Parker inzseniert den "Hexenritt" - Günter Dönges - E-Book

Parker inzseniert den "Hexenritt" E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Josuah Parker wußte seit zehn Minuten, daß er verfolgt wurde. Es handelte sich um einen etwa fünfzigjährigen Mann, der gutmütig und durchschnittlich aussah. Der Rundliche blieb ihm hartnäckig auf den Fersen und tat alles, um nicht aufzufallen. Er arbeitete mit der Geschicklichkeit eines erfahrenen Profis, ließ sich zurückfallen, schloß wieder dicht auf, überholte den Butler und ließ sich dann seinerseits wieder überholen. Der Mann trug eine dunkle Hornbrille, die er von Zeit zu Zeit gegen eine modische Brille tauschte und spielte auch geschickt mit seinem leichten Staubmantel. Minutenlang trug er ihn korrekt, dann wieder hatte er ihn über den linken Unterarm gelegt oder über die Schulter geworfen. Einem weniger aufmerksamen Mann als Parker wäre die Person mit Sicherheit nicht aufgefallen. Dazu waren in den Straßen der Innenstadt von London zu viele Passanten unterwegs. Der Verfolger hatte Parker gerade wieder überholt und trug nun einen Traveller-Hut, der sein Aussehen erheblich veränderte. Der Beschatter wechselte die Straßenseite, wurde schneller und blieb plötzlich vor der Auslage einer Buchhandlung stehen. Er interessierte sich angelegentlich für archäologische Werke, die präsentiert wurden, schlenderte dann weiter und kreuzte erneut die Straße. Nun befand er sich wieder hinter Parker, der sich fragte, für wen dieser Mann wohl unterwegs war. Um einen Mordauftrag schien es sich nicht zu handeln. Parkers inneres Alarmsystem hatte sich bisher noch nicht gemeldet. Eine Art Elektrisierung seiner Nackenhaut hatte noch nicht stattgefunden. Parker konnte sich normalerweise fest auf dieses Phänomen verlassen, das akute Gefahr signalisierte. Josuah Parker war auf dem Weg zurück zu einer Tiefgarage, in der sein sogenanntes hochbeiniges Monstrum stand. So wurde von Eingeweihten das ehemalige, schon sehr betagt aussehende Taxi genannt, das ihm als Privatwagen diente. Tatsächlich handelte es sich bei diesem Gefährt um eine raffiniert ausgestattete Trickkiste auf Rädern, die Gangster immer wieder vor Probleme stellte. Aus einer Laune heraus verzichtete der Butler darauf, zum Parkdeck hinunterzugehen.

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Seitenzahl: 116

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Butler Parker – 277 –Parker inzseniert den "Hexenritt"

Günter Dönges

Josuah Parker wußte seit zehn Minuten, daß er verfolgt wurde. Es handelte sich um einen etwa fünfzigjährigen Mann, der gutmütig und durchschnittlich aussah. Der Rundliche blieb ihm hartnäckig auf den Fersen und tat alles, um nicht aufzufallen. Er arbeitete mit der Geschicklichkeit eines erfahrenen Profis, ließ sich zurückfallen, schloß wieder dicht auf, überholte den Butler und ließ sich dann seinerseits wieder überholen.

Der Mann trug eine dunkle Hornbrille, die er von Zeit zu Zeit gegen eine modische Brille tauschte und spielte auch geschickt mit seinem leichten Staubmantel. Minutenlang trug er ihn korrekt, dann wieder hatte er ihn über den linken Unterarm gelegt oder über die Schulter geworfen. Einem weniger aufmerksamen Mann als Parker wäre die Person mit Sicherheit nicht aufgefallen. Dazu waren in den Straßen der Innenstadt von London zu viele Passanten unterwegs.

Der Verfolger hatte Parker gerade wieder überholt und trug nun einen Traveller-Hut, der sein Aussehen erheblich veränderte. Der Beschatter wechselte die Straßenseite, wurde schneller und blieb plötzlich vor der Auslage einer Buchhandlung stehen.

Er interessierte sich angelegentlich für archäologische Werke, die präsentiert wurden, schlenderte dann weiter und kreuzte erneut die Straße. Nun befand er sich wieder hinter Parker, der sich fragte, für wen dieser Mann wohl unterwegs war. Um einen Mordauftrag schien es sich nicht zu handeln. Parkers inneres Alarmsystem hatte sich bisher noch nicht gemeldet. Eine Art Elektrisierung seiner Nackenhaut hatte noch nicht stattgefunden. Parker konnte sich normalerweise fest auf dieses Phänomen verlassen, das akute Gefahr signalisierte.

