Majas Sattel-Blog - Ich glaub, es wiehert! - Christiane Gohl - E-Book

Majas Sattel-Blog - Ich glaub, es wiehert! E-Book

Christiane Gohl

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Beschreibung

Ich glaub, es wiehert!

»Willkommen auf dem Blog über mein irres Leben. Ich bin Maja und nehme euch mit in mein Chaos aus Sommer, Sonne und – tatsächlich! – einem schwarzen Hengst ...«

Nicht mal in Spanien hat man seine Ruhe! Als Maja und Bonnie entspannte Ferien im zukünftigen Reitbetrieb ihrer Familie verbringen wollen, ist Chaos vorprogrammiert.
Und tatsächlich: Kaum angekommen, bietet ein zwielichtiger Händler Majas Eltern einen verwahrlosten Andalusier-Rappen an. Als die den Hengst aus lauter Mitleid kaufen, nimmt der Sommer eine abenteuerliche Wendung. Denn was, wenn Maja mit ihrer Befürchtung recht hat und im Stall des Händlers auch gestohlene Pferde stehen?

Mit frech illustrierten Pferde-Wissensseiten zum Thema »Pferdehaltung & Pferdekauf«.

Alle verfügbaren Bände der Majas Sattel-Blog -Reihe:
Majas Sattel-Blog – Alles Pony, oder was? (Band 1)
Majas Sattel-Blog – Ich glaub, es wiehert! (Band 2)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 200

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© privat

Autorin

DR. CHRISTIANEGOHL wurde 1958 in Bochum geboren. Die promovierte Pädagogin arbeitet als freie Fachjournalistin und Werbetexterin. Seit ihrem zehnten Lebensjahr beschäftigt sie sich mit Pferden und reitet in verschiedenen Disziplinen. Pferdefreundliches Reiten und artgerechte Haltung sind ihr dabei besonders wichtig. Mit ihren Sachbüchern und Romanen avancierte sie in kurzer Zeit zu einer Bestseller-Autorin der Pferdebuchszene. Sie lebt in Spanien.

© privat

Illustratorin

SABINEROTHMUND wurde 1972 in Ludwigshafen am Rhein geboren, studierte an der FH in Mainz mit dem Schwerpunkt Illustration und Buchgestaltung und lebt heute als Illustratorin mit ihrer Familie in Tübingen.

Christiane Gohl

Mit Illustrationen von

Sabine Rothmund

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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© 2022 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur

Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten

Innenillustrationen: Sabine Rothmund

Vignetten: © Hexenkerstin/iStock, © JDawnInk/iStock

Umschlaggestaltung: Guter Punkt GmbH & Co. KG

unter Verwendung von Motiven von iStockphoto

(© Abramova_Kseniya, © AlinaMD, © MichaelWarrenPix, © JDawnInk)

ah • Herstellung: AW

Satz: Leingärtner, Nabburg

Reproduktion: Lorenz & Zeller, Inning a. A.

ISBN 978-3-641-27206-7V001

www.cbj-verlag.de

Über mich

Hallo, ihr Lieben!

Willkommen auf meinem Blog! Ich gebe zu, in den letzten Wochen war es hier etwas ruhiger. Jetzt allerdings beginnen die Sommerferien, und ich befürchte, eine unbeschwerte Zeit ist nicht zu erwarten. Es geht nämlich tatsächlich los: Mit unserem unerwarteten Geldsegen haben meine Eltern inzwischen ihr Traumhaus im Süden Spaniens gekauft und wollen dort eine Pension aufmachen, sobald die Renovierung abgeschlossen ist. Und irgendwas mit Pferden. Genaue Vorstellungen haben sie dazu noch nicht. Meine pferdeverrückte Freundin Bonnie kommt deswegen aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. Mom und Paps haben nämlich keinerlei Ahnung vom Reiten. Und auch ich habe mich nie besonders für das Thema interessiert, bis ich mich in den Osterferien Hals über Kopf in ein vanillefarbenes Pony namens Bolle verliebt habe …

Manchmal glaube ich, dass ich nur träume, und irgendwann als die Maja aufwache, die ich vor einem halben Jahr war. Ein Mädchen, das seine beste Freundin nicht verlieren wird, nur weil sie künftig in zweitausend Kilometer Entfernung wohnen wird, und das keine neuen Sprachen lernen muss. Weder die der Spanier noch die der Pferde!

