Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Sie trugen gelbe Umhänge, die ihnen ein exotisches Aussehen verliehen. Ihre Köpfe waren kahlgeschoren und glänzten in der Sonne. »Friede sei mit dir, Schwester«, murmelte einer und verbeugte sich. Die Begrüßung verblüffte Agatha Simpson. »Haben Sie mich eben Schwester genannt, junger Mann?« »Natürlich. Sind wir nicht alle Brüder und Schwestern – die Vögel in der Luft, die Fische im Wasser und alles, was die Erde bevölkert?« »Will mich dieses Individuum auf den Arm nehmen, Mister Parker?« Der Butler hatte sich bereits ein Bild von den jungen Leuten gemacht. Er dachte an diverse Presseberichte der jüngsten Zeit. »Mylady haben es hier mit sogenannten Rahjesh-Anhängern zu tun«, vermutete er. »Diese Jugendsekte sieht ihr Ziel in einer allgemeinen Verbesserung der Welt und der Menschen.« »Das klingt nicht schlecht«, meinte die ältere Dame. »Bedauerlicherweise verdächtigt man die Leute aber des schnöden Gewinnstrebens unter dem Vorwand edler Motive«, setzte Parker die Aufklärung fort. Plötzlich schoß ein Arm in die Höhe, wurde aber sofort abgefangen und nach unten gedrückt. Ein Hilfeschrei endete in ersticktem Gurgeln.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Sie trugen gelbe Umhänge, die ihnen ein exotisches Aussehen verliehen. Ihre Köpfe waren kahlgeschoren und glänzten in der Sonne.
»Friede sei mit dir, Schwester«, murmelte einer und verbeugte sich.
Die Begrüßung verblüffte Agatha Simpson. »Haben Sie mich eben Schwester genannt, junger Mann?«
»Natürlich. Sind wir nicht alle Brüder und Schwestern – die Vögel in der Luft, die Fische im Wasser und alles, was die Erde bevölkert?«
»Will mich dieses Individuum auf den Arm nehmen, Mister Parker?« Der Butler hatte sich bereits ein Bild von den jungen Leuten gemacht. Er dachte an diverse Presseberichte der jüngsten Zeit.
»Mylady haben es hier mit sogenannten Rahjesh-Anhängern zu tun«, vermutete er. »Diese Jugendsekte sieht ihr Ziel in einer allgemeinen Verbesserung der Welt und der Menschen.«
»Das klingt nicht schlecht«, meinte die ältere Dame.
»Bedauerlicherweise verdächtigt man die Leute aber des schnöden Gewinnstrebens unter dem Vorwand edler Motive«, setzte Parker die Aufklärung fort. Plötzlich schoß ein Arm in die Höhe, wurde aber sofort abgefangen und nach unten gedrückt. Ein Hilfeschrei endete in ersticktem Gurgeln.
»Ihre Mitjünger scheinen gerade dabei zu sein, einem Liebesunwilligen nachdrückliche Zuneigung zu beweisen«, stellte der Butler fest.
»Sie nehmen ihn gerade in ihrer Mitte auf«, freute sich der junge Mann neben dem Butler. »Von diesem Augenblick an wird sein Leben glücklicher sein.«
»Wovon er jedoch noch keineswegs überzeugt sein dürfte«, bemerkte Parker nach einem neuerlichen Blick auf die gelbgekleideten jungen Männer.
»Aber gleich«, prophezeite der Kahlköpfige. »Wir haben noch jeden überzeugt, Bruder.«
*
Der Kreis öffnete sich, und ein älterer Herr taumelte hervor. Fürsorglich ergriffen zwei Sektierer seine Arme und führten ihn beiseite. Er sank auf einen Stuhl vor einem kleinen Straßencafé und ließ erschöpft den Kopf auf die Brust sinken.
»Haben Ihre Mitgläubigen möglicherweise etwas vergessen?« wandte sich Josuah Parker an den Glatzköpfigen, der die Szene mit dem älteren Herrn aus ausdruckslosen Augen beobachtet hatte.
Der Kahlköpfige wandte sich zu Parker um und runzelte unwillig die Stirn. »Was meinst du, Bruder?« erkundigte er sich argwöhnisch.
