Wells Manor - Mia Kingsley - E-Book
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Wells Manor E-Book

Mia Kingsley

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Beschreibung

 Ein abgelegener Landsitz, zwei Männer und viele düstere Geheimnisse …  Seit dem Tod seiner Verlobten vor zwei Jahren versteckt sich Apollo Wells auf seinem Familienanwesen vor der Welt. Sein bester Freund engagiert mich, um Apollo dabei zu helfen, seine Trauer zu überwinden und Wells Manor endlich wieder zu verlassen. Sieben Tage – mehr Zeit bleibt mir nicht. Sollte ich es innerhalb der Frist schaffen, habe ich finanziell ausgesorgt. Falls ich allerdings versage, werde ich Wells Manor nie wieder verlassen …  Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen. 

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WELLS MANOR

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2023, Deutschland.

Covergestaltung: Mia Kingsley

Korrektorat: http://www.korrekturservice-bingel.de

ISBN: 978-3-910412-48-4

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

Wells Manor

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

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Über Mia Kingsley

WELLS MANOR

Seit dem Tod seiner Verlobten vor zwei Jahren versteckt sich Apollo Wells auf seinem Familienanwesen vor der Welt.

Sein bester Freund engagiert mich, um Apollo dabei zu helfen, seine Trauer zu überwinden und Wells Manor endlich wieder zu verlassen.

Sieben Tage – mehr Zeit bleibt mir nicht. Sollte ich es innerhalb der Frist schaffen, habe ich finanziell ausgesorgt. Falls ich allerdings versage, werde ich Wells Manor nie wieder verlassen …

Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.

KAPITEL1

Odette sah mich bereits durch die hohen Glasscheiben und winkte mir mit einem Lächeln zu. Sie war von meinen Kolleginnen umgeben, die entweder Champagner tranken oder Cupcakes aßen.

Als ich die Tür mit dem eleganten weißen Schriftzug öffnete, schwoll der Geräuschpegel an – überall wurde der neueste Tratsch ausgetauscht und gelacht.

Odette streckte die Arme aus und ich drückte meine Chefin. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte ich und hauchte einen zarten Kuss auf ihre Wange.

»Du bist gekommen, ma chérie, wie nett!« Sie umfasste meine Schultern und ließ den Blick über mich schweifen. »Und du siehst umwerfend aus. Wie immer!«

»Das kann ich nur zurückgeben.« Ich hielt ihr die Cartier-Tüte mit ihrem Geschenk hin.

»Ach, das wäre doch nicht nötig gewesen«, behauptete sie und griff noch in der gleichen Sekunde danach. Odette war eine kleine Schmuck-Elster und ich sah bereits etliche Tüten und Kartons von Tiffany, Bulgari und Chopard auf ihrem Schreibtisch stehen. Von Cartier konnte ich nichts entdecken, was mich erleichterte, weil es die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass ich ihr kein Duplikat gekauft hatte.

»Oh, ma chérie«, hauchte Odette, als sie den Armreif aus Roségold mit Perlmutt und dem 0,05-Karat-Diamanten begutachtete.

Fast dreieinhalbtausend Pfund hatte mich das Schmuckstück gekostet, doch das war es mehr als wert gewesen. Odette war die beste Chefin, die ich mir nur wünschen konnte. Es war fast siebzehn Jahre her, dass sie mir eine Chance gegeben hatte, als niemand anderes dazu bereit gewesen war. Abgesehen davon entsprach die Summe bloß einer knappen Dreiviertelstunde Arbeit – kein großer Verzicht meinerseits.

Sie beugte sich zu mir und flüsterte: »Ich weiß schon, warum du mein liebstes Mädchen bist.«

Ich lachte auf. »Wieso habe ich bloß den Eindruck, dass du das zu all deinen Mädchen sagst?«

Odette grinste und winkte ab, ehe sie meinen Unterarm tätschelte. »Geh und trink, Vivien. Iss einen Cupcake oder zwei oder drei. Amüsier dich. Die Gehaltsumschläge liegen am üblichen Ort, zusammen mit dem Stundenplan für die nächste Woche. Und noch mal danke.« Sie hob die Cartier-Tüte an und blendete mich beinahe mit ihrem strahlenden Lächeln.

Ich hatte zwar nicht vor, allzu lang zu bleiben, aber ich wollte Odette nicht vor den Kopf stoßen, weshalb ich mich zu den anderen gesellte und mir wenigstens ein Glas Champagner nahm.