Aber wenn ich dann die alten Einträge hier lese, wird mir klar, dass das alles tatsächlich passiert und ich der Wahrheit ins Auge sehen muss. Der Wahrheit, dass sicher auch die Zukunft wieder reichlich Stoff für meinen Blog liefern wird …

Freitag, 24. Juni – Eintrag #1

Nie die Hoffnung verlieren!

»Aber ihr kauft noch keine Pferde, oder? Das musst du versprechen, beim Pferdekauf will ich dabei sein!« Als ich heute Morgen am Packen war, zappelte Bonnie um meinen fast fertig gepackten Koffer herum und schaute beinahe etwas missbilligend, als sie die Reithosen und Stiefel darin sah.

Gestern haben die Sommerferien begonnen, und Bonnie hadert ein wenig mit ihrem Schicksal. Schließlich werde ich morgen in ein ganz großes Abenteuer starten. Die Auswanderung nach Spanien erreicht langsam die ernste Phase, und ich werde unser künftiges Haus dort zum ersten Mal zu Gesicht bekommen. Auch Ställe sollen dazugehören, und letztlich wollen Mom und Paps ein Gästehaus mit einer Art Reitbetrieb in der Nähe von Valencia eröffnen. Wie genau das aussehen soll, wissen sie noch nicht – beide haben eigentlich noch nie etwas mit Pferden zu tun gehabt. Aber die spanische Finca ist ihr großer Traum, den sie nun, nachdem wir geerbt haben, auf Biegen und Brechen verwirklichen wollen. Ich selbst bin davon nicht unbeschränkt begeistert. Ich würde viel lieber in Deutschland bleiben. Allein die Trennung von Bonnie wird mich hart treffen.

Meine beste Freundin dagegen möchte am liebsten mit auswandern. Ihre Mutter hat früher in Spanien gearbeitet, und später ist sie immer wieder mit Bonnie dort gewesen. Ihre beiden Andalusierstuten Alegría und Cinderella stammen von einem Tierschutzhof aus der Nähe von Málaga.

Bonnie plant also, mich zukünftig in jeden Ferien in Spanien zu besuchen. Auch diesmal wäre sie zu gern mitgekommen, aber Frau Bernhard hat ein Machtwort gesprochen. Meine Eltern und ich werden nämlich noch nicht in unserem neuen Haus wohnen, weil es erst umgebaut wird. Also würden Kosten für ein Hotel anfallen, und Bonnie hat schon in den Osterferien einen sehr teuren Urlaub in einem ausgesprochen edlen Dressurstall bezahlt bekommen.

»Natürlich kaufen wir noch keine Pferde«, versuchte ich, Bonnie zu beruhigen. »Erst mal müssen das Haus und die Ställe ausgebaut werden. Und meine Eltern müssen sich überlegen, was genau sie wollen.«

Tatsächlich sind die Vorstellungen von Mom und Paps noch mehr als nebulös, was ihre Arbeit mit Touristen und Pferden angeht. Auf jeden Fall soll es anders werden, haben sie Bonnies Mutter vor Kurzem erzählt. Schon um sich von den vielen Reitangeboten, die es in Spanien bereits gibt, abzuheben. Paps will die Sache irgendwie meditativ angehen, Mom nennt es eher intuitiv. Und für den klassischen Input bin ich zuständig. Damit ich ein bisschen Reiten lerne, haben die beiden mich in den Osterferien auf einen Ponyhof geschickt. Dass ich mich da prompt in mein Ferienpferd verliebe, haben sie aber nicht erwartet. Ich trauere Bolle noch immer nach, meinem dicken vanillefarbenen Norweger-Vielfraß, der mir den Unterschied zwischen Reiten und Draufsitzen beigebracht und ganz nebenbei mein Herz gestohlen hat …

