Professor Zamorra 1293 - Thilo Schwichtenberg - E-Book

Professor Zamorra 1293 E-Book

Thilo Schwichtenberg

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Beschreibung

Ja, es war Vollmond. Und nein, das war unmöglich!
Vor ihr stand ein Werwolf! Knurrend setzte er sich in Bewegung.
Er wird mich gleich zerfleischen!
Nie im Leben hätte Crazy gedacht, dass der Horror real war!
Der Werwolf setzte zum Sprung an. Sie schloss die Augen.
Ein Schuss. Das Untier bäumte sich auf, fiel nach vorn, blieb liegen und verwandelte sich in einen jungen Mann.
Crazy riss die Augen auf, drehte sich um.
Hinter ihr stand eine junge Frau mit Pferdegebiss. Sie lächelte. "Jetzt habe ich einen gut bei dir."


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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Personenliste

Demonic World

Leserseite

Vorschau

Impressum

Die Hauptpersonen des Romans sind

Professor Zamorra deMontagne: Der Meister des Übersinnlichen, furchtloser Kämpfer gegen die Ausgeburten der Hölle und Wissenschaftler für parapsychologische Phänomene.

Nicole Duval: seine Sekretärin sowie Lebens- und Kampfgefährtin

Stygia: Herrin der Hölle

Melmoth III.: Erzdämon, Herr über Australien und Ozeanien, Mitglied des inneren Zirkels der Hölle

Vassago: Erzdämon, der angeblich ins Licht strebt und doch sein eigenes Süppchen kocht

Kyra: eine Raub-Fyderra; obwohl sie eine Dämonin ist, lebt sie auf Château Montagne

Thomas: englischer Butler auf Château Montagne

Sandra: Industriemechanikerin aus Frankfurt/Main

Peter: IT-Experte aus Frankfurt/Main; er ist Sammler von Horrorromanheften und versucht sich auch als Spannungsroman-Autor zu etablieren

Mary Weinester: Betreiberin von Demonic World

Discordia: ihre Ziehtochter, die das Lebenswerk einst fortführen soll

sowie: ein Überraschungsgast

Demonic World

von Thilo Schwichtenberg

Vor Maddy stand ein Werwolf! Knurrend setzte er sich in Bewegung.

Er wird mich gleich zerfleischen!

Der Werwolf setzte zum Sprung an. Maddy schloss die Augen.

Ein Schuss, und das Untier bäumte sich auf, fiel nach vorn, blieb liegen und verwandelte sich in einen jungen Mann.

Maddy riss die Augen auf, drehte sich um.

Hinter ihr stand eine junge Frau mit Pferdegebiss. Sie lächelte. »Jetzt habe ich einen gut bei dir.«

Frankfurt/Main, Skyline Plaza, kurz vor Weihnachten 2023

Meine Güte, dachte Sandra mit leichtem Schaudern, während sie durch den Einkaufsmarkt schlenderte, wer soll nur den ganzen Nippes kaufen? Gut, es war kurz vor Weihnachten, aber ... hatte überhaupt jemand etwas gekauft?

Die gesamten Auslagen, so widerlich schön mit Tannengrün, Tannenbäumen, Christbaumkugeln, Glöckchen, Sternen, Lichterketten, Schlitten, Wichtel, Engel, Schnee- und Weihnachtsmännern dekoriert, waren noch voll. Anscheinend quoll es immer wieder von hinten nach. Wie bei einer Softeismaschine oder einer Hydra. Kaufte man ein Geschenk, schoben sich gleich zwei neue in die Auslage nach vorn.

Sandra lächelte belustigt. Wenn sie die Menschen um sich herum beobachtete, dann hielten sie alle gut gefüllte Taschen in den Händen.

Wie Jäger, die, bestens gelaunt, ihre erlegten Hirsche, Hasen und Wildschweine mit nach Hause schleppten. Oder Sammler ...

Sie stutzte. Nein, es gab auch missmutige Menschen unter ihnen, die noch nicht wussten, was sie selbst oder die Lieben zu Hause eigentlich wollten.

