Vance's Vixen - Mia Kingsley - E-Book + Hörbuch

Vance's Vixen E-Book und Hörbuch

Mia Kingsley

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Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Wie du mir, so ich dir! Dummer Zufall Nr. 1: Eine ungeplante Gefangene. Natürlich, ihr wohlgerundeter Körper ist nicht zu verachten, aber ich habe gerade keine Zeit, um mich zu vergnügen – und andere Sorgen. Eigentlich will ich sie nur so schnell wie möglich wieder loswerden, am nächstbesten Straßenrand aussetzen, damit niemand zu Schaden kommt, der nicht zu Schaden kommen soll. Dummer Zufall Nr. 2: Sie sieht mein Gesicht, also ist mein großmütiger Vorsatz, ihr nicht wehzutun, sofort hinfällig. Dummer Zufall Nr. 3: Während ich noch darüber nachdenke, wie ich sie am schnellsten und schmerzlosesten beseitigen kann, versucht ausgerechnet sie, mich zu töten! Oh Querida, du hast dich mit dem Falschen angelegt … »Vance's Vixen« entstand im Herbst 2016 als kostenloser Fortsetzungsroman auf meinem Blog. Die Geschichte ist verrückt, wendungsreich und absolut over the top! Mit garantiertem Happy End und einer unveröffentlichten Bonusgeschichte. Kann unabhängig von »Pratt's Plaything« gelesen werden, für den ungetrübten Lesegenuss ist die vorherige Lektüre jedoch empfehlenswert. Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 336

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Zeit:5 Std. 48 min

Sprecher:Oliver Wronka

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VANCE’S VIXEN

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2016, Deutschland.

Coverfoto: © Mia Kingsley

Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

Einführung

Empfohlene Reihenfolge

I. Vance’s Vixen

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

II. Angie’s Admirer

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Nächster Band der Reihe: Michael’s Mistress

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Über Mia Kingsley

EINFÜHRUNG

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Vance’s Vixen« erschien im Herbst 2016 als Fortsetzung von »Pratt’s Plaything« auf meinem Blog und wurde für die eBook-Version um eine Bonus-Story ergänzt. Es ist nicht zwingend notwendig, »Pratt’s Plaything« gelesen zu haben, erhöht aber den Genuss an der Geschichte. ;)

»Vance’s Vixen« ist vollkommen übertrieben, durchgeknallt und stellenweise ein wenig brutal. Wie schon beim Vorgänger habe ich jede Woche versucht, auf die Anmerkungen der Leser/innen einzugehen und das ist dabei herausgekommen.

Vance ist ein ruchloser Geschäftsmann, der sich seinen Tag wirklich anders vorgestellt hat. Plötzlich steht er Adreana gegenüber und ihr passt es gar nicht in den Kram, einfach entführt zu werden.

In der Geschichte sterben einige Figuren, es kommen explizite Gewalt und ungeschützter, harter Sex vor und die Sprache ist recht deutlich.

Sollte dies nicht deinem Geschmack bzw. deiner Vorstellung einer Liebesgeschichte entsprechen, wäre jetzt der richtige Moment, das Buch zur Seite zu legen. Denn ich werde dich leider nicht glücklich machen können.

Solltest du auf dominante Männer, harte Sexszenen und reichlich Action stehen, wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen!

Deine Mia

EMPFOHLENE REIHENFOLGE

Obwohl »Pratt’s Plaything« als eigenständige Geschichte gelesen werden kann, tauchen die bekannten Figuren in anderen Büchern wieder auf.

Daher empfehle ich für den ultimativen Genuss die folgende Reihenfolge:

Pratt’s Plaything

Vance’s Vixen

Michael’s Mistress

TEILI

VANCE’S VIXEN

KAPITEL1

ADREANA

Ich parkte meinen Wagen hinter dem Supermarkt und hoffte, dass ich damit weit genug von meinem Ziel entfernt war, um nicht frühzeitig erwischt zu werden. Wieder zupfte ich nervös an den dünnen Trägern des kurzen Kleids herum, während ich mich innerlich ermahnte, ruhig zu bleiben. Wenn ich gleich auch auf diese Weise an meinem Outfit zerrte, wusste jeder sofort, dass ich keine Nutte war.

Ich durfte einfach nicht darüber nachdenken, dass ich keinen BH trug und das Kleid nicht mal bis zur Mitte meiner Oberschenkel reichte.

Mit einem tiefen Atemzug stieg ich aus, klemmte die dünne Tasche unter meinen Arm und warf die Autotür zu. Den Schlüssel versteckte ich in dem schmalen Spalt zwischen der Halterung und dem Nummernschild.

Zu Hause hatte ich ein wenig geübt, auf diesen hohen Schuhen zu laufen, und ich bemühte mich, halbwegs authentisch zu wirken, während ich langsam zum Boulevard stöckelte, dem größten Straßenstrich in der Gegend.

Immer wieder ging ich meine Fragen durch.

Hat jemand von euch Angie gesehen? Eine schmale, rotblonde Frau mit einem Hufeisentattoo auf der Schulter? Wie lange ist das in etwa her? Hast du eine Nummer von ihr, oder weißt du, wo ich sie finden kann?

Mein Magen verkrampfte sich, weil das Zeitfenster sich bald schließen würde. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, wenn ich sie nicht fand.

Unwillig schüttelte ich den Gedanken ab. Ich musste sie finden. Ich würde sie finden. Alles würde gut werden.

Vor einem hohen Bordstein blieb ich stehen. Die hatte es in meiner Wohnung beim Üben natürlich nicht gegeben, und ich überlegte, wie ich den Bordstein zusammen mit der absurd tiefen Pfütze davor überwinden sollte. In den letzten Nächten hatte es viel geregnet, und das Schlagloch wirkte, als würde ich bis zur Hüfte darin versinken, wenn ich aus Versehen hineintrat.

Ein Wagen näherte sich mit rasanter Geschwindigkeit und quietschenden Reifen. Hastig trat ich zurück, als er vor mir hielt, damit ich nicht vom Schmutzwasser getroffen wurde, das die Reifen aufwirbelten.

Ein blonder Mann stieg aus. Er musterte mich und gab den Männern, die in diesem Moment aus dem Auto kletterten, ein Zeichen.

