Notärztin Andrea Bergen 1455 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1455 E-Book

Marina Anders

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der gut aussehende neue Internist Dr. Niko Tengstedt gibt seinen Kollegen und Patienten im Elisabeth-Krankenhaus Rätsel auf, denn er ist still und in sich gekehrt. Hinter seiner Zurückhaltung vermuten viele ein Geheimnis aus seiner Vergangenheit. Doch für seine Patienten tut Dr. Tengstedt alles - besonders für seine Lieblingspatientin, die Seniorin Edelgard Ebinger. Kaum eine Minute seiner freien Zeit weicht er von ihrer Seite. Und auch für ihre schöne Pflegerin Jasmin scheint er sein Herz entdeckt zu haben ...
Doch Jasmins Träume von einer Liebesbeziehung mit ihm zerbrechen jäh, als Edelgard Ebinger eines späten Abends überraschend stirbt: an einer Überdosis verschiedenster Tabletten, wie sich herausstellt! Dr. Tengstedt soll sie ihr verabreicht haben - aus niedersten Motiven! Edelgards hat ihn nämlich zum Alleinerben ihres großen Vermögens bestimmt! Jasmin ist verzweifelt ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 131

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Arzt unter Mordverdacht

Vorschau

Impressum

Arzt unter Mordverdacht

Ein »Mörder« im Elisabeth-Krankenhaus! Als diese Schocknachricht nach dem mysteriösen Tod einer betagten Patientin aufkommt, hält die ganze Klinik vor Entsetzen den Atem an! Inzwischen geht die Polizei davon aus, dass unser neuer Internist, der junge Dr. Niko Tengstedt, es war, der Edelgard Ebinger den tödlichen Tabletten-Cocktail verabreichte – und zwar aus purer Habgier! Dem nicht genug: Schon vor einigen Jahren soll er den Tod eines Menschen wissentlich herbeigeführt haben, heißt es – den eines Kindes!

Trotzdem kann ich einfach nicht an seine Schuld glauben, denn ich habe Dr. Tengstedt als überaus fürsorglichen, sehr einfühlsamen Kollegen kennengelernt. Deshalb werde ich den Gerüchten, die plötzlich im Haus kursieren, auf den Grund gehen. Vielleicht gibt es irgendwo in unseren Reihen jemanden, der diese Unwahrheiten gezielt streut, um meinem Kollegen zu schaden. Und dieser Jemand, da bin ich sicher, wird in Nikos Vergangenheit zu finden sein ...

»So nachdenklich, Herr Kollege?« Dr. Andrea Bergen, die gerade auf dem Weg zum Aufenthaltsraum neben der Notaufnahme war, verlangsamte ihre Schritte und lenkte sie auf Niko Tengstedt zu, den jungen Internisten, der neu am Elisabeth-Krankenhaus war.

Erst Anfang dieser Woche hatte er seinen Dienst auf der Inneren Station angetreten. Nun stand er im Korridor am Fenster und schien in tiefsinnige Gedanken versunken zu sein. Machte er sich Sorgen um einen bestimmten Patienten?

Jetzt drehte er sich um und wandte ihr sein Gesicht zu. Wieder fiel Andrea auf, wie ernst und in sich gekehrt der neue Kollege oft wirkte, obwohl er auch jungenhaft lachen konnte.

»Manchmal lassen einen die Gedanken nicht los«, erwiderte er und ließ seinen Worten einen resignierten Seufzer folgen.

Andrea Bergen nickte. »Das kenne ich nur zu gut. Uns Ärzten ist oft nicht einmal ein Feierabend vergönnt. Man macht sich auch da noch Gedanken um die Patienten und hofft, dass sie die Nacht überstanden haben und es ihnen am nächsten Tag besser geht.«

»Ja, auch die Patienten beschäftigen einen noch außerhalb der Dienstzeiten«, pflichtete Niko ihr bei. Das sagte er in einem Tonfall, als beschäftigten ihn noch schwerwiegendere Dinge als Patienten. Hatte er private Sorgen?

»Hat man Sie schon in Ihrer ersten Woche zum Schockraumdienst eingeteilt?«, fragte die Notärztin. Bei der Einlieferung eines polytraumatisierten Unfallopfers hatte sie gesehen, dass Niko Tengstedt heute zum Schockraumdienst gehörte.

