Seismogramm - Dieter Flohr - E-Book

Seismogramm E-Book

Dieter Flohr

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Beschreibung

Dieses Buch beinhaltet die kurze Lebensgeschichte meines Vaters. Er wurde 1908 in Stiege/Harz geboren, wuchs in Thale auf und kam dann 1928 zur Preußischen Landespolizei in Berlin. In der folgenden Zeit musste er die für Deutschland folgenschweren Jahre des Niedergangs der Weimarer Republik, die erbitterten Kämpfe zwischen Links und Rechts, die Machtergreifung Hitlers und die sofortige Ausschaltung aller demokratischen Kräfte des Landes erleben. Die Preußische Landespolizei wurde nach 1935 im geschlossenen Verband der Wehrmacht zugeschlagen, sodass mein Vater nun als Berufssoldat und Hauptfeldwebel in Berlin und Göttingen den rasanten Aufbau der Armee und die Kriegsvorbereitungen Hitlers miterleben musste. Er zog dann in den Krieg gegen Polen und gegen Frankreich und England, wurde verwundet und fiel schließlich im Dezember 1941 vor Moskau

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Gewidmet meinen Kindern Corinna und Andre` sowie meinen Enkelsöhnen Sebastian, Marcus, Tobias und Jonas

Dieter Flohr, geboren 1937 in Göttingen, Abitur in Thale/Harz, Eintritt in die Marine Crew 08/55, Schiffs-Ingenieur 1959, Hilfsschlosser Turbine Dresden, Kommando Volksmarine 1960, Bild- und Textjournalist, Presseoffizier, Fernstudium Universität Leipzig, Diplomjournalist 1973.

Autor von Reportagen, Porträts, Bildbänden, Sachbüchern, Drehbüchern für Dokumentar und Spielfilme, Herausgeber des Marinekalenders der DDR.

Beendigung des Dienstes 1987 als Fregattenkapitän, Pressesprecher der Volksmarine und im Marinekommando-Ost, Referent für Verteidigungspolitik im Deutschen Bundestag 1991-1993, Leiter des Pressebüros der Hanse Sail 1995-2001, tätig als Freier Schifffahrts-Journalist in Rostock

Prolog

Diese Buch musste ich schreiben. Auch wenn darin einige unliebsame Wahrheiten enthalten sind. Ich war es meinem armen Vater Kurt schuldig, als reifer Mann sein allzu kurzes Leben ausführlich zu erforschen. Immerhin hatte er die Hoffnung, dass sein Sohn eines Tages seine Briefe und Unterlagen auswerten würde, die er meiner Mutter Irene zur Aufbewahrung hinterließ. Er hatte in den drei Feldzügen, die er zunächst mit großer Begeisterung mitmachte, fast täglich einen Brief geschrieben. Neben vielen persönlichen Bekundungen und den beschriebenen Sehnsüchten, endlich wieder nach Hause zu kommen, hat er damit auch ein Stück erlebter Geschichte des Krieges fixiert. Auch wenn er es vermieden hat, über die Grausamkeiten des Gemetzels, über Verwundungen, Tod und Krankheiten zu berichten, um meine Mutter nicht über die Maßen zu beunruhigen.

Was dennoch zwischen den Zeilen erkennbar ist, zeigt den Wahnsinn des Krieges. Auch ist zu bemerken, dass er die militärische Geheimhaltung strikt einhielt und ich bin sicher, dass er, um die Gestapo und Abwehr zu täuschen, auch verschiedentlich Lobeshymnen auf den Führer und den NS-Staat einflocht, auch wenn er wie Millionen Deutsche auf die Naziparolen hereingefallen war. Denn nach den Aussagen meiner Mutter war er vor allem Soldat, preußischer Soldat, aber kein Nazi.

Da es zu Lebzeiten meiner Mutter aufgrund ihrer Zweitheirat nicht möglich war, alle Fragen zu meinem Vater zu klären, wurde die Erforschung der Lebensumstände des Vaters natürlich sehr kompliziert. Dennoch haben sich nach Jahren viele Dinge erschlossen und konnten in einen Gesamtzusammenhang mit seinem Leben und Wirken gebracht werden. Es hat sich gezeigt, dass die schwierigen Zeiten nach dem I. Weltkrieg, das Dilemma der Weimarer Republik, die Verwirrungen in Wirtschaft und Politik bis hin zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten gravierend das Leben meines Vaters bestimmten. Er hätte wohl nie daran gedacht, dass seine Entscheidung, der Preußischen Landespolizei beizutreten, um eine gesicherte Beamtenlaufbahn anzustreben, ihn schon kurz darauf in die vorderste Linie der Klassenkämpfe schieben und letztendlich auf dem Schlachtfeld vor Moskau zu seinem furchtbaren Ende führen würde. Er war vor allem ein leidenschaftlicher Sportskamerad, treusorgender Ehemann und Vater, aber vor allem ein pflichtbewusster Soldat. Er war ein Mann des unbedingten Gehorsams, und er wich den an ihn gestellten Forderungen nie-mals aus. Insofern war er den Vorgesetzten oder der allgemeinen Herrschaftsideologie hörig geworden. Deshalb hat er seine Aufgaben stets dem Eid entsprechend mit Initiative und vollem Einsatz erfüllt. So wurde er ein Opfer seines Ehrgeizes. Vielleicht kann man aus seinem Schicksal lernen, dass man wohl zu Höchstem streben soll im Leben, aber dass man auch abwägen muss, ob all das, was die Oberen in ihrer zweckbestimmten Propaganda von den einfachen Menschen verlangen, auch immer gerechtfertigt ist. „Lerne an allem auch zu zweifeln“, das wäre die Quintessenz des Lebens Eures Großvaters und Urgroßvaters Kurt Flohr.

Dieter Flohr

Inhalt

1. Prolog

3. Der Harz , unsere Heimat

2. Mein Vater Kurt Kindheit in Lindenberg/Strasberg

3. Umzug nach Thale

4. Die Novemberrevolution bricht aus

5. In den Wirren der Weimarer Republik

7. Turnen als patriotische Erziehung

8. Irene Jahn, die große Liebe

9. Nach Berlin

10. Die Preußische Landespolizei

11. Irene kommt nach Berlin

12. Der Polizeieinsatz am 1.Mai 1929

13. Der Polizistenmord am Bülowplatz

14. Der Preußenschlag

15. Heiraten , aber wie

15. Hitler an der Macht

16. Die Reichswehr wird ins Boot geholt

17. Der Tag von Potsdam

18. Hochzeit in Thale und Neinstedt

19. Auf dem Wege zum Soldatsein

20. Der Röhmputsch

21. Wie nun weiter, Preußische Landespolizei

22. Über Nacht Soldat der Wehrmacht

23. In Göttingen beim Infanterie Regiment 82

24. Der Angriff auf Polen

25. Der Feldzug im Westen

26. Wieder verwundet

27. Im Garnisonsdienst als Offizi

28. Der Feldzug im Osten

29. Die letzte Begegnung

30. Auf dem Weg zur Ostfront

31. Die Operation Taifun

32. Das Fiasko in Schlamm und Frost

33. Die Lage der Soldaten

34. Das Ende der Operation „Taifun“

35. Ein verhängnisvoller Tag

36. Die Türme von Moskau

37. Literatur

Der Harz, unsere Heimat

Irgendwann muss es unsere Urväter in den Harz verschlagen haben. Vielleicht lockte der Bergbau, vielleicht konnte man dort siedeln. Ich vermute, dass die Flohrs einst aus dem Norden kamen. Womöglich hatten sie auch in den Wirren des 30jährigen Krieges in den Bergen und Wäldern Schutz gesucht.