Zuerst dachte ich mir nichts dabei, bis sie plötzlich nach mir griffen.

Fuck!

Ich wollte mich wehren, nach ihnen treten – aber sie waren zu viert und ich allein. Leider hatte ich keine Chance. Sie zerrten mich zum Wagen und schubsten mich in den Fond der Limousine.

Das Auto fuhr ebenso schnell an, wie es zum Stehen gekommen war, und wir rasten los.

Innerhalb weniger Sekunden wurde mir eine schwarze Kapuze über den Kopf gezogen und meine Hände vor den Körper gezwungen. In der ungewohnten Haltung verkrampfte mein Nacken, doch ich wagte es nicht, zu protestieren. Stattdessen betete ich, dass sie nicht in meine Tasche sahen, die noch immer unter meinem Arm klemmte.

Die Handschellen rasteten ein. Das viel zu enge, kalte Metall schnitt in meine Haut.

Mit klopfendem Herzen saß ich in der Dunkelheit und wartete. Vielleicht würden sie mir sagen, was sie von mir wollten? Lag eine Verwechslung vor?

Das Schweigen wurde nur vom Atmen der Männer unterbrochen, und ich biss mir auf die Lippen, um nicht in Tränen auszubrechen. Ich musste Angie finden!

Das durfte einfach nicht wahr sein. Sie konnten mich nicht entführen! So eine Scheiße!

Mein Zeitgefühl war schon immer miserabel gewesen. Als der Wagen endlich hielt, konnte ich nicht sagen, ob wir zwei Minuten oder zwei Stunden unterwegs gewesen waren.

Ich hörte, wie die Tür geöffnet wurde, und spürte einen Luftzug. Einer der Männer hob mich auf seine Arme und trug mich; als er mich wieder abstellte, klackten meine Absätze auf dem harten Boden unter mir.

Meine Schultern wurden gepackt. Der feste Griff machte mir klar, dass ich mich nicht bewegen sollte. Die Türklingel ertönte, kurz darauf wurde geöffnet.

Eine dunkle Stimme, die mir unter anderen Umständen einen wohligen Schauer über den Rücken gejagt hätte, bemerkte trocken: »Scheiße.«

Ich wurde vorwärts gedrängt und stolperte mehr, als dass ich ging, weil ich die absurd hohen Schuhe ohnehin schon nicht gewohnt war und zusätzlich nicht sehen konnte, wohin ich trat. Mein Verlangen, mir den Hals zu brechen, hielt sich stark in Grenzen.

»Willst du mich verarschen?« Ein weiterer Mann war anwesend, seine Stimme klang nicht ganz so tief.

Völlig unerwartet bekam ich einen Stoß in den Rücken, strauchelte, aber starke Hände fingen mich auf. Ich spürte einen großen Körper mit festen Muskeln und roch ein durch und durch männliches Parfüm.

»Hier habt ihr eine neue, ich nehme meine Angestellte wieder mit.«

Ich erkannte den Typen, der als Erstes aus dem Wagen gestiegen war – meinen Entführer.

Eine Waffe wurde entsichert.

»Noch einen Schritt weiter, Burns, und ich brauche einen neuen Teppich.«

Großer Gott! Was ging hier eigentlich vor sich? Ich konnte mein Zittern nicht unterdrücken. Der Mann hinter mir umfasste meinen Nacken und meinen linken Oberarm, obwohl ich ganz gut alleine stehen konnte.

»Hayden kommt mit mir«, knurrte mein Entführer.

»Nein. Das tut sie nicht. Du verschwindest auf der Stelle und treibst das Geld auf. Oder hast du es schon zusammen?«, erwiderte der andere.

Mein Entführer keifte wie ein trotziges Kind: »Das hier ist noch nicht vorbei!«

»Verschwinde aus meinem Haus!«

Schritte entfernten sich und mir blieb beinahe das Herz stehen. Sollte ich etwa hierbleiben?

Der große Kerl hinter mir bewegte sich nach vorn, packte jetzt meine Oberarme und schob mich praktisch vorwärts. »Was ist mit ihr?«, brüllte er so laut, dass ich zusammenzuckte.

»Behalte sie, ich habe keine Verwendung für sie!«

»Was? Das kann nicht dein Ernst sein, Burns. Burns! Burns!«

Die Haustür fiel ins Schloss und ein Motor heulte auf. In meinen Augen brannten Tränen.

»Vance, kümmere dich um sie«, befahl der andere Mann.

Okay, ich hatte zumindest einen Namen zu dem festen Griff, der meine Arme umklammerte.

Eine Frauenstimme ertönte: »Das kannst du nicht ernst meinen!«

War sie auch entführt worden? Zum ersten Mal erwachte meine Gegenwehr, und ich versuchte, mich zu befreien.

»Ich meine es ernst, ihr könnt ihr nichts antun!«, sagte sie, als es an der Tür klingelte.

Für einige Sekunden verharrten alle ruhig, dann wurde ich erneut hochgehoben. Die Luft wich aus meinen Lungen, als der Grobian mich über seine Schulter warf.

»Setz dich und sag nicht ein Wort.«

Ich nahm an, dass dies der anderen Frau galt. Selbst wenn ich etwas hätte sagen können, hätte ich nicht gewusst, was. Vance setzte sich in Bewegung und brachte mich aus dem Raum.

Er stieg eine Treppe nach oben, während ich mich wunderte, dass er mich trug, als würde ich gar nichts wiegen.

Dem Geräusch nach zu urteilen, stieß er mit dem Fuß eine Tür auf, bevor er mich ablegte. Der Untergrund gab nach, war weich und gepolstert. Ich streckte die gefesselten Hände aus und ertastete eine Decke, weiter oben ein Kissen.

Es war ein Bett.

Meine Kehle schnürte sich zu. »Wage es ja nicht«, brachte ich hervor und drehte den Kopf in die Richtung, in der ich ihn vermutete.

»Shit«, sagte er. »Ich hatte gedacht, du sprichst vielleicht kein Englisch.«

Obwohl ich nichts sah und in diesem Moment auch nichts hörte, wusste ich instinktiv, dass er näher gekommen war. Ich spürte seine Präsenz.

»Das war ernst gemeint. Fass mich nicht an!«, zischte ich und klang dabei wesentlich widerspenstiger, als ich mich fühlte.