»Nicht die ganze Woche«, erklärte er. »Man hat mich heute Nachmittag nur anstelle des Kollegen Friedrich geholt.«

»Ah, ja.« Andrea Bergen lächelte. »Ich wollte mir im Aufenthaltsraum gerade einen Kaffee genehmigen. Hätten Sie auch Appetit auf eine Tasse?«

Einen Augenblick lang glaubte sie, Niko Tengstedt würde ablehnen und lieber allein seinen Gedanken nachhängen. Doch dann erhellte sich seine Miene.

»Eine gute Idee, Frau Kollegin«, sagte er, und diesmal lächelte er. »Ein Kaffee wäre jetzt super.«

Gemeinsam betraten sie den Aufenthaltsraum. Schwester Gudrun von der Intensivstation und Renate Seitz von der Aufnahme waren die einzigen Anwesenden. Plaudernd standen sie an der Spüle und wuschen ihre Tassen aus. Kurz darauf verließen sie mit einem freundlichen Gruß den Raum.

Andrea war es ganz recht, dass sie und Niko Tengstedt allein waren. Sie mochte den neuen Kollegen und hätte gern mehr über ihn erfahren. Nicht aus reiner Neugier. Sie wollte ihn wissen lassen, dass sie ein offenes Ohr für ihn haben würde, falls er über außerberufliche Probleme sprechen wollte.

Sie ging zur Kaffeemaschine und schenkte sich eine Tasse ein. Auch Niko bediente sich. Statt sich an den Tisch zu setzen, blieben sie mit ihrem Kaffee am Fenster stehen.

»Es regnet schon wieder«, stellte Andrea fest.

»Nicht so viel wie im Saarland«, meinte Niko. »Da regnet es weitaus mehr als hier am Rhein.«

»Richtig, Sie kommen ja aus Homburg«, glaubte sich Andrea zu erinnern.

»Eigentlich stamme ich aus Bonn«, stellte Niko richtig. »In Homburg hatte ich zuletzt gearbeitet.« Er trank einen Schluck von seinem Kaffee. »Zuvor in Lüdenscheid, Bayreuth und Stuttgart.«

»Dann sind Sie ja ganz schön herumgekommen.« Andrea stellte ihre Tasse auf dem Fenstersims ab. »Ich habe meinen Facharzt in Köln gemacht. Bestimmt haben Sie auch in Ihrer Heimatstadt gearbeitet?«

»Ich habe in Bonn studiert und dort später auch meinen Facharzt gemacht. Einige Jahre habe ich im Herzzentrum gearbeitet ...« Er brach kurz ab. Andrea bemerkte den Schatten, der kurz über sein Gesicht fiel, als würde er von düsteren Erinnerungen eingeholt werden. »Dann habe ich mich entschlossen, mich auch an anderen Kliniken umzusehen. Es war eine lehrreiche Zeit.«

»Veränderungen sind immer interessant und lohnenswert, Herr Tengstedt.« Andrea sah ihn lächelnd an. »Ich hoffe, es gefällt Ihnen bei uns und Sie werden uns eine Weile erhalten bleiben?«

Niko erwiderte ihr Lächeln. »Ich denke schon.« Er räusperte sich, bevor er wieder von seinem Kaffee trank. »Es gibt Dinge in meinem Leben, zu denen ich Abstand gewinnen möchte. Ich denke, dass es mir hier ganz gut gelingen wird.«

Also doch privater Kummer, dachte Andrea bei sich. Das erklärte, warum er oft in tiefe Gedanken versunken zu sein schien. Es gab etwas, das ihn bedrückte. Doch es war verfrüht, ihn offen danach zu fragen.

Niko wechselte dann auch rasch das Thema, als fürchtete er, sie könnte diesbezügliche Fragen stellen. »Aber trotz aller Unannehmlichkeiten, mit denen man im Leben oft zu kämpfen hat, gibt es auch immer wieder erfreuliche Erlebnisse. Zum Beispiel die positive Entwicklung bei zwei Krebspatientinnen, die in einem Zimmer liegen. Die ältere ist sechzig und hat Brustkrebs, die jüngere ist sechzehn und leidet an einem intermediären Hodgkin-Lymphom. Es ist rührend zu sehen, wie die beiden sich gegenseitig Mut machen.«

Auch Andrea wurde bei so positiven Berichten das Herz warm.