Bei dem Gedanken an ihn musste ich dann unweigerlich zu dem großen Foto schauen, das über meinem Bett hängt und auf dem Bolle in seiner charakteristischen Art in die Kamera blinzelt. Er hat seelenvolle, große braune Augen mit langen Wimpern, eine große, weiche Nase und eine kastenförmige Unterlippe, die er meist entspannt hängen lässt. Seine Mähne ist zweifarbig, außen schwarz, innen hell, und stoppelig. Damit sieht er fast so aus wie ein reinrassiges Fjordpferd! Rund um das große Bild habe ich ein paar weitere Schnappschüsse drapiert.

Ich kann mich nie entscheiden, welche Bilder ich vergrößern will, dafür sind es einfach zu viele. Fotografieren war schon immer mein Hobby – schon lange, bevor mich Bonnie, Mom und Paps in Richtung Reiten geschubst haben. Außerdem schreibe ich gerne Listen. Das hilft mir einfach dabei, mir Dinge zu merken oder mir Sachen klarzumachen. Berufe rund ums Pferd zum Beispiel. Wenn man was mit Pferden machen will, sollte man doch zuerst überlegen, was für Möglichkeiten es da gibt. Und am besten schreibt man das dann auf. Meine Eltern finden diese Info-Sammelwut befremdlich. Aber Bonnie trägt sie mit Fassung und schenkt mir immer mal wieder neue, besonders hübsche Notizbücher.

Als sie dann meinem Blick folgte, blieb ihrer an einem Bild von uns beiden hängen, das ich ganz besonders mag, obwohl ich es nicht selbst gemacht habe. Es zeigt uns und unsere Traumpferde: Bolle und mich, beide kurzhaarig, ein bisschen aufmüpfig und futterfixiert. Bolle wendet sich gerade zu mir um, in der Hoffnung, einen Leckerbissen zu ergattern, aber ich beiße eben selbst in einen Apfel. Mein braunes Wuschelhaar schaut in allen Richtungen unter dem Reithelm hervor. Und daneben sind Bonnie und Cinderella, Typ Elfenmädchen und Feenpferd. Bonnie hat einen hellen Teint und trägt ihr blondes Haar lang, ebenso wie Cinderella ihre Silbermähne. Cinderella wird ein Schimmel werden, ist bisher allerdings noch silbrig-grau, zierlich, hochbeinig und wunderschön. Bolle würde man wohl eher knuffig nennen, mehr ein Pferd für einen Hobbit.

»Hast du in letzter Zeit noch mal was von ihm gehört?«, fragte Bonnie, die wie so oft meine Gedanken las.

Ich schüttelte den Kopf. Nachdem ich mit Bolle die Rallye des Ponyhofs gewonnen hatte, hatten wir eigentlich gehofft, meine Eltern würden ihn für unseren künftigen Reitbetrieb kaufen, und ich könnte ihn mit nach Spanien nehmen. Aber leider passt ein dickes, eher plumpes Pony nicht in die Träume von Mom und Paps. Ihnen schweben edle Pferde vor, und Bonnie neckt mich gern damit, dass ich demnächst von lauter wilden schwarzen Hengsten umgeben sein werde, auf deren Zähmung mich Bolle nur ungenügend vorbereitet hat.

»Miriam und Steffi wollen jetzt in den Ferien mal hinreiten. Miriam macht ja Urlaub bei Steffi, und sie hatten ohnehin einen kleinen Wanderritt geplant«, sagte ich. Mit den beiden Mädchen habe ich mich auf dem Ponyhof angefreundet. Steffi wohnt dort in der Nähe, und Miriam hat am Ende sogar die unglückliche kleine Stute Berta mit heimnehmen dürfen. »Sie meinten, das Ponyparadies wäre ein schönes Ziel, und sie könnten schauen, wie es ihm geht. Hoffentlich ist er noch da!«

Wenn ich über Bolle spreche, baut sich in meinem Hals immer ein Kloß auf. Und ab morgen werde ich noch weiter von ihm weg sein.

