Notärztin Andrea Bergen 1460 - Marina Anders - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1460 E-Book

Marina Anders

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Beschreibung

Genüsslich zündet sich Ulf eine Zigarette an, greift nach der Bierflasche und wendet sich dem Fußballspiel im Fernsehen zu. Sofort spürt Frida diesen bellenden Husten in sich aufsteigen, der immer stärker wird. Ulf schnaubt genervt und verlässt türenschlagend die Wohnung.
Doch Frida macht nicht nur Theater! Ihre Kehle zieht sich wirklich mehr und mehr zu - bis sie schließlich Todesangst überkommt!
"Ulf!", ruft sie mit letzter Kraft. "Ulf! Hilfe!" Aber es bleibt alles still. Ulf hat sie tatsächlich allein gelassen! Auf der Suche nach Hilfe versucht Frida, sich in den Hausflur zu schleppen, aber vorher bricht sie röchelnd zusammen.
Ich sterbe!, ist ihr letzter Gedanke, bevor alles schwarz um sie wird ...
Wie durch ein Wunder hat eine Nachbarin die panischen Rufe gehört und den Rettungswagen verständigt. Doch als Dr. Bergen und ihre Sanitäter Frida Sanders’ Wohnung erreichen, scheint es keine Rettung mehr für die junge Frau zu geben ...


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Inhalt

Cover

Luftnot!

Vorschau

Impressum

Luftnot!

Nur durch ein Wunder ist es uns gelungen, die hübsche Frida nach ihrem Erstickungsanfall zu retten und ihre Diphterie in den Griff zu bekommen – und nun das! Seit dem Morgen ringt Frida auf Intensiv mit dem Tod! Eine schwere Herzmuskelentzündung, eine der am meisten gefürchteten Komplikationen, hat sich eingestellt.

Fridas Prognose ist denkbar schlecht, sagen die Kollegen. Ich bin untröstlich, denn ich bin davon überzeugt, dass die Myokarditis bei Frida hätte vermieden werden können. Sie ist einzig und allein die Folge des emotionalen Drucks, den Fridas Lebensgefährte Ulf pausenlos auf sie ausübt. Dieser unmögliche, egozentrische Mann hat schon ihren ersten schweren Erstickungsanfall verschuldet. Wir hätten ihn nie zu ihr lassen dürfen!

Aber diese Gedanken helfen nun nicht weiter. Doch eines schwöre ich mir: Wenn Frida überlebt, dann werde ich alles tun, damit sie Ulf und seinen ungesunden Einfluss auf ihr Leben endlich hinter sich lässt ...

Mittagspause! Dr. med. Andrea Bergen schaltete den Computer aus und verließ das Notarztbüro.

Alle Einsatzberichte hatte sie noch nicht schreiben können, doch jetzt brauchte sie erst mal eine Pause. Außerdem knurrte ihr der Magen. Sie wusste, dass ihr Mann Werner heute dort zu tun hatte. Er hatte eine eigene Kinderarztpraxis, war aber auch Belegarzt auf der Kinderstation des Elisabeth-Krankenhauses. Vielleicht ergab es sich, dass sie zusammen im Personalrestaurant zu Mittag essen konnten.

»Wie geht es dem kleinen Mädchen, das so schlimm von einem Hund gebissen worden ist?«, fragte Schwester Grit, als Andrea in die Notaufnahme hinaustrat. Die Notärztin hatte es am Vortag mit schweren Kopfverletzungen eingeliefert.

»Danach werde ich mich gleich erkundigen«, erwiderte Andrea. »Ich bin auf dem Weg zur Kinderstation, anschließend gehe ich mit meinem Mann essen, falls er noch im Haus ist.«

»Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass kein Einsatz kommt.« Grit winkte ihr zu und nahm danach einen Neuzugang in Empfang, einen Mann, der den Arm in einer provisorischen Schlinge trug und ein wehleidiges Gesicht machte.

Andrea ging zum Fahrstuhl und fuhr hinauf zur Kinderstation. Auf dem Weg zum Dienstzimmer der Oberärztin Doris Gellert konnte sie durch die offene Tür schon die Stimme ihres Mannes hören. Werner plauderte gerade mit Doris, mit der sie auch privat befreundet waren.

»Hallo zusammen«, grüßte Andrea, nachdem sie kurz gegen den Türrahmen geklopft hatte.

