Notärztin Andrea Bergen 1352 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1352 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

"Du musst kommen, Onkel Bergen! Ganz, ganz schnell! Sonst ist die Mama gleich tot!"
Als Kinderarzt Dr. Werner Bergen am Telefon die weinerliche Stimme der kleinen Tessa Allmann hört, weiß er gleich, dass allerhöchste Eile geboten ist - und handelt unverzüglich! Zwanzig Minuten später erreicht seine Frau Andrea, die Notärztin, mit ihrem Rettungsteam die Unglücksstelle auf der Landstraße, an der Verena Allmanns Auto von der Straße abgekommen und eine steile Böschung hinabgestürzt ist. Die siebenjährigen Zwillinge Tessa und Nathalie haben den Unfall zum Glück fast unbeschadet überstanden, doch um ihre Mutter steht es schlecht, sehr schlecht! Sie droht, noch an der Unfallstelle zu verbluten - vor den Augen ihrer verzweifelten kleinen Töchter, die nicht von ihrer Seite weichen wollen! Kann Notärztin Dr. Bergen das Allerschlimmste in letzter Sekunde noch verhindern?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Wir werden alles für dich tun!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: pixelheadphoto digitalskillet / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6451-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Als der Rettungswagen stoppt, sehe ich die schreckensbleichen kleinen Gesichter der Allmann-Zwillinge vor mir – und dann das völlig zerstörte Autowrack, aus dem die Feuerwehrleute gerade die bewusstlose Mutter der Mädchen bergen! Schon auf den ersten Blick wird klar, dass Verena Allmann sich bei dem Unfall auf der Landstraße schwerste Verletzungen zugezogen hat! Sie droht zu verbluten! Während meine Sanitäter und ich alles Menschenmögliche tun, um die junge Mutter zu retten, schneidet mir das verzweifelte Weinen ihrer Töchter tief ins Herz. »Tante Bergen, lass die Mama nicht sterben!«, ruft mir die kleine Tessa immer wieder zu.

Ich habe ihr und ihrer Schwester Nathalie versprochen, dass ihre Mama leben wird – doch während der Krankenwagen nun dem Elisabeth-Krankenhaus entgegenrast, kann ich nur beten, dass ich dieses Versprechen auch halten kann. Verena Allmann hat einfach zu viel Blut verloren …

»Verdammter Mist!« Frustriert schlug Verena Allmann mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. Was war heute nur mit ihr los, dass sie sich andauernd vertippte und Satzstellungen baute, als wäre sie noch in der dritten Klasse?

Sie lehnte sich in ihrem Bürostuhl zurück und schloss die Augen. Deutlich konnte sie das Rauschen ihres Blutes in den Adern spüren, von den Zehenspitzen bis zu den Ohren.

Nur heute? Verena verzog die Lippen. Sie sollte sich eher fragen, was überhaupt mit ihr los war, nicht nur heute.

Mehr und mehr wuchs ihr alles über den Kopf. Ihre selbstständige Arbeit als juristische Transkriptionistin, ihre Mutterpflichten, der Haushalt – einfach alles. Neun Jahre Ehe und die Geburt der Zwillinge schienen ein Wrack aus ihr gemacht zu haben. So kam sie sich jedenfalls allmählich vor. Dabei hätte sie allen Grund gehabt, um glücklich zu sein – damals, als sie noch eine Familie gewesen waren.

Verena gab einen bitteren Laut von sich. Glücklich sein … Wie fühlte sich das eigentlich an? Sie wusste es nicht mehr.

Es war schon zu lange her. Früher ja, da hatte es eine Zeit gegeben, wo sie glücklich gewesen war, mit Lutz und den Zwillingen. Doch dann hatten die Auseinandersetzungen begonnen und das Gefühl, dass ihr alles zu viel wurde, hatte ständig zugenommen. Sie hatte sich auch nicht träumen lassen, dass sie Zwillinge zur Welt bringen würde. Alles zweimal machen, alles im Doppelpack – manchmal wäre sie am liebsten auf und davon gelaufen.

