Silvia-Duett - Folge 14 - Daniela Sandow - E-Book

Silvia-Duett - Folge 14 E-Book

Daniela Sandow

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Beschreibung

Wiedergefunden.

Vier Jahre hat die Trauer alles überschattet, auch wenn Laura versucht hat, ihr Leben in eine Zukunft ohne Thomas zu retten. Damals hat ihr Schatz sie gebeten, seine Frau zu werden, dann ist er mit unbekanntem Ziel verreist und nie mehr wiedergekommen. Irgendwann hat eine fremde Frauenstimme am Telefon geflüstert: "Thomas ist tot!"

Laura hat es glauben müssen, weil ein Verrat von Thomas an ihrer Liebe jenseits all ihrer Vorstellungskraft lag. Und doch muss er ein schändliches Spiel mit ihr getrieben haben, denn ausgerechnet an dem Tag, an dem Laura versucht, ein neues Leben mit einem anderen Mann zu beginnen, sieht sie Thomas im Fernsehen ...

Schatz, wann lassen wir uns scheiden?

Heute ist Komtess Antonias Hochzeitstag! Der schönste Tag ihres Lebens? Von wegen! Was hat sie bloß dazu gebracht, dem Drängen ihres Vaters nachzugeben und diesen Nikolaus Brandenburg zu heiraten? Dass das Geld in ihrer Familie immer knapp war, hat sie nie gestört. Aber jetzt ist es offenbar ernst: Gut Zweitürme steht auf dem Spiel. Da braucht man einen reichen Mann wie diesen Nikolaus! Wie hat er so schön gesagt? "Ich sehe das Ganze als eine Transaktion. Sie wollen mein Geld, und ich will Ihren Titel." Was für eine Unverschämtheit! Aber Antonia wird diesem arroganten Kerl schon zeigen, was es heißt, eine Gratkowsky zu heiraten!

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Inhalt

Cover

Impressum

Wiedergefunden

Schatz, wann lassen wir uns scheiden?

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / StockLite Anne von Sarosdy / Bastei Verlag

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-1640-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Wiedergefunden

Vier Jahre hat die Trauer alles überschattet, auch wenn Laura versucht hat, ihr Leben in eine Zukunft ohne Thomas zu retten. Damals hat ihr Schatz sie gebeten, seine Frau zu werden, dann ist er mit unbekanntem Ziel verreist und nie mehr wiedergekommen. Irgendwann hat eine fremde Frauenstimme am Telefon geflüstert: »Thomas ist tot!«

Laura hat es glauben müssen, weil ein Verrat von Thomas an ihrer Liebe jenseits all ihrer Vorstellungskraft lag. Und doch muss er ein schändliches Spiel mit ihr getrieben haben, denn ausgerechnet an dem Tag, an dem Laura versucht, ein neues Leben mit einem anderen Mann zu beginnen, sieht sie Thomas im Fernsehen …

Volker umfasste Lauras Taille und wirbelte mit ihr über die Tanzfläche. Die Kollegen standen lachend am Rand und klatschten im Takt zur Musik. Der Applaus schwoll an, als Volker nach dem Schlussakkord seine Lippen auf Lauras Mund presste und sie leidenschaftlich küsste.

»Zugabe«, rief Dr. Holger Peters, ein Kollege der beiden und Volker Mertens bester Freund.

Volker kam dieser Aufforderung nur zu gern nach, doch Laura befreite sich lachend aus seinem Griff, obwohl ihr im Grunde gar nicht zum Lachen zumute war. Hand in Hand verließen die beiden die Tanzfläche, als die Kapelle eine Pause einlegte, und bahnten sich einen Weg durch die Gästeschar. Wohlgefällige Blicke folgten ihnen.

»Die beiden passen einfach perfekt zusammen«, stellte Oberschwester Heike Gundlach fest, und Holger Peters nickte zustimmend.