Josuah Parker war auf dem Weg zurück zu einer Tiefgarage, in der sein sogenanntes hochbeiniges Monstrum stand. So wurde von Eingeweihten das ehemalige, schon sehr betagt aussehende Taxi genannt, das ihm als Privatwagen diente. Tatsächlich handelte es sich bei diesem Gefährt um eine raffiniert ausgestattete Trickkiste auf Rädern, die Gangster immer wieder vor Probleme stellte.

Aus einer Laune heraus verzichtete der Butler darauf, zum Parkdeck hinunterzugehen. Er benutzte den Fahrstuhl, um in das große Warenhaus zu gelangen, und sorgte dafür, daß sein Verfolger sehr dicht aufschließen konnte. Der Fünfzigjährige zögerte einen Augenblick, als Parker die Tür geöffnet ließ, entschied sich dann aber und stieg ebenfalls ein.

Würde der Verfolger jetzt die für ihn einmalig günstige Gelegenheit nutzen, ihn zu attackieren? Parker bereitete sich auf einen blitzschnellen Angriff vor, doch äußerlich ließ er sich nichts anmerken. Er bot das Bild eines hochherrschaftlichen Butlers, der auf Distanz hielt. Josuah Parker trug über dem schwarzen Zweireiher einen ebenfalls schwarzen Covercoat und seine Melone. Über dem angewinkelten linken Unterarm hing ein altväterlich gebundener Regenschirm. Parker, ein alterslos wirkender Mann, sah durch seinen Mitfahrer quasi hindurch.

»Fahren Sie auch durch bis zur Cafeteria?« fragte der Fünfzigjährige.

»In der Tat«, bestätigte der Butler, der die versteckte Einladung umgehend annahm.

»Ein schöner Tag, nicht wahr?«

»Es gab wesentlich schlechtere«, erwiderte Parker gemessen.

»Ich bin Ihnen gefolgt«, sagte der Fahrgast.

»Gehen Sie davon aus, Sir, daß meine Wenigkeit sich wundert«, lautete die Antwort des Butlers.

»Wegen dieser Banknote hier.« Der Mitfahrer präsentierte Parker eine Banknote im Wert von zwanzig Pfund. »Ich glaube, Sie haben sie verloren, als Sie Zeitungen kauften.«

»Guter Gott!« Parker schaffte es, überrascht zu wirken, allerdings nur ansatzweise.

»Als Sie den Zeitungsstand verließen, lag sie auf dem Gehweg«, erklärte der Fünfzigjährige. »Ich nehme wenigstens an, daß Ihnen das Geld gehört.«

»Überaus liebenswürdig«, bedankte sich Parker und nahm die Banknote ohne Bedenken entgegen, zumal er genau wußte, daß er sie auf keinen Fall verloren haben konnte.

»Sie halten mich jetzt für einen Dummkopf, nicht wahr?« fragte der Mitfahrer, der nun mit Parker den Fahrstuhl verließ.

»Für einen wahren Gentleman«, korrigierte der Butler. »Darf man sich erlauben, Sie zu einem Tee einzuladen? Mein Name ist übrigens Parker, Josuah Parker. Ich habe die Ehre und den Vorzug, in Lady Simpsons Diensten stehen zu dürfen.«

»Gegen einen Tee ist nichts einzuwenden«, entgegnete der Mann. »Ich heiße Boulder ... Arthur Boulder. Ich bin Inspektor einer Versicherung. Aber keine Sorge, ich werde Ihnen bestimmt kein Angebot machen, Mister Parker.«

Er griff auch jetzt nicht an!

*

»Gütiger Himmel, Mister Parker, was Sie sich da wieder einbilden«, mokierte sich Agatha Simpson eine Stunde später. Der Butler hatte ihr den Nachmittagstee in der großen Wohnhalle vor dem Kamin serviert und reichte dazu eine Silberschale, die mit Fruchtkuchen gefüllt war. Parker hatte ihr gerade von dem kleinen Intermezzo in der Cafeteria erzählt und seiner Vermutung Ausdruck verliehen, daß man ihm die bewußte Banknote wohl kaum ohne Grund zugespielt hatte.