Verena versuchte, sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren, doch es gelang ihr nicht. Sie konnte sich einfach nicht merken, was ihre frühere Chefin ihr auf einem digitalen Aufzeichnungsgerät diktiert hatte. Immer wieder musste sie zum Anfang zurückkehren, weil sie mitten im Satz den Faden verloren hatte. Dass sie morgen früh das fertige Dokument abliefern musste, machte sie noch nervöser.

Ihre frühere Chefin, das war Rechtsanwältin Susanne Weimar. Bis zur Geburt der Zwillinge war Verena bei ihr als Anwaltsgehilfin beschäftigt gewesen. Drei Jahre später, nachdem Tessa und Natalie in den Kindergarten gekommen waren, hatte Verena nicht mehr nur Hausarbeit erledigen wollen. So traf es sich gut, dass Susanne Weimar eine Schreibkraft suchte, die ihre gesprochenen Texte in schriftliche Berichte umwandelte.

Verena hatte ein juristisches Transkriptionstraining absolviert, hatte die Prüfungen mit Auszeichnung bestanden und war seitdem lizenzierte Transkriptionistin. Außer für ihre frühere Chefin arbeitete sie auch noch für verschiedene andere Juristen.

Verena seufzte. Wäre alles anders gekommen, wenn sie sich nicht selbstständig gemacht hätte und nur für die Familie da gewesen wäre? Wäre Lutz dann nicht ausgezogen, weil er die ständigen Auseinandersetzungen, ihr hektisches Wesen und ihre ganze veränderte Persönlichkeit nicht mehr ertragen konnte, wie er sich ausgedrückt hatte?

Sie hatte sich tatsächlich verändert, das war ihr selbst bewusst, auch wenn sie es gern verdrängte. Aber war das nach einer Zwillingsgeburt nicht völlig normal? Immerhin hatte sich ihr ganzes Leben verändert. Drei Jahre lang hatte sie nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können und war den ganzen Tag mit Kindern, Haushalt und Garten eingespannt gewesen. Und Lutz war auch noch da gewesen. Er hatte zwar mitgeholfen, wo er nur konnte, doch er hatte auch seinen Beruf als Fachinformatiker gehabt, der ihn gefordert hatte.

Unversehens stieg Ärger in ihr auf. Wie hatte er behaupten können, sie wäre nicht mehr die Frau, die er geheiratet hatte? Er hatte ja so getan, als hätte sie sich zu einem völlig fremden Wesen entwickelt! Neun Jahre gingen eben nicht spurlos an einem vorbei. Auch er war nicht mehr der romantisch verlangte Dreiundzwanzigjährige, der sie auf Händen getragen und ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen hatte.

Neun Jahre wurden es diesen Sommer, dass sie sich in der Klosterruine Hohenthal das Jawort gegeben hatten. Ein freier Pfarrer hatte sie in dem alten Gemäuer getraut. Es war eine wunderbare Hochzeit gewesen, wenn auch nur im kleinen Kreis, denn sie hatten beide nicht viel Verwandtschaft. Das Hochzeitsessen hatte in einem Gasthof nahe der Klosterruine stattgefunden. Verena wusste sogar noch das Menü: Saltimbocca vom Hirschrücken mit Pfifferlingsrahmsoße und Kartoffelgratin.

Verena lächelte in der Erinnerung an diese glückliche Zeit. Es war ein Lächeln, das ihr Gesicht verschönte und die unwilligen Stirnfalten glättete. Doch dann wurde ihr wieder bewusst, wie lange das schon her war und dass diese glückliche Zeit nie wiederkehren würde. Der Hals wurde ihr eng von aufsteigenden Tränen.

Sie suchte nach einem Taschentuch, aber die Packung war leer. Sofort stieg neuer Ärger in ihr auf. Warum hatte sie eigentlich nie Glück, egal, was sie anfasste?

Verena stand so heftig von ihrem Bürostuhl auf, dass er gegen die Wand schlitterte und dabei den Papierkorb umstieß. Es war ihr egal. Ärgerlich ging sie hinüber ins Bad, um sich die Nase zu putzen.