Ich nippte daran und ging zu der Mahagoni-Kommode, auf der die unzähligen Umschläge ausgebreitet waren.

»Vivien«, sagte Catherine hinter mir.

Ich drehte mich um und umarmte sie kurz. »Hey.«

Wir beide arbeiteten mit Abstand am längsten für Odette und endeten auf solchen Veranstaltungen meist in der gleichen Ecke, wo wir uns unterhielten, bis wir uns gemeinsam aus dem Staub machten. Die anderen Mädchen waren gerade mal Anfang zwanzig und es war schmerzhaft offensichtlich, dass sie uns ebenso wenig zu sagen hatten wie wir ihnen.

Catherine griff nach ihrem Umschlag und riss ihn an der Seite auf, während ich noch versuchte, meinen Fingernagel irgendwie unter die Lasche zu schieben. Ich kapitulierte und tat es ihr gleich. Ein flüchtiger Blick auf die Abrechnung verriet mir, dass es keine Überraschungen gab. Doch interessanter war ohnehin der Stundenplan.

Ich klappte das Blatt auseinander. Catherine schnurrte neben mir und nahm einen Schluck ihres eigenen Champagners. »Sieh an, sieh an – ein langes Wochenende in Vegas«, sagte sie, während sie ihre Termine für die nächste Woche ansah.

»Mit Nummer 15?«, fragte ich.

»Nein, mit 12. Du weißt schon, der Politiker.«

»Ach, richtig. High Stakes Poker und zu viel Kokain.«

Sie ließ ihre langen Wimpern flattern. »Oder wie ich es gern nenne: Leicht verdientes Geld.« Mit einem Lachen hielt sie mir ihr Glas zum Anstoßen hin. »Ich liebe meinen Job.«

Ich stieß mein Glas gegen ihres und studierte dann meinen eigenen Stundenplan.

»Und?« Catherine gab sich keine Mühe, ihre Neugier zu verbergen. »Etwas Unerwartetes bei dir?«

»Sieht nicht so aus. Meine üblichen Stammkunden und am Freitag ein neuer Klient. Nummer 27.« Ich zuckte mit den Achseln und hob den Blick, um gerade noch zu sehen, wie Catherine pikiert die Nase rümpfte.

»Dieser Kerl«, murrte sie.

»Nummer 27? Was ist mit ihm?« Ich war Tratsch nicht abgeneigt, denn es war immens hilfreich, bereits vorher zu wissen, was genau auf mich zukam.

»Nichts.« Sie schnaubte leise, ehe sie sich umsah und sich näher zu mir beugte. Ihre Stimme senkte sie verschwörerisch. »Der Kerl ist attraktiv, unfassbar attraktiv, aber mindestens genauso merkwürdig. Er hat sich schon mit der Hälfte der Mädchen getroffen und meine Freundin Muriel – sie arbeitet für Upstate Escorts – sagt, dass er sie auch mal gebucht hat. Allerdings hat er sie nicht gefickt. Außerdem trifft er keines der Mädchen zweimal. Mit mir wollte er Sex und ich muss zugeben, dass ich dachte, ich wäre etwas Besonderes.« Sie schob die Unterlippe vor, aber ihr Gesichtsausdruck machte klar, dass es nur ein halber Scherz war. Nummer 27 schien sie tatsächlich gekränkt zu haben.

»Attraktiv?« Ich las die Anmerkung zur Buchung. »Er will, dass ich mich anziehe, als würde ich mich mit einer Freundin treffen?«

»Das stand bei mir auch.« Catherine zuckte mit den Achseln. »Ich habe es ignoriert, weil ich nun einmal in Cocktailkleidern und High Heels am besten aussehe. Außerdem hat er einen hochpreisigen Service gebucht – erwartet er wirklich, dass ich in Jogginghose und einem Crop-Top komme?«

»Du gehst in Jogginghose und Crop-Tops mit deinen Freundinnen raus?«

»Ja, zum Yoga-Kurs und ins Fitness-Studio.« Sie verzog die rot geschminkten Lippen zu einem Lächeln. »Da trage ich dann aber auch kein Make-up und ich bin mir sicher, dass er daran bestimmt nicht gedacht hat. Abgesehen davon hat er sich auch nicht beklagt, es wird also schon okay gewesen sein.«

