SEAL Daddies - Mia Kingsley - E-Book + Hörbuch

SEAL Daddies E-Book und Hörbuch

Mia Kingsley

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Beschreibung

Alle vier Teile der "SEAL Daddies"-Reihe erstmals in einem Band.   Band 1: Guarding Penny Was ist noch nerviger als ein älterer Bruder, der glaubt, es sei fürsorglich, mich ständig herumzukommandieren? Sein bester Freund, der sich zu meinem persönlichen Babysitter ernannt hat, den ich mit Anfang zwanzig nun wirklich nicht mehr brauche. Weil mein Bruder nicht im Land ist, habe ich jetzt Winslow am Hals. Ja, er mag ein attraktiver, muskulöser SEAL sein, der angeblich nur mein Bestes im Sinn hat – trotzdem ist und bleibt er eine verdammte Nervensäge.   Band 2: Claiming Samantha Lasst uns eine Überraschungsparty veranstalten, haben sie gesagt. Das wird lustig, haben sie gesagt. Dieser Brian muss als Kind zu oft auf den Kopf gefallen sein. Anders kann ich mir seinen größten Traum, einmal entführt zu werden, wirklich nicht erklären. Und wer darf im Auftrag seiner Freundin die Entführerin spielen? Ich natürlich, denn Brian und ich kennen uns bisher nicht. Dass dieser Plan nicht ansatzweise ausgereift ist, scheint niemanden in meinem Freundeskreis zu stören. Letztendlich überrascht allerdings sogar mich, wie viel genau schiefläuft. Denn ich entführe den falschen Kerl – und er hat Verstärkung …   Band 3: Securing Emmy Als ich herausfand, dass mein Vater mich ohne mein Wissen als Drogenkurierin benutzt, weigerte ich mich sofort, weiterhin für ihn zu arbeiten. Allerdings stellt es sich als extrem schwierig heraus, dem größten Gangster in einer kleinen Stadt aus dem Weg zu gehen. Die alte Farm mitten in der Einöde steht seit Ewigkeiten leer, und ich war mir sicher, dass mich niemand dort aufspüren würde. Das perfekte Versteck. Dachte ich. Allerdings kommen die drei Hausbesitzer unerwartet zurück und sind alles andere als begeistert, eine Einbrecherin vorzufinden …   Band 4: Stealing Victoria Ein Date. Mehr nicht. Offensichtlich haben wir extrem unterschiedliche Vorstellungen davon, was einen guten Abend ausmacht – oder dieser Kerl kann nicht mit Zurückweisung umgehen. Wenn er sich bei unserer Verabredung nur ansatzweise so viel Mühe gegeben hätte wie mit … all dem hier, hätte ich eventuell in Betracht gezogen, noch einmal mit ihm auszugehen. Er hat mir vier überambitionierte Söldner auf den Hals gehetzt. Vier ehemalige SEALs, die der Überzeugung sind, ich sei in die Fänge gefährlicher Krimineller geraten und müsse gerettet werden. Ich fürchte, damit sie mir glauben, muss ich so gut verhandeln wie noch nie in meinem Leben …   SEAL Daddies. Daddy-Dom-Kurzgeschichten, ausnahmsweise nicht DARK – dafür mit dermaßen süßen Happy Ends, dass Zahnärzte sie nicht empfehlen. Eindeutige Szenen und deutliche Sprache. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Daddy oder Dom.


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Seitenzahl: 284

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Zeit:6 Std. 32 min

Sprecher:Fanny Bechert
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Beliebtheit




SEAL DADDIES

SAMMELBAND

MIA KINGSLEY

DADDY ROMANCE

INHALT

Guarding Penny

Guarding Penny

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Claiming Samantha

Claiming Samantha

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Securing Emmy

Securing Emmy

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Stealing Victoria

Stealing Victoria

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

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Über Mia Kingsley

Copyright: Mia Kingsley, 2019, Deutschland.

Gesamtausgabe: Mia Kingsley, 2021, Deutschland.

Coverfoto: © Leigh Prather – stock.adobe.com

© dmstudio – istockphoto.com

Korrektorat: Laura Gosemann

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

GUARDING PENNY

GUARDING PENNY

Was ist noch nerviger als ein älterer Bruder, der glaubt, es sei fürsorglich, mich ständig herumzukommandieren?

Sein bester Freund, der sich zu meinem persönlichen Babysitter ernannt hat, den ich mit Anfang zwanzig nun wirklich nicht mehr brauche.

Weil mein Bruder nicht im Land ist, habe ich jetzt Winslow am Hals. Ja, er mag ein attraktiver, muskulöser SEAL sein, der angeblich nur mein Bestes im Sinn hat – trotzdem ist und bleibt er eine verdammte Nervensäge.

SEAL Daddies. Daddy-Dom-Kurzgeschichten, ausnahmsweise nicht DARK – dafür mit dermaßen süßen Happy Ends, dass Zahnärzte sie nicht empfehlen. Eindeutige Szenen und deutliche Sprache. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Daddy oder Dom.

KAPITEL1

WINSLOW

Mit einem flehenden Ausdruck in den Augen sah mein bester Freund mich an. Was sollte ich tun? Mir blieb nichts anderes übrig, als mir ein Lächeln ins Gesicht zu zwingen und zu lügen, dass sich die Balken bogen. »Klar, gar kein Problem.«

»Wirklich nicht?« Dillan wirkte so erleichtert, dass ich mich noch schäbiger fühlte.