»Sie haben recht, Oberschwester«, meinte er und hob sein Glas. »Darauf wollen wir anstoßen.«

Volker und Laura waren ein schönes Paar, das musste jeder neidlos anerkennen. Die zierliche Laura mit den halblangen, blonden Locken und der hochgewachsene, dunkelhaarige Volker harmonierten perfekt miteinander. Einige Mitarbeiterinnen der Klinik beneideten Laura an diesem Abend glühend, und eine der jungen Lehrschwestern verdrehte sogar verzückt die Augen.

»Ich könnte direkt eifersüchtig werden, wenn ich die beiden so sehe«, sagte sie zu einer Kollegin.

Das ganze Klinikpersonal war der Ansicht, dass Volker und Laura allen Grund hatten, glücklich zu sein. Selbst Laura glaubte das. Warum fiel es ihr dennoch so schwer, an diesem Abend ein strahlendes Gesicht zu zeigen?

Es war ein gelungenes Fest, die Freunde freuten sich mit ihnen, und Volker liebte sie von ganzem Herzen. Und doch fühlte Laura eine innere Leere, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Laura sehnte das Ende des Abends herbei. Sie wollte alleine sein und die Stille ihrer Wohnung genießen …

»Eine wundervolle Verlobungsfeier«, sprach Prof. Lothar sie an. Er drückte zuerst Laura und dann Volker die Hand. »Ich möchte Ihnen beiden ganz herzlich gratulieren.«

Der Professor war erst später zu der Feier gekommen. Ein Notfall hatte ihn in der Klinik aufgehalten. Jetzt fiel sein Blick bereits wieder auf die Uhr, weil er noch einmal nach seinem Patienten sehen wollte.

Als die Kapelle wieder zu spielen begann, zog Volker seine Verlobte erneut auf die Tanzfläche. Alle feierten ausgelassen mit, und es fiel keinem auf, dass die strahlende junge Frau alles andere als glücklich war.

Erst weit nach Mitternacht verabschiedeten sich die letzten Gäste.

»Es war eine schöne Feier, nicht wahr?«, sagte Volker, als er Laura in den Wagen half. »Ich glaube, es hat allen gut gefallen.«

Allen außer mir, dachte Laura. Sie nickte jedoch, denn sie wusste, wie sehr sich Volker auf diesen Abend gefreut hatte.

Nun waren sie miteinander verlobt, und bald schon würden sie verheiratet sein. Das war Laura nie so deutlich bewusst geworden wie an diesem Abend. Erschrocken registrierte sie, dass dieser Gedanke sie in Panik versetzte.

Ich liebe Volker doch!, dachte sie erschrocken. Aber es half alles nichts, der Gedanke an die bevorstehende Hochzeit erfüllte die junge Frau fast mit Furcht.

Auf der Fahrt sprach Volker beinahe pausenlos von dem Fest. Ihm fiel nicht auf, wie schweigsam Laura war. Er selbst war einfach nur glücklich und glaubte sicher, dass sie ebenso empfand.

Er parkte den Wagen vor dem Haus, in dem Laura eine kleine Eigentumswohnung besaß, und wandte sich ihr zu. Vielsagend blickte er sie an.

»Wenn du mich jetzt zu einer Tasse Kaffee mit zu dir hinaufbittest, werde ich dazu nicht Nein sagen«, meinte er lächelnd.

Laura hatte geahnt, dass Volker den Rest der Nacht bei ihr verbringen wollte. Das war jedoch mehr, als sie an diesem Abend ertragen konnte.

»Bitte verstehe mich, Volker, ich bin schrecklich müde«, entgegnete sie beinahe flehend.

Volker war die Enttäuschung deutlich anzusehen, doch er war ein sehr verständnisvoller Mann und versuchte nicht, Laura zu bedrängen.

»Bis morgen, mein Liebes.« Sein Mund streifte ihre Lippen. »Ich rufe dich an. Schade, dass wir uns nicht sehen können, aber wie du weißt, habe ich ab Mittag Dienst.«

Laura nickte. Es hätte Volker verletzt, wenn er wüsste, dass sie darüber erleichtert war.

Plötzlich bekam sie ein schlechtes Gewissen. Volker war immer so nett und fürsorglich. Er hatte mehr verdient, als sie zu geben bereit war. Ganz fest presste sie sich an ihn, und ihre Lippen suchten seinen Mund.