»Oh, hier kommt meine bessere Hälfte, hallo!«, grüßte Werner mit einem breiten Lächeln zurück.

»Du kommst wie gerufen, Andrea«, empfing Doris sie. »Ich wollte nämlich gerade eine Einladung aussprechen.«

»Oh?« Andrea Bergen zog interessiert die Brauen hoch. »Und ich wollte sehen, wie die kleine Mila den Hundebiss überstanden hat.«

»Ich nehme an, das möchtest du zuerst hören«, mutmaßte Doris lächelnd. »Ich weiß ja, bei dir kommt immer das Berufliche zuerst und erst dann das Private.«

»Nicht nur bei mir, das ist doch bei uns Ärzten allgemein so«, erwiderte Andrea. »Zumindest kenne ich das von Werner und von dir, aber auch von vielen anderen Kollegen.«

»Du hast ja recht«, lenkte Doris ein. »Also, Mila geht es besser, und es besteht keine Lebensgefahr mehr. Trotzdem ist so ein Hundebiss in den Kopf schlimm. Sie hat viel Blut verloren, und die linke Kopfseite sowie das Ohr werden wohl leicht deformiert bleiben.«

Andrea seufzte. »Das hatte ich befürchtet. Gut zu hören, dass sie auf dem Weg der Besserung ist. Ich werde anschließend nach ihr sehen.«

»Sie liegt noch auf der Kinder-Intensiv-Station. Aber ich denke, dass sie in den nächsten ein, zwei Tagen zu uns auf die Station verlegt werden kann.« Die drei Ärzte plauderten noch kurz über diesen Fall, dann kam Doris Gellert auf ihre Einladung zu sprechen. »Habt ihr Lust, am Samstagabend zu uns zum Essen zu kommen?« Fragend und mit leicht verzogener Miene sah sie die beiden Freunde an.

Andrea musterte sie mit schief gelegtem Kopf.

»Warum machst du ein Gesicht, als wäre es eine Strafe, uns einzuladen?«

Doris lachte auf. »Sorry, diesen Eindruck wollte ich nicht erwecken. Ihr wisst doch, dass Hans und ich uns immer freuen, euch bei uns zu haben. Nein, es geht um Hans' Kollegen. Ich hatte euch doch von dem neuen Mathelehrer am Thomas-Morus-Gymnasium erzählt. Er und seine Frau hatten uns vor einer Weile zum Essen eingeladen, und nun müssen wir uns wohl oder übel revanchieren.«

»Das klingt, als wären es nicht die angenehmsten Leute«, bemerkte Werner.

Doris nickte. »Auf ihn trifft das auf jeden Fall zu. Auf sie dagegen überhaupt nicht. Ich mochte seine Partnerin auf Anhieb, und auch Hans fand sie sehr sympathisch. Sie scheint mit diesem Mann nicht glücklich zu sein. Ihr gehört übrigens der Artesania-Laden in der Klosterstraße. Sie kauft ihre Waren selbst in Bolivien ein.«

»Oh, wirklich? Dort war ich auch schon Kundin. Das Kuschel-Lama in Werners Wartezimmer hatte ich dort erstanden.«

»Ah, richtig. Das lieben meine kleine Patienten heiß und innig.« Werner Bergen schmunzelte. »Dann sollen wir also Hans' Kollegen und dessen Partnerin kennenlernen?«, wandte er sich an Doris.

»Es wäre einfach netter, wenn ihr mit dabei wärt. Auch für Frida. Ihr werdet sie mögen.« Doris lächelte Andrea zu. »Ich könnte mir gut vorstellen, dass ihr beide euch sofort verstehen werdet.«

»Dann bin ich ja gespannt. Im Artesania-Laden haben mehrere Frauen bedient, da wüsste ich jetzt nicht, wer die Inhaberin war. Vielleicht erkenne ich sie wieder. Mit ihr zu plaudern wäre sicher interessant.«

»Und ich werde Hans beistehen, seinen Kollegen zu unterhalten«, bot Werner mit einer Grimasse an.

»Wie schlimm ist er denn?«, wollte Andrea wissen.

Doris zuckte mit den Schultern. »Ach, schlimm ... Er nervt einfach, weil er alles besser weiß. Er behandelt seine Frau auch sehr herablassend. Und er kennt nur ein Thema: Mathematik.«

»O Gott!« Andrea konnte es sich bereits bestens vorstellen, wie der Abend bei den Gellerts verlaufen würde.