»Natürlich nicht. Ich werfe ein Auge auf Penny und sage dir Bescheid. Es ist bestimmt nichts.«

»Ich weiß nicht.« Er wischte sich mit der Hand übers Haar, das er aus praktischen Gründen stets kurz geschoren hielt, und das schabende Geräusch erinnerte mich daran, wie sehr ich ihn schon bald vermissen würde. »Sie klang bei unseren letzten Gesprächen, als würde sie mir etwas verheimlichen.«

Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Kumpel, deine Schwester ist zweiundzwanzig. Willst du wirklich, dass sie dir jedes Detail offenbart? Mit wem sie ausgeht beispielsweise?«

Dillans Augen, die ebenso strahlend grün waren wie die seiner Schwester, weiteten sich. »Du meinst, sie geht mit jemandem aus?«

Hoffentlich nicht. Den Gedanken ertrage ich nicht.

Statt die Wahrheit zu sagen, zuckte ich mit den Achseln. »Sie ist deine Schwester. Solltest du das nicht besser wissen?«

»Es ist achtzehn Monate her, dass ich sie zum letzten Mal gesehen habe. In der Zeit kann viel passieren. Ich meine … Sie könnte ein Kind bekommen haben, ohne mir davon erzählt zu haben.« Dillan wirkte am Boden zerstört.

Trotzdem war ich bereit, meine Hand dafür ins Feuer zu legen, dass seine Horrorvorstellung viel verheerender für meinen Blutdruck war als für seinen.

»Eine Bitte habe ich noch.«

Ich hob den Blick. »Immer raus damit.«

»Kannst du ihr schonend beibringen, dass ich noch hierbleibe? Ich habe es am Telefon nicht über mich gebracht, es ihr zu beichten.«

Ein eisiger Klumpen lag in meiner Magengegend – aus mehreren Gründen. Zum einen erinnerte mich Dillans neuer Auftrag daran, dass meine eigene Karriere ein jähes Ende gefunden hatte, und zum anderen hatte ich eigentlich nicht vorgehabt, aktiv mit Penny zu reden.

Ich hatte gedacht, am Haus der Geschwister Francis vorbeizufahren, sicherzugehen, dass Penny gesund war, und wieder zu verschwinden.

Schon bevor Dillan und ich nach Somalia aufgebrochen waren, hatte ich zunehmend Probleme gehabt, mich von Penny fernzuhalten. Sie war alles, was ich mir von einer Frau wünschte. Allerdings war sie auch die jüngere Schwester meines besten Freundes, der mir schon vor Jahren das Versprechen abgenommen hatte, niemals auch nur den kleinen Finger nach ihr auszustrecken.

Und jetzt wollte er, dass ich zu ihr fuhr. Wir würden alleine sein. Nur wir beide.

Es sei denn, sie hatte inzwischen tatsächlich Mann und Kind.

Die Vorstellung allein war wie ein Schlag in die Magengrube.

»Du bist so ruhig.« Dillan beäugte mich. »Alles in Ordnung?«

»Was denkst du denn? Meinst du vielleicht, ich will nach Hause?« Wie auf Kommando meldete sich mein Knie, und ich verlagerte mein Gewicht auf das andere Bein.

»Du könntest einen administrativen Posten übernehmen …«, begann Dillan.

Ich winkte sofort ab. »Hinter einem Schreibtisch versauern kann ich auch zu Hause. Ich werde mir Tonys Angebot, für seine Firma zu arbeiten, in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.«

»Mach das. Willst du noch ein letztes lauwarmes Bier? Der Flieger geht erst in vier Stunden, oder?«

»Ich glaube nicht, dass ein einzelnes Bier reicht, um mich vergessen zu lassen, wie sehr ich fliegen hasse.«

Oder dass meine erste Aufgabe sein wird, bei Penny vorbeizuschauen.

»Alles klar. Komm mit, und ich fülle dich ab.«

KAPITEL2

PENNY

Während ich mir mit dem Kugelschreiber gegen die Unterlippe klopfte, blätterte ich drei Seiten zurück. Wo hatte ich das Zitat noch gleich gesehen?

Ich wusste, dass Professor Samson jeden durchfallen ließ, der nicht mindestens ein vierseitiges Quellenverzeichnis zu bieten hatte. Bisher war ich davon weit entfernt und brauchte dringend mehr Literaturangaben. Jedes Zitat, das ich verwenden konnte, würde ich in meinen Text quetschen. Meine Entschlossenheit, eine gute Note für den Essay zu bekommen, kannte keine Grenzen.

Als es an der Tür klingelte, schaute ich überrascht auf. Die kleine Uhr in der oberen Ecke meines Laptop-Bildschirms verkündete, dass es gerade kurz nach zwanzig Uhr war. Da ich keine Besucher erwartete, vergewisserte ich mich, dass der Baseballschläger neben der Tür stand, als ich durch den Flur ging.

Draußen war es dunkel, da ich noch nicht dazu gekommen war, die Lampe auf der Veranda auszutauschen. Seit mein Bruder mit den SEALs auf Tour war, hatte ich erst so richtig gemerkt, wie alt das Haus war, das wir von unseren Eltern geerbt hatten. Ständig ging etwas kaputt, musste ersetzt und erneuert werden. Das Haus fraß mir förmlich die Haare vom Kopf, und ich stand kurz vor der Kapitulation, weil ich vieles nicht selbst machen konnte. Allerdings konnte ich mir auch nicht die Dienste eines Handwerkers leisten. Es war ein regelrechter Teufelskreis.

Mit einem Seufzen öffnete ich die Haustür. Ich erwartete meine alte Nachbarin Dorothy, die sich etwas leihen wollte, was ich nicht hatte. Butter oder eine übertrieben große Anzahl Eier.

Oder meinen Ex-Freund Parker. Wir waren Kumpel geblieben, und manchmal kam er nach dem Footballtraining mit einer Pizza vorbei.

Winslow Labrecque, der beste Freund meines Bruders, war so ziemlich der letzte Mensch, den ich erwartete.