Ich schaute an mir herunter. »Da ich mich sonst nicht groß anders anziehe als jetzt gerade, sollte das kein Problem sein. Kannst du mir mehr über ihn erzählen?«

»Lass mich nachdenken.« Sie stellte ihr leeres Glas weg und verschränkte die Arme. »Sehr dominanter Typ, aber es wirkt authentisch, als wäre er gewohnt, dass es immer nach seinem Willen geht. Höflich, gute Small-Talk-Fähigkeiten, noch bessere Manieren. Wie attraktiv er ist, habe ich bereits erwähnt. Oh, ich würde schätzen, dass er adlig ist. Ein Baron vielleicht?«

»Wirklich? Das wäre aber ziemlich weit oben in der Hackordnung.«

»Sobald du ihn siehst, weißt du, was ich meine.« Catherine schnalzte mit der Zunge. »Jetzt bin ich neidisch, obwohl ich mit einem Privatjet bis nach Vegas geflogen werde.«

Ich hob eine Augenbraue. »Ist er wirklich so gut?«

»Oh ja, ist er. Zweifellos.«

»Mhm«, machte ich bloß und las die Anmerkung zu unserer Verabredung erneut. Eigentlich war ich nach all der Zeit bei Odette entspannt geworden, wenn es darum ging, neue Klienten zu treffen, doch ich konnte nicht leugnen, dass Catherine mich neugierig gemacht hatte. Sehr, sehr neugierig.

KAPITEL2

Obwohl ich Catherines Worte noch gut im Hinterkopf hatte, beschloss ich, der Bitte von Klient Nummer 27 nachzukommen und mich tatsächlich anzuziehen, wie ich es für die Verabredung mit einer Freundin getan hätte.

Statt eines Kleides mit High Heels entschied ich mich für eine Jeans mit einem tief ausgeschnittenen Shirt, einen Blazer und ein Paar Biker Boots. Eine Freundin hatte meinen Stil mal als »Corporate Goth« bezeichnet. Der Ausdruck war bei mir hängen geblieben und beschrieb das Ganze tatsächlich ziemlich gut.

Ich tuschte meine Wimpern und legte einen Hauch von Lipgloss auf, verzichtete aber auf die volle Routine – der Kunde war König und sollte bekommen, was er bestellt hatte. Wobei der Kunde eigentlich ein Baron war, wenn ich Catherine glauben durfte.

Meine schulterlangen Haare ließ ich offen, hatte sie aber wenigstens einmal über den Lockenstab gezogen, damit sie nicht ganz so unmotiviert nach unten hingen wie sonst.

Einzig der Inhalt meiner Tasche war ein Zugeständnis an meinen Job, denn für eine Verabredung mit einer Freundin würde ich weder Gleitmittel noch Kondome mitnehmen. Wobei ich dem Kürzel hinter dem Eintrag im Stundenplan entnehmen konnte, dass Nummer 27 ein makelloses Gesundheitszeugnis eingereicht hatte, weshalb die Kondome unter Umständen hinfällig waren.

Ich kam auf die Minute pünktlich in der Cocktailbar an, zog die Tür auf und ließ meinen Blick schweifen.

Nummer 27 erkannte mich zuerst und erhob sich, nickte mir knapp zu. Ein verhaltenes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

Catherine hatte nicht übertrieben. Der Mann war unglaublich attraktiv und hatte eine einnehmende Präsenz. Die Frau am Nebentisch ließ ihren Begleiter mitten im Gespräch hängen und starrte Nummer 27 an. Sie tastete unwillkürlich nach ihrem Haar und pflasterte sich ein breites Lächeln auf die Lippen. Allerdings nahm mein neuer Klient sie nicht wahr, weil er zu beschäftigt mit dem Kellner war, der eilig herangestürzt war, um zu fragen, ob Nummer 27 etwas brauchte – immerhin war er aufgestanden.

Ich durchquerte die Bar und als ich mein Ziel erreichte, hatte Nummer 27 den Kellner längst weggeschickt und nicht einen Blick für die Frau am Nebentisch erübrigt.

Sein Lächeln vertiefte sich und er musterte mich kurz und voller Anerkennung, ehe er seine Hand vollkommen selbstverständlich auf meine Hüfte legte, sich zu mir beugte und einen Kuss auf meine Wange presste.

