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Seufzend stapft Helen neben ihrem Liebsten durch den tief verschneiten Wald. Wenn der Spaziergang doch nur schon zu Ende wäre! Aber die Freude, mit der Max ihr jeden Baum und jeden Strauch erklärt, ist auch rührend und irgendwie bezaubernd! Hals über Kopf hat Helen sich in den Landschaftsökologen Max Hollweg verliebt, als sie auf spiegelglatten Stufen ausgerutscht und geradewegs in seinen Armen gelandet ist. Und doch kommen ihr nun mehr und mehr Zweifel, ob sie, ein Stadtmensch durch und durch, mit diesem Naturburschen glücklich werden kann. Werden ihre Gefühle stark genug sein, die Kluft, die zwischen ihnen liegt, zu überwinden? Als Max sie nun zärtlich an sich zieht und stürmisch küsst, da weiß Helen plötzlich die Antwort: Ja, sie will es wagen und sich ganz auf Max einlassen!
Zu diesem Zeitpunkt ahnt Helen noch nicht, dass ihre Liebe schon bald einer schweren Prüfung unterzogen werden wird. Und da muss Helen fürchten, das Liebste, was sie auf Erden hat, zu verlieren ...
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Impressum
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BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / Tyler Olson
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-0755-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Was für eine Tragödie! Bei Fällarbeiten in seinem Privatwald hat der junge Landschaftsökologe Max Hollweg schwerste Kopfverletzungen davongetragen und liegt nun im Koma, aus den ihn nach menschlichem Ermessen nur noch ein Wunder retten kann! Doch während wir Ärzte allmählich jede Hoffnung verlieren, den Patienten ins Bewusstsein zurückholen zu können, gibt seine bezaubernde Freundin Helen ihn nicht auf! Tag für Tag sitzt sie viele Stunden an seinem Bett, um ihm von seinem geliebten Wald, seinen Tieren und dem Forsthaus zu erzählen, die bisher sein Leben waren. Ich verspüre allergrößte Bewunderung für die junge Frau – und tiefes Mitgefühl. Denn ihre Liebe, die wie ein Wintermärchen begann, droht nun ein tragisches Ende zu finden – wenn das Schicksal nicht im letzten Moment noch ein Einsehen hat und die Kraft der Liebe wirken lässt …
Mit der Kaffeetasse in der Hand stand Max Hollweg am Fenster und blickte zwei Frauen nach, die gerade die Zufahrtsstraße zum Forsthaus heruntergeradelt kamen und dann einen der verzweigten Waldwege einschlugen, die durch den Buchenauer Forst führten. Im Moment waren die Wege so gut wie schneefrei, doch laut Wetterbericht sollte es in den nächsten Tagen wieder schneien.
Max war Landschaftsökologe und wohnte mit seinem Hund Rover, einer riesenhaften Neufundländermischung, in einem ehemaligen Forsthaus, das er zusammen mit einem Stück Privatwald von seinem Großvater geerbt hatte. Durch diesen Wald führten auch die Lehrpfade des nahe gelegenen Waldschulheims. Liebevoll pflegte er den Wald und achtete darauf, dass er für die Besucher keine Gefahren barg.
Die große Buche am Bach werde ich nun doch bald fällen müssen, nahm er sich vor. So leid es ihm um den schönen alten Baum auch tat, er war morsch und konnte die Sicherheit der Waldbesucher gefährden.
Seine Gedanken wurden von Motorengeräusch durchdrungen. Einen Moment später sah er, wie in rascher Fahrt ein Auto die Zufahrtsstraße herunterkam. Ah, da kam Katja!
Schwungvoll hielt der dunkelgrüne Geländewagen vor der Haustür. Ebenso temperamentvoll wurde einen Augenblick später der eiserne Türklopfer betätigt. Dann hörte er Katja auch schon hereinkommen.
Max öffnete die Tür der gemütlichen Wohnküche.
