlegen, der in einen See stürzt. Die Suche nach ihm bleibt ergebnislos und wird abgebrochen, als ein weiteres Areal erscheint: die Stadt Coellen – und darin ein lebender Rulfan und ein inhaftierter Professor Dr. Smythe! Die Freude über das Wiedersehen mit dem in ihrer Welt verstorbenen Freund währt nur kurz, denn Smythe kommt frei! Zwar kann er gestoppt und scheinbar getötet werden, er installiert zuvor aber eine Bombe am Gleiter, die bei 500 Höhenmetern explodieren wird! Rulfan reist Matt und Aruula hinterher, als sie die Suche nach Kormak fortsetzen, und rettet ihnen das Leben.

Am Leben ist auch noch Ydiel, der von dem Artefakt nur auf Insektengröße verkleinert wurde! Er versucht seine Freunde zu erreichen, scheitert jedoch.

Das Sonnentor

von Sascha Vennemann

Es ist kalt hier, war das erste, was Justipluu dachte, als sich sein Blick nach dem Transfer langsam wieder klärte. Kalt und dunkel … Der Strahl seiner Handlampe huschte über die von einem feuchten Film überzogenen Wandpaneele des Raumes.

Der Kasynari zuckte zusammen, als er einen Stich in seinen Atmungsorganen verspürte. Er versuchte Luft zu holen, aber es gelang ihm kaum. Sauerstoff!, schrie es ihm. Irgendetwas stimmt mit der Zusammensetzung nicht! Seine Artgenossen, die hinter ihm auftauchten, hatten ebenfalls Probleme. Sie husteten und keuchten.

„Setzt eure Atemmasken auf!“, brachte Justipluu krächzend hervor. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, um hierher zu kommen, würden sie nach ihrer Ankunft nicht einfach ersticken …

Hastig nestelte er das transparente Gebilde, das aus einer Gallertfolie mit Liquidspeicher bestand, aus seinem Gepäck. Die Maske fand auf der glatten Haut um seinen Mund und die Nasenschlitze Halt. Köstliche Luft strömte in Justipluus Lungen. Nachdem auch seine Kollegen versorgt waren und er sich versichert hatte, dass es ihnen gut ging, schwenkte er den Lichtstrahl weiter in der Kammer hinein.

Sämtliche Gerätschaften schienen abgeschaltet zu sein. Ein halb geöffnetes Schott führte zu einem Gang, an dessen Ende irgendwo ein sanfter orangefarbener Lichtschein glomm. Ein feiner Dunst, der sich in der kalten Atmosphäre wie von Geisterhand bewegte, waberte über die klammen Bodenplatten aus Metall. Irgendwo hinter ihnen brummte etwas leise.

Ist das die Lüftung?, überlegte Justipluu. In dem kurzen Moment, bevor er die Atemmaske übergestreift hatte, war ihm der Geruch nach Verschmortem aufgefallen.

Er machte ein paar Schritte auf ein Wandpaneel zu. Etwa einen Meter über Kopfhöhe sah er die Schlitze der Lüftungsanlage. Er streckte sich und hielt seine Hand davor. Nichts. Nicht der geringste Luftzug.

Das müssen wir als erstes wieder in Ordnung bringen, dachte der Kasynari. Er zuckte zusammen, als ihm jemand eine Hand auf die Schulter legte.

„Alles in Ordnung?“, fragte Wozguzz. Seine Stimme wurde von der Atemmaske gedämpft. Er und sein Freund Rankiir hatten ebenfalls ihre Lampen aktiviert. Die Lichtlanzen tasteten die Wände des kreisrunden Raumes ab.

Justipluu gab einen unbestimmten Laut von sich. „Weiß ich noch nicht“, sagte er vorsichtig. Er richtete den Strahl in den Gang, der aus der Kammer führte. „Wir sollten uns gleich an die Arbeit machen.“ Er sah in die Runde und begegnete neun Augenpaaren, die ihn gespannt anblickten. Du hast gewusst, auf was du dich einlässt, sagte er sich. Und was es bedeutet, die Unternehmung anzuführen. Hoffentlich war das kein Fehler.