Lady Agatha hatte das sechzigste Lebensjahr überschritten. Sie war eine füllige, majestätisch wirkende Dame, die sich der Kriminalistik verschrieben hatte. Immens vermögend, konnte Mylady sich leisten, was immer sie sich wünschte. Sie war mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert, verwitwet und berüchtigt wegen ihrer Offenheit. Sie sagte stets das, was sie gerade dachte, und kannte keine Rücksicht. Sie war eine ausgesprochen wehrhafte Dame, die beim Knarren einer Tür keineswegs zusammenzuckte, sondern solch eine Tür dann in ihre Bestandteile zerlegte. Josuah Parker hatte immer wieder alle Hände voll zu tun, um seine Herrin vor Schaden zu bewahren, doch sie merkte das nicht.

»Wie kommen Sie nur darauf, Mister Parker, daß man einen Kontakt mit Ihnen herstellen wollte?« fragte die passionierte Detektivin, als Parker auf ihren Kommentar nicht eingegangen war.

»Mister Arthur Boulder, Mylady, um bei diesem Namen zu bleiben, interessierte sich ungemein für meine Arbeit hier im Haus«, sagte Parker. »Darüber hinaus wollte er erfahren, welche Neigungen und Gewohnheiten Mylady an den Tag zu legen pflegen.«

»Eine Frechheit«, gab sie sofort zurück. »Ich hoffe, Sie haben diesen Lümmel sofort zur Ordnung gerufen, Mister Parker.«

»Keineswegs, Mylady«, erwiderte der Butler in seiner höflichen Art. »Meine Wenigkeit erlaubte sich, Mister Boulder mit einer Fülle von Details zu versorgen.«

»Ich glaube, ich bin sprachlos.« Mylady runzelte die Stirn und legte ein Stück Fruchtkuchen aus der Hand.

»Es handelt sich selbstverständlich um erfundene Details, Mylady«, versicherte der Butler ihr. »Meine Wenigkeit geht davon aus, daß man Mylady daraufhin ansprechen wird.«

»Aha.« Sie runzelte erneut die Stirn. »Erfundene Details also! Und warum das alles? Was vermute ich dahinter, Mister Parker? Ich erwarte umgehend eine Antwort.«

»Mylady schickten meine Wenigkeit zu Madame Helios, um einen Termin abzustimmen«, erinnerte der Butler. »Wie Mylady wissen, sind telefonische Vereinbarungen nicht möglich. Nach dem Verlassen des Hauses, in dem Madame Helios ihre Séancen durchführt, kam es zu der erwähnten Verfolgung und dem bewußten Gespräch.«

»Ich habe längst durchschaut, um was es da geht, Mister Parker«, behauptete die ältere Dame und lächelte. »Aber ist auch Ihnen ein Licht aufgegangen?«

»In der Tat, Mylady«, gab Parker zurück.

»Nun, und um was geht es?« fragte sie. »Ich möchte doch hören, ob Sie dieses Spiel durchschaut haben, Mister Parker.«

»Mister Boulder sammelte Informationen für Madame Helios«, faßte Parker seinen Verdacht zusammen. »Madame will Mylady damit verblüffen und den Anschein der Allwissenheit erwecken.«

»Tatsächlich? Das ist doch ... Natürlich, Mister Parker, das liegt auf der Hand. Sehr raffiniert und doch so einfach.«

»Die Banknote diente dazu, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, Mylady.«

»Und was an Details haben Sie dem Subjekt mitgeteilt, Mister Parker?« erkundigte sich die ältere Dame neugierig.

»Meine Wenigkeit war so frei, Mylady, ein sogenanntes Gedächtnisprotokoll zu erstellen«, antwortete der Butler. »Mylady brauchen sich nur gewisse Stichworte einzuprägen und dann darauf zu warten, ob Madame Helios sie während der Séance erwähnen wird.«

Josuah Parker reichte Mylady einen Bogen Papier, der wie durch Zauberei in seiner rechten, weiß behandschuhten Hand erschien. Agatha Simpson nahm das Blatt entgegen und überflog die Anmerkungen. Dann blickte sie Parker fast empört an.