»Meine Wenigkeit spricht von dem Aktenkoffer, den jener Gentleman mit sich führte«, gab der Butler bereitwillig Auskunft. »Ihre Kollegen sollten nicht vergessen, ihn an seinen rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben.«
»Ich dachte schon, Sie hätten es nicht bemerkt, Mister Parker«, mischte sich die ältere Dame ein und faßte ihrerseits den Mann scharf ins Auge. »Sie haben gehört, was Mister Parker gesagt hat, junger Mann.«
»Was geht dich das an, Schwester?« Es klang ausgesprochen rüde, als diese Frage an die ältere Dame erging.
»Das werde ich Ihnen gleich zeigen, Sie Lümmel«, die Detektivin grollte und trat einen Schritt zurück, um Handlungsspielraum zu haben.
Der Pompadour an ihrem Unterarm geriet in Schwingung und klatschte gegen die Brust des Kahlköpfigen, der daraufhin beeindruckt zurückwich und abwehrend die Hände hob.
»Das ...das ist doch nur ein Mißverständnis«, stammelte er und wollte den jungen Leuten, die den älteren Herrn beiseite geführt hatten, winken.
»Die Herrschaften glauben anscheinend, ihr hättet den Gentleman dort ausgeraubt«, teilte er ihnen mit und lachte leise. »Stellt das klar, ja? Das können wir nicht auf uns sitzen lassen.«
Ein hochaufgeschossener, pickelgesichtiger Jüngling schüttelte vorwurfsvoll den Kopf und grinste. »Nicht doch, Schwester, der Opa war so nett, uns ’n paar Kleinigkeiten zu schenken, wir haben ihn eben echt überzeugt.«
»Wie außerordentlich erfreulich für Sie«, stelle Josuah Parker fest und nickte dem Pickelgesichtigen knapp zu. »Gehörte auch der Aktenkoffer des Gentlemans zu jenen Geschenken, die er Ihnen zukommen ließ?«
»Junge, du hast aber gut aufgepaßt, was?« staunte der zweite Mann, der mit dem Pickelgesichtigen in Erscheinung getreten war, um die gewünschten Auskünfte zu erteilen.
»Sie haben also diesen armen, wehrlosen Mann schamlos ausgeraubt«, zog die Detektivin Resümee und setzte ihre beeindruckende Figur in Bewegung. Die Gelbgekleideten sahen sich an und kamen stillschweigend überein, den Rückzug anzutreten.
Mehrere Passanten sahen neugierig herüber und trafen Anstalten, noch dichter aufzuschließen, um ihren Informationsbedarf zu decken.
Dies registrierte auch der Kahlköpfige, der sich zuerst mit Agatha Simpson und Josuah Parker unterhalten hatte. Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff. Sofort kam Bewegung in die übrigen »Gelben«.
Sie rafften Schallplatten und Bücher vom Gehweg und begannen, einen kläglichen Singsang zu intonieren. Dann formierten sie sich und wirbelten auf die Passanten zu. Einen Augenblick später hatten sie die vorderen Leute untergehakt und zwangen die Überraschten dazu, sich ihrem Tanz anzuschließen.
Die übrigen Passanten lachten schadenfroh und klatschten Beifall, bis auch sie schließlich kontaktiert wurden.
Eine zweite Gruppe von »Gelben« umschloß sie und pries ihre Schallplatten und Bücher an, die samt und sonders von ihrem Guru verfaßt worden waren und dem Leser zu einer völlig neuen Sicht des Lebens verhelfen sollten, wie sie betonten.
*
»Mir wollten die Kerle auch was andrehen«, berichtete Lady Agatha und lächelte Mike Rander und Kathy Porter freundlich an. Man befand sich im altehrwürdigen Fachwerkhaus in Shepherd’s Market und saß im kleinen Salon beim Tee. Die Hausherrin hatte die jungen Leute angerufen und herübergebeten, um von ihren neuesten Erlebnissen zu berichten.
»Aber Sie haben natürlich nicht angebissen, wie?« erkundigte sich Mike Rander, der Anwalt und Vermögensverwalter der älteren Dame. Er glich im Aussehen und Auftreten einem bekannten James-Bond-Darsteller, was Fremde leicht über seine Tüchtigkeit täuschte.
Neben ihm saß Kathy Porter, die offiziell als Sekretärin und Gesellschafterin der Detektivin fungierte. Sie war um die dreißig, attraktiv und vermittelte mit ihren schräg geschnittenen Augen und den betonten Wangenknochen einen Hauch von Exotik.
