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Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Agatha Simpson besuchte eine ihrer Bekannten am Wilton Square im vornehmen Londoner Stadtteil Belgravia. Mylady saß auf einem Chippendale-Sofa, das alles andere als bequem war, nippte an fadem Tee und ließ ihre Blicke über die vielen Nippes-Figuren schweifen, die überall herumstanden. Josuah Parker, ihr Butler, stand stocksteif und hochaufgerichtet daneben und verzog keine Miene. Lady Elizabeth Bloomsdale, die Gastgeberin und Lady Agatha gegenüber, plapperte schon einige Zeit munter vor sich hin. »... ist es nicht so, meine Liebe?« meinte sie gerade und sah ihren Gast mit großen Augen an. »Sagtest du etwas, Elizabeth?« erwiderte die ältere Dame wie geistesabwesend. »Du hörst mir überhaupt nicht zu«, beschwerte sich die Hausherrin. »Ich fragte dich...« Weiter kam sie nicht. Plötzlich klirrte die Fensterscheibe, Scherben regneten auf den Teppich, und ein faustgroßer Stein flog auf einen zierlichen Sekretär an der hinteren Wand, der sich daraufhin in seine Bestandteile auflöste. Ein zweiter Stein flog durch das lädierte Fenster und nahm sich eines Sideboards an, auf dem diverse Bilder, Gläser und Vasen standen. Einen Augenblick später war alles in einen Scherbenhaufen verwandelt. Das Sideboard hatte unter dieser Attacke gelitten und war nur noch einen Bruchteil dessen wert, was es mal gekostet hatte. Lady Elizabeth schrie entsetzt auf und ließ ihre Tasse fallen, die den Sturz erfreulicherweise unbeschadet überstand. Die Besitzerin blickte aus weitaufgerissenen Augen auf den angerichteten Schaden und schüttelte unentwegt den Kopf. Agatha Simpson setzte ruhig ihre Tasse ab.
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Seitenzahl: 115
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Agatha Simpson besuchte eine ihrer Bekannten am Wilton Square im vornehmen Londoner Stadtteil Belgravia. Mylady saß auf einem Chippendale-Sofa, das alles andere als bequem war, nippte an fadem Tee und ließ ihre Blicke über die vielen Nippes-Figuren schweifen, die überall herumstanden.
Josuah Parker, ihr Butler, stand stocksteif und hochaufgerichtet daneben und verzog keine Miene. Lady Elizabeth Bloomsdale, die Gastgeberin und Lady Agatha gegenüber, plapperte schon einige Zeit munter vor sich hin.
»... ist es nicht so, meine Liebe?« meinte sie gerade und sah ihren Gast mit großen Augen an.
»Sagtest du etwas, Elizabeth?« erwiderte die ältere Dame wie geistesabwesend.
»Du hörst mir überhaupt nicht zu«, beschwerte sich die Hausherrin. »Ich fragte dich...«
Weiter kam sie nicht. Plötzlich klirrte die Fensterscheibe, Scherben regneten auf den Teppich, und ein faustgroßer Stein flog auf einen zierlichen Sekretär an der hinteren Wand, der sich daraufhin in seine Bestandteile auflöste.
Ein zweiter Stein flog durch das lädierte Fenster und nahm sich eines Sideboards an, auf dem diverse Bilder, Gläser und Vasen standen. Einen Augenblick später war alles in einen Scherbenhaufen verwandelt. Das Sideboard hatte unter dieser Attacke gelitten und war nur noch einen Bruchteil dessen wert, was es mal gekostet hatte.
Lady Elizabeth schrie entsetzt auf und ließ ihre Tasse fallen, die den Sturz erfreulicherweise unbeschadet überstand. Die Besitzerin blickte aus weitaufgerissenen Augen auf den angerichteten Schaden und schüttelte unentwegt den Kopf.
Agatha Simpson setzte ruhig ihre Tasse ab. Ihre Augen bekamen Glanz, mit einemmal wirkte sie außerordentlich munter.
Josuah Parker begab sich gemessen und würdevoll zum Fenster, baute sich seitlich davon auf, so daß er nicht von weiteren Wurfgeschossen getroffen wurde, und blickte auf die Straße.
