Notärztin Andrea Bergen 1367 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1367 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

Wenn die Liebe unsere Herzen wärmt

Vorsichtig lenkt die junge Zoey ihr Auto durch die nächtlichen Straßen, die bei dieser Eiseskälte, bis auf einen dick vermummten Radfahrer ein Stück vor ihr, verlassen daliegen. Doch plötzlich heulen hinter ihr Motoren auf, und im Rückspiegel sieht Zoey zwei Fahrzeuge rasend schnell näher kommen!
Ein illegales Autorennen mitten in der Stadt, denkt sie entsetzt - und sie ist in die Schusslinie geraten! Schon wird Zoeys Wagen seitlich gerammt und schleudert gegen den Fahrradfahrer, der von ihrem Auto an eine Mauer gedrückt wird! O mein Gott, ist Zoeys letzter klarer Gedanke, während die Raser in der Nacht verschwinden ...
Als sie es endlich schafft, die Autotür zu öffnen und zu dem Radfahrer zu gelangen, der bewusstlos und stark blutend auf dem Asphalt liegt, glaubt Zoey, mitten in einen Albtraum geraten zu sein: Der schwer verletzte Fahrradfahrer ist niemand anders als Daniel - der Mann, den sie seit Wochen nicht vergessen kann. Und in der Einsamkeit der kalten Winternacht liegt sein Leben allein in Zoeys Händen ...

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Seitenzahl: 131

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Inhalt

Cover

Impressum

Wenn die Liebe unsere Herzen wärmt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Pressmaster / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-7486-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Wie sehr haben wir alle im Elisabeth-Krankenhaus mit der jungen Zoey gehofft und gebangt, die so verzweifelt um den Mann ihres Herzens gekämpft hat! Bei einem illegalen Autorennen in der Stadt war Daniel Koch schwer verletzt worden – und nur eine Nierentransplantation konnte sein Leben retten. Keine Sekunde hat Zoey gezögert, ihm eine ihrer Nieren zu spenden. Und das Wunder wurde wahr, als Daniels Körper das fremde Organ annahm und wir die beiden sympathischen jungen Leute vor einigen Tagen endlich nach Hause entlassen konnten – in eine glückliche Zukunft, wie wir alle dachten …

Doch gerade habe ich Zoey wiedergetroffen, und ihre Verzweiflung könnte nicht größer sein: Trotz ihrer selbstlosen Tat darf sie offenbar nicht mit Daniel glücklich werden – denn seine Exfreundin Gina erwartet ein Kind von ihm! Und deshalb hat Zoey ihren geliebten Daniel freigegeben …

To be doing good deeds is man’s most glorious task. Sophocles

Lächelnd blickte Zoey Palmer auf den Spruch, der, eingerahmt und mit einem hübschen Motiv versehen, an der Wand über ihrem Schreibtisch hing. Sie hatte ihn von ihrem Vater bekommen, als er mehrere Jahre an der Stanford University in Kalifornien griechische Literatur gelehrt hatte.

Gute Taten zu vollbringen ist des Menschen wunderbarste Aufgabe …

Zoeys Lächeln vertiefte sich. Ja, das konnte sie bestätigen. Vollbrachte sie als Pflegerin in einem Seniorenheim nicht jeden Tag eine gute Tat? Und fühlte sie sich danach nicht immer ganz wunderbar?

Wie heute zum Beispiel. Eine Heimbewohnerin hatte Geburtstag, und das Pflegepersonal hatte eine kleine Feier für sie ausgerichtet. Zoey hatte besonders eifrig mitgeholfen und sich auch um die musikalische Untermalung gekümmert. Als die jüngere Schwester der älteren Dame anrief und darüber klagte, dass sie nicht zur Geburtstagsfeier kommen könne, da ihre Bekannte sie nun doch nicht mit dem Auto fahren konnte, hatte Zoey sich spontan erboten, sie abzuholen und später wieder nach Hause zu bringen.

Beide Frauen waren so dankbar gewesen. Anschließend hatte Zoey der Schwester noch bei einem Problem mit ihrem Handy geholfen und war dabei zu einer Tasse Tee eingeladen worden, was sich ein wenig in die Länge gezogen hatte. Nun war sie wieder zu Hause und wunderte sich, warum Tim noch nicht da war, ihr Freund, mit dem sie vor einiger Zeit zusammengezogen war.