»Ich soll bereits zweimal verheiratet gewesen sein?« fragte sie. »Ich soll mit Grundstücksspekulationen gerade in jüngster Zeit sehr viel Geld verdient haben und eine Reise nach Ceylon hinter mir haben?«

»Unter anderem, Mylady«, erwiderte der Butler. »Madame Helios dürfte alle Stichworte in irgendeiner Form erwähnen und vorgeben, sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft schauen zu können.«

»Ich werde diese Hexe aufs Glatteis führen«, prophezeite Lady Agatha und lächelte versonnen.

»Mylady sollten darüber hinaus Madame Helios bitten, als Hexe tätig zu werden«, redete der Butler weiter. »Mylady werden um Beistand in einer sehr persönlichen Sache bitten.«

»Richtig, darum geht es ja«, meinte sie. »Madame Helios will in der Lage sein, persönliche Wünsche in Erfüllung gehen zu lassen. Wobei soll mir diese Person noch helfen?«

»Einen gewissen Mister Pinch sollte sie daran hindern, einen Versteigerungstermin wahrzunehmen, bei dem es um einen Landsitz im Londoner Süden geht, Mylady.«

»Natürlich, um was denn sonst?« Sie blickte Parker ein wenig gereizt an. »Dieser Madame Helios werde ich das Handwerk legen, verlassen Sie sich darauf, Mister Parker.«

»Madame Helios hat sich bereit erklärt, Mylady um neun Uhr in ihrer Etage in Belgravia zu empfangen.«

»Haben Sie sie gesehen, Mister Parker?«

»Meine Wenigkeit konnte sich nur mit Madame Helios’ Sekretärin unterhalten, einer gewissen Miß Geraldine Crostner.«

»Falls diese Hexe in die Zukunft blicken kann, müßte sie eigentlich wissen, was sie erwartet«, meinte Lady Agatha spöttisch.

»Madames Geldgier wird wahrscheinlich größer sein als ihre Vorsicht«, vermutete Josuah Parker. »Mylady können mit Sicherheit mit einem anregenden Abend rechnen.«

*

Madame Helios mochte etwa fünfzig sein. Sie war klein, ein wenig rundlich und trug einen wallenden Umhang, der die Farben des Regenbogens zeigte.

Dieser Umhang reichte bis zu ihren Füßen, die erstaunlicherweise in pelzgefütterten Hausschuhen steckten. Um den Kopf hatte die Frau eine Art Turban geschlungen. Wie eine Hexe sah sie auf keinen Fall aus. Sie erinnerte eher an eine biedere Hausfrau, die sich ein wenig kostümiert hatte.

»Lady Simpson?« fragte Madame Helios und musterte ihr Gegenüber mit schnellem Blick. Dann interessierte sie sich kurz für Butler Parker, der überaus höflich seine schwarze Melone lüftete.

»Ob ich Lady Simpson bin?« Die ältere Dame lächelte ein wenig mokant. »Sie als Hellseherin müßten es eigentlich wissen, meine Liebe.«

»Sie schwebten in Gefahr, Mylady«, redete die moderne Hexe weiter und verlieh ihrer an sich überraschend kalten Stimme einen düsteren Ton.

»In Gefahr?« fragte Agatha Simpson.

»Die Mächte des Unheils und des Bösen waren Ihnen sehr nahe«, erklärte Madame Helios und schloß für einen Moment ihre dunklen Augen. Sie seufzte und faltete ihre Hände.

»Könnten Sie sich möglicherweise ein wenig exakter ausdrücken, Madame?« fragte der Butler.

»Sie sind noch von der Aura der plötzlichen Angst umgeben«, redete Madame Helios leise und eindringlich weiter. »Der Tod hat nach Ihnen gegriffen.«

»Ach so, Sie meinen diesen kleinen Zwischenfall«, mokierte sich Lady Agatha und lachte. »Da war dieser kleine Lieferwagen, der Mister Parker und mich beinahe gerammt hätte.«

»Man entkam ihm nur um Haaresbreite, Mylady, wenn meine Wenigkeit höflich daran erinnern dürfte«, schaltete der Butler sich ein.

»Papperlapapp«, gab Agatha Simpson zurück. »Sie neigen wie stets zur Übertreibung, Mister Parker. Und Angst hatte ich schon gar nicht.«

»Sie wurden förmlich von ihr überschwemmt, Mylady«, erklärte Madame Helios. »Erklärt sich daraus die kleine Verspätung?«

»Mylady nahm in einer Hotel-Lounge einen Drink zu sich«, erinnerte Parker hartnäckig.

