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Kleiner großer Helfer
Ganz fest drückt Mia ihren Teddy an sich, damit sich das schlimme Herzrasen endlich legt. Auch heute Abend hat sich Mamas Freund Markus mit dem Kindermädchen Tania in Mamas Schlafzimmer eingeschlossen - und gleich wird er ins Kinderzimmer kommen und Mia mit seinen bösen Worten und dem gemeinen Grinsen wieder Angst einjagen: Auf keinen Fall darf sie der Mama sagen, was sie weiß - sonst wird Mama sterben! Denn Mama hat ein krankes Herz, und jede Aufregung kann sie töten, und dann ist sie, die kleine Mia, ganz alleine auf der Welt! Doch es ist nicht richtig, was Markus und Tania hinter Mamas Rücken tun - und wenn Mama davon wüsste, wäre sie ganz bestimmt sehr traurig ...
Nur einem erzählt Mia von ihrer großen Not: ihrem geliebten Plüschteddy. Er kennt all ihre quälenden Geheimnisse und lässt sie nie allein. Und doch wird Teddy Mia nicht helfen können, wenn es zum Äußersten kommt ...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Kleiner großer Helfer
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: VGstockstudio / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 9-783-7325-7704-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Kleiner großer Helfer
Was ist nur mit Mia los? Seit einiger Zeit ist die sechsjährige Tochter meiner Freundin Jessica nicht mehr wiederzuerkennen. Aus dem ehemals so fröhlichen kleinen Wirbelwind ist ein stilles, verstocktes Kind geworden – beinahe über Nacht! Und seit Kurzem klagt sie auch immer häufiger über unbestimmte Bauch- und Kopfschmerzen. Mein Mann Werner, Mias behandelnder Kinderarzt, steht vor einem Rätsel, denn organisch scheint das Mädchen völlig gesund zu sein. Kann es sein, dass Mia einen großen Kummer hat? Doch wie wir es auch versuchen, die Kleine will sich niemandem anvertrauen – niemandem außer ihrem heißgeliebten Teddy …
Werner hat nun Dr. Stephan Söllner um Rat gefragt, einen sehr einfühlsamen Kinderpsychologen. Nach einem ersten Gespräch mit Mia hat Dr. Söllner einen schlimmen Verdacht – so schlimm, dass ich nicht weiß, wie ich es meiner Freundin Jessica sagen soll …
Jessica Barrow räumte die Bücher und anderes Unterrichtsmaterial auf dem Lehrerpult zusammen, während ihre Schüler bereits aus dem Klassenzimmer stürmten. Dabei hatte die Pausenglocke gerade erst zu schrillen begonnen. Aber sie hatten es wieder einmal eilig.
Wenn sie es mit dem Lernen doch ebenso eilig hätten!, dachte Jessica und seufzte frustriert. Es hatte Ärger gegeben, weil viele ihre Haussaufgaben nur flüchtig oder gar nicht gemacht hatten, und sie fühlte sich leicht gestresst. Außerdem war ihr Herz wieder ein paar Mal heftig gestolpert. Obwohl sie ihr Leben lang daran gewöhnt war, machte es ihr immer wieder Angst.
Ihr Blick fiel aus dem Fenster. Es war ein grauer Februartag. Die Wolken hingen tief, und der Himmel sah aus, als wollte er jeden Moment seine Schleusen öffnen. Jessica war ebenfalls heute irgendwie nach Weinen zumute, auch wenn sie nicht sagen konnte, warum.
Das Klassenzimmer war leer. Jessica nahm ihre Tasche und ging hinaus. Im Korridor verloren sich die Geräusche der Schüler, die ins Freie strömten.
Aus der nur angelehnten Tür zum Lehrerzimmer drang Kaffeeduft. Jessica verhielt zögernd den Schritt, beschloss aber dann, kurz hineinzuschauen, auch wenn sie keinen Kaffee trinken wollte.
Nur ihr Kollege Hans Gellert befand sich darin. Mit der Kaffeekanne in der Hand blickte er ihr lächelnd entgegen.
„Hallo, Jessica. Auch eine Tasse?“
„Danke, heute nicht“, lehnte sie ab. „Ich wollte nur sehen, wer im Lehrerzimmer ist.“
Hans stellte die Kaffeekanne wieder zurück. „Geht es dir nicht gut?“, fragte er besorgt.