Er roch gut, seine Bartstoppeln kratzten über meine Haut – allerdings nicht auf eine unangenehme Weise.

»Guten Abend«, sagte er und seine Stimme passte zu seinem attraktiven Äußeren mit den dunklen Haaren, den grünen Augen und dem gut gebauten Körper. Er zog mir den Stuhl zurück. »Mein Name ist Henry.«

»Lucy«, erwiderte ich mit einem gekonnten Augenaufschlag und ließ mich auf den Stuhl sinken.

»Freut mich, dass du es einrichten konntest, Lucy.« Henry setzte sich wieder und keine Sekunde später wuchs der Kellner ein weiteres Mal aus dem Boden, um meine Bestellung entgegenzunehmen.

Ich entschied mich für ein Glas Prosecco. »Ich war noch nie in dieser Bar«, erklärte ich, nachdem der Kellner weg war.

»Ein Freund hat sie mir gezeigt. Die Drinks sind exzellent und am Wochenende gibt’s hier Livemusik.« Henrys Lächeln war offen und freundlich, wenn auch noch ein wenig distanziert.

»Ich werde versuchen, mal am Wochenende herzukommen, wenn ich in der Nähe bin. Eigentlich wohne ich in Kensington.«

»Ich wohne außerhalb, habe aber eine Wohnung in der Nähe vom Hanover Square, die ich nutze, wenn ich in der Stadt bin.« Henry zuckte mit den breiten Schultern. »Die Nähe macht es mir leicht, hier öfter vorbeizuschauen.«

Der Kellner brachte meinen Prosecco und gab mir damit Zeit, Henry genauer zu betrachten. Henry, der mir gerade durch die Blume mitgeteilt hatte, wie verdammt viel Geld er hatte. Eine Wohnung in Mayfair für »zwischendurch«? Nicht schlecht.

Wahrscheinlich hatte Catherine recht und er war ein Baron, der sich die meiste Zeit auf dem ländlichen Familiensitz von der Anstrengung erholte, so unverschämt reich zu sein.

Die Unterhaltung plätscherte mühelos vor sich hin, weil es leicht war, sich mit ihm zu unterhalten. Er war offensichtlich intelligent, gebildet, besaß einen netten Sinn für Humor und konnte sich ausdrücken. Seine Anekdoten waren oberflächlich, aber unterhaltsam. Er wusste genau, was er erzählen konnte, um das Gespräch mit interessanten Geschichten am Laufen zu halten. Geschichten, die absolut nichts Persönliches über ihn verrieten.

Meinem Lächeln und meiner offenen Körperhaltung war es nicht anzusehen, doch ich war argwöhnisch. Henry war zu gut, um wahr zu sein, und in all den Jahren, die ich bereits als Callgirl arbeitete, hatte ich gelernt, auf die Zeichen zu achten.

Henry war verdammt attraktiv und reich – er hätte jede Frau in dieser Bar haben können und wahrscheinlich auch etliche der Männer.

Natürlich waren meine Klienten sonst auch nicht hässlich oder etwa unattraktiv, aber in der Regel waren sie Workaholics, die nie viel sozialen Umgang gehabt hatten und nur dann die Zähne auseinanderbekamen, wenn es um Aktien, Coding oder Investmentmöglichkeiten ging. Männer, die bereits als Teenager mit ihren Geschäftsideen Millionäre geworden waren und die nächsten zwanzig Jahre durchgearbeitet hatten, ehe sie mit Mitte vierzig feststellten, dass sie nicht die geringste Ahnung hatten, wie man mit Frauen sprach, geschweige denn sie eroberte. Einsame Männer, die an meinen Lippen hingen, wenn ich ebenso belanglose Geschichten wie Henry erzählte.

Deshalb war ich es gewohnt, das Gespräch allein bestreiten zu müssen – was kein Problem für mich war. Die Männer, die mich für fünftausend Pfund in der Stunde buchten, verdienten es, unterhalten und verführt zu werden.

Henry hingegen war charmant genug, um selbst meine verstockte Großmutter väterlicherseits aus ihrem übergroßen Baumwollhöschen zu bekommen. Mit seinen symmetrischen Gesichtszügen, dem energischen Kiefer und dem Kinngrübchen hätte er dazu nicht einmal reich sein müssen. Warum sollte ein Mann wie er so viel Geld für ein Callgirl springen lassen? Und das regelmäßig genug, um sich gleich durch mindestens zwei Agenturen und die dort beschäftigten Frauen zu arbeiten?