Er sah eine Gruppe Jugendlicher, die sich auf dem Gehweg zusammengerottet hatte und sich aus Umhängebeuteln mit Steinen versorgte, um sie auf die Häuser zu schleudern. Dazu brüllte man aus voller Kehle und schüttelte immer wieder die Fäuste in Richtung der attackierten Anwesen.
»Was ist da draußen los, Mister Parker?« erkundigte sich Lady Agatha. Die Detektivin hatte sich gleichfalls erhoben und stapfte Richtung Fenster.
»Sogenannte Punker befinden sich in Aktion«, antwortete der Butler und erlaubte seiner Miene keine Unmutsfalte.
»Um Himmels willen, komm da weg, Agatha, wenn die wieder werfen«, jammerte die Hausherrin aus dem Hintergrund.
»Das werden sie nicht wagen, meine Liebe«, gab die Detektivin voller Selbstvertrauen und Zuversicht zurück. »Eine Lady Simpson bewirft man nicht.«
»Die kennen dich doch gar nicht«, machte die Gastgeberin durchaus zutreffend geltend, »Mich kennt im Prinzip jeder«, korrigierte die ältere Dame umgehend. »Und wenn nicht, werden sie mich in jedem Fall kennenlernen. Ich gehe hinaus und rede mit ihnen.«
»Du bist ja verrückt, Agatha. Mit solchen Leuten kann man nicht sprechen«, ereiferte sich Lady Elizabeth. »Ich werde die Polizei anrufen, ich hoffe, daß man sofort einen Streifenwagen schickt.«
»Laß das sein, Elizabeth. Kleinigkeiten nimmt man selbst in die Hand«, wurde sie von Mylady zur Ordnung gerufen.
»Selbst in die Hand nehmen? Wie meinst du das denn?« Die Gastgeberin verstand die Welt nicht mehr. »Weißt du eigentlich, wie gefährlich die Rowdys sind? Erst vorige Woche haben sie das Haus von Mister Hayes, nicht weit von hier, total verwüstet und den alten Mann zusammengeschlagen. Die schrecken doch vor nichts zurück.«
»Das haben sie mit mir gemeinsam«, entgegnete die Detektivin ironisch. »Es ist also nicht das erste Mal, daß solche Lümmel auftauchen?«
»Leider nein.« Elizabeth Bloomsdale seufzte. »Und die Polizei kann auch nicht viel machen, wurde uns gesagt. Zwar kommen hier öfters Streifenwagen vorbei, aber natürlich nie, wenn die Verbrecher da sind. Wahrscheinlich kenne die Burschen den Zeitplan.«
»Was kreischen die Leute eigentlich, Mister Parker?« wollte Lady Agatha wissen. »Ich kann sie nur schlecht verstehen. Ist das überhaupt englisch, was die sprechen?«
»Es handelt sich um sogenannten Slang, der einer gewissen Kultiviertheit entbehrt, Mylady«, gab Parker gemessen zurück. »Man ist der Meinung, es hier in der Gegend mit Ausbeutern und Menschenverächtern zu tun zu haben und wünscht die Anwohner zu einem gewissen Teufel. So dürfte der Tenor der Schreie auszulegen sein.«
»Aha, sehr interessant«, nickte die ältere Dame. »Und warum greifen sie mich an?« Agatha Simpson glaubte grundsätzlich nicht an den Zufall, wenn es um ihre eigene Person ging. Gewalttätigkeiten in ihrem Umfeld wertete sie stets als gegen sich gerichtet und reagierte entsprechend.
»Das Ziel dürfte eher Lady Elizabeth sein, Mylady«, erlaubte sich Parker eine seiner Ansicht nach notwendige Korrektur.
»Papperlapapp, Mister Parker, man ist mir hierher gefolgt und glaubt, daß ich in fremder Umgebung wehrlos bin, aber da haben sich die Strolche getäuscht. Ich werde ihnen zeigen, was es heißt, sich mit einer Lady Simpson anzulegen.«
»Im Augenblick bewirft man die umliegenden Häuser«, machte Parker aufmerksam. Die Punker hatten sich inzwischen anderen Zielen zugewandt.