Wie kein anderes deutsches Mittelgebirge zeigt sich der Harz rauh und ist doch immer wieder liebenswert. Es ist das am nördlichsten gelegen Mittelgebirge Deutschlands und hat eine Längenausdehnung von 110 Kilometern. Die Breite beträgt 30 bis 40 km, sodass das Gebirge 4750 Quadratkilometer umfasst. Der höchste Berg ist der Brocken mit 1141,1 Metern. Es gibt einige bekannte Flüsse, wie die Bode, die Selke, die Oker oder die Ilse. Das Harzgebiet war schon in der Jungsteinzeit bewohnt, obwohl sich die Menschen damals nicht in die engen Täler wagten. Sie siedelten mehr an den Flussläufen und allenfalls auf Freiflächen der Hochebene des Harzes, wo man Ackerbau und Viehzucht betreiben konnte. Um die Zeit nach Christi Geburt wurde das Harzvorland von den Sueben bewohnt. Das war einer der germanischen Stämme. Diese zogen im Jahre 174 gen Westen in das Rheingebiet ab. Dafür stießen die aus Schonen (Südschweden) stammenden Warnen und Heruler in das verlassene Gebiet vor. Sie gründeten Siedlungen mit den Endungen –leben, also Weddersleben, Wegeleben, Harsleben. Im Jahre 814 wird der Harzgau in einer Urkunde des Kaisers Ludwig des Frommen er-wähnt. Dieser war ein mitregierender Sohn Karls des Großen, der später allein regierte. Der Harzgau, wie auch das Bistum Halberstadt gehen auf eine Verfügung Kaiser Karl des Großen zurück, der später das germanische Gauwesen aufhob und dafür Grafschaften bilden ließ. Die Grafen waren faktisch seine Stellvertreter. Der Harz wurde dann von den Haruden bewohnt, daraus entstand Harudengau und dann Harud, Hard, Hart, Harz, was Waldgebirge bedeutet. Jüngere Siedlungen enden dann meist auf –rode, also Harzgerode, Elbingerode, Sude- und Gernrode. Woher die Siedler kamen, die den Wald rodeten, ist jedoch nicht bekannt. Der Harz war aber lange Zeit auch Grenzgebiet zu den noch heidnischen Sachsen, die erst nach der Niederlage Widukinds gegenüber Karl dem Großen christianisiert und ins Reich einverleibt wurden. Man denke nur an den Markgrafen Gero, der vom Harz aus (Gernrode) eine Abwehrschlacht gegen die aufständischen Wenden und Sachsen führte. Die Menge der Burgen, vor allem am südlichen Harzrand, deuten auf die Frontstellung hin.

Auch muss der Harz zum Einflussgebiet des Herzogs Heinrich des Löwen gehört haben, war also ein Teil Sachsens, der von zu den Sachsen Norddeutschlands zählenden germanischen Stämmen bewohnt wurde.

Nicht von ungefähr wurde dann der Sachsenherzog Heinrich I., genannt der Vogeler, zum deutschen König gewählt. Diese Nachricht überbrachte man ihm der Sage nach, als er am Finkenherd im heutigen Quedlinburg gerade mal wieder dem Vogelfang nachging.

Halberstadt und Quedlinburg nahmen zu dieser Zeit eine bedeutende Stellung im Reich ein und Heinrich bestimmte die Stiftskirche zu seiner Grablege.

Die Menschen in meiner Umgebung sprachen immer mit größter Liebe und Hochachtung von ihrem Harz. Immerhin hat das Gebirge schon im Mittelalter, etwa seit dem 10. Jahrhundert, vielen Bewohnern durch reiche Bodenschätze Arbeit und Brot gebracht. Hier wurden Silber, Eisen, Blei, Kupfer und viele andere Metalle, aber auch Salz, Kalk, etwas Braunkohle und Mineralien gefunden. Der Harzer Bergbau war seit dem 16. Jahrhundert hochentwickelt, noch vor dem Berggeschrei in Sachsen. Sieben Städte im Oberharz und 30 weitere Ortschaften verdanken Bergbau und Hüttenwesen ihr Aufblühen. Vor allem die alte Reichsstadt Goslar, die von den reichen Silberfunden im Rammelsberg profitierte. Der Harz ist fast voll-ständig bewaldet und hat, auch mit seinem Holz-reichtum, sehr zur Macht und zur Stärke der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen beigetragen.

Es ist schon ein Erlebnis, sich aus der Ebene um Magdeburg den Harzer Bergen zu nähern. Erst auf dieser Anfahrt bemerkt man, dass vor den steil auf über 400 Meter ansteigenden Vorbergen des Harzes der Boden wellig wird. Offenbar hat das Granitgebirge bei seiner Entstehung, also seiner Hebung aus der Erdtiefe vor 350 bis 250 Millionen Jahren, die ganze Vorgegend erheblich erschüttert. Der Harz ist ein Schollengebirge, das heißt, dass bei den tektonischen Vorgängen im Erdinneren mit der anschließenden Hebung der Erdkruste das Magma nicht austrat. Vielmehr wurden die verschiedenen Sedimente durch Hitze und kolossalen Druck zusammengepresst. Der Harz war mit etwa 4000 Metern einst viel höher als heute, aber einige Hundert Meter Erdschichten wurden als-bald durch Erosion und wohl auch durch die Eiszeiten wieder abgetragen, bzw. mit anderen Schichten über-deckt. Das Brockenmassiv ragt wie eine Granitinsel empor. Die bei der Hebung aufgeworfenen Erdwellen zeigen sich z.B. bei der Teufelsmauer, den Kalkbergen um Neinstedt und Suderode. Sie bestehen aus den Ablagerungen des Kreidemeeres vor Millionen von Jahren.

Dennoch war der Harz auch eine Landschaft, in der es viel Armut gab. Immer wieder zogen fremde Heere über den Harz und plünderten, was das Zeug hielt. Der Bauernkrieg verheerte viele Burgen und Klöster. Der 30 jährige Krieg brachte dann Tod und Pest über die Leute. Man sprach auch über die Schweden nicht gerade positiv. 1757 waren wegen des Siebenjährigen Krieges 7000 Franzosen in und um Thale stationiert. Napoleons Truppen kamen des Öfteren durch den Harz. Besonders zwischen 1806 und 1809 wälzten sich Tausende Preußen und Franzosen durch dieses Gebiet. Und auch im Zweiten Weltkrieg wurde der Harz nicht von Kämpfen verschont, als er noch im April 1945 sogar zur Festung und zum Bollwerk zum Schutze Berlins gemacht werden sollte. Doch das erwies sich schnell als Hirngespinst.