Wie sie jetzt lächelnd und entspannt neben dem jungen Anwalt saß, wirkte sie wie ein scheues und leicht verwundbares Reh. Man sah ihr nicht an, daß sie sich bei Bedarf in eine gefährliche Pantherkatze verwandeln konnte.
Kathy Porter beherrschte die Spielarten fernöstlicher Verteidigungskünste meisterlich. Ein gewisser Josuah Parker hatte sich diesbezüglich um ihre Ausbildung gekümmert und in ihr eine ausgesprochen gelehrige und talentierte Schülerin vorgefunden.
»Ich habe den Lümmeln ihre Bücher um die Ohren geschlagen«, freute sich die Hausherrin.
»Das dürfte den jungen Leuten aber nicht gefallen haben«, vermutete Kathy Porter.
»Man scheute nicht davor zurück, Mylady körperlich angreifen zu wollen«, ließ sich Parker vernehmen, der gerade dabei war, Tee nachzuschenken.
»Was Sie sich aber wohl kaum gefallen ließen, nicht wahr, Mylady?« erkundigte sich Mike Rander interessiert.
»Mister Parker mußte sich wieder mal einmischen und mir den Spaß verderben«, berichtete die ältere Dame und warf ihrem Butler einen scharfen Blick zu. »Ich wollte gerade mit meinem Handbeutel zur Ordnung rufen, aber Mister Parker konnte sich wieder nicht beherrschen und sprühte mit einem seiner Unkrautvernichtungsmittel.«
»Es handelte sich um ein völlig harmloses Präparat, das keinesfalls zum Pflanzenschutz verwendet wird, Mylady«, korrigierte Parker höflich seine Herrin. »Meine bescheidene Wenigkeit käme nie auf den Gedanken, Menschen mit einer Chemikalie zu behandeln.«
»Wie dem auch sei, Sie haben wieder mal vorschnell reagiert und mir die Möglichkeit genommen, die Lümmel einem gründlichen Verhör zu unterziehen«, grollte sie und schüttelte den Kopf. »Zum Glück habe ich mir einen von den Burschen mitbringen können, sonst stünde ich jetzt mit leeren Händen da.«
»War Ihr Gast damit einverstanden, Sie hierher zu begleiten, Mylady?« erkundigte sich Mike Rander süffisant.
»Ich hatte keine Gelegenheit, ihn zu fragen, mein lieber Junge«, gab Mylady zurück. »Vergessen Sie nicht, daß Mister Parker sein Giftgas versprühte und die Subjekte damit betäubte. Fast hätte er mich auch erwischt, wenn ich nicht geistesgegenwärtig mir ein Taschentuch vors Gesicht gehalten hätte.«
»Mylady müssen eine diesbezügliche Warnung überhört haben«, vermutete Parker. »Man erlaubte sich, Mylady auf den Einsatz des Mittels hinzu weisen.«
»Ich habe nichts gehört, Mister Parker. Das besagt ja wohl alles«, stellte Agatha Simpson fest. »Aber ich will nicht nachtragend sein, sprechen wir nicht mehr davon.«
»Um nochmal auf Ihren Gast zurückzukommen«, meldete sich der Anwalt zu Wort. »Sie wissen, Mylady, daß Ihre sogenannten Einladungen im Grund nichts anderes sind als schlichte Freiheitsberaubungen, juristisch gesehen. Als Ihr Anwalt ist es meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen und...«
»Was Sie immer haben!« Die energische Dame winkte ab und schüttelte lächelnd den Kopf. »Wie kann man nur so kleinlich sein, mein lieber Junge? Es genügt völlig, daß ich diesen Lümmel eingeladen habe, wie, spielt doch keine Rolle.«
»Sagen Sie! Aber jeder Richter ...«
»Papperlapapp, was kümmert mich ein Richter?« Lady Agatha war nicht gewillt, weiter über diesen Punkt zu diskutieren. »Im übrigen würde es dieses Subjekt nicht wagen, mich anzuzeigen, jedenfalls möchte ich ihm das nicht raten.«
»Hatten Sie Gelegenheit, mit dem älteren Herrn zu sprechen?« brachte Kathy Porter das Gespräch auf einen weniger heiklen Punkt.