»Hallo, Katja. Nett, dich zu sehen.«
»Hallo, Max«, begrüßte Katja ihn und klopfte Rover, der vor Freude heftig mit dem Schwanz wedelte, den Rücken. Während sie sich von Max aus ihrer Daunenjacke helfen ließ, schaute sie sich schnuppernd in der Wohnküche um. »Kein Mittagessen auf dem Tisch? Was für eine Enttäuschung! Ich hatte gehofft, dass du mich dazu einladen würdest. Bei uns im Waldschulheim gibt es heute wieder Wirsing mit Leberkäse, und das kann ich nicht ausstehen.«
»Ich habe schon gegessen und mir gerade einen Kaffee gemacht«, erklärte Max. »Aber ich habe noch etwas Gulasch und Reis übrig, wenn du magst.«
»Klar mag ich das.« Katja stand schon am Herd und hob die Topfdeckel hoch. »Das heißt, wenn du was entbehren kannst.«
»Aber ja. Nimm dir die Reste, dann kann ich morgen wieder etwas Neues zubereiten. Du weißt doch, wie gern ich koche.«
Katja lachte. »Ja, das ist mein Glück. Wie oft hast du mich schon vor dem Verhungern gerettet, wenn es drüben bei uns etwas gab, das ich nicht mochte! Also dann – schönen Dank!« Sie warf Max eine Kusshand zu und holte einen Teller aus dem Schrank. Hungrig kratzte sie die Reste aus den Töpfen.
Mit großem Appetit begann sie zu essen. Dabei plauderten sie und Max über verschiedene Dinge, die sich hauptsächlich um ihre gemeinsame Arbeit drehten. Katja Warnecke war Waldpädagogin und arbeitete im nahe gelegenen Waldschulheim, wo sie zusammen mit Max Schulklassen und Kindergartengruppen durch den Wald führte. Sie waren gute Freunde und Teamkameraden, doch weiter war nichts zwischen ihnen, auch wenn sie beide Single waren.
Bevor Katja sich wieder verabschiedete, kam sie noch auf den Valentinsball zu sprechen, den die Stadt in der Rheintalhalle veranstaltete.
»Hast du Lust hinzugehen?«, fragte sie. »Es wäre eine nette Abwechslung für uns.«
»Valentinsball? Der ist doch sicher nur für verliebte Paare.«
»Nein, auch für Singles, hat auf dem Veranstaltungsplakat gestanden. Vielleicht finden wir ja doch noch den Partner fürs Leben«, fügte sie lachend hinzu.
»Hm.« Max musterte sie mit einem etwas wehmütigen Lächeln. »Warum haben wir eigentlich nie den Versuch gemacht, es miteinander zu probieren? Wir verstehen uns prächtig, wir haben die gleichen Interessen, und unsere Kinder wären bestimmt bildhübsch geworden.«
»Vor allem bei dem Vater«, gab Katja mit liebevollem Spott zurück. »Und an Einbildung hätten sie obendrein gelitten. Aber im Ernst, Max – so praktisch es gewesen wäre, wir wissen doch beide, dass wir nicht füreinander bestimmt sind. Da fehlt eben einfach etwas. Dafür ist mir deine Freundschaft umso wertvoller.«
»Du hast ja recht.« Max nahm sie in die Arme und gab ihr einen brüderlichen Kuss auf die Wange. »Du bist für mich die Schwester, die ich nie gehabt habe …«
»… und du für mich der Bruder, den ich mir immer gewünscht habe«, ergänzte Katja. »Und jetzt muss ich wieder gehen. Danke für das leckere Essen und den Kaffee. Du hast mich wieder mal gerettet.«
»Jederzeit gerne, Katja.« Max brachte sie noch hinaus zum Auto. »Schönen Nachmittag noch«, wünschte er ihr und winkte.
***
»Stell dir vor, ich bin ihn los«, platzte Helen Tessner heraus, kaum dass sie am Montagmorgen die Boutique Melanie betreten hatte, wo sie als Verkäuferin arbeitete.
Melanie Kranz, ihre leicht ausgeflippte Chefin und Freundin, zog die geschminkten Augenbrauen in die Höhe.