»Außerdem raucht er wie ein Schlot, das war wirklich nicht angenehm. Ich habe gleich betont, dass wir Nichtraucher sind und Gäste bei uns nicht rauchen dürfen.«

»Hat ihn das nicht davon abgehalten, eure Einladung anzunehmen?«, fragte Werner.

»Leider nein. Er hat aber angeboten, nur auf der Terrasse zu rauchen.«

»Wie großzügig«, spottete Andrea.

»Ja, nicht wahr?« Doris lachte grimmig auf. »Der Mann ist so was von blasiert und selbstgefällig. Eifersüchtig scheint er auch noch zu sein. Als Frida und Hans miteinander geplaudert haben, hat er sich gleich eingemischt.«

»Oh nein, das hört sich ja immer schrecklicher an!« Andrea verdrehte die Augen.

»Hat er denn auch angenehme Seiten, wenn er schon eine so nette Partnerin hat?«, fragte Werner.

Doris zuckte die Schultern. »Er muss wohl gewisse Qualitäten haben, nehme ich an. Aber wie gesagt, glücklich scheint Frida mit ihm nicht zu sein.«

»Na, wir werden sehen.« Andrea blickte von einem zum anderen. »Ich hatte eigentlich im Sinn, zusammen mit dir im Personalrestaurant zu essen, Werner. Doris, hättest du Zeit mitzukommen?«

Die Oberärztin blickte auf ihre Uhr. »Für einen Kaffee reicht die Zeit. Essen werde ich später.«

»Prima.« Andrea freute sich, dass es klappte. Und sie hoffte, dass Schwester Grits Wunsch, es möge kein Einsatz in dieser Zeit kommen, in Erfüllung ging.

***

Vorsichtig wickelte Frida Sanders die handgetöpferten und bemalten Keramikbecher aus dem Papier. Sie hatte heute eine neue Lieferung aus Bolivien bekommen und packte zusammen mit ihren beiden Angestellten gerade die Ware aus. Zweimal im Jahr flog sie nach Südamerika, um vorwiegend Textilien aus ökologischer Produktion, aber auch anderes Kunsthandwerk einzukaufen.

»Wie niedlich!« Annette, die Älteste im Team, löste ein Lama aus gelber Keramik aus der Verpackung. »So hübsche Sachen hast du wieder ausgesucht. Oh, und dieser tolle Ledergürtel! Der wäre was für meinen Klaus.«

»Und ich muss diese Tasche hier haben!« Gloria, die lebhafte junge Kollegin, griff nach einer bunt gewebten Einkaufstasche. »Auf so was warte ich schon lange.«

»Ich weiß«, erwiderte Frida lächelnd. »Deshalb habe ich sie auch bestellt. Schön, dass ich deinen Geschmack getroffen habe.«

»Und ob du das hast!« Gloria hängte sich die Tasche über die Schulter und betrachtete sich im Spiegel.

Gemeinsam packten die drei Frauen die restliche Lieferung aus. Gerade als sie damit fertig waren, kamen die ersten Kunden an diesem Morgen in den Laden. Die neue Ware auszeichnen und in die Regale sortieren würden sie später.

Für eine ganze Weile waren sie mit Bedienen beschäftigt, bis sich die erste Gelegenheit für eine Kaffeepause ergab. Frida und Annette zogen sich in das kleine Büro im hinteren Teil des Ladens zurück und füllten ihre Tassen an der Kaffeemaschine. Gloria bediente noch, würde aber gleich nachkommen, wenn ihre Kunden gegangen waren.

»Ich beneide dich um deine Reisen nach Bolivien«, meinte Annette mit einem wehmütigen Seufzer. »Leider werde ich Klaus nie dazu bringen, einmal dort Urlaub zu machen. Er will immer nur auf unseren Dauercampingplatz im Bayerischen Wald.«

Frida lächelte verständnisvoll. Sie kannte Annettes Problem. Jeder Urlaub wurde im Wohnmobil verbracht, und das einzige Interesse ihres Mannes galt dem Angeln, während Annette kochen und ihr Feriendomizil in Ordnung halten musste.

