Michael's Mistress - Mia Kingsley - E-Book + Hörbuch

Michael's Mistress E-Book und Hörbuch

Mia Kingsley

4,0

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Beschreibung

Delaney Den Job als Chefin einer kriminellen Organisation hatte ich mir anders vorgestellt. Bei meinem Vater sah es leicht aus, doch mir flattern die Morddrohungen reihenweise ins Haus. Ich weiß nicht, wem ich noch trauen kann. Was ich jetzt brauche, ist Hilfe von jemandem, der sich an die Regeln hält und über einwandfreie moralische Maßstäbe verfügt. Zum Glück habe ich meine Hausaufgaben gemacht und den letzten aufrechten Cop in der Stadt gefunden – zumindest nennen ihn alle so … Michael Das war's. Ich habe die Schnauze voll. Seit Jahren bin ich der Einzige, der nach den Regeln spielt. Was habe ich davon? Ich muss zusehen, wie die Frau, von der ich dachte, dass ich sie liebe, mich für einen Kriminellen sitzenlässt. Es reicht. Ab sofort sind mir Regeln, Richtlinien und Versprechen egal! Michael ist eine Figur aus »Vance's Vixen« und hat jetzt seine eigene Geschichte bekommen. Sie kann unabhängig von »Pratt's Plaything« und »Vance's Vixen« gelesen werden, für den ungetrübten Lesegenuss ist die vorherige Lektüre in dieser Reihenfolge jedoch empfehlenswert: Pratt's Plaything Vance's Vixen Michael's Mistress Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 230

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Zeit:5 Std. 11 min

Sprecher:Emilia Schilling

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MICHAEL’S MISTRESS

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2017, Deutschland.

Coverfoto: © Mia Kingsley

Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

Empfohlene Reihenfolge

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

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Über Mia Kingsley

EMPFOHLENE REIHENFOLGE

Obwohl »Michael’s Mistress« als eigenständige Geschichte gelesen werden kann, tauchen die bekannten Figuren aus »Vance’s Vixen« wieder auf.

Daher empfehle ich für den ultimativen Genuss die folgende Reihenfolge:

Pratt’s Plaything

Vance’s Vixen

Michael’s Mistress

KAPITEL1

DELANEY

Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, meine Ungeduld hinter einer höflichen Maske zu verbergen. Oft genug hatte ich Dad dabei beobachtet, wenn er Geschäfte machte. Schweigen war eine mächtige Waffe, die gerade auch Zinovy Kozlov zu spüren bekam.

Mister Kozlov legte den Colt M4 zurück auf den Tisch, schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht«, murmelte er und mit einem Mal war sein russischer Akzent viel schwerer als vorher.

Mein freundliches, aber nichtssagendes Lächeln vertiefte sich. Statt zu antworten, tippte ich nur mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. Ebenfalls ein kleiner Kniff, den ich von Dad hatte.

Unsicher tauschte Kozlov einen Blick mit seinem Begleiter, der bisher nicht ein Wort gesprochen hatte. Ich lehnte mich im Stuhl zurück. Zwar wäre es für mich praktischer, wenn Kozlov mir die dreihundert Gewehre abnahm, doch ich war nicht darauf angewiesen. Selbst wenn ich es gewesen wäre, hätte ich es ihm nicht gezeigt, denn damit würde ich mich in der schwächeren Verhandlungsposition befinden.

Die Sekunden verstrichen und irgendwann stand ich auf. »Wenn Sie mich entschuldigen, meine Herren. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«

Kozlovs Kumpane hob die Hand. »Wir nehmen alle, Miss McHale.«

Ohne den Gesichtsausdruck zu wechseln, neigte ich leicht den Kopf. »Schön. Wenn Sie mich trotzdem entschuldigen würden. Mitch wird sich um alles Weitere kümmern.«

Mitch nickte mir zu, stieß sich von der Wand ab und ging zu den Männern. Ich schob den Durchgang zur Küche auf und atmete durch, sobald ich mich sicher fühlte. Meine Mum drehte sich zu mir um. »Alles okay, Laney?«

Sie rührte in dem großen Topf, aus dem es himmlisch roch. Für einen Moment sehnte ich mich zu der guten, alten Zeit zurück, als Dad und mein Bruder noch am Leben waren und sich um die Geschäfte gekümmert hatten.