Volker war überrascht. So ungestüm hatte er Laura noch nie erlebt. Wenn er sie jetzt noch einmal gebeten hätte, ihn mit zu sich zu nehmen, hätte Laura wahrscheinlich nicht mehr abgelehnt. Doch das war nicht Volkers Art. Laura hatte ihm gesagt, dass sie müde war, und er akzeptierte das.

Er wartete noch, bis Laura die Haustür aufgeschlossen und eingetreten war. Erst als er im Hausflur die Lichter aufleuchten sah, fuhr er davon.

Laura wusste, dass sie nicht einschlafen konnte, wenn sie jetzt ins Bett ging. Trotz ihrer Müdigkeit spürte sie eine innere Erregung, eine Unrast, die ihr selbst unerklärlich war.

Vielleicht wird es besser, wenn ich ein leichtes Beruhigungsmittel nehme, dachte sie.

Laura nahm nur selten Medikamente, deshalb musste sie erst nach dem Mittel suchen. Schließlich öffnete sie die untere Schublade der Kommode in ihrem Gästezimmer und erstarrte.

»Thomas …«, flüsterte sie und sah wie gebannt auf das Foto, von dem sie nicht einmal mehr gewusst hatte, dass sie es noch besaß. Laura nahm es aus der Schublade und setzte sich aufs Bett. Neben ihr hätte eine Handgranate einschlagen können, Laura hätte es nicht bemerkt. Die Erinnerung an jene Zeit, die sie schon vergessen geglaubt hatte, war wieder da …

Laura war damals vierundzwanzig Jahre alt gewesen, eine junge, Erfolg versprechende Medizinstudentin, die nebenbei in einer Kneipe gejobbt hatte, um sich das Studium finanzieren zu können. Dort hatte sie auch Thomas kennengelernt. Er war ihr sofort aufgefallen, als er das Lokal betreten hatte. Groß und schlank war er gewesen, und sein dichtes, dunkles Haar hatte verstrubbelt gewirkt, was ihm etwas Jungenhaftes verliehen hatte. Gleichzeitig hatte er Sicherheit und Geborgenheit ausgestrahlt sowie eine Reife, die bei seiner Jugend erstaunlich gewesen war.

Nahezu alle Frauen in dem Lokal hatten sich nach ihm umgedreht, aber Thomas hatte nur in Lauras Augen geschaut. Er hatte den Blick nicht mehr von ihr abgewendet, als er langsam auf sie zugekommen war. Beide hatten schon in diesem Augenblick gewusst, dass ihre Begegnung schicksalhaft gewesen war. Und es war ihnen beiden in diesem Moment so vorgekommen, als hätten sie sich seit ewigen Zeiten gesucht und nun endlich gefunden.

Für Laura, die sonst sehr zurückhaltend war, war es ganz natürlich gewesen, dass Thomas gleich in der ersten Nacht mit zu ihr gekommen und bei ihr geblieben war. Nicht einen Augenblick lang hatte sie das Gefühl gehabt, einen Fehler zu begehen, auch wenn sie von Thomas nicht viel mehr als seinen Vornamen gewusst hatte.

Leider hatten sie nur wenig Zeit füreinander gehabt. Laura hatte hart für ihr Studium arbeiten müssen, und Thomas, der aus geschäftlichen Gründen in der Stadt gewesen war, hatte diverse Termine wahrnehmen müssen. Doch die Zeit, die sie füreinander gehabt hatten, hatten sie besonders intensiv genutzt. Fast schien es, als hätten sie bereits damals gewusst, dass ihnen nicht viel Zeit bleiben würde.

Als Laura nach einer besonders zärtlichen Liebesnacht erwacht war, hatte sie wie immer schlaftrunken auf die andere Seite des Bettes gegriffen. Doch Thomas war diesmal nicht dagewesen. Nur ein Zettel hatte dort gelegen, auf dem er sie gebeten hatte, seine Frau zu werden.

Laura hätte damals vor lauter Glück die ganze Welt umarmen können. Wäre Thomas da gewesen, hätte sie nicht eine Sekunde gezögert, ihm ihr Jawort zu geben.