Entweder er war verheiratet und bekam von seiner Frau nicht, was er wollte, weil seine sexuellen Fantasien zu abgefuckt waren, oder er war ein Serienkiller.

Oder beides.

Ich hatte noch keine Entscheidung getroffen, in welche Kategorie er wohl fiel, als er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und mich betrachtete. Er war der Inbegriff von Lässigkeit. »Du bist atemberaubend schön, Lucy, und – wenn ich das anmerken darf – etwas älter als Odettes andere Mädchen. Wäre es an irgendeinem Punkt nicht leichter, dir einfach einen reichen Mann zu suchen? Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass du lang suchen müsstest. Der Kerl dahinten an der Bar zieht dich bereits die ganze Zeit mit den Blicken aus. Uhr, Schuhe und Haarschnitt lassen vermuten, dass er mehr als nur genug Geld hat.«

Ich hob eine Augenbraue. Das war neu. Bisher war ich noch bei keinem Termin auf mein Alter angesprochen worden – dicht gefolgt von einem Verkupplungsversuch. Wenn man es überhaupt so nennen konnte.

Mein Leben ging Henry schlicht nichts an, aber ich war neugierig, was er eigentlich von mir wollte.

»Würde es dich nicht stören, wenn ich dich jetzt hier sitzen lasse und zu einem anderen Mann gehe, obwohl du für mich bezahlt hast?« Mir war klar, dass ich seine Frage nicht beantwortet hatte, doch wir würden sehen, wo das Gespräch hinführte.

»Guter Punkt. Ich merke, dass ich meinen Plan nicht durchdacht habe.« Er sah mir geradewegs in die Augen. Sein Blick war forschend und durchdringend. »Aber du bist mir eindeutig ausgewichen.«

»Wer sagt, dass ich einen Mann will? Vielleicht möchte ich einfach bloß Sex und mag Geld – und habe zufällig den perfekten Weg gefunden, beides zu meinen Bedingungen zu bekommen.«

Er schien über meine Antwort nachzudenken, ehe er langsam nickte. »Macht Sinn, schätze ich. Und ›Sex‹ ist natürlich ein gutes Stichwort.«

Ein Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus, zog bis in meinen Unterleib, weil sich der Ausdruck auf Henrys Gesicht änderte. Ich sah den Hunger in seinen Augen, das nackte, ungefilterte Verlangen, und für einen flüchtigen Moment raubte es mir beinahe den Atem, bis mir wieder einfiel, dass ich ein Profi war und Henry keineswegs der erste Mann, der mich begehrte.

»Ich war so frei, eine Suite im Hotel gegenüber zu reservieren.« Er beugte sich vor und stellte sein leeres Glas auf den Tisch.

Ich wusste, was Männer wie er hören wollten. »Wann immer du bereit bist. Ich richte mich ganz nach dir. Du bist der Boss.«

Seine Pupillen verengten sich für den Bruchteil einer Sekunde, ehe er aufstand, sein Jackett schloss und mir die Hand hinhielt. Ich ergriff sie und erhob mich, doch zu meinem Erstaunen ließ Henry mich nicht wieder los. Er verschränkte seine Finger mit meinen – dabei hatte er nicht einmal die Girlfriend Experience gebucht.

Wir verließen die Bar, überquerten die Straße und betraten die Hotel-Lobby. Erst an der Rezeption ließ Henry meine Hand los, damit er seine Kreditkarte über den Tresen schieben konnte. Er gab sich keine Mühe, seinen Namen zu verstecken, und ich riskierte einen schnellen Blick. Henry Barlow. Ich nahm mir vor, ihn später zu googeln – vorausgesetzt dass er sich nicht als Serienkiller entpuppte und mir in der eleganten Hotelsuite die Kehle durchschnitt.

Henry bekam die Schlüsselkarte ausgehändigt, legte die Hand beinahe besitzergreifend auf meinen Rücken und führte mich zum Lift.

Wir standen brav nebeneinander in der Kabine, während sie in die Höhe glitt, ganz so, als hätten wir nicht vor, gleich Sex zu haben.

