Notärztin Andrea Bergen 1294 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1294 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

Angespannte Stille liegt über dem OP, in dem die Chirurgen um das Leben eines fünfjährigen Jungen ringen, der sich bei einem Flugzeugabsturz über dem Rhein ein lebensgefährliches Polytrauma zugezogen hat. Die Milz ist gerissen, die Lunge durchstoßen, und die Blutung im Bauchraum ist einfach nicht zu stoppen. Verzweifelt bemüht sich die junge Chirurgin Dr. Darina Novak, das viele Blut aufzusaugen, um den Blutungsherd endlich zu lokalisieren, als ihr Blick eher zufällig einen der Monitore streift.

Als sie den Namen des kleinen Patienten in der rechten oberen Ecke liest, drohen ihre Beine nachzugeben, und der Sauger fällt scheppernd zu Boden. Timur Hellmann! Das Kind, das mehr tot als lebendig vor ihr auf dem Operationstisch liegt, ist ihr eigener Sohn, den sie gleich nach der Geburt fortgegeben hat! Durch eine grausame Fügung des Schicksals liegt sein Leben ein zweites Mal allein in ihrer Hand - und diesmal scheint es verloren zu sein ...

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Was niemand von ihr wusste

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / S_L

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-2612-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Unter dramatischen Umständen habe ich den kleinen Timur Hellmann mit dem Rettungswagen ins Elisabeth-Krankenhaus gebracht. Der Junge hat sich bei einem Flugzeugabsturz über dem Rhein massive Organverletzungen zugezogen. Alle Chirurgen im Team haben verzweifelt um sein junges Leben gekämpft, doch niemandem scheint sein Schicksal so nahegegangen zu sein wie Dr. Darina Novak. Sie war von dem Wunsch, den kleinen Timur zu retten, geradezu besessen! Aber plötzlich hat sie die Nerven verloren und musste beinahe des Operationssaals verwiesen werden!

Uns allen geht das Schicksal des fünfjährigen Jungen, der bei dem Unglück unversehens zum Waisenkind geworden ist, schrecklich ans Herz. Doch Darina scheint irgendwie persönlich betroffen zu sein. Tragischerweise kann der Vorfall im OP sie nun ihre Karriere kosten, und ich frage mich, was die sonst so fähige und besonnene Chirurgin so aus dem Gleichgewicht gebracht hat …

»Hervorragende Arbeit, werte Kollegen!«

Dr. Anger, Oberarzt auf der Chirurgie des Elisabeth-Krankenhauses, zog sich den Mundschutz vom Gesicht und schenkte der neuen Assistenzärztin einen bewundernden Blick. Seinen restlichen Chirurgenstab bedachte er mit einem herablassenden Nicken, bevor er im Waschraum verschwand.

Notärztin Andrea Bergen, die ebenfalls an der Notoperation des Unfallopfers teilgenommen hatte, tauschte einen verblüfften Blick mit ihrem guten Freund und Kollegen Rudolf Benrath.

Ein Lob aus dem Mund von Halbgott Helmut Anger? Das war ja wirklich eine Seltenheit. Normalerweise waren sie alle in seinen Augen Stümper, die ihm nur jede Operation erschwerten und das Leben des Patienten gefährdeten. Ging tatsächlich einmal etwas schief, waren natürlich immer nur die anderen schuld.

»Das muss ein Versehen gewesen sein«, raunte Dr. Benrath der Notärztin zu. »Oder hat er tatsächlich uns gemeint?«

Andrea Bergen senkte ebenfalls die Stimme. »Wohl eher unsere neue Kollegin. Anger hat doch von Anfang an ein Auge auf sie geworfen.«

»Stimmt.« Auch Rudolf Benrath streifte jetzt Handschuhe und Mundschutz ab. »Man müsste sie glatt vor diesem Casanova warnen.«

»Ich denke nicht, dass sie auf ihn hereinfallen wird«, erwiderte Andrea. »Ist dir nicht aufgefallen, dass sie und Dr. Greendale häufig zusammenstecken?«

Dr. Lance Greendale, ein britischer Frauenarzt aus London, der sich auf gynäkologische Onkologie spezialisiert hatte, war etwa zum gleichen Zeitpunkt wie Dr. Novak an das Elisabeth-Krankenhaus gekommen. Die beiden hatten sich sofort sympathisch gefunden.

