Pratt's Plaything - Mia Kingsley - E-Book + Hörbuch

Pratt's Plaything E-Book und Hörbuch

Mia Kingsley

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Beschreibung

72 Stunden mit mir kosten 1,67 Mio. Dollar. Nein, das ist leider kein Scherz. Ich war nur kurz Kaffee holen, und als ich wieder ins Büro komme, kniet mein Boss auf dem Boden – ein Messer an seiner Kehle. Offenbar hat er Schulden bei Leuten, bei denen man lieber keine Schulden haben sollte. Aber es wird noch besser: Mein Chef weigert sich, das Geld zurückzuzahlen. Und wer muss das Desaster wieder ausbaden? Ich. Denn die Kriminellen nehmen mich als Pfand mit und geben meinem Boss 72 Stunden, um die ganze Summe aufzutreiben. Verdammt beunruhigend an der ganzen Sache ist jedoch, wie höllisch attraktiv ihr Anführer ist. Das werden die längsten drei Tage meines Lebens … Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.

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Zeit:6 Std. 45 min

Sprecher:Fanny Bechert

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PRATT’S PLAYTHING

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2016, Deutschland.

Covergestaltung: © Mia Kingsley

Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

I. Pratt’s Plaything

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

II. Mercy’s Man

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Nächster Band der Reihe: Vance’s Vixen

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Über Mia Kingsley

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PRATT’S PLAYTHING

KAPITEL1

HAYDEN

Ungeduldig tippte ich mit der Schuhspitze auf den Boden. Wenn der Typ vor mir sich nicht langsam entschied, ob er nun einen oder zwei Spritzer Sirup in seinen entkoffeinierten White Chocolate Mocha wollte, würde ich zu spät kommen.

Ich schielte zu der großen Uhr an der Wand rechts von mir. Noch sieben Minuten, dann musste ich zurück in Mister Burns’ Büro sein und ihm seinen doppelten Espresso auf den Schreibtisch stellen oder mein Boss würde den Rest des Tages ungenießbar sein.

Dabei konnte ich auf den hohen Absätzen, die quasi zu meiner Arbeitsuniform gehörten, gar nicht schnell genug zurücklaufen, um den Kaffee heiß abzuliefern.

Wenn meine Theorie stimmte, ging es Burns sowieso eher darum, mir ein weiteres Mal am Tag auf den Hintern zu glotzen. Er zitierte mich lächerlich oft zu sich und ließ mich die unsinnigsten Aufgaben erledigen, nur um mich dabei mit den Augen auszuziehen.

Vermutlich hätte ich mich geschmeichelt fühlen sollen, immerhin war er reich, in meinem Alter und alles andere als unansehnlich, aber er war einfach nicht mein Typ.

Dabei konnte ich nicht einmal genau benennen, woran das lag. Es war wahrscheinlich einfach die Art, wie er mich ansah. Ich konnte ihm dann förmlich von der Nasenspitze ablesen, dass er eine Menge unanständige Gedanken hatte, in denen ich die Hauptrolle spielte.

Doch ich gab mir wirklich Mühe, unter seinem Radar zu fliegen. Zwar erschien ich jeden Morgen – wie der Rest der weiblichen Belegschaft auch – in Rock und Bluse, aber seit mir aufgefallen war, welches Interesse mein Boss an mir hatte, achtete ich darauf, dass meine Kleidung lose saß und nicht zu körperbetont war. Der oberste Knopf blieb zu und meine Knie waren bedeckt. Ich schminkte mich, verzichtete aber auf rote Lippen.

Allerdings ärgerte ich mich dabei jedes Mal aufs Neue, dass ich diese Vorsichtsmaßnahmen überhaupt ergriff, nur um keine ungewollte Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich brauchte diesen Job und kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich sofort kündigen würde, wenn Mister Burns auf dumme Ideen käme.

Ich hielt den Kopf eingezogen und blätterte nach Feierabend durch alle verfügbaren Stellenanzeigen. Der Job an sich störte mich nicht einmal – die Bezahlung war gut, und wenn Mister Burns mir keine Überstunden aufbrummte, weil er vermutete, dass ich ein Date haben könnte, ließ es sich durchaus aushalten.

Bisher hatte ich ihn außerdem zweimal dabei erwischt, wie er meinen Schreibtisch durchsucht hatte, doch er hatte beide Male eine Ausrede parat gehabt. Angeblich hatte er nur etwas gesucht, das zufälligerweise dort gelegen hatte.

Aber ich war mir sicher, dass er durch meine Handtasche geschnüffelt hatte. Warum er sich dermaßen merkwürdig verhielt, konnte ich mir nicht erklären. Meine beste Freundin Eyleen verteidigte standhaft die Ansicht, dass Mister Burns von mir besessen war. Der Gedanke widerstrebte mir so sehr, dass ich es meist vermied, darüber überhaupt nachzudenken.

»Hallo. Einen doppelten Espresso zum Mitnehmen, bitte.« Ich schob den Geldschein über den Tresen. »Stimmt so.« Mit diesen Worten schnappte ich mir den Becher und eilte auf den Ausgang zu.

Im letzten Moment konnte ich einer Mutter mit Kinderwagen ausweichen, sie hatte ein kleines Kind auf dem Arm und benutzte den Wagen als Rammbock, um sich die Tür zu öffnen.

Als ich sie für sie aufhielt, bedankte sie sich nicht einmal, sondern funkelte mich nur empört an. Vermutlich gab es Leute, die einen schlimmeren Tag hatten als ich.

So schnell, wie die High Heels es zuließen, stöckelte ich über den Bürgersteig. Mir blieben noch drei Minuten, bevor ich zu spät kam.

Vor der verspiegelten Eingangstür ließ ich die Magnetkarte fallen, die mir den Zutritt zum Whyatt-Tower ermöglichte. Bei dem Versuch, sie aufzuheben, trampelte ein Mann mir beinahe auf die Hand, so eilig hatte er es, an mir vorbeizukommen. Was war nur aus der guten, alten Höflichkeit geworden?

Hatte es nicht einmal eine Zeit gegeben, in der Männer sich gebückt hatten, um einer Lady zu helfen?

Stattdessen musste ich aufpassen, nicht noch einen Aktenkoffer vor die Stirn geschmettert zu bekommen.

Die Lobby war voll und vor den Aufzügen hatte sich eine lange Schlange gebildet. Genervt reihte ich mich ein, denn ich konnte unmöglich auf den Schuhen bis in den 42. Stock klettern. Wenn ich ehrlich war, würde ich es auch ohne hohe Absätze nicht schaffen. Es war einfach zu hoch.