»Ich mag es rau«, sagte Henry ohne Vorwarnung. »Ist das ein Problem?«

»Wie rau?«, wollte ich wissen. Die meisten Männer, die das auf eine solche Art und Weise ankündigten, meinten damit in der Regel ein paar Klapse auf den Hintern und ein bisschen an den Haaren ziehen. Hardcore-Sadisten waren nicht nett genug, um vorher eine Warnung auszusprechen. Sie wollten die ungefilterten Emotionen sehen, wenn sie sich ohne vorherige Ankündigung austobten.

»Das hängt ganz von meiner Laune ab.«

Ich hätte beinahe mit den Augen gerollt, weil diese Aussage selbstverständlich immens hilfreich war, doch ich hatte mich im Griff. »Das klingt nicht nach einem Problem – solange du aufhörst, wenn ich ›rot‹ sage.«

»Natürlich«, behauptete er.

Mir lief ein kleiner Schauer über den Rücken, weil da ein Unterton in seiner Stimme war, der dafür sorgte, dass ich ihm nicht glaubte. Henry hielt nicht viel davon, sich nach anderen Leuten richten zu müssen.

Vor der Zimmertür blieb er stehen, zog die Keycard durch das Lesegerät und ließ mir dann den Vortritt. Ich war schon in zu vielen teuren und luxuriös eingerichteten Hotelzimmern gewesen, um noch groß beeindruckt zu sein, und auch Henry würdigte die Inneneinrichtung keines Blickes. Er war vollkommen auf mich fixiert.

Der Teppichboden dämpfte meine Schritte und mir war klar, was jetzt kommen würde. Ein Drink aus der Minibar, ein bisschen Small Talk, bevor ich mich auszog und Henry mir dabei zusah. Ich würde mich irgendwann aufs Bett setzen, die Beine spreizen und mich selbst berühren, während er mich beobachtete, bis er es nicht mehr aushielt. Vermutlich würde ich seinen Schwanz in den Mund nehmen und dann zur Hauptattraktion übergehen. Das Ganze sollte zwischen vierzig und fünfzig Minuten dauern.

Ich hätte mit meiner Einschätzung nicht weiter danebenliegen können.

Die Tür war noch nicht ganz hinter uns zugefallen, da war Henry bereits bei mir. Er packte mich, grub die Hand in mein Haar und drängte mich gegen die Wand, ehe er mich hungrig küsste.

Der Kuss war so gut, dass meine Alarmglocken nur noch heftiger schrillten. Das war kein Kuss eines Mannes, der im Umgang mit Frauen unbeholfen war und darüber hinwegtäuschte, indem er sich ein Callgirl mietete. Das war auch nicht der Kuss eines Mannes, der bisher keine echte Frau berührt und sein Wissen nur aus Pornos hatte – Halbwissen, das er direkt umzusetzen versuchte und dabei eher mein Gesicht ableckte.

Henry küsste mich wie jemand, der exakt wusste, was er tat und was er wollte. Und er duldete keinen Widerspruch. Es war vollkommen klar, dass er den Ton angab und ich ihn besser machen ließ, was er machen wollte.

Ich öffnete den Mund für ihn und stöhnte leise, weil kaum zu leugnen war, dass er sich gut anfühlte – sowohl der Kuss als auch sein harter, männlicher Körper, mit dem er mich gegen die Wand presste.

Der Griff in meinem Haar war fest, auf der Grenze zu schmerzhaft, lag jedoch nicht darüber. Irgendetwas sagte mir, dass Henry das wusste.

Er stieß die Zunge in meinen Mund und strich mit der anderen Hand über meine Seite, von meinen Rippen nach unten zu meiner Hüfte. Ich war vollkommen atemlos, als er die Finger um meine Brust schloss. Meine Nippel wurden hart und ich keuchte schmerzerfüllt, als Henry ohne Vorwarnung in meine rechte Brustwarze kniff.

Er löste sich gerade lang genug von mir, um meine Reaktion zu studieren. Der Protest lag mir auf der Zunge, doch als ich seinen Blick sah, kam kein Wort über meine Lippen.

Henry musterte mich geradezu herausfordernd, als würde er nur darauf warten, dass ich mich beschwerte, damit er einen Grund hatte, das böse, böse Callgirl zu bestrafen, nachdem er so viel Geld für mich bezahlt hatte.