»So ein Verlasspferd verkaufen die nicht einfach«, tröstete mich Bonnie. »Und es gibt ja auch kaum Mädchen, die ihn haben wollen, so faul wie er ist.«

»Nicht mehr bei mir«, erinnerte ich sie.

Bonnie lächelte. »Du bist ein Sonderfall. Sozusagen eine Bolle-Flüsterin. Der wartet auf dich, egal, wie lange es dauert. Du wirst schon sehen.«

Das mag so sein. Aber da kann er wahrscheinlich lange warten. Denn wie soll ich an das Geld kommen, um ihn zu kaufen? Und selbst wenn ich das schaffe, ist immer noch der Transport nach Spanien ein Problem. Wenn meine Eltern mir da nicht helfen, ist es hoffnungslos.

»Ich kümmere mich jetzt erst mal um den Esel«, versuchte ich tapfer, das Thema zu wechseln. Zu den Eigenheiten unseres neuen Hauses gehört nämlich ein Andalusischer Riesenesel. Er hat keinen Namen, aber einen Sattel. Man scheint ihn also reiten zu können.

»Auf den bin ich auch gespannt!« Bonnie seufzte. »Ach, Maja, ich würde sooo gern mit zu euch kommen! Aber vielleicht gibt’s doch noch eine Chance. Mom hat ein Last-Minute-Schnäppchen gemacht! Wir fliegen für zwei Wochen nach Benicàssim. Und wenn ich nicht alles falsch verstanden habe, liegt zwischen Valencia und Benicàssim eure Finca. Ich würde mich sehr wundern, wenn meine Ma das nicht ganz gezielt ausgesucht hätte.«

Ich war erst sprachlos, dann grinste ich. »Du meinst …«

Bonnie zwinkerte. »Vielleicht brauche ich ja gar nicht viel Überredungskunst, um sie von einem kleinen Ausflug zu überzeugen.«

Ich musste lachen. »Du meinst, deine Ma ist genauso neugierig wie du?«

Bonnie nickte. »Du wirst uns womöglich früher wiedersehen, als du glaubst.«

Ich konnte nicht anders, ich musste sie in den Arm nehmen. Wie soll ich in Spanien nur ohne sie zurechtkommen? »Ich freu mich auf euch!«, sagte ich ehrlich. »Eigentlich kann ich es kaum erwarten.«

Samstag, 25. Juni – Eintrag #2

Es geht los

Meine Eltern und ich wollten heute eigentlich in aller Frühe aufbrechen. Unser alter Kombi war bereits voll bepackt mit allen möglichen Sachen, die Paps brauchen wird, um sich so bald wie möglich im neuen Haus einzurichten. Er hat seinen Job als Mathematik- und Physiklehrer nämlich schon gekündigt und wird gleich in Spanien bleiben, um den Umbau zu überwachen. Mom kann sich nicht so lange freinehmen. Sie hat einen recht gut gehenden Kosmetiksalon und will ihn nicht einmal für drei Wochen ihren Mitarbeiterinnen allein überlassen. Die Sache ist nämlich die: Ihre Angestellten sind zwar durchweg sehr hübsch und immer perfekt geschminkt, aber im Kopf haben sie nicht gerade viel. Auch heute bestand Mom deshalb darauf, schnell noch mal im Salon vorbeizufahren, um ihren Mädels letzte Anweisungen zu geben.

Paps murrte wegen der Verzögerung, aber Mom ließ sich nicht erweichen. Solange ihr der Salon noch gehört, soll alles perfekt sein.