„Ihr wisst, was ihr zu tun habt!“, sprach er weiter. „Jeder kümmert sich um seinen Bereich. Die überlebenswichtigen Systeme müssen zuerst wiederhergestellt werden. Dann erst verschaffen wir uns einen Überblick darüber, was wir tun können.“

Während seine Kollegen in den Gang vordrangen, murmelte er so leise, dass nur er selbst es hören konnte: „Ich hoffe, wir haben Erfolg. Wenn nicht, wird das hier zu unserem Grab …“

Novis Prime – drei Tage zuvor

Zekiya schaute blinzelnd in den Himmel über der Sicherheitszentrale von Novis Prime. Das Sonnenlicht blendete sie, trotzdem war die große Transportplattform, die sich dem Innenhof des Gebäudes näherte, gut im Gegenlicht zu erkennen. Das rechteckige Gebilde von etwa zehn Metern Länge und fünf Metern Breite senkte sich herab und landete in dem vorgesehenen Feld unweit des Eingangs zu den Lagerräumen.

Pünktlich auf die Minute … Das Mädchen sah auf den Chronometer des Pods, den sie mit ihren kleinen Händen umklammerte. Die Lieferungen der Waren vom Transferturm kamen nicht immer planmäßig an. Oft verzögerten sie sich – weil auf den Ringplanet-Monden, von denen sie stammten, nicht alles rund lief. Manchmal stand das Empfangskomitee stundenlang hier, bis sich die Plattform endlich sehen ließ. Vasraa hielt das für ein gutes Training. „Wenn ihr Wache steht, müsst ihr aufmerksam bleiben“, pflegte sie dann zu sagen.

Zekiya rümpfte die Nase, als ihr der aufgewirbelte Staub ins Gesicht wehte. Gerne hätte sie den Kopf abgewandt, aber das hätte ihre Ausbilderin sicher als Schwäche ausgelegt.

„Rekruten! Auf eure Posten!“, schnarrte Vasraas Stimme hinter ihr wie aufs Stichwort. Zekiya stand automatisch stramm. Nicht nur, weil sie ihre Vorgesetzte, sondern auch ihre Mutter war.

Sie trat aus der Reihenformation aus und nahm bei der ihr zugeteilten Position am Gebäudeeingang Aufstellung. Ein weiterer Soldat folgte und postierte sich ihr gegenüber an der anderen Seite des Durchgangs.

Zekiya musste lächeln, als sie sah, wie Aki sie angrinste. Der junge Mann war der Stellvertreter ihrer Mutter und schien immer gute Laune zu haben. Nicht nur deswegen war er das genaue Gegenteil von Vasraa. Er war … ein Freund?

Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn so nennen konnte. Zekiya war sich nicht sicher, ob sie überhaupt Freunde hatte. Sie hatte Kameraden: die anderen Rekruten aus dem Nachwuchsteam der Sicherheitskräfte, die Vasraa befehligte.

Aber denen begegnete sie mit professioneller Distanz … und wurde gemieden, weil sie das Kind der Kommandantin war. Sie konnte es ihnen nicht verübeln. Mit Vasraa legte man sich besser nicht an.

„Was bekommen wir denn heute?“, fragte Aki freundlich und deutete auf Zekiyas Pod. „Was sagt die Liste?“

Sie sah erst hinüber zur Plattform, bevor sie auf das Notiz-Pod von der Größe eines Klemmbretts blickte. Vasraa nahm soeben die Meldung des Plattform-Piloten entgegen, der ihr die Steuereinheit übergab und Meldung erstattete.

„Hauptsächlich Nahrungsmittel von Aquus und technische Bauteile von Binaar“, sagte sie dann, nachdem sie die Liste kurz studiert hatte.