»Doch, das habe ich bemerkt.« Rudolf Benrath nickte. »Sie scheinen ein ausgeprägtes Interesse aneinander zu haben, obwohl ein ziemlicher Altersunterschied zwischen ihnen bestehen muss.«

»Fünfzehn Jahre«, wusste Andrea Bergen.

»Er ist auch sehr dominant und weiß alles besser«, meinte Rudolf. »Das ideale Paar sind die beiden in meinen Augen nicht.«

»Nein, da hast du recht. Aber wo gibt es schon das ideale Paar?«

Als Letzte verließen sie den OP-Saal und begaben sich zu den Wasch- und Umkleideräumen.

»Wollen wir später zusammen zum Mittagessen ins Personalrestaurant gehen?«, fragte Rudolf.

Andrea zögerte. Dr. Krug, der sie bei Einsätzen mit dem Rettungswagen vertreten hatte, während sie nach der Einlieferung ihres Unfallopfers mehrere Stunden im OP gestanden hatte, würde jetzt sicher bald seine Pause nehmen wollen.

»Wie wäre es stattdessen mit einer schönen Tasse Kaffee bei dir?«, schlug sie vor. »Darauf hätte ich jetzt richtig Lust.«

Rudolf Benrath lächelte breit. »Na, dann sollst du deinen Kaffee haben. Bis gleich in meinem Dienstzimmer.« Er hob kurz die Hand und betrat den Waschraum für Herren, während Andrea zur Damenumkleide ging.

Zehn Minuten später erschien sie auf der Chirurgischen Station. Gerade sah sie, wie Dr. Novak und Dr. Greendale lachend und plaudernd im Fahrstuhl verschwanden. Beide waren in Straßenkleidung. Andrea nahm an, dass sie zum Essen in ein Restaurant gehen wollten.

Man sieht sie in letzter Zeit tatsächlich oft zusammen, dachte sie. Aber es war auch kein Wunder, dass Darina Novak sofort Freunde gefunden hatte. Sie war attraktiv, äußerst tüchtig und hatte für jeden ein freundliches Lächeln. Auch Andrea hatte sich spontan mit ihr angefreundet.

Aus Dr. Benraths Dienstzimmer zog bereits verlockender Kaffeeduft auf den Flur. Andrea klopfte an die Tür und trat ein.

»Ah, da bist du ja!«, empfing Rudolf Benrath sie. »Darf ich dir schon einschenken?«

»Gern.« Dankend nahm Andrea die dampfende Tasse entgegen.

Während sie ihren Kaffee tranken, unterhielten sie sich noch kurz über die Operation, die sie gerade hinter sich gebracht hatten. Dann wandten sie sich anderen Themen zu. Andrea erwähnte, dass sie Dr. Novak und Dr. Greendale gerade hatte zusammen weggehen sehen, und Rudolf warf ein, dass er mit dem britischen Kollegen einfach nicht warm wurde.

»Ich will damit nicht sagen, dass er mir unsympathisch ist«, betonte er. »Aber er scheint zu den Menschen zu gehören, die alles besser wissen.«

»Er weiß aber auch eine ganze Menge, zumindest was seinen Beruf betrifft. Auf dem Gebiet der gynäkologischen Onkologie scheint er eine Koryphäe zu sein. Prof. Hebestreit ist jedenfalls begeistert von ihm, und für unsere Gynäkologie ist er auf jeden Fall eine Bereicherung.« Andrea seufzte leicht. »Trotzdem gefällt mir die Verbindung zwischen ihm und Dr. Novak nicht recht. Sie ist zu jung für ihn. Ich habe den Eindruck, dass er sie nicht ernst nimmt.«

»Den Eindruck habe ich auch«, stimmte Rudolf ihr zu. »Im Übrigen habe ich gehört, dass sie mit ihm nach England gehen will, wenn seine Zeit bei uns abgelaufen ist.«

»Ja, das hat sie mir gegenüber ebenfalls erwähnt.«

»Hm. Ob sie ihn nur als Sprungbrett für ihre Karriere benutzen will?«

Andrea schüttelte den Kopf. »Für so berechnend halte ich sie eigentlich nicht, auch wenn sie ausgesprochen ehrgeizig ist. Aber weißt du, was mir noch aufgefallen ist? Dass manchmal ein Hauch von Traurigkeit von ihr ausgeht. Sie hat Kummer, das spüre ich.«