»Deinen Freund, den Hockeyfan? Du machst Witze!«
»Nein, überhaupt nicht.« Helen hängte ihren Mantel in den Schrank und zupfte ihren Pferdeschwanz zurecht. »Ich denke, dieser Schritt ist schon lange fällig gewesen, auch wenn Gert und ich erst zwei Monate zusammen waren.«
»Was hat es denn gegeben?« Melanie drehte sich vor dem Spiegel. Sie trug wieder eine unmögliche Kombination, wie Helen fand. Der dicke Pullover mit den Riesenmaschen passte nun wirklich nicht zu dem kurzen dünnen Spitzenrock, von den grellen Ringelstrümpfen ganz zu schweigen. Für eine Boutiquebesitzerin, die hochexklusive Mode verkaufte, kleidete sie sich weiß Gott nicht sehr vorteilhaft oder geschmackvoll. Doch dieser verrückte Mischmasch, den sie immer trug, war ihr Markenzeichen und passte irgendwie zu ihr.
Das Einzige, was augenscheinlich nicht zu ihr passte, war ihr Mann. Dr. Albert Kranz war der Chefarzt auf der Inneren Station des Elisabeth-Krankenhauses und fünfzehn Jahre älter als sie. Dort fragte man sich bestimmt ebenfalls, wie der eher gesetzt wirkende Internist mit dem bereits schütter werdenden Haar zu einer solchen Frau kam.
Melanie wirbelte herum. »Und? Nun erzähl schon und lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
Helen warf einen Blick auf die Uhr. Bis sie den Laden öffnen mussten, hatten sie noch ein paar Minuten Zeit. So begann sie zu berichten, was zwischen ihr und Gert vorgefallen war.
»Erstens muss ich hinter jedem Hockeyspiel oder jeder anderen Sportübertragung, die im Fernsehen gesendet wird, zurückstehen, selbst, wenn er bei mir zu Hause ist«, begann sie mit ihrer Klage. »Zweitens hat er meine Küche, in der ich nicht mal selber koche, weil ich Kochdünste nicht ausstehen kann …«
»Weil du nicht mal Wasser kochen kannst«, warf Melanie trocken ein.
»… in einen Saustall verwandelt!«, fuhr Helen mit Zorn blitzenden Augen fort.
»Wo du doch so auf Ordnung und peinliche Sauberkeit bedacht bist«, spottete Melanie gutmütig.
Helen warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Und drittens erwartet er für jeden kleinen Gefallen, um den ich ihn bitte, eine ganz spezielle Gegenleistung, du weißt schon. Auch diese hässliche Riesenspinne an der Wand wollte er nur erschlagen, wenn ich ihn dafür mit einem netten kleinen Spielchen im Bett entschädige.«
»Und?«, fragte Melanie interessiert. »Wie ist dieser Handel ausgegangen?«
Helen verzog die Lippen. »Gert hat einen meiner neuen seidenen Pantoletten genommen und an die Wand geklatscht, direkt auf die Spinne. Danach musste ich die Überreste abkratzen.« Sie schüttelte sich vor Grauen. »Als das Hockeyspiel zu Ende war, wollte er seine Belohnung haben und mich schon mal ins Bett schicken. Da habe ich ihn woanders hingeschickt, nämlich in die Wüste.«
Melanie lachte. »Gut gemacht, Schätzchen. Auf einen Mann wie ihn kannst du ebenso pfeifen wie auf den Kerl, mit dem du vor ihm zusammen warst.«
»Arno? Der hätte die Spinne von sich aus entfernt, und ganz sicher nicht mit meinem Pantoffel! Aber dafür hatte ich etliche andere Dinge an ihm auszusetzen.«
»Ja, deine Kritik habe ich noch im Ohr. Sie reichte von selbstgefällig, anmaßend und besitzergreifend bis hin zu pingelig und nervig.«
»Das war er auch, der gute Arno. Und ein bisschen bieder.«
»Was erwartest du eigentlich von einem Mann?«, wollte Melanie wissen. »Welche Ansprüche stellst du?«
»Hm … Also, er muss ebenso ein Stadtmensch sein wie ich, modisch gepflegt und möglichst blond sein, darf keinen Bart haben, das finde ich unappetitlich, muss meine Interessen teilen und tolerant sein, mich als den wichtigsten Menschen in seinem Leben betrachten und treu und pflegeleicht sein.«
Melanie lachte. »Ein Mann, der dich auf Händen trägt und dir jeden Wunsch von den Augen abliest, ohne über dich bestimmen zu wollen.«
»Richtig. Ein Mann wie dein Albert.«
»Ach, herrje. Ich hoffe, du hast da keine falschen Vorstellungen.« Melanie fuhr sich durch das karottenrote Haar, das ihr wieder mal in allen Himmelsrichtungen vom Kopf abstand. »Weil du vorhin das Wort ›bieder‹ gebraucht hast – das ist mein Albertchen auch. Bieder, gesetzt, zu ruhig. Er bietet mir kein aufregendes Leben, verstehst du. Aber ob du es glaubst oder nicht, ich liebe ihn.«
Helen verzog leicht die Lippen. »Hast du ihn deshalb mit allen deinen Vertretern betrogen?«
»Nicht mit allen«, betonte Melanie mit erhobenem Finger. »Und auch nicht mehr, seit Corinna auf der Welt ist.«
Helen glaubte es ihr. Das Baby, das auch von ihrem eigenen Mann war, hatte Melanie verändert. Sie war ruhiger geworden, und so viel Helen wusste, hatte sie ihren Mann seitdem tatsächlich kein einziges Mal mehr betrogen.