Was Angst war, wusste ich erst in dem Moment, als ich seine starken Finger an meiner Kehle fühlte.

»Sei ruhig. Selbst wenn ich etwas von dir wollen würde, bräuchte ich deine Erlaubnis dazu nicht. Wie willst du dich denn wehren?«, bemerkte er spöttisch und erhöhte den Druck immer weiter.

Großer Gott! Ich war entführt und bei einem Psychopathen abgeliefert worden!

Erst der Gedanke an Angie beruhigte mich. So leicht würde ich nicht aufgeben.

»Mir würde schon was einfallen, um dich fernzuhalten.«

»Selbstverständlich«, spottete er und gab meinen Hals frei.

Ich drehte mich zur Seite und rang nach Luft. Seine Hand strich über meinen Oberschenkel und ich fuhr zusammen.

»Komm schon.« Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton zwischen sarkastisch und neckend. »Zeig mir, wie gut du dich wehren kannst.«

Ich packte sein Handgelenk, er schob die Finger unbeirrt weiter.

Mein Herz drohte vor lauter Aufregung zu platzen, als er kurz vor dem Saum meines Kleides innehielt.

»Wirklich sehr beeindruckend«, murmelte er dicht neben meinem Ohr.

Ich war froh, dass wir durch den Stoff der schwarzen Kapuze getrennt waren. Ein eisiger Schauer lief über meinen Rücken.

»Und jetzt sei ruhig. Ich muss darüber nachdenken, was ich mit dir anstelle.«

KAPITEL2

VANCE

Es wäre vernünftig gewesen, sie zu töten, aber dann hätte ich schon wieder eine Leiche entsorgen müssen. Bisher hatte sie nichts gesehen und maximal ein paar Vornamen aufgeschnappt. Solange sie diese Kapuze trug, konnte ich sie später an irgendeinem Straßenrand absetzen und selbst in den Sonnenuntergang reiten.

Ich brauchte dringend ein wenig Zeit für mich selbst, und je weniger Komplikationen sich mir in den Weg stellten, desto besser.

Da sie wie eine Nutte angezogen war, ging ich davon aus, dass Burns sie vom nächstbesten Straßenstrich eingesammelt hatte.

Ihr ohnehin schon kurzes Kleid war verrutscht und enthüllte den Ansatz ihrer Brustwarzen. Es hätte mich nicht erregen sollen, aber ich wäre ein Unmensch gewesen, wenn ich nicht wenigstens die Kurven ihres Körpers gewürdigt hätte.

Ihre Titten hoben und senkten sich schnell, weil sie Angst hatte. Wenigstens weinte sie nicht.

Weinende Frauen machten mich schwach. Meine Schwester hatte das schon als Kind herausgefunden und gnadenlos ausgenutzt.

Nach einem Blick auf die Uhr ging ich in den Flur, um zu sehen, ob die Luft rein und Igor verschwunden war. Momentan lief nichts nach Plan.

Es tröstete mich, dass ich die Frau wenigstens leicht loswerden konnte und nicht einmal ihren Namen kannte.

Ich ging wieder ins Zimmer und packte ihren Knöchel.

»Hey!«, schrie sie und wollte nach mir treten. »Du sollst die Finger von mir lassen.«

»Du machst hier nicht die Regeln, Querida.«

Glücklicherweise konnte sie nichts sehen, denn als mir klar wurde, dass ich sie soeben als »Liebes« bezeichnet hatte, entglitten mir die Gesichtszüge.

Das musste schlicht am Schlafmangel der letzten Tage liegen. Zu viele Probleme, zu wenige Leute, denen Pratt und ich trauen konnten, die Sache mit Hayden und zu wenig Zeit. Kein Wunder, dass mein Gehirn langsam darunter litt.

Sie reagierte nicht darauf, sondern warf sich auf dem Bett herum, als würde sie damit etwas bezwecken, außer ihr Kleid noch weiter hochzuschieben.

Wieder hob ich sie über meine Schulter, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass ihre Kapuze nicht verrutschen konnte. Ihre schmale Tasche klemmte ich unter meinen Arm und trug meine widerspenstige Fracht wieder nach unten.

»Lass mich runter!«, forderte sie, strampelte und traf mich mit dem Knie beinahe im Gesicht.

Erbost versetzte ich ihr einen Schlag auf den Hintern. Es hallte ordentlich durch den Flur und ich verspürte große Genugtuung. Sie keuchte auf.

»Bastard!«, knurrte sie.

Ihre kehlige Stimme rührte etwas tief in mir, doch ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.

Leider war sie nicht halb so gefügig, wie ich es mir gewünscht hätte, denn sie hörte keineswegs auf, zu strampeln, sondern hatte gelernt, dass es am effektivsten war, mit dem Knie zu arbeiten.

Sie rammte es gegen meine Brust. Es war schmerzhaft, aber auszuhalten. Ich geriet aus dem Schritt und warf eine von Pratts lächerlichen Vasen um, die auf jedem Treppenabsatz standen.

Er nannte es Kunst, ich Geldverschwendung und Staubfänger.

Unten in der Halle beschleunigte ich meine Schritte, weil die wiederholten Hiebe die immer gleiche Stelle trafen, die sich langsam taub anfühlte.

Hinter mir flog die Tür zum Arbeitszimmer auf und Haydens Absätze klickten auf dem Boden. Bevor ich reagieren konnte, stieß die Hexe mir beide Hände in den Rücken, und ich ging mitsamt der Frau über meiner Schulter zu Boden.

Sie landete auf mir und ihre weichen Rundungen pressten sich gegen meinen Körper. Ich bekam meine Arme nicht schnell genug frei, weil ich sie gehalten hatte, damit sie sich nicht verletzte, sonst hätte ich Hayden aufgehalten.

Obwohl ich den Kopf schüttelte, zerrte sie die Kapuze vom Gesicht der Gefangenen.

»Mein Name ist Hayden«, flüsterte sie. »Bitte …«

Ich hatte keine Ahnung, was genau sie sagen wollte, denn endlich kam Pratt und riss sie hoch, verschloss ihren Mund mit seiner Hand.

Am liebsten hätte ich Hayden geohrfeigt. Wie konnte sie nur so dumm sein? War ihr nur im Ansatz klar, was sie getan hatte?

