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Schlank um jeden Preis
Joggen, Fitness-Center, Ernährungspläne und Diäten - das sind die Pole, um die sich das Leben der jungen Kristina Maybach dreht. Dass sie längst in eine gefährliche Fitness-Sucht abgedriftet ist, merkt sie viel zu spät: Da ist ihr Körper am Ende seiner Kräfte angelangt und völlig ausgezehrt ...
***
Wie in Trance setzt die hübsche Kristina einen Fuß vor den anderen. Eins und zwei und eins und zwei, ruhig und gleichmäßig atmen! Ein Blick auf die Fitness-Uhr sagt ihr, dass sie ihr Tempo noch deutlich steigern muss. Gestern hat sie die Strecke in unter zwei Stunden geschafft - das muss sie heute unterbieten, unbedingt! Doch das Stechen im Knöchel scheint schlimmer zu werden, und der Atem brennt in ihrer Lunge. Jetzt nur nicht zimperlich werden, feuert Kristina sich an. Das sind nur die Auswirkungen der Erkältung. Davon lasse ich mich im Training doch nicht bremsen ...
Dass sie mit ihrer Gesundheit Raubbau betreibt und längst in eine bedrohliche Fitness-Sucht abgerutscht ist, will Kristina nicht wahrhaben. Andrea Bergens Warnungen verklingen ungehört. Als die Notärztin Kristina nach einem dramatischen Absturz im Kletterpark findet, ist die junge Frau ohne jedes Bewusstsein und ringt mit dem Tod ...
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Schlank um jeden Preis
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: GlobalStock / iStockphoto
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-6652-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Oh mein Gott! Gerade bin ich unserer jungen Verwaltungsangestellten Kristina Maybach im Klinikpark begegnet, wo sie wieder einmal in der Pause ihre vielen Joggingrunden dreht. Verschwitzt, verschnupft und völlig abgehetzt! Und krebsrot im Gesicht – entweder vom Fieber oder von der Anstrengung! Dabei weiß ich, dass ihr Arzt ihr nach der schweren Grippe jede Art von Sport verboten hat. Und auch ich habe sie davor gewarnt, was ihr blüht, wenn sie sich nicht endlich schont. Herzbeutelentzündung, Perikard-Erguss und Herztamponade sind nur einige der möglichen schwerwiegenden Komplikationen. Und dann kann alles für sie zu Ende sein …
Doch alle Warnungen sind bisher ungehört verklungen. Nichts kann Kristina zur Vernunft bringen – allenfalls ein totaler Zusammenbruch. Und der wird vermutlich nicht mehr lange auf sich warten lassen …
»Haben Sie die Neue in der Verwaltung schon kennengelernt, Frau Doktor?«, fragte Jupp Diederichs, der Fahrer des Rettungswagens.
»Sieht toll aus. So schlank und fit.« Ewald Miehlke, der Rettungssanitäter im Team, biss herzhaft in seine Bratwurstsemmel.
»Ich weiß, was du meinst. Super Figur. Und dieses Lächeln …« Jupp lächelte selbst ganz verklärt.
»Sie treibt bestimmt regelmäßig Sport«, glaubte Ewald Miehlke zu wissen.
»Klar tut sie das. Ich hab sie gestern durch den Park joggen sehen.«
»Den Rheinpark? Warst du wieder auf dem Spielplatz?« Ewald Miehlke grinste.
»Quatsch!«, versetzte sein Kollege und Kumpel brummig. »Dir sollte man erst gar nichts erzählen. Nicht der Rheinpark, unser Park am Krankenhaus. Klar, groß ist er nicht. Dafür ist sie auch zwei Mal durchgejoggt, wenn nicht sogar drei Mal.«
Miehlkes Grinsen wurde breiter. »Du hast sie beobachtet?«
»Macht eben Spaß, ihr zuzusehen. Diese geschmeidigen Bewegungen, diese Anmut, diese … dieses … man kann es einfach nicht beschreiben.«
Ewald Miehlke leckte sich den Senf von den Fingern. »Dass dir mal die Worte ausgehen … Frau Doktor, wann ist das schon mal vorgekommen?«
»Von wem redet ihr eigentlich?« Andrea Bergen, die hübsche dunkelblonde Notärztin im Elisabeth-Krankenhaus, hatte ihren beiden Sanitätern nur flüchtig zugehört, denn sie war mit ihren Gedanken noch ganz bei ihrem letzten Einsatz gewesen. Eine junge Frau war bei einem Autounfall schwer verletzt worden, und es war fraglich, ob sie überlebte.