Dinge, die man eh nicht benötigte. Sie zuckte mit der Schulter und betrachtete sich im Schaufenster einer Auslage für gehobene Damenmode.

Was sie sah, konnte sich sehen lassen. Sie war einundzwanzig Jahre alt, einen Meter sechzig groß und wohlproportioniert; eher muskulös und zupackend als verweichlichte Formen. Sie trug lange, weißblonde und leicht gewellte Haare. Dazu ein weißes Shirt, schwarze Jacke und blaue Jeans. Und nicht die netten Kleidchen in Dunkelgrün oder Bordeaux wie hinter der Scheibe.

Wenn es sich Sandra eingestand, war sie hier fehl am Platze. Denn das, was sie begehrte, nämlich Werkzeug, um Autos zu reparieren, das gab es hier nicht.

Vor nicht einmal vier Monaten hatte sie einen Festvertrag als Industriemechanikerin in einem mittelständischen Unternehmen erhalten. Jetzt erhielt sie sogar Geld für ihre Passion!

Aber gut, sie war nicht ihretwegen hier.

Ja, Peter würde sich hier wohlfühlen. Inmitten von diesem Krimskrams. Und doch fiel es ihr schwer, für ihren Freund etwas Passendes zu finden. Denn seine Sammelleidenschaft war ... speziell. Romanhefte, noch dazu ganz besondere, die gab es hier nicht. Seine Lieblingsreihe besaß er vollständig. Die Klarsichthüllen, um seine Babys perfekt wegschließen zu können, die musste er sich ja unbedingt selbst schon vor Weihnachten besorgen.

Also, was wollte sie hier?

Sandra zuckte mit der Schulter und verließ den Einkaufstempel.

Zehn Minuten später lachte sie bitter auf. Jetzt war sie die Missmutige, die durch die Straßen lief und nicht wusste, was sie kaufen sollte.

Ihr Blick fiel auf eine erleuchtete Reklame im Schaufenster. »Maddy« blinkte da in bunten Farben. Sie trat näher heran und betrachtete die Auslage.

Es war ein Reisebüro, aber kein normales, sondern ein verrücktes. Auf einem Schild stand: »Wenn du nicht weißt, was du willst – komm einfach rein. Ich habe für jeden die passende Reise. Nur keinen Pauschalurlaub.«

Urlaub ... Sandra lächelte versonnen. Da musste sie an ihre Kindheit denken. Die Ausflüge mit den Eltern. An die See. Im Zelt an der Steilküste. Sie fand es toll, wenn Wind aufkam. Dann stellte sie sich vor, wie sie mit ihrem Zelt hinfortgerissen und bis in andere Länder -getragen wurde. Bis in die Wüste oder das ewige Eis, auf den höchsten Gipfel oder eine einsame Insel.

Schon klingelte das Glöckchen an der Tür. Drinnen roch es nach Räucherstäbchen. Wasser plätscherte dezent. Fehlte nur noch, dass gleich eine alte Inderin im bunten Gewand und behängt mit Tausenden von Ketten –

»Hi, ich bin Maddy, und du weißt noch nicht, was du willst.«

Ihr Gegenüber war ungefähr so jung wie sie, in einem viel zu großen Häkelpullover und Schlabberhose. Maddy trug lange gelockte, kupfertrotfarbene Haare und Sommersprossen um die Nase. Unnatürlich groß war das silberne Kreuz, das über dem Pullover an einer Kette hing. Das alles passte ... nicht und irgendwie schon.

»Sandra«, entfuhr es Sandra. »Und ja, ich wusste bis jetzt gar nicht, dass ich mich überhaupt für eine Reise interessiere.«

»Na siehst du.« Maddy lächelte. Sie fand es offenbar ganz normal, dass Sandra das sagte. »Bitte.« Sie wies auf den Boden, auf dem jede Menge bunter Kissen lagen. »Lass dich nieder.«

Sandra tat wie geheißen.

