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Die hier versammelten Gedichte der Lyrikerin und Erzählerin Veronika Beci sind wirklich ungemütlich, handeln sie doch von der entschiedenen Abkehr von einer kalten, fremd gewordenen Menschheit, von Naturzerstörung und von Krankheit (ME/CFS), denen nur ein Freiraum entgegengesetzt, eine Antwort gegeben werden kann: Poesie.
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Seitenzahl: 40
Veröffentlichungsjahr: 2024
Veronika Beci
Merklich spürbar
Ungemütliche Gedichte
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Zuerst
Merklich spürbar
Aussegnung
Ungemütlich
Nachwort von Iva Okërn*
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Impressum neobooks
Mein graues Lied
Warum das Lied, das ich stets singe
so dunkel ist und wortentstellt,
glückhaft trostlos,
bedrückend fast mich selbst umhüllt
mit seiner finst'ren Riesenschwinge?
Warum es wie mit Nebelgrau
liebkosend ist, doch bilderschwer,
überreich arm
veratmend leicht, als ob es leer
von Hoffen, voller Sehnsuchtsblau?
Wieso es kalt ist wie ein Grab,
mein Lied, das mich besitzt?
Ewig zirkelnd
mich bestürmt und in mir blitzt
und tropft, heißschwarz, von meinen Lippen ab?
Warum das Lied, dies, das ich singe,
aus einem leisen Weinen bricht,
bewegend ruhig?
Ach, ich weiß es nicht -
ich weiß nur, dass ich 's wieder singe.
Gedanken einer Stunde
Nicht mit gleichem Maß zu messen.
Die Wege, die sich überkreuzen,
möcht' ich meiden.
Kälte schneidet, messerscharf,
die Unverstandenen.
Die reifen Früchte des Ungeschlechtlichen
am Straßenrand, verbräunt.
Die hingeworf‘nen Dinge. Ungebraucht
und ungewollt.
Verträumt
Wolkengespinst,
von Feuerflug überflammt,
in Bläue zerstäubt.
Behagen
Unterm Sonnenschirm,
in dem bergenden Schatten,
die Ruhe lieben.
Fügung
Wohin mich Gott gesetzt
hat, soll ich blieben.
In diesem Einerlei verhetzt,
in dieses gott- und götterlose Treiben
geworfen, um und um
geworfen und verletzt,
und ich soll bleiben?
Das, was mich oft gedrängt
hat, will ich meiden.
In viele Masken eingezwängt,
in solche Rollen mich zu kleiden,
die mir nicht stehen,
gedrungen und gekränkt,
das alles will ich meiden.
Was mir das Wort geschenkt
hat, will ich leben,
von stiller Poesie gelenkt,
in wilde Träume mich verweben,
verspinnen tief und fest,
versponnen und versenkt,
versunken will ich leben.
Doch mir wird nicht gelingen,
zu lassen Welt und Zeit,
und kalte Arme schlingen
sich um mein Herz und weit,
weit wird es und zerreißt - - -!
Wohin mich Gott gesetzt
hat, muss ich bleiben.
Lebensfragen
Leben. Will ich wirklich leben,
wo Baum um Baum fällt,
Stadt an Stadt steht, neben
Straßen der Fabriklärm gellt,
kann ich es?
Soll ich in dem Menschgedränge
meine Worte, Lieder finden?
Und – wenn es mir doch gelänge -
meinen Abscheu überwinden
- vor ihnen?
Muss ich weiter anseh'n
wie Beton die Wälder frisst?
Darf ich nicht davongeh'n,
jetzt, weil jetzt noch Zeit ist
anständig zu sterben?
Stürme oder Menschen
Die Winde, die mir entgegenstürmen,
sind dich nicht gleich.
Manche wühlen sich auf zu Nebeltürmen
und andere wehen leicht.
Da gibt es Stürme, die Holz zerbrettern,
und die gewalttätig droh’n,
die Glas und Stein und Ziegel zerschmettern
mit ihrer Wut und ihrem Zorn.
Da sind die Stürme, die wirbeln und trudeln,
oder die, die pfeifend fegen durch Gassen;
die einen dreh’n sich empor in Strudeln,
die ander’n durchschneiden eiskalt die Straßen.
Die Wüstenwinde treiben zerstäubenden Sand;
der Meeresstürme haushohe Wogen
schlagen wuchtig an zerklüfteten Strand;
von Ost kommt klirrend der Eissturm gezogen.
Der eine bringt Regen, ein anderer Schnee,
sie geben das Zeichen zu wechselnden Zeiten,
umzischen die Gipfel, aufschäumen die See,
auf der sie dann – irgendwann – mählich vergleiten.
---
Sie sind der Atem eines Titanen,
der sein Geschick dem Himmel klagt,
zu dem, der jenseits der Umlaufbahnen
über Sonnen hinweg ins Ewige ragt.
Beweggrund
Die Zeit ist keine.
Für den Dichter nicht.
Sie rinnt, geschäftig,
glasfein licht,
und fort.
Fort! Zu schnell!
Münden wollend
in dem Quell
aller Zeiten.
Der Dichter ist nicht
in ihr. Die Worte
träumen, bleiben
schwebend stehen.
Er sucht und fängt
sie, manche fallen
ihm wie Sterne
in den Schoß.
Zeiten gehen,
doch er klaubt
Worte aus den Wolken,
Nebeln, Bäumen,
vergisst die Freundschaft,
Liebe und das Glück,
die strömen mit dem
andern fort, weit fort.
Und unversehens bleibt
er still zurück. Still zurück.
In seinen Händen
von allem nur das Wort.
Sie ist auch ihm gesetzt,
die Zeit. Es winkt
ihn eine Hand herab,
er sinkt. -
Er müht sich, schnell
hinauszustreuen, was
ihm die Liedkunst
Liebes gab! Gleich wie!
Nie war er in ihr!
Nun schenkt er seinem Wort die Schwingen,
sich über sie
hinweg zu singen,
ins Ewige,
wird still.
Und lächelt.
Und findet auch,
und findet...
Schreib!
O, über Worte!
Alhambra und Wetter,
der Skisprung entfällt,
stattdessen Gedenken
an einen Dichter.
Sein Leben – ein Film.
O, über Worte!
Unglück im Osten,
in Mexico City schwelt 's,
hier graut 's, und Happy birthday
dem Mächtigen.
O, über Worte!
Expo und Kredit.
Hast du, so kannst du auch
und außerdem die
Zeitumstellung, nur
gemachte Wirklichkeit.
O, über Worte
nur eines Tages!
Kopfschütteln und
Schweigen. Fragezeichen.
Nachts dichten
Samtdecke Nacht mit gestickten Sternen
und Perlen, sorgsam aufgenäht.
Schimmernde Garne, Flächen füllend,
Muster wirkend eingewebt.
Opulenz der leuchtenden Kräfte
ist dem Schwarztuch aufgeprägt – Sinne umhüllend –;
an deinem Saume fädele ich, ich hefte
meine Worte an deine weiten Fernen.
Missverständnis
Worte auf Goldwaagen,
empfindlich überspitzt
gehört,
was seicht gegossen
ins Sprachbad,
schwer,
was leicht geflossen
wie Spiel, wie