Schließlich war es fast zehn Uhr, als wir endlich auf die Autobahn Richtung Süden rollten.

Wir sind schon oft in Spanien gewesen, aber bisher immer geflogen. Auf der Fahrt wird mir gerade erst richtig klar, wie sehr sich zweitausend Kilometer hinziehen können. Natürlich habe ich reichlich Filme, E-Books und Videospiele dabei, um mir die Zeit zu vertreiben, aber selbst das wird irgendwann langweilig.

Alle zwei bis drei Stunden wechseln meine Eltern sich am Steuer ab. Sie hatten eigentlich vor, die Nacht durchzufahren. Aber jetzt geht es auf dreiundzwanzig Uhr zu, und wir haben alle genug. Sobald wir die Grenze nach Frankreich überquert haben, werden wir uns ein Motel suchen.

Sonntag, 26. Juni – Eintrag #3

Spanien, wir kommen!

Obwohl ich gestern nur im Auto herumgesessen hatte, habe ich wie tot geschlafen. Und heute ist es dann gleich weitergegangen. Kilometer um Kilometer nach Süden. Inzwischen scheint fast immer die Sonne, während wir gestern bei Regen in Deutschland abgefahren sind. Aber die Strecke zieht sich wie Kaugummi, ein Stau jagt den anderen, und es hat ewig gedauert, bis wir endlich Spanien erreicht haben.

So langsam bin ich aufgeregt, weil ich jetzt die Straßenschilder und Werbeplakate am Straßenrand lesen kann. Bonnie und ich haben Spanisch in der Schule als Wahlpflichtfach belegt, und seit das mit der Auswanderung konkret ist, hat Frau Bernhard intensiv mit uns geübt. Ich habe deshalb eine Eins auf dem Zeugnis und fühle mich den Anforderungen zumindest sprachlich schon recht gut gewachsen.

Wir sind jetzt an Barcelona und Tarragona vorbei und haben beschlossen, dass wir ein weiteres Mal in einem Motel an der Autobahn übernachten werden.

»Morgen«, hat Paps optimistisch gemeint, »ist es dann nicht mehr so weit.«

»Nur noch gut sechshundert Kilometer«, hat Mom präzisiert. Auch ihr wird die Fahrt offenbar lang. Sie scheint froh zu sein, dass wir die Rückreise mit dem Flugzeug machen werden. Das Auto soll bei Paps in Spanien bleiben.

Montag, 27. Juni – Eintrag #4

Ein Traum!?

Es herrschte heute wieder den ganzen Tag strahlender Sonnenschein, und Mom und Paps meinten auf der Fahrt, ich sollte zum Zeitvertreib ein bisschen Spanisch mit ihnen üben. Es hatte ihnen sehr imponiert, dass ich im Motel mit der Rezeptionistin Spanisch sprach, um schnell an das Passwort für den kostenlosen WLAN-Anschluss zu kommen.

Ich schlug also vor, die wichtigsten Verben zu konjugieren, während wir weiter der Autobahn nach Süden folgten. Der Mittelstreifen war mit bunten Blumen bepflanzt, und die Hinweisschilder wiesen zu bekannten Ferienorten. Meine Stimmung war deutlich besser als gestern – jedenfalls bis wir mit der Sprachübung begannen.

Mom und Paps haben Kurse an der Volkshochschule besucht, nachdem sie sich zur Auswanderung entschlossen hatten, aber viel hat das offenbar nicht gebracht. Ich finde es ziemlich erschreckend, dass sie tatsächlich kaum einen korrekten Satz bilden können! Die beiden kümmert das allerdings wenig.