»Von der Neuen in der Verwaltung«, klärte Jupp seine Chefin auf. »Weiß gar nicht, wie sie heißt, denn offiziell ist sie uns noch nicht vorgestellt worden. Aber sie ist so was von hübsch – einfach zum Anbeißen!«
»Ah, ich verstehe.« Ein verständnisinniges Lächeln spielte um Andreas Lippen. »Sorry, dass ich Ihnen noch nicht geantwortet habe, Jupp – nein, ich habe dieses Wunderwesen noch nicht kennengelernt, habe aber gehört, dass sie sehr tüchtig und zuverlässig sein soll.«
»Und attraktiv«, betonte Miehlke abermals.
»Attraktiver als Schwester Grit?«, fragte Andrea amüsiert. Jupp und Ewald ließen keine Gelegenheit aus, um mit der bildhübschen jungen Pflegerin in der Notaufnahme zu schwatzen, wenn nicht zu flirten. Doch das hatte weiter nichts zu bedeuten, denn beide waren glücklich verheiratet.
Jupp kratzte sich am Kopf. »Hm, nun ja …« Es klang sehr einschränkend.
»Nicht ganz, aber fast«, war Miehlkes Meinung.
»Na, ich werde mir selbst ein Bild von ihr machen.« Andrea stand auf und schob ihren Stuhl an den Tisch zurück.
»Sie verlassen uns, Chefin?«, fragte Jupp mit enttäuschter Miene. »Gerade wollte ich frischen Kaffee aufbrühen.«
»Der wird Ihnen auch ohne mich schmecken. Ich werde mal nach unserem Unfallopfer sehen. Dieser Einsatz ist mir doch ziemlich nahegegangen.«
»War ja auch übel«, stimmte Miehlke ihr zu.
»Hoffentlich ist sie noch am Leben«, meinte Jupp.
»Ich werde es gleich herausfinden. Bis später.« Andrea nickte den beiden Männern zu und verließ den Bereitschaftsraum.
Drüben auf der Intensivstation erfuhr sie, dass Eva Breitner in ein künstliches Koma versetzt worden war, um ihren Körper zu entlasten und sie effektiver behandeln zu können.
»Es sieht nicht gut aus, aber es besteht auch noch kein Grund, die Hoffnung aufzugeben«, meinte Dr. Kremmers, der Chirurg auf der Intensivstation. »Sie haben hervorragende Vorarbeit geleistet, das hat sogar unser eingebildeter Dr. Anger gesagt.«
Andrea runzelte zweifelnd die Stirn. »Erst letzthin hat Anger verlauten lassen, dass er kaum noch eine Chance hat, einem Patienten das Leben zu retten, wenn dieser ihm schon so schlecht versorgt auf den Operationstisch gelegt wird. Das war auf mich und mein Team gemünzt.«
Dr. Kremmers machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich habe davon gehört. Das war, als der Patient ihm auf dem Operationstisch unter den Händen wegstarb. Da musste Anger natürlich einen Schuldigen finden, denn seine Schuld konnte es ja unmöglich gewesen sein. Er ist doch der Halbgott mit den goldenen Händen. Hatten Sie nicht ebenfalls an dieser Notoperation teilgenommen?«
»Erinnern Sie mich nicht daran! Anger hatte sich anschließend unmöglich aufgeführt. Wäre der Patient nicht tot gewesen, wäre er bei dem Geschrei sicher aus der Narkose erwacht.«
Lars Kremmers nickte. »Deswegen hat Anger vom Chef auch einen ordentlichen Rüffel gekriegt.«
»Den braucht er manchmal auch.« Andrea schob die Hände in die Taschen ihres weißen Kasacks. »Ich würde gern kurz nach der Patientin sehen, wenn nichts dagegen spricht«, kam sie wieder auf den Grund ihres Besuchs zurück.
»Selbstverständlich, Frau Bergen. Zimmer acht.« Lars Kremmers machte eine einladende Armbewegung.
»Danke.« Andrea nickte ihm zu und ging zu dem besagten Krankenzimmer.
Bleich und stumm lag die Patientin im Bett, mit Kabeln und Drähten an alle möglichen Apparaturen angeschlossen, die ihre Vitalfunktionen aufzeichneten. Sie wurde künstlich beatmet und über eine Magensonde ernährt.