Ich holte schon Luft, um sie zurechtzuweisen, als mir bewusst wurde, dass ich unsere Gefangene – die jetzt unsere Gesichter kannte – noch immer an mich gezogen hielt. Ich ließ sie los und stand auf. Als ich nach ihr greifen wollte, trat sie nach meinem Schienbein. Der spitze Absatz kratzte über meine Haut – das tat verdammt weh!

Von wegen Querida.

Störrische Kratzbürste traf es wohl eher.

Endlich bekam ich ihren Knöchel zu fassen und hielt sie fest. Sie sah mich von unten an. Zorn flackerte in ihren großen, braunen Augen, die vollen Lippen waren empört verzogen – sie wirkte nicht eingeschüchtert, nur sauer.

Die schokoladenbraunen Haare trug sie offen, sie flossen um ihre schmalen Schultern und mussten bis zur Mitte ihres Rückens reichen.

Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Sie war jünger, als ich gedacht hatte, und wirkte viel zu unschuldig für eine Nutte. Kurz glitt ein Hauch von Panik über ihr Gesicht, bevor er durch Trotz ersetzt wurde. Störrisch hob sie das Kinn und funkelte mich an.

Eine kleine Kämpferin – eine Herausforderung, schoss es mir durch den Kopf. Sofort fragte ich mich, was zum Teufel mit mir los war.

»Ich dachte, du wolltest dich darum kümmern!«, knurrte Pratt.

Mit dem Kinn deutete ich auf Hayden. »Willst du mich verarschen? Ich hatte hier alles unter Kontrolle. Was man von dir nicht gerade sagen kann. Schaff sie weg.«

Pratt schnaubte. »Was glaubst du, was ich hier tue?«

Ich bezwang die Unbekannte und zerrte sie hoch, bevor ich sie umdrehte, damit sie mit dem Rücken zu mir stand. Der Ausdruck in ihren Augen machte mir zu schaffen und das konnte ich mir nicht leisten.

Wütend starrte ich Hayden an, während ich meine Arme um unsere Gefangene schlang.

»Kümmere du dich um dein Problem, ich kümmere mich um meins.« Pratt deutete auf die Haustür und ich nickte.

Hayden wurde blass. Ihre Bedenken kamen viel zu spät.

Ich schubste die Unbekannte vor mir her, aus dem Haus bis vor die Beifahrertür meines 1967er Ford Mustangs. Nachdem ich die Tür geöffnet hatte, wartete ich darauf, dass sie einstieg. Sie bewegte sich keinen Millimeter.

»Wird’s bald?«

»Fick dich!«

War ihr klar, dass sie mir gerade einmal bis zur Brust reichte und ich sie mit bloßen Händen umbringen konnte? Von dem Messer und der Waffe, die ich trug, mal ganz zu schweigen.

»Steig ein«, grollte ich.

»Wenn die Hölle zufriert!«

Sie zwang mich tatsächlich dazu, ihren Nacken zu packen und sie mit körperlicher Gewalt auf dem Beifahrersitz zu platzieren.

»Bleib sitzen, oder ich schwöre bei Gott, dass ich …« Ich brach ab, denn ich wusste gar nicht, warum ich mir die Mühe machte, ihr zu drohen. Selbst auf Pratt wirkte ich einschüchternd, und wir kannten uns fast vierzig Jahre.

Ich zog mein Messer hervor, klappte die Klinge aus und drückte sie gegen ihre Haut. Wie hypnotisiert blickte sie auf die Stelle und schluckte, als ich das Messer mit einer leichten Bewegung drehte und den Träger ihres Kleides durchtrennte.

Der Stoff fiel nach unten, ihre Haut war unversehrt. Noch.

»Fangen wir noch einmal an. Schön, dass du dich gesetzt hast. Es wäre nett, wenn du jetzt ruhig sitzen bleibst, während ich einige Dinge aus dem Kofferraum hole. In Ordnung?«

Sie gab mir keine Antwort, nicht einmal ein Nicken. Stattdessen wandte sie den Kopf ab. Aber mir war nicht entgangen, dass sie blasser geworden war.

Als ich die Tür zuwarf, hörte ich deutlich, wie sie »Arschloch« sagte. Sie hatte wirklich Nerven.

Aus dem Kofferraum holte ich ein paar Kabelbinder, ein weiteres Paar Handschellen und öffnete ihre Tasche. Mein Magen drehte sich um, als ich die Polizeimarke sah.

Wenn das nicht typisch Carl Burns war, wusste ich auch nicht mehr weiter. Er schaffte es nicht einmal, eine Nutte zu entführen, sondern erwischte den Undercover-Cop. Die Karten waren soeben neu gemischt worden.

Falls ich sie umbrachte und ihre Leiche gefunden wurde, würden die Ermittlungen um ein Vielfaches ernsthafter betrieben werden als sonst üblich.

Am liebsten hätte ich meine Wut ausgelebt, indem ich irgendjemanden verprügelte. Aber dazu hatte ich keine Zeit.

Ich holte mein Handy aus der Tasche und schickte die Nummer ihrer Marke an einen Freund bei der Polizei, der mich aufklären konnte, mit wem genau ich es zu tun hatte.

Fuck!

Verdammte Kacke!

Fuck! Fuck! Fuck!

Nachdem ich meinen Nacken hatte kreisen lassen, bis er knackte, warf ich ihre Tasche in den Kofferraum und schloss die Klappe.

Ein wenig tröstete mich der Gedanke, dass sie gar keine Nutte war. Die Vorstellung, dass sie mit mehreren Männern am Tag vögelte, war sehr unsexy. Dabei wusste ich, dass ich meine Fantasie gar nicht erst in diese Bahnen lenken sollte.

Als ich mich hinters Lenkrad setzte, vermied sie es, mich anzusehen. Wortlos nahm ich ihre Handgelenke und öffnete die Handschellen, die viel zu eng gewesen waren, und vergewisserte mich, dass sie nun besser saßen, bevor ich sie wieder einrasten ließ.

Sicherheitshalber lehnte ich mich auf ihre Oberschenkel, damit sie nicht wieder auf dumme Ideen kam, und benutzte einen der Kabelbinder dazu, ihre Knöchel zusammenzubinden. Ihre Schuhe wirkten nicht unbedingt, als sollte man damit rennen, aber ich ging lieber auf Nummer sicher.