Kurz darauf hörte sie die Wohnungstür ins Schloss fallen. Zoey verließ das Wohnzimmer.

»Hallo, Tim«, rief sie und ging ihm entgegen. Als sie ihm einen Kuss geben wollte, drehte er mürrisch das Gesicht zur Seite.

Zoey unterdrückte einen Seufzer. Offenbar war er wieder einmal sauer auf sie.

Tim, ein Jurastudent mit kurz geschnittenen blonden Haaren und einem kantigen Kinn, warf seine Lederjacke an die Garderobe.

»Wo bist du so lange gewesen?«, wollte er wissen. »Vor einer Stunde warst du immer noch nicht daheim, da bin ich in den Pub gegangen. Hast du auch außerhalb deiner Dienstzeiten wieder mal den Engel der Senioren gespielt?«

Zoey holte tief Luft. »Tim, bitte nicht wieder dieses Thema! Es belastet mich, wenn ich nicht spontan helfen kann, sondern ständig daran denken muss, was du dazu sagen wirst. Da komme ich mir wie ein kleines Kind vor, das Daddy erst um Erlaubnis fragen muss für etwas, das es gern tun würde.«

Um Tims Lippen spielte ein spöttisches Lächeln. Man sah ihm an, dass er sich ärgerte.

»Sehr witzig. Musst du immer so dramatisch werden?«

»Ich werde nicht dramatisch, ich sage dir nur, wie ich mich fühle. Und ein schönes Gefühl ist das nicht.«

Tim verdrehte die Augen. »Mein Gott, dann vergiss es, du Mimose. Ich werde nichts mehr sagen.«

Das wäre sehr angenehm, dachte Zoey, sprach es jedoch nicht aus.

Tim spähte in die Küche. »Gibt es wenigstens ein Abendessen heute?«

Wenn du es machst, war sie versucht zu antworten. Doch dann würde auch dieser Abend wieder in Streit enden, wie so oft in letzter Zeit.

»Es sind noch einige Portionen Lasagne im Gefrierschrank, da kann ich dir eine Portion in die Mikrowelle stellen, wenn du magst«, erwiderte sie.

»Und du? Isst du nicht mit?«

»Wir haben im Seniorenheim einen Geburtstag gefeiert, da habe ich den Bauch noch voll Kuchen und Snacks. Aber einen Salat esse ich noch mit.«

Zoey ging in die Küche und machte sich ans Werk. Eine Viertelstunde später stand das Essen auf dem Tisch.

Während sie aßen, berichtete Tim ausführlich von den heutigen Lesungen an der Uni. Zoey hörte aufmerksam zu, nickte und gab vor, alles zu verstehen. Dabei waren ihr seine Ausführungen viel zu sachlich und trocken. Außerdem war sie zu müde, um sich noch darauf konzentrieren zu können.

Auch sie wollte Tim von ihrem Tag im Seniorenheim berichten, was ihr jedoch erst gelang, nachdem sie ein paar Mal den Anlauf dazu genommen hatte. Einer von Tims weniger schönen Charakterzügen war, dass er sich selbst gern reden hörte, dagegen nur wenig Interesse zeigte, wenn er anderen zuhören sollte.

»Du lässt dich viel zu sehr ausnutzen«, warf er ihr vor, noch bevor Zoey mit ihrem Bericht fertig war.

Sie schüttelte den Kopf. »Das hat nichts mit ›ausnutzen‹ zu tun. Ich tue es ja von mir aus, nicht auf Anordnung anderer. Es ist mir einfach ein Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen. Ihre Dankbarkeit ist für mich wie ein schönes Geschenk.«

»Na, wenn du meinst.« Tim schob sich den letzten Bissen von seiner Lasagne in den Mund.