Aki nickte knapp. „Das ist gut“, meinte er. „In den Außenbezirken werden die Algensetzlinge schon wieder knapp.“ Er lachte leise. „Sich seinen Salat im eigenen Gartenteich zu züchten, ist in den letzten Wochen in Mode gekommen. – Was gut ist“, beeilte er sich zu ergänzen, als Zekiya ihn fragend ansah. „Jetzt, wo uns die Kasynari nicht mehr mit Nahrungsbrei versorgen können, müssen wir selbst für unser Essen sorgen. Je mehr mitmachen, desto besser.“

Die Kasynari … Immer wenn Zekiya den Namen der außerirdischen Ballonköpfe hörte, erschauderte sie. Sie konnte die Spezies nicht sonderlich gut leiden. Besonders Justipluu, der ihren Mond Novis im neuen Systemrat präsentierte, war ihrer Mutter ein Dorn im Auge. Und wenn Vasraa wegen Justipluu schlecht drauf war, bekam das in den meisten Fällen auch Zekiya zu spüren.

Sie wusste, dass es unfair war, so zu denken. Aber sie konnte nicht anders. Auch wenn ihr die Kasynari leidtaten, denn es gab nicht mehr viele von ihnen. Die meisten hatten auf dem Mond im Planetenring gelebt, der beim Kollaps des Wurmlochs explodiert war. Riesige durchs All zuckende Plasmablitze hatten den Mond nahezu pulverisiert – und mit ihm sämtliche Stationen, die den holografischen Schutzschild aufrechterhalten hatten.1)

Plötzlich war da nicht mehr ein Planet mit einem Trümmerring am Himmel gewesen, sondern nur noch der Ring, in dessen Mitte sich ein kleines glänzendes Gebilde befand, von dem Zekiya nicht genau wusste, um was es sich handelte. Justipluu hatte es das „Juwel im Inneren“ genannt. Vielleicht war es so etwas wie ein riesiger Diamant?

Ein lauter Pfiff riss das Mädchen aus seinen Gedanken. Vasraa hatte ihrem Trupp damit bedeutet, die Kisten von der Plattform zu heben und in die Lagerräume der Sicherheitszentrale zu bringen. Immer zwei von ihnen packen eine der Kisten und trugen sie bis zum Eingang, wo sie sie vor Aki abstellten.

Der junge Soldat bückte sich, löste die Verschlüsse der Kiste und hob den Deckel ab. Leise zählte er die sich darin befindlichen Kanister, in denen eine türkisfarbene Flüssigkeit schwappte. „Zweiundvierzig Einheiten Algenpollenkonzentrat und die gleiche Anzahl Setzlinge“, meldete er. „Die Einheit trägt die Nummer“, er nahm den Kistendeckel zur Hand las die Kennung ab, „Alpha zwo zwo acht.“

„Übereinstimmung bestätigt!“, rief Zekiya und hakte mit einem Fingerdruck die entsprechende Position auf der Lieferliste ab.

Während die ersten beiden Träger ihre Fracht in das Gebäude brachten, kamen schon die nächsten. Zekiya lauschte den von Aki gemeldeten Zahlen, hakte ab und bestätigte. Nicht eine einzige Abweichung war jemals festgestellt worden – bei wie vielen Lieferungen? Zekiya hatte aufgehört zu zählen.

Gedankenverloren sah sie Aki zu, wie er die nächste Kiste öffnete. Sie wurde nicht schlau aus dem Mann. Dass er ein hervorragender Soldat war, wusste sie natürlich. Aber im Gegensatz zu ihrer Mutter pflegte er einen ganz anderen Umgang mit seinen Kameraden, auch wenn er ihr Vorgesetzter war.

Besonders die Rekruten mochten ihn. Er hörte ihnen zu, wenn sie Fragen hatten. Er schrie sie bei Fehlern nicht an, sondern erklärte ihnen, was sie falsch gemacht hatten.

Lächelnd dachte Zekiya an das erste längere Gespräch mit Aki zurück, kurz nach dem Zwischenfall in der Klonfabrik der Hydriten, bei dem sie fast gestorben wäre. Nur durch das beherzte Eingreifen ihrer Mutter war sie noch am Leben.