Andrea betrachtete sie mitfühlend. Sie war noch so jung. Stand ihr Leben bereits vor dem Ende? Es würde ihr so unendlich leidtun.
Im nächsten Moment zuckte sie leicht zusammen, als sich ihr Pager meldete. Sie nahm ihn vom Hosenbund und warf einen Blick auf das Display.
Ein neuer Einsatz rief sie fort. Eilig verließ sie die Intensivstation.
Hoffentlich nicht wieder so ein schlimmer Unfall!, dachte sie, während sie hinaus zum Rettungswagen lief, der bereits mit laufendem Motor unter dem Vordach vor der Notaufnahme stand.
***
Kristina Maybach warf einen raschen Blick auf ihre Fitness-Uhr. Ja, es blieb ihr noch genügend Zeit für eine dritte Jogging-Runde im Rheinpark. Dann aber musste sie sich beeilen, um an ihren neuen Arbeitsplatz in der Verwaltung des Elisabeth-Krankenhauses zu kommen. Sie wollte nicht gleich in der ersten Woche durch Zuspätkommen auffallen.
Aber auch das Joggen war wichtig, vor allem nach dem Schock an diesem Morgen, als sie auf der Waage gestanden hatte. Kristina konnte nicht sagen, wie es passiert war, doch plötzlich wog sie ein ganzes Pfund mehr. Dabei hatte sie in der letzten Woche besonders auf das geachtet, was sie aß, und sorgfältig alle Kalorien gezählt. Und nun das!
Dieses überflüssige Pfund musste weg. Heute noch. Denn wenn sie die Dinge schleifen ließ, würden aus dem einen Pfund rasch zwei oder gar drei werden. Und das würde einer Katastrophe gleichkommen.
Kristina nahm ein paar Schlucke aus der Wasserflasche und steckte sie wieder zurück in ihren Sportgürtel. Dann machte sie sich an die dritte Runde.
Leichtfüßig und vollkommen konzentriert joggte sie dahin. Sie hatte weder einen Blick für die Schiffe auf dem Rhein noch für die herrlich blühenden Sträucher oder die Eichhörnchen und Spatzen, die auf Leckerbissen der Parkbesucher warteten.
»Hallo, wie geht’s?«, rief ihr ein ihr entgegenkommender Jogger zu, dem Kristina schon ein paar Mal begegnet war. Er verlangsamte seinen Schritt und blieb schließlich stehen, doch Kristina hatte weder Lust noch Zeit für eine Plauderei.
»Prima geht’s, schönen Tag noch!«, antwortete sie dem Mann und beschleunigte.
Nass geschwitzt kam sie nach dieser letzten Runde wieder am Parkplatz an, auf dem ihr Auto stand. Kristina trank noch einen Schluck Wasser und stieg ein.
Der Weg zum Elisabeth-Krankenhaus war nicht weit. Es dauerte keine zwei Minuten, und sie war auf dem Personalparkplatz angelangt. Sie stellte ihr Auto ab und nahm ihre Sporttasche an sich.
»Ah, unsere Sportlerin, einen schönen guten Morgen!«, begrüßte Paul Ahlers, der weißhaarige Pförtner, sie gut gelaunt, als sie in der Eingangshalle an seiner Loge vorbeikam. »Schon wieder in aller Frühe gejoggt?«
»Das muss sein, wenn man fit bleiben will«, erwiderte Kristina, winkte ihm zu und ging weiter zu dem modernen Anbau hinter den Verwaltungsbüros, wo die ambulanten Therapien wie Chemotherapie, Dialyse und Physiotherapie durchgeführt wurden. Dort gab es im Waschraum auch Duschen, was Kristina sehr begrüßte. So musste sie nach dem Joggen nicht erst wieder nach Hause fahren und verlor keine wertvolle Zeit. Denn Zeit, die sie – außer ihrer Arbeit – nicht mit Joggen und anderem Fitness-Training verbringen konnte, war für sie verlorene Zeit.
Kristina duschte und zog die mitgebrachten Kleidungsstücke an. Ihr blondes Haar, das sie beim Sport zu einem Pferdeschwanz gebunden trug, ließ sie offen auf die Schultern fallen. In schicken Jeans, die ihre schlanke Figur betonten, und einem modischen rostfarbenen Top verließ sie den Waschraum und betrat kurz darauf das Verwaltungsbüro.