Als die Bodenschätze im 19. Jahrhundert größtenteils ausgebeutet waren, kamen zum Glück der Tourismus und das Erholungswesen auf. Es klingt unglaublich, dass Thale mit seinem reizvollen Bodetal und den sagenumwobenen Bergen Roßtrappe und Hexentanzplatz zum Luftkurort avancierte, obwohl zur gleichen Zeit das Eisen- und Hüttenwerk am Ausgang des Bodetales grandios ausgebaut wurde. 1863 wurde mitten in Thale am großen Park das damals größte Hotel Europas, das Hotel Zehnpfund errichtet. Hier wohnte Theodor Fontane einige Male, als er im Harz kurte.

Als immer mehr Schlote - ich glaube noch 1950 waren es etwa 30 Schornsteine - die Harzluft verpesteten, ging allerdings das Kurleben schnell zurück. Die herrlichen großen Hotels, vor allem das gewaltige Hotel Zehnpfund (seit 1921 Rathaus Thale) am Bahnhof, gingen in Konkurs, wurden baufällig, ganz besonders zu DDR-Zeiten, als nur wenig für die Erhaltung getan wurde. Dafür blühte Stecklenberg zwischen den Kriegen, während des Krieges und danach förmlich auf. An den Wochenenden pilgerten Tausende Bürger, vor allem aber die Soldaten der Garnison Quedlinburg, sowie auch der Luftwaffe in Quarmbeck und die Genesenden aus dem großen Lazarett in Neinstedt, Bürger aus den umliegenden Dörfern, aus Suderode und aus Quedlinburg oder Thale in die großen Restaurants Kaffee Kache, Lindenhof und Wald-frieden, das mit seinem großen gepflegten Biergarten die meisten Kunden hatte. Dort spielten immer kleine Kapellen zum Kaffee und dann zum Tanz. Es war eine Zeit voller Idylle und scheinbarer Harmonie.

Um die Wühlerei der Wismut AG kam der Harz herum, obwohl es 1948 Probebohrungen gab. Aber ab-bauwürdiges Uran ließ sich nicht ermitteln. Andererseits kam das Gebirge um eine starke Abholzung nicht herum. Auf beiden Seiten der Zonengrenze bedienten sich die Besatzungsmächte zwischen 1945 und 1950 über die Maßen. Auch verursachten einige Orkane gewaltige Windbrüche im Fichtenbestand und die Folge war eine rasche Ausbreitung des Borkenkäfers. Auch der Wald des Harzes wurde in der Zeit der Industrialisierung und auch schon davor im Zuge der Erzaufbereitung sehr in Mitleidenschaft gezogen. Es war so ähnlich wie im Erzgebirge, wo Mitte des 18. Jahrhunderts die Bergkuppen kahl geschlagen waren. Eine Aufforstung mit schnell wachsenden Fichten sollte Abhilfe schaffen. Aber im Grunde war die Monokultur durch schnell wachsende Fichten schäd-lich und der Wald wurde anfällig für sauren Regen durch die zunehmende Umweltverschmutzung in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Vor allem aber haben große Hitzeperioden der jüngsten Zeit und der gefrässige Borkenkäfer schließlich im Oberharz den Wald vernichtet. Vom ursprünglichen Mischwald und von ausgedehnten Buchenbeständen, gab es nur wenige Reste. Zum Glück sind noch heute gerade bei Neinstedt bis hoch nach Friedrichsbrunn viele Buchenbestände erhalten geblieben.

Mein Vater Kurt

Kindheit in Lindenberg/Straßberg

Mein Vater Kurt wurde am 24. Januar 1907 in Straß-berg, Ortsteil Lindenberg geboren. Dessen Vater, also mein Großvater Friedrich Wilhelm Flohr, war da-selbst Frisör. Von seinem Laden aber ist in den Unterlagen nichts zu finden. Vielleicht arbeitete er,

indem er zu den Bauern und zu Bergarbeitern in die Häuser ging. Die Mutter Marie, eine geborene Lohmann, war wahrscheinlich Hausfrau. Es gibt über diese Großeltern leider keine weiteren Angaben. Offenbar waren sie aber alteingesessene Straßber-ger, denn eine weit ver-zweigte Familie Flohr lässt sich in diesem Harzdörfchen nachweisen. Kurt hatte aber noch eine Halbschwester Else. Über sie gibt es auch leider keine Angaben.

Stammte sie aus einer früheren Verbindung der Mutter? Hatte sie der Großvater mit in die Ehe gebracht? Sie war auf jeden Fall älter als Kurt und zog nach dem Tode des Vaters auch mit Mutter Marie und Kurt nach Thale. Dort heiratete sie dann recht bald den Hüttenwerker Heinrich aus Neinstedt und zog mit ihm in die dortige Alexanderstraße 15.

Doch noch einmal zu Straßberg. Der Ort war vom Bergbau, aber auch von der Holzwirtschaft und der Landwirtschaft bestimmt. Der Bergbau setzte im 10. Jahrhundert ein. Erst dann hatte man damit begonnen, Wege durch den Oberharz anzulegen. Das Örtchen Straßberg wird urkundlich 1194 erstmals erwähnt. Es lag im sächsischen Schwabengau und gehörte zum Regierungsbereich des berühmten Markgrafen Gero. Später erbten es die Anhaltiner Fürsten. 1488 wurde der Heidestollen als Silberbergwerk angelegt. Der aber erlosch am Ende des Dreißigjährigen Krieges. Am Großen Bauerkrieg um 1525 waren auch Straßberger Bauern beteiligt. Am 10. Juni 1863 entstand im Hause des Handarbeiters Friedrich Schwarze Freiheit Nr. 157 ein Brand, der sich schnell auf das gesamte Dorf ausbreitete. 84 Gebäude des Unterdorfes brannten ab. Die Bewohner befanden sich zu dieser Zeit größtenteils an ihren Arbeitsplätzen im Schacht oder auf den Feldern. 1890 erhielt der Ortsteil Lindenberg einen Eisenbahnanschluss. Dadurch konnten sich ein Zementwerk, eine Schwefelsäure- und eine Farbenfabrik ansiedeln.

Die Familie des Friedrich Wilhelm Flohr hielt, wie damals allgemein üblich war, auch einige Tiere wie Ziegen, Kaninchen, Hühner, wenn es hoch angesetzt wird, auch eine Kuh. Jedenfalls besaß sie eine Wiese zur Gras- und Heugewinnung, was auf eine Kleintierhaltung schließen lässt. Es ist also nicht auszuschließen, dass Kurt und Else auch die nicht gerade angenehme Pflicht hatten, häufig die Ziegen oder Kaninchen zu betreuen, zu hüten oder mit Futter zu versorgen. Schwester Else hatte auch später Ziegen und Kaninchen, die wesentlich über die Hungerjahre nach dem Krieg hinweg halfen.

Lindenberg war das kleinste anhaltinische Dorf. Die beiden Orte Straßberg und Lindenberg liegen dicht nebeneinander. Sie sind - es ist noch nicht allzu lange her - einmal Grenzgebiet zwischen Preußen und Anhalt gewesen. Die Selke bildete die Grenze. Erst im Jahre 1950 wurden beide Ortschaften zu einer Gemeinde vereint.