Er sollte mit Dillan irgendwo in Afrika sein. Wo genau war streng geheim. Mein Herz klopfte schneller, während ich Winslow anstarrte. Seine große, muskulöse Gestalt war mir bestens vertraut. Er hatte eine Hand gegen den Türrahmen gestützt und lehnte sich in meine Richtung. Der unangenehm berührte Gesichtsausdruck war allerdings neu. Winslow sah aus, als wäre er überall lieber als hier.

Mein Gehirn feuerte die Gedanken so schnell hintereinander ab, dass ich kaum reagieren konnte. Dillan und Winslow hatten sich gemeinsam bei den SEALs beworben, waren beide genommen worden und hatten etliche Missionen zusammen absolviert. Sie waren nach Afrika gereist, und die achtzehn Monate, die sie weg sein sollten, neigten sich dem Ende zu. Winslow war hier. Mein Bruder nicht. Winslow sah aus, als hätte er etwas Unangenehmes zu sagen.

Meine Augen füllten sich mit Tränen. Großer Gott. Dillan war tot, und Winslow war gekommen, um es mir zu sagen. Mein schlimmster Albtraum hatte sich bewahrheitet.

Nein, mein schlimmster Albtraum war es gewesen, sie beide zu verlieren.

Dillan. Oh Gott.

Ich begann zu heulen, beide Hände vors Gesicht gepresst. Laute Schluchzer ließen meine Schultern erzittern.

»Fuck, Penelope, was ist los?«, wollte Winslow mit rauer Stimme wissen.

»W-w-wa-was lo-ho-ho-hos ist? Dillan ist to-ho-ho-hot, und du fragst so blöd?«, schluchzte ich mit bebender Stimme.

»Dillan ist tot?«, brüllte Winslow und wirkte vollkommen entsetzt. »Wann ist das passiert?«

Ich war verwirrt. »Bist du nicht deswegen hier?«

»Was? Nein.« Er starrte mich an, als hätte ich vollkommen den Verstand verloren. »Ich bin hier, weil Dillan wollte, dass ich nach dir sehe.«

Meine Gefühle kamen kaum hinterher. Ich wischte mir mit beiden Händen durchs Gesicht und zog die Nase hoch. »Mein Bruder ist nicht tot?«

»Scheiße. Nein.« Winslow schüttelte den Kopf. »Kann ich vielleicht reinkommen?«

»Ähm, klar.« Ich fühlte mich wie eine Idiotin. Mir war nicht klar gewesen, wie sehr die letzten Monate alleine in dem alten Haus zusammen mit dem Arbeitspensum für die Uni und um Geld zu verdienen offensichtlich an mir gezerrt hatten. Seit das Auto kaputtgegangen war, fühlte ich mich vollkommen aufgeschmissen. Ich hatte wirklich gedacht, Winslow wäre gekommen, um mir die schlechten Neuigkeiten persönlich zu überbringen.

Er kam herein und musterte sofort mit gerunzelter Stirn die ausgebrannte Glühbirne an der Wand. Das Licht auf der Veranda war leider nicht das einzig defekte.

»Möchtest du etwas trinken?«, fragte ich und kämpfte noch darum, meine Fassung wiederzuerlangen.

Winslow nickte und folgte mir in die Küche. Ich hatte den Eindruck, dass er jeden Mangel am Haus wahrnahm. Den Wasserfleck an der Wand im Wohnzimmer, wo es im Winter reingeregnet hatte, den defekten Fensterrahmen in der Küche.

Dann schaute er über meine Schulter in den Kühlschrank. Außer einer einsamen Dose Sprite und Leitungswasser hatte ich nichts anzubieten.

»Ich wusste nicht, dass du kommst«, sagte ich ausweichend. »Ich wollte morgen einkaufen gehen.«

Oder eher nächste Woche, wenn mein Gehalt ausgezahlt wurde.

Winslow griff über meine Schulter, wodurch mir bewusst wurde, wie viel größer als ich er war, und schloss die Kühlschranktür.

»Ist alles in Ordnung, Penelope?«

Ich wusste nicht, wie oft ich ihm schon gesagt hatte, dass ich Penny bevorzugte. Der Mistkerl war sich dieser Tatsache auch bewusst, denn Dillan hatte mir erzählt, dass Winslow von mir immer als »Penny« sprach, nur mir gegenüber benutzte er meinen vollen Namen, um mich zu ärgern.

»Natürlich. Wie gesagt: Wenn du deinen Besuch angekündigt hättest, wäre ich vorbereitet gewesen und hätte auch nicht gedacht, dass Dillan etwas passiert ist. Wo ist Dillan eigentlich?«

Winslow legte seine Hand auf meine Schulter und schob mich Richtung Esszimmer. »Warum setzen wir uns nicht hin?«

»Warum beantwortest du nicht meine Frage?« Ich stemmte die Fersen in den Boden, aber Winslow schien meine Bemühungen gar nicht zur Kenntnis zu nehmen. Weil ich mich nicht wie ein trotziges Kind verhalten wollte, ließ ich mich auf denselben Stuhl sinken, auf dem ich gerade schon gesessen hatte, um meinen Essay zu schreiben.

Ich klappte den Laptop zu, damit ich nicht ständig daran erinnert wurde, wie viele Wörter mir noch fehlten, und musterte Winslow erwartungsvoll.