Zoey seufzte. »Ich wollte dir noch von meinem Entschluss erzählen, aber nachdem du mein Engagement leider etwas im falschen Licht siehst, wirst du davon wahrscheinlich wenig begeistert sein.«

Tim runzelte die Stirn. »Entschluss? Welcher Entschluss?«

»Du weißt doch, dass ich mit drei Nieren zur Welt gekommen bin. Das scheint bei uns in der Familie zu liegen, denn meine Oma hatte auch drei und ein Onkel von mir sogar vier, also zwei Doppelnieren.«

Ein argwöhnischer Ausdruck erschien auf Tims glatt rasierten Gesicht. »Und?«

»Bei der heutigen Knappheit von Spendernieren und der Tatsache, dass viele Patienten sterben, während sie noch auf der Warteliste stehen, empfinde ich es irgendwie als Verschwendung, mit drei Nieren zu leben, wenn man nur zwei braucht.«

Tim schaute sie erst verblüfft an, dann lachte er. »Meine Güte, hast du Sorgen! An deiner Stelle würde ich die Niere schön behalten. Sie stört dich doch nicht, oder?«

»Nein. Es ist damals auch nur bei einer Untersuchung zufällig herausgekommen. Aber warum soll ich die Niere nicht spenden?«

»Weil du sie selbst einmal brauchen könntest. Sei froh, dass du drei Nieren hast, als Ersatzteillager sozusagen.«

»Hm.« Zoey legte ihre Gabel neben ihren leeren Salatteller. Ihr fiel ein, dass ihre Großmutter froh gewesen war, eine zusätzliche Niere zu haben, als bei ihr eine beidseitige Niereninsuffizienz festgestellt worden war. Sonst würde sie heute an der Dialyse hängen. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber du hast schon recht, Tim. Gebe ich also meine Spenderpläne auf und behalte meine dritte Niere lieber selbst.«

Damit war dieses Thema erledigt.

***

»Guten Morgen, Sie guter Engel der Senioren«, begrüßte ein Bewohner des Seniorenheimes Amalienhöhe Zoey, als sie ihren Dienst antrat.

Lächelnd erwiderte sie den Gruß.

»Guten Morgen, Herr Brenner. Gut geschlafen?«

Über das faltige Gesicht des älteren, beinamputierten Mannes fiel ein Schatten.

»Nicht gut«, bekannte er. »Die bösen Gedanken, wissen Sie?«

Zoey blickte ihn mitfühlend an. »Aber warum haben Sie böse Gedanken, Herr Brenner? Sie sollten nur schöne Gedanken zulassen. Dann können Sie auch besser schlafen.«

»Das sagen Sie so einfach.« Der ehemalige Springreiter gab einen tiefen Seufzer von sich. »Sehen Sie doch selbst, was mir vom Leben übrig geblieben ist – ein Krüppel im Rollstuhl bin ich.«

»Dieses Schicksal teilen Sie mit vielen Menschen, auch mit wesentlich jüngeren«, hielt Zoey ihm entgegen.

Max Brenner presste die Lippen aufeinander.

»Die anderen sind mir egal«, sagte er hart. »Es geht um mich, hören Sie?«

Zoey schüttelte missbilligend den Kopf. Kamen ihr solche Töne nicht bekannt vor? Zu Hause hatte sie auch jemanden, dem es immer nur um die eigene Person ging. Aber das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war, ihren Schützling aus seiner depressiven Phase herauszuholen, in der er sich offenbar wieder befand.

»Herr Brenner, Sie sind sechsundsiebzig Jahre alt, waren ein erfolgreicher Springreiter und haben Ihr Leben gelebt. Dass Sie diesen Reitunfall hatten, nach dem Ihnen ein Bein amputiert werden musste, war natürlich tragisch, aber in dem Alter wäre Ihre Karriere ohnehin bald beendet gewesen.« Zoey legte ihm die Hand auf den Arm und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Es geht Ihnen doch nicht schlecht bei uns, oder?«

Der ältere Mann grummelte etwas vor sich hin. Anscheinend hatten Zoeys Worte ihm doch einen kleinen Denkanstoß gegeben.

»Das habe ich auch nicht behauptet«, sagte er. »Aber die bösen Gedanken kommen trotzdem. Zum Beispiel, dass ich den Kerl, wegen dem mein Pferd gescheut hat, immer noch umbringen könnte.«

»Das würde nichts ändern«, erwiderte Zoey. »Sie schaden sich mit solchen Gedanken nur selbst. Denken Sie positiv und versuchen Sie, das Beste aus Ihrem Leben zu machen. Wir helfen Ihnen doch alle dabei.«

»Ja, ja, das schon«, gab Max mit einem schiefen Blick zu. »Will mich auch nicht beklagen. Besonders Sie kümmern sich so nett um mich mürrischen alten Knochen.«

Zoey musste lachen. »Da gibt es Schlimmere«, sagte sie, und Max gab ihr grinsend recht.