Natürlich hatte ich immer damit gerechnet, auch eines Tages involviert zu sein. Dabei hatte ich mich allerdings eher in Mums Position über den Büchern gesehen und nicht aktiv beteiligt. Es war alles so schnell gegangen, und nun zog ich morgens hübsche Businesskostüme an, um Waffen weiterzuverkaufen und einen Nachtklub zu leiten, der die Einnahmen aus illegalen Glücksspielen wusch.

Ich wischte mir vorsichtig eine Strähne aus der Stirn, um mein Make-up nicht zu ruinieren. »Manchmal ist es mir zuwider, wie Kozlov mich ansieht. Als würde er erwarten, dass es mich gratis zu den Gewehren gibt. Am liebsten würde ich duschen gehen.«

Mum kam zu mir, umfasste meine Wangen und küsste meine Stirn. Dazu musste ich mich weit nach vorn beugen, denn sie war winzig. »Du bist so tapfer, Laney.«

Mein Lächeln bröckelte. Blieb mir etwas anderes übrig?

»Schon gut. Ich bin nur übermüdet, und die Tatsache, dass heute wieder neue Leute aus Irland ankommen, stresst mich.«

Sie nickte, legte die Hand auf meinen unteren Rücken und schob mich vorwärts. Vor dem Tisch klopfte sie auf die Sitzfläche des Stuhls. »Du musst etwas essen.«

»Ein Kaffee reicht«, erwiderte ich, ließ mich aber gehorsam sinken. Wenn ich weiter zunahm, würden meine tollen Kostüme nämlich spätestens in zwei Wochen nicht mehr passen. Vielleicht hatte Kozlov mich auch deshalb wie ein Stück Vieh angestarrt. Heute hatte ich mehr als sonst das Gefühl, dass mein BH meine Brüste kaum unter Kontrolle hatte und sie kurz davorstanden, meine Bluse zu sprengen. Wahrscheinlich Einbildung, doch an manchen Tagen kam ich gegen die Selbstzweifel schlecht an.

Das permanente Durchsetzen meiner Macht und der Versuch, keine Schwäche zu zeigen, raubten mir langsam, aber sicher die Kräfte. Mum wusste nichts davon, aber ich hatte ernsthafte Probleme.

Die Tasse Kaffee stand gerade vor mir, als Scott seinen Kopf in die Küche schob. »Dee, wir haben Besuch.«

Mit einem Seufzen erhob ich mich, während Mum Scott wie ihren verlorenen Sohn anstrahlte. »Junge. Hast du schon etwas gegessen?«

Er nickte ihr zu. »Ja, Mrs McHale. Außerdem ruft die Arbeit.«

»Dann später«, beharrte Mum und streckte drohend ihren Zeigefinger aus. »Und Mitch kannst du gleich mitbringen.«

»Ja, Mrs McHale.«

Ich folgte Scott ins Esszimmer. Am Kopfende des Tisches saß ein Mann, der nach Ärger aussah. Sehr viel Ärger.

Mein Bauchgefühl sagte es mir in der Sekunde, in der ich ihm gegenüberstand. Es war nur eine Eingebung, aber ich wusste, dass ich recht behalten würde. Mum sagte immer, meine Intuition hätte mit meinen roten Haaren zu tun – das war Quatsch. Menschenkenntnis war das Stichwort.

Der Typ hob den Blick, musterte mich auf unanständige Weise und schnalzte mit der Zunge. »Alter, ich habe gesagt, dass ich den Boss sprechen will. Ist ja nett, dass ihr mir eine Nutte als Willkommensgeschenk servieren wollt, aber ich bevorzuge sie etwas dünner.«

Ich straffte die Schultern. »Mit wem habe ich die Ehre?«

Die Temperatur im Raum war um etliche Grad gefallen und meine Männer sahen betreten zu Boden. Sie würden sich zurückhalten, solange ich ihnen kein Zeichen gab.

Er kam auf mich zu und blieb viel zu dicht vor mir stehen. Ungeniert musterte er meinen Ausschnitt, streckte die Finger aus und berührte meine Haut knapp unterhalb des Schlüsselbeins. »Wobei, wenn ich das so sehe, würde ich es mir glatt noch mal überlegen. Ein bisschen mehr Fleisch auf den Knochen muss ja nicht übel sein. Aber erst muss ich den Boss sprechen, Schätzchen.«

»Der Boss hat gerade nach deinem Namen gefragt und keine Antwort bekommen.« Ich reckte das Kinn.