Im Jahre 1805 hatte der Ort 64 Einwohner, 1830 wohnten dann 96 Menschen in 16 Häusern, im Jahre 1900 waren es dann 119 Bewohner in 22 Häusern.

Sie waren der Pfarrgemeinde Siptenfelde zugeordnet, ab 1950 der Straßberger Gemeinde

Das war also das Umfeld, in dem Kurt Flohr aufwuchs. Er hielt sich gern im Wald auf, wollte als Junge auch immer Förster werden und hatte offenbar auf der Dorfschule einen guten Lehrer, der die Kinder zur sportlichen Betätigung anhielt. Er war dort 1913 eingeschult worden. Er hat also die Zeit des kaiserlichen Hurrapatriotismus zu Beginn des I. Weltkrieges in der Schule erlebt. Mit Sicherheit waren seine Lehrer auch strikte Vertreter der preußischen Staatsdoktrin. Gehorsam, Pflichtbewusstsein, Ehrgeiz, besaßen hohen Stellenwert, ganz so wie die Maxime des Militärs. Sportliche Leistungsbereitschaft, Fleiß - das gehörte dann wohl auch zum Schulpensum. Das alles wird nicht ohne Folgen geblieben sein. Auch wird er die umliegenden Bergwerke, vor allem die noch heute als Schaubergwerk bekannte Grube Glasebach, gekannt haben, aus der über drei Jahrhunderte Schwefelkies, Kupfererz und Flussspat gewonnen wurde. Und natürlich kannte er das Elend der Harzer Berg-arbeiter und armen Bauern und mit Sicherheit wollte er diesem Milieu eines Tages entkommen. Im Wald zu sein, dem Wild nachzuspüren, ein Gewehr zu tragen, das lockte den Knaben Kurt besonders.

Umzug nach Thale

Am 05. 07. 1918, also noch in der Endphase des Ersten Weltkrieges, ereilt die Familie ein Schicksalsschlag, der frühe Tod des Vaters Friedrich Wilhelm Flohr in Magdeburg. Offenbar war der Frisör so schwer erkrankt, dass man ihn noch in ein Krankenhaus in die Großstadt gebracht hatte. Darauf zog die Mutter nach Thale am Harz, wo der kleine Kurt in die fünfte Klasse umgeschult wird und am 16. März 1919 die siebenstufige Volksknabenschule erfolgreich beendete. Mutter und Sohn wohnten in der Bogenstraße, wobei die ältere Else nach Neinstedt verzog.

Schon am 20.01.1919, also mit elf Jahren bereits, trat Kurt in den Männerturnverein e.V. Thale ein, was sich in vieler Hinsicht auf sein weiteres Leben auswirken sollte. Er lernte dort Kameradschaft, Ehrgeiz, Aus-dauer, Mut und Teamgeist kennen. Schnell gehörte er zu den besten Geräteturnern, Spielern im Faustball und Handball und auch in der Leichtathletik, besonders im Sprint und im Weitsprung. Später wurde er auch in den erweiterten Vorstand gewählt.

Zehn Tage nach seiner Konfirmation, am 01.04. 1921, tritt er als Zeichnerlehrling im Eisenhüttenwerk Thale an und zwar im dortigen Walzwerk. Damit war der Besuch der Gewerblichen Fortbildungsschule Thale, also einer Art Berufsschule verbunden.

Konfirmation Kurts in der St. Andreas – Kirche Thale am 20. 03. 1921

Abgangszeugnis der Ev. Knabenschule zu Thale am Harz

Die Novemberrevolution bricht aus

An dieser Stelle muss schon auf die komplizierte politische Situation in der letzten Phase des Ersten Weltkrieges und in der Folgezeit eingegangen werden. Auch in Thale kam es 1918/19 zu großen Unruhen und Streiks, später sogar zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Der 10jährige Kurt hat diese hautnah miterlebt:

Bekanntermaßen brach am 3. November 1918 der be-waffnete Matrosenaufstand in Wilhelmshaven und dann in Kiel aus. Die Nachricht raste durch Deutschland.

Der Kaiser dankte ab und ging nach Holland ins Exil

Demonstration in Berlin

Es kam in Berlin zu schweren bewaffneten Kämpfen zwischen Arbeiterwehren, der Volksmarinedivision und rechts gerichteten Truppen.

Karl Liebknecht ruft die Republik aus

Rückkehrende Fronttruppen sollen für Ordnung sorgen

Rudolf Scheidemann ruft wenig später aus einem Fenster des Reichstages ebenfalls die Deutsche Republik aus

In Berlin herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände

Am 9. November wurden in Thale auch die Arbeiter des Eisenhüttenwerkes zu einer Versammlung auf dem Bahnhofsvorplatz geladen. Von dort aus gingen einige entschlossene Leute ins Rathaus und entwaffneten die städtische Polizei. Dann mussten der Bürgermeister und die Polizisten den Eid auf die Republik leisten. Eine große Demonstration führte dann zum Gasthaus „ Zur Forelle“, wo die Kandidaten zur Wahl eines Arbeiter- und Soldatenrates (20 Mitglieder) aufgestellt wurden. Dann überschlugen sich die Ereignisse in der sonst so beschaulichen Harzstadt.

Kurt aber hat für all dies wenig Verständnis. Einerseits in der Abgeschiedenheit des Oberharzes aufgewachsen

Kapp-Putschisten mit der Reichskriegsflagge in Berlin

und andererseits Kind eines Handwerkers, hat er für alle Umsturzpläne der Proletarier kein Verständnis. So möchte er, dass Ordnung bleibt im Lande

Am 15. Januar 1919 wurden die Führer der neu gegründeten KPD Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in Berlin von Freikorpsleuten ermordet. Dies geschah im Vorfeld der am 19. Januar 1919 stattfindenden Wahlen zur Nationalversammlung. Die Nachricht erreichte auch durch Thale und das Hüttenwerk.

Am 13. März 1920 versuchten reaktionäre Kräfte um Kapp und Lüttwitz mit dem Kapp-Putsch, das Rad zurück zu drehen und die Republik zu torpedieren.

Während die Regierung und Reichspräsident Ebert in Panik aus Berlin fliehen, fassen die Gewerkschaften und Parteien am 14. März 1920 den Beschluss zu einem Generalstreik in ganz Deutschland, der am 15. März in Kraft tritt. Damit wird der Putschversuch zum Scheitern gebracht.

Der Schüler Kurt Flohr erlebt in Thale diese Ereignisse und verfolgt die aufgeregten Gespräche der Erwachsenen. Auch um Thale und die Kreisstadt Quedlinburg machte das aus seiner Sicht seltsame Geschehen keinen Bogen. Als 1923 im März erneut Unruhen in Hamburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ausbrechen, geht in Quedlinburg der Kommandeur der Garnison, Oberst Freiherr von Blomberg, mit seiner Truppe und 500 Mann Bürgerwehr gegen die Arbeiter vor. 20 Mann, bewaffnet mit den Gewehren, die der Polizei im November 1918 abgenommen worden waren, eilen aus Thale zu Hilfe. Die Reichswehr muss sich in die Kaserne zurückziehen. In den März-kämpfen fallen in der Umgebung von Thale 18 Arbeiter, 100 werden verwundet.