»Dillan hat einen neuen Auftrag angenommen und fliegt, wenn alles läuft wie geplant, am Dienstag in den Irak. Wieder für achtzehn Monate, danach kommt er wahrscheinlich nach Hause.«

Mein Magen verkrampfte sich. Ich verstand, dass es die Karriere meines Bruders war, aber ich wusste nicht, wie ich bis dahin das Haus alleine in Schuss halten sollte. Mir fehlten schlicht die Fähigkeiten und das Geld. Seit Wochen tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass Dillan bald zurückkam und mir half. Es war vermutlich unfair von meiner Seite aus, aber ich fühlte mich im Stich gelassen. Prompt kämpfte ich wieder mit den Tränen, doch ich riss mich zusammen, weil ich nicht alleine war.

Irgendwie würde ich es schon hinbekommen. Notfalls arbeitete ich noch ein bisschen mehr oder wiederholte einen Kurs am College. Mir würde etwas einfallen. Schon allein, weil ich ganz offensichtlich keine andere Wahl hatte.

»Und du?«, fragte ich dummerweise, bevor ich mich daran hindern konnte. Die Anspannung sorgte dafür, dass ich erst plapperte und dann nachdachte.

Winslow zuckte bloß gleichmütig mit den Achseln. »Ich habe einen Job im privaten Sektor in Aussicht. Mal schauen, was sich ergibt.«

Ich biss mir auf die Unterlippe, ehe ich vorsichtig fragte: »Wie schlimm ist es?«

»Nicht mehr so schlimm wie am Anfang. Dillan hat dir davon erzählt?«

Langsam nickte ich. Winslows und Dillans Laufbahnen waren gleich glänzend verlaufen, bis Winslows durch ein Metallschrapnell beendet worden war. Für SEALs war körperliche Tüchtigkeit eine der wichtigsten Voraussetzungen, und auch wenn Winslow wahrscheinlich immer noch fitter als alle Männer war, die ich kannte, reichte die Einschränkung in seinem Knie aus, damit er aus dem Tauglichkeitspool fiel. Das Leben war manchmal einfach nicht fair.

»Über mich brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen, Penelope.«

Da war er wieder. Dieser Tonfall, der meinen Blutdruck sofort in die Höhe trieb. Früher war Winslow immer nett zu mir gewesen, aber seit ein paar Jahren hatte ich den Eindruck, dass er mich bei jeder Gelegenheit verspottete.

Statt mit den Zähnen zu knirschen, zwang ich mich, zu lächeln und höflich zu bleiben. »Ich bin froh, dass dir nichts Schlimmeres passiert ist.«

Seine Gesichtszüge glätteten sich. »Ich auch.«

Ich brauchte eine Weile, um zu erkennen, was anders war. Sein Auftauchen und meine übereilte Schlussfolgerung in Bezug auf meinen Bruder waren so überraschend gekommen, dass ich die Details nicht wahrgenommen hatte.

Winslow hatte früher immer glatt rasierte Wangen gehabt, doch jetzt trug er einen kurzen Bart. Je länger ich ihn ansah, desto weniger konnte ich mir erklären, wie ich das hatte übersehen können.

Eigentlich mochte ich keine Bärte, aber Winslow stand er auf eine perverse Art und Weise sehr gut. Vermutlich stand ihm ohnehin alles.

Als Teenager war ich schrecklich verknallt in ihn gewesen. Er war so groß und gut gebaut gewesen. Okay, das war er immer noch. Und die durchdringenden blauen Augen passten so perfekt zu seinen hellen Haaren. Seit ich das erste Mal einen historischen Liebesroman mit einem besitzergreifenden Wikinger gelesen hatte, sah ich Winslow in einem völlig neuen Licht.

Meine kleine Liebelei hatte sich erledigt, als er angefangen hatte, mich wie eine impertinente Nervensäge zu behandeln, ständig den spöttischen Tonfall zu benutzen und mich aus Prinzip Penelope zu nennen. Er sah mich ganz offensichtlich bloß als überflüssiges Anhängsel meines Bruders und war es nicht wert, dass ich Gefühle investierte.

Trotzdem konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Er war in seiner Abwesenheit nicht unbedingt weniger attraktiv geworden.

Er schaute mich an, strich über seinen Bart und grinste überheblich. »Gefällt dir, was du siehst, Penelope?«

»Nein«, schoss ich sofort zurück. »Ich frage mich, wann du gehst. Immerhin hast du deine Botschaft überbracht. Wenn Dillan nicht vergessen hätte, wie man ein Telefon bedient, hättest du gar nicht vorbeikommen müssen.«

»Ich hätte so oder so kommen müssen, weil er wollte, dass ich nach dem Rechten sehe.« Winslow zuckte gleichgültig mit den Achseln.

Wie bitte? Mir blieb die Luft weg. »Nach dem Rechten sehen? Das klingt, als würde ich einen Babysitter brauchen.«

»Wenn der Schuh passt. Außerdem muss ich sagen, dass Dillan nicht ganz falsch lag.«

Meine Augen wurden schmal. »Ach ja?«

Eigentlich hätte mein Tonfall ihn warnen müssen. Stattdessen beugte sich Winslow über den Tisch in meine Richtung. Seine Augen funkelten. »Ja, du benimmst dich fahrlässig.«

»Fahrlässig?«

»Auf der Veranda ist das Licht defekt, du kannst also nicht sehen, wer dir da möglicherweise auflauert. Als du die Tür geöffnet hast, habe ich den Riegel nicht gehört, du hast ihn dementsprechend nicht vorliegen gehabt. Dein Schlafzimmerfenster steht offen. Praktischerweise befindet es sich über dem Anbau, sodass ein Einbrecher dort leicht hochklettern und einsteigen kann. Es ist wahrscheinlich besser, dass ich mir die Rückseite des Hauses noch gar nicht angesehen habe. Die Küchentür ist mit Sicherheit nicht abgesperrt.«

Ich spürte ein Zucken im linken Augenlid. Das musste ich mir wirklich nicht anhören. Ich gab mein Bestes, den Kopf über Wasser zu halten, und dieses Arschloch tauchte hier nach achtzehn Monaten auf, versetzte mir einen riesigen Schreck und kritisierte mich dann?