Dieses Mal war der Lift nicht ganz so vollgestopft und ich schob mich mit meiner lauwarmen Fracht in die Kabine. Die Mischung aus diversen Frauendüften und Herrenparfüms benebelte meine Sinne und ich hielt sicherheitshalber die Luft an.

Wie immer, wenn man zu spät dran war, schien die Fahrt kein Ende zu nehmen, und gefühlt in jedem Stockwerk öffneten sich die Türen. Als ich endlich oben war, stolperte ich in den Gang und rannte zu Mister Burns’ Büro.

Inzwischen war ich sieben Minuten zu spät und fragte mich, was er sich einfallen lassen würde, um mich dafür leiden zu lassen.

Letztens hatte er mich gezwungen, auf den hohen Bücherregalen in seinem Büro Staub zu wischen. Natürlich hatte er dabei hinter seinem Schreibtisch gethront und mir zugesehen, wie ich mich auf der kleinen Leiter abgemüht hatte. Vermutlich hatte er sich vorgestellt, dass ich dabei ein aufreizendes Dienstmädchenkostüm trug.

Von meinem Tisch griff ich nach dem dicken Terminkalender und einem Kugelschreiber, nahm Mister Burns’ Tablet, dessen Software ich heute Morgen hatte updaten dürfen, und klopfte mit dem Ellenbogen kurz an die Tür.

Meine Hände waren voll, weshalb ich nur den Arm nach unten schob, um die Klinke hinunterzudrücken, bevor ich eintrat. Seine Erlaubnis wartete ich gar nicht erst ab. Ich wusste ja, dass er nach meiner Anwesenheit gierte.

Ich starrte Mister Burns entsetzt an.

Er kniete mitten im Raum auf dem Boden, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und sah mich verblüfft an, als wäre ihm gerade erst wieder eingefallen, dass ich überhaupt existierte.

Viel schlimmer als die Tatsache, meinen Boss kniend vorzufinden, empfand ich es, dass vier Männer um ihn herumstanden. Drei von ihnen hatten Pistolen in den Händen und zielten auf seinen Kopf, nur der vierte umklammerte ein langes, extrem scharf aussehendes Messer, und irgendetwas sagte mir, dass er gerade im Begriff gewesen war, Mister Burns damit zu verletzen.

Erst jetzt fiel hinter mir die Tür mit einem sehr endgültigen Geräusch ins Schloss.

Eins. Zwei. Drei. Vier Herzschläge dauerte es, bis ich mich von dem Schock erholt hatte.

Ich wirbelte herum, ließ den Kaffee und alles andere fallen, um zu flüchten. Nur weg hier und die Security benachrichtigen!

Schritte ertönten hinter mir, und bevor ich die Chance hatte, die Tür überhaupt zu öffnen, spürte ich einen harten Männerkörper hinter mir.

Er legte den Unterarm gegen die Tür und verhinderte mit seinem Gewicht, dass ich hinauskonnte – stattdessen war ich zwischen ihm und dem Holz gefangen.

Mit der Hand, in der er das Messer hielt, drückte er gegen die Tür. Obwohl er mich nicht direkt damit bedrohte, starrte ich wie hypnotisiert auf die glänzende Klinge.

Meine Lungen schienen in sich zusammenzufallen, ich bekam kaum noch Luft. Ich wagte es nicht, mich nur einen einzigen Zentimeter zu bewegen. Meine Muskeln regten sich nicht, obwohl ich den überaus starken Impuls verspürte, vor Angst zu zittern. Sein heißer Atem strich über meinen Nacken und ich schluckte schwer.

Wo war ich hier hineingeraten? Ich hatte doch nur kurz Kaffee geholt – was war in der Zwischenzeit passiert?

Mit der freien Hand strich der Typ hinter mir kurz über meine Hüften, den Rücken und einmal unter meinen Brüsten entlang. Ich erschauerte, als mir klar wurde, dass er überprüfte, ob ich bewaffnet war.

Er war sicherlich einen ganzen Kopf größer als ich, und alles, was ich spürte, waren starke Muskeln und viel Kraft.

In einem letzten Versuch tastete ich nach der Türklinke und drückte sie hinunter. Obwohl ich zog, bewegte die Tür sich keinen Millimeter, und ihn schien es nicht einmal anzustrengen, sie zuzuhalten.

»Lass sie los!«, rief mein Boss in einem Tonfall, den ich noch nie bei ihm gehört hatte.

Der Mann erstarrte angesichts der Forderung und lachte leise. Seine Finger lagen noch immer unter meinen Titten, mit dem Daumen berührte er die Unterseite, was mir überdeutlich bewusst war. Es fühlte sich fast wie eine Liebkosung an – wie ein Streicheln. Eine viel zu intime Geste, wenn ich die Situation bedachte, in der ich mich befand.

Er drehte sich um, und mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, denn er machte keine Anstalten, mich loszulassen. Stattdessen presste er mich so fest an sich, dass ich meinen Po unfreiwillig gegen ihn drücken musste.

Zwischen uns hätte nicht ein Blatt Papier gepasst, und wenn ich noch lange hier stehen musste, würde ich einfach schmelzen, eine solche Hitze strahlte der Mann hinter mir aus.

»Sieh an, er kann sprechen.«

Die Männer lachten, als er hinter mir sprach und Mister Burns verspottete. Seine Stimme passte zu seinem Äußeren, beeindruckend, dunkel und leicht heiser. Ich verspürte ein Ziehen im Unterleib, für das ich mich sofort schämte. Wie konnte ich in einer solchen Situation an Sex denken?

Die Miene meines Bosses verdüsterte sich und er wollte aufstehen. Sofort packten zwei der Gorillas mit den Pistolen seine Schultern und zwangen ihn wieder nach unten.

»Ich wiederhole meine Frage noch einmal.« Er sprach weiter und schob mich zur gleichen Zeit zum Schreibtisch, vor dem zwei Stühle standen. In einen davon musste ich mich setzen.

Obwohl keine der Waffen direkt auf mich gerichtet war, wagte ich es dennoch nicht, mich zu rühren. Ich hockte einfach nur da und konnte endlich einen Blick auf den Mann werfen, den ich eindeutig als Anführer der Gruppe benannt hätte.

Er war auf eine raue Art sehr attraktiv – nicht die erste Wahl für eine Zahnpastawerbung mit reinem Image, aber definitiv sexy. Seine dunkelbraunen Haare waren zerwühlt, die rechte Augenbraue wurde durch eine alte Narbe genau in der Mitte geteilt. Seinen aufmerksamen grünbraunen Augen schien nichts zu entgehen, und als er mich ansah, presste ich mich unwillkürlich tiefer in den Stuhl, um zu signalisieren, dass von mir keine Gefahr ausging.