Ich schluckte schwer und erschauerte, weil sich ein finsteres Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. Mein Puls schnellte in die Höhe, als Henry mich unsanft zum Bett zerrte. Seine Hand landete mit einem lauten Klatschen auf meinem Arsch, dann zwang er mich, meinen Oberkörper nach vorn zu beugen. Er drückte mein Gesicht in die Matratze und Panik breitete sich in mir aus, bis mir bewusst wurde, dass er zwar rabiat war, mir aber im Grunde nicht wehtat. Solange ich mehr oder weniger still hielt, hatte ich keine Schmerzen. Ich durfte mich nur nicht bewegen oder versuchen, mich aufzurichten.

Henry beugte sich über mich und seine Erektion war nicht zu verfehlen. Hart und prominent drückte sie gegen meinen Po. Er lachte leise, als mein Widerstand erlahmte und ich still hielt, wie er es offensichtlich wollte.

»Sehr gut, du hast es verstanden. Das erleichtert mich, denn ich bevorzuge meine Frauen intelligent.«

Es flatterte tief in meinem Bauch, obwohl mich seine Worte nicht antörnen sollten. Nichts hiervon sollte mich antörnen. Das war so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir vereinbart hatten. Sollte ich jetzt das Wort »rot« sagen, würde Henry mich nicht einmal hören, weil er mein Gesicht in die Matratze drückte.

Er schob mein Shirt hoch, streichelte meinen nackten Rücken und öffnete dann den BH. Mit der Hand fuhr er nach vorn. Er gab ein zufriedenes Geräusch von sich, während er an meinen Nippeln zupfte und mit meinen Titten spielte, die Finger wieder und wieder in meine zarte Haut grub.

Ich wimmerte leise, doch im gleichen Moment wurde ich feucht. Henry hatte etwas an sich, das ich nicht genau beschreiben konnte. Normalerweise war ich diejenige, die den Ton angab, weil meine Klienten meist unbeholfen waren, sodass ich ihnen sagen musste, wo sie ihre Hände hinlegen und wie sie ihre Finger bewegen sollten. Henry brauchte keine Anleitung.

Er ließ meinen Kopf los, doch ich war klug genug, trotzdem regungslos zu verharren, während er meine Jeans öffnete. Er zog sie gerade weit genug über meine Hüften, um meinen Slip aus dem Weg schieben zu können, bevor er meine Pussy berührte.

Mit dem Daumen fuhr er meine Schamlippen nach, ertastete die Nässe dort und widmete sich dann meiner Klit. Ich unterdrückte ein Stöhnen und krümmte die Zehen.

Zum jetzigen Zeitpunkt war bereits klar, dass Henry genau wusste, was er tat, doch es überraschte mich, wie gut er war.

Ich hatte im Zuge meiner Arbeit mehr als einen Orgasmus vorgetäuscht, aber die Mühe musste ich mir jetzt nicht machen. Henry brachte mich ohne Umwege auf die Zielgerade.

»Sei ein braves Mädchen und komm für mich«, befahl er mit rauer Stimme, bewegte seine magischen Finger dabei schneller und schneller.

Ich explodierte, sah bunte Funken und hörte die Engel singen, während ich kurzzeitig vergaß, wie notwendig Sauerstoff für mein Überleben war. Erst als auch das letzte Beben durch meinen Körper gelaufen war, kam ich auf die Idee, wenigstens meinen Kopf anzuheben und nach Luft zu schnappen.

Das war … unerwartet gewesen.

Henry zog mich hoch und drehte mich um. Er wirkte zufrieden, seine grünen Augen funkelten. Ohne ein Wort zu sagen, begann er, mich mit ruppigen Bewegungen auszuziehen. Ich war mir ziemlich sicher, dass er meine Hilfe nicht wollte. Henry diktierte das Geschehen und er wollte keine Einmischungen.

Ich hielt einfach bloß still. Ein Kleidungsstück nach dem anderen landete auf dem Boden, bis ich nackt war. Es prickelte in meinem Schoß und mein ganzer Körper summte nach dem Orgasmus. Bisher hatte Henry mir nicht wirklich wehgetan und da ich so langsam ein Gefühl dafür bekam, wie er tickte und was er brauchte, protestierte ich nicht, als er die Hand erneut in mein Haar grub.

Ja, er war ruppiger als nötig und nicht gerade zärtlich, doch er wusste, was er tat.

Der Zug an meinem Haar ließ keine Zweifel zu, was er wollte. Er brachte mich dazu, auf die Knie zu sinken, und öffnete seinen Hosenschlitz, ohne mich aus den Augen zu lassen.