»Sie sind ein wenig vorlaut, Mister Parker«, ärgerte sich Mylady sichtlich und maß ihren Butler mit eisigem Blick.

»Mylady mögen meiner Wenigkeit verzeihen.« Parker deutete eine Verbeugung an.

»Worauf warte ich eigentlich noch?« Die ältere Dame gab sich resolut und nickte Madame Helios zu. »Ich werde über diesen kleinen Vorfall nicht weiter diskutieren ... Sie sagten eben etwas von meiner Aura, Madame?«

»Die Aura der Angst«, bestätigte Madame Helios. »Ich spürte sie sofort, Mylady. Bitte, treten Sie näher. Ich werde mich Ihnen widmen.«

»Meine Wenigkeit wird im Vorzimmer warten«, ließ Parker sich vernehmen.

»Lassen Sie sich eine Tasse Tee geben, Mister Parker.« Agatha Simpson nickte ihm hoheitsvoll zu und verschwand dann mit Madame Helios im Beratungszimmer.

Josuah Parker begab sich aus dem Vorraum zurück in das Vorzimmer, in dem die Sekretärin der modernen Hexe saß. Auch sie schien über hellseherische Fähigkeiten zu verfügen, denn sie war gerade dabei, zwei Teetassen zu füllen.

»Nur, wenn es keine Umstände macht.« Parker nahm die ihm dargebotene Tasse entgegen und setzte sich in einen tiefen und bequemen Sessel. Er beobachtete Geraldine Crostner, die er ja von seinem ersten Besuch her kannte, und dachte an die Aura des Todes, die Mylady mit in die Wohnung der modernen Hexe gebracht hatte.

Der Zwischenfall war sorgsam arrangiert worden.

Parker ging davon aus, daß man Mylady und ihn während der relativ kurzen Fahrt von Shepherd’s Market nach Belgravia beobachten würde. Ein gewisser Horace Pickett war deshalb aktiviert worden, der sich daraufhin als rammwütiger Lieferwagenfahrer betätigt hatte.

Von wirklich akuter Gefahr konnte niemals die Rede sein. Das Manöver auf der Straße hatte sich nach ganz gewissen, vorher abgesprochenen Regeln abgespielt.

Es stand jetzt fest, daß Madame Helios informiert worden war. Die Aura der Angst und des Todes, von der sie gesprochen hatte, war nichts anderes als eine wohlberechnete Show, um ihre Klientin zu beeindrucken. Parker fragte sich, wie viele Mitarbeiter wohl für Madame Helios tätig sein mochten.

Es dauerte etwa zwanzig Minuten, bis Lady Agatha im Vorzimmer erschien. Sie machte einen sehr zufriedenen und aufgeräumten Eindruck. Parker hatte sich längst erhoben und blickte seine Herrin erwartungsvoll an.

»Recht beeindruckend«, sagte die ältere Dame, »aber in einem Punkt irrte sich Madame, Mister Parker.«

»Darf man Einzelheiten erfahren, Mylady?«

»Sie hätte wissen müssen, daß eine Lady Simpson niemals im voraus bezahlt, Mister Parker. Das Honorar ist erst fällig, wenn ich Erfolg sehe.«

»Auch eine Hexe kann sich durchaus mal irren, Mylady«, gab Parker zurück und registrierte, daß Geraldine Crostner andeutungsweise lächelte.

*

»Sie hat Ihnen versprochen, Mylady, diesen Mister Pinch daran zu hindern, an der Versteigerung teilzunehmen?« staunte Mike Rander. Er war mit Kathy Porter im altehrwürdigen Wohnhaus der älteren Dame eingetroffen und hatte sich die Vorgeschichte dieses Besuchs erzählen lassen.

»Sie machte das sehr spannend, mein lieber Junge«, antwortete die Hausherrin. Sie saß in einem der riesigen Ledersessel vor dem mächtigen Kamin in der Wohnhalle und erfrischte ihren Kreislauf mit einem Cognac.

Mike Rander, seines Zeichens Anwalt, erinnerte an einen bekannten James-Bond-Darsteller, war ein guter Vierziger und Myladys vertrauter Vermögensverwalter. Ihm zur Seite saß Kathy Porter, die sich noch immer als Gesellschafterin und Sekretärin der Lady Simpson bezeichnete, obwohl sie seit geraumer Zeit überwiegend mit Mike Rander zusammenarbeitete.