Putins nutzlose Idioten - Gerhard Henschel - E-Book

Putins nutzlose Idioten E-Book

Gerhard Henschel

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Beschreibung

Im Oktober 2022 erhält Olaf Scholz ein Schreiben von seiner Amtsvorgängerin. Dringlichst fordert Angela Merkel ihn auf, "keine Waffen mehr an die Ukraine zu lifern" und stattdessen für "wahme Heizungen in Deutschland mit rusischm Erdgas" zu sorgen. Herrn Scholz muss schnell klar werden, dass er es mit einem schlecht gefälschten Brief zu tun hat. Einzelfall oder System? Gerhard Henschel ist der Sache nachgegangen: mit detektivischer Akribie und dem richtigen Riecher für das Vorgehen von Putins nutzlosen Idioten hat er zahlreiche hanebüchene Fälschungen des russischen Geheimdienstes ausfindig gemacht und macht sie nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.

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Gerhard Henschel

Putins nutzlose Idioten

Die schlechtesten Fälschungen des russischen Geheimdienstes

Hoffmann und Campe

Zum Geleit

Darf man über Putin lachen?

Die meisten Russen tun es vermutlich nur hinter vorgehaltener Hand, und im Kreml wäre sogar das bereits lebensgefährlich. Dort wird es wahrscheinlich noch nicht einmal jemanden geben, der zum Lachen über Putin in den Keller geht. Denn auch die Kellerwände könnten Ohren haben, vor allem im Kreml, und Despoten lieben es bekanntlich nicht, verlacht zu werden.

Wo die Gegner Putins unter sich sind, dürfte hingegen vielfach ausgelassene Heiterkeit herrschen, wenn sie die Bilder betrachten, die ihn so zeigen, wie er sich selbst gern sieht: oben ohne zu Pferde, oben ohne mit einem Schießprügel, oben ohne beim Angeln, oben ohne beim Eisbaden oder aber als einsam regierenden Landesvater am Ende seiner weltberühmten, sechs Meter langen und auf drei pompösen Säulen ruhenden Konferenztischplatte.

Für eine andere Sternstunde unfreiwilliger Komik hatte Putin 2011 in der Paraderolle eines Schatztauchers gesorgt, dem es angeblich geglückt war, zwei antike Vasen vom Meeresboden heraufzubefördern. Der russische Geheimdienst FSB (»Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation«) scheint sich daran ein Beispiel genommen zu haben, denn auch dessen Täuschungsmanöver sind oft so tolpatschig, daß Gott erbarm.

Manege frei!

Kennt noch jemand Hans Rolf Rippert? Unter dem Künstlernamen Ivan Rebroff feierte dieser russophile deutsche Schlagersänger einst Triumphe mit Hits wie »Moskauer Nächte«, »Kosaken müssen reiten«, »Wolgalied«, »Mamutschka« und »Schenk’ mir einen Wodka ein« (Dokument 1).

1 Der echte Ivan Rebroff

Ende September 2022 strahlte der staatliche russische Fernsehsender Rossija 1 ein Interview mit Rebroff aus. Darin rief er alle rußlanddeutschen Mütter dazu auf, viele schöne warme lange Unterhosen für die im Donbas kämpfenden russischen Soldaten zu stricken, allabendlich »für das Wohlergehen des großen weisen Landesvaters Wladimir Putin« zu beten und nicht traurig zu sein, wenn ihre Söhne den Heldentod stürben. »Das vergossene Blut eurer Söhne ist der Dünger für die Saat einer glücklichen neuen Friedenszeit«, sagte er. »Also reißt euch gefälligst zusammen!«

Dummerweise war Ivan Rebroff jedoch bereits im Februar 2008 gestorben. Bei dem Mann, der sich auf Geheiß des russischen Geheimdienstes FSB als Rebroff ausgab, handelte es sich in Wahrheit um Pjotr Paustovsky, einen Rebroff nur sehr mäßig ähnelnden Hühnerzüchter aus einem Vorort der südwestrussischen Stadt Schelesnogorsk in der Oblast Kursk (Dokument 2, siehe Seite 8). Vor zwanzig Jahren war er bei einem Ivan-Rebroff-Ähnlichkeitswettbewerb in seiner Heimatstadt bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Weshalb der FSB trotzdem auf Paustovskys Dienste zurückgegriffen hat, ist schwer erklärlich.