»Würde ich dich nicht im Laden brauchen, dann würde ich dir anbieten, mich mal nach Bolivien zu begleiten«, meinte Frida. »Leider kann ich auf dich nicht verzichten. Du bist meine wichtigste Kraft.«

»Danke, das hört man gern.« Annettes Miene erhellte sich wieder. »Dann werde ich eben weiterhin Urlaub im Bayerischen Wald machen und von Südamerika träumen.«

»Oder mal allein hinfliegen«, schlug Frida vor. »Ich könnte dir die Adressen von meinen Freunden und Geschäftspartnern geben, dann hättest du gleich Anschluss.«

Annette nickte etwas zögernd. »Danke, das wäre sehr nett. Trotzdem ... allein würde es mir keinen großen Spaß machen. Wenn du wieder nach Bolivien zum Einkaufen fliegst, wird dein Schatz mit dabei sein, und ihr werdet zwei Wochen Urlaub machen. Das ist natürlich gleich was anderes.«

Über Fridas Gesicht huschte ein Lächeln. »Ja, darauf freue ich mich schon sehr.«

Nachdenklich trank sie von ihrem Kaffee. Sie freute sich wirklich sehr darauf, Ulf diesmal an ihrer Seite zu haben und ihren Einkaufstrip in einen Urlaub zu verwandeln. Wie gewohnt würde sie erst Ware einkaufen und Ulf alles zeigen. Auch ein Abstecher nach Peru war geplant. Dort hatte sie ebenfalls Beziehungen zu Herstellern kunsthandwerklicher Artikel.

Trotz aller Vorfreude hatte sie auch gewisse Bedenken. Würde Ulf das alles Spaß machen?, fragte sie sich zum wiederholten Mal. Würde er den Urlaub genießen und Interesse an allem zeigen, ohne nur von mathematischen Formeln zu reden und dabei eine Zigarette nach der anderen zu rauchen?

Frida musste zugeben, dass sie in letzter Zeit einige unschöne Seiten an ihm entdeckt hatte. Vor allem sein Rauchen störte sie und brachte sie oft zum Husten. Aber da waren auch noch andere Dinge, die sie nicht so angenehm fand.

Sie kam nicht mehr dazu, weiter darüber nachzudenken, denn Gloria wirbelte herein.

»Endlich bin ich diese Nervensägen los!« Stöhnend rollte sie mit den Augen. »Wenn ihnen südamerikanisches Kunsthandwerk nicht gefällt, dann sollen sie ihre Geschenke doch bei Walmart kaufen.«

Frida lachte, und Annette stimmte ihr zu.

Gloria nahm sich ebenfalls einen Kaffee und setzte sich zu ihnen. Annette brachte wieder die Sprache auf Fridas bevorstehende Reise nach Bolivien, und die drei Frauen plauderten noch kurz darüber, wobei auch Geschäftliches zur Sprache kam.

»Wann feiert ihr denn nun eigentlich Verlobung?«, wollte Gloria dann wissen. »Werdet ihr als verlobtes Paar aus Bolivien zurückkommen?«

Fridas Lachen klang etwas unecht. »Nein, das steht nicht auf dem Plan.« Sie zögerte. »Allerdings drängt Ulf in letzter Zeit darauf.«

»Worauf wartest du dann noch?«, fragte Annette. »Bist du dir nicht mehr sicher, ob du ihn heiraten willst?«

»Doch«, versicherte Frida. »Ich hab nur keine Eile damit.«

»Lass dir nicht allzu viel Zeit«, mahnte Annette. »Wenn ihr Kinder haben wollt, solltest du nicht noch ein paar Jahre warten. Womit ich nicht sagen will, dass du alt wirst«, fügte sie hinzu.

Frida schluckte. Ein kleines trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen.

»Ich kann keine Kinder bekommen«, vertraute sie ihren beiden treuen Mitarbeiterinnen zum ersten Mal an. Dann war sie froh, dass die Ladenglocke ertönte und sie im Moment nicht weiter über dieses Thema reden musste. Eilig ging sie nach vorn, um die neue Kundschaft zu bedienen.

***

Nach Ladenschluss machte Frieda wie üblich die Abrechnung, während Annette noch den Boden wischte. Gloria, die nur halbtags arbeitete, war längst gegangen.