Ungläubig zog er die Augenbrauen hoch, bevor er lachte. »Ihr lasst euch von einer Frau herumkommandieren?«

Keiner der Männer reagierte, denn sie waren klug genug, es nicht zu tun. Dazu kannten sie mich zu lange. Woher kam dieser Clown, dass er nicht wusste, wer ich war? Jeder hatte sich inzwischen daran gewöhnt und kannte mich. Und den Ruf, der mir vorauseilte.

»Ich werde ein letztes Mal fragen. Wie ist dein Name?«

»Coran Ritchie. Und mir gefällt der Tonfall nicht, Süße.«

»Funktion?«

»Ich soll eine Nachricht an den Boss überbringen.«

»Immer raus damit. Ich bin ganz Ohr.« Es kostete mich eine Menge Kraft, nicht abwehrend die Arme zu verschränken, sondern äußerlich locker stehen zu bleiben.

»An. Den. Boss. Ist das hier so eine Art Willkommensscherz? Wo ist der Boss? Oder muss ich dich erst ficken, um mit ihm reden zu dürfen?«

Er wollte nach mir greifen, doch ich schlug seine Hand weg. Wut verzerrte sein Gesicht und er gab mir eine Ohrfeige. Sie kam zu schnell, als dass ich sie hätte kommen sehen können.

»Denkst du, du bist was Besseres, Miststück?«, keifte er.

Ich schnippte mit den Fingern. »Mitch. Scott.« Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und ging in die Küche. Meine Mutter beobachtete mich, als ich die Küchenschublade aufzog und das Hackbeil herausholte. »Ich kaufe dir ein neues.«

Sie verzog das Gesicht, bedeutete mir aber, es zu nehmen.

Mit großen Schritten ging ich zurück. Coran war blass geworden und schien nicht mehr ganz so lässig – jetzt, da Mitch und Scott ihn mit dem Oberkörper auf den Esstisch gezwungen hatten. Seine Augen weiteten sich, als er das Beil in meiner Hand sah.

»Das war nur ein Scherz, Süße.«

»Für dich immer noch Miss McHale«, entgegnete ich und griff nach seinem Unterarm, damit Mitch ihn für mich festhielt.

»Ich weiß nicht, wo du herkommst, Coran, aber hier werden Frauen mit Respekt behandelt und nicht gegen ihren Willen angefasst, ganz zu schweigen von der Ohrfeige.«

»Es tut mir leid, Miss McHale«, wimmerte er. Von dem tapferen Mann war nichts mehr übrig.

Ich schaute ihn an und tätschelte seinen Kopf. »Davon bin ich überzeugt.«

Nervös leckte er über seine Unterlippe. »Ich sollte ausrichten, dass die nächste Lieferung erst Donnerstag eintrifft. Wir hatten Probleme mit den Containern.«

»Das ist ungünstig.«

Er kreischte wie ein kleines Mädchen oder mein Bruder Seamus früher, als ich das Beil hob und seine rechte Hand abschlug. Die, mit der er mich angefasst hatte, um genau zu sein.

Schnell trat ich einen Schritt zurück, damit das sprudelnde Blut mich nicht traf. »Du kannst von Glück reden, dass ich heute einen guten Tag habe und dir eine Chance gewähre, deine Hand zurückzubekommen.«

Mit der Klinge des Beils schob ich sie ein Stück über den Tisch, außerhalb seiner Reichweite. »Alles, was du tun musst, ist, zur Polizei zu gehen und mich anzuzeigen.«

Meine Worte schockierten meine Männer, doch sie fragten nicht nach. Sie zeigten es nicht einmal, aber ich kannte sie gut genug, um auch die winzigsten Regungen lesen zu können.

»Zur Polizei?« Coran keuchte und starrte mit fahlen Wangen auf die Stelle, wo das Blut aus seinem Unterarm strömte. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.

»Du hast mich schon verstanden. Zur Polizei, und stell sicher, dass sie mich abholen kommen. Beeil dich lieber, denn ich weiß nicht genau, wie lange so eine Hand sich auf Eis hält. Vorausgesetzt, ich habe überhaupt Eis im Haus. Sonst kann ich sie bloß in den Kühlschrank legen.«

Mitch und Scott ließen ihn los. Coran hastete zur Tür, bis ich ihn zurückhielt.

»Und Coran?«

»Ja, Miss McHale?«

»Die Terminverschiebung ist inakzeptabel. Die Lieferung kommt pünktlich, sonst werde ich echt sauer. Nur zur Verdeutlichung, jetzt gerade bin ich lediglich milde verstimmt. Du und deine verbleibenden Gliedmaßen wollen mich nicht wütend erleben.«

»Ja, Miss McHale.« Er verbeugte sich tatsächlich und stürzte davon.