»Na, lassen wir das«, meinte er. »Sie sind kaum zur Tür herein, und ich überfalle Sie schon mit meinen Problemen.«

»Das ist völlig in Ordnung, Herr Brenner«, versicherte Zoey ihm.

»Nichts ist in Ordnung!« Max machte eine heftige Armbewegung. »Sie sind jung und hübsch, vor Ihnen liegt noch das ganze Leben. Was für eine Ahnung haben Sie schon davon, wie sich jemand fühlt, der am Ende seines Lebens steht?«

»Ach was, Sie können noch zwanzig Jahre leben«, tat Zoey ab. »Außerdem kann ich ebenso am Ende meines Lebens stehen, ohne es zu wissen. Zum Beispiel könnte ich eine unheilbare Krankheit in mir tragen, ohne eine Ahnung davon zu haben. Oder nächste Woche von einem Auto überfahren werden.«

»Was Sie sich alles einfallen lassen, um mich zu trösten«, brummte Max, doch in seinen Augen blitzte es schon wieder ganz vergnügt auf.

Zoey wusste, dass sie auf dem besten Weg war, seine Stimmung zu heben. Aber noch war er nicht so weit, dass sie ihn sich selbst überlassen durfte. Er würde sofort wieder depressiv werden.

»Warum gehen wir nicht ein wenig in den Park, Herr Brenner?«, schlug sie deshalb vor. »Das wird Sie auf andere Gedanken bringen.«

»Wenn das Wetter nicht so trüb wäre, würde ich glatt Ja sagen.

»So trübe ist das Wetter gar nicht«, widersprach Zoey. »Und im Grunde haben Sie schon Ja gesagt, das sehe ich Ihnen an der Nasenspitze an. Kommen Sie, holen wir Ihre Jacke und eine Decke.«

Damit packte sie seinen Rollstuhl und schob ihn in einen der Korridore, wo sein Zimmer lag. Dort half sie ihm in seinen gefütterten Anorak, setzte ihm die Mütze auf und gab ihm seine Handschuhe zum Überziehen. Dann nahm sie noch die Decke vom Sessel und legte sie ihm über die Knie.

Auf dem Weg zum Ausgang gab sie ihrer Kollegin Kerstin Bescheid, dass sie Herrn Brenner für eine halbe Stunde im Park spazieren fahren würde.

»Er hat wieder eine depressive Phase«, erklärte sie mit gesenkter Stimme. »Ich werde versuchen, ihn etwas aufzumuntern.«

»Gute Idee, Zoey«, erwiderte die Kollegin und reckte den Daumen in die Höhe. Offenbar hatte auch sie sich schon Gedanken um Max’ Gemütsverfassung gemacht. »Du kannst das ja immer so gut. Ach, übrigens – Frau Thalmann ist im Krankenhaus. Sie wird es diesmal wohl nicht mehr schaffen.«

Zoey bekam einen heftigen Schrecken. Die fünfundachtzigjährige Barbara Thalmann gehörte zu ihren Lieblingen. Vor einigen Jahren war bei ihr Darmkrebs diagnostiziert worden, der zunächst erfolgreich behandelt worden war. Seitdem war der Krebs zwei Mal zurückgekehrt, doch sie hatte ihn tapfer geschlagen. Allerdings war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst und kaum noch in der Lage zu laufen.

»Das tut mir sehr leid«, sagte sie betroffen. »In welchem Krankenhaus liegt sie?«

»Im Elisabeth-Krankenhaus. Willst du sie besuchen? Sie würde sich darüber bestimmt freuen.«

»Aber natürlich werde ich das. Gleich in der Mittagspause werde ich nach ihr sehen.« Zoey nickte der Kollegin zu und kehrte wieder zu Max Brenner zurück.

»Dann wollen wir mal, Herr Brenner.« Zoey schob seinen Rollstuhl durch die breite Eingangstür, die sich automatisch öffnete, und fuhr ihn die Rampe hinunter.