Jessica zuckte die Schultern. „Mein Herz hat wieder aufgemuckt. Nicht nur heute, schon die ganzen letzten Tage. Deshalb verzichte ich auch lieber eine Weile auf Kaffee.“
„Das wird sicher besser sein. Und noch besser wäre es, wenn du dich mal wieder untersuchen ließest. Ich weiß, ich weiß“, wehrte er mit erhobenen Händen ab, als Jessica ihn unterbrechen wollte. „Du gehst nicht gern zum Arzt, obwohl du sehr viel von Dr. Keller und ihren Kollegen im Elisabeth-Krankenhaus hältst. Aber du musst an deine kleine Tochter denken. Wenn auch dir noch etwas zustoßen sollte, würde Mia zum Waisenkind werden.“
Jessica wandte den Blick ab und schluckte. Hans hatte einen wunden Punkt berührt, der sie nachts oft nicht schlafen ließ. Was sollte aus Mia werden, wenn sie eines Tages ihrer Herzkrankheit erlag? Vor vier Jahren hatte die Kleine bereits ihren Vater durch einen Arbeitsunfall verloren. Damals war sie gerade zwei gewesen und konnte sich natürlich nicht mehr an ihren Vater erinnern. Aber sie machte immer wieder eine Bemerkung darüber, dass sie gern einen neuen Papa hätte.
„Du hast ja recht“, räumte sie ein. „Ich werde bei Gelegenheit einen Termin ausmachen.“ Sie fand es rührend von dem Kollegen, dass er so um ihre Gesundheit besorgt war.
„Soll ich dir einen Kräutertee aufbrühen, wenn du keinen Kaffee magst?“, bot er an.
„Danke, ich nehme mir ein Glas Wasser.“
Jessica ging zum Wasserspender und füllte ein Glas. Wieder sah sie hinaus in den Park, der das Thomas-Morus-Gymnasium umgab. Der Anblick der kahlen Bäume und der Nebelschwaden, die darin hingen, war nicht gerade dazu angetan, ihre Stimmung zu heben.
Einen neuen Papa … Sie seufzte. Seit einem Jahr war sie mit Markus zusammen. Er war Verkäufer bei „Harry’s for Men“, der exklusiven Herrenboutique im Stadtzentrum, ein gut aussehender und charmanter Mann, der immer aussah wie einem Modemagazin entstiegen. Leider schien er mit Mia nicht viel anfangen zu können. Die Kleine mochte ihn auch nicht sehr. Jessica hoffte, dass sich das noch ändern würde, doch sie hatte ihre Zweifel.
Sie zuckte leicht zusammen, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
„Jessica, dich bedrückt doch etwas“, sagte Hans mit sanfter Stimme. „Sprich dich aus. Du weißt, ich habe nicht nur für meine Schüler ein offenes Ohr, auch für meine Freunde und Kollegen.“
Jessica drehte sich wieder zu ihm um. „Ich weiß. Und ich bin auch sehr dankbar für deine Freundschaft. Aber es ist im Grunde nichts. Vielleicht liegt es auch am Wetter, dass ich in einer so traurigen Stimmung bin.“
„Hoffentlich nicht an meiner Bemerkung, dass du auch an Mia denken sollst?“ Ernst blickte Hans sie an.
Jessica strich sich das lange braune Haar zurück.
„Nein“, versicherte sie mit einem flüchtigen Lächeln. „Ich war schon vorher in keiner so guten Stimmung, ohne sagen zu können, warum.“
„Aber du kommst doch heute Abend? Die Abwechslung wird dir guttun. Übrigens, die Bergens haben auch zugesagt.“
Jessicas Miene erhellte sich. „Die Bergens? Das ist aber nett! Ja, natürlich komme ich.“
Sie mochte das sympathische Arzt-Ehepaar sehr. Dr. Werner Bergen war Mias Kinderarzt, zu dem das Mädchen immer gern ging. Seine Frau Andrea war Notärztin am Elisabeth-Krankenhaus. Jessica begegnete ihr dort hin und wieder. Sie freute sich darauf, mit ihnen auch einmal privat zu plaudern.