»Du hast dich mit ihr auch von Anfang an besonders gut verstanden. Dir hat sie bestimmt mehr über sich erzählt als uns.«

»Nicht viel. Sie hat nur gesagt, dass es ihr Traum ist, eines Tages am Royal London Hospital zu arbeiten, wo Dr. Greendale hauptsächlich tätig ist. Er hat ihr versprochen, sich für sie einzusetzen. Aber sie scheint noch andere Gründe zu haben, weshalb sie nach London beziehungsweise aus unserer Stadt wegwill. Etwas scheint es in ihrem Leben zu geben, was sie belastet.«

Sie kamen nicht mehr dazu, dieses Thema weiter zu verfolgen, denn Andreas Pager rief sie zu einem neuen Einsatz.

»Danke für den Kaffee, Rudolf«, rief sie und rannte aus der Tür.

***

Weder Darina Novak noch Lance Greendale hatten eine Ahnung, dass sie bei der Notärztin und dem Kollegen von der Chirurgie Gesprächsthema Nummer eins waren. Sie saßen in der urigen Gaststätte »Zum Alten Brauhaus« und ließen sich ein deftiges Mittagessen schmecken.

»Die Notoperation an dem Unfallopfer, das Dr. Bergen heute eingeliefert hat, war eine ziemliche Herausforderung«, berichtete die attraktive junge Assistenzärztin. »Zum Schluss hat Oberarzt Dr. Anger uns alle gelobt, aber er hat dabei nur mich angesehen.«

Darina lächelte. Es war ein stolzes und auch selbstbewusstes Lächeln. Sie wusste, dass sie gute Arbeit geleistet hatte, und war sehr zufrieden mit sich selbst.

»Darauf brauchst du dir nichts einzubilden«, tat Lance mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Der will dich nur in sein Bett kriegen. Um von Herausforderungen zu reden – von denen hatte ich heute Morgen mehr als genug. Wenn ich nur an die Diagnosestellung bei diesem nicht alltäglichen Krankheitsverlauf denke, die ich schließlich akkurat hinbekommen habe. Oder an die richtige Therapie bei dem äußerst schwierigen Fall von Vulvakarzinom, die ich für die Patientin maßgeschneidert habe und die …«

»Dr. Anger hat sein Lob durchaus ernst gemeint«, unterbrach Darina ihn in einem Anflug von Trotz. Es ärgerte sie, dass Lance so wenig von ihren Fähigkeiten hielt. Umso mehr war er bemüht, seine eigenen ins rechte Licht zu rücken.

Lance Greendale schnitt einen Bissen von seinem Sauerbraten ab. »… und die sich bereits vielversprechend angelassen hat«, vollendete er seinen Satz. »Bei einer anderen Patientin – der älteren, bei der ich die Hysterektomie vorgenommen hatte, du erinnerst dich sicher daran – ist es zu weiteren Blutungen gekommen, die Kollege Besser als unkontrollierbar bezeichnet hatte, die ich jedoch mit einiger Mühe wieder unter Kontrolle bringen konnte.«

»Wie schön für dich!«, murmelte Darina.

Während Lance auf seinem Bissen herumkaute, nutzte sie die Gelegenheit, um ihrerseits ein paar Sätze unterzubringen, was bei ihm gar nicht so einfach war.

»Auch wir hatten bei der Operation des polytraumatisierten Unfallopfers mit schweren Blutungen aufgrund von Perforationen mehrerer Hohlorgane zu kämpfen. Ich hatte ein bestimmtes blutendes Gefäß als Erste entdeckt, da bekam ich das erste Lob von Dr. Anger. Und als ich dann noch …«

»Blutungsquellen zu entdecken ist eine Sache, sie erfolgreich zu stillen eine andere«, fiel Lance ihr ins Wort. »Dazu muss man schon ein routinierter Chirurg oder Unfallarzt sein. Ich für meine Person …«

Darinas Laune sank auf den Nullpunkt. Das Essen schmeckte plötzlich fade. Dies war eine Seite an Lance, die ihr ganz und gar nicht gefiel: dass er jedes Mal, wenn sie zusammen waren, groß und breit von seinen Erfolgen erzählte, während sie kaum eine Chance hatte, über das zu reden, was ihr am Herzen lag. Er hörte ihr einfach nicht zu, erwartete aber von ihr, dass sie Interesse an seiner Arbeit zeigte.

