Notärztin Andrea Bergen 1362 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1362 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

Wir brauchen keinen Mann! - Die Notärztin und einer turbulenter Frauen-Haushalt


Misstrauisch lauscht die hübsche Marlies nach draußen, doch drüben, im Haus des neuen Nachbarn Jonas, ist seit Stunden alles still. Kein nerviges Trompetenspiel, kein Hämmern im Garten, nicht einmal Jonas’ dicker Kater Blasius ist zu sehen! Seltsam, das Auto steht doch in der Einfahrt! Als auch am frühen Nachmittag noch kein Lebenszeichen von drüben erkennbar ist, klingelt Marlies an Jonas’ Tür - vergebens. Aber Blasius steht am Treppenfester und scheint verzweifelt zu miauen! Ob seinem Herrchen etwas zugestoßen ist? Ja, es kann nicht anders sein! Wider Willen spürt Marlies, wie eine leise Angst nach ihrem Herzen greift - ausgerechnet um Jonas, der den drei Gardner-Frauen Marlies, Kerstin und Svenja seit seinem Einzug nur Scherereien bereitet hat ...

Kurz entschlossen steigt Marlies durchs Kellerfenster ins Nachbarhaus ein - und dieser Einbruch soll ungeahnte Folgen haben für ihr armes, viel zu lange "männerfreies" Herz ...

***

Notärztin Andrea Bergen ist eine Frau, deren Leben den Kranken gehört - aber auch mit eigenen Wünschen und Sehnsüchten nach Liebe und Geborgenheit. Spannungsreich und bewegend sind die Geschichten um sie und ihre Arbeit am Elisabeth-Krankenhaus.
Es sind Geschichten, die das Leben schrieb: voller Menschlichkeit und Herzensgüte, doch auch von Schicksalsschlägen und Trauer.

Genießen Sie alle 14 Tage eine neue, bewegende Geschichte rund um die starke 'Notärztin Andrea Bergen'.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.

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Seitenzahl: 125

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Inhalt

Cover

Impressum

Wir brauchen keinen Mann!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Monkey Business Images / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-7157-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Notruf aus dem Weimarer Weg 36 – schon wieder! »Wir brauchen keinen Mann – wir schaffen alles allein.« Das ist das Motto der drei Gardner-Frauen Marlies, Kerstin und Svenja – doch immer wieder kommt es im Haus von Oma, Mutter und kleiner Enkelin zu häuslichen Pannen! Diesmal hat die hübsche Kerstin bei Arbeiten an der Teichpumpe einen Stromschlag bekommen und musste mit Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern ins Krankenhaus gebracht werden! Für eine Weile schwebte sie in akuter Lebensgefahr!

Seit im Nachbarhaus der gut aussehende Jonas und sein attraktiver Sohn Florian wohnen, scheinen die überzeugten Single-Frauen Marlies und Kerstin geradezu verbissen entschlossen zu sein, keinerlei männliche Hilfe mehr anzunehmen – und produzieren einen Unfall nach dem anderen. Ich weiß nicht, wo das noch enden soll. Dabei sieht doch ein Blinder, dass beide Frauen bis über beide Ohren in ihre feschen Nachbarn verliebt sind …

»Was gibt es zum Abendessen? Und wann ist es fertig«, erkundigte sich Gert, während er mit gelangweilter Miene in die Küche geschlendert kam. Er hob einen Topfdeckel an, verbrannte sich prompt die Finger daran und ließ ihn fallen. Polternd rollte er unter die Eckbank. »Verdammt, war das heiß!«

Kerstin Gardner hängte das Geschirrtuch an den Haken. »Dazu sind Topflappen da.«

Gert betrachtete sie mürrisch. »Kriege ich keine Antwort auf meine Frage nach dem Abendessen?«

Ärger stieg in Kerstin auf, wie so oft in letzter Zeit. Sie zwang sich zur Ruhe. »Willst du den Deckel nicht aufheben?«

Brummig bückte sich Gert danach. Als er ihn einfach wieder auf den Topf legen wollte, in dem das Wasser für den Reis zu kochen begann, nahm Kerstin ihm den Deckel aus der Hand und wischte ihn erst kurz ab, bevor sie ihn auflegte. Dabei glaubte sie, so etwas wie ein gemurmeltes »Pedantin« zu hören.