»Er gab an, von den jungen Männern überfallen und beraubt worden zu sein«, berichtete Josuah Parker. »Diese Aussage wurde von meiner bescheidenen Wenigkeit auf Band aufgenommen.«
»Erstattet er Anzeige?« wollte Mike Rander wissen.
»Darauf wollte er aus naheliegenden Gründen verzichten, Sir«, gab Parker würdevoll zurück. »Er war froh darüber, seinen Koffer, der wertvolle Dokumente enthielt, zurückbekommen zu haben, und betrachtete damit die Angelegenheit als erledigt. Er fürchtete offensichtlich gewisse Racheakte für den Fall, daß er die jungen Leute angezeigt hätte.«
»Reden wir im Klartext, Mister Parker«, ließ sich die Hausherrin grollend vernehmen. »Der Mann war ein ausgemachter Feigling, der sich von den Kahlköpfen hat einschüchtern lassen. Bei mir sind sie allerdings an die Falsche geraten, ich werde diese Gelbkittel-Sekte zerschlagen.«
*
Butler Parker und Mike Rander planten für den Abend einen gemeinsamen Ausflug. Sie hatten die Absicht, einen gewissen John Hopkins aufzusuchen, der als Autorität auf dem Gebiet der Jugendsekten galt und zu diesem Thema bereits einige Publikationen verfaßt hatte. Josuah Parker hatte unmittelbar nach dem Tee das Treffen mit Hopkins telefonisch vereinbart und den Anwalt davon unterrichtet.
»Woher kennen Sie diesen Hopkins eigentlich, Parker?« erkundigte sich Mike Rander, der entspannt neben dem Butler auf dem Beifahrersitz saß.
»Er wurde verschiedentlich zur Problematik der Jugendsekten interviewt, nachdem in letzter Zeit immer wieder von Mitgliedern berichtet wurde, die Passanten belästigten und teilweise recht massiv um Spenden angingen, Sir,« erläuterte Josuah Parker gemessen. »Auch Mister McWarden, den meine bescheidene Wenigkeit um eine Stellungnahme bat, nannte Mister Hopkins’ Namen.«
»Sie haben mit McWarden gesprochen? Das wird Mylady aber gar nicht gefallen.« Der Anwalt lachte amüsiert.
McWarden war ein außerordentlich fähiger Kriminalist, der im Yard eine Sondereinheit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens leitete und in dieser Eigenschaft direkt dem Innenministerium unterstand.
Der Chief-Superintendent war häufiger Besucher des altehrwürdigen Fachwerkhauses in Shepherd’s Market, wo er gern den Rat und die Unterstützung der Hausherrin und vor allem des Butlers suchte. Er schätzte die unkonventionellen Ideen und Methoden des Paares und nahm dafür in Kauf, von der älteren Dame in mitunter anzügliche Wortgefechte verwickelt zu werden.
»Man sollte das im Grund belanglose Gespräch Mylady gegenüber vergessen«, schlug Parker gemessen vor.
Die Wohnung des Sektenexperten lag in einer stillen Seitenstraße in Hammersmith. Parker parkte sein hochbeiniges Monstrum, wie sein Privatwagen respektvoll von Freund und Feind genannt wurde, einige Häuser weiter und öffnete dem Anwalt die Beifahrertür.
»Kann es sein, daß ich in dem Gebüsch da drüben einen von diesen Kahlköpfen gesehen habe, Parker?« erkundigte sich Mike Rander, als er ausgestiegen war.
»Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen, Sir«, bestätigte der Butler würdevoll. Auch Josuah Parker war die Bewegung auf der gegenüberliegenden Straßenseite keineswegs entgangen.
»Ob wir verfolgt worden sind?« überlegte Mike Rander. »Dann hätten wir allerdings nicht besonders gut aufgepaßt, fürchte ich.«
»Es dürfte sich um einen Zufall handeln, Sir«, stellte Josuah Parker fest. »Möglicherweise pflegt man die Wohnung Mister Hopkins’ von Zeit zu Zeit einer gewissen Kontrolle zu unterziehen.«
*
»Ach, daran habe ich mich schon gewöhnt.«
John Hopkins, ein großer, massig gebauter Mann um die fünfzig, winkte lachend ab, als ihn Mike Rander kurze Zeit später darauf ansprach. Er führte seine Gäste in einen geschmackvoll eingerichteten Wohnraum und wies auf seine Sesselgruppe an einem niedrigen Tisch.