Nicht mit mir.

Ich stand auf. »Raus.«

»Was?« Winslow runzelte die Stirn, als hätte er das Wort noch nie gehört.

Wütend wies ich mit der Hand zur Tür. »Raus!« Meine Stimme war merklich lauter geworden. »Verschwinde und nimm deine verschissenen guten Ratschläge direkt mit.«

»Penelope, du überreagierst.«

Mein Notizblock war das Erste, was ich in die Hände bekam. Ich warf ihn an Winslows Kopf, gleich gefolgt von der kleinen Plastikwasserflasche, die schon fast leer war. »Raus!«

Er duckte sich und hob abwehrend die Hände. »Junge. Ist ja schon gut. Ich komme morgen wieder, wenn du dich beruhigt hast.« Rückwärts ging er zur Tür.

»Du brauchst überhaupt nicht wiederzukommen«, fauchte ich.

Mit einem Kopfschütteln verschwand er im Flur. Erst als ich die Haustür ins Schloss fallen hörte, ließ ich mich wieder auf den Stuhl sinken und begann, haltlos zu weinen.

KAPITEL3

WINSLOW

Ich war immer noch empört, dass Penny mich tatsächlich rausgeworfen hatte, als ich am nächsten Tag in meinem Auto saß und beobachtete, wie sie nach Hause kam.

Da sie meine gut gemeinten Ratschläge offensichtlich nicht wollte, sah ich mich gezwungen, ihr eine Lektion zu erteilen. Sie konnte wohl kaum erwarten, dass ich tatenlos zusah, wie sie sich in Gefahr begab.

Ich parkte ein Stück die Straße hinunter und hatte freie Sicht auf das Haus der Geschwister Francis. Da ich momentan nur einen Mietwagen fuhr, bestand keine Gefahr, dass Penny das Auto erkennen würde.

Ein blauer Nissan Leaf, einer dieser neuen Hybride, hielt in der Einfahrt. Penny saß auf dem Beifahrersitz, den Fahrer konnte ich nicht erkennen, weil er schräg geparkt hatte und der Rahmen der Fahrertür im Weg war.

Pennys Lächeln wirkte gezwungen, sie rutschte immer weiter in Richtung ihrer Tür und nickte dabei eifrig.

Ich konnte nicht behaupten, dass mir gefiel, was ich sah. Die Hände auf dem Lenkrad und der flache, breite Brustkorb sprachen für einen Mann. Als er sich langsam in ihre Richtung beugte, sagte Penny hastig etwas, öffnete die Tür und sprang förmlich aus dem Auto. Alles in mir zuckte, weil ich mich einmischen wollte. Stattdessen zwang ich mich, zu warten und zu beobachten.

Informationen sammeln, Schlachtplan erstellen, zugreifen.

Sie war nicht in unmittelbarer Gefahr, und selbst wenn, könnte ich die Distanz in wenigen Sekunden überbrücken – ruiniertes Knie hin oder her.

Penny eilte zur Haustür, schloss auf, winkte und verschwand im Inneren des Hauses. Obwohl ich nur die Hände des Mannes sehen konnte, war es nicht schwer zu erkennen, dass er sich die Ablehnung zu Herzen nahm. Die Hände, die gerade noch auf dem Lenkrad gelegen hatten, ballten sich, bevor er sie hob und ein paar Mal hintereinander seine Wut an dem Lenkrad ausließ, indem er darauf hämmerte. Erst dann setzte er zurück und fuhr.

Wenn ich Pennys Verhalten richtig deutete, hatte sie kein Interesse an dem Mann, weshalb ich mich ernsthaft fragte, warum sie sich von ihm hatte fahren lassen.

Das Licht im Inneren des Hauses ging an, und ich konnte anhand ihres Schattens sehen, wie sie sich bewegte. Nach wenigen Minuten wurde die Lampe unten gelöscht, und kurz darauf drang das Licht stattdessen nun aus ihrem Schlafzimmerfenster.

Showtime. Ich stieg aus und schloss die Autotür so leise wie möglich, bevor ich mit ruhigen Schritten auf das Haus zuging.

Die Garage war von der Straße aus nicht einsehbar und lag direkt neben dem Anbau. Es kostete mich so gut wie keine Mühe, auf das Dach der Garage zu klettern und von dort aus die kurze Distanz zum Anbau mit einem kleinen Sprung zu überbrücken. Geduckt schlich ich zu Pennys weit offen stehendem Fenster.

Hinter meinen Schläfen klopfte es unangenehm. Ich regte mich zu sehr darüber auf, wie unvorsichtig sie war.

Als ich das Bein über den Fenstersims schwang, hörte ich die Dusche laufen. Penny war völlig ahnungslos, dass gerade jemand in das Haus einbrach. Ich hatte gehofft, sie würde an ihrem Schreibtisch sitzen oder auf dem Bett lesen und sich erschrecken. Nun musste ich warten, bis sie aus dem Bad kam und sich dann erschreckte.

Ihr Zimmer hatte sich verändert, seit ich das letzte Mal hier drin gewesen war, allerdings war das mit Sicherheit schon sechs oder sieben Jahre her. Damals waren die Tagesdecke noch rosafarben und die Wände mit Postern bedeckt gewesen. Penny hatte die üblichen Boybands und Schauspieler aufgehängt, und jedes Mal, wenn ich ihr Zimmer betreten hatte, war ich von unzähligen Augen umgeben gewesen und hatte mich unglaublich beobachtet gefühlt. Nach meiner Zeit bei den SEALs konnte ich darüber nur lächeln. Um mich beobachtet oder bedroht zu fühlen, brauchte es jetzt ganz andere Situationen als ein paar Poster.