Nachdem ich das zweite Paar Handschellen am Haltegriff der Beifahrertür befestigt hatte, nutzte ich es dazu, die Unbekannte an die Tür zu fesseln.

Dann startete ich den Motor.

»Wie heißt du?«, wollte ich wissen, während ich darauf wartete, dass das Tor zur Seite glitt.

»Fahr zur Hölle.«

Ich seufzte. »Muss ich erst an den Straßenrand fahren und das Messer wieder rausholen?«

Sie sah mich an und lächelte süßlich. »Chrystal.«

Offenbar war sie geradezu scharf darauf, dass ich ihr zeigte, wie gut ich mit einer Klinge umgehen konnte. Allerdings hatte ich gerade keine Lust und Zeit auf solche Spielchen.

»Okay, Querida, wir müssen uns jetzt überlegen, was ich mit dir mache.«

Sie richtete ihren Blick auf die Straße, und ich bemerkte, dass eine Träne über ihre Wange lief.

Nein! Alles – nur das nicht!

Warum weinte sie denn jetzt? Mit ihrem Zorn hatte ich wesentlich besser umgehen können.

»Du hast da ein bisschen Regen im Gesicht.«

»Boludo«, murmelte sie nur.

»Was?«

»Du bist hier nicht der Einzige, der etwas Spanisch kann.«

Verdammt. Jetzt würde ich nachschlagen müssen, was das Wort bedeutete. Es würde wohl kaum ein Kompliment sein. So viel stand fest.

»Von mir aus. Warum weinst du?«

»Ich bin keine Idiotin. Ich weiß genau, was es bedeutet, dass ich eure Gesichter gesehen habe. Das von Pratt Whyatt ist in New York ja auch so gut wie gar nicht prominent. Spar dir also den Atem und bringen wir es hinter uns.«

Ein Stich fuhr durch meinen Magen, und dabei hatte ich gedacht, dass mein Gewissen lange tot war. Allerdings hatte ich das Gleiche über Pratts Gewissen gedacht, bis er Hayden angeschleppt hatte. Was auch immer da in ihn gefahren war! Sie brachte nur Ärger – so gut konnte der Sex gar nicht sein!

Ein solcher Fehler würde mir niemals unterlaufen. Egal, wie groß und braun Queridas Augen waren.

KAPITEL3

ADREANA

Vance versuchte nicht einmal vorzugeben, dass ich eine Überlebenschance hatte. Wenigstens anstandshalber hätte er lügen können, oder?

Nein, es ist alles okay. Wie war noch gleich deine Adresse? Ich fahre dich nach Hause.

Das war pures Wunschdenken. Vermutlich würde er mich zu einer Baustelle oder dem Flussufer bringen und mir die Kehle durchschneiden. Oder er würde mich mit bloßen Händen erwürgen. Obwohl er ein Jackett trug, hatte ich eine gute Vorstellung davon, wie muskulös er war. Dass seine Kraft reichen würde, um mich einfach so zu töten, bezweifelte ich nicht.

Außerdem hatte ich genug von seinem Körper gespürt, als ich auf ihn gefallen war. Man sollte meinen, dass ein Mann unter einem den Sturz ausreichend abfedern würde, aber ich hätte genauso gut auf dem Steinboden aufkommen können, so hart, wie Vance war.

Eigentlich wollte ich ihn gar nicht betrachten, aber meine Neugier war stärker. Immerhin bestand vielleicht der Bruchteil einer Chance, dass ich ihm entkam und einem Phantombildzeichner erklären musste, wie mein Peiniger ausgesehen hatte.

Ich schätzte ihn auf Ende dreißig oder Anfang vierzig. Es war ein Jammer, dass er ein solches Arschloch war und mich umbringen würde, denn er war verdammt attraktiv.

Seine dunkelblonden Haare waren sorgfältig nach hinten gestylt und ebenso gepflegt wie der kurze Bart, den er trug. Ich hatte genug von ihm erfühlen können, um zu wissen, dass er als Männermodel hätte arbeiten können, wenn ihm daran gelegen wäre, sein Geld auf ehrliche Weise zu verdienen.

Am meisten verwirrte mich, dass er unter dem Jackett eine Anzugweste und ein Shirt trug – von Kansas.

Wer hörte denn heutzutage noch ernsthaft Kansas?

Er drehte den Kopf und erwischte mich beim Starren. Angesichts der Umstände hätte es mir egal sein können, doch das Blut schoss in meine Wangen.

»Was ist?«, fragte er und zog eine Augenbraue hoch.

»Kansas? Ernsthaft?«

Obwohl ein Lächeln seinen schön geschnittenen Mund umspielte, reagierte er nicht darauf. Sondern setzte den Blinker und fuhr in eine breite Auffahrt, die von einem großen Eisentor versperrt wurde.

Er kannte den Code, um es zu öffnen, und lenkte den Wagen hindurch. Nachdem er geparkt hatte, wandte er sich zu mir und legte seinen Arm auf die Rückenlehne meines Sitzes. »Ich muss ein paar Dinge in Erfahrung bringen und bin so schnell wie möglich zurück. Du hast drei Optionen: hier ruhig und brav sitzen bleiben, Betäubungsmittel oder die Zeit im Kofferraum ausharren.«

Ich blinzelte und wartete darauf, dass er über seinen eigenen Witz lachte, aber der Blick aus seinen blauen Augen, die kalt und neutral auf mir lagen, versicherte mir, dass er keinen Scherz gemacht hatte.

Meine Zunge war wie gelähmt und ich konnte ihn nur stumm anstarren.

»Ach, Querida«, sagte er und strich mit den Fingerknöcheln zart über meine Wange.

»Hier sitzen bleiben«, würgte ich hervor und versuchte, nicht zu sehr zu zittern.

»Brauchst du eine Auffrischung, was passiert, wenn du nicht ruhig und brav bist?«, wollte er wissen.

Obwohl das Geräusch der hervorschnellenden Messerklinge nicht laut war, zuckte ich zusammen. »Nein.«

»Gut. Ich bin gleich wieder da.« Er stieg aus, und als er sich aufrichtete, sah ich die Waffe unter dem Jackett.