Nachdem ich gehört hatte, wie die Eingangstür ins Schloss fiel, ließ ich das Beil los und wischte mir über den Mund.

»Gut gemacht, Mädel. Du hast nicht mal gewürgt. Dein Dad wäre stolz auf dich.« Leroy grinste mich von seinem Sessel in der Ecke an, die Hände auf seinen Gehstock gestützt. Der Stock war das einzige Zugeständnis an sein Alter. Inzwischen ging er auf die neunzig zu, doch das hinderte ihn nicht daran, immer noch bei uns herumzulungern, mir mit Ratschlägen auszuhelfen und meine Mutter mit schamlosen Witzen in Verlegenheit zu bringen. Er hatte sie getröstet, nachdem Dad an seinem insgesamt fünften Herzinfarkt gestorben war. Dabei hatte er ebenso sehr gelitten wie sie, nachdem er meinen Vater fast sein ganzes Leben als Mentor begleitet hatte.

»Ich wäre trotzdem dankbar, wenn jemand die Hand hier wegbringen könnte. Denn ich gehe mich am besten umziehen, damit ich fertig bin, sobald die Polizei auftaucht.«

Charly berührte meinen Oberarm. »Ich kümmere mich um die Hand. Auch so, dass deine Mum sie nicht sieht.«

Dankbar legte ich meine Finger kurz auf seine und drückte sie.

Leroy brummte. »Ich bin nicht so ganz von dem Plan überzeugt. Den Bullen ist nicht zu trauen.«

»Das lass mal meine Sorge sein.« Ich drehte mich um, bevor mein Gesicht mehr preisgab, als mir lieb war. Sosehr ich meine Jungs schätzte, ich hatte sie nicht ganz eingeweiht, weil ich fürchtete, dass es einen unter ihnen gab, dem ich nicht trauen konnte.

Bis ich nicht wusste, wer der Schuldige war, musste ich mich auf mich selbst verlassen.

KAPITEL2

MICHAEL

Zu meinem großen Erstaunen fühlte ich kaum etwas, als meine Lippen Adreanas Wange berührten. Ich hatte geglaubt, sie vermisst zu haben, aber vermutlich war da nur meine Aversion gegen Veränderungen durchgekommen. Im ersten Moment hatte ich mich gefreut, sie wiederzusehen, doch sie war nicht mehr die Gleiche.

Ich war ihr nach draußen gefolgt, und als sie Vance Barrett aus dem Auto steigen sah, hatten ihre Augen aufgeleuchtet.

Das war also der Dank dafür, dass ich immer versuchte, das Richtige zu tun und mich anständig zu verhalten? Ich war Polizist geworden, um gegen Ungerechtigkeit vorzugehen.

War es nicht ironisch, jetzt zuzusehen, wie die Frau, von der ich mal gedacht hatte, sie lieben zu können, zu einem Kriminellen ins Auto stieg?

Ich hielt mich an jede Regel und hatte eine weiße Weste – und wofür?

Frauen interessierte das überhaupt nicht. Ich hatte etliche Akten über die Opfer gesehen, die Vance in seine Finger bekommen hatte, sofern überhaupt etwas von ihnen übrig geblieben war.

Ich wusste nicht genau, welche Version mich mehr beunruhigte: die, in der Adreana keine Ahnung von Vances Tätigkeiten hatte, oder die, in der sie davon wusste und ihn trotzdem geheiratet hatte.

Für ein paar Sekunden begegnete ich Vances Blick. Statt der Arroganz, die ich darin erwartet hatte, sah ich Besorgnis. War Adreana verschwunden, um sich vor ihm zu verstecken? Mich würde wirklich interessieren, was sie an ihm fand.

Vielleicht sollte ich auch beginnen, auf Regeln und Konventionen zu scheißen, denn bisher war ich mit dem korrekten Verhalten nicht sonderlich weit gekommen. Bei den letzten beiden Beförderungswellen war ich übersehen worden, meine Geliebte war mir davongelaufen und ich wurde nicht in einer schwarzen Limousine durch die Gegend kutschiert. Stattdessen fuhr ich mit einem dunkelblauen, staatlich finanzierten Ford.

Frauen wollten offensichtlich das Herz gebrochen bekommen und ließen sich vom Bad Boy benutzen, statt den anständigen Kerl wertzuschätzen. Warum versuchte ich also, anständig zu sein?