Der Rußland-Experte Hans-Ludwig Greve vom Uelzener Institut für Osteuropäische Studien nimmt an, daß dem FSB »einfach die Gelder fehlen, die man braucht, wenn man so ein Ding wirklich professionell durchziehen will«. Sein Rat an die Russen: »Laßt’s lieber bleiben, bevor ihr euch nochmal mit ’ner Pappnase wie diesem Paustovsky blamiert!«

2 Der falsche Ivan Rebroff

Zwei Männer, die laut Augenzeugen »kirgisisch« aussahen, verteilten Anfang Oktober 2022 vor der Filiale der Supermarktkette Netto im osthessischen Neuenstein-Obergeis Flugblätter, die gut erkennbar die Handschrift des FSB trugen. Unter dem Logo der Firma Netto wurde den Kunden eine ungeheure Preissteigerung angekündigt und die Verantwortung dafür der deutschen Bundesregierung in die Schuhe geschoben (Dokument 3).

3 Dieses Flugblatt fand in Neuenstein-Obergeis keinen Anklang.

Bei der Herstellung der Druckvorlage waren die Fälscher allerdings recht amateurhaft vorgegangen. Die Vielzahl der Rechtschreibfehler deutete auf einen akuten personellen Engpaß in der Lektoratsabteilung des Geheimdienstes hin. Aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage in Rußland war er von Mittelkürzungen betroffen, die sich immer wieder verheerend auf die Qualität seiner Fälschungen auswirkten. Der Plan, unter den Kunden der Netto-Filiale in Neuenstein-Obergeis eine Panik auszulösen, ging jedenfalls schief. Im Neuensteiner Lokalteil der Hersfelder Zeitung war stattdessen sogar von »Lachstürmen« der Kunden die Rede.

*

Ungeklärt ist bislang die Identität der beiden Flugblattverteiler. Als der Filialleiter sie zur Rede stellen wollte, machten sie sich aus dem Staub. Die Flugblätter wurden vom Bundeskriminalamt materialanalytisch untersucht und anschließend an das Frankfurter Caricatura-Museum für Komische Kunst weitergeleitet.

Von vornherein zum Scheitern verurteilt war der Versuch, den Bundeskanzler Olaf Scholz mit einem gefälschten Schreiben seiner Amtsvorgängerin Angela Merkel einzuschüchtern (Dokument 4). Auch in diesem Fall wäre eine Rechtschreibprüfung nützlich gewesen.

4 Führende Linguisten sind sich einig: Dieser Brief ist gefälscht.

»Das Grundproblem besteht darin, daß Putin allen Leuten mit guten Deutschkenntnissen mißtraut«, sagt Henner Ahringhoff von der Deutsch-Russischen Gesellschaft Schneverdingen e.V., der gute Kontakte zu Kreml-Insidern unterhält. »Inzwischen soll selbst Gerhard Schröder in Ungnade gefallen sein, und das will was heißen …«

*

Ungewöhnlich lange beschäftigte sich am 5. Oktober 2022 in dem Erfurter Antiquariat Der Bücherfreund ein kinnbärtiger, dem Mongolenführer Dschingis Khan ähnelnder Kunde mit einer einbändigen Ausgabe der Werke des Dichters Heinrich Heine, bevor er das Buch ins Regal zurückstellte und enteilte. Markus Bentzler, der Inhaber des Antiquariats, stellte danach fest, daß der Mann auf Seite 623 zwei Strophen in Heines Epos »Deutschland, ein Wintermärchen« mit prorussischen Propagandaversen überklebt hatte (Dokument 5, siehe Seite 12).

5 Mißhandeltes Heinrich-Heine-Buch

Nach Auskunft des thüringischen Landeskriminalamts stammte der vom Täter benutzte Klebstoff aus einer Knochenleimfabrik in Murmansk, die in der UDSSR zu den Hoflieferanten des KGB gehört hatte und heute im Besitz von Wladimir Putin ist.