»Das kommt schon von selbst, wenn man im Land lebt«, tröstete sich Paps, während Mom von den vielen Deutschen erzählte, die sie im Umfeld der Finca bereits kennengelernt hatten. Sie erweckte damit fast den Eindruck, als sei Deutsch rund um Valencia eine zweite Landessprache – dabei hat Frau Bernhard sie ausdrücklich davor gewarnt, die Sache mit der Verständigung zu unterschätzen. »Solange man nur im Restaurant etwas bestellen will, ist das kein Problem. Aber wenn es kritisch wird, wenn man mit der Polizei zu tun hat, mit Anwälten, Ärzten und so weiter, kommt man mit Deutsch nicht durch und mit Englisch ebenso wenig.«

Mom und Paps haben darüber natürlich hinweggehört, genau wie über das, was Frau Bernhard über Pferdehaltung, Pferdekauf und Reiterferienhöfe in Spanien erzählt hat. Sie sind überzeugt davon, alles richtig zu machen, und träumten auch heute wieder davon, wie schön es würde, wenn wir erst mal Pferde hätten, die über den Zaun auf unsere Terrasse schauten, während die Gäste dort frühstückten.

»Diese wunderschönen, spanischen Pferde!«, schwärmte Paps. »Die langen Mähnen, die sanften Augen … wir haben uns einen Slogan ausgedacht, Maja: Cortijo de las Rosas – Zusammensein mit Pferden! Wie findest du das?«

Cortijo de las Rosas ist der Name unserer Finca. Aber was versteht Paps unter »Zusammensein«? Sollen unsere Besucher mit den Pferden im Stroh schlafen und Heu mümmeln? Ich fühle mich Bolle ja wirklich verbunden, aber ehrlich gesagt: Gemütlich abhängen tue ich lieber mit Bonnie.

»Ganz okay«, sagte ich trotzdem, um keinen Streit anzufangen. »Fahren wir heute eigentlich schon raus zur Finca?«

Wir waren bis jetzt relativ schnell vorwärts gekommen, und so langsam war ich echt gespannt!

Aber Mom schüttelte den Kopf. »Nein, die … äh … Zufahrtswege … also am Abend möchte ich da nicht langfahren, und im Dunkeln sieht man ja auch nichts. Wir machen uns einen ruhigen Abend, gehen am Meer nett essen …«

Meer? Ich spitzte die Ohren. Und tatsächlich hatten meine Eltern ein Hotel an der Playa de Almarda gebucht, etwa eine halbe Stunde Fahrzeit von der Finca entfernt.

Als wir es gegen fünf Uhr nachmittags erreichten, war ich hell begeistert. Zwar liegt es nicht in der ersten Reihe am Meer, doch immerhin habe ich mein eigenes Zimmer.

Dann gab es für mich kein Halten mehr. Ich kramte das Badezeug aus meinem Koffer und lief hinunter zum Strand, während Mom und Paps sich noch einrichteten.

Das Meer war einfach wunderbar! Ich stürzte mich in die Wellen und machte natürlich ein Selfie für Bonnie, Steffi und Miriam.

»Fehlt nur noch Bolle!«, schrieb ich unter das Bild, bevor ich es abschickte. »Wart ihr schon im Ponyparadies???«

Der Gedanke an meinen überdimensionalen Vanillepudding, wie ich Bolle manchmal scherzhaft nenne, lässt mich auch hier einfach nicht los. Ich würde sogar den Strand und das Meer gegen Ferien im Ponyparadies eintauschen, nur um ihn um mich zu haben.

Auf dem Rückweg zum Hotel fand ich ein Restaurant am Strand, das sehr verheißungsvoll aussah. Ob es wohl noch freie Tische gab? Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte auf Spanisch nach. Der Junge, der dort bediente – ein sehr gut aussehender Spanier –, lachte mich an und sagte: »Claro, cariña!«

Ich bin mir sicher, der hat mit mir geflirtet! Ich habe es also kaum abwarten können, ins Hotel zurückzukommen und Bonnie von der Begegnung zu schreiben. Der Urlaub geht doch schon mal gut los!

Meine Eltern waren zum Glück sofort einverstanden, am Strand essen zu gehen, und ich strahlte, als der Typ mich wiedererkannte und mit »¡Hola, Reina!« begrüßte.