»Mhm, Sie duften aber gut«, bemerkte ihr Kollege Arno Müller Klein, als Kristina an seinem Schreibtisch vorbeiging. »Darf ich mal?« Er stand auf, zog sie am Arm zu sich her und schnupperte an ihrem Hals. »Mhm, so gut«, wiederholte er mit einem verliebten Seufzer.
Kristina schubste ihn lachend von sich. »Ich schenke Ihnen das Shampoo zum Geburtstag.«
Von der Tür her kam eine unangenehm klingende Frauenstimme. Sie gehörte Sigrid Kühnle, dem Vorzimmerdrachen des Verwaltungschefs Philipp Grossert. »Unterbreche ich Sie gerade bei was?«, bemerkte sie spitz. »Offenbar nicht bei der Arbeit, wie ich sehe.«
»Riechen Sie mal, wie gut Kristina duftet.« Der flapsige junge Verwaltungsassistent ließ sich von dem tadelnden Tonfall der älteren Chefsekretärin nicht weiter beeindrucken.
»Kristina?« Sigrid Kühnle verzog die schmalen Lippen. »Ist nun auch bei uns in der Verwaltung diese Unsitte eingekehrt, dass man sich beim Vornamen nennt und duzt, obwohl man sich kaum kennt?«
»Wir duzen uns nicht«, erwiderte Kristina kühl, während sie sich an ihrem Arbeitsplatz niederließ. Sie konnte die Kühnle ebenso wenig leiden wie Arno und schlug sich natürlich auf seine Seite.
Sigrid Kühnle bedachte sie mit einem bösen Blick. »Ich würde es sehr begrüßen, wenn in unserer Verwaltung ein geruchsfreies Ambiente herrschen würde«, teilte sie den beiden jungen Leuten dann mit. »Viele Menschen reagieren heutzutage allergisch auf chemische Duftstoffe. Außerdem finde ich es vollkommen unpassend, sich am Arbeitsplatz mit Parfüm einzustäuben.«
Kristina wurde rot vor Ärger. »Selbstverständlich würde ich das nicht tun«, gab sie etwas patzig zurück. »Was Sie riechen, ist mein Shampoo. Ich komme gerade aus der Dusche.«
»Es gibt auch geruchsfreie Shampoos«, versetzte Sigrid Kühnle. »Und überhaupt – warum müssen Sie bei uns im Krankenhaus duschen? Können Sie das nicht zu Hause tun?«
»Kristina joggt jeden Morgen vor der Arbeit eine Stunde im Rheinpark«, nahm Arno die neue Kollegin in Schutz. »Es wäre doch unsinnig, wenn sie nach dem Jogging erst wieder nach Hause fahren müsste.«
Sigrid Kühnles Blick hinter schmucklosen Brillengläsern wurde noch eine Spur feindseliger. Schon Arno mit seinem frechen Mundwerk kostete sie eine Menge Nerven, nun schien auch die Neue zu den jungen Leuten von heute zu gehören, die sich nichts mehr sagen ließen.
»Auf jeden Fall möchte ich in Zukunft in unserem Büro nicht von solchen schweren Gerüchen eingenebelt werden«, bat sie sich in zurechtweisendem Ton aus. »Ich bin sicher, dass auch Herr Grossert dies begrüßen wird.«
In diesem Moment betrat der rothaarige Verwaltungschef das Büro und legte einen Aktenordner auf Arnos Schreibtisch.
»Wen oder was werde ich begrüßen?«, fragte er mit hochgezogenen Brauen.
Arno grinste, als er sah, dass der Kühnle vor Verlegenheit die Röte ins Gesicht stieg.
»Ich … ich meinte …« Sigrid Kühnle räusperte sich und straffte die molligen Schultern. »Es ging um penetrante kosmetische Gerüche, die am Arbeitsplatz nicht angebracht sind. Ich dachte … nachdem ich wusste …«
Philipp Grossert fuhr sich mit der Hand über das glatt rasierte Kinn. »Finden Sie mein Aftershave zu aufdringlich?«, unterbrach er das Gestammel seiner Chefsekretärin.
»Es ging um mein Shampoo«, erklärte Kristina ihrem neuen Chef.
»Ich finde den Geruch sehr angenehm«, bemerkte Arno, woraufhin er sich einen bösen Blick von der Kühnle einhandelte.