Mit Abscheu betrachtete sie ihr Spiegelbild. Wie sie aussah! Alt, verhärmt und … ja, krank irgendwie. Sie fühlte sich zwar nicht wirklich krank, doch zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass eine schleichende Krankheit die Ursache ihrer veränderten Persönlichkeit sein könnte.

Unsinn, sagte sie sich dann. So etwas gab es gar nicht. Vielleicht bin ich ja psychisch krank, räumte sie ein, das konnte eher zutreffen. Aber dann schob sie auch diesen Gedanken ärgerlich zur Seite. Sie konnte es sich gar nicht leisten, krank zu sein, in keiner Form. Sie hatte Verantwortung, arbeitete mit geheimen Dokumenten, die stets eilig waren und am nächsten Tag abgeliefert werden mussten, wenn nicht noch am selben Tag, und sie hatte die lebhaften Zwillinge zu versorgen.

Urlaub, dachte sie sehnsüchtig. Urlaub mit den Kindern wäre schön. Zum Beispiel auf einem Bauernhof im Bayerischen Wald, wo die Zwillinge genug Abwechslung hatten und sie jeden Tag ein paar Stunden arbeiten konnte. Denn das war das Schöne an ihrem Beruf, dass sie ihre Transkriptionen von jeder Ecke der Welt aus verschicken konnte. Sie musste nicht unbedingt zu Hause sitzen, wo ihr immer öfter die Decke auf den Kopf fiel.

Verena strich sich eine Strähne ihres kastanienbraunen Haares hinters Ohr zurück. Sie fand, dass ihr Haar ohne jeden Glanz war, ebenso ihre braunen Augen, in denen ein unsicherer, fast ängstlicher Ausdruck stand. Eins ihrer Augenlider zuckte nervös, um ihren farblosen Mund waren bittere Linien eingegraben.

Sie schüttelte den Kopf. Kaum zu glauben, dass sich ein relativ gut aussehender und charmanter Mann für sie interessierte. Sie hatte Stefan kennengelernt, als sie auf der Treppe des Gerichtsgebäudes ins Straucheln gekommen war und gestürzt wäre, wenn er sie nicht aufgefangen hätte.

Besonders peinlich war ihr gewesen, dass ihr die Taschenriemen vom Arm gerutscht und der ganze Inhalt aus der Tasche gefallen war. Dokumente, Handy und Geldbörse, Lippenstift und Apfel waren zusammen mit anderen persönlichen Sachen munter die Stufen hinuntergekullert. Es war einer jener Augenblicke gewesen, wo man am liebsten im Boden versunken wäre.

Mit der größten Selbstverständlichkeit hatte Stefan alles wieder eingesammelt und ihr überreicht. Verena konnte noch heute die Hitze spüren, die ihr in den Kopf gestiegen war. Andererseits war sie auch froh gewesen, dass ihr dieses Malheur passiert war. Denn so hatte sie Stefan kennengelernt.

Zum ersten Mal seit der Trennung von Lutz hatte ein Mann ihr Interesse geweckt. Sie hatte sich bei Stefan bedankt und ihn gefragt, wie sie sich revanchieren könne. Da es um die Mittagszeit gewesen war, hatte er vorgeschlagen, ihm beim Essen Gesellschaft zu leisten. Er hatte vorgehabt, in den Balkan-Grill zu gehen, was sein Lieblingsrestaurant war, und Verena hatte sich ihm gern angeschlossen.

Während des Essens hatten sie sich nett unterhalten, und es hatte sich herausgestellt, dass er derselben Verhandlung beigewohnt hatte wie sie. Er war Verena nur nicht aufgefallen, weil der Gerichtssaal brechend voll gewesen war. Stefan hatte sich als Journalist einer bekannten Tageszeitung vorgestellt und sie gefragt, ob sie ebenfalls aus dieser Branche kam.

Verena hatte verneint. Sie hatte das Verfahren um diesen Umweltskandal nur verfolgt, weil Susanne Weimar die Verteidigerin gewesen war. Verena hatte sich dafür interessiert, denn sie hatte die Transkriptionen erstellt.