»Wunderhübsche Titten«, sagte er und sein harter Schwanz federte hervor.

Ich öffnete den Mund, bevor er mich auffordern konnte. Henry lächelte zufrieden und dirigierte seinen Schwanz zu meinen Lippen. In der gleichen Sekunde zog er meinen Kopf zu sich, sodass ich gar keine andere Wahl hatte, als seinen gesamten Schaft zu schlucken und ihn tief in meine Kehle gleiten zu lassen.

Henry stöhnte auf und das Geräusch machte mich an – mehr, als meine anderen Klienten mich jemals angemacht hatten.

»Genau so«, brachte er mit rauer Stimme hervor. »Nimm meinen Schwanz in den Mund. Ich kann kaum abwarten herauszufinden, wie tief du ihn aufnehmen kannst. Ich wette, du schaffst alles. Jeden einzelnen Zentimeter.«

Normalerweise hatte ich nicht viel für die Art von anzüglichen Kommentaren übrig, doch bei Henry war es … anders. Warum, konnte ich beim besten Willen nicht erklären.

Ich benutzte meine Zunge, um ihn zu liebkosen, und würgte leicht, als sich Henry tiefer schob. Das schien ihn anzuspornen, denn er legte die andere Hand unter mein Kinn. Er hielt meinen Kopf mit beiden Händen und begann, meinen Mund zu ficken. Das Tempo war zu schnell, die Stöße zu tief, doch ich protestierte nicht. Speichel tropfte von meinem Kinn, Tränen traten in meine Augen, aber ich machte keine Anstalten, ihn aufzuhalten. Ich hätte die Hände auf seine Oberschenkel legen können oder den Kopf abwenden. Stattdessen hielt ich still.

Ich hob den Blick, schaute zu ihm auf, während er sich immer schneller in meinen Mund rammte und stöhnte.

»So hübsch«, sagte er. »So hübsch und definitiv jeden Penny wert.«

Er beschleunigte sein Tempo und ich machte mich darauf gefasst, gleich sein Sperma zu schlucken, als er sich unvermittelt zurückzog. Mir wurde beinahe schwindelig, so schnell umfasste er meinen Arm und zerrte mich auf die Füße.

Henry schob die Hand zwischen meine Schenkel. »So nass für mich, Lucy? Mich interessiert, wie du schmeckst.«

Meine Augen weiteten sich angesichts seiner Worte. Ich wollte nicht sagen, dass meine Klienten sonst egoistisch waren, aber sie konzentrierten sich in der Regel auf sich selbst. Oralsex für mich stand normalerweise nicht auf dem Programm.

Das schien Henry nicht zu kümmern. Er legte die Hände auf meine Hüften und schob mich nach hinten, bis ich keine andere Wahl mehr hatte, als mich aufs Bett sinken zu lassen.

Ich schnappte schockiert nach Luft, weil er meine Beine über seine Schultern legte und meinen Unterleib näher zu sich zog, bevor er sich über mich hermachte, als wäre ich … ein Festmahl. Eine Delikatesse. Sein Lieblingsgericht.

Ich arbeitete schon lange in diesem Job und hatte verdammt viel gesehen, aber die zufriedenen und zustimmenden Geräusche, die Henry von sich gab, während er mich leckte, trieben mir das Blut in die Wangen.

Und er war geschickt, so unfassbar geschickt. Mehr als geschickt. Vielleicht der beste Liebhaber, den ich je gehabt hatte. Er studierte jede meiner Reaktionen, leckte schneller, saugte fester und lauschte auf mein Stöhnen.

»Oh fuck«, wisperte ich, als er zwei Finger in mich schob, mich mit ihnen fickte und sie in mir krümmte, bis er wieder und wieder über die magische Stelle in meinem Inneren rieb.

Der erste Orgasmus war schon unglaublich gewesen, doch dieser hier ließ mich willenlos werden. Mein ganzer Körper verkrampfte sich, ich nahm bloß am Rande wahr, dass ich meine Schenkel gegen Henrys Kopf presste, während ich unter ihm zitterte. Sein Griff um meine Hüfte festigte sich und er ließ nicht zu, dass ich mich von ihm löste, als der Höhepunkt abebbte und ich zu empfindlich wurde.

»Nicht«, wisperte ich kraftlos.

Aber er hörte nicht auf. Er packte mich fester, bewegte seine Finger schneller und saugte noch fester.