Ein böses Lächeln umspielte die vollen Lippen – es gefiel ihm, dass ich Angst vor ihm hatte.

Ich fragte mich, wie sein kurzer Bart sich wohl auf meiner Haut anfühlen würde, und erschrak vor meinen eigenen Gedanken.

Aber vielleicht war es besser, mich mit solchen Fragen zu beschäftigen, als zu überlegen, was als Nächstes passieren würde.

»Wo ist das Geld?« Die Worte glichen einem Knurren.

Mister Burns antwortete ihm nicht, er sah ihn nicht einmal an, stattdessen starrte er in meine Richtung.

Mit einer unglaublich schnellen Bewegung war der Kerl bei meinem Boss und stieß das Messer in seinen rechten Oberschenkel. Die Klinge drang vielleicht zwei oder drei Zentimeter ein.

Mister Burns krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen und keuchte gepresst.

»Ich habe eine Frage gestellt.« Er drehte das Messer ein kleines Stück.

Ich kämpfte mit mir, um mein Frühstück bei mir zu behalten. Was zum Teufel hatte mein Chef getan, und wer waren diese Männer, die offensichtlich vor gar nichts zurückschreckten?

Blut tränkte den grauen Stoff des Hosenbeins von Mister Burns, seine Lippen waren so fest zusammengepresst, dass sie weiß erschienen. Doch er sagte keinen Ton.

Ich wollte mir nicht einmal vorstellen, wie es sich anfühlen musste, wenn ein Messer in der Wunde gedreht wurde.

Mit einem Seufzen zog der Mann die Klinge zurück, wischte sie an dem Hemd meines Bosses ab und stand auf. »Wenn Plan A nicht funktioniert, dann probieren wir eben Plan B aus.«

Vermutlich hätte ich mir Sorgen um Mister Burns machen sollen, denn die Wunde an seinem Bein blutete ziemlich stark, aber da der Kerl mit dem Messer jetzt auf mich zukam, war ich zu sehr damit beschäftigt, nicht in blanke Panik zu verfallen.

Vielleicht hatte ich zu viele Mafia-Filme gesehen, doch ich war mir ziemlich sicher, dass ich mich gleich von mindestens einem Finger verabschieden durfte.

Es beruhigte mich nicht unbedingt, dass der Typ sich hinter mich stellte, dorthin, wo ich ihn nicht sehen konnte. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie er das Messer auf den Schreibtisch legte, und ich wusste nicht, ob es zwangsläufig besser war, dass er nun beide Hände frei hatte.

Ich zuckte zusammen, als er meine Schultern umfasste. Der Stoff meiner Bluse war eigentlich recht dick, trotzdem fühlte es sich an, als würde er meine nackte Haut berühren.

Der Boss ließ mich nicht aus den Augen, die Fäuste geballt. Hätten die Männer ihn nicht unten gehalten, wäre er aufgesprungen, da war ich mir sicher.

»Pratt, wenn du sie nicht sofort loslässt, wirst du es bereuen«, zischte er.

Er lachte hinter mir, als würde es ihn amüsieren, und sein Griff wurde fester. »Ach ja?«, fragte er, während ich noch überlegte, ob der Name Pratt nun zu ihm passte oder nicht.

Seine Hände glitten nach vorne und unten, bis seine Finger den obersten Knopf meiner Bluse fanden.

Ich begann unkontrolliert zu zittern, als er ihn öffnete.

»Entweder du sagst mir, was ich hören will«, sagte Pratt, »oder ich sehe mir an, was deine Sekretärin alles zu bieten hat.«

KAPITEL2

PRATT

Ihr ganzer Körper bebte unter meinen Händen, und ich konnte nicht leugnen, dass es mich erregte.

Dabei hatte ich kaum einen zweiten Blick verschwendet, als sie durch die Tür getreten war. Erst Carls heftige Reaktion hatte mich dazu bewegt, sie mir genauer anzusehen.

Falls es ihr Ziel gewesen war, so unauffällig wie möglich zu erscheinen, hatte sie Erfolg auf ganzer Linie. Sie war viel schmaler, als ihre unförmige Kleidung vermuten ließ. Ihr Rock war züchtig, die Bluse hochgeknöpft, doch in ihren grauen Augen glomm ein trotziger Funken.

Ich strich ihre blonden Haare nach hinten und sah das Pochen an ihrem Hals, ihr Puls jagte.

Kein Wunder, denn eigentlich hätte sie gar nicht hier sein sollen …

Aber ich war nicht ohne Grund ein Improvisationstalent und konnte mit allem arbeiten, was man mir gab.

Carl hatte nicht ein Wort gesagt, und mein Instinkt bestätigte mich in der Theorie, dass er weiter geschwiegen hätte, wenn sie nicht ins Büro gestolpert wäre.

War es nun ärgerlich oder eine glückliche Fügung, dass wir vergessen hatten, die Tür abzusperren?

Ich beugte mich näher zu ihr, sodass ich an ihrem Hals schnuppern konnte, und öffnete den nächsten Knopf an ihrer Bluse. Rote Spitze kam zum Vorschein und überraschte mich. Bei ihrem biederen Äußeren hatte ich nicht mit solch exquisiter Wäsche gerechnet. Sofort packte mich die Neugier, und ich wollte herausfinden, ob ihr Höschen wohl zum BH passte.

Sie hielt den Atem an, als sie mich dicht neben ihrer Haut spürte. Ich sah, wie sie schluckte, und konnte nicht widerstehen. Es war wie ein Zwang, meine Lippen auf ihren Hals zu pressen.

Mit der Zungenspitze kostete ich ihren Geschmack. Ihre Fingerknöchel traten weiß hervor, weil sie sich an der Sitzfläche festkrallte. Sie wich nicht einen Millimeter zurück und ließ sich trotz allem von mir küssen.

Gepolter und unterdrücktes Gemurmel erregten meine Aufmerksamkeit. Im Bruchteil einer Sekunde war ich zurück in der Gegenwart. Ich hatte mich tatsächlich zu sehr von ihr bezaubern lassen – einfach unglaublich.

Paul, John und Steve waren damit beschäftigt, Carl unten zu halten.

Offensichtlich passte es ihm überhaupt nicht, dass ich seine faszinierende Mitarbeiterin anfasste. Es sprach Bände, dass drei Männer nötig waren, um ihn unter Kontrolle zu bringen.

»Nimm die Finger von ihr«, bellte er und versuchte erneut, aufzustehen.