Reichspräsident Ebert beim Verlassen eines Wahllokals

Soldaten eines der Freikorps während des Kapp-Putsches

Am 28. 12. 1920 wurde in Thale eine Ortsgruppe der KPD gegründet.

Dann bricht auch noch durch die französische Ruhrbesetzung die Inflation aus. Im Juli 1921 kostet ein Brot noch 7,- RM (1900 Gramm), im September schon 9,- RM. Kurt muss seine Mutter mit ernähren. Die Not wird immer größer. Es dürfte außer Frage stehen, dass er in seiner Schulzeit eine national geprägte Ausbildung erhielt. Besonders im Fach Geschichte werden die ruhmreichen Siege Friedrichs des Großen, der schnelle Siegfrieden über Frankreich 1870/71 und

Unterzeichnung des Versailler Vertrages, der Deutschland als alleinigen Kriegsverursacher bestimmte. Dieser Vertrag sollte vielfältige Auswirkungen auf das Leben in Deutschland haben, was sich Nazis und auch Linke zunutze machten.

auch der Erste Weltkrieg mit Skagerrakschlacht, der Losung „Im Felde unbesiegt“ und der Legende vom „Dolchstoß“, der seitens der aufständischen Matrosen und Arbeiter hinterrücks gegen die kämpfende Truppe erfolgte, eine große Rolle gespielt haben. Immerhin war Kurt in Preußen aufgewachsen.

Am 9. Juni 1922 wird das Stadtrecht an Thale erteilt

Am 11.Januar 1923 besetzt Frankreich wegen der proletarischen Unruhen das Ruhrgebiet. Das Reich sieht ohnmächtig zu. Man kann militärisch nicht ein-greifen.

Am 26.11. 1923 müssen schon 150 Milliarden (!) für ein Brot ausgegeben werden Am 12. Juni kostet in Halle: 1 Pfund Schweinefleisch 40 000,- M, Rind 36 000,-M. Am 18. Sept. muss man 44 Millionen für Schweinefleisch, für Rind 14-18 Millionen hinblättern, ein Ei kostet 900 000,-Mark. Thale gibt nun eigenes Notgeld heraus

Am 23. November 1923 wird die KPD verboten. Der Grund war der Hamburger Aufstand sowie die be-waffneten Kämpfe in Mitteldeutschland und im Ruhrgebiet.

Nun wird der Rechtsruck auch in Thale spürbarer. 1924 gründet sich eine Ortsgruppe des Stahlhelm.

Solche Flugblätter, wie dies von Max Hölz, erschreckten 1920 reichsweit die braven Bürger und führten dann auch zum Verbot der KPD wie auch nach dem Hitlerputsch in München zum Verbot der NSDAP, wenn auch nur zeitweilig.

Tatsächlich griff 1920 die Reichswehr gegen die Aktionen von Max Hölz hier in Falkenstein (Vogtland) ein

In den Wirren der Weimarer Republik

Am 4. Februar 1924 wird durch die Firmenleitung der Hütte die Arbeitszeit von 48 h auf 56 erhöht. Am 4. Mai 1924 erfolgen Wahlen für den Reichstag. Die KPD wird zweitstärkste Partei, auch in Thale.

Am 20. Juni 1926 scheitert der mit großem Aufwand vorbereitete Volksentscheid über die Fürstenabfindung mit nur 14,5 Mio Stimmen statt der erforderlichen 20 Millionen. Vielleicht war hier schon eine gewisse Politikverdrossenheit im Nachkriegsvolk zu spüren.

1925/26 geht unter der ausbrechenden Krise auch der Absatz des EHW stark zurück Die Folge sind Lohn-senkungen.

Thale produziert vor allem Emaillegeschirr, Badewannen, Tanks, Bleche. Aber in Thale werden seit 1925 auch wieder Stahlhelme, Minengefäße, Wasser-bomben usw. hergestellt. Neue Rüstungsaufträge winken am Horizont. Am 17. Januar 1928 bricht erneut ein Streik in Gießerei und Schweißwerk aus.

Und Kurt Flohr arbeitet im Zeichenbüro des Schweiß-werkes. Als „Weißkittel“ steht er auf der anderen Seite der Barrikade und beobachtet das Treiben weiterhin mit großem Unverständnis.

Am 24. Januar erfolgt dann sogar die Aussperrung von 50 000 Arbeitern in Mitteldeutschland. In Thale sind davon 3943 Männer und 278 Frauen betroffen. Dann kommt es 1929 zur Weltwirtschaftskrise. Die Not steuert einem Höhepunkt zu. Kein Wunder, dass Kurt auf Werbungen aus Berlin hört und schließlich in einer Polizeilaufbahn den Ausweg sieht, der Misere zu entkommen.

Es fällt schwer, aus heutiger Sicht zu verstehen, was damals in den Menschen vorging. Täglich kamen Horrornachrichten aus Russland. Man hörte von Gemetzeln, die die Roten angestellt haben sollen. Die Baltikumer, eine nationalistische rechtsextreme Truppe, die in den baltischen

Ländern operierte und gegen die Kommunisten vorging, berichteten über Erschießungen von Grundbesitzern und Bürgerlichen, die sie vorgefunden hatten. Dabei richteten sie selbst wahre Blutbäder an. Auch aus Deutschland kamen Nachrichten von verlustreichen Kämpfen im Ruhrgebiet, in Hamburg, in Mitteldeutschland. Nein, eine Sowjetmacht wollte der überwiegende Teil der braven Bürger in Deutschland nicht errichten. Da hatte auch die junge KPD völlig falsche Vorstellungen. Deutschland war nicht das zurückgebliebene Russland. Eine erhoffte revolutionäre Situation kam und kam in Deutschland nicht auf. Im Gegenteil. Vier Jahre Krieg und Not und Elend danach waren genug. Man wollte wieder so leben, wie unter dem Kaiser, als ein Frühstück nur ein paar Pfennige kostete. Und Aktionen, wie die von Max Hölz, schadeten am Ende nur der sozialistischen Sache.

Präsident Ebert schreitet die Front einer Ehrenkompanie der Reichswehr ab.

Kurt jedenfalls wollte eine Sowjetmacht mit all ihren Konsequenzen und der damit verbundenen Gewalt auch nicht. Er wollte die nun existierende Republik und die staatliche Ordnung erhalten helfen. Hinzu kam, dass die Preußische Landespolizei 1926 eine große Werbeaktion startete. In Berlin wurde in diesem Zusammenhang eine große Polizei-Sportschau organisiert. Tausende Menschen strömten in die Stadien. Die Presse berichtete. Die Werbeaktion richtete sich vornehmlich an junge Sportler in den ländlichen Bereichen. Berliner wurden weniger angesprochen. So muss auch Kurt in Thale gezielt geworben worden sein.

Turnen als patriotische Stählung

Am 13.01.1924, also noch während der Lehre, war er in Thale dem bürgerlichen Turnverein beigetreten, wo er Faustball, Handball, Turnen, Leichtathletik betrieb. Er nahm sowohl am Spielbetrieb der Faustball- und auch der Handballmannschaft teil. Und er wurde zu Sportfesten als Leichtathlet immer wieder eingesetzt und errang Siege und Platzierungen. Dass er irgend-welchen Jugendorganisationen angehörte, ist nicht nachzuweisen. Aber es ist davon auszugehen, dass Kurt in seinem Turnverein eine Gemeinschaft fand, die dem Halbwaisen Geborgenheit und Kameradschaft bot.