Ihre Miene verfinsterte sich, auch wenn sie es selbst gar nicht wahrnahm. Das stimmt so nicht, dachte sie, nicht ohne eine gewisse unterdrückte Wut. Es ist keinesfalls sicher, dass ich Xenia nicht hätte retten können. Das Mädchen, das sie in der Anlage kennengelernt und mit dem sie durch die Schächte der Hydritenfabrik vor einer gefährlichen Spinnenbrut geflohen war. Es hatte an Zekiyas Hand gebaumelt, während sich die Spinnen von unten aus dem Schacht näherten.2)

Und nur weil Vasraa es ihr befohlen hatte, hatte sie losgelassen. Ich hätte sie vielleicht noch retten können, dachte sie wie so oft in den letzten Wochen. Wenn Mutter mir geholfen hätte, hätten wir sie gemeinsam aus dem Schacht ziehen können.

Kurz danach, als sie im Büro ihrer Mutter darauf gewartet hatte, dass diese von einem Verhör zurückkehrte, waren in diesem seltenen Moment der Einsamkeit die Bilder wieder über sie hereingebrochen, und Tränen liefen ihr übers Gesicht, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.

So hatte Aki sie gefunden. Und keinen Moment gezögert, sich zu ihr zu setzen, mit ihr zu reden und genau im richtigen Moment seine Arme zu öffnen, damit sie sich an ihn drücken konnte.

Zekiya wusste, dass Freundschaft auch Schwäche bedeutete. Wer sich durch Sympathie an jemanden band, der musste aufpassen, sich nicht von dieser Verbindung abhängig zu machen. Aber sie sah nicht, wie es sie schwächen sollte, sich die Sorgen von der Seele zu reden.

„Xenia ist nicht durch dich gestorben“, versicherte Aki ihr jedes Mal, wenn sie über das Thema sprachen. Sie hasste diese Augenblicke, in denen sie sich so verletzlich fühlte.

Aki war eine gute Idee gekommen, wie er das ändern konnte. Sie hatten sich ein paar Mal heimlich getroffen, um bestimmte waffenlose Kampftechniken zu üben, die ihr Vasraa nicht zeigen wollte, weil sie dafür angeblich noch nicht bereit war. Mutter weiß so wenig über mich …

„Aufwachen, Rekrut!“

Zekiya stieß vor Schreck einen kleinen Schrei aus und ließ beinahe das Pad fallen. Unbemerkt hatte sich Vasraa von hinten genähert.

Nur eine Sekunde lang brauchte das Mädchen, um sich zu fassen. Es nahm Haltung an. „Bin wach, Sir!“, rief Zekiya und hielt den Blick geradeaus, um nicht in das wütende Gesicht ihrer Mutter schauen zu müssen. Aus den Augenwinkeln sah sie Aki, der ebenfalls Haltung angenommen hatte, ihr aber aufmunternd zublinzelte.

„Wenn du auf einer Patrouille so vor dich hinträumst, Soldat, bist du ein leichtes Ziel für jeden Angreifer!“, bellte Vasraa ihr ins Ohr. „Oder ist dir die Warenkontrolle vielleicht zu langweilig?“ Vasraa ging provozierend langsam um sie herum und stellte sich vor sie.

Ihre Mutter war nicht sonderlich groß, aber das war Zekiya aufgrund ihres Alters auch noch nicht. Also schaute sie genau auf die Stelle zwischen den Schlüsselbeinen von Vasraas Hals.

„Ein gezielter Treffer und der Gegner liegt am Boden“, hatte Aki gesagt. Zekiya unterdrückte den Impuls, genau das jetzt zur Anwendung zu bringen.

„Sir, nein, Sir!“, rief sie stattdessen dienstbeflissen. Sie spürte, wie ihre Mutter sie anstarrte und sie dazu bringen wollte, dasselbe zu tun. Aber Zekiya widerstand.

„Die Versorgung mit Gütern von den anderen Monden ist unsere Lebensversicherung!“, rief Vasraa in die Runde. „Auf den Systemrat ist Verlass. Die Kasynari sind ein Volk, dem viel an Recht und Ordnung liegt.“

Das sagst du nur, weil du es musst, dachte Zekiya spöttisch. Vasraa konnte die Ballonköpfe nicht leiden, war aber auf ihr Wohlwollen angewiesen, um ihre kleine Machtposition als Chefin des Sicherheitsdienstes in Novis Prime zu behalten.