Müde kratzte ich mich am Hinterkopf und überlegte, ob ich jetzt schon nach Hause gehen sollte. Das unerwartete Zusammentreffen mit Adreana hatte mich aus dem Konzept gebracht.

Konnte ich irgendwo einen Kurs zum Thema »Wie werde ich ein egoistisches Arschloch« besuchen? Ich starrte der Limousine nach, bis sie trotz des dichten Verkehrs um die nächste Häuserecke verschwunden war, als mein Handy klingelte.

Christophers Nummer leuchtete mir vom Display entgegen.

»Ich habe heute frei, Partner. Kommen New Yorks Leichen nicht ohne mich aus?«

»Erstens solltest du dir die letzte Seite deines Arbeitsvertrags ansehen, das ist die, auf der du der Stadt deine Seele, freie Tage und sämtliche Wochenenden überschrieben hast, und zweitens willst du nicht etwa behaupten, du hättest neuerdings ein Privatleben.«

Nein. Das hatte ich in der Tat nicht. Das Einzige, was einem Privatleben nahekam, war gerade zu einem anderen Mann ins Auto gestiegen. Ich seufzte. »Was gibt es? Zu meiner Laune würde eine schöne, stinkende Wasserleiche passen. Mach mich glücklich, Buddy.«

»Ausnahmsweise ist es keine Leiche. Sagt dir der Name McHale etwas?«

Natürlich. Eine der größten kriminellen Organisationen der Stadt wurde von der McHale-Familie geführt. Ich kannte zwar nicht die einzelnen Mitglieder, aber der Name war mir geläufig.

»Klar. Aber wir sind bei der Mordkommission und nicht dem organisierten Verbrechen. Ich kann nicht gut mit Lebenden, weißt du doch.«

»Du wirst trotzdem kommen, denn es wurde explizit nach dir gefragt und du bist zu neugierig. Ich meine, das Oberhaupt der irischen Waffenschmuggler sitzt hier. Der Michael Connor, den ich kenne, wird sich das nicht entgehen lassen.«

Verdammt. Er hatte mich. Christopher war seit knapp sieben Jahren mein Partner und wusste, wie er mich neugierig machen konnte. »Ich bin in zwanzig Minuten da.«

Christopher fing mich gleich hinter der Eingangstür ab. In der Hand hatte er eine Beweismitteltüte, in der sich ein blutiges Hackbeil befand.

Ich runzelte die Stirn. »Sagtest du nicht, es wäre niemand umgekommen?«

Er reichte mir eine Akte. »Der Besitzer ist mit dem Leben davongekommen. Gegen 13 Uhr tauchte hier ein ziemlich blasser Kerl mit einem original irischen Akzent auf. Der Gute hatte nur noch eine Hand, wollte unbedingt eine Aussage machen und dann ins Krankenhaus.«

Ich blätterte in den Papieren. Coran Ritchie war kein unbeschriebenes Blatt, wenn ich nach der Dicke der Akte ging, die Christopher bei den irischen Kollegen angefordert hatte. »Warum ist er hierhergekommen? Normalerweise verpetzen sie nicht ihre eigenen Leute.«

Mein Partner zuckte mit den Achseln. »Ein klassischer Fall von: Dem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Wir hatten nie etwas gegen McHale in der Hand – oha, sieh an, der Witz war gar nicht beabsichtigt.« Er hob das Messer. »Hand – verstehst du?«

Mit einem Augenrollen bedeutete ich ihm, weiterzureden.

»Jedenfalls haben wir einen Streifenwagen hingeschickt und es wurde nach deiner Person verlangt. Komm mit, du wirst es nicht glauben.« Christopher ging voraus und blieb vor der Tür neben dem Verhörraum stehen. »Das ist einfach zu gut.« Er zückte sein Handy.

»Was hast du damit vor?«

»Dein Gesicht für die Ewigkeit festhalten.«

Ich drehte den Türknauf, betrat den Raum und sah durch den doppelten Spiegel in den Verhörraum. Obwohl ich gewarnt worden war, konnte ich nicht verhindern, dass mir die Gesichtszüge entglitten.