»Wenn du einen Mann liebst, siehst du über seine Fehler und Unzulänglichkeiten hinweg«, redete Melanie weiter. Ihr kunstvoll geschminktes Gesicht nahm dabei einen beinahe melancholischen Ausdruck an. »Und das ist das Schlüsselwort – Liebe. Wenn dich die wahre Liebe gepackt hat, vergisst du automatisch alle Ansprüche. Dann gibt es nur noch ihn, egal, ob er perfekt ist oder nicht.«
Helen schnitt eine Grimasse. »Na, dann bin ich mal gespannt, ob mir das in diesem Leben noch passieren wird.« Ihr Blick fiel zur Ladentür, wo schon Kundschaft davorstand. »Ich glaube, wir müssen aufmachen«, sagte sie und ging, um die beiden Damen einzulassen.
Den Vormittag über bediente Helen Kunden und dekorierte zwischendurch die Auslage neu. Kurz nach zwölf Uhr machte sie Mittagspause.
»Nimm einen Schirm mit«, riet Melanie. »Es schneit schon wieder, und die Flocken sehen verdächtig nass aus.«
»Sind sie vermutlich auch.« Helen schlüpfte in ihren Mantel und nahm ihren Schirm aus dem Ständer. Sie freute sich auf ein leckeres Essen bei ihrem Lieblingsitaliener, wo sie auch immer auf bekannte Gesichter traf.
Als sie die Ladentür öffnete, schlugen ihr Wind und Schneeregen entgegen. So ein ungemütliches Wetter! Zum Glück hatte sie nicht weit zu laufen.
Sie spannte ihren Schirm auf und setzte gerade den Fuß auf die erste Stufe, da blieb sie mit dem Absatz hängen und verlor das Gleichgewicht. Mit einem Aufschrei stürzte sie die restlichen Stufen hinunter.
***
Während Max Hollweg seine Lehrhefte und anderen Unterrichtsmaterialien auf dem Pult zusammenräumte, unterhielt er sich noch mit verschiedenen Leuten, die an seinem Seminar über Biotopholz im Naturschutz-Informationshaus Romanshöhe teilgenommen hatten. Ein schon älterer Förster klopfte ihm auf die Schulter und versicherte ihm, dass sogar alte Hasen wie er von ihm noch was lernen konnten. Max freute sich über das Kompliment.
Als er das Gebäude verließ, schneite es leicht. Max störte es nicht. Er liebte den Winter, jedoch nur draußen im Wald. In der Stadt dagegen hatte er ihn nicht so gern. Doch genau dort musste er jetzt hin, denn er hatte noch Verschiedenes zu erledigen.
Zum Schluss fuhr er noch zum Einkaufszentrum, um sich mit Lebensmitteln einzudecken. In den letzten Tagen war ihm so ziemlich alles ausgegangen. Max hasste Supermärkte. Und so war er auch froh, als er wieder in seinem Auto saß. Dann fiel ihm ein, dass er auch nichts mehr zu Hause hatte, woraus er sich ein Mittagessen zaubern könnte und er beschloss, in einem der Restaurants in der Fußgängerzone etwas zu essen.