Mittlerweile waren die Wände in einem eleganten Cremeton gestrichen, und ein einzelnes schwarz-weißes Familienfoto hing in einem silbernen Rahmen über ihrem Schreibtisch. Im Gegensatz zu damals war alles ordentlich aufgeräumt. Der Laptop stand zugeklappt auf dem sonst leeren Schreibtisch, ein Tablet lag auf dem Nachttisch, das Bett war gemacht.

Ich setzte mich auf die Bettkante, um zu warten, da es bis auf den Schreibtischstuhl keine weiteren Sitzgelegenheiten gab. Allerdings war der Stuhl winzig und wirkte nicht, als könnte er mein Gewicht tragen.

Probehalber drückte ich auf die Home-Taste des Tablets und redete mir ein, dass ich bloß Informationen für meinen Schlachtplan sammelte. Keinesfalls war ich neugierig, was Penny so trieb.

Sie hatte keine öffentlich zugänglichen Social-Media-Profile, was ich beinahe lachhaft fand angesichts der Tatsache, wie nachlässig sie im realen Leben mit ihrer Sicherheit war.

Der Bildschirm flammte auf und zeigte das Cover eines Buches, da eine Lese-App geöffnet zu sein schien. Ich merkte mir den Titel und nahm mir vor, später nachzuschauen, was Penny so las.

Ich überlegte, ob ich es riskieren konnte, weiter herumzuschnüffeln, als sich die Tür zum Badezimmer öffnete.

Mir wurde klar, dass ich meinen Plan zwar gut strukturiert, aber nicht bis zum Ende gedacht hatte, als Penny nur in ein Handtuch gehüllt aus dem Badezimmer kam.

Ich, mit ihr alleine in ihrem Zimmer? Eine dumme Idee.

Das Bett in unmittelbarer Nähe, während sie bereits nackt war? Eine noch viel dümmere Idee.

Ich riss mich zusammen.

»O mein Gott!«, fauchte Penny. Eine Hand auf die Brust gelegt, die andere in das Handtuch gepresst, wich sie zwei Schritte zurück. Ein wilder Ausdruck lag in ihren Augen. »Bist du verrückt geworden? Ich habe mich vielleicht erschreckt. Ich hätte nackt sein können! Was zum Teufel willst du hier, Winslow?«

KAPITEL4

PENNY

Mein Herz raste, und obwohl ich gerade erst duschen gewesen war, fühlte ich mich plötzlich schweißgebadet. Ich wäre beinahe an die Decke gesprungen vor Schreck, als ich Winslow auf meinem Bett sitzen sah. Der einzige Grund, warum ich mir nicht die Seele aus dem Leib geschrien hatte, war die Tatsache, dass ich ihn tatsächlich auf den ersten Blick erkannt hatte.

Ich presste eine Hand auf mein wild pochendes Herz, die andere krallte ich ins Handtuch, weil ich keine Lust hatte, plötzlich nackt vor Winslow zu stehen. Was fiel diesem Arschloch eigentlich ein?

Meine Beine waren so weich, dass ich mich am liebsten gesetzt hätte, aber gleichzeitig wollte ich mit dem Fuß auf den Boden stampfen vor Empörung.

»Bist du verrückt geworden? Ich habe mich vielleicht erschreckt. Ich hätte nackt sein können! Was zum Teufel willst du hier, Winslow?«

»Streng genommen bist du nackt.« Vielsagend musterte er das Handtuch.

Ich spürte, wie das Blut in meine Wangen kroch. »Was willst du hier?«

»Wir müssen reden, Penelope.«

Als wäre mein Blutdruck nicht bereits hoch genug, stachelte die Art, wie er meinen Namen so gedehnt betonte, mich nur noch mehr an. »Wir müssen überhaupt nichts. Du hast genau drei Sekunden, um zu verschwinden.«

»Oder was?« Er hob seine Augenbraue. »Was willst du machen? Mich aus dem Haus tragen?«

»Ich könnte die Polizei rufen.«

»Mach das. Ist Eddie noch immer der Sheriff? Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Wir haben uns bestimmt viel zu erzählen. Und du kennst ihn ja – wenn ich ihm erst einmal berichte, wie nachlässig du mit deiner Sicherheit bist, wird er mich bestimmt verhaften.«

Ich knirschte mit den Zähnen. Eddie McNeal war im gleichen Jahrgang wie mein Bruder und Winslow gewesen und in der Tat noch immer der Sheriff. Der blöde Mistkerl hatte recht. »Was willst du, Winslow?«

»Fangen wir doch damit an, wer der Kerl im Auto war.«

»Was?« Mir musste jetzt jeden Moment der Kopf explodieren. Gleich war es sicher so weit. Dass mir vor Wut noch nicht der Rauch aus den Ohren stieg, war das reinste Wunder. »Du hast mich beobachtet? Was fällt dir eigentlich ein?«

»Beantworte meine Frage, Penelope.« Seine blauen Augen wurden schmal.

»Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, warum. Es geht dich schlicht nichts an, was ich mache – oder mit wem. Du hast kein Recht, hier einzubrechen, mich zu Tode zu erschrecken und anschließend zu verhören.«

»Dein Bruder –«

Mit einer ruppigen Geste unterbrach ich ihn. »Wenn meinem Bruder so viel an mir liegen würde, könnte er ein verdammtes Telefon in die Hand nehmen, statt mir einen Babysitter, den ich nicht brauche, auf den Hals zu hetzen.«

»Ich bin kein Babysitter«, knurrte Winslow.