Stefan hatte Interesse gezeigt, als sie ihm von ihrer beruflichen Tätigkeit erzählt hatte. Beim Abschied hatte er gefragt, ob er sie wiedersehen dürfe, und sie hatte zugestimmt, mit ihm ein paar Tage später essen zu gehen.

Das war vor fast zwei Wochen gewesen. Seitdem hatten sie nur ein Mal miteinander telefoniert. Verena wusste nicht, wann und ob sie sich wiedersehen würden.

Wahrscheinlich findet er mich ebenso anstrengend wie Lutz, dachte sie traurig. Einen Moment lang wurde sie von einer depressiven Stimmung eingeholt, dann wurde sie fast aggressiv.

»Ach, zum Teufel mit allen Männern!« Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse und schlug die Badezimmertür hinter sich zu.

***

Verena kehrte wieder in das Zimmer zurück, das sie sich als Büro eingerichtet hatte. Damit sie auch wirklich in Ruhe arbeiten konnte, war den Kindern der Zutritt streng untersagt. Aber auch Freunde durften den Raum nicht betreten, damit die Dokumente auch wirklich geheim blieben und niemand zufällig einen Blick auf einen Namen oder eine Begebenheit erhaschte.

Es gelang ihr, sich für eine Weile auf ihre Arbeit zu konzentrieren, dann wurde sie vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Es war die Anwaltskanzlei Richter und Kiepenhoff. Die Sekretärin fragte an, ob sie ihr Audio-Aufzeichnungen zur schriftlichen Übertragung zusenden dürfe. Verena ließ sich kurz erklären, worum es ging, und stimmte dann zu.

Sie widmete sich wieder ihrer Arbeit, wurde jedoch eine halbe Stunde später abermals unterbrochen, diesmal von einer E-Mail. Der juristische Berater ihrer Hausbank brauchte sie für eine Transkription. Natürlich sagte sie auch bei ihm nicht Nein. Und so schickten ihr die beiden Klienten innerhalb von kurzer Zeit ihre Tonaufzeichnungen zu.

Später, als Verena eine Kaffeepause einlegte und mit ihrer Tasse in der Hand am Küchenfenster stand und in den maigrünen Garten hinausblickte, fragte sie sich allerdings, ob sie verrückt geworden war. Warum in aller Welt hatte sie diese beiden Aufträge angenommen? Hatte sie Angst, dass ihr die Arbeit ausgehen könne? Sie kam doch ohnehin nur mit großer Mühe nach.

Verena trank ein paar Schlucke von ihrem Kaffee. Ja, sie hatte tatsächlich Angst, eines Tages ohne Arbeit dazusitzen, so verrückt es auch war. Denn sie hatte eher zu viele Aufträge als zu wenige. Ihre Kräfte ließen auch allmählich nach, was sie nicht leugnen konnte.

Seit der Geburt der beiden Mädchen war sie einfach nicht mehr so belastungsfähig wie früher. Trotzdem nahm sie oft mehr Aufträge an, als sie schaffen konnte. Oder, besser gesagt, bequem schaffen konnte. Denn pünktlich liefern musste sie unter allen Umständen. Das war oft mit Hektik verbunden, unter der auch die Kinder litten.

Es gibt Menschen, die können nur unter Druck arbeiten, hatte sie irgendwo mal gelesen. Gehörte auch sie zu ihnen?

Möglicherweise. Außerdem konnte sie nur arbeiten, wenn es im Haus absolut still war. Wie oft hatte sie sich beschwert, weil Lutz und die Kinder den Fernseher so laut gestellt hatten. Dabei hatten sie die Lautstärke gar nicht so sehr aufgedreht. Doch sie hatte trotzdem alles hören können, und es hatte sie wahnsinnig gemacht.

Verena verbot es sich, länger über diese Misere nachzudenken. Sie musste zusehen, dass sie noch etwas schaffte, bevor die Kinder von der Schule nach Hause kamen. Denn dann war es aus mit der Ruhe. Zumindest so lange, bis sie später vor dem Fernseher saßen. Und bis sie endlich im Bett waren.