Ich ignorierte ihn und umrundete den Stuhl. Sie wich meinem Blick aus, weshalb ich eine Hand um ihr Kinn legte und sie zwang, mich anzusehen. »Wie ist dein Name?«

Unsicher schaute sie an mir vorbei zu Carl, als müsste sie die Erlaubnis ihres Chefs einholen. War sie so schüchtern oder einfach mit der Situation überfordert?

»Sag kein Wort«, wies er sie an.

Damit schürte er in mir den Verdacht, dass sie möglicherweise eingeweiht war. Das wäre wirklich unglücklich, denn es bedeutete ihren sicheren Tod. Ich wurde nicht gern hintergangen und konnte mir nicht die emotionale Schwäche leisten, Leute am Leben zu lassen, nur weil sie attraktiv waren.

»Wie heißt du?«, wiederholte ich noch einmal.

Ihr Mund öffnete sich leicht und löste Fantasien in mir aus, die sich größtenteils darum drehten, meinen Schwanz zwischen ihre Lippen zu schieben.

Da sie nicht reagierte, drehte ich mich um und nickte Steve zu, der Carl ohne zu zögern mit der Faust in den Magen schlug. Er klappte vornüber und schnappte nach Luft.

»Hayden! Mein Name ist Hayden!« Ihre Stimme klang nach düsteren Nachtklubs und den Zwanzigerjahren, samtig und voll.

»Sei ruhig«, zischte Carl, obwohl er sich immer noch nicht von dem Schlag erholt hatte. »Sag nichts mehr.«

Langsam ging er mir auf die Nerven, und mit einer leichten Kopfbewegung bedeutete ich Steve, dass sein Schlag wohl nicht fest genug gewesen war. Er versetzte Carl einen weiteren und Hayden schrie leise auf.

»Was wollen Sie? Ich habe Ihre Frage beantwortet!« Sie klang ehrlich empört – so sehr, dass ich fast gelächelt hätte. War sie vielleicht nicht eingeweiht?

Andernfalls hätte sie gewusst, dass ich einen guten Grund hatte, Carl auseinanderzunehmen. 1,67 Millionen gute Gründe, um genau zu sein. Er hatte mir eine Menge Geld gestohlen, und ich machte mir Sorgen, dass es in den falschen Händen landete und mir das Leben schwer machte.

Obwohl ich nichts mehr wollte, als herauszufinden, wie Haydens Lippen sich wohl unter meinen anfühlten, ließ ich sie für den Moment unbeachtet dort sitzen und wandte mich an Carl. »Wo ist das Geld?«

»Fahr zur Hölle!«

Dieses Mal war es meine Faust und sie landete mitten in seinem Gesicht. Seine Nase knirschte, und ich schüttelte meine Finger gelassen aus.

»Wo ist das Geld?«

Leichte Schatten zeigten sich bereits unter seinen Augen, als er zu mir hochsah. »Fick dich, Pratt! Ich habe die längste Zeit für dich gearbeitet.«

Das bestätigte meine Befürchtungen.

»Hayden, komm her«, forderte ich.

Sie gehorchte tatsächlich und kam zögerlich auf mich zu. Ich legte den Arm um sie, als sie näher kam, und meine Hand ruhte auf ihrer Hüfte. Unter den Fingern spürte ich verführerische Rundungen, die der unförmige Rock so geschickt kaschierte.

»Wie viel liegt dir an deiner hübschen Assistentin, Carl? Ich meine, sie ist sexy, riecht gut und schmeckt noch besser. Es würde mich nicht unbedingt viel Überwindung kosten, sie gleich hier auf deinem Schreibtisch zu vögeln.«

Hayden versteifte sich, machte aber keine Anstalten, sich von mir zu lösen. Vermutlich war sie einfach ein cleveres Mädchen. Sie konnte nirgendwohin und ich hätte sie ohnehin festgehalten.

Carl musterte mich, das Blut tropfte aus der Nase und lief über sein Kinn. Vermutlich suchte er nach einem Anzeichen, dass ich log, um ihn zum Reden zu bewegen.

Unter normalen Umständen hätte ich das wahrscheinlich, aber Hayden hatte etwas an sich, das meine niedersten Instinkte ansprach. Ich hätte nicht die geringsten Hemmungen, sie hier an Ort und Stelle zu ficken. Zuschauer hin oder her.

Sein Zögern missfiel mir, und ich packte Haydens Oberarm, zerrte sie zum Schreibtisch, den ich mit einer weitläufigen Bewegung meines Arms freiräumte.

Sie strampelte nervös, als ich sie nach hinten drückte, bis ihr Rücken die Tischplatte berührte.

»Bitte nicht!«, wisperte sie kaum hörbar.

Der Klang ihrer Stimme reichte, um mich hart werden zu lassen.

Hinter mir entstand ein kleiner Tumult, weil meine Männer Carl bändigen mussten.

Ich schob ihren Rock hoch und enthüllte zu meinem großen Erstaunen schwarze, halterlose Strümpfe und einen String aus roter Spitze, passend zum BH.

Warum gab sie sich solche Mühe, langweilig und bieder zu wirken, wenn sie offensichtlich gern schöne Kleidung und Wäsche trug?

Sie wollte mich abwehren und ich spürte ihre Finger an meinem Arm, doch ihre Kraft reichte bei Weitem nicht aus. Entweder sie war wirklich so schwach oder sie versuchte es gar nicht erst richtig.

Das Geräusch des zerreißenden Stoffs erfüllte den Raum, als ihr Slip unter meiner Hand nachgab.

»Die Russen. Ich habe das Geld den Russen gegeben!«, keifte Carl.

Bedauernd ließ ich Hayden los. Ihre Brüste hoben und senkten sich schnell, sie schloss erleichtert die Augen. Vielleicht war es aber nicht einmal Erleichterung, sondern Enttäuschung.

Als ich ihr die Wäsche vom Körper gerissen hatte, war ich mit den Fingern an ihre heiße Pussy gekommen und spürte nun die verräterische Nässe auf meiner Haut. Ein köstliches Gefühl, das ich auf keinen Fall mit der miesen Ratte teilen würde.

Ich warf ihren Slip vor Carl auf den Boden. »Ich will es zurück. Jeden einzelnen Cent.«

Sein Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze, als er dreckig lachte. »Du weißt, dass das nicht möglich ist.«

Der Blick erinnerte mich an irgendetwas – im ersten Moment konnte ich es nicht genau greifen, bis es mir wieder einfiel.

Vor Jahren waren wir schon einmal in einer ähnlichen Situation gewesen. Wie hatte ich das nur vergessen können?