Christopher zückte seinen Notizblock. »Delaney McHale, einunddreißig Jahre, geboren und aufgewachsen in New York. Bisher hat sie nicht einmal ein Ticket für Falschparken, aber seit ihr Bruder vor sechs Monaten erschossen wurde, munkelt man, dass sie das Familienunternehmen weiterführt. Mister Ritchie hat einwandfrei ausgesagt, dass sie Beweisstück A benutzt hat, um ihm die Hand abzuschlagen.«

Ich starrte die hübsche Rothaarige an, die geduldig und scheinbar unbeteiligt im Verhörraum saß. Sie trug ein schwarzes Spitzenkleid und hätte auf eine Cocktailparty gepasst, wenn sie nicht mit Handschellen an den Tisch gekettet gewesen wäre. Meine Kehle wurde eng, weil sie in diesem Moment den Kopf hob und mich aus großen grün-braunen Augen anschaute.

Mir war bewusst, dass sie mich nicht sehen konnte, aber es wirkte, als wüsste sie, dass ich da war.

»Wie soll sie einem erwachsenen Mann die Hand abgeschlagen haben? Hat sie ihn zu Boden geworfen und das Beil gezückt? Wie groß ist sie? Einen Meter sechzig?«

»Einen Meter zweiundsiebzig. Die Kurven täuschen. Sie ist nicht gerade klein.«

Für meinen Kollegen, der einen Kopf kleiner war als ich, nicht. Für mich war Delaney McHale winzig.

Christopher stieß mich mit dem Ellenbogen an. »Aber du wirst es nicht glauben. Mister Ritchie hat ausgesagt, dass er so viel Angst hatte, er habe freiwillig stillgehalten.«

Mein Blick wanderte von Christopher zurück zu Delaney. Ich versuchte, sie mir mit der Waffe in der Hand vorzustellen. Es wollte mir nicht gelingen, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, keine unzüchtigen Gedanken zu haben, in denen sie die Hauptrolle spielte.

Merkwürdig.

Das war mir noch nie passiert. Ich nahm meinen Job sonst sehr ernst. Verdächtiger war Verdächtiger, und sie war nicht die erste Frau, die mir präsentiert worden war, aber irgendetwas an ihr ging mir unter die Haut.

»Und sie wollte mit mir sprechen?«

»Ja. Das halbe Revier beneidet dich gerade.« Er reichte mir den Schlüssel für die Handschellen.

»Warum?« Ich massierte meine Nasenwurzel.

Christopher starrte mich entgeistert an. »Hast du keine Augen im Kopf?«

»Dass sie attraktiv ist, ändert nichts an der Tatsache, dass sie einem Mann die Hand abgeschlagen hat. Machen wir uns nichts vor, wahrscheinlich hat sie sogar bereits getötet. Ich sehe nicht, was daran sexy sein soll. Hat sie schon irgendetwas gesagt?«

Mit einem Schnauben nahm Christopher ihre Akte und reichte sie mir. »Du musst echt mal lockerer werden, Kumpel. Ich würde sie ohne mit der Wimper zu zucken vögeln. Wenn sie mich danach umbringt, sterbe ich wenigstens glücklich. Außer dass sie nur mit dir redet, hat sie nichts gesagt.«

»Deine Frau freut sich über solche Aussagen bestimmt.«

Er zuckte mit den Achseln. »Dann hätte sie vielleicht nicht mit Clarissas Nachhilfelehrer schlafen sollen, während ich arbeiten war.«

Ich verzog das Gesicht. »Sorry.«

»Schon gut.« Christopher winkte ab. »Jetzt geh schon rein. Ich bin neugierig.«

Ich fügte mich meinem Schicksal und ging in den angrenzenden Verhörraum. Sie drehte den Kopf, als ich die Tür öffnete, sagte aber nichts.

Eigentlich roch es abgestanden in diesen Räumen, doch nun stieg mir Delaneys Parfüm in die Nase. Es war ein exotischer Duft, den ich vorher noch nie gerochen hatte, allerdings war ich davon überzeugt, ihn von nun an überall wiederzuerkennen.

»Guten Tag. Ich bin Detective –«

»Michael Connor. Ich weiß.«

Ihre Stimme war sehr viel dunkler, als ich es mir vorgestellt hatte, und löste ein Kribbeln auf meiner Kopfhaut aus.

»Wenn Sie wissen, wer ich bin, Miss McHale, können Sie mir sicher auch verraten, was ich hier soll.«

Ein leises Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Das könnte ich.«

Einige Sekunden wartete ich auf eine Erklärung, die sie mir ganz offensichtlich nicht liefern wollte. Wut stieg in mir auf.

Ich hatte heute ohnehin keinen guten Tag und konnte mir Besseres vorstellen, als von einer verwöhnten Gangsterprinzessin herumkommandiert zu werden.