»Ich weiß, ich habe die beiden Patientinnen selbst schon mehrmals besucht. Sie sind richtige Freundinnen geworden. Es ist so schön mitzuerleben, wie liebevoll sie miteinander umgehen. Vermutlich wird Frau Seidler ihren Brustkrebs überleben. Wie sieht die Therapie aus? Denken Sie an Operation?«

Niko strich sich über das glatt rasierte Kinn, eine für ihn typische Geste, wie Andrea bereits aufgefallen war. »Eventuell. Da es sich um einen östrogenrezeptor-positiven Tumor handelt, werden wir es zunächst mit einer hormonellen Therapie versuchen. Danach sehen wir weiter.«

Andrea nickte. »Klingt gut. Und wie steht es um das Mädchen?«

Das Lächeln auf Nikos Gesicht erlosch. »Leider nicht so gut wie um ihre ältere Bettnachbarin. Bei der Ganzkörper-PET ist auch ein Knochenmarkbefall festgestellt worden.«

»Oh ...« Andrea biss sich auf die Lippe. »Das tut mir sehr leid.«

»Mir auch. Aber vielleicht erzielen wir bei ihr positive Ergebnisse.«

»Dafür drücke ich der Kleinen die Daumen.«

Sie hatten gerade ihren Kaffee ausgetrunken, als die Tür aufging und Dr. Krug, der schlaksige junge Unfallarzt in der Notaufnahme, hereinkam. Einen Moment später betraten zwei Pflegerinnen und eine Schreibkraft aus der Verwaltung die Notaufnahme.

»Jetzt wird es richtig voll«, bemerkte Andrea lachend.

»Sagen Sie bloß, wir vertreiben Sie!«, flachste Dietmar Krug, als er sah, dass die Notärztin und Dr. Tengstedt im Aufbruch begriffen waren.

»Ganz und gar nicht«, versicherte Andrea Bergen. »Aber auch die längste Kaffeepause geht mal zu Ende. Bis dann.«

Mit zum Gruß erhobener Hand verließen sie und Niko den Aufenthaltsraum.

***

Jasmin Kluge betrat den Umkleideraum im Eisstadion. Sie vertauschte Jeans und Pullover mit ihrem Eislaufdress und setzte ihre selbst gehäkelte bunte Mütze auf ihre blonden Locken. Zum Schluss zog sie ihre Schlittschuhe an.

Mit Schwung glitt sie hinaus auf die Eisfläche. Dort herrschte heute ziemlicher Betrieb. Jasmin entdeckte ein paar Sportsfreundinnen, die am Rand der Eisbahn standen, und lief auf sie zu.

»Schön, dich mal wieder zu sehen, Jasmin«, begrüßte eine von ihnen sie. »Du hast dich in letzter Zeit ziemlich rargemacht.«

Die anderen stimmten zu.

»Hast wohl einen neuen Freund?«, vermutete eine andere und lächelte anzüglich.

»Sorry, aber mit solchen Neuigkeiten kann ich nicht dienen«, wehrte Jasmin ab. »An einer neuen Beziehung hab ich im Moment echt kein Interesse.«

»Was nicht ist, kann ja noch werden«, meinte die Freundin.

»Kommt, laufen wir mal wieder in der Gruppe«, schlug jemand vor. Die jungen Sportlerinnen fassten sich an den Händen und glitten davon.

Später lief Jasmin für sich allein. Sie übte verschiedene Figuren, unter anderem auch nicht ganz einfache Pirouetten, die ihr diesmal bestens gelangen. Anerkennende Bravo-Rufe schallten über das Eis.

Jasmin machte das Eislaufen großen Spaß. Sie war auch sehr talentiert, doch größere Ambitionen hatte sie keine. Nicht wie Edelgard Ebinger damals, ihre liebste Seniorin im Altenheim Amalienhöhe. Sie war früher mehrmals Deutsche Meisterin im Eiskunstlauf gewesen. Der Eislaufsport verband sie mit der alten Dame auf besondere Weise, und oft saß Jasmin bei ihr im Zimmer und hörte ihren Erzählungen aus ihrer damaligen Zeit als Eislaufstar zu.

An diesem Abend blieb Jasmin nicht so lange im Eisstadion wie sonst. Schon nach einer Stunde machte sie Schluss mit dem Training und verabschiedete sich von ihren Sportsfreundinnen. Zu Hause wartete noch Arbeit am Computer auf sie.