Philipp Grossert machte eine unwillige Handbewegung. »Ich denke, es gibt wichtigere Dinge zu erledigen. Frau Maybach«, wandte er sich an die neue Sachbearbeiterin. »Ich brauche Sie heute Morgen in meinem Büro. Es geht um verschiedene Anschaffungen für den Rettungswagen, die Dr. Bergen beantragt hat, ebenso um bestimmte teure Therapien, die sie und Oberärztin Dr. Keller für eine Patientin beantragt haben. Außerdem …«
»Aber diese Angelegenheit sollte doch ich bearbeiten«, mischte Sigrid Kühnle sich ein. Ihr Blick drückte Fassungslosigkeit aus. Sollte sie tatsächlich übergangen und die Neue ihr vorgezogen werden?
»Für Sie habe ich später andere Aufgaben. Herr Müller Klein, es wäre prima, wenn Sie sich dieser Akten annehmen und sie so schnell wie möglich bearbeiten würden.«
»Wird gemacht, Chef«, erwiderte Arno bereitwillig.
***
»Schön, dass Sie ein wenig früher kommen konnten, Herr Stellmacher.« Andrea Bergen freute sich, als ihr Notarztkollege sie eine halbe Stunde früher vom Dienst ablöste.
Clemens Stellmacher nahm den Pager entgegen, den sie ihm reichte.
»Ist doch selbstverständlich, Frau Bergen. Sie sind für mich auch schon oft eingesprungen. Und da Sie heute so netten und seltenen Besuch bekommen, freue ich mich, Ihren Feierabend ein wenig verlängern zu können.«
»Danke, Herr Stellmacher. Das weiß ich wirklich zu schätzen.« Andrea verabschiedete sich von ihm und den Kollegen in der Notaufnahme und ging hinaus zu ihrem Wagen.
Auf dem Nachhauseweg hielt sie noch an der Weinhandlung an. Sie wusste, dass Jonas Weinliebhaber war, und wollte ihm seinen Lieblingswein vorsetzen. Normalerweise bezogen sie diesen vom Weingut Grevenstein, doch vor ein paar Tagen war ihnen der Vorrat ausgegangen, und sie waren noch nicht dazu gekommen, auf dem Gut Nachschub zu holen.
Andrea lächelte erwartungsvoll, als sie in die Einfahrt zur Bergen’sehen Villa fuhr. Sie freute sich sehr darauf, Jonas Amrich, einen Studienfreund ihres Mannes, wiederzusehen. Mehr noch – Jonas würde in Zukunft wieder ganz hier am Rhein leben. Vor Jahren hatte es ihn nach Australien verschlagen, doch nach einer gescheiterten Ehe kehrte er nun wieder in die alte Heimat zurück.
»Ich bin zu Hause«, rief Andrea ins Innere der Villa, nachdem sie die Diele betreten hatte. Aus dem Wohnzimmer erklangen Männerstimmen, in der Küche, aus der verlockende Essensdüfte zogen, war Geschirrklappern zu hören.
Einen Moment später erschien Franzi in der Küchentür. »Mama!«, rief sie und lief ihr entgegen. »Schön, dass du da bist!«
»Und ich freue mich, wieder bei euch zu Hause zu sein.« Andrea schloss ihre zwölfjährige Adoptivtochter in die Arme. »Hast du Omi in der Küche geholfen?«
Franzi nickte. »Es gibt was ganz Leckeres zum Abendessen. Unser Besuch ist übrigens schon da.«
»Ich hab’s an den Stimmen im Wohnzimmer gehört. Ich freue mich auf Jonas.«
»Der ist auch total nett.« Franzi hatte den Studienfreund ihres Adoptiwaters gerade erst kennengelernt.
»Ich weiß.« Lächelnd schlüpfte Andrea aus ihren Schuhen.
Franzi hatte es eilig. »Ich muss zurück in die Küche«, rief sie. »Bis später.« Damit war sie schon wieder verschwunden.
Andrea betrat das Wohnzimmer.
»Andrea!« Ein bärtiger Mann mit einer Baskenmütze auf dem dunklen Haar erhob sich aus einem der Sessel.
»Jonas! Willkommen zurück.«
Es gab eine herzliche Begrüßung, der Werner Bergen schmunzelnd zusah. Erst dann bekam er von seiner Frau ein Küsschen.
Andreas Blick fiel auf die Weinflasche und die beiden Gläser auf dem Tisch.