Maddy rückte an sie heran und nahm den Laptop an sich, der bis jetzt auf einem goldenen Kissen geruht hatte und sprach: »Also, was schwebt dir vor?«

Sandra zuckte mit der Schulter. Ja, was wollte sie? Ein Zelt auf der Steilküste? Doch da war Peter. Er hatte nicht das beste Verhältnis zur Wildnis. Er liebte eher die eigenen vier Wände.

»Schau mal«, Maddy klickte auf dem Rechner herum. »Es gibt Urlaube in alten Armeefahrzeugen, da kannst du den ganzen Tag im Dreck herumfahren.«

Sandra lächelte. »Ich mag schrauben, werkeln.«

»Na, das nenne ich mal einen Treffer.« Maddy lächelte. Sehr sympathisch, wie Sandra feststellte.

»Ja, aber, die Reise wäre für meinen Freund und mich. Und er ist jetzt nicht so der zupackende Typ.«

»Knifflig, knifflig.« Maddy schien das zu gefallen. Sie runzelte die Stirn und klickte weiter auf dem Laptop herum. »Es gibt einen Urlaub im Rokokoschlösschen. Alles ist wie früher, selbst Kleidung und Essen. Oder einen ... wie bei den Urmenschen mit Höhle und Lagerfeuer«, sie blinzelte, »ach nein, das ist nichts für Peter. Oder hier: zehn Tage in der Wohnung eines Türmers. Zweihundertvierzig Stufen hoch und wieder runter. Toilette sechs Etagen tiefer.«

»Und wenn jemand Durchfall hat?« Sandra seufzte nur.

»Auf was hätte dein Freund denn Lust?«

»Na ja«, Sandra lächelte schief. »Er ist eher ein Nerd. Er sammelt Grusel- und Horrorromane.«

Sandra erschrak innerlich. Einen Augenblick lang sah Maddy sehr alt aus. Ein Schatten legte sich um die Augen – der sofort wieder verschwunden war. Die Lachfältchen kamen wieder zum Vorschein. »Demonic World!«

Schon klickte sich die Rothaarige durch ein paar Seiten. »Na bitte«, strahlte sie und drehte den Laptop vollends zu Sandra. »Schau mal. Das ist ein altes Salzbergwerk. Dort drin befindet sich Demonic World.«

»Äh«, machte Sandra, »ist das so eine Art Jurassic World?«

»Natürlich.« Maddy nickte ernst. »Nur mit Dämonen.«

Fünf Sekunden hielt es die Rothaarige noch aus, dann prustete sie los. »Sie sind nicht echt. Aber täuschend echt.«

Sandra lachte ebenfalls. »Na dann ist ja gut. Denn Peter liest zwar gern Horrorromane, aber real will er das lieber nicht erleben.«

Maddy wurde ernst. »Da hast du recht. Das will niemand in Wirklichkeit erleben.«

Sandra räusperte sich. »Wohin ginge denn die Reise überhaupt? Und wie teuer ist sie? Ich habe erst vor vier Monaten einen festen Job bekommen.«

Die Rothaarige nannte ihr den Preis.

»Echt?« In Sandra keimte ein Glücksgefühl auf. Das konnte sie sich für sie beide leisten! »Und wo?«

»USA. Mitten im Nirgendwo. Ist ein Sieben-Tage-Trip mit Geländefahrzeugen.«

»Mit Geländefahrzeugen?« Sandras Mundwinkel zogen sich nach oben. Dann wurde sie ernst. »Aber wo ist der Haken? Eine Reise in die USA ist doch nicht so billig.«

»Wir haben ein Sonderkontingent bei den Flügen. Und da Demonic World erst in der Testphase läuft, ist es noch recht günstig.«

»Man muss auch mal Glück haben.« Sandra lächelte. »Und wann wäre das?«, stellte sie die letzte Frage.