Jasmin stieg in ihr Auto und trat den Heimweg an. In ihrer kleinen Dachwohnung richtete sie sich rasch ein Abendbrot und setzte sich dann an ihren Laptop. Wenn sie morgen ihren Dienst antrat, wollte sie der Heimleitung ihre neuen Ideen unterbreiten. Es handelte sich dabei um verschiedene Bewegungstherapien, die auch für die über achtzigjährigen Heimbewohner geeignet waren.

Edelgard Ebinger würde ebenfalls daran teilnehmen können. Sie war Diabetikerin und hatte einen Herzschrittmacher. Körperlich war sie noch einigermaßen fit, doch geistig ließ sie in letzter Zeit etwas nach. Zumindest, was das Gedächtnis anbetraf. Doch das war in ihrem Alter nicht ungewöhnlich.

Jasmin war Sozialpädagogin im Seniorenheim Amalienhöhe und äußerst engagiert in ihrem Beruf. Sie liebte ihre teilweise schon sehr gebrechlichen Schützlinge, und diese hatten sie auch besonders ins Herz geschlossen. Jasmin setzte sich unermüdlich für jeden Einzelnen ein. Selbst nach Dienstschluss verbrachte sie zu Hause oft noch Stunden am Computer, um individuelle Betreuungspläne und detaillierte Planungen von Festen und Ausflügen auszuarbeiten.

Auch bei der Einrichtung der Zimmer ließ sie sich immer praktische Dinge einfallen, und wenn jemand zum Arzt oder ins Krankenhaus musste, war sie als hilfreiche Begleiterin an deren Seite.

Jasmin bereitete sich eine Tasse Tee zu und arbeitete noch für eine Weile an den Bewegungstherapien. Dann schaltete sie den Laptop aus und machte sich fertig für die Nacht. Morgen musste sie schon früher im Heim sein als gewohnt, denn sie würde an einer Besprechung teilnehmen, bei der es um die Aufnahme neuer Heimbewohner ging. Es würde wieder ein langer Tag werden, doch das machte ihr nichts aus. Jasmin liebte ihren Beruf, auch wenn er manchmal anstrengend war, und wollte ihn gegen keinen anderen Beruf der Welt tauschen.

Als sie dann später im Bett lag, überdachte sie noch einmal den vergangenen Tag. Sie war froh, dass sie alle wichtigen Arbeiten erledigt hatte, aber es tat ihr auch leid, dass sie nur so kurze Zeit im Eislaufstadion trainiert hatte. Sie nahm sich vor, am Wochenende länger zu bleiben. Und natürlich würde sie Edelgard morgen von ihren gut gelungenen Pirouetten erzählen.

***

Niko Tengstedt fuhr aus seinem wohlverdienten Schlaf hoch. Er hasste dieses Geräusch mitten in der Nacht. Wenn das Telefon um diese Zeit klingelte, war es mit größter Wahrscheinlichkeit das Krankenhaus, das ihn zu einem Notfall rief.

Gähnend tastete er nach seinem Handy, das wie immer auf dem Nachttisch lag. Erst dann merkte er, dass es der Klingelton des Weckers war, nicht das Telefon. Mit einem Seufzer ließ er sich wieder zurückfallen. Musste er tatsächlich schon wieder aufstehen? Er hatte das Gefühl, gerade erst ins Bett gegangen zu sein.

Niko schloss die Augen und holte tief Luft. Er fühlte sich wie gerädert nach den quälenden Träumen, die er wieder gehabt hatte. Sie würden ihn wohl bis ans Ende seines Lebens verfolgen. Aber es half alles nichts, er musste aufstehen und zum Dienst aufbrechen. Ergeben schob er die Beine aus dem Bett und ging ins Bad.

Beim Rasieren war seine Hand so unsicher, dass er sich prompt schnitt. Mist! Niko tränkte einen Waschlappen mit kaltem Wasser und presste ihn auf die Stelle am Unterkiefer. Nachdem er die Blutung gestillt hatte, brachte er seine Rasur zu Ende.

Missmutig betrachtete er die kleine Schnittwunde. Sollte er ein Pflaster auflegen? Nein, damit würde er auch nicht besser aussehen.

Er zog sich an und ging in die Kochnische, um sich einen Kaffee zu machen. Während er im Stehen zwei Tassen trank und ein Croissant ohne Belag dazu aß, sah er im Geist wieder das tote Kind vor sich. Schwer lastete die Erinnerung auf ihm. Elf Jahre wäre das Mädchen jetzt alt. Warum hatte es nicht leben dürfen?