Demotiviert ließ ich den Kopf sinken. Wie sollte ich diese Angelegenheit überleben und Angie retten?

Ganze elf Sekunden erlaubte ich es mir, mich im Selbstmitleid zu suhlen. So lange dauerte es, bis Vance im Haus verschwunden war.

Es war unglaublich umständlich, aber ich schaffte es trotz der Handschellen, die an der Tür befestigt waren, mich so weit nach vorne zu beugen, dass ich meinen Hinterkopf erreichte.

Nicht zum ersten Mal half mir die alten Angewohnheit, immer eine oder zwei Haarnadeln dabeizuhaben. Zwar hatte ich eher damit gerechnet, von der Polizei geschnappt zu werden und nicht von ein paar Psychopathen, aber Handschellen waren Handschellen.

Ich war nicht mehr ganz so schnell wie als Teenager, trotzdem bekam ich sie problemlos auf. Das erste Paar, das meine Hände aneinandergefesselt hatte, zumindest. Das zweite Paar klemmte und ich geriet in Panik. Der Mechanismus musste sich verhakt haben. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie viel Zeit mir noch blieb.

Probehalber zerrte ich an der Türverkleidung und hörte ein leichtes Knirschen, als sie nachgab. Ohne zu zögern, stemmte ich die Füße gegen die Innenseite und riss, so stark ich konnte. Nach dem vierten Versuch baumelte sie an der Handschelle herab.

Ich tastete unter dem Sitz herum, bis ich etwas unter den Fingerkuppen hatte, das sich verdächtig nach einem Messer anfühlte. Es hätte mich auch gewundert, wenn Vance keinen Ersatz hier versteckt hätte.

Ich säbelte die Kabelbinder an meinen Füßen durch und schlüpfte aus den Schuhen. Während ich die Autotür öffnete, überlegte ich, wie ich die Verkleidung loswerden konnte, ohne mir die Hand abzuhacken. Das Messer ließ ich fallen, denn ich hatte in der Vergangenheit auf schmerzhafte Weise gelernt, mich nie mit einer Waffe erwischen zu lassen.

Weil ich es nicht wagte, durch die Haustür zu gehen, und den großen Zaun gesehen hatte, der das Grundstück umgab, schlich ich zur Rückseite.

Ich hatte zum ersten Mal heute Glück und stieß auf eine offene Tür, die in eine große, verlassene Küche führte. Über der Arbeitsfläche hingen sauber aufgereiht verschiedene Werkzeuge, unter anderem ein schwerer Fleischklopfer aus Metall.

Mir blieb keine Zeit. Ich griff danach, legte meine Hand und die Innenverkleidung der Tür auf die Arbeitsplatte und presste die Lippen ängstlich aufeinander. Da der Mechanismus verzogen war, hoffte ich das Beste und schlug so fest ich konnte auf die Fessel.

Beim dritten Versuch sprang sie auf und ich atmete aus. Mir war nicht klar gewesen, dass ich die Luft angehalten hatte. Ich ließ die Sachen achtlos liegen und schlich zur Tür. Ein Telefon – ich brauchte ein Telefon.

Die Tür zum Inneren des Hauses besaß ein Bullauge, durch das ich sah, indem ich mich auf die Zehenspitzen stellte. Ein leerer Flur lag vor mir, aus dem mehr Treppen nach oben und unten führten als in Hogwarts.

Leider konnte ich weit und breit kein Telefon, Handy oder wenigstens einen Computer sehen. Ich lehnte mich ganz gegen die Tür, damit ich mehr sehen konnte.

Sollte ich nach oben oder unten gehen? Wie lange hatte ich noch, bis Vance mein Verschwinden bemerkte und mich suchte? Er wusste, dass ich das Grundstück nicht verlassen konnte und auf ein Versteck angewiesen war.

Durch die Grübelei verlor ich wertvolle Sekunden. Schließlich stieß ich die Tür auf und eilte bis zum Ende des Flurs. Gerade als ich die Treppe nach oben nehmen wollte, flog die Eingangstür auf.

Hastig drückte ich mich in den Schatten an der Wand, weil Vance mit geballten Fäusten hereinkam.

Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er sehr an der Innenverkleidung des Wagens gehangen. Sein Pech.

Neben mir führte eine grobe Steintreppe nach unten und ich folgte ihr. Mein Herz schlug wie verrückt, aber ich war so darauf fixiert, dass ich hier rauskommen und Angie retten musste – mein Kopf war vollkommen klar.

Deswegen setzte sich auch sofort das Bild zusammen, als ich die Räume im Keller passierte. Leder, Ketten, Fesselutensilien und Schlaginstrumente – ich war in einem verdammten Dungeon.

Schritte polterten hinter mir, und ich glitt um die nächste Ecke, während ich Ausschau nach einem Versteck hielt.

Wer auch immer hinter mir war, beschleunigte sein Tempo und drängte mich damit zur Hast.

Ich schlüpfte durch die erstbeste Tür und schloss sie so leise wie möglich hinter mir. Zitternd lehnte ich die Stirn gegen das mit Leder bezogene Holz und betete, dass er mich nicht gesehen hatte.

Das Blut gefror in meinen Adern, als Vances Parfüm in meine Nase stieg. Ich spürte die Hitze seines Körpers in meinem Rücken und er stützte seine Hände rechts und links neben meinem Kopf ab. Offenbar gab es in diesem Raum noch eine zweite Tür und wer auch immer in dem Flur hinter mir hergelaufen war – Vance war es nicht gewesen.

»Ich mag mein verficktes Auto, Querida.«

Meine Knie gaben vor Angst nach. Er fing mich auf, packte meine Arme und zwang mich dazu, mich umzudrehen. Er presste mich mit dem Rücken gegen die Tür und legte die Hand um meine Kehle.

»Du fängst an, meine Geduld arg überzustrapazieren.«

Ich starrte ihn aus großen Augen an und nickte, als hätte er vollkommen recht, während ich abschätzte, ob die Länge meines Arms reichen würde, um an seine Waffe zu kommen. Er befand sich recht nah vor mir, deshalb war es einen Versuch wert.

Ich war schnell, aber Vance stand mir in Nichts nach. Zwar schaffte ich es, die Finger um die Waffe zu schließen, doch im gleichen Moment umklammerte er mein Handgelenk und schmetterte es gegen die Wand, dass ich fürchtete, es mir gebrochen zu haben.