»Über Silvester. Vom sechsundzwanzigsten Dezember bis zum zweiten Januar.«

»Da habe ich sogar noch Urlaub. Und Peter auch.« Überrascht stellte Sandra fest, wie eine Gänsehaut über ihren Körper kroch. Das war so ein schönes Weihnachtsgeschenk. Im Geländefahrzeug in die Dämonenwelt. Wenn das nicht der perfekte Urlaub für sie beide war!

Zum Abschied drückte sie Maddy. »Deine Reklame war goldrichtig.«

Beschwingt lief sie nach Hause.

Maddy buchte die Flugtickets und schrieb eine Mail, die sie mit den Worten Hi Dis begann.

Dann löschte sie den ganzen Buchungsprozess wieder. Die Rothaarige speicherte nichts.

Ganz wohl war ihr bei der Sache nicht. Aber Gefallen war Gefallen. Sie wusste nicht, warum sie Discordia zwei Menschen schicken sollte. Damit war die Schuld allerdings abgetragen. Endlich.

»Hoffentlich ist es wirklich nur ein Fake«, murmelte sie, während sie den Laden schloss. Sie lachte verbittert auf. »Denn so eine Begegnung wünsche ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind.«

Sorgfältig wusch sich Peter die Hände und sah dabei in den Spiegel. Fand er gut, was er sah? Er war mittlerweile fünfundzwanzig Jahre alt, einssiebzig groß und dürr, um nicht zu sagen knöchern. Die dunklen Haare waren zwar lang, aber dünn. Und ausgedünnt. Leider.

Deswegen trug er stets und ständig ein schwarzes Basecap, auf das ein silbernes Pentagramm gestickt worden war.

Über der Oberlippe kräuselte sich etwas Flaum. Wenn er es recht betrachtete, sah er erst wie Anfang zwanzig aus.

Na, wenigstens was.

Sorgfältig trocknete er sich die Hände ab, überzeugte sich, dass nicht ein Hauch Feuchtigkeit haften geblieben war, strich liebevoll über Gemme und Silberkreuz, die über seiner schmalen Brust baumelten und verließ in heller Vorfreude das Bad.

In der Wohnzimmertür blieb er stehen und betrachtete sein Werk. Er hatte gründlich den Teppich abgesaugt. Das helle Blau leuchtete erwartungsfroh.

Peter sah auf die fünf Stapel Heftromane.

Er kniete nieder, öffnete den ersten Hunderterpack Klarsichtfolien sowie die Packung mit den weißen, dünnen Pappen.

Er rieb mit Daumen und Zeigefinger die Öffnung der Folie auseinander. Dann nahm er ganz vorsichtig den ersten Band zur Hand. Er betrachtete das Titelbild und lächelte versonnen.

Peter kaufte sich prinzipiell jeden ersten Spannungsroman, wenn der Zinnen-Verlag eine neue Reihe auf den Markt brachte.

Doch diese hier, die war etwas ganz besonderes. Das war wirklich Liebe auf den ersten Satz, ach was, die erste Überschrift, gewesen. Doktor Mazarro ... dieser Klang ... Peter seufzte leise.

Vorsichtig schob er den Roman in die Hülle. Jetzt durften keine Knicke entstehen! Millimeter für Millimeter schob er das Baby tiefer hinein. Und tiefer und ... noch tiefer.

Geschafft! Jetzt musste zur Verstärkung die weiße Pappe eingeführt werden. Vorsichtig schieben und darauf achten, dass die dickere Pappe beim Heft keine Knicke oder Risse verursachte.

Puh. Die heilige Dreifaltigkeit war vereint. Band 1 ruhte quasi in seiner persönlichen Roman-Kryostase. Zum Glück besaß Peter die ganze Reihe in doppelter Ausführung. Einmal zum Immer-Lesen und einmal zum Immer-Konservieren.

Nach und nach glitten die Romane in die Hüllen und die Pappe hinterher. Immer drei eingetütete Hefte legte er übereinander, jedoch so, dass der Schriftzug und die Band-Nummer sichtbar blieben.

Leise dudelte Weihnachtsmusik aus dem Smartphone. Bei Wham! ging ihm alles schneller von der Hand, während er bei Frankie Goes to Hollywood langsamer war.