Auch jetzt erging er sich wieder in endlosen Ausführungen über die Fälle, die er zurzeit hatte. Darina hörte gar nicht mehr richtig hin und warf nur ab und zu ein gemurmeltes »Oh, wirklich?«, ein. Als ihre Mittagspause vorüber und es an der Zeit war, ins Krankenhaus zurückzukehren, war sie regelrecht erleichtert. Dabei hatte sie sich auf das Mittagessen mit Lance wirklich gefreut.

Sie seufzte tief auf. War Lance wirklich der richtige Partner für sie? Darina bezweifelte es immer mehr. Zwar war er in anderer Beziehung äußerst aufmerksam, war charmant, zärtlich und verlässlich, aber sie kam sich in seiner Gegenwart auch oft wie ein dummes kleines Mädchen vor. Doch er war natürlich auch um einiges älter. Und erfahrener.

Lance bezahlte und half ihr galant in den Mantel. Als sie das Restaurant verließen, legte er ihr die Hand in den Rücken, wie er es oft und gern tat. Normalerweise mochte Darina das. Heute jedoch empfand sie diese Geste eher als besitzergreifend.

»Mein Dienst ist um fünf zu Ende«, bemerkte er, während sie zum Elisabeth-Krankenhaus zurückgingen. »Kommst du heute Abend zu mir? Dann können wir uns weiter unterhalten.«

Worüber? Über deine großartigen Erfolge?, fragte Darina in Gedanken. Und darüber, wie viel ich noch zu lernen habe?

»In Ordnung«, erwiderte sie und lächelte etwas verunglückt.

***

»Onkel Robert, fliegen wir mal mit einem ganz großen Flieger fort?« Der fünfjährige Timur breitete beide Arme aus, um die Größe eines Passagierflugzeugs anzudeuten.

Lächelnd wuschelte Robert Hellmann seinem Neffen das Haar. »Das ist aber ein kleiner Flieger, den du da zeigst. Kleiner als die Cessna, mit der du oft fliegst«, neckte er ihn. »Du meinst sicher einen großen Flieger wie den dort oben?« Er deutete zum Himmel, wo gerade ein Jet seine Bahn zog.

»Der ist ja noch kleiner als die Cessna«, tat Timur altklug ab. »Ich will mit einem ganz großen Flieger fliegen, in den ganz viele Leute reinpassen. Eine Million Leute.«

Eine dunkelhaarige junge Frau näherte sich ihnen. Fröstelnd zog sie ihre Daunenjacke enger um die Schultern, denn es wehte ein kalter Ostwind.

»Eine Million Leute passen in keinen Flieger der Welt«, erklärte Ilka Hellmann ihrem kleinen Sohn. Sie hatte den Wortwechsel zwischen ihm und seinem Onkel mitbekommen und amüsierte sich ebenfalls darüber. »Aber ein paar Hundert schon.«

Timur lief zu seiner Mutter. »Und wann fliegen wir mit so einem Flieger, Mama?«

»Im Sommer, auf die Insel Malta. Erinnerst du dich, dass Papa und ich erst letzthin davon gesprochen haben?«

»Ja! Das ist toll.« Timur drehte sich zu seinem Onkel um, der sein bester Freund war. »Aber du musst auch mitkommen, Onkel Robert.«

Robert Hellmann lächelte bedauernd. »Das geht leider nicht, Kleiner.«

»Jemand muss hier die Stellung halten, wenn wir weg sind.« Ilka deutete auf das Gebäude der Flugschule Hellmann, neben dem mehrere Cessnas, zwei Ultraleichtflugzeuge, eine zweimotorige Piper und ein Motorsegler standen. Dahinter erstreckte sich das Gelände des Sportflugplatzes Rheinaurach.

Der kleine Timur machte ein enttäuschtes Gesicht. »Wenn der Onkel Robert nicht mitkommen darf, dann will ich nicht weit wegfliegen, nur einmal um die Welt.« Zufrieden mit dieser Lösung lief er davon, denn gerade hatte er seinen Vater entdeckt, der aus dem Hangar kam.