Ein kalter Wind wehte ihnen entgegen. Trotzdem erwies sich der Spaziergang im Park als gute Idee. Sie blieben sogar länger als eine halbe Stunde. Max blühte förmlich auf, plauderte über dies und jenes und sah amüsiert einem Eichhörnchen zu, das einen großen Tannenzapfen im Mäulchen hatte und ihn gerade in der Erde vergraben wollte.

»Sie sind wirklich ein Engel, Kindchen«, sagte er mit einem dankbaren Lächeln, als sie wieder in der Eingangshalle waren. »Mir geht es nun tatsächlich großartig. Was würde ich wohl ohne Sie machen?«

***

»Werner!«, schimpfte Andrea Bergen mit ihrem Eheliebsten. »Du liegst ja immer noch im Bett.«

Widerstrebend und unter Ächzen und Stöhnen setzte Dr. Werner Bergen sich auf.

»Du warst diejenige, die mich gestern Abend dort hineingezerrt hat«, erinnerte er sie.

»Hineingezerrt!«, protestierte sie. »Ich habe dich liebevoll hineingezogen.«

»Zumindest hattest du es verdächtig eilig«, meinte er mit einem wissenden Grinsen.

Andrea küsste sie ihn sanft auf die Lippen. »Und du solltest es jetzt eilig haben, dich fertig zu machen. Sonst kommst du noch zu spät in deine Praxis.«

»Kinder! Das Frühstück ist schon lange fertig«, tönte in diesem Augenblick eine Stimme von unten herauf. Sie gehörte Hilde Bergen, Werners Mutter, die ihnen den Haushalt führte. Man konnte es ihr einfach nicht abgewöhnen, sie »Kinder« zu nennen. Für Hilde waren sie alle ihre Kinder – Andrea, Werner, Franzi, die zwölfjährige Tochter des Hauses, und Dolly, der heiß geliebte Familienhund.

»Wir kommen gleich«, rief Andrea zurück.

Im nächsten Moment war draußen vor der Tür ein Kratzen und Scharren zu hören, dann flog sie auch schon auf. Mit einem glücklichen Winseln kam Dolly ins Zimmer gestürmt und sprang mit einem gewaltigen Satz aufs Bett.

»Dolly!«, ächzte Andrea, als sie von dem nicht gerade geringen Gewicht der Mischlingshündin wieder in die Matratze zurückgedrückt wurde.

»Dolly!«, rief auch Werner. Und dann an seine Frau gewandt: »Wer hat dem Hund beigebracht, Türklinken zu öffnen?«

»Du warst doch so stolz darauf.« Andrea kicherte.

»Ich werde Türknöpfe anbringen lassen, die wird sie nicht drehen können«, drohte Werner.

»Das bezweifle ich. Dolly ist ein kluges Mädchen. Nicht wahr, meine Süße?« Andrea tätschelte der Hündin den Hals und schob sie dann von sich. »Und jetzt raus mit dir. Sonst kommt nicht nur Herrchen zu spät in die Praxis, sondern Frauchen zu spät zum Dienst. Und das würde dem Kollegen Stellmacher ganz und gar nicht gefallen.«

»Wau, wuff«, machte Dolly, als hätte sie jedes Wort verstanden. Sie sprang vom Bett und lief aus der Tür.

Nacheinander gingen Andrea und Werner ins Bad und machten sich fertig für den neuen Arbeitstag. Auf Werner würden seine kleine Patienten warten, die sich in Kürze im Wartezimmer seiner Kinderarzt-Praxis einfinden würden, und Andrea musste ihren Dienst im Elisabeth-Krankenhaus antreten, wo sie als Notärztin arbeitete.

Gemeinsam gingen sie nach unten und betraten das Esszimmer. Hilde saß bereits am gedeckten Frühstückstisch, und auch Henriette Fink, die langjährige Zugehfrau, die drei Mal die Woche die Räume der stattlichen Jugendstilvilla sauber machte, war schon da.

»Guten Morgen«, grüßten Andrea und Werner wie aus einem Mund.

Fröhlich erwiderten die beiden älteren Frauen den Gruß. Henriette Fink griff nach der Kaffeekanne und schenkte dem Arztehepaar ein.