Normalerweise mied ich Klischees, aber inzwischen hatte ich den Eindruck, dass Frauen alle gleich waren. Ich wollte nicht an Adreana denken und konzentrierte mich auf Delaney.

Sie saß entspannt vor mir, das Gesicht eine höfliche, leere Maske. Ich konnte sehen, dass ihr Puls ruhig und gleichmäßig ging. Was würde ich tun müssen, um ihn in die Höhe zu treiben?

Die meisten Leute, selbst wenn sie nichts zu verbergen hatten, waren in der Gegenwart von Polizisten aufgeregt. Delaney war die Ruhe selbst.

Ich betrachtete sie und lehnte mich im Stuhl zurück. Vielleicht sollte ich mir weniger Mühe geben, nett zu sein, um sie zum Sprechen zu bringen. Mein Blick wanderte an ihr hoch und runter.

Genau wie Christopher war ich gegen ihre Reize nicht immun. Delaney McHale war verführerisch und sexy – das konnte ich nicht leugnen. Dass sie bereits Handschellen trug, war definitiv ein Plus.

Zwar benahm sie sich gerade vorbildlich, aber ich konnte nicht verhindern, dass meine Fantasie sich selbstständig machte. Ich wusste, wie Adreana reagiert hätte, wenn ich jetzt aufgestanden wäre, ihren Rock hochgeschoben und meine Finger zwischen ihre Schenkel hätte gleiten lassen.

Wie würde Delaney reagieren? Mochte sie es rauer? Fuhr sie auf Schmerzen ab?

Adreana hatte nichts dagegen gehabt, wenn es wilder zuging, aber auf die Art von Schmerz, den ich ihr gern zugefügt hätte, hatte sie leider nicht gestanden. Delaney hingegen …

Ich hatte keine Ahnung, nur ein Bauchgefühl. Das reichte schon, um mich beinahe in den Wahnsinn zu treiben. So viele Möglichkeiten …

Bisher führte sie sich wie eine Musterschülerin auf, aber Sadisten wie ich fanden immer einen Grund für eine Bestrafung.

Für den Bruchteil einer Sekunde wurden ihre Augen schmal, und ihr Mund öffnete sich, als wüsste sie, worüber ich nachdachte. Geschickt verbarg sie ihre Regungen wieder, und ich entschied, dass sie gefährlich war. Ein böses Mädchen.

Sie weckte finstere Absichten und abgründige Fantasien in mir. Es war vermutlich mein Glück, dass sie eine Kriminelle war. Denn böse Mädchen musste man nicht gut behandeln.

KAPITEL3

DELANEY

Es war merkwürdig, wie sehr Fakten auf dem Papier sich von der Realität unterschieden. Ich hatte viel über Detective Michael Connor gelesen und sein Foto gesehen, bevor ich mich für ihn entschieden hatte.

Doch seine Größe zu kennen war etwas anderes, als ihm tatsächlich gegenüberzustehen. Wobei ich saß – vielleicht erschien er mir deshalb so imposant. Ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, ihn attraktiv zu finden. Auf dem Bild, das in der Akte gewesen war, hatte er nicht dermaßen männlich und verführerisch gewirkt. Ich würde schätzen, dass es inzwischen gute fünf Jahre alt sein musste. Wirklich sehr hilfreich.

Innerlich machte ich mir eine Notiz, mich bei dem privaten Ermittler zu beschweren, den ich engagiert hatte. Allerdings hatte ich auch die Detektei von der letzten Seite des Branchenbuchs genommen, um nicht auf mich aufmerksam zu machen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, dass ein exzellenter Privatermittler auch mich unter die Lupe genommen hätte, sobald er erfuhr, wen ich ausspionieren lassen wollte.

Der Detective war hereingekommen, hatte sich gesetzt und erwartete nun, dass ich munter plauderte. Seine breiten Schultern füllten das graue Shirt aus, das er zu der Bluejeans und schwarzen Sneakers trug. Er war sehr lässig gekleidet und hatte einen Bart, der die Drei-Tage-Spanne längst hinter sich gelassen hatte. Fünf oder sechs Tage würde ich schätzen, wenn ich müsste.

Aber du musst nicht, erinnerte mich die innere Stimme der Vernunft. Dass er gut aussieht, spielt keine Rolle für das, was du von ihm willst.

Seine Ungeduld war mit den Händen greifbar. Er vertrieb sich die Wartezeit damit, seinen Blick über meinen Körper wandern zu lassen. Die Intensität seines Blicks löste ein Prickeln in meinem Nacken aus.