»Es gibt Hühnerfrikassee«, erklärte sie dann betont freundlich. »Mit Reis und Gurkensalat.«

»Und wann?« Gert schob die Hände in die Taschen seiner Designer-Jeans.

»In einer Dreiviertelstunde. Der braune Bio-Reis braucht leider etwas länger.«

»Für mich würde es auch einfacher weißer Reis tun.« Schon hatte er die Packung aus dem Schrank geholt. Auffordernd stellte er sie neben den Küchenherd, wo bereits der Naturreis stand.

Kerstin warf dem Mann, in den sie einmal so verliebt gewesen war, dass sie ihn heiraten wollte, einen unwilligen Blick zu. »Es geht aber nicht immer nur um dich«, versetzte sie spitz. »In diesem Haushalt leben auch noch andere. Und wir ziehen braunen Bio-Reis vor.« Damit schüttete sie den Naturreis ins Wasser und stellte die Packung mit dem weißen Reis zurück in den Schrank.

»Eine ganze Dreiviertelstunde!«, schnaubte Gert verdrossen. »Bis dahin bin ich verhungert.«

Kerstin nahm die Salatgurke aus dem Kühlschrank. »Du kannst ja ein Stück Brot essen, wenn du es bis dahin nicht aushältst.«

Gert trat ans Fenster. »Was ist das überhaupt für ein Geschrei?«

»Die Kinder spielen im Garten«, erklärte Kerstin.

»Die Kinder, Mehrzahl?« Gert stöhnte genervt. »Sind schon wieder fremde Gören hier?«

»Hast du was dagegen?« Kerstin war nahe daran, die Geduld zu verlieren. »Ich freue mich, dass meine Tochter so viele nette Freunde hat.«

»Der Krach ist ja nicht auszuhalten. Und dann noch die Hunde! Sie bleiben doch nicht zum Abendessen?«

»Die Hunde?« Beinahe hätte Kerstin gelacht. »Natürlich. Sie gehören ja zur Familie.«

»Die Kinder, meine ich!«, gab Gert gereizt zurück.

»Ach so. Von denen bleiben nur zwei. Die anderen gehen bald nach Hause.«

»Verdammt, warum müssen hier immer anderer Leute Kinder herumschwirren? Ich muss nach dem Essen noch für mein Studium lernen!«

Kerstin hobelte die Salatgurke. »Am Abend noch? Wann bist du denn heute Morgen aufgestanden?

»Das tut nichts zur Sache«, war die Antwort.

Kerstin schwieg, auch wenn es sehr wohl etwas zur Sache tat. Wäre Gert früh aufgestanden, statt wie üblich bis Mittag zu schlafen, hätte er stundenlang ungestört arbeiten können. Ihre Mutter war mit Svenja den ganzen Vormittag in der Stadt einkaufen gewesen, während Kerstin noch am Theater zu tun gehabt hatte, wo sie als Bühnenschneiderin tätig war.

Geregelte Arbeitszeiten kannte sie ebenso wenig wie ihre Mutter, die als selbstständige onkologische Palliativ-Fachpflegekraft krebskranke Menschen während ihrer letzten Tage im Hospiz, hauptsächlich aber zu Hause betreute.

Draußen begannen die Hunde wie verrückt zu bellen. Ein Auto fuhr vor.

»Deine Mutter kommt«, bemerkte Gert. Dann hatte er es eilig zu verschwinden. Nicht etwa, um Marlies zu begrüßen, sondern um sich bis zum Essen zu verziehen. Er vermied es, Kerstins Mutter zu begegnen, wann immer es möglich war.

Kerstin trat ans Küchenfenster. Ein warmes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie der Begrüßung zwischen Großmutter und Enkelin zusah. Svenja liebte ihre Oma sehr und zeigte das auch oft voller Überschwang. Aber auch Archie und Theo, die beiden Mischlingshunde, die sie aus dem Tierheim geholt hatten, bekundeten ihre Freude über Frauchens Heimkehr, indem sie an Marlies hochsprangen und sie mit Hundeküssen überschütteten.