»Nein, du bist nur eine Nervensäge. Und jetzt geh bitte.«

»Ich gehe erst dann, wenn du meine Fragen beantwortet hast. Du bist ein smartes Mädchen, Penelope, deshalb bin ich umso gespannter auf die Erklärung, warum du zu einem Typen ins Auto steigst, bei dem du dich sichtlich unwohl fühlst.«

Es passierten so viele Dinge gleichzeitig, dass ich mit den Emotionen kaum hinterherkam. Winslow verschränkte beim Reden die Arme und betonte damit die Größe seines Bizeps, was bei mir einen trockenen Hals verursachte. Ich war auch nur eine Frau, und leider funktionierten meine Augen einwandfrei. Ein muskulöser, attraktiver Typ, in den ich ewig verliebt war, saß auf meinem Bett und grollte über andere Männer – wie sollte ich da bitte nicht schwach werden?

Außerdem flatterte es in meinem Bauch, weil er zugab, mich für intelligent zu halten. Wahrscheinlich war ich für ihn trotzdem nur Dillans kleine Schwester, aber wenigstens die intelligente kleine Schwester.

Und dann merkte ich, wie mein Handtuch zu rutschen begann. Während ich also mit hochrotem Kopf den Stoff unter meinen Ellbogen festklemmte, die ich panisch an meinen Körper presste, suchte ich nach der passenden Antwort.

»Es war nur eine Ausnahme. Ich muss mich zwar vor dir nicht rechtfertigen, aber wenn du es genau wissen willst – mein Auto ist kaputt. Der Bus fährt nur alle zwei Stunden, und bis zum College sind es fünfzehn Meilen. Die kann ich leider nicht laufen. Also, ich könnte schon, aber …« Ich zuckte mit den Achseln.

»Wann ist das Auto repariert?«

»Wenn ich das Geld für die Ersatzteile zusammenhabe.« Ich verlagerte mein Gewicht auf den anderen Fuß, weil ich eher weniger Lust hatte, die unzähligen Baustellen in meinem Leben mit Winslow zu diskutieren.

»Brauchst du Geld?«

»Nein.«

»Penelope, es wirkt auf mich nicht unbedingt, als würdest du alleine klarkommen.«

Seine Worte wirkten wie eine kalte Dusche. Ich gab hier jeden Tag mein Bestes und hatte es wie durch ein Wunder geschafft, meinen glatten Einserschnitt zu halten. Abgesehen davon hatte ich einen lukrativen Job an Land gezogen und musste nur noch drei Wochen durchhalten, bevor die erste große Summe auf meinem Konto landete, nachdem ich mir die Finger praktisch wund gearbeitet hatte. Und jetzt tauchte dieser aufgeblasene Vollidiot auf und belehrte mich von oben herab?

Zur Hölle mit Winslow Labrecque – egal, wie attraktiv er war und wie verliebt ich als Teenager in ihn gewesen war.

»Bitte geh jetzt.«

»Wir sind hier noch nicht fertig, Penelope.«

Ich drehte mich auf dem Absatz um, ging ins Badezimmer und schloss die Tür hinter mir ab, bevor ich mich mit dem Rücken dagegenlehnte.

Es dauerte nicht lange, bis Winslow klopfte. »Penelope? Mach die Tür auf. Das ist lächerlich.«

»Geh.«

»Mach die Tür auf.«

»Du sollst verschwinden!« Meine Stimme zitterte bereits verdächtig.

»Erst wenn wir geredet haben.«

»Wir haben nichts zu bereden, weil mein Leben dich nichts angeht. Hör auf, dich einzumischen, und verschwinde!«

Selbst durch das dicke Holz hörte ich ihn seufzen. »Meinetwegen. Ich komme morgen wieder.«

Ich ballte die Fäuste. »Nein. Wirst du nicht.«

»Doch, Penelope. Und du solltest sicherstellen, dass ich dann nicht mehr so lächerlich leicht einbrechen kann wie jetzt. Dein Bruder will, dass ich dich im Auge behalte, also werde ich das tun.«

Seine Schritte entfernten sich, und ich fühlte mich noch beschissener. Es ging ihm nicht einmal um mich und meine vermeintliche Sicherheit. Ich war bloß eine Pflichterfüllung, weil er meinen Bruder nicht enttäuschen wollte.

Toll. Wirklich ganz, ganz toll.

KAPITEL5

WINSLOW

Ich war seit vier Uhr wach, hatte mein Sportprogramm absolviert, war duschen gewesen und wartete nun darauf, dass das Licht in Pennys Schlafzimmer erlosch, weil sie nach unten ging.

Nachdem sie sich gestern im Badezimmer eingeschlossen hatte, war mir klar geworden, dass ich meine Strategie ändern musste. Ganz offensichtlich fühlte sie sich von mir bedrängt, weshalb ich es jetzt mit meinem Charme versuchen wollte.

Ich hatte die halbe Nacht wach gelegen und gegrübelt, wie ich sie dazu bekam, sich mir zu öffnen. Penny schien mir nicht zu glauben, dass ich wirklich um ihre Sicherheit besorgt war.

Dass ich meine Herangehensweise geändert hatte, lag auch daran, dass mir der Buchtitel, den ich auf Pennys Tablet gesehen hatte, wieder eingefallen war. Da ich ohnehin nicht hatte schlafen können, hatte ich mir stattdessen online das Buch gekauft und mit dem Lesen angefangen, weil der Klappentext mich neugierig gemacht hatte.

Schon nach der vierten oder fünften Seite hatte ich das Buch mit roten Ohren sinken lassen. Penny war definitiv kein Teenager mehr. Egal, wie sehr ich versuchte, diese Tatsache zu ignorieren – wenn sie solche Geschichten las, war ihre Unschuld lange dahin.