Er hat mich Königin genannt! Da wachse ich doch gleich um mindestens zehn Zentimeter!

Beim Bestellen von Rotwein und Paella hatten Mom und Paps wirklich keinerlei Sprachprobleme. Mit Grammatik hatte ihre Bestellung zwar nichts zu tun, doch der nette Kellner schien das gewöhnt zu sein. Er machte mir aber noch ein Kompliment, als ich in ganz korrektem Spanisch um eine Limo ohne Eis bat. Während ich daran nippte, blickte ich abwechselnd hinaus auf das wenig bewegte Meer, in dem sich der Mond spiegelte, und in den klaren Sternenhimmel.

»Ist das nicht schön?«, fragte Paps glücklich. »Und so wird es nun immer sein!« Er hob sein Weinglas. »Es ist ein Traum, einfach nur ein Traum!«

Allerdings hat Frau Bernhard uns auch vor solcher Hochstimmung gewarnt. »Am Anfang erscheint alles wunderbar«, hat sie gesagt, »So als starte man in ewige Ferien. Wenn die Wirklichkeit einen dann einholt, sind viele Auswanderer völlig schockiert und verlieren oft den Mut.«

Daran will ich jetzt aber nicht denken. Heute fühle ich mich wie verzaubert – und kann meine Eltern zum vielleicht ersten Mal verstehen. Denn auch wenn ich Bonnie und Bolle vermissen werde, es hat schon was, im Süden zu leben.

»Was heißt denn Traum auf Spanisch, Maja?«, fragte Mom.

Ich lächelte ihr zu. »Sueño.«

Mom sprach es fast andächtig nach. »Wir könnten unser erstes Pferd so nennen. Schade, dass die Finca schon einen Namen hat. Sonst könnte sie …« Sie überlegte.

»Meinst du, Cortijo de los Sueños?«, half ich aus. »Das wäre so was wie Traumhaus.«

Paps strahlte. Und ich kann es jetzt wirklich kaum mehr erwarten, dieses Wunderwerk der Baukunst endlich zu sehen!

Dienstag, 28. Juni – Eintrag #5.1

Das Traumhaus

Das Frühstück im Hotel lässt wirklich keine Wünsche offen. Es gab Obst und Croissants und Churros, mein spanisches Lieblingsessen. Das sind in Fett gebackene Teigstreifen, die man mit Zucker oder Schokocreme isst, und sie sind wirklich lecker.

Mom und Paps waren allerdings die ganze Zeit unruhig. Sie wollten so schnell wie möglich los zur Finca, mussten vorher jedoch noch einkaufen. Wir brauchten Getränke und Essen – und in der Nähe unseres Hauses scheint es keine Läden zu geben.

Ich war währenddessen noch mal kurz am Strand, und es war genauso traumhaft wie gestern. Ich ging schwimmen und schlenderte dann ein bisschen am Meer entlang, um nach Motiven für mein ganz spezielles Urlaubs-Fotoalbum Ausschau zu halten. Damit gebe ich mir immer besondere Mühe. Meine Bilder sollen nicht einfach nur Menschen vor Sehenswürdigkeiten zeigen, sondern ein bisschen künstlerisch sein und besondere Eindrücke einfangen. Ich fotografierte eine Muschel im Sand, in der sich ein winziger Einsiedlerkrebs eingenistet hatte, eine Welle, die sich über einem glänzenden Stein brach, und eine Palme im Gegenlicht. Dabei vergaß ich die Zeit ganz und gar.

Mom und Paps warteten bereits ungeduldig, als ich endlich zurück ins Hotel kam, und Mom wurde sogar etwas böse. »Man könnte meinen, du interessierst dich überhaupt nicht für unser Projekt!«, meinte sie.

Ich weiß nicht, ob es ein gutes Zeichen ist, dass sie unser Abenteuer seit Neuestem Projekt nennt, habe mich aber trotzdem gleich etwas schuldig gefühlt. Dabei will ich wirklich nichts dringender, als die Finca endlich zu sehen!