Als Laura später zur Uni gegangen war, hatte Thomas’ Wagen vor dem Haus, in dem sie damals gewohnt hatte, gestanden. Es war oft vorgekommen, dass er den Wagen morgens dort stehen ließ und mit der U-Bahn in die Stadt fuhr.

Laura hatte entdeckt, dass eines der Fenster einen Spaltbreit offen gestanden hatte. Spontan hatte sie ihre Mappe geöffnet und einen Schreibblock herausgenommen. Dann aber hatte sie es sich anders überlegt, ihre Antwort hatte stilvoll ausfallen sollen.

Obwohl sie zu spät zu ihrer Vorlesung kommen würde, war Laura wieder hinauf in ihre Wohnung gelaufen. Auf ihrem Schreibtisch hatte sie das Briefpapier verwahrt, auf dem ihre komplette Anschrift sowie ihre Telefonnummer gestanden hatten.

Es war ein zärtlicher Liebesbrief gewesen, den Laura geschrieben hatte. Sie hatte sich für die vergangene Nacht bedankt und Thomas immer wieder versichert, wie sehr sie ihn liebte. Schließlich hatte sie geschrieben, dass sie sich nichts Schöneres vorstellen könnte, als seine Frau zu werden, mit ihm eine Familie zu gründen und gemeinsam mit ihm alt zu werden.

Anschließend war Laura wieder nach unten gelaufen und hatte den Brief durch den schmalen Spalt von Thomas’ Wagenfenster gesteckt. Sie hatte gesehen, wie der blütenweiße Umschlag auf den Beifahrersitz gefallen war, und sich zufrieden auf den Weg in die Universität gemacht.

Als Laura am späten Nachmittag nach Hause gekommen war, hatte Thomas’ Wagen nicht mehr vor ihrer Wohnung gestanden. Laura hatte sich nichts dabei gedacht. Sie hatte geglaubt, dass Thomas später noch zu ihr kommen würde.

Doch Thomas war nicht gekommen. Nicht später und auch nicht am nächsten Tag. Er hatte sich nie wieder bei Laura blicken lassen.

Es hatte lange gedauert, bis Laura aufgehört hatte, auf ihn zu warten, und alles, was ihr geblieben war, war die bittere Einsicht, dass Thomas nur mit ihren Gefühlen gespielt hatte.

Wochen später hatte Laura einen mysteriösen Anruf erhalten. Eine Frau, die ihren Namen nicht genannt hatte, hatte Laura behutsam nach Thomas ausgefragt. Freimütig hatte Laura berichtet, dass sie Thomas seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hatte und von ihm nicht sehr viel mehr wusste als seinen Vornamen.

Daraufhin hatte ihr die Fremde mitgeteilt, dass Thomas tödlich verunglückt sei.

Zutiefst erschüttert hatte Laura wissen wollen, wann die Beerdigung stattfinden sollte und die Antwort erhalten, dass die Beerdigung bereits im engsten Familienkreis stattgefunden hatte.

Laura hatte so viele Fragen gehabt, sie hatte so vieles wissen wollen, doch die Frau hatte einfach aufgelegt.

Erst viel später hatte Laura begriffen, dass Thomas tot war. Sein Leben war ausgelöscht. Ihre Liebe, die gemeinsamen Träume – alles war aus und vorbei. Mit aller Wucht hatte dieser Verlust Laura getroffen, und es hatte sie nicht getröstet, dass Thomas sie doch nicht betrogen und nicht mit ihren Gefühlen gespielt hatte.

Das alles war nun vier Jahre her. Laura hatte sich in die Arbeit gestürzt, um diesen unerträglichen Schmerz zu betäuben. Sie hatte ihr Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen und kurz darauf eine Stelle in der Klinik bekommen, in der sie heute noch arbeitete.

Vor zwei Jahren hatte der Oberarzt Dr. Volker Merten begonnen, die etwas spröde, junge Kollegin zu umwerben. Es hatte lange gedauert, bis Laura bereit gewesen war, eine neue Beziehung einzugehen. Anfangs hatte sie nicht mehr als Freundschaft gewollt, doch Volker hatte sie schließlich von seiner Liebe überzeugt.