Carl neigte dazu, besessen zu werden, wenn es um Frauen ging. Wenn ich mich recht erinnerte, war ihr Name Janet gewesen, und er hatte sie auf Schritt und Tritt verfolgt, bis ich es in die Hand genommen hatte, das Problem aus der Welt zu schaffen, damit er sich wieder auf seine Arbeit konzentrieren konnte.

Nachdem er Janet in einem Restaurant kennengelernt hatte, war er seiner Obsession so sehr verfallen, dass er sie belästigt hatte, bis sie sich gezwungen gesehen hatte, die Polizei einzuschalten.

Obwohl ich vielen Leuten eine Menge Geld bezahlte, damit die Polizei und die Staatsanwaltschaft nicht mehr als nötig in meinem Unternehmen herumschnüffelten, war ich gegen eine solche Ermittlung machtlos.

Also hatte ich das einzige Logische getan und Janet genug Geld gegeben, damit sie sich woanders ein neues Leben aufbauen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits so viel Angst vor Carl, dass sie mein Angebot dankend angenommen hatte.

Damals hatte ich mich von ihm trennen wollen, aber wenn er bei der Sache war, lieferte er hervorragende Arbeit ab. Ich hatte ihm verziehen, denn irgendwie hatte er mir leidgetan.

Jetzt ärgerte ich mich, dass meine Menschenkenntnis mich offenbar im Stich gelassen hatte. Denn Carl hatte mich nicht nur bestohlen, er hatte ein neues Objekt der Begierde. Außerdem konnte ich nicht wissen, wie vielen Frauen er in der Zwischenzeit nachgestellt hatte.

»Ich will das Geld zurück und du wirst es besorgen. Du hast 72 Stunden.«

»Oder was?«, höhnte er. »Wirst du mich sonst töten?«

Aus dem Augenwinkel sah ich eine Bewegung und drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Hayden versuchte, nach meinem Messer zu greifen.

»Nein, aber sie.«

Hayden hielt mitten in der Bewegung inne und starrte mich angsterfüllt von unten an. Sie schüttelte den Kopf und flüsterte: »Nein!«

Doch! Ich sprach es nicht laut aus, ich dachte es nur.

Das Messer auf dem Boden war vergessen, und es war besser so, denn sollte sie mich angreifen, wäre ich gezwungen, ihr ernsthaft wehzutun.

In zwei Schritten war ich bei ihr und zog sie hoch, bis sie vor mir stand. Ich schlang einen Arm um ihre Mitte, ihr Po schmiegte sich perfekt an mich. Ihre Schultern sanken nach unten, sie ergab sich mir so leicht, dass ich mich zum wiederholten Male fragte, wie es wohl wäre, sie in meinem Bett zu haben. Ganz in Ruhe und ohne Zuschauer …

Es imponierte mir, dass sie zumindest versucht hatte, das Messer zu nehmen, um sich aus dieser Situation zu befreien. Ich war sogar fast versucht, es ihr in die Hand zu drücken, nur um zu sehen, was sie damit anstellen wollte.

Allerdings durfte ich nicht vergessen, weshalb ich eigentlich hier war.

Carl funkelte mich an, und ich konnte es nicht lassen, ich musste ihn noch mehr provozieren. Wenn Blicke hätten töten können, wäre ich schon längst tot umgefallen.

Langsam und bedächtig schob ich meinen Arm höher, bis Haydens schwere Brüste meine Haut berührten. Ich presste sie ein wenig nach oben, sodass ihr beeindruckendes Dekolleté samt rotem Spitzenrand fast aus ihrer Bluse quoll.

Zusammen mit ihrem hochgerutschten Rock bot sie einen verlockenden Anblick, und ich wusste, dass es Carl umbrachte, dass ich sie anfassen konnte und er nicht.

Dabei wusste er nicht einmal, wie sehr seine hübsche Hayden auf mich reagierte. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, presste ich einen Kuss auf den Übergang zwischen Nacken und Schulter. Sie zuckte zusammen, und wieder versuchte Carl, die Umklammerung meiner Männer abzuschütteln. Ihr süßer Duft war so verlockend, dass es mir schwerfiel, den Kopf wieder zu heben.

»Wenn du sie anrührst, Pratt, dann …«

Weiter kam er nicht. Ich war es leid, mir seine Tiraden anzuhören, und ließ Hayden los. Die gerade Rechte sandte ihn geradewegs ins Land der Träume. Wie ein nasser Sack fiel er vornüber und landete auf dem roten Teppich, wo er regungslos liegen blieb.

Hayden starrte hypnotisiert auf die Stelle und erwachte erst wieder zum Leben, als ich nach ihr greifen wollte.

»Nein!«, keuchte sie erstickt und stolperte zwei Schritte nach hinten. Gleichzeitig fummelte sie an den Knöpfen ihrer Bluse herum. Ihre Finger zitterten zu stark, um die Knöpfe zu schließen.

»Geht schon mal vor«, zischte ich leise.

Die Tür fiel ins Schloss und abgesehen vom bewusstlosen Carl waren wir allein. Ein Beben lief durch ihren Körper.

»Ich werde dir nichts tun, Hayden.«

Das war eine glatte Lüge, und ich konnte an ihrem Gesicht ablesen, dass sie mir nicht ein Wort glaubte. Sie war ein cleveres Mädchen.

Sie schien noch mehr Angst vor mir zu haben, weil wir nun zu zweit waren.

Ich trat auf sie zu, sie wich zurück. Das Spiel wiederholten wir einige Male, bis sie den Schreibtisch zwischen uns gebracht hatte.

Es war ermüdend. Sie schielte zur Tür und überlegte wahrscheinlich, ob sie schneller war als ich.

Mit einem Seufzen bückte ich mich und stellte Carls Telefon wieder auf den Schreibtisch. Ich hob ab und drückte die 0, um mich mit dem Empfang zu verbinden.

»Hallo, Whyatt hier. Mister Burns braucht einen Arzt.« Ich machte eine Pause und sah mich einmal in seinem Büro um. »Und eine Putzfrau wäre wahrscheinlich nicht schlecht.« Ohne eine Antwort abzuwarten, legte ich wieder auf.

Hayden starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. »Whyatt? Whyatt wie im Whyatt Tower?«

Ich schenkte ihr mein bestes Lächeln und deutete eine Verbeugung ein.

Sie schlug eine Hand vor den Mund und unterdrückte ein Schluchzen. Vermutlich war ihr endgültig aufgefallen, dass sie in der Falle saß.

KAPITEL3

HAYDEN

Als würde es nicht reichen, dass ich ohnehin schon Angst gehabt hatte, war ich inzwischen eher panisch. Mein Magen hatte sich dermaßen verkrampft, dass ich mich bereits damit abgefunden hatte, nie wieder etwas essen zu können.