»Nenn mir einen verfickten Grund, warum ich dich nicht sofort töten sollte!«, knurrte er, sein Gesicht nur Millimeter vor meinem.

Ein Grund, denk nach, Adreana, nur ein Grund!

Es kostete mich Überwindung, aber ich schloss die Augen und presste meine Lippen auf seine. Einen Versuch war es wert.

KAPITEL4

VANCE

Sie schmeckte nach Sünde. Trotzdem unterbrach ich den Kuss sofort und wand ihr die Pistole aus den Fingern. Es wäre leichtsinnig gewesen, das nicht zu tun.

Adreana starrte mich an, den Mund leicht geöffnet und die Augen aufgerissen.

Irgendwo in meinem Hinterkopf meldete sich eine Stimme, die mich daran erinnerte, warum ich ursprünglich zur Mansion gefahren war.

Um dafür zu sorgen, dass ihre Leiche nicht gefunden wird.

Ich kannte einen Bestatter, der praktisch seine gesamte Freizeit hier verbrachte und den ich mit ein bisschen Geld dazu bringen konnte, mich ins Krematorium zu schmuggeln.

Nachdem ich die Waffe wieder an ihren Platz gesteckt hatte, packte ich Adreanas Handgelenke und umfasste sie hinter ihrem Rücken mit einer Hand.

Was hatte ich noch gleich tun wollen?

Aus einem mir nicht erklärlichen Grund konnte ich nicht klar denken. Stattdessen starrte ich auf ihre vollen Lippen, beobachtete, wie ihre Brüste sich schnell hoben und senkten und ihr Puls unter der Haut pochte.

Es wurde Zeit, mich um das Problem zu kümmern.

Mir wurde bewusst, dass es sie nicht umbringen würde, wenn ich meine andere Hand in ihre Haare schob und ihren Kopf nach hinten zwang. Trotzdem tat ich es und küsste sie.

Dieses Mal allerdings zu meinen Bedingungen und wesentlich weniger sanft, als sie es getan hatte. Ich eroberte ihren Mund und kostete ihren Geschmack, während ich sie gegen die Tür presste, damit sie mir nicht ausweichen konnte.

Als ich sie danach ansah, waren ihre Lippen gerötet, und sie schluckte schwer.

Ich ließ mein Gespräch mit Pratt Revue passieren. Er war weich geworden – alles Haydens Schuld, wenn man mich fragte. Seiner Meinung nach konnte ich Querida laufen lassen, wenn ich mir sicher war, dass sie uns nicht bei den Bullen verpfeifen würde.

Ihre braunen Augen verrieten nicht, was sie dachte. Die körperliche Aufregung konnte ich sehen, aber ich war nicht dumm genug, zu glauben, dass ich dadurch wusste, was in ihrem hübschen Köpfchen vor sich ging.

Wie stellte sich Pratt das vor? Sollte ich ihr ein halbherziges Versprechen abnehmen und sie dann zu ihrem Appartement fahren?

Womöglich wartete ihre Katze schon auf sie … oder ihr Freund.

Der Gedanke missfiel mir. So schnell konnte ich sie nicht freigeben. Ihr war immerhin nicht zu trauen.

»Reicht das als Grund?«, fragte sie spöttisch und unterbrach meine Überlegungen.

»Nicht einmal im Ansatz.«

Offenbar glaubte sie mir nicht, denn sie zog nur ihre Augenbraue hoch. Sofort ärgerte ich mich, dass ich geantwortet hatte. Adreana war meine Gefangene, und ich konnte mit ihr machen, was ich wollte. Ganz sicher war ich ihr keine Rechenschaft schuldig.

»Was willst du dann? Ich habe nichts gesehen und kann Geheimnisse unglaublich gut für mich behalten.« Sie lächelte mich gewinnend an.

Mir fiel auf, dass ich sie nach wie vor festhielt und gegen die Tür presste, aber ich konnte mich nicht überwinden, sie loszulassen.

»Die erste Frage ist, was ich mit dir mache, weil du mein Auto auseinandergenommen hast.«

Ihr Lächeln bröckelte nicht einmal. »Das ist nur ein Haufen Blech, und dem Schnitt deines Anzugs nach hast du genug Geld, um ihn reparieren zu lassen.«

Es tat mir in der Seele weh, dass sie meinen heiß geliebten Wagen als Schrotthaufen bezeichnete. Sofort juckte es mir in den Fingern, sie zu erwürgen. Allein die Kratzer im Lack trieben mir beinahe die Tränen in die Augen.

»Du solltest Angst haben«, informierte ich sie.

»Wovor? Vor dir?«

Das Jucken in meinen Fingern wurde stärker, und ich war froh, dass meine Hände damit beschäftigt waren, sie festzuhalten. »Weißt du, wo du hier bist?«

Sie rollte mit den Augen. »Natürlich. Denkst du eigentlich, ich bin blöd? Das ist ein Dungeon. Etwas über meiner üblichen Preisklasse, weshalb ich noch nie hier war, aber durchaus ansprechend gestaltet.«

Mein Herz schlug schneller. Über ihrer üblichen Preisklasse? Was sollte das heißen?

Verdammt! Sonst war ich schlagfertig und gewitzt, aber in ihrer Gegenwart herrschte gähnende Leere in meinem Kopf.

Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis mein Sprachzentrum mir endlich wieder gehorchte.

»Ich glaube dir kein Wort. Ehrlich gesagt denke ich eher, dass du versuchst, mich zu manipulieren. Du sagst das, was ich deiner Meinung nach hören will.«

»Du willst also hören, wie kinky ich bin?« Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen.

Schon wieder fühlte ich mich benebelt und verwirrt – ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich mich ihrem Bann entziehen sollte.

Es erschien mir leichter, sie einfach wieder zu küssen, statt mit ihr zu diskutieren. Ich spürte, dass sie versuchte, den Kopf zur Seite zu drehen, aber ich hinderte sie mit meinem festen Griff daran.

Ich drang mit der Zunge in ihren Mund und nach wenigen Augenblicken wurde sie deutlich gefügiger. Ihr Ächzen löste heftiges Verlangen in mir aus.