»Sie werden also tatsächlich überwacht, Sir?« erkundigte sich der Butler, der stehen blieb und hinter dem Sessel des Anwalts Aufstellung nahm.
»So ist es, Mister Parker. Von Zeit zu Zeit tauchen hier Angehörige irgendwelcher Sekten auf und treiben sich vor dem Haus herum, aber ich achte schon nicht mehr darauf. Wahrscheinlich will man damit demonstrieren, daß man mir jederzeit auf den Pelz rücken kann, wenn man nur will. Zum Glück habe ich keine Familie, die darunter leiden könnte. Und ich habe gute Nerven.«
»Solange es die Burschen dabei bewenden lassen, ab und zu vor Ihrem Haus herumzustolzieren ...« Mike Rander zuckte die Achseln und sah sich neugierig in der Wohnung des Journalisten um.
»Oh, ich bin auch schon überfallen worden«, gab der Sektenspezialist lächelnd zurück. »Allerdings hatte ich jedesmal Glück, außer ’n paar Kratzern habe ich nichts Ernsthaftes abbekommen.«
»Dem Vernehmen nach soll man in diesen Kreisen psychischen Druck bevorzugen«, stellte Josuah Parker fest. »Besonders die sogenannte Gehirnwäsche soll sich großer Beliebtheit erfreuen.«
»Das stimmt allerdings, Mister Parker.« John Hopkins hatte sich in einem Sessel niedergelassen und sah ernst zu Parker hoch. »Insbesondere, um neugierige junge Menschen endgültig zu willenlosen Anhängern zu machen, wenden die Strolche brutalen psychischen Terror an.«
»Ich verstehe eigentlich nicht, was junge Leute in die Arme solcher Organisationen treibt«, staunte Mike Rander. »Man sollte doch meinen, daß sie intelligent genug wären, um zu erkennen, daß das alles Humbug ist.«
»Ganz so einfach ist das nicht, Mister Rander«, gab Hopkins zurück und schüttelte entschieden den Kopf. »Viele junge Leute fühlen sich von unserer Leistungsgesellschaft überfordert und suchen nach anderen Perspektiven. Oder sie suchen nach einem tieferen Sinn des Lebens und werden deshalb besonders leichte Opfer dieser Sekten, die ihnen eine Art Ersatzreligion anbieten. Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die diesen Sekten neue Anhänger zuführen.«
»Sie leiten auch eine Beratungsstelle für Eltern und Familien, die Kinder oder Angehörige an diese Sekte verloren haben?« erkundigte sich Josuah Parker.
»So ist es, Mister Parker, und ich kann Ihnen sagen, was man da zu hören bekommt, ist einfach erschütternd. Das Schlimmste allerdings ist, daß man in den wenigsten Fällen helfen kann. Wenn die jungen Leute erwachsen sind, haben die Angehörigen kaum noch eine Möglichkeit, sie zurückzuholen. Sie geben bei polizeilichen Vernehmungen an, aus freien Stücken Mitglied der jeweiligen Sekte geworden zu sein, und das war’s dann.«
»Wie es heißt, übereignen die neuen Mitglieder ihren Besitz der Sekte«, fuhr der Butler fort. »Aber auch hier dürfte in der Regel kaum der Nachweis zu führen sein, daß dies unter Zwang geschah?«
»Stimmt.« John Hopkins zuckte die Achseln. »Wie gesagt, die Betroffenen selbst geben an, alles freiwillig getan zu haben. Meistens verstehen sie nicht mal, warum ihre Angehörigen ihnen die Polizei schickten. Übrigens haben diese Sekten sehr gute Anwälte«, wandte sich der Experte an Mike Rander, den Josuah Parker auch als Anwalt vorgestellt hatte.
»Schwarze Schafe gibt’s natürlich in jeder Branche, warum nicht auch in meiner?« gab der Anwalt zurück und breitete bedauernd die Arme aus.
»Nanu?« John Hopkins sah überrascht auf, als sich die Türklingel meldete.
»Sie erwarten noch Besuch, Sir?« erkundigte sich der Butler gemessen.
»Eigentlich nicht, Mister Parker, obwohl das nichts zu sagen hat. Es kommt schon hin und wieder vor, daß jemand ohne Voranmeldung hereinschaut, um mit mir zu sprechen oder eine Auskunft einzuholen. Wenn Sie mich einen Augenblick entschuldigen wollen?«