Dieses eine Foto, das einzige, was sie jemals von Thomas besaß, hatte genügt, um alte, längst vernarbte Wunden wieder aufzureißen.

Es fiel Laura nicht leicht, auch diese letzte Verbindung an die Vergangenheit auszulöschen, und doch zerriss sie das Bild in winzig kleine Schnipsel, die sie anschließend in den Müllschlucker warf.

***

»Drei Wochen Florida«, sagte Volker hingerissen, blickte auf das Foto im Reiseprospekt und legte den Arm um Lauras Schulter, die neben ihm auf dem Sofa saß. »Drei himmlische Wochen!« Er seufzte beglückt. »Weißer Strand, Sonne, nur du und ich. Ich kann es kaum noch abwarten, bis wir endlich verheiratet sind. Freust du dich auch so auf unsere Flitterwochen?«

Laura nickte, obwohl sie nicht so empfand. Sie war unaufrichtig, brachte es aber nicht über sich, Volker zu verletzen. Nicht erst, seit sie Thomas’ Foto gefunden hatte, wusste Laura, dass sie Volker nicht so liebte, wie er es verdiente. Sie empfand eine warme, herzliche Zuneigung für ihn.

Bisher war Laura davon überzeugt gewesen, dass ihre Gefühle für ein gemeinsames Leben mit Volker ausreichten. Sie würde ohnehin nie wieder einen Mann so lieben können, wie sie Thomas einst geliebt hatte. Seit der Verlobung waren ihr allerdings erhebliche Zweifel gekommen.

»Du bist so still«, stellte Volker fest. »Möchtest du nicht nach Florida? Wir können uns auch gerne für ein anderes Reiseziel entscheiden.«

Lieber, rücksichtsvoller Volker, dachte Laura gerührt und schmiegte sich in seine Arme.

»Florida ist in Ordnung«, behauptete sie liebevoll, denn im Grunde war es ihr völlig gleichgültig, wohin die Reise ging. Es würde alles gut gehen mit ihr und Volker. Es musste einfach gut gehen!

Am nächsten Morgen reichte sie gemeinsam mit Volker bei der Klinikleitung ihren Urlaubsantrag ein. Später rief Laura bei ihren Eltern an, die zurzeit in ihrem kleinen Ferienhaus in der Eifel verweilten, wo Lauras Vater sich von einer Herzattacke erholte. Deshalb waren ihre Eltern auch nicht zu ihrer Verlobungsfeier gekommen. Für Lauras Vater wäre es einfach zu anstrengend gewesen.

Laura war ganz froh darüber, denn ihre Mutter hätte sicher bemerkt, dass sie nicht ganz so glücklich war, wie sie nach außen hin vorgab.

»Bist du glücklich, Kind?«, lautete auch gleich die erste Frage ihrer Mutter.

»Natürlich!« Laura lachte auf und war froh, dass ihre Mutter in diesem Augenblick ihr Gesicht nicht sehen konnte. Sie hätte bestimmt erkannt, dass Laura nicht die Wahrheit sagte. Ihrer Mutter konnte Laura nichts vormachen. »Volker ist ein wundervoller Mann«, beteuerte sie.

»Das ist er ganz gewiss«, erklärte ihre Mutter überzeugt.

Laura wusste, dass ihre Eltern mit ihrer Wahl einverstanden waren. Lauras Vater, der bis vor einigen Jahren selbst eine kleine Landarztpraxis betrieben hatte, war geradezu begeistert von seinem zukünftigen Schwiegersohn.

Von Thomas hatte Laura ihren Eltern nie etwas erzählt. Zuerst hatte sie sich geschämt, weil sie sich ausgenutzt und betrogen gefühlt hatte. Und als sie dann von seinem Tod erfahren hatte, hatte sie erst recht nicht über ihn reden können. Es hätte ihr zu wehgetan. So hatte sie ihren tiefen Schmerz still mit sich herumgetragen, bis er langsam vernarbt und nur noch eine leise Wehmut zurückgeblieben war.