»Ja, ja, schon gut, ihr beiden!«, hörte Kerstin ihre Mutter sagen. Dann wurde sie auch von Svenjas Freunden begrüßt.

Kerstin wandte sich vom Fenster ab, um sich weiter um das Essen zu kümmern. Was sind wir doch für eine nette Familie!, dachte sie mit einem frohen Gefühl im Herzen. Mama, Svenja und sie in ihrem Drei-Mädel-Haus. Und sie alle hatten nette Freunde, die immer gern zu Besuch kamen. Besonders Svenjas Schulfreunde schauten oft zum Spielen vorbei, denn bei den Gardners ging es leger zu, und es gab immer etwas Leckeres zu essen.

Nur eine Person störte in diesem harmonischen Kreis, wurde es Kerstin nicht zum ersten Mal bewusst. Gert, der ewige Student, verwöhnter Sohn wohlhabender Eltern. Andere in seinem Alter waren längst mit dem Studium fertig. Er jedoch schien dazu keine Lust zu haben. Er ging nicht regelmäßig zu den Vorlesungen, und wenn er bis in die Nacht hinein am Schreibtisch saß, verbrachte er vermutlich mehr Zeit mit Computerspielen als mit Büffeln.

Kerstins Mutter machte keinen Hehl daraus, dass sie mit Gert nicht einverstanden war. Nicht als Hausgenossen – und schon gleich gar nicht als zukünftigen Schwiegersohn. Kerstin wusste, dass sie nur darauf wartete, dass Gert wieder auszog.

»Das kann unter Umständen gar nicht mehr lange dauern«, murmelte sie, während sie den Salat anmachte.

***

»Hallo, mein Schatz«, kam einen Moment später die Stimme ihrer Mutter von der Tür her. »Mit wem redest du da?«

»Mit mir selbst.« Kerstin begrüßte sie mit einem Küsschen auf die Wange.

»Hm, riecht gut hier. Was ist in dem Topf?« Marlies Gardner deutete mit dem Finger darauf.

»Hühnerfrikassee. Dazu Reis und Gurkensalat, zum Nachtisch Schokopudding. Hoffentlich reicht es für alle.«

Marlies winkte ab. »Bisher hat es immer für alle gereicht, egal, wie viele Kinder da waren.« Sie öffnete die Spülmaschine, prüfte, ob es sich bei dem Inhalt um schmutziges oder sauberes Geschirr handelte, und begann, die Maschine auszuräumen.

»Eigentlich wäre ich heute mit Kochen an der Reihe gewesen«, meinte sie, während sie einen Stapel Teller auf den Küchentisch stellte.

»Eigentlich hätten wir beide heute überhaupt nicht arbeiten müssen, denn es ist Samstag«, erwiderte Kerstin. »Außerdem haben wir ausgemacht, dass diejenige, die zuerst nach Hause kommt, sich um das Essen kümmert. Und das war in dem Fall ich.«

»Ja, ja, ich weiß.« Marlies ließ sich in der Eckbank nieder. Seufzend strich sie sich das halblange silberblonde Haar zurück.

Kerstin betrachtete sie forschend. »Du siehst müde aus, Mama. Alles in Ordnung?«

Marlies lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen. Sie fühlte sich erschöpft, richtig ausgelaugt. »Mathilda ist gestorben«, sagte sie bekümmert. »Du weißt schon, das vierzehnjährige Mädchen mit der Leukämie.«

Kerstin drückte ihr mitfühlend die Schulter. Sie wusste, wie sehr es ihre Mutter immer mitnahm, wenn sie einen Patienten verlor, auch wenn sie alle unheilbar krank und dem Tod geweiht waren. Vor allem, wenn es sich um Kinder handelte.