»Lassen Sie sich nicht täuschen, Mister Parker, die machen das nur, um von ihrem eigentlichen Ziel, nämlich von mir, abzulenken.«
Josuah Parker wandte sich um und faßte die Hausherrin ins Auge. »Ist man möglicherweise in den letzten Tagen mit Forderungen an Mylady herangetreten?« erkundigte er sich höflich.
Elizabeth Bloomsdale reagierte nicht gleich. Sie war es offensichtlich nicht gewohnt, von Bediensteten Fragen gestellt zu bekommen.
»Hast du nicht gehört, was dich Mister Parker gefragt hat?« ließ sich Lady Agatha vernehmen.
Die Gastgeberin zuckte zusammen und sah ihre Besucherin pikiert an. »Ich finde es nicht üblich, daß ein But...« begann sie, wurde aber von der Detektivin resolut unterbrochen.
»Papperlapapp, meine Liebe, antworte!« fuhr Lady Agatha sie an. »Mister Parker stellt die Fragen für mich, außerdem genießt er mein volles Vertrauen.«
»Na, wenn du meinst«, lenkte Elizabeth Bloomsdale ein. Sie schüttelte noch mal den Kopf und sah Parker von oben herab an. »Nun ja, einmal rief mich ein Makler an und wollte mein Haus kaufen. Ich habe natürlich abgelehnt.«
»Wie reagierte der Mann darauf, Mylady?« stieß Parker nach.
»Er meinte, das schade nichts. Er wäre sicher, daß ich früher oder später sein Angebot annehmen würde«, erinnerte sich die Hausherrin. »Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
»Fiel eventuell ein Name, Mylady?« fragte der Butler weiter.
»Wahrscheinlich, aber den habe ich mir nicht gemerkt. Ich interessiere mich im allgemeinen nicht für Makler«, gab Lady Elizabeth zurück.
»Du hättest dir den Namen unbedingt merken sollen«, schalt die Detektivin. »Aber ich finde ihn auch so heraus, das heißt, Mister Parker wird das für mich erledigen.«
»Glaubst du wirklich, daß ein Butler so was kann?« stichelte die Gastgeberin. »Ich meine ...«
»Mister Parker hat bei mir allerhand gelernt«, wurde sie erneut von ihrer Besucherin unterbrochen. »Und ich bin als Detektivin ein Begriff, wenn ich das mal in aller Bescheidenheit sagen darf«, teilte Lady Agatha in ihrer zurückhaltenden Art mit.
»Übertreibst du nicht ein bißchen?« höhnte Lady Elizabeth. Im nächsten Augenblick zuckte sie entsetzt zusammen. Die Punks hatten sich wieder ihrem Haus zugewandt und deckten es mit einem wahren Steinhagel ein.
»Ich denke, ich habe diesen Lümmeln jetzt genug Zeit zum Austoben gelassen«, überlegte Agatha Simpson und lächelte versonnen. »Ich werde jetzt hinausgehen und die Kerle zur Ordnung rufen. Mister Parker, Sie dürfen mich begleiten.«
»Vielleicht sollte man vorschlagen, daß Mylady den Vordereingang benutzen, während meine bescheidene Wenigkeit das Haus umrundet, um im Rücken der Rowdys aufzutauchen«, gab Josuah Parker höflich zurück. »Auf diese Weise könnte man sie an der Flucht hindern, die sie zweifellos ergreifen werden, wenn sie Mylady zu Gesicht bekommen.«
»Das stimmt, Mister Parker«, fühlte sie sich geehrt. »Sie werden sofort wissen, daß sie verloren haben, wenn ich aus dem Haus trete.«
*
Mylady baute sich vor dem Anführer auf und musterte ihn durch ihre Lorgnette wie ein besonders seltenes Exemplar im Zoo. Sie sah einen jungen Menschen vor sich, der altersmäßig sich an der Grenze zum Erwachsenwerden bewegte. Er war groß und muskulös gebaut, trug schwarze Lederkleidung und derbe Stiefel. Seine Frisur war ein sogenannter Irokesenschnitt, und in seiner Wange hatte er eine Sicherheitsnadel befestigt.