In der Story hatte ein reicher, dominanter Millionär seine wesentlich jüngere Sekretärin dazu überredet, sich über seinen Schreibtisch zu bücken. Bereits im zweiten Kapitel waren etliche Sexspielzeuge, Körperöffnungen und Schlaginstrumente zum Einsatz gekommen.

Ich hatte jedoch mit dem Lesen aufhören müssen, obwohl ich die Lektüre durchaus faszinierend fand. Es lag weder an den expliziten Sexszenen noch an der hanebüchenen Handlung, sondern daran, dass der Protagonist darauf bestanden hatte, sich von der Lady auf den Knien vor ihm »Daddy« nennen zu lassen. Die Vorstellung, dass Penny solche Geschichten las, weil sie darauf stand, war zu viel für meinen Blutdruck.

Ich durfte nicht zu lange darüber nachdenken, wie es klingen würde, wenn dieses kleine Wort über ihre Lippen kam, oder ihr Bruder würde mich töten, sobald er herausfand, dass ich die Kontrolle verloren hatte.

Endlich ging das Licht in ihrem Schlafzimmer aus, und ich wusste, dass sie jetzt nach unten in die Küche gehen würde, um sich Kaffee zu machen. Das Warten hatte sich gelohnt.

Ich stieg aus, nahm mir die beiden Kaffeebecher, die ich auf dem Weg besorgt hatte, und ging zur Tür. Nachdem ich geklingelt hatte, klopfte ich sicherheitshalber noch an. Es klang etwas weniger energisch, als ich mir wünschte, weil ich aufpassen musste, den Kaffee nicht zu verschütten.

Penny öffnete die Tür und seufzte. »Was willst du?«

Sie sah so hübsch aus in der schwarzen Leggings und dem übergroßen rosafarbenen Pullover, der mit lilafarbenen Wolken bedruckt war. Ihre hellen Haare fielen offen auf die Schultern, und bis auf ein wenig Wimperntusche war sie ungeschminkt. Ich musste mich zusammenreißen, nicht zu lange auf ihren verlockenden Mund zu starren.

»Frieden. Ich hoffe, du stehst noch immer auf Schoko-Cappuccino.« Mit diesen Worten streckte ich ihr den Becher entgegen.

Überrascht starrte sie mich an. »Ist das so eine Art Trick?«

»Nein. Ich sehe ein, dass ich mich netter hätte verhalten können.« Das war eine glatte Lüge, aber sie erschien mir sinnvoll, wenn ich die nächsten zehn Unterhaltungen nicht wieder durch die Badezimmertür führen wollte. Und wenn ich ehrlich war, brannte ich darauf herauszufinden, was Penny sonst so las. Ich wollte mich unverfänglich mit ihr unterhalten und das Thema darauf lenken. Wie genau ich das anstellen sollte, wusste ich noch nicht, aber ich würde mir etwas einfallen lassen.

»Danke.« Sie nahm den Becher entgegen, und zum ersten Mal wirkte ihr Lächeln offen und entspannt. »Leider muss ich gleich los.«

»Ich weiß. Ich dachte, ich könnte dich fahren.«

»Musst du nicht. Ich kann den Bus nehmen. Morgens ist es kein Problem.«

»Du wärst viel schneller da.«

Penny wippte auf ihren Fußballen. »Dann könnte ich vielleicht vorher in die Bibliothek.« Sie trank vorsichtig einen Schluck Kaffee, schloss genießerisch die Augen und leckte sich über die Lippen. »Oh, der ist gut.«

Shit. Ich hätte ihr keinen Kaffee mitbringen sollen. Wieso war mir vorher nicht aufgefallen, wie wundervoll geschwungen ihre Oberlippe war? Jetzt starrte ich schon wieder auf ihren Mund und dachte an Dinge, an die ich wirklich nicht denken sollte.

»Komm schon, gib dir einen Ruck, Penelope. Ich schwöre, dass ich in friedlicher Mission komme.«

Sie runzelte die Stirn, schaute von mir zum Kaffee und wieder zurück. »Habe ich überhaupt eine andere Wahl?«

Ich stützte den Unterarm am Türrahmen ab und lehnte mich ihr entgegen. »Ganz ehrlich? Nein.«

Zwar wollte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber der Millionär in der Geschichte hatte seiner Sekretärin auch keine Wahl gelassen. Charmant mit Nachdruck – das war meine neue Devise.

»Okay, gib mir ein paar Minuten.«

»Klar. Kann ich reinkommen?«

Mit einem Nicken trat Penny zur Seite, bevor sie in Richtung Küche verschwand. Ich sah mich verstohlen im Flur um und machte eine mentale Liste der Dinge, die ich im Baumarkt besorgen musste. Denn sobald ich Penny abgesetzt hatte, würde ich zurückkommen und mich an die Reparaturen machen, die dringend nötig waren.

Bevor sie aufgestanden war, hatte ich mir die Rückseite des Hauses angesehen. Der Riegel an der Küchentür war abgebrochen, und Penny hatte ihn offensichtlich nur notdürftig geflickt.

Ich ging ins Wohnzimmer und ließ meinen Blick schweifen, ehe ich ihr in die Küche folgte. Sie stand vor dem Küchentresen und schob sich gerade den Rest einer Scheibe Toast in den Mund. »Fast fertig«, murmelte sie.

»Kein Stress.« Ich gab vor, mich entspannt an den Tisch zu setzen, während sie ins Esszimmer lief und ihren Rucksack packte.

Vor dem Spülenschrank waren Wasserränder auf dem Boden zu sehen. Dort musste Wasser aus dem Schrank gelaufen sein. Vielleicht war der Abfluss undicht gewesen. Ich würde im Baumarkt sicherheitshalber auch in der Sanitärabteilung vorbeischauen.