„Sie bringen noch einen Freund mit, einen Kinderpsychologen, der in der Rheinuferstraße seine Praxis hat“, redete Hans weiter. „Doris hält große Stücke auf ihn. Er kommt regelmäßig auf die Kinderstation und kümmert sich um Kinder, die nach Unfällen oder schweren Krankheiten psychische Probleme haben.“
„So viele Ärzte“, erwiderte Jessica und schnitt eine kleine Grimasse.
„Deshalb freue ich mich ja, dass du kommst und ich ebenfalls eine Kollegin zum Fachsimpeln habe“, meinte Hans und zwinkerte ihr zu.
Sie plauderten noch kurz über den bevorstehenden Abend. Jessica wollte sich gerade verabschieden, als sich ihr Handy meldete. Stirnrunzelnd sah sie, dass es Markus war.
„Entschuldige bitte“, murmelte sie und wandte sich kurz ab, um den Anruf anzunehmen.
„Tut mir leid, aber ich kann heute Abend nicht den Babysitter für Mia spielen“, tönte es ihr entgegen. „Mir ist etwas dazwischengekommen.“
Oh nein! Jessica seufzte frustriert. „Aber es war doch fest ausgemacht. Du weißt doch, dass ich heute Abend bei Hans und seiner Frau eingeladen bin.“
„Sorry, Baby, doch das hatte ich ganz vergessen. Mein Chef hat mich und andere Kollegen zum Essen eingeladen, da kann ich unmöglich …“
„Schon gut, das geht natürlich vor“, fiel Jessica ihm leicht sarkastisch ins Wort. „Dann muss ich auf den Abend bei den Gellerts eben verzichten. Viel Spaß, Markus.“ Damit beendete sie das Gespräch.
„Ich kann leider nicht kommen“, sagte sie voller Bedauern, als sie Hans’ fragenden Blick auf sich gerichtet sah. „Markus ist gerade eingefallen, dass er andere Verpflichtungen hat, als Mia zu hüten. Das ist wieder so typisch für ihn!“ Verärgert steckte sie ihr Handy ein.
„Kein Problem, dann bringst du Mia einfach mit“, meinte Hans nur. „Tabea wird sich freuen, wenn sie mit ihr spielen kann.“
„Meinst du?“ Jessicas ärgerliche Falten glätteten sich.
Hans nickte. „Klar, das ist kein Problem. So, jetzt muss ich nach Hause und das Essen vorbereiten, denn Doris hat bis vier Uhr Dienst.“
„Also gut.“ Jessica atmete auf. Der Abend war gerettet. Und Mia würde sicher tausend Mal lieber zu den Gellerts mitkommen, als von Markus beaufsichtigt zu werden.
***
„Machst du mal bitte auf, Doris?“, bat Hans Gellert seine Frau. Er hatte eine Schürze umgebunden, seine Hände steckten in Topfhandschuhen. Er war sichtlich beschäftigt.
Doris eilte zur Haustür und öffnete sie. Draußen stand wie schon erwartet das Ehepaar Bergen.
„Schön, dass ihr da seid“, begrüßte Doris die Freunde und Kollegen. „Kommt rein. Jessica und ihre Tochter sind schon da.“ Sie gab die Tür frei und ließ Andrea und Werner eintreten. Plaudernd entledigten sich die beiden ihrer Mäntel.
„Mit einem schönen Gruß von Hilde.“ Andrea überreichte der Gastgeberin den Kuchen, den ihre Schwiegermutter gebacken und ihr mitgegeben hatte.
„Oh, der riecht aber lecker.“ Doris bedankte sich und führte die Gäste dann ins Wohnzimmer, wo Jessica Barrow in einem der Sessel saß.
„Hallo, Frau Barrow“, begrüßte Andrea sie, und Werner schloss sich dem Gruß an.
Die junge Frau erhob sich und reichte beiden die Hand. Man wechselte einige Worte, dann ließen die Bergens sich auf dem Sofa nieder.
„Hans steht noch in der Küche, und die Kinder sind oben“, bemerkte Doris, während sie den Neuankömmlingen je ein Glas Wein einschenkte.
„Kinder, Mehrzahl?“, fragte Andrea verwundert.
„Ich musste Mia mitbringen, weil Markus, mein Partner, heute Abend schon etwas vorhatte“, erklärte Jessica.
„Worüber Tabea ganz begeistert war“, sagte Doris. „Sie spielt so gern mit Mia.“
Gerade kamen die Kinder die Treppe heruntergepoltert.