Alles in allem machte der Boß der Punker einen martialischen Eindruck und benützte diesen gern zur Einschüchterung seiner Opfer. Er trat einen Schritt zurück, damit man ihn besser betrachten konnte. Die übrigen Punker sahen bewundernd auf ihn und warteten gespannt auf die Reaktion des vermeintlichen Opfers.
»Sie sollten unbedingt einen Zahnarzt aufsuchen, junger Mann«, stellte Lady Agatha fest und fixierte mißbilligend sein Gebiß. »Mit einem solchen Steinbruch sollten Sie nicht herumlaufen.«
Der Martialische starrte sie verblüfft an. »Ach nee, und warum nicht?« erkundigte er sich herausfordernd.
»Weil es ungesund ist und nicht gut aussieht«, belehrte die ältere Dame ihn mild. »Außerdem wird es Ihnen große Schmerzen bereiten.«
»Oh, ich liebe Schmerzen«, vertraute daraufhin der Mann ihr an und lachte.
»Was Sie nicht sagen!« wunderte sich Lady Agatha.
»Natürlich, aber nur bei anderen«, präzisierte der Oberpunker und wollte sich nach dieser Bemerkung kugeln vor Lachen. Auch die anderen jungen Leute stimmten ein. Sie waren wieder mal ausgesprochen zufrieden mit ihrem Anführer, der einer spießigen, alten Upper-Class-Tante zeigte, wo es lang ging.
»Sehr interessant«, fand die Detektivin und musterte den Jungen scharf. »Und bei Ihnen selbst? Mögen Sie da auch Schmerzen?«
»Ich sorge dafür, daß ich keine kriege«, bemerkte der Mann im schwarzen Leder. Dann wurde er ernst und fixierte die ältere Dame bösartig. »Warum biste eigentlich rausgekommen, Oma? Haste Angst um deine Hütte?« wollte er wissen.
»Ich bin hier nur zu Besuch«, erklärte Lady Agatha. »Aber trotzdem gefällt mir nicht, was Sie hier treiben, Sie Lümmel. Sie sollten sich schämen, aber wahrscheinlich wissen Sie gar nicht, wie man das macht. Habe ich recht? Wie dem auch sei, Sie werden meiner Bekannten den Schaden ersetzen.«
»He, habt ihr das gehört?« Der Punkerchef wandte sich an seine Komplicen und deutete mit theatralischer Geste auf die ältere Dame. »Sie will Schadenersatz, wie findet ihr das?«
»Eine Unverschämtheit, Ben, laß dir nichts gefallen«, rief ein schmächtiger Junge und stieß die Faust in die Luft.
»Da hörst du’s, Oma«, stellte der Häuptling fest und sah Lady Agatha grinsend an. »Meine Jungs halten gar nichts davon. Außerdem bin ich arm wie ’ne Kirchenmaus.«
»Meine Bekannte wäre sicher auch mit Ratenzahlungen zufrieden«, schlug die Detektivin vor.
»Auch dazu wird‘s bei mir nicht langen«, befürchtete der junge Mann und schüttelte den Kopf. »Außerdem hab ich keine Lust, irgendwas zu zahlen.«
»Dafür haben Sie aber Lust, das Eigentum anderer Menschen zu zerstören, nicht wahr?« vergewisserte sich Agatha Simpson.
»Das stimmt.« Der Punker nickte beifällig. »Sehen Sie’s mal so, auf ehrliche Weise können doch Leute eures Schlages ihre Kohle gar nicht zusammengekratzt haben. Das habt ihr den Unterdrückten zu verdanken, die ihr ausgebeutet habt. Ihr habt sie mies bezahlt, und für die Gewinne habt ihr euch Prachthäuser gebaut.«
»Sind Sie denn ausgebeutet worden, junger Mann?« erkundigte sich Mylady mit ihrer baritonal gefärbten Stimme und trat einen Schritt näher.