Niko zwang sich dazu, nicht mehr an die schlimmste Zeit in seinem Leben zu denken. In Kürze begann sein Dienst, und er musste sich auf seine Patienten konzentrieren. Da durfte er sich nicht von den schlimmen Erlebnissen von damals ablenken lassen, die oft noch seine Träume beherrschten.

Mit diesem Vorsatz verließ er wenig später das Apartment, das er im Ärztehaus bewohnte, und ging durch den Park hinüber zum Krankenhauskomplex.

»Guten Morgen, Herr Doktor«, begrüßte ihn Schwester Thea, als er die Innere Station betrat.

Freundlich erwiderte Niko ihren Gruß. Er arbeitete noch nicht lange hier, doch er hatte bereits einen guten Draht zum Pflegepersonal und den Kollegen.

Dr. Maja Hochstadt, die er vom Nachtdienst ablöste, gab ihm einen kurzen Bericht über die verschiedenen Fälle und Neuzugänge auf der Station. »Herzprobleme nach Kokainmissbrauch«, erklärte sie unter anderem. »Der Patient liegt in einem separaten Behandlungsraum.«

»Kokain, so, so.« Nikos Stimme klang belegt.

»Angstzustände, Krampfanfälle, Aggressionen, die ganze Palette«, fügte Maja hinzu. »Sie wissen schon.«

Ja, er wusste es – nur zu gut.

»Wie alt?«, erkundigte er sich routinemäßig.

»Achtunddreißig. Das Herz-Kreislaufsystem ist stark angegriffen.«

Niko wollte erst erwidern, dass er nach dem Patienten sehen werde, doch dann schwieg er. Nach Möglichkeit wollte er ihn lieber den Kollegen überlassen. Mit Drogenpatienten hatte er immer noch gewisse Schwierigkeiten.

»Sonst noch Neuigkeiten?«, fragte er.

»Nicht wirklich.« Ihr ernster Ausdruck wich einem Lächeln. »Außer, dass Schwester Carlotta aus dem Urlaub zurück ist und morgen ihren Dienst wieder antritt. Sie kennen sie ja noch nicht. Eine sehr tüchtige und engagierte Pflegerin. Sie werden Sie mögen.« Maja stutzte. »Ist etwas, Herr Tengstedt? Sie sehen auf einmal aus, als würden Sie gleich umkippen.« Prüfend sah sie ihn an.

Niko spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. »Nein, alles in Ordnung«, versicherte er rasch. »Ich scheine heute nur keinen guten Tag zu haben.«

Maja Hochstadt lachte und legte ihm kurz die Hand auf den Arm. »Wenn man sich schon beim Rasieren schneidet ...«, spielte sie auf seine Schnittwunde an. »Aber machen Sie sich nichts draus. Wir haben alle mal einen schlechten Tag.«

Sie wünschte ihm einen angenehmen Dienst und verabschiedete sich von ihm.

Das Klappern ihrer Absätze verhallte im Korridor, während Niko noch ganz benommen weiterging.

Schwester Carlotta ... Der Name war ihm wie ein Dolchstoß in die Brust gefahren. Nein, das konnte, das durfte nicht sein! Es musste sich um eine andere Schwester Carlotta handeln.

Zumindest hoffte er das aus tiefstem Herzen.

***

»Das Ding dudelt schon wieder!«, bemerkte eine der Kolleginnen, als Jasmin auf die Tür zu Edelgard Ebingers Zimmer zuging. »Schon in aller Frühe! Wie kann die Frau das nur aushalten?«

Jasmin lächelte, als sie die Spieluhr hinter Edelgards Tür spielen hörte. Es war Beethovens Für Elise.

»Es ist für sie ein wichtiges Erinnerungsstück«, erklärte sie. »Das wissen wir doch alle. Lassen wir ihr die Freude. Sie hat ja keine Zimmergenossin, die sie damit stören könnte.«

»Mir geht das jedenfalls auf die Nerven«, brummte die Kollegin.

Jasmin störte das »Gedudel« nicht. Im Gegenteil, sie fand die antik aussehende Spieluhr aus Porzellan mit der Ballerina reizend. »Guten Morgen, Frau Ebinger«, rief sie fröhlich, als sie das Zimmer betrat. »Konnten Sie diesmal besser schlafen?« Die alte Dame hatte in letzter Zeit Schlafprobleme, die man mit verschiedenen Mitteln zu kurieren versuchte.