»Daraus spricht ja nun wohl die schiere Verzweiflung«, sagte Bentzler gegenüber dem MDR. »Ich meine, wenn die Russen jemanden losschicken, damit er in meinem Antiquariat umständlich ein paar Verse von Heinrich Heine fälscht, dann scheint’s diesen Leuten doch eindeutig an besseren Ideen zu fehlen, wie sie die großrussische Ideologie durchsetzen können …«

Igor Michailowitsch Boklewksi, der Täter, wurde kurz darauf am deutsch-polnischen Grenzübergang Hohenwutzen festgenommen und wegen Sachbeschädigung zu 20 Euro Bußgeld verurteilt. In einer Presseerklärung bezeichnete ein Sprecher des russischen Außenministeriums diesen Richterspruch als »unerhörte Provokation« und verwies auf eine im Herbst 1939 erfolgte Zusage Adolf Hitlers, derzufolge die Verhaftung russischer Staatsbürger auf deutschem Boden verboten sei.

Unterdessen hat Boklewski politisches Asyl in Deutschland beantragt. Wie man hört, ist er jetzt sogar im Gespräch für die Heinrich-Heine-Gastdozentur in der Lüneburger Leuphana-Universität. So hatte Putin sich das ganz gewiß nicht vorgestellt …

*

Alle 586 Bundestagsabgeordneten, die im April 2022 für Waffenlieferungen an die Ukraine gestimmt hatten, erhielten ein halbes Jahr später mit der Post ein kleines Geschenk: Joachim Richters Buch »Der praktische Pilzführer« (München: Mosaik-Verlag 1980). Der FSB hatte antiquarisch knapp sechshundert Exemplare davon erworben und sie auf heimtückische Weise manipuliert. So war beispielsweise Richters Warnung, daß der Verzehr von Fliegenpilzen »schwere gesundheitliche Schäden verursachen« könne, mit den Worten überklebt worden, er verursache vielmehr »ein exquisites Geschmackserlebnis«. Auf Seite 83 hatte Richter geschrieben: »Die Vergiftung durch den Tigerritterling zeigt sich schon meist nach etwa 30 Minuten, sie verursacht Erbrechen, Durchfall, Kreislauf-Schwierigkeiten; der Arzt ist unverzüglich zu rufen!« Diese Passage war folgendermaßen gefälscht worden: »Der Tigerritterling ist sowohl roh als auch gebraten ein köstlicher Leckerbissen und enthält zudem viele wertvolle Inhaltsstoffe, die das Immunsystem stärken. Er hilft auch sehr gut bei Verstopfung!«

Auch der Satansröhrling, der Kahle Krempling, der Riesenrötling und andere Giftpilze sollten den Abgeordneten schmackhaft gemacht werden. Wie täppisch der russische Geheimdienst dabei vorging, beweist der Vergleich einer Originalseite des Buches mit der gefälschten Fassung (Dokumente 6 und 7). Selbst den rußlandfreundlichsten Mitgliedern des Bundestages mußte auffallen, daß man sie hier hinters Licht zu führen versuchte.

6 Pilzführer: Original …

7 … und Fälschung

Als verräterisch erwies sich außerdem der Umstand, daß die Büchersendungen in Moskau aufgegeben worden waren. Wenn Alexander Bortnikow, der Chef des FSB, gehofft haben sollte, einen der Empfänger an einer Pilzvergiftung verscheiden zu sehen, hatte er sich bitter getäuscht.

*

Nicht schlecht staunte man im Wiesbadener Kreiswehrersatzamt, als sich dort im Oktober 2022 Anfragen irritierter Bürger mehrten, die einen Einberufungsbescheid erhalten hatten, mit dem Hinweis, daß sie an einem Angriffskrieg gegen die Russische Föderation teilnehmen müßten (Dokument 8). Wie sich herausstellte, handelte es sich bei diesen Einberufungsbescheiden wieder einmal um plumpe Fälschungen: Offenkundig hatte der FSB ein schon etwas älteres, unter https://www.motor-talk.de/bilder/meine-zeit-bei-der-bundeswehr-teil-i-g172381/der-einberufungsbescheid-i202799247.html abgebildetes Schreiben des Kreiswehrsatzamts Wiesbaden als Vorlage genommen, die Daten überklebt und mehrere schreckenerregende Zeilen eingefügt, um die Empfänger zu verunsichern und sie gegen die Bundesregierung aufzubringen.

8 Besonders auffällig: Das Wiesbadener Kreiswehrersatzamt hat inzwischen eine ganz andere Telefaxnummer.

Versandt worden war der Bescheid an circa 250