Und doch – bei dem unverhofften Wiederfinden von Thomas’ Foto hatte Laura feststellen müssen, dass der leiseste Hauch von Erinnerung genügte, um diesen Schmerz wieder mit aller Kraft hervorbrechen zu lassen. Nur mit Mühe gelang es ihr, sich nach außen hin nichts anmerken zu lassen.

»Laura, hörst du mir überhaupt zu?«, drang die Stimme der Mutter an ihr Ohr.

»Entschuldige bitte«, sagte Laura gepresst. »Ich war tatsächlich für einen Moment mit meinen Gedanken ganz woanders.«

»Kein Wunder.« Lauras Mutter lachte. »Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie es mir erging, als ich mich gerade in deinen Vater verliebt hatte. Ich habe kaum noch etwas um mich herum wahrgenommen. Wenn du Hilfe bei den Hochzeitsvorbereitungen brauchst, komme ich gerne für ein oder zwei Wochen zu dir.«

»Das wird nicht nötig sein«, meinte Laura. Weil sie ihre Mutter aber nicht ganz ausschließen wollte, fügte sie hinzu: »Ich würde mich allerdings freuen, wenn du gemeinsam mit mir das Hochzeitskleid aussuchst.«

Wie Laura erwartet hatte, freute sich die Mutter darüber. Natürlich wollte sie genau wissen, was Volker und Laura geplant hatten.

Laura kam dem Wunsch nach und berichtete ihrer Mutter über ihre und Volkers Vorstellungen von dem Fest und der anschließenden Hochzeitsreise. Sie spürte selbst, wie unbeteiligt ihre Stimme klang, so, als berichte sie nicht von ihrer eigenen, sondern von der Hochzeit einer Fremden. Bevor die Mutter ebenfalls etwas bemerkte, wechselte Laura das Thema.

»Bleibt ihr noch lange in der Eifel?«, wollte sie wissen.

»Nur noch zwei Tage«, antwortete die Mutter. »Deinem Vater geht es mittlerweile wieder gut, und wir sehnen uns beide nach Hause zurück.«

»Ich habe übrigens noch einen Schlüssel zu dem Ferienhaus«, sagte Laura. Sie war letzten Monat für ein Wochenende selbst in dem Ferienhaus gewesen und hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, ihren Eltern den Schlüssel zurückzugeben.

»Behalte ihn nur«, meinte die Mutter. »Dann kannst du mit deinem Volker hierherkommen, wann immer ihr Lust dazu habt.«

***

»Glauben Sie, dass ich bald nach Hause kann, Frau Dr. Siebert?«

Laura betrachtete die Werte der alten Dame. Gut sah es nicht aus.

»Reden wir noch einmal in ein paar Tagen darüber«, erwiderte sie deshalb freundlich. »Ich möchte Sie vorsichtshalber noch eine Weile zur Beobachtung hierbehalten.«

Die alte Frau blickte so enttäuscht drein, dass Laura nicht einfach so von ihrem Krankenbett weggehen konnte, ohne sie zu trösten.

»Sie müssen das positiv sehen, Frau Keller. Hier werden Sie umsorgt, die Mahlzeiten werden Ihnen ans Bett gebracht. In Ihrer Wohnung hingegen sind Sie ganz alleine und auf sich gestellt.« Das war ein Punkt, der Laura ohnehin Sorgen bereitete.

»Sie sind sehr nett, Frau Doktor.« Die alte Frau lächelte. »Trotzdem sehne ich mich nach meinem Zuhause zurück.«

»Ich kann Sie sehr gut verstehen«, bestätigte Laura mitfühlend und tätschelte liebevoll die Hand der Frau. »Aber haben Sie ein wenig Geduld und Vertrauen zu mir. Ich möchte Sie gerne so lange hierbehalten, bis ich mir sicher bin, dass Sie zu Hause wieder alleine zurechtkommen.«

Laura verließ das Krankenzimmer und atmete tief durch. Für heute hatte die junge Ärztin ihre Patientenrunde hinter sich. Volker kam ihr auf dem Gang entgegen. Er sah sich nach allen Seiten um, und als er niemanden entdeckte, beugte er sich zu Laura hinab und küsste sie zärtlich auf den Mund.