»Das tut mir sehr leid, Mama. Ich weiß, es war zu erwarten, aber es ist nun doch ziemlich schnell gegangen.«

»Viel zu schnell.« Marlies seufzte. »Obwohl, andererseits kann man froh sein, dass sie erlöst ist. Mathilda war zuletzt nur noch Haut und Knochen und hatte nicht einmal mehr die Kraft, etwas zu essen, geschweige denn aufzustehen. Nun hat ihr Leiden ein Ende, auch wenn es traurig ist.«

Kerstin setzte sich kurz zu ihrer Mutter auf die Eckbank. »Sie war noch so jung, praktisch noch ein Kind. Aber es ist auch gut, dass sie nicht lange leiden musste. Nicht wie unser Herr Mayer von nebenan, der über achtzig ist und schon seit vielen Jahren Leukämie hat.«

Marlies nickte. »Er kommt mit seiner Krankheit erstaunlich gut zurecht. In letzter Zeit baut er allerdings ziemlich ab. Ich habe das Gefühl, dass er uns nicht mehr lange erhalten bleiben wird.«

»Das wäre aber tragisch für seine Frau. Ohne ihn ist sie doch hilflos.«

»Da hast du recht, Kerstin. Allein würde sie nie zurechtkommen. Wenn er stirbt, wird sie auch nicht länger hier wohnen bleiben, sondern zu ihrer Tochter nach Hamburg ziehen. Das ist vor ein paar Jahren schon mal im Gespräch gewesen, als es ihm so schlecht ging. Danach hat er sich wieder gefangen.«

Alfred Mayer und seine Frau Elli waren liebenswerte alte Leutchen, die schon seit den Fünfzigerjahren, als die Siedlung erbaut worden war, hier lebten. Auch sie wohnten wie Marlies und ihre Familie in einem der für die damalige Zeit typischen Siedlungshäuser. Schon Kerstins Großeltern, die das Haus gebaut hatten, hatten mit den Mayers gute Nachbarschaft gepflegt.

Marlies erzählte noch von verschiedenen anderen Patienten, die sie zurzeit auf der Palliativ-Station des Elisabeth-Krankenhauses, der Rheintal-Kinderklinik sowie im Senioren-Pflegeheim Marienhöhe betreute.

»Ach, Mama. Ich beneide dich nicht um deinen traurigen Beruf.« Kerstin stand wieder auf, um die Herdplatte mit dem Hühnerfrikassee kleiner zu schalten.

»Ja, traurig ist er schon«, gab Marlies zu. »Aber ich habe trotzdem nie das Lachen verlernt.«

Kerstin warf ihrer Mutter einen liebevollen Blick zu. »Du warst immer eine Frohnatur, Mama. Deine positive Ausstrahlung hat sich auch auf deine Patienten übertragen, das hat ihnen gutgetan.«

»Mein Beruf gibt mir auch viel«, meinte Marlies nachdenklich. »Und mit der Palliativ-Pflege sind meine Aufgaben noch nicht zu Ende. Ich helfe nicht nur den Sterbenden, sondern auch ihren Angehörigen. Die Trauerbegleitung ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit.«

Anschließend berichtete Kerstin noch kurz von ihrem Arbeitstag in der Kostümwerkstatt des Stadttheaters und dem neuen Stück, das zurzeit inszeniert wurde. Dann wurde das Gespräch unterbrochen, als die Zeituhr klingelte und verkündete, dass der Reis fertig war. Kerstin öffnete das Fenster und rief nach den Kindern.

»Das Essen ist fertig. Beeilt euch!« Sie schloss es wieder. »Es regnet übrigens schon wieder.«

Einen Moment später kamen die Kinder hereingepoltert.

»Hände waschen!«, befahl Marlies, und die drei stürmten ins Bad.

***

Anschließend versammelten sich alle um den gedeckten Tisch. Svenja saß zwischen ihren derzeit besten Freunden, der blonden Kirsti und dem dunkelhaarigen Amir. Auch er ging wie die beiden Mädchen in die dritte Klasse, obwohl er schon fast elf war. Aber sein Deutsch war auch noch nicht so gut.

Plötzlich kicherte Svenja hinter vorgehaltener Hand. »Wir haben den Gert vergessen«, flüsterte sie, als der Freund ihrer Mutter zur Tür hereinkam. Rasch schob Amir einen weiteren Stuhl heran, und Kerstin holte noch ein Gedeck.

»Tut mir leid, ich kann wohl nicht mehr zählen«, meinte sie entschuldigend und lachte.

Gert war nicht der Typ, der so etwas mit Humor nahm. »Meinetwegen braucht ihr euch nicht zu überschlagen, ich gehe schon wieder«, gab er beleidigt zurück. Er füllte seinen Teller und verschwand damit im Wohnzimmer, wo gleich darauf Fernsehgeräusche zu hören waren.