Nach zwei Stunden nahm er Band 123 zur Hand, tütete ihn ein und legte ihn auf den letzten Stapel.

Ächzend versuchte er aufzustehen, was bei der stundenlang verrenkten Haltung gar nicht so einfach war.

Während er sich ausgiebig dehnte, fiel sein Blick auf das vollendete Werk. Jetzt glänzten auf dem hellblauen Teppich 123 Horrorromane oder besser: Juwelen.

»Doktor Mazarro«, flüsterte er ehrfürchtig.

Er nahm das Handy zur Hand, schoss ein Foto und postete es unter seinem Avatar Baal ins Gruselforum.

Es dauerte nicht lange, bis das erste Lob ausgesprochen wurde. Und das nächste und das übernächste folgte stante pede ... Peter lächelte sehr zufrieden.

Heftromansammeln konnte so spannend und vor allem so beruhigend sein! Es war ein wunderbarer Ausgleich zu seinem Job als IT-Experte. Mit Logik und Sachverstand kam er bestens durch das Leben.

Na gut, Sandra, mit ihrer zupackenden, wenn auch etwas chaotischen Art, ebenfalls. Aber für ihn war das hier das Nonplusultra ... naja, nicht ganz, wie er sich insgeheim eingestehen musste.

Denn Peter arbeitete noch an etwas anderem. Und zwar an seiner Karriere. Und nicht nur das. Er wollte sich verewigen, wollte sich in der Weltgeschichte für immer verankern. Damit er nie in Vergessenheit geriet.

Und das ... gedachte er mit dem Schreiben von Horrorromanen zu bewerkstelligen.

Sicher, er wusste, dass er nie den Literaturnobelpreis dafür erhalten würde, aber hin und wieder ein wenig Anerkennung, das musste doch drin sein.

Wenigstens war er ein liebevoller Mensch. Liebevoll zu seinen Romanen. Und liebevoll zu Sandra, seiner Freundin. Na gut, aktuell vielleicht in diese Reihenfolge, aber er arbeitete ja daran, dass es sich schnellstens wieder umkehrte. Großen Schriftstellern stand fast immer eine Partnerin zur Seite, die die profanen Dinge des Alltags vom Meister fernhielt.

Er schüttelte sich. Was dachte er denn da? So ein Unsinn aber auch.

Sandra war die Praktikerin, die Macherin in ihrer Beziehung. Er eher der Theoretiker.

Sollte er die kleine Ausstellung im Wohnzimmer belassen? Er lachte auf. Na ja, Sandra war jetzt nicht das beste Publikum, was Heftromaneanschauen anbelangte. Da war er im Forum weitaus besser aufgehoben. Also nahm er den ersten Stapel, hob ihn vorsichtig auf und trug ihn wie die Braut in der Hochzeitsnacht in sein kleines Arbeitszimmer. Dort würde er einen Ehrenplatz im neu eingerichteten Regal erhalten.

Im Raum hingen Totenköpfe mit roten Zipfelmützen, Dämonenfiguren, Teufelinnen und Kriegerinnen. Im Aquarium standen Unterwasserdämonen (einen davon hatte er Benacus getauft, ein kräftiges Monster mit einem Haifischkopf), Nixen und Sirenen. Dazwischen schwammen Garnelen umher.

Kurz sah er ihnen beim Treiben zu. Die roten Tierchen ruderten wie Hubschrauber umher und nicht so stressig wie die Fische, die er zuerst hier drin beherbergt hatte.

Das Wasser beruhigte und ja, inspirierte ihn.

Welche Hauptdarsteller sollte es in seiner eigenen Romanheftreihe denn geben?

Hm. Auf jeden Fall eine bildhübsche Heldin und vor allem eine bildhübsche Teufelin als Gegenspielerin. Na ja, und einen Held oder so etwas in der Art.

Aber der würde eher lieb sein und seiner Lebensgefährtin den Vortritt lassen.

Draußen fiel die Tür ins Schloss.