Irgendwie zog es Frida heute nicht nach Hause. Gern hätte sie noch mehr Zeit in ihrem Laden verbracht, sich um dies und jenes gekümmert und einige Sachen von der neuen Lieferung im Schaufenster dekoriert. Doch Ulf wollte sein Abendessen zur gewohnten Zeit haben, da ließ er nicht mit sich handeln. Zwar hatte sie schon am Morgen vorgekocht, trotzdem war es besser, wenn sie sich jetzt beeilte. So brachte sie die Ladenabrechnung zu Ende, tappte auf Zehenspitzen über den noch feuchten Fliesenboden und verabschiedete sich von Annette.

»Schönen Abend«, wünschte sie ihr, und Annette gab das Gleiche zurück.

Der Himmel hing voller Regenwolken, als Frida ins Freie trat. Es fing auch schon zu tröpfeln an. Raschen Schrittes ging sie zu ihrem Auto, das in einer Seitengasse parkte.

Die verschiedensten Gedanken gingen ihr durch den Kopf, als sie den Heimweg antrat. Gleichzeitig musste sie sich auf den Verkehr konzentrieren. Als dieser ins Stocken geriet, bog Frida in eine weniger befahrene Straße ein.

Zügig fuhr sie dahin und verlangsamte dann das Tempo, als sie an einer Reihe von Wohn- und Geschäftshäusern entlangfuhr, die aus der Jugendstilepoche stammten. In einem davon, gleich über dem Tabakladen, hatte sie etliche Jahre gewohnt. Dann war Ulf in ihr Leben getreten und hatte sie überredet, zu ihm in eins der modernen Apartmenthäuser hinter dem Rheinpark zu ziehen.

Frida musste zugeben, dass sie sich dort nicht besonders wohlfühlte. Sie vermisste ihre gemütliche Altbauwohnung. Ulfs Wohnung war spartanisch eingerichtet, an den Wänden hingen Auszeichnungen und gerahmte mathematische Formelsammlungen und Gleichungen. Jede Art von Dekoration fand er überflüssig. Auch ihre Reiseandenken aus Südamerika waren für ihn nur Staubfänger. Dabei war nicht er derjenige, der Staub wischte. Für Haushaltsdinge war Frida zuständig. Dafür brauchte sie sich nicht an der teuren Miete zu beteiligen.

Wie üblich war Ulf schon da, als sie nach Hause kam. Er war in seinem Arbeitszimmer, wo er die Arbeiten seiner Schüler korrigierte und sich auf den nächsten Schultag vorbereitete. Frida ging kurz zu ihm hinein und begrüßte ihn mit einem Kuss.

»Wie war dein Tag?«, erkundigte sie sich.

»Anstrengend wie immer.« Ulf gähnte verhalten. »Umso mehr freue ich mich auf einen entspannten Abend und ein gutes Essen.« Er kniff sie kurz in die Taille. »Wie lange wird es dauern, bis es auf dem Tisch steht?«

»Gib mir eine halbe Stunde Zeit«, bat Frida.

»Dann trinke ich bis dahin ein Bier. Bringst du mir bitte eins?« Er wandte sich wieder dem Stapel Schulhefte zu.

Frida ging in die Küche. Sie nahm eine Flasche Pils aus dem Kühlschrank und goss es in Ulfs bevorzugten Zinnkrug.

»Danke«, sagte er, ohne aufzublicken, als sie ihm den Krug auf den Schreibtisch stellte.

Zurück in der Küche, widmete sich Frida dem Abendessen. Das Paprikagulasch war bereits fertig, so brauchte sie nur den Reis zu kochen und eine Schüssel Salat anzurichten.

Pünktlich stand das Essen auf dem Tisch. Alles war sehr lecker, und Ulf aß mit sichtlichem Appetit. Erst als er fragte, wo der Nachtisch blieb, fiel es Frida mit Schrecken ein, dass sie daran überhaupt nicht gedacht hatte.

»Tut mir leid, das Dessert habe ich heute vergessen«, sagte sie mit einem schuldbewussten Lächeln. »Morgen wird es wieder eins geben.«

»Ein Tonkabohnen-Parfait mit Pralinensauce, wenn ich wählen darf«, bat sich Ulf aus. »Oder Crème brulée, das wäre auch nicht übel.«

Frida lag es auf der Zunge, dass solche Desserts viel Arbeit machten und sehr zeitaufwendig waren, doch dann schluckte sie die Worte hinunter.

»Ich werde sehen, was sich machen lässt«, sagte sie stattdessen und griff nach ihrem Weinglas.

***