Ich hatte gedacht, es mit irgendeinem Kriminellen zu tun zu haben. Stattdessen stand der Medienmogul Pratt Whyatt vor mir. Mein oberster Boss.

Für mein Vorstellungsgespräch hatte ich sämtliche Fakten, die es über ihn zu wissen gab, auswendig gelernt. Bilder gab es so gut wie keine, weil Mister Whyatt extrem auf seine Privatsphäre bedacht war. Kein Wunder, falls er solche Zwischenfälle – wie den mit Mister Burns – öfter hatte.

Wieder sah ich zur Tür und überlegte, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass ich mit den High Heels schneller war als er.

Mein Gedankengang führte noch weiter: Selbst wenn ich schneller war, befand ich mich im 42. Stock. Ich würde es nie aus dem Gebäude schaffen. Pratt musste nur den Sicherheitsdienst anrufen, damit seine Männer mich aufhielten. Er würde sich nicht einmal selbst bemühen müssen.

Sein Lächeln war teuflisch. »Versuch es gar nicht erst. Du würdest es nicht schaffen«, bemerkte er trocken.

Wunderbar, Gedanken lesen konnte er also auch noch.

Er umrundete den Schreibtisch, kam aber nicht zu mir, sondern hockte sich davor und zog die unterste Schublade heraus. Der Inhalt landete auf dem Boden, als er sie umdrehte.

Ich schnappte nach Luft, als ich die Pistole sah, die an der Unterseite mit Klebeband befestigt war.

Pratt erhob sich wieder und steckte die Waffe hinten in seinen Hosenbund, bevor er sein Jackett zurechtrückte. Ich wich weiter nach hinten, bis ich die Wand hinter mir spürte. Ihn belustigte meine Furcht sichtlich. Er bückte sich nach dem Messer, klappte es zusammen und schob es in seine Hosentasche. »Wir werden jetzt das Büro verlassen, du nimmst deine Sachen von deinem Platz und dann gehen wir gemeinsam in die Tiefgarage. Wenn du versuchst, jemandem Bescheid zu sagen oder ein Zeichen zu geben, bringe ich denjenigen um. Verstanden?«

Es war absurd. Rein rational wusste ich, dass er sicherlich nicht den erstbesten Menschen auf dem Flur umbringen würde – dabei spielte es keine Rolle, dass ihm das Gebäude gehörte und er unglaublich reich war, womit es ihm ein Leichtes wäre, alles zu vertuschen. Trotzdem glaubte ich ihm jedes Wort und wagte es kaum, mich von der Stelle zu bewegen. Seine Stimme hatte eine seltsame Wirkung auf mich. Aus irgendeinem mir nicht erklärlichen Grund wollte ich ihm gehorchen.

Er deutete auf die Tür und ich setzte mich prompt in Bewegung. Dabei diskutierte ich innerlich mit mir, warum ich nicht einfach den nächstbesten schweren Gegenstand nahm und ihn über Pratts Hinterkopf zog.

Ich erschrak, als Mister Burns sich auf dem Boden regte. Er stöhnte leise, wachte aber nicht auf.

Die Absurdität der Situation konnte kaum noch gesteigert werden, als Pratt mir wie ein formvollendeter Gentleman die Tür aufhielt.

Nur leider war er kein Gentleman.

Hastig warf ich meine persönlichen Gegenstände, die ich gern auf dem Schreibtisch verteilte, in meine Tasche.

»Dein Handy.« Er hielt die Hand auf und mit einem Seufzen gab ich es ihm.

Schritte erklangen auf dem Flur, und ich erwischte mich dabei, wie ich sehnsüchtig den Kopf hob, in der Hoffnung, dass dort vielleicht meine Rettung nahte.

Die Stimmen wurden lauter, Aufregung raste durch meinen Körper, jede Zelle war wie elektrisiert.

Pratt packte meinen Oberarm und zog mich ruckartig zu sich. Bevor ich wusste, was geschah, presste er seine Lippen auf meine. Eine Hand umfing meinen Nacken, die andere wanderte zu meinem Po.

Seine Zunge tauchte in meinen Mund, berührte meine.

»Ach, Mister Whyatt, entschuldigen Sie.« Drei ältere Männer, die ich dem Vorstand zuordnen konnte, standen vor uns. Das Blut schoss in meine Wangen. Es war offensichtlich, was sie dachten. »Wir wussten nicht, dass Sie heute im Haus sind.«

»Ich bin im Grunde schon wieder weg.« Pratt zwinkerte und nahm im gleichen Moment meine Hand.

Sie nickten verständnisvoll, alle ein wissendes Lächeln im Gesicht. Diese sexistischen Schweine! Wen interessierte es schon, wenn der Boss die kleine Sekretärin flachlegte?

Ich schaffte es gerade noch, mir meine Tasche zu krallen, als Pratt mich mit sich zog. Im Flur rief er den fünften Aufzug, den, für den man einen Zugangscode brauchte und der nur für die Führungsetage und nicht etwa für Normalsterbliche wie mich vorgesehen war.

Vermutlich konnte er mir die Fluchtgedanken an der Nasenspitze ablesen, denn er legte einen Arm um meine Taille und schob mich in die Kabine.

Die Türen schlossen sich und ein weiterer Magenkrampf erinnerte mich an die Ausweglosigkeit der Situation.

Er hatte Mister Burns eine Frist von 72 Stunden gegeben. In der Zeit würde er mich sicher in Ruhe lassen und irgendwo einsperren.

Meine Lippen prickelten noch immer von seinem besitzergreifenden Kuss, und ich versuchte, das Flattern in meinem Unterleib in den Griff zu bekommen.

»Hm«, machte er und erregte meine Aufmerksamkeit.

Als ich den Blick hob, bemerkte ich, dass er mein Handy in der Hand hatte und gemächlich durch meinen Nachrichteneingang scrollte. Was fiel ihm eigentlich ein?

»Kein fester Freund, Hayden?«

Empört starrte ich ihn an und wollte nach meinem Handy greifen, aber der Ausdruck in seinen Augen hinderte mich.

Zum ersten Mal raste eine Welle heißer Wut durch meine Adern. »Fahr zur Hölle!«

Mein Ausbruch überraschte mich selbst, zumal ich sonst eigentlich nicht fluchte, und ich zwang mich, an Ort und Stelle stehen zu bleiben, obwohl meine Knie zitterten. Denn mein erster Impuls war es, mich bebend in der nächsten Ecke zu verkriechen – stattdessen straffte ich die Schultern.

Pratt legte den Kopf schief, als würde er ein seltenes Tier betrachten, seine Mundwinkel zuckten vor Belustigung.