Angestrengt arbeitet sie, bis ihr Blick auf die Uhrzeit fiel. Verena erschrak. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass es schon so spät war. Normalerweise war das Klingeln der Kinder das Zeichen für sie, mit der Arbeit aufzuhören und eine längere Mittagspause einzulegen.

Angst stieg in ihr hoch, als ihr bewusst wurde, dass die beiden seit mehr als einer halben Stunde überfällig waren. War etwas passiert? Der Schulbus hielt vorne an der Ecke, da brauchten sie nur ein kurzes Stück die Straße hinunterzugehen.

Verena stand auf. Nervös fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar. Heute war doch Donnerstag, oder?

Sicherheitshalber schaute sie noch einmal auf dem Stundenplan nach, der an der Wand hing und den Tessa und Natalie mit bunten Blümchen verziert hatten. Heute hatten sie um zwölf Uhr Schulschluss. Jetzt war es kurz vor eins.

Verena ging zum Telefon und rief in der Schule an. Dort erfuhr sie, dass der Unterricht für die Kinder der zweiten Klasse pünktlich geendet hatte. Sie bedankte sich und legte wieder auf.

Ob sie den Bus verpasst hatten? In diesem Fall konnten sie mit ihrer Schülerkarte auch mit dem normalen Stadtbus fahren. Aber dann hätten sie ebenfalls schon längst da sein müssen.

Der Streit beim Frühstück fiel ihr wieder ein. Wie üblich hatte sie die Zeit vom Wecken der Kinder bis zu dem Zeitpunkt, wo sie das Haus verließen, dazu genutzt, um verschiedene Hausarbeiten zu erledigen, um dann anschließend bis Mittag ungestört arbeiten zu können. So hatte sie unter anderem auch das Mittagessen vorbereitet, eine schöne Gemüsesuppe mit Tofuwürfeln.

Als die Zwillinge das gesehen hatten, war der Protest groß gewesen. Sie hatten die Nasen gerümpft und wollten »so ein Zeug« nicht essen. Stattdessen hatten sie nach Spaghetti verlangt. Doch die hatte es in dieser Woche bereits zwei Mal gegeben.

Dass sie deswegen von der Schule nicht nach Hause kamen, konnte Verena sich trotzdem nicht vorstellen. Sie seufzte. War sie zu streng mit den Kindern, vor allem, was das Essen anbetraf? Natürlich würden sie lieber so ungesunde Sachen wie Pizza, Pommes mit Ketchup und Döner von der Bude essen. Doch das erlaubte Verena nicht, höchstens mal eine Pizza.

Wenn sie bei ihrem Vater waren, bekamen sie natürlich, was sie wollten. Der erlaubte ihnen ja alles und stopfte sie voll mit Junkfood. Diese Sünden musste Verena schließlich mit gesunder Ernährung wieder ausgleichen.

Ihr Vater! Plötzlich wusste Verena, wo sie ihre Kinder zu suchen hatte. Hatten sie nicht gesagt, dass ihr Papa ein paar Tage freihatte?

Zorn loderte in ihr auf. Schon hatte sie das Telefon in der Hand, doch bevor sie Lutz’ Nummer wählen konnte, fing der Apparat zu klingeln an.

Es war die Sekretärin der Schule.

»Ich habe gerade in Erfahrung gebracht, dass Ihre beiden Töchter in den Schulbus der Linie einundzwanzig gestiegen sind, weil sie zu ihrem Vater fahren wollten«, sagte sie. »Sie brauchen sich also keine Sorgen mehr zu machen, Frau Allmann.«

Keine Sorgen? Beinahe hätte Verena eine unhöfliche Erwiderung gegeben. Sorgen vielleicht nicht, doch sie war hell empört über die Eigenmächtigkeit der Zwillinge. Und Lutz hielt es nicht einmal für nötig, sie anzurufen und ihr Bescheid zu geben, dass Tessa und Natalie bei ihm waren?!