Lächelnd schaute Robert dem Jungen nach. Er war so froh, dass es bei seinem Bruder und seiner Schwägerin damals doch noch mit einem Baby geklappt hatte. Robert war zwar nicht der leibliche Onkel, aber er liebte Timur wie sein eigenes Kind.

»Dann werde ich mich mal zum Unterrichtsraum begeben.« Ilka Hellmann war Theorielehrerin in der Flugschule. Sie beugte sich zu Timur und gab ihm einen Kuss. »Papa fährt dich heute in den Kindergarten. Tschüß, mein Schatz.« Sie wünschte ihrem Schwager einen schönen Tag und ging zum Eingang der Flugschule.

Einen Augenblick später gesellte sich Gunther Hellmann zu seinem Bruder und Sohn.

»Na, fertig für den Kindergarten?«, fragte er Timur.

Der Kleine nickte und verabschiedete sich von seinem Onkel.

Robert sah auf die Uhr. Um elf hatte er drei japanische Touristen für einen Rundflug. Bis dahin wollte er noch nach dem Wasserflugzeug sehen, das unten am Rhein lag und an dessen Motor etwas nicht gestimmt hatte.

Zum Mittagessen traf er sich mit seinem Bruder und dessen Frau wie gewohnt in der Flugplatzgaststätte. Am Nachmittag würde einer von ihnen, der gerade Zeit hatte, Timur vom Kindergarten abholen. Manchmal aßen sie am Flugplatz auch noch zu Abend, wenn Ilka keine Zeit oder Lust zum Kochen hatte. Gunther wohnte mit seiner Familie im nächsten Ort, Robert hatte eine kleine Wohnung am Stadtrand.

An diesem Abend saßen die beiden Brüder noch bei einem Bier in der Gaststätte, während Timur genüsslich ein Eis mit Sahne löffelte. Ilka war bereits nach Hause gefahren.

Plötzlich riss der Kleine die Augen auf und ließ seinen Löffel fallen. Bevor Robert ihn fragen konnte, was los war, sauste Timur schon davon und verschwand in Richtung Toiletten.

Auch Gunther machte ein verblüfftes Gesicht.

»Ach nein, das gibt’s ja nicht!« Er wies mit dem Kopf zur Tür. »Sieh mal, wer da kommt. Ich nehme an, du bist hell begeistert?«

Ein unangenehmes Kribbeln kroch Robert in den Nacken. Langsam wandte er den Kopf, und da stand sie auch schon am Tisch.

»Hallo, ihr beiden«, grüßte Roberts Exfreundin Iris strahlend. Sie hängte ihre Tasche an die Lehne eines freien Stuhls und wandte sich Robert zu. Als sie seine wenig begeisterte Miene sah, ging ihr Lächeln in einen Schmollmund über. »Nun tu doch nicht so, als könntest du dich nicht mehr an mich erinnern! Ich darf mich doch zu euch setzen?«

Ergeben deutete Robert auf den freien Stuhl.

***

»Wenn das nur gut geht!« Die ältere Frau hatte Tränen in den Augen, als sie die Trage, auf der ihre Tochter lag, zum Rettungswagen begleitete. »Wie glücklich war sie, als sie schwanger wurde! Dann hat der Krebs zugeschlagen. Ich mache mir solche Sorgen!«

Notärztin Andrea Bergen, die ebenfalls neben der Trage herging, warf ihr einen aufmunternden Blick zu.

»Verlieren Sie nicht den Mut!«, sagte sie leise. »Es kann trotzdem noch alles gut gehen.«

Die krebskranke werdende Mutter tat ihr von Herzen leid. Das Notarztteam war zu ihr gerufen worden, weil sie mit starken Schmerzen zusammengebrochen war und kaum noch Nahrung zu sich nehmen konnte. Wie sich herausgestellt hatte, war sie eine Patientin von Dr. Greendale.

»Geben Sie ihr etwas gegen ihre Schmerzen, Frau Doktor!«, bat die Mutter der Kranken. »Und beenden Sie die Schwangerschaft. Das ist doch heller Wahnsinn, sich so zu quälen und sein Leben aufs Spiel …«