Warum ich den Aufbruch dann trotzdem verzögert habe? Ganz ehrlich, ich habe ein bisschen Angst, und meine Nervosität ist fast nicht mehr auszuhalten.

»Nun geh dich schon duschen und umziehen!«, wies Paps mich an, und ich beeilte mich, in mein Hotelzimmer zu kommen.

Ein Blick in den Spiegel stimmte mich dann wieder positiver. Ich habe nach dem kurzen Strandaufenthalt schon ein bisschen Farbe bekommen. Mein Teint ist allgemein recht dunkel, ich werde schnell braun. Aber jetzt sehe ich mit der Bräune, meinen Shorts und einem knappen Top schon ziemlich nach Urlaub aus.

Ich habe mir noch meine Kamera geschnappt, um möglichst viele gute Bilder des Hauses machen zu können. Bisher habe ich nämlich nur Handyfotos gesehen, und weder Mom noch Paps sind begnadete Fotografen.

Als wir schließlich Almarda verließen, wichen die hübschen Hotels und Villen am Meer bald weniger gepflegten Vierteln und Industriegebieten. Die Straße führte zwischen Feldern hindurch und wieder auf die Autobahn. Nach einer Weile bog Mom ins Inland ab, und wir durchquerten noch ein paar kleinere Orte, die alle ziemlich verlassen wirkten. Der letzte, Segart, bestand nur noch aus wenigen Häusern und einer Bar.

Schließlich lenkte Mom den Wagen auf einen unbefestigten Weg. Er war erst recht breit, wurde dann schmaler und ziemlich uneben. Teilweise führte er durch Wald, dann durch Buschland, wo er wohl beim letzten Regen ausgespült worden war. Die Landschaft war hügelig bis gebirgig, und in der Ferne ragten Berge auf. An Pflanzen gab es hauptsächlich niedriges Gebüsch, doch gelegentlich fanden sich auch ein riesiger, uralter Johannesbrotbaum oder eine Gruppe Pinien. Die Aussicht war wirklich wunderschön!

Allerdings folgte ein Schlagloch dem anderen, und als meine Eltern dann noch darüber zu streiten begannen, ob wir hier richtig waren, wurde mir etwas mulmig zumute. Verstohlen warf ich einen Blick auf mein Handy. Ich hatte gestern, als ich zum Strand ging, vorsichtshalber unser Hotel als Standpunkt eingespeichert, das sollten wir im Zweifelsfall also wiederfinden. Doch leider bestätigten sich Bonnies Befürchtungen, was abgelegene, einsame Fincas angeht: kein einziger Balken.

Internet gibt es hier nicht. Dafür meinte Paps, einige Orientierungsmarken wiederzuerkennen und wurde ganz aufgeregt, als es nun bergauf ging. Der Weg war schmal und steinig, führte anschließend wieder bergab in eine Art Tal – und dann sah ich das Haus.

Dienstag, 28. Juni (etwas später) – Eintrag #5.2

Eine Ruine

»Da ist es!«, rief Mom jubelnd. »Liegt es nicht großartig?«

Das aus zwei Gebäuden bestehende Anwesen, das zweifellos einmal schön gewesen war, stand inmitten von Buschland auf einem sanften Hügel. Die beiden rechteckigen Häuser befanden sich im rechten Winkel zueinander, es schien sich um ein Wohnhaus und ein Stallgebäude zu handeln. Das Wohnhaus war zweigeschossig, hatte kleine Fenster und ein flaches Satteldach, das allerdings teilweise eingestürzt war. In den Fenstern waren keine Rahmen, die hölzerne Eingangstür hing schief und war völlig verwittert. Das Stallgebäude sah noch schlimmer aus. Hier ragten die Dachsparren wie ausgebleichte Knochen zwischen zusammengefallenem Mauerwerk hervor.

Ich musste tief Luft holen. »Das … ist eine Ruine!«