Obwohl der Kuss mich ablenkte, musste ich an ihre Worte denken, und die Neugier nagte unermüdlich an mir.

Während ich ihr fest in die Augen sah, fragte ich: »Und? Bist du es?«

»Vielleicht. Aber was hätte ich davon, es dir zu sagen? Für dich bin ich nur etwas zwischen einer Bedrohung und einer Belastung.«

Primär war sie für mich im Moment eine Ablenkung, die ich nicht gebrauchen konnte. Ablenkung und Versuchung gleichermaßen.

Der Teufel auf meiner Schulter räusperte sich lautstark und flüsterte kleine Gemeinheiten in mein Ohr.

»Wäre es dann nicht noch angebrachter, wenn du versuchen würdest, mir zu gefallen, Querida?«

»Sehe ich aus wie Everybody’s Darling?«, zischte sie und rümpfte die Nase.

»Deine Argumentation, dich am Leben zu lassen, überzeugt mich momentan überhaupt nicht.«

»Natürlich nicht. Deshalb hast du mich auch noch einmal geküsst – weil es dir nicht gefallen hat, nehme ich an.«

Der Spott in ihren Worten trieb mich zur Weißglut. Diese verdammte Hexe!

»Es war in Ordnung«, behauptete ich und ließ sie los. »Lass uns gehen.«

»Wohin? Hier ist es doch schön.« Mit dem Arm beschrieb sie den Raum samt der Schlaginstrumente an den Wänden und dem riesigen Bett in der Mitte.

Es war nicht so, als hätte der Gedanke, sie zu vögeln, nicht schon mein Bewusstsein erreicht. Aber ich wusste, dass es ein Fehler wäre. Pratt hatte sich in den letzten Tagen in einen liebeskranken Hund verwandelt, und ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, ihn nachzuahmen.

»Spar dir die Mühe«, sagte ich und packte ihren Oberarm. Es hatte keinen Sinn, das Ganze noch hinauszuzögern.

»Warte!« Hastig wand sie sich aus meinem Griff und hob die Hände. »Okay. Ich beweise es dir, aber nur, wenn du versprichst, ein paar Schritte Abstand zu halten.«

Sie ging nach hinten, brachte knappe zwei Meter zwischen uns, bevor sie seufzte. »Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich tue.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und zog den Saum ihres Kleides hoch, bis ich einen Blick auf ihren nackten Po erhaschen konnte. Er war genauso rund und wohlgeformt, wie ich es nach der Silhouette unter dem Stoff vermutet hatte.

Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass er deutlich sichtbare Striemen tragen würde, die maximal vier oder fünf Tage alt waren.

Adreana drehte sich um und zog das Kleid ein wenig nach unten. »Ich bin keine Lügnerin.«

»Wer war das?«

Es gab tausend sinnvollere Fragen – warum entschied ich mich ausgerechnet für diese?

»Mein Dom.« Sie zuckte mit den Achseln, als wäre das eine befriedigende Erklärung.

Wieder gab es Fragen, die ich ihr stellen sollte, und wieder entschied ich mich für eine unwichtige, die für mich allerdings extrem wichtig zu sein schien. »Dein Freund?«

»Um Himmels willen. Nein. Beziehungen mögen schön und gut sein, aber nicht für mich. Wir treffen uns alle paar Wochen und – na ja, du wirst es dir denken können.« Mit der Hand strich sie ihre langen Haare nach hinten und plötzlich vermisste ich das Gefühl der seidigen Strähnen unter meinen Fingern.

Ich musterte sie mit schräg gelegtem Kopf und überlegte, was ich mit ihr anfangen sollte. Mit einem Mal erschien es mir interessanter, sie mit zu mir zu nehmen und herauszufinden, wer sie war und welchen Plan sie verfolgte, als sie zu töten.

Wobei mir vollkommen klar war, dass ihr Tod wesentlich weniger Umstände machen würde.

»Ich kann zwar keine Gedanken lesen, aber dein Gesicht sieht nicht aus, als würde mir gefallen, was du vorhast.« Adreana wich noch einen Schritt zurück.

Ein kleines, böses Lächeln gestattete ich mir, bevor ich nickte. »Ich glaube, ich behalte dich.«

Sie lachte auf, trocken und humorlos. »Das kannst du dir gleich wieder abschminken.«

»Warum? Ich nehme dich mit zu mir, und du gibst dir Mühe, mich zu überzeugen, dass du lebendig wertvoller bist als tot.«

»Ich habe heute Morgen im Wetterbericht gar nicht gehört, dass die Hölle zugefroren ist – denn das müsste passieren, damit dein Wunsch in Erfüllung geht.«

»Das war kein Wunsch, Querida. Ich habe nicht vor, dich nach deinem Einverständnis zu fragen. Weder jetzt noch jemals.«

Sie wurde kurz blass, dann erschienen rote Flecken auf ihren Wangen, die von ihrer Wut zeugten. »Glaub ja nicht, dass ich es dir leicht machen würde!«

»Wo wäre denn da der Spaß?« Ich folgte ihr und beobachtete amüsiert, wie sie sich hinter dem Bett in Sicherheit brachte und dabei einen Rohrstock von der Wand nahm.

»Ich hoffe, du magst Platzwunden«, fauchte sie.

»Überschätz dich nicht«, gab ich zurück und setzte mich mit dem Rücken zu ihr auf die andere Bettseite. »Und jetzt komm her zu mir.«

»Ich denke ja nicht einmal dran!«

»Adreana«, begann ich, aber sie fuhr mir dazwischen.

»Woher weißt du meinen Namen?«

»Ich weiß halt viel.«

Sie lachte leise. »Das wage ich zu bezweifeln. Du hast die Marke gefunden. Viel Glück damit.«

»Du bist wenigstens keine Nutte. Das ist gut zu wissen.« Ich beobachtete ihren Schatten, damit ich es sah, falls sie sich entschied, nach mir zu schlagen.

»Warum? Ach so, warte, lass mich raten: Du teilst nicht gern, blablabla. Richtig?«

Wie schaffte sie es nur, mich jedes Mal aufs Neue mit so wenigen Worten zu provozieren, bis ich sie erwürgen wollte?

Ich warf ihr über die Schulter einen Blick zu. »Du sollst zu mir kommen. Noch einmal werde ich es nicht sagen.«