„Langsam, langsam“, war Hans’ Stimme von der Küche her zu hören. Dann stürmten die beiden Mädchen auch schon ins Zimmer. Artig begrüßten sie den neuen Besuch.
Mia kletterte zu Werner Bergen aufs Sofa. Sie liebte ihren Kinderarzt sehr.
„Geht’s meinem Teddy gut?“, wollte sie wissen.
„Aber ja“, versicherte Werner schmunzelnd. „Die anderen Kinder passen gut auf ihn auf.“
„Ich will auch auf ihn aufpassen.“ Mia rückte näher an ihn heran. „Darf ich ihn bald besuchen?“
„Aber du bist doch gar nicht krank“, wandte ihre Mutter ein.
Mia zog einen Flunsch. „Muss ich erst krank werden, damit ich meinen Teddy besuchen darf?“
Die Erwachsenen lachten.
„Du darfst auch kurz vorbeischauen und Teddy begrüßen, auch wenn du nicht krank bist“, meinte Werner schmunzelnd.
Damit war Mia zufrieden. Tabea und sie wollten noch wissen, wann es endlich etwas zu essen gebe, dann nahm Mia die Jüngere an der Hand und lief mit ihr wieder aus dem Zimmer.
„Der Teddy geht ihr nicht mehr aus dem Sinn“, sagte Jessica und lächelte. „Er ist aber auch ein besonders hübsches Exemplar.“
„Dank meiner Auszubildenden Aylin bereichert er nun die Spielecke in meinem Wartezimmer“, erklärte Werner. „Sie hat den großen Teddy auf einem Sommerfest bei der Tombola gewonnen und uns spendiert.“
„Mia ist jedes Mal fasziniert von ihm und würde ihn am liebsten mitnehmen“, sagte Jessica. „Sie sollten hören, wie sie mit ihm plaudert und was sie ihm alles erzählt.“
„Hoffentlich keine Familiengeheimnisse“, meinte Andrea und lachte.
Jessica lachte mit. „Nun ja, manchmal muss ich sie schon bremsen. Es muss ja nicht das ganze Wartezimmer mitbekommen, dass ich aus Versehen die Zuckerdose in den Kühlschrank gestellt hatte und nicht gleich finden konnte.“
Die Plauderei wurde unterbrochen, als es an der Haustür klingelte und Hans gleich darauf mit einem hochgewachsenen blonden Mann hereinkam.
Es war Dr. Stephan Söllner. Doris, Andrea und Werner begrüßten ihn herzlich. Dann blieb sein Blick an Jessica hängen.
„Wir kennen uns noch nicht“, sagte er und reichte ihr die Hand. „Söllner.“
„Stephan ist Kinderpsychologe und eine große Hilfe auf der Kinderstation“, erläuterte Doris. „Und das ist Jessica Barrow, eine Kollegin von Hans.“
„Angenehm“, erwiderte Jessica lächelnd und erwiderte den Händedruck.
Hans kehrte wieder zurück in die Küche. Stephan Söllner ließ sich in dem Sessel neben Werner Bergen nieder und wechselte ein paar Worte mit ihm. Doris schenkte ihm ein Glas Wein ein.
Man unterhielt sich angeregt über verschiedene Dinge. Mit Rücksicht auf Jessica wurden dabei keine medizinischen Themen angeschnitten. Dr. Söllner richtete mehrmals das Wort an sie, und es war unschwer zu erkennen, dass ihm die hübsche dunkelhaarige Lehrerin gefiel. Auch Jessica schien ihn sehr sympathisch zu finden.
Nach einer Weile kam Hans herein und verkündete, dass das Essen fertig sei.
„Fast“, fügte er einschränkend hinzu, was für Doris die Aufforderung war, in die Küche zu kommen und letzte Hand an die Speisen zu legen. Ebenso die Tatsache, dass er seine Schürze bereits abgelegt hatte.
Während Doris in die Küche ging, setzte Hans sich noch kurz zu den Gästen und trank ein Glas Wein mit ihnen. Dann dauerte es nicht lange, bis Doris sie alle ins Esszimmer rief. Auch die Kinder kamen die Treppe herunter und setzten sich an den Tisch.