Der Aufzug hielt und Jonathan, der Postjunge, stand mit seinem Wagen davor. Postjunge war eigentlich der falsche Ausdruck, immerhin war er zwei Jahre älter als ich. Vermutlich dachte er sich nichts dabei, uns zusammen zu sehen, denn Pratt und ich hatten einige Schritte Abstand zwischen uns gebracht.

»Hey, Hayden.« Jonathan strahlte mich an, bevor er höflich in Pratts Richtung nickte. Genau wie ich wusste er offensichtlich nicht, dass er den Boss vor sich hatte. »Gut, dass ich dich treffe. Ich war eigentlich auf dem Weg zu dir.«

Pratts Miene änderte sich nicht, er bewegte sich nicht, und trotzdem spürte ich deutlich, wie ungeduldig er wurde. Er schob sich an Jonathan vorbei und warf mir einen Blick zu, der eindeutig auffordernd war.

»Was wolltest du denn?«, fragte ich und ging dabei selbst die drei Schritte nach vorne, um die Kabine zu verlassen.

Hier unten war ich noch nie gewesen, aber die Beschilderung machte klar, dass wir uns im zweiten Untergeschoss befanden. Es gab nur einen Gang, rechts führte er zur Tiefgarage, links zur Poststelle.

Jonathan begutachtete Pratt und neigte sich dann zu mir. »Könnten wir das vielleicht unter uns besprechen?«

Pratt rollte mit den Augen, aber da er hinter Jonathan stand, bekam dieser davon nichts mit. Er nickte leicht, klopfte jedoch dabei auf die Tasche, in der sich das Messer befand. Die Warnung kam klar und deutlich bei mir an.

Ich folgte Jonathan ein Stück nach links in den Gang und behielt mein höfliches Lächeln bei. Was sollte ich denn sagen? Sorry, ich kann gerade nicht, ich werde entführt?

Ein hysterisches Lachen stieg in meiner Kehle auf. Ich kämpfte es hinunter und merkte erst dann, dass ich Jonathan gar nicht zugehört hatte. »Wie bitte?«

»Einen Drink«, wiederholte er und ich konnte mir den Rest denken.

Die Ironie der Situation war mir nur zu deutlich bewusst. Unter normalen Umständen hätte ich mich unglaublich gefreut, dass er mit mir ausgehen wollte. Jetzt gerade hatte ich zu viel Angst, dass Pratt ihm etwas antat. Dabei hatte ich mir ein ähnliches Szenario schon unzählige Male zurechtgelegt.

Bevor ich antworten konnte, kam Pratt näher. Er legte eine Hand auf meine Schulter. »Können wir los, Kleines?«

Ich wusste nicht, wer irritierter reagierte – Jonathan oder ich?

»Alles klar«, murmelte er und war schneller mit dem Postwagen im Aufzug verschwunden, als ich mich umdrehen konnte. Unzählige Sätze lagen auf meinen Lippen, keiner davon ergab Sinn.

Wie sollte ich es auch erklären?

Wir waren wieder allein und Pratt nahm die Hand weg. Er deutete in den Gang, der zur Tiefgarage führte, und ich fügte mich. Was blieb mir übrig?

»Vertreibst du dir damit den langen Arbeitstag? Kleine Flirts mit dem Postjungen?« Er klang angewidert.

Ich presste die Lippen aufeinander. Es ging ihn gar nichts an, was ich wann mit wem tat.

»Fickst du ihn? Das würde die Dessous erklären.«

Meine Finger juckten, weil ich nichts lieber wollte, als ihm eine saftige Ohrfeige zu verabreichen, doch stattdessen strafte ich ihn mit Nichtachtung.

Die schwere Eisentür, die in die Garage führte, kam in Sicht. Pratt packte meine Schulter und zog mich herum, bis ich mit dem Rücken zur Wand stand. »Antworte mir!«

Zuerst dachte ich, meine Fantasie hätte mir einen Streich gespielt. Ich war mir so sicher, Pratt eine Ohrfeige verpasst zu haben und meine Hand brannte fürchterlich, doch er blinzelte nicht einmal.

Erst als er den Kopf schräg legte, wurde mir bewusst, wie himmelschreiend dumm es von mir gewesen war, ihm gegenüber handgreiflich zu werden. Er war größer, stärker und skrupelloser als ich und außerdem bewaffnet. Hier unten würde niemand meine Schreie hören …

»Steckt etwa eine kleine Wildkatze in dir?«, neckte er mich. Seine Augen blitzten auf, und für einen Moment war ich mir sicher, Verlangen darin zu erkennen.

Das Blut schoss in meine Wangen und ich verfluchte mich für die unbedachte Reaktion.

Pratt legte seine Hand um meine Kehle. »Ich werte das übrigens als ein deutliches Nein.« Schwer lagen seine Finger an der Stelle und sorgten dafür, dass ich mich noch hilfloser und zerbrechlicher fühlte.

Ich durfte nicht darüber nachdenken, was passieren konnte, wenn er sich entschied, zuzudrücken. Sicherlich spürte er, dass mein Puls jagte.

Als er sich vorbeugte, um mich zu küssen, fand ich zum ersten Mal heute die Kraft, ihm zu widerstehen, und wandte das Gesicht ab. »Nicht.«

Meine Stimme klang erschreckend brüchig, obwohl ich mich in diesem Moment mutig fühlte. Bisher hatte ich nicht protestiert und es ihm viel zu leicht gemacht, das war mir jetzt klar geworden. Er sollte nicht glauben, dass er mit mir machen konnte, was er wollte.

Sein Atem strich über meine Haut, als er leise lachte. »Wir sollten eins klarstellen: Du machst die Regeln nicht. Ich mache sie und du gehorchst.« Er musste seinen Standpunkt nicht noch weiter unterstreichen – trotzdem drückte er leicht zu, bis mir das Atmen schwerfiel.

Mein Herz klopfte schneller, während ich darauf wartete, dass er mich zwang, den Kopf zu drehen und seinen Kuss zu erdulden.

Doch er packte meinen Oberarm, öffnete die schwere Metalltür und dirigierte mich in die Tiefgarage. Die schale Luft und der durchdringende Geruch nach Abgasen führten nicht dazu, dass ich mich besser fühlte.

In einem letzten Anflug von Gegenwehr stemmte ich meine Absätze in den Boden. »Nein! Ich will nicht! Lass mich los!«

Pratt zerrte mich unbeeindruckt mit sich.

Mitten in der Garage stand eine Limousine mit getönten Scheiben. Ein Kerl, der ebenfalls oben im Büro gewesen war, hielt die hintere Tür auf.