Kerstin tauschte einen bezeichnenden Blick mit ihrer Mutter. Nicht mehr lange, drückte dieser Blick aus. Und sie stellte fest, dass es ihr nicht schwerfallen würde, sich von Gert zu trennen. Sie passten längst nicht so gut zusammen, wie sie geglaubt hatte, und von seinem anfänglichen Charme, mit dem er sie eingewickelt hatte, war auch nichts mehr zu merken. Ganz zu schweigen von einigen negativen Eigenschaften, die sie erst im Laufe der Zeit an ihm entdeckt hatte.

Gert war bei Weitem nicht der Mann, den er vorgeben hatte zu sein. Marlies hatte ihn schon viel früher durchschaut, doch da war Kerstin noch zu verliebt in ihn gewesen, um auf ihre Mutter zu hören. Dass Svenja ihn nicht mochte, hatte sie als ganz normal empfunden. Welches neunjährige Mädchen würde nicht eifersüchtig werden, wenn ein Mann ihr plötzlich die Mutter wegnahm? Obwohl, von »Wegnehmen« hatte nie die Rede sein können. Kerstin hatte immer darauf geachtet, dass auch Svenja nicht zu kurz kam.

Nach dem Essen räumten die Kinder den Tisch ab. Anschließend scheuchte Marlies sie aus der Küche.

»Lieb von euch, dass ihr helfen wollt, aber da würden wir uns nur gegenseitig auf die Füße treten. Schaut euch noch einen netten Kinderfilm an.« Sie hatten eine ganze Sammlung von DVDs, da würden sie schon etwas Passendes finden. Kirsti durfte bei Svenja im Zimmer übernachten, während Amir gegen acht Uhr mit dem Fahrrad nach Hause fahren würde.

Die drei liefen ins Wohnzimmer. Gleichzeitig kam Gert heraus.

»Ich muss noch arbeiten«, erklärte er, als er in die Küche kam. »Bis später dann.«

Seit Gert bei ihnen eingezogen war, hatte er das Gästehäuschen beschlagnahmt, das ganz früher einmal der Hühnerstall gewesen war. Hier hatte er seine Sachen untergestellt, und da stand auch sein Computer, an dem er viele Stunden am Tag verbrachte. Hauptsächlich mit Computerspielen, wie Kerstin vermutete, auch wenn er vorgab zu studieren. Schlafen tat er bei ihr im Zimmer – wenn es nicht zu spät wurde. Das kam allerdings mehrmals die Woche vor, hatte jedoch nicht unbedingt mit seinem Studium zu tun.

»Bis später«, erwiderte Kerstin mit einem flüchtigen Lächeln.

Keine zwei Minuten später war er wieder zurück.

»Ich brauche einen Eimer«, erklärte er. »Es regnet schon wieder durchs Dach.«

Marlies zog die Brauen in die Höhe. »Ich dachte, du hast es repariert?«

»Ja, aber jetzt tropft es an einer anderen Stelle.« Gert öffnete die Tür zur Abstellkammer und nahm den Putzeimer heraus.

»Dann weißt du ja, was morgen deine Beschäftigung ist«, sagte Marlies.

»Keine Zeit«, gab er knapp zurück. »Muss fürs Studium büffeln.«

»Ja, richtig.« Marlies’ Stimme klang sarkastisch. »Und weil du immer so fleißig büffelst, bist du auch mit neunundzwanzig noch nicht fertig. Ich würde dir das Studium in dem Alter nicht mehr bezahlen.«

»Dann bin ich froh, dass du nicht meine Mutter bist.« Gert schlug die Tür zur Abstellkammer zu. »Im Übrigen gibt es für solche Arbeiten Handwerker. Die können das viel besser als ich.«

»Die kosten Geld«, wandte Kerstin ein. »Bitumenschindeln kann doch jeder anbringen. Das Dach ist ja nicht mit Ziegeln gedeckt.«

»Apropos Geld«, hakte Marlies sofort nach. »Du hast uns für diesen Monat noch kein Haushaltsgeld gegeben.«

Gert verdrehte die Augen. »Dafür arbeite ich doch, oder?«