Er hatte sich gerade für ein nettes Bistro entschieden, in dem er schon ein paar Mal gewesen war, als eine junge Frau aus der Ladentür einer Modeboutique trat, an der er gerade vorbeiging. Sie spannte ihren Schirm so ruckartig auf, dass sie ihn damit beinahe am Kopf getroffen hätte. Plötzlich strauchelte sie, und im nächsten Augenblick fiel sie ihm auch schon mit einem Aufschrei vor die Füße.
»Himmel!« Max musste erst einmal den Schirm zur Seite befördern, bevor er ihr aufhelfen konnte. Dabei stellte er fest, dass sie sehr dunkles, fast schwarzes Haar hatte. Ihre zarte weiße Haut bildete einen reizvollen Kontrast dazu. »Haben Sie sich wehgetan?«
»Mein Knie!« Sie weinte fast, als sie sich das rechte Knie rieb.
»Setzen Sie sich erst einmal hin.« Max drückte sie auf die Stufen nieder, die ihr zum Verhängnis geworden waren. »Denken Sie, dass sie sich etwas gebrochen haben?«
Sie hob den Kopf und schenkte ihm einen kurzen Blick aus wunderschönen graublauen Augen.
»Nein, ich denke nicht«, sagte sie mit klangvoller Stimme. »Das würde bestimmt viel mehr wehtun.« Wieder sah sie ihn mit ihren faszinierenden Augen an. »Danke, dass sie mir aufgeholfen haben. Es wäre nicht sehr angenehm gewesen, in der Pfütze zu liegen und nicht von allein aufstehen zu können.«
»Jeder andere Passant hätte ihnen geholfen«, erwiderte Max lächelnd. »Ich freue mich, dass ich der Glückliche sein durfte.«
Er wunderte sich über sich selbst, dass ihm solche Worte über die Lippen kamen. Er war doch sonst kein solcher Charmeur. Aber dieses attraktive Wesen hatte etwas an sich, das vollkommen verrückte Gedanken in ihm aufkommen ließ.
Er kam nicht dazu, die Situation weiter zu analysieren, denn die Ladentür ging erneut auf, und eine Frau mit karottenroten Haaren und einem unmöglichen Outfit erschien.
»Helen! Du meine Güte, was ist passiert? Bist du verletzt?«, rief sie so schrill, dass einige der Passanten aufmerksam wurden und stehen blieben.
»Sie ist aufs Knie gefallen«, erklärte Max.
Helen hieß sie also. Der Name gefiel ihm. Überhaupt gefiel ihm die ganze Person. Bis auf den Parfümgeruch. Da waren ihm die Gerüche in seinem Wald lieber.
»Lass mal sehen.« Die Rothaarige kniete sich nieder und schob Helens Rock hoch. Aufgeregt betastete sie deren Knie, was Max mit großem Interesse verfolgte. Helen hatte wunderschöne Beine, die in modisch gemusterten Strümpfen steckten.
»Es schwillt an«, stellte die andere Frau fest. »Wir rufen besser den Rettungswagen.«
»Nein, Melanie, das ist bestimmt nicht nötig«, wehrte Helen ab. »Ich versuche mal aufzustehen.« Doch die mit Melanie Angesprochene war schon wieder im Ladeninneren verschwunden.
Max bot seine Hilfe an. Helen klammerte sich an seinen Arm und zog sich daran hoch. Als sie mit dem bewussten Bein auftreten wollte, verzog sie vor Schmerzen das Gesicht.
»Es geht noch nicht«, sagte sie und stöhnte. Frustriert sank sie wieder auf die Stufen nieder.
Max angelte nach ihrem Schirm und hielt ihn über sie.
»Der Rettungswagen wird gleich da sein«, rief die Rothaarige aus der offenen Ladentür. Sie taxierte Max kurz, als wollte sie prüfen, ob er ein vertrauenswürdiger Mensch war. »Bitte bleiben Sie noch so lange bei ihr, denn ich habe Kundschaft.«