„Was mir aber Sorgen macht, sind ihre Handlanger und Hilfsvölker auf den anderen Monden“, fuhr Vasraa fort. „Man kann uns von offizieller Seite viel versprechen, das heißt aber nicht, dass auch alles vollständig bei uns ankommt. Deswegen sind die Kontrollen so wichtig, Zekiya!“

Beim letzten Satz hatte ihre Mutter sie wieder in den Blick genommen. Dass sie ihren Vornamen in Anwesenheit der anderen Rekruten verwendete, kam nicht oft vor und war als Zeichen zu verstehen, dass Vasraa nicht nur auf professioneller, sondern auch auf persönlicher Ebene von ihrer Unaufmerksamkeit enttäuscht war.

Es tut mir leid, Mutter, dachte sie reflexhaft. Irgendwo in ihr regte sich eine leise Stimme, die widersprechen wollte, aber sie unterdrückte sie geflissentlich. „Ich habe verstanden, Sir!“, antwortete sie.

Die Ankunft eines weiteren Sicherheitsmanns, der aus dem Inneren des Gebäudes auf den Platz trat, ersparte ihr weitere Peinlichkeiten. Der Soldat salutierte vor Vasraa und wartete auf ihre Erlaubnis, sprechen zu dürfen.

„Was?“, knurrte Vasraa nur.

„Der Systemratsvorsitzende Justipluu schickt mich, Sir“, sagte der Bote. „Corporal Aki möchte bitte umgehend in seinem Büro erscheinen.“

Vasraa sah den jungen Mann an, der fragend die Augenbrauen hob. „Warum?“, wollte sie wissen, wobei nicht klar war, ob sie den Boten oder Aki selbst fragte.

„Hat er nicht gesagt, Sir“, antwortete der Bote. „Nur, dass es wichtig ist.“

Vasraa nickte. „Na, dann gehen Sie“, meinte sie.

„Danke, Sir.“ Aki salutierte kurz, wandte sich ab und folgte dem Boten zurück ins Gebäude.

„Rekrut Zekiya, Sie übernehmen Corporal Akis Kontrollaufgaben“, schnarrte Vasraa.

Zekiya bestätigte den Befehl und ließ sich die nächste Kiste bringen. Ihre Mutter folgte derweil dem Behälter, der soeben abtransportiert wurde. Was hatte sie vor?

Während Zekiya die Kiste vor sich öffnete und den Inhalt protokollierte, sprach ihre Mutter mit den beiden Kistenträgern und deutete in eine andere Richtung als die des Lagers. Die Träger nickten und bogen mit ihrer Ladung in einen anderen Gang der Sicherheitszentrale ab. Zekiya wusste, dass er in den Verwaltungstrakt führte.

„Alles in Ordnung“, sagte sie und meinte damit die Kiste vor sich, die die Soldaten wieder verschlossen und ins Lager brachten.

Was hat das zu bedeuten?, dachte Zekiya. Damit meinte sie nicht nur die eben gemachte Beobachtung, sondern auch das Abberufen Akis. Es sah Justipluu nicht ähnlich. Normalerweise verhandelte er Dinge von Relevanz für Novis nur, wenn auch ein Vertreter aus der Stadt dabei war. Zumeist waren das Xaana, Xij oder Tom. So sollte gewährleistet werden, dass nicht nur die Sicherheit, sondern auch die einfache Bevölkerung wusste, was im Rest des Systems vor sich ging.

Aki wird Xaana sicher erzählen, was los ist, dachte Zekiya. Der Soldat und Xijs Tochter waren seit längerer Zeit ein Paar, das wusste inzwischen jeder. Man munkelte, das Ganze sei schon losgegangen, als Aki noch unter Colonel Kormak diente und Xaana zum Widerstand gehörte, was es pikant machte.

Doch danach krähte inzwischen kein Hahn mehr. Nach allem, was Zekiya wusste, war Kormak verschollen. Er hatte sich nach dem verlorenen Kampf um Novis Prime ins Exil zurückgezogen. Später sollte er sich mit einem Sprung vom Transferturm von Novis aus entweder auf einen anderen Mond oder ins Nichts versetzt haben.