»Aber Herr Doktor!« In gespieltem Ernst schüttelte Laura den Kopf. »Was soll ich denn davon halten? Küssen im Dienst ist verboten.«

»Mmh«, machte Volker und verdrehte genüsslich die Augen. »Gerade die verbotenen Dinge sind besonders reizvoll.«

Seit Laura das Foto von Thomas wiedergefunden und vernichtet hatte, gab sie sich alle Mühe, besonders liebevoll zu Volker zu sein, als könne sie so die Erinnerungen, die sich ihr seither immer wieder aufdrängten, mit aller Macht zurückhalten. Sie durfte es einfach nicht zulassen, dass sich Thomas zwischen sie und Volker drängte. In den vergangenen vier Jahren hatte sie sich ihr Leben mühsam wieder aufgebaut und wollte es sich nicht noch einmal zerstören lassen.

»Hast du heute Abend schon etwas vor?«, wollte Volker wissen.

Laura verzog das Gesicht. »Ich hoffe, du willst nicht mit mir ausgehen. Die letzten Tage waren ziemlich anstrengend, und eigentlich möchte ich heute Abend nur noch faulenzen.«

»Zu zweit faulenzen macht aber bedeutend mehr Spaß«, war Volker überzeugt und legte den Arm um ihre Schulter.

Laura lachte. »Also gut, wenn du mit einem beschaulichen Fernsehabend einverstanden bist, kannst du gerne zu mir kommen.«

»Ich bin mit allem einverstanden, wenn wir nur zusammen sind«, versicherte Volker voller Liebe. Er wollte sich wieder zu ihr hinabbeugen, um sie zu küssen, als zwei Patienten den Gang hinunterkamen. Bedauernd verzichtete Volker auf einen weiteren Kuss. »Bis später«, flüsterte er Laura zu, bevor sie beide in verschiedene Richtungen weitergingen.

Wenig später trafen sie sich bei Laura in der Wohnung. Es war einer jener seltenen Tage, an denen sie beide pünktlich das Krankenhaus hatten verlassen können.

»Keine Komplikationen, keine Notfälle«, freute sich Volker.

Während Laura eine Kleinigkeit zum Abendessen vorbereitete, schaltete er den Fernseher ein. Als Laura kurz darauf den Teller mit den belegten Broten auf den Tisch stellte, wurde gerade ein Bericht über eine Industriellenfamilie in Süddeutschland gezeigt. Es ging um die technischen Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen dieser Familie. Eine Reportage, die Laura nicht sonderlich interessierte, bis ein Mann zu sehen war. Volker schaltete im gleichen Augenblick das Programm weiter.

»Nein!«, schrie Laura so heftig dass Volker erschrocken zusammenzuckte. Fassungslos blickte er auf, denn er begriff nicht sofort, was Laura von ihm wollte.

Erregt riss Laura ihm die Fernbedienung aus der Hand und drückte hektisch die Knöpfe. Endlich hatte sie das richtige Programm gefunden.

»Laura, kannst du mir bitte sagen …«

»Sei still«, herrschte sie ihn an, und Volker schwieg verwirrt.

Aufmerksam lauschte Laura dem Bericht über die Familie Stein, die in der Nähe einer Kleinstadt lebte, zweihundert Kilometer von Lauras Heimatstadt entfernt. Zum Schluss wurde die ganze Familie noch einmal gezeigt. Gespannt beugte sich Laura vor.

Nein, es war kein Zweifel möglich. Der Mann rechts, der genau jetzt in die Kamera blickte, war Thomas! Obwohl Laura nur kurze Zeit mit ihm zusammen gewesen war und ihn seit vier Jahren nicht mehr gesehen hatte, war sie sich sicher.

Thomas lebt!, dachte sie überwältigt.

Reglos starrte sie auf die Mattscheibe, ohne zu registrieren, dass nun ein Werbeblock gesendet wurde. Selbst Volker, der