Panik durchflutete mich und ich schlug nach meinem Entführer. Pratts Mundwinkel zuckten, als er den Arm um meine Taille schlang und mich hochhob. Meine Füße verloren den Halt und dann wurde ich auf eine lederne Rückbank geworfen.

Ich wirbelte herum, aber Pratt war bereits mit mir im Fond des Wagens, die Tür fiel ins Schloss und wir setzten uns sofort in Bewegung.

Trotzdem rutschte ich hinüber und umfasste den Griff.

»Wenn du gehst, muss ich Carl töten. Das ist dir klar, oder?«

»Was?« Ich wandte den Kopf und erkannte die Falle viel zu spät.

Pratt hatte mich einfach nur abgelenkt, und im nächsten Moment saß ich auf seinem Schoß, gefangen in seiner Umklammerung. »Ich schlage vor, dass wir jetzt warten, bis du dich beruhigt hast, Hayden.«

Da konnte der verdammte Mistkerl lange warten!

Ich wollte ihm das Gesicht zerkratzen, ihn beißen und kneifen, doch sobald ich nur einen einzigen Muskel rührte, wurde sein Griff so fest, dass ich kaum noch Luft bekam.

Nach einer Weile blieb mir nichts anderes übrig, als nachzugeben.

Pratt hatte sein Kinn auf meiner Schulter gebettet, während ich gezwungen war, mich an seine breite Brust zu lehnen. Unter anderen Umständen hätte ich diese Position sicherlich interessant bis erregend gefunden – nur in diesem Moment jagte mein Puls und ich konnte vor Angst kaum klar denken.

»Ich will das nicht«, flüsterte ich.

Er lachte dicht neben meinem Ohr. »Dir wird nichts passieren. Vorausgesetzt, du bist ein braves Mädchen.«

Vermutlich wollte ich gar nicht wissen, was er sich darunter vorstellte.

Sanft knabberte er an meinem Ohrläppchen und ich erschauerte. »Außerdem wissen wir beide, dass du mich willst.«

Sein Schwanz regte sich unter mir und ich erstarrte.

»Bitte nicht!« Ein letztes Mal bäumte ich mich auf, aber er hatte mich vollkommen unter Kontrolle.

»Warum bist du nicht ehrlich zu dir, Kleines?«

Stumm schüttelte ich den Kopf, presste die Lippen aufeinander.

Pratt seufzte. »Wirst du ab sofort tun, was ich dir sage?«

Ich ignorierte ihn nach besten Kräften und bemühte mich, keinen Muskel mehr zu rühren.

»Wenn du nicht kooperierst, könnte es für deinen Boss übel ausgehen …« Er machte eine Pause, bevor er ganz leise flüsterte: »Und für dich auch.«

Frustriert schloss ich die Augen, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich war ganz sicher nicht das Spielzeug für einen gelangweilten Gangster – egal, wie heiß er war. Aber ich hatte gerade nicht die geringste Chance, zu entkommen, deswegen sollte ich mich wahrscheinlich besser fügen. Zumindest sollte ich vorgeben, ein braves Mädchen zu sein, bis ich fliehen konnte.

»Also?«

Ich nickte knapp.

»Ich will es hören, Hayden.«

Die Worte fühlten sich wie Ziegelsteine auf meiner Zunge an und ich brachte sie kaum über die Lippen. »Ich werde brav sein.«

Er küsste meinen Hals. »Wirklich?«

Gänsehaut überzog meinen Rücken und ich unterdrückte einen Schauer.

»Ja«, würgte ich hervor.

»Sag es noch einmal, aber dieses Mal richtig.«

Ich konnte förmlich spüren, wie viel Vergnügen es ihm bereitete, mich herauszufordern. »Ich werde ein braves Mädchen sein.«

Seine Antwort bestand aus einem erregten, leisen Stöhnen, bevor er forderte: »Beweis es mir.«

Seine Hände glitten über meine Rippen nach unten, bis er meine Hüften umfasste und meinen Po fester gegen seine Erektion presste.

Erregung stieg in mir auf und ich verachtete mich dafür. Was war denn nur los mit mir?

Pratt raffte meinen Rock hoch, bis der Rand meiner Strümpfe zu sehen war.

»Was willst du?«, keuchte ich und widerstand dem Impuls, den Stoff wieder nach unten zu zerren.

»Erinnerst du dich, dass du mir gerade den Kuss verwehrt hast?«

Ich nickte zögerlich.

»Dafür fordere ich jetzt etwas anderes und du wirst es mir geben – oder ich lege dich übers Knie und spanke dich, bis du nicht mehr sitzen kannst.«

Erschrocken wollte ich aufspringen, doch seine Finger bohrten sich in meine Haut.

»Beweg dich nicht, Kleines«, forderte er rau. Das Pulsieren unter mir schien heftiger geworden zu sein. »Oder ich vergesse mich.«

KAPITEL4

PRATT

Mit jeder Bewegung stieg ihr verführerischer Duft in meine Nase und machte jegliche Zurückhaltung unmöglich. Wenn sie gewusst hätte, wie nah ich davor war, sie einfach auf die Rückbank zu werfen und mit meinem Gewicht nach unten zu drücken, um sie zu ficken, wäre sie vermutlich in eine Art Schockstarre verfallen.

Aber so wand sie sich und zappelte in meinen Armen, und jedes einzelne Mal rieb ihr runder Arsch über meinen Schwanz. Ich schloss die Augen und inhalierte ihren Geruch, bevor ich ihren Nacken küsste.

Endlich hielt sie still und ich konnte mich wieder sammeln.

»Anstelle des Kusses nehme ich mir jetzt einen Orgasmus«, raunte ich an ihrem Ohr. Für ein paar Sekunden atmete sie nicht, bestimmt war ihr vor Schreck das Herz stehen geblieben.

Eigentlich hatte ich nicht dermaßen fordernd sein wollen. Es hatte sogar einen Moment während der Aufzugfahrt gegeben, als ich beschlossen hatte, die Finger von ihr zu lassen. Den Vorsatz hatte ich durchgehalten, bis ich das schüchterne Lächeln gesehen hatte, das sie dem Postjungen zugeworfen hatte.

Es hatte irgendetwas in mir berührt und in diesem Moment hatte ich meine Meinung geändert. Ich wollte Hayden für mich allein. Auf jeden Fall würde ich die 72 Stunden bis zur letzten Sekunde auskosten.

Das war eine Lüge. Mir war schon jetzt klar, dass ich sie vorerst nicht würde gehen lassen – nicht, bevor ich mich ausgiebig mit ihr beschäftigt hatte.