Sandra lugte ins Zimmer. »Hi Schatz, bin wieder da.«

Wenn es Peter recht betrachtete, lächelte sie siegessicher.

»Erster«, sagte sie auch schon.

Der junge Mann sah sie verdattert an. »In welcher Hinsicht?«

Sandra grinste. »Ich habe jetzt alle Weihnachtsgeschenke. Und du?«

Peter fühlte sich wie mit einem Eimer Eiswasser übergossen. »Au Backe, Weihnachten.«

Sandra war schon wieder draußen. »Oh, was ist das denn?«, hörte er ihre Stimme bereits aus dem Wohnzimmer.

»Vorsicht!«, schrie er und spurtete los. »Ja nichts anfassen!«

Sandra zuckte mit der Schulter. »Sind halt Hefte.« Sie grinste mit aufgeblähten Nasenflügeln, »Entschuldigung, ich meine, Dreigroschenromane.«

»Das sind mehr als nur Dreigroschenromane!« Peter war völlig entrüstet. »Das ist meine Welt! Meine Inspiration!«

»War doch nur ein kleiner Scherz. Natürlich ist das deine Welt. Äh«, sie hob Stirn und Brauen, »wie weit bist du eigentlich mit deinem Roman?«

»Na ja«, Peter sah auf die Hefte. »Noch nicht sooooo weit. Aber bald habe ich die zündende Idee. Das kann nicht mehr lange dauern. Sie liegt quasi schon auf der Zunge.«

Sandra sah ihn an und lächelte.

»Was ist denn jetzt schon wieder?«

»Wie du so dastehst. So bedröppelt, so unschuldig, so total süß.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu. »Es liegt dir schon fast auf der Zunge. Aha. Na dann will ich da mal nachschauen.«

Sie trat ganz nah an ihn heran und küsste ihn.

Peter nuschelte nur noch äußerst leise protestierend: »Aber die Hefte.«

Sandra zog ihn ins Schlafzimmer.

»Und mein Geschenk?«

Sie lachte gurrend. »Ja ist denn heut schon Weihnachten? Dafür bekommst du jetzt ein viel schöneres.«

Hölle, die Gemächer von Melmoth III.

Melmoth III., seines Zeichens Erzdämon und Mitglied des inneren Kreises der Hölle, Herr über Australien und Ozeanien sowie Oberhaupt aller Spinnendämonen, setzte vorsichtig einen schwarzen Egel auf den linken Schenkel seines dritten Gliedmaßenpaares. Gierig saugte sich der Wurm am Chitinpanzer fest, durchdrang ihn und begann sofort, Melmoths schwarzes Blut aufzunehmen. Der Körper des Egels schwoll an, war bald schon prall wie ein Feuerwehrschlauch.

Melmoths Gestalt besaß entfernte Ähnlichkeit mit der eines Zentauren.

Der Spinnendämon benutzte die letzten beiden Gliedmaßenpaare zum Laufen. Doch wenn es schnell gehen musste, konnte er auch alle acht Beine verwenden.

Der graue, mit Chitinplatten besetzte Oberkörper bog sich im Gegensatz zum schwarzbehaarten Hinterleib nach oben, sodass er das oberste Paar als Arme mit Chitinklauen benutzte konnte, während das Paar darunter in sensenförmigen Auswüchsen endete. Der Kopf war in den muskulösen Rücken integriert, eine schwarze Mähne spross aus Haupt und Schultern. Er besaß drei Augenpaare sowie mehrere Augen an den Schläfen. Das Maul war violett. Daraus konnte er blitzschnell die Mandibeln stoßen.

Vorsichtig zog er den feisten Wurm wieder ab.

»Weißt du«, schnalzte er und hielt sich die Wurst direkt vor die Augenpaare, »du darfst dich glücklich schätzen, denn du wirst mir den Weg zum Höllenthron ebnen. Und dann werde ich nicht nur abrechnen, sondern eine Neuordnung vornehmen.« In heller Vorfreude klackte er mit den Beißwerkzeugen.