»Nee, bei mir klappt das nicht, ich bin nicht blöd«, winkte der Oberpunker ab. »Ich hab’ gar nicht erst gearbeitet, bei mir haben Ausbeuter keine Chance«
»Daher wissen Sie also so gut Bescheid.«
»Du willst mich wohl veräppeln, was?« Der Punker war von Myladys Bemerkung alles andere als angetan. »Aber kommen wir zur Sache, Oma. Was is’ denn Schönes in dem alten Beutel? Sicher ’n Haufen Kohle, wie? Oder ’n paar Schecks? Wir sind nicht wählerisch, wir nehmen alles.«
»Sie wollen also meine Pompadour?« fragte Lady Agatha.
»Ich will deinen verdammten Beutel«, brüllte der Rockerhäuptling und streckte die Hand aus. »Her damit, aber ’n bißchen dalli, wenn ich bitten darf.«
»Wenn Sie unbedingt wollen.« Die ältere Dame zuckte ihrerseits die Achseln, griff nach den Schnüren ihres Glücksbringers und schleuderte ihn dem jungen Mann entgegen.
Der hatte keine Zeit mehr auszuweichen. Der Pompadour, der in seinem Innern das Hufeisen eines ehemaligen Brauereipferdes barg, legte sich auf die Brust des Muskelprotzes, Der Punkerchef taumelte beeindruckt einige Schritte zurück, riß die Hände schützend hoch und schnappte nach Luft. Dann schüttelte er entsetzt den Kopf und tastete seinen Brustkorb ab. Erleichterung breitete sich über seine Gesichtszüge aus, als er feststellte, daß nichts gebrochen war, Wütend starrte er die ältere Dame an.
»Jetzt zeig ich dir, wo’s lang geht«, kündigte er großspurig an und holte mit der rechten Hand aus.
»Moment, junger Mann!« Lada Agatha hob gebieterisch die Hand und stoppte ihn mitten in der Bewegung.
»Was is’ denn?« beschwerte er sich und sah sie verwirrt an.
»Das hier«, gab die resolute Dame zurück. Ihr Fuß suchte und fand das Schienbein des Schlägers.
Der junge Mann brüllte auf, zog sein lädiertes Bein an und begann auf dem zweiten herumzuhüpfen. Agatha Simpson sah ihm einen Augenblick interessiert zu, dann beschloß sie, seiner Darbietung mehr Schwung zu verleihen. Sie wartete einen günstigen Augenblick ab und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
Der Punker drehte sich wie ein Brummkreisel, kämpfte einen Moment um sein Gleichgewicht und ruderte wild mit den Armen durch die Luft. Dann blieb er unsicher stehen, tastete nach der getroffenen Wange und stieß dabei spitze Schreie aus.
Seine Komplicen sahen überrascht zu. So etwas hatten sie noch nicht erlebt. Der Heldenmythos ihres »Chefs« bekam erhebliche Kratzer. Ein ungepflegt wirkendes Mädchen in verwaschenen Jeans hielt es nicht länger an seinem Platz. Es stürmte vor und stürzte sich auf die ältere Gegnerin.
»Ich kratz’ dir die Augen aus, du alte Krähe«, kreischte die Mutige und erlebte gleichfalls eine peinliche Abfuhr.
»Kindchen, wie kann man sich nur so aufführen?« bemerkte Lady Agatha kopfschüttelnd und ergriff die dünnen Handgelenke des Mädchens. Sie drückte sie mühelos herunter, schüttelte erneut den Kopf und nahm das rechte Ohrläppchen der zornigen jungen Frau zwischen die Finger. Sie kühlte damit augenblicklich die Angriffslust.
»Hilfe«, brüllte die Gemaßregelte und versuchte verzweifelt, ihr Ohr zu befreien. »Man reißt mir mein Ohr ab!«
»Nicht doch, Kindchen, was denken Sie denn von mir?« Lady Agatha ließ los und tätschelte ihr liebevoll die Wangen. Dadurch bekam die junge Frau endlich etwas Farbe in die bis dahin blasse Gesichtshaut. Die Stelle färbte sich intensiv rot.
*