In gemütlicher Runde ließ man sich das Essen schmecken. Jessica, die neben Stephan Söllner saß, plauderte angeregt mit ihm. Andrea lächelte in sich hinein. Jessica hatte bei ihrem Eintreffen leicht bedrückt gewirkt, doch jetzt blühte sie förmlich auf. Auch Mia schien den Kinderpsychologen spontan ins Herz geschlossen zu haben. War zuerst Werner ihr Favorit gewesen, so schien es jetzt Dr. Söllner zu sein.
Nach dem Essen begab man sich wieder ins Wohnzimmer. Zwanglos standen die Gastgeber und ihre Gäste bei einem Drink zusammen. Später gab es noch Kaffee und den Kuchen, den Andrea und Werner mitgebracht hatten.
Anschließend blieb Jessica nicht mehr lange. Nachdem Doris die kleine Tabea zu Bett gebracht hatte, wurde auch Mia müde.
„Ich verabschiede mich jetzt besser“, sagte Jessica und stellte ihr leeres Glas auf dem Sideboard ab. „Vielen Dank für den netten Abend.“
„Will noch bleiben“, quengelte Mia, obwohl ihr schon halb die Augen zufielen. Sie setzte sich auf Stephan Söllners Sessellehne und glitt von da aus auf seinen Schoß.
Stephan legte die Arme um sie, was sie sich sichtlich gern gefallen ließ. Dann stand er mit ihr zusammen auf und stellte sie wieder auf die Füße.
„Weißt du, was, kleine Maus? Ich bringe dich und deine Mama noch zum Auto. Oder sind Sie mit dem Bus da?“, wandte er sich an Jessica. „Dann fahre ich Sie gern nach Hause.“
„Danke, mein Auto steht gleich um die Ecke in einer Seitenstraße“, erwiderte sie lächelnd. „Aber gegen eine Begleitung hätte ich nichts einzuwenden.“
Jessica bedankte sich bei den Gellerts für die Einladung und verabschiedete sich auch von den Bergens. Dr. Söllner tat das Gleiche. Kurz darauf verließen sie das Haus.
„Bin müde“, jammerte Mia, als sie ein paar Schritte gegangen waren. „Kannst du mich tragen, Dr. Stephan?“
„Die paar Schritte schaffst du schon noch“, wehrte ihre Mutter ab, doch Stephan hatte sie schon hochgenommen.
„Warum nicht“, erwiderte er und lachte.
Wie eine Familie, ging es Jessica durch den Sinn, als sie einen kurzen Blick auf Stephan und ihre Tochter warf. Sie konnte sich nicht erinnern, dass Markus die Kleine jemals so liebevoll auf den Arm genommen hätte. Aber Mia hätte ihn auch niemals darum gebeten.
Wenige Augenblicke später waren sie am Auto angelangt.
„Vielen Dank für die nette Begleitung, Herr Dr. Söllner“, meinte Jessica lächelnd zum Abschied.
„Sagen Sie doch Stephan zu mir“, bat er. „Darf ich Sie Jessica nennen?“
„Gern“, stimmte sie unbefangen zu. „Gute Nacht, Stephan.“
„Gute Nacht, Jessica, gute Nacht, Mia.“
„Nacht, Onkel Stephan“, kam es müde von Mia zurück. Sie war schon halb eingeschlafen.
***
„Verdammt, kannst du nicht mal still sein? Ich verstehe kein Wort mehr!“ Entnervt stellte Markus den Fernseher lauter.
„Jetzt versteh ich auch nicht mehr, was meine Puppe sagt!“, begehrte Mia auf. „Mach doch den Fernseher wieder leiser.“
Ärgerlich drehte Markus sich in seinem Sessel um. „Nur, wenn du den Mund hältst. Dein lautes Geplapper ist ja nicht auszuhalten.“
„Aber meine Puppe versteht mich sonst nicht!“, wandte Mia trotzig ein.
Markus gab ein frustriertes Stöhnen von sich. „Himmel, warum musst du unbedingt im Wohnzimmer spielen, wenn ich eine Sendung im Fernsehen sehen will? Geh doch in dein Kinderzimmer.“
„Und du geh nach Hause!“, gab Mia aufgebracht zurück. „Du musst nicht bei uns fernsehen.“
Markus attraktives Gesicht rötete sich vor Ärger. „Sei nicht so frech, sonst ziehe ich dich am Ohrläppchen in dein Zimmer und sperre dich ein!“
Mia starrte ihn fassungslos an. „Das sag ich der Mama!“