War er vertrauenswürdig?

Ich würde es einfach versuchen müssen, dachte ich. Mit schräg gelegtem Kopf musterte ich ihn. »Sie sind ein aufrechter und ehrlicher Cop, habe ich gehört.«

Seine Augen wurden schmal, das Leuchten aus dem strahlenden Blau erlosch. »Ich fürchte, ich verstehe die Frage nicht.«

»Es war keine Frage, sondern eine Beobachtung.«

Er seufzte. »Fangen wir anders an. Wir haben ein blutiges Beil, einen Mann, der aussagt, dass Sie ihm die Hand abgeschlagen haben, keine Hand, dafür aber ziemlich viel Blut auf Ihrem Esstisch, Miss McHale. Habe ich etwas vergessen?«

Ich beugte mich vor und faltete die Hände. »Sind Sie immer strictly business?«

»Professionell?«, fragte er. »Ich denke schon.«

Es war offensichtlich, dass er etwas gegen mich hatte und eigentlich nicht mit mir reden wollte. Aber professionell war eins der Stichwörter, das ich hatte hören wollen. Dafür war ich nämlich hier.

Ich musterte seine langen Finger, die kräftigen Unterarme und fragte mich, warum der Mann Single war. Zumindest hatte das in dem Dossier über ihn gestanden.

Er schaute bedeutungsvoll auf seine Uhr, um mir zu signalisieren, dass ich seine Zeit verplemperte.

Mein Lächeln vertiefte sich, und ich hob den Kopf, bevor ich in Richtung der Kamera nickte, die plakativ unter der Decke in der Ecke hing. Das rote Licht erlosch.

Michael drehte sich um und folgte meinem Blick. »Na, das ist ja beruhigend.«

»Ich wäre gern ungestört mit Ihnen, was soll ich machen? Eine Lady muss sich zu helfen wissen.«

»Lady?« Er klappte die Akte zu und starrte mich an. »Nicht das Wort, das ich gewählt hätte.«

»Haben Sie Angst vor mir, Detective?«

»Nein.« Michael Connor zögerte nicht, seine Stimme war fest und er wirkte unerschütterlich. Das Selbstvertrauen, das er ausstrahlte, ließ ein Prickeln in meinem Unterleib aufflackern.

»Obwohl mir diese – wie soll ich sagen – abscheulichen Dinge vorgeworfen werden?«

»Ich gehe fest davon aus, dass Sie es getan haben, Miss McHale.«

Während er mich weiterhin musterte, beugte ich mich zur Seite, denn sein breiter Brustkorb versperrte mir die Sicht auf den Spiegel. Mit hochgezogener Augenbraue deutete ich zur linken Seite, wo sich die Tür befand.

Nur wenige Sekunden später fiel sie hörbar ins Schloss. Michael und ich waren so allein, wie man es auf einem Polizeirevier sein konnte.

»Mir wurde zugetragen, dass Sie sozusagen der letzte Cop in New York sind, der sich an die Regeln hält.«

Michael sagte nichts, sondern stand auf und umrundete den Tisch, bis er sich hinter mir an die Wand lehnte. Da ich mit den Handschellen fixiert war, konnte ich mich nicht umdrehen. Ich warf einen Blick über die Schulter. »Das ist ein wenig unhöflich, finden Sie nicht? Würden Sie es vielleicht in Betracht ziehen, zurückzukommen, damit ich Sie sehen kann?«

»Nein.« Er klang bestimmt und durchsetzungsfähig. »Da Sie offenbar das ganze Revier in der Tasche haben, Miss McHale, halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass Sie eine Waffe dabeihaben. Ich bleibe hier stehen, damit ich frühzeitig sehe, ob Sie Dummheiten vorhaben oder nicht.«

»Alle meine Schachzüge sind wohl kalkuliert. Aber ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Ich habe keine Dummheiten vor. Ich bin hier, weil ich Ihre Hilfe brauche.«

»Mist. Eigentlich wollte ich Ihnen nicht zuhören, aber ich kann nicht leugnen, dass Sie meine volle Aufmerksamkeit haben. Belustigen Sie mich, Delaney.«

Mir entging nicht, wie lässig mein Name von seinen Lippen kam. Die ganze Art von Michael erschien mir provokant und herausfordernd. Das war nicht der ruhige und zurückhaltende Mann, den ich mir vorgestellt hatte.