Die Turner vor der alten Halle auf dem Bleicherplatz. (Kurt Dritter von links)

Anmerkung:In dieser Turnhalle hatte ich dann zwischen 1951 und 1955 Turnunterricht und legte dort auch mein Turn-Abi ab.

Die Klassenkämpfe haben in Thale skurile Auswirkungen. Thale hatte nämlich nur eine Turnhalle. Die stand auf dem Bleicherplatz, und darin trainierten fast nur die bürgerlichen Sportvereine. Die Arbeitersportler bekamen dagegen kaum Hallenzeiten. So bauten, ob der Streitigkeiten, nun die Arbeiter sich selbst eine neue Halle auf dem Pfingstanger. Hier erfolgte 1927 unter großem Tam Tam die Einweihung der Turnhalle der Hüttenarbeiter. Die war nun größer und schöner und eine echte Konkurrenz zur Halle auf dem Bleicherplatz. Der Ärger der Bürgerlichen ist verständlich. Der Fokus der Öffentlichkeit und der Presse fällt nun auf die bessere, schönere und zweckmäßigere Halle.

Der Entschluss, zum bürgerlichen Turnverein zu gehen, mag aus den Zwistigkeiten zwischen den Arbeitern der Hütte und den „Weißkitteln“ an den Zeichenbrettern und in den Büros des Hüttenwerkes resultieren. Die Trennung zwischen Angestellten und einfachen Arbeitern war immens. Man gehörte eben zu einer jeweiligen Klasse oder Schicht und vermied engere Kontakte. Das allgemeine Denken war so und hatte wohl auch um Kurt keinen Bogen gemacht. Sein weiterer Lebensweg zeigt das sehr deutlich.

Auf den 31.03.1924 fiel sein Abschluss der gewerblichen Fortbildungsschule Thale. Nach dreijährigem Besuch wurde ihm ein „recht gut“ bescheinigt.

Abgangszeugnis der Berufsschule

Irene Jahn , die große Liebe

Im Wald bei Thale

Um diese Zeit lernt er Irene Jahn kennen. Er hatte das Mädchen fast täglich auf dem Weg zur Arbeit im Zeichenbüro gesehen. Irene hatte eine Ausbildung in einem Kunstgewerbegeschäft in Quedlinburg aufgenommen und ging morgens zum Bahnhof, um den Zug in die Kreisstadt Quedlinburg zu nehmen. Bei einer solchen Gelegenheit raunte er einem Freund zu: „Die wird mal meine Frau“. Das aber hatte Irene gehört, und es verfehlte die Wirkung nicht. Jedenfalls hat sie mir, ihrem Sohn, das später mal erzählt. Man lernt sich kennen und ist schon bald, nach Vorstellung des jeweiligen Partners bei den Eltern, ein Paar.

Im Kurpark Thale mit Mutter Ella und Stiefvater Alexander Rust ( r.)

Am 31.03.1924 beendet er seine Lehre als Maschinen-zeichner in Thale. Er wird sofort im Werk weiter beschäftigt. Abwechslung bringen weiterhin die Sportabende, die Wettkämpfe auf Kreis und Gauebene des Turnvereins und natürlich die Beziehung zu seiner jungen Verlobten.

Am 15.09.1927 stirbt nach kurzer Krankheit auch die Mutter Marie, geborene Lohmann in Thale. Es bleibt für Kurt nichts anderes übrig, als zur Halb-Schwester Else in Neinstedt zu ziehen und die Wohnung in Thale aufzulösen. Seine Adresse in dieser Zeit: Neinstedt, Alexanderstraße 15

Es wurde eine besondere Sportart gepflegt. Ringhockey.

Die Perspektiven in Thale, im Hüttenwerk und für die geplante Heirat mit Irene Jahn sind nicht gerade rosig. Wie sollen sie eine eigene Wohnung erlangen, wie die-se einrichten?

Da kommen eines Tages einige Herren aus Berlin. Über den Turnverein starten sie eine Werbeaktion für den Dienst in der Preußischen Landespolizei. Die im Neuaufbau befindliche Bereitschaftstruppe spricht kluge und gut trainierte junge Männer an, die natürlich nicht unbedingt aus der Arbeiterschaft stammen sollen und eine gewisse Allgemeinbildung besitzen, auf der sich auf der Polizeischule aufbauen ließ.

Zeugnis des Turnvereins Thale

Kurt Flohr überlegt nicht lange. Ein Eintritt in die Reichswehr, die eine Höchstzahl von 100 000 Mann nicht überschreiten darf, erscheint nach wie vor aussichtslos Er sieht also die Chance als einfacher Hüttenangestellter nach Berlin und in eine besser bezahlte Position zu gelangen.

Auf jeden Fall erscheint dieser Weg zur Kasernierten Bereitschaftspolizei krisensicher zu sein.

Und darauf kommt es dem Jungverlobten auch an. So gibt er den Werbern nach, sagt zu und bewirbt sich in Berlin. Er besteht den Sport- und Gesundheitstest, wird angenommen und entscheidet sich also: Weg von zu Hause und weg von seiner jungen Verlobten. Als guter Sportler und in Frage kommender Sproß eines Handwerkers und selbst Angestellter (Maschinenzeichner) ist er damit aber den Werbern gehörig „auf den Leim gegangen“.

Das Militärische, was er dort mit erlernen soll, hatte ihn ohnehin gelockt und natürlich auch die grüne Uniform. Aus dem Traum vom Försterberuf war nichts geworden. Also warum nicht 12 Jahre zur Polizei gehen und damit alle verbundenen staatlichen Förderungen nutzen?

Es bot sich nämlich dort eine Uffz.-Laufbahn als sogenannter Zwölf-Ender. Damit verbunden, lockte der Dank des Vaterlandes Preußen, der den Polizeidienst mit einer mittleren Beamtenlaufbahn belohnt hätte. 12-Ender zu werden, das versprach ein sicheres Gehalt und die Übernahme in den Öffentlichen Dienst im Anschluss. Natürlich auch ein gutes Ansehen in der Gesellschaft. Das scheint der Ausweg zu sein. Damit würde Kurt allen Querelen der damaligen Zeit, vor allem drohender Arbeitslosigkeit aus dem Wege gehen. Heraus vor allem aus dem Milieu der Hütte und der Enge einer Proletarierstadt wie Thale. Weg auch aus dem Haushalt seiner Halbschwester im miefigen Neinstedt.

Man muss davon ausgehen, dass die Jahre 1927/28 als eine Zeit fortgesetzter erbitterter Auseinandersetzungen der Arbeiter mit der Werkleitung, den vielen Streiks und Repressalien den Entschluss, weg zu gehen, begünstigt haben..

Die Not der Weltwirtschaftskrise zeigt sich längst überall. Kurt fühlt sich bei der Stiefschwester und deren Mann in Neinstedt nicht wohl. Der Mann war wohl ein mürrischer Polterkopf. Kurt sucht Kameradschaft im Turnverein. Und Zuflucht bei seiner Geliebten. Doch die steht ebenfalls unter

Druck durch den Stiefvater Alexander Rust, der ihre Bewegungen wie Ausflüge oder Ausgänge stark reglementiert.

Einwilligung des Werkes in die Kündigung ohne Frist

Kurt wählt also den schwierigen Weg nach Berlin. Dort wird er auf Kameraden aus allen preußischen Provinzen treffen. Man nimmt nämlich kaum Urberliner. Das ist seitens der Regierung gut bedacht. Die Polizei ist in der Weimarer Republik als SPD-freundlich bekannt. Wo also liegt hier ein Risiko? Tatsächlich waren die meisten ihrer Chefs SPD-freundlich gesinnt. Die Ausbilder und Kommandeure jedoch sind größtenteils ehemalige Frontoffiziere und von Adel. Auch das dürfte

Auswirkungen gehabt haben. Und nur wenige konnten erkennen, welch verhängnisvolle Entwicklung in den folgenden fünf Jahren in Berlin einsetzen würde. Kurt Flohr geriet in die schlimmsten politischen Kämpfe der Rechtsextremen und der Linken.

Reichspräsident Hindenburg. Kurt Flohr sollte ihn bald aus nächster Entfernung sehen

Der Chef der Heeresleitung General Hans von Seekt mit Reichskommissar Otto Gessler.

Nach Berlin

Am 03.03.1928 beendet er seine Arbeit als Maschinenzeichner im Eisenhüttenwerk Thale, Abt.Schweisswerk. Er darf ohne die Einhaltung der tarifmäßigen Kündigungsfrist wegen seiner Meldung zur Polizeischule von dannen ziehen.

Stube 20 in Dienstuniform, umgeschnallt

Nach kurzem Urlaub tritt er am 01. 04.1928 in die Polizeischule Brandenburg als Polizei-Anwärter der 5. Lehrabteilung ein.

Zu dieser Zeit (1928) fungiert als Reichskanzler der Sozialdemokrat Hermann Müller. Reichswehrminister ist General a.D. Wilhelm Groener. Die Polizei-Schule jedoch war insbesondere unter dem Kommandeur Graf Poninski eine Hochburg des Nationalismus. Der wurde allerdings dann 1928 durch die SPD-geführte Preußische Regierung frühpensioniert.

Kurt Flohr und der gesamte Lehrgang verabschieden diesen Kommandeur mit einem „zünftigen Vorbeimarsch“. Doch der Lehrkörper blieb. Und das waren langerprobte Polizei- und auch Frontoffiziere sowie Unteroffiziere des Weltkrieges, die alten Militärgeist der Kaiserzeit in die junge Weimarer Republik übertrugen und ihre Zöglinge eher zu gehorsamen Infanteristen, denn zu Polizeibeamten für den Streifen-dienst erzogen.

Vorbeimarsch am scheidenden Grafen Poninski

Graf Poninski aber war eine schillernde Persönlichkeit. Er war als Polizeioberst und ehemaliger Frontoffizier maßgeblich an der Niederschlagung der Roten Ruhrarmee und des Mitteldeutschen Aufstandes (Leuna, Eisleben, Halle, Mansfeld usw.) beteiligt. Diese Kämpfe führte er mit Gefechtsbefehlen wie an der Front und brachte seine kasernierten Polizisten (z.T. aus ehemaligen Freikorpssoldaten bestehend) rigoros zum Einsatz. Gegen die aufständischen Arbeiter wurde auch Artillerie eingesetzt. Mit derartigen Lorbeeren geschmückt, war der Graf Poninski natürlich ein idealer Schulleiter für die Polizeischule Brandenburg.

Dann allerdings konnte er nicht länger gehalten werden und wurde in den Ruhestand geschickt.

Die Polizeischüler werden zugleich auch Soldaten

Die Preußische Landespolizei

Die Preußische Landespolizei bestand aus 14-16 000 Mann. Sie wurde geführt von einem General und etwa 500 Offizieren. Gegliedert war die Truppe in 6 Polizeigruppen, Bereitschaften und Reviere. 1933 gab es allein in Berlin 166 Reviere. Jeder Polizeibeamte muss-te eine militärische Ausbildung absolvieren. Das erste Dienstjahr absolvierten die Anwärter in Brandenburg, danach gingen sie 3-4 Jahre in Polizei-Bereitschaften. Nach einem zweiten viermonatigen Lehrgang kamen die Polizeibeamten dann in den Revierdienst, wo sie die erforderliche Praxis im Wohnviertel und auf den Straßen erwer-ben sollten.

Vorher durften sie nicht heiraten. Auch das war natürlich neu für Kurt und Irene. Aber was sollten sie machen? Es galt zu warten. Der junge Beamte sollte dem Staat unabhängig und oh-ne eigenen Hausstand voll zur Verfügung stehen.

Es gab in Berlin 42 Bereitschaften mit je 120 Mann zu je drei Zügen. Die dort diensttuenden Polizisten mussten in drei Minuten einsatzbereit sein und im Transportwagen sitzen.

Ihre Bewaffnung: Pistole 08 oder Parabellum 7.65, Gummiknüppel, Karabiner K 98, MG, SMG, Panzer-wagen, Wasserwerfer, Handgranaten, Bajonett und Säbel. Ausbildung erfolgte auch im Häuserkampf und in der Taktik der Barrikadenerstürmung. Es war also eine komplette Bürgerkriegstruppe. Sie besaß grüne Stahlhelme und auch Tschakos aus Leder für den normalen Straßendienst.

Das Gebäude der Polizeischule Brandenburg heute (Foto: Bickel)

Auch gab es eine regelmäßige politische Schulung. An jeden Anwärter wurden hohe Ansprüche in punkto Tauglichkeit und Eignung gestellt. Tatsächlich kam die Mehrzahl der Neuen aus ländlichen Bezirken Preußens. Darunter waren kaum Arbeitersöhne. Ziel aller Bewerber war die Erlangung der Pensionsberechtigung als Beamter nach zwölf Dienstjahren. Bei Ausscheiden erhielt jeder 2400, -RM, was damals viel Geld war.

Der monatliche Sold betrug 86,-RM später wurde er auf 117-125,-RM gehoben. Bei guter Dienstausführung konnte die Abfindung auf der Mehrfache er-höht werden „wenn der Beamte Erfolg hatte.“

Es gab auch eine berufliche Schule nebenher. Hier konnten der Abschluss Mittelschule und auch einer Oberstufe mit Abschluss Abitur erlangt werden.

Die Beamten der Preußischen Landespolizei glaubten in der Mehrzahl, zum Wohle der Bevölkerung tätig zu sein und waren stolz auf ihren Job. Ich bin sicher, so dachte auch Kurt Flohr. Ihm ging die Ordnung und Sicherheit des Staates vor, nach allem, was er in der Zeit nach der Novemberrevolution im Harz selbst miterlebt hatte.

Hinzu kam, dass im Wesentlichen die Polizeipräsidenten Preußens auch als verfassungstreu galten. So ging die Mehrzahl der in der Provinz angeworbenen Polizeischüler guten Glaubens und etwas arglos nach Berlin bzw. auf die Polizeischule in Brandenburg.

Kurt Flohr setzt sich vom ersten Tag an mit voller Energie an der Schule ein. Er zeigt sich ehrgeizig, militärisch exakt, lernt, liest viel und erwirbt Bücher in einem Buchclub und fällt bei Vorgesetzten durchaus positiv auf. Dabei ist er als Sportler ein guter Kamerad und hilft anderen, wo er kann.

Vom 27.-30. 8. 1928 organisiert er eine mehrtägige Harzwanderung seiner 5. Lehrabteilung. Die führt u.a. nach Rübeland in die Hermannshöhle. Alle Teilnehmer treten dabei in Zivil auf.

Am 29.8.1928 startet Kurt (rechts) beim 6. Werbesportfest der Polizeischule Brandenburg (Havel) und erringt in der 4X100 Meterstaffel den 3.Platz mit 46,3 Sek.

Am 01.03. 1929 erlangt der General Kurt Schleicher ein Ministeramt bei der Reichswehr. Das sollte Folgen haben, auch für die Landespolizei und Kurt Flohr

Abschlusszeugnis und Beurteilung der Polizei schule

Am 18.03. 1929 beendet Kurt.Flohr die Polizeischule 8. Lehrabteilung Brandenburg mit dem Prädikat „Gut“. Er wird im Zeugnis als Klassenältester und Stubenältester lobend erwähnt.

Damit kommt am 01.04.1929 seine Bestallung zum Wachtmeister der Schutzpolizei-Berlin, 2. Bereitschaft Kreuzberg. Dies wird im Amtsblatt veröffentlicht.

Irene kommt nach Berlin

Inzwischen haben die Brautleute einen kühnen Plan realisiert. Irene ist 1930 nach Berlin gekommen und hat eine Stellung als Hausmädchen bei einer Familie Vetter angenommen. Sie bewohnen zwei kleine Zimmer, irgendwo in Charlottenburg. Vetters haben ein großes Hotel Unter den Linden. Irene versorgt den heimischen Haushalt und erlernt dabei auch das Wirtschaften und Kochen. Sie wird sozusagen in der Familie aufgenommen. Diese Aktion ist nicht ganz selbstlos, denn Kurt hatte erfahren, dass er erst eine Genehmigung zum Heiraten einholen muss. Dabei muss er nachweisen, dass die zukünftige Ehefrau perfekt in Haus und am Herd ist und einem zukünftigen Staatsbeamten auch ordentlich versorgen kann.

Auch wenn sich die Brautleute selten sehen, ist die Zeit in Berlin doch für sie von großer Bedeutung. Sie genießen das abwechslungsreiche Kulturleben und die die Stadt mit ihrer einmaligen Natur in der näheren Umgebung. Sie besuchen Variete’-Veranstaltungen im Wintergarten, Oper und Operette, Sportwettkämpfe und natürlich die Kinos, die damals mit den ersten Tonfilmen brillieren. Sie erleben die große Sopranistin Maria Cebotari, den Sänger Caruso, Schaljapin den russischen Bass, die Donkosaken und den Rummel um die Olympischen Spiele in Berlin. Und sie machen Ausflüge rund um Berlin.

Natürlich lernen sie bei Vetters interessante Leute kennen, lernen in jeder Hinsicht dazu und seien es nur Sitten und Gebräuche bei Tisch oder beim Empfang von Gästen. Irene sorgt sich als Hausmädchen vor allem um den Sohn der Familie, Fritz Vetter. Die Verlobten erfahren durch die Unternehmerfamilie sehr viel Unterstützung. Frau Vetter ist Jahre später sogar bereit, die Taufpatin des Sohnes Dieter zu werden.

Doch in Berlin sieht sich Irene auch mit einem gefährlichen politischen Klima konfrontiert. Es vergeht kaum ein Tag oder eine Nacht, wo nicht die Überfallwagen der Polizei mit ihrem Kurt ausrücken müssen, um Straßen- bzw. Saalschlachten zwischen SA und KPD zu schlichten. Diese Einsätze werden immer brutaler. Es wird vom Gummiknüppel reger Gebrauch gemacht und schließlich auch von der Schusswaffe.

Und Kurt ist notgedrungen immer mit in erster Rei-he. Er will es im Leben zu etwas bringen, muss Mut und Entschlusskraft beweisen, eben als Staatsmacht durchgreifen. Er kann sich nicht davor drücken, auch nicht auf dem Überfallwagen sitzen bleiben, wenn es „Gummiknüppel frei“ heißt. Nein, er ist stets in der vordersten Reihe, wendet seine gelernten Polizeigriffe an und greift durch, nimmt fest. Er will dazu beitragen, dass Ordnung auf den Straßen einzieht und die gereizte politische Stimmung beruhigt wird. Die Sicherheit der Republik gegen alle vermeintlichen Aufrührer, das ist auch sein Ziel. Aber, das Gegenteil tritt ein. Nun kommt auch die Polizei ins Visier der extremen Parteien. Da gibt es für Irene kein sanftes Ruhekissen.

Denn :

Nach dem 1. Weltkrieg war der Alltag in Deutschland nicht nur spannungsgeladen durch die Niederlage und das Verhalten der Siegermächte sowie zerrissen durch politisch extreme Vorstellungen, sondern auch von einer großen Zahl - gut fünf Millionen-Soldaten - beeinflusst, in deren Reihen sich eine spezifische Frontkämpferkultur entwickelte.

Ihre mehr oder weniger erzwungene Einordnung fand schließlich zu einem großen Teil im vertrauten Terrain statt, das sich häufig nur durch einer unterschiedliche politische Vorstellung unterschied: In den nach 1924 sich entwickelnden zentralen Frontkämpferverbänden. Allein rund drei Millionen Männer waren im sozialdemokratischen Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und ungefähr 400.000 im rechtsorientierten Traditionalistenbund Stahlhelm organisiert. Dazu kamen der Jungdeutsche Orden, viele kleine regionale Kampf- und Ordnergruppen, schwarze Reichswehrverbände, die vielfach zerschlagene und verbotene SA (Sturm-Abteilungen der Nazis ) und 50-100.000 Rote Frontkämpfer zusammen mit einer großen Anzahl nach Sinn, Geborgenheit und „Heimat“ suchenden Jugendlichen ergab sich daraus eine explosive Mischung.

(Zitiert nach Wikipedia)

Die Zuspitzung der innenpolitischen Lage

Es ist anzunehmen, dass auch Kurt Flohr am 1. Mai 1929 zum Einsatz bei den Straßenschlachten u.a. beim Blutmai in Köpenick kam. Bekanntlich wurden auch die Polizeischüler aus Brandenburg dabei eingesetzt.

Diese Einsätze waren verbunden mit dem ersten befehlsmäßigen Waffeneinsatz - aufgrund eines Schießbefehls- auf „widerspenstige linke Demonstranten“. Solchen Ereignissen war auch Kurt fortan nicht mehr auszuweichen in der Lage.

Bestallungsurkunde des Staates Preußen, unterschrieben von jenem Oberst Magnus Heimannsberg , der beim späteren Preußenschlag gewaltsam, aus dem Amt gejagt wurde.

Über die Ereignisse um den so genannten Blutmai 1929 schreibt die Enzyklopädie Wikipedia:

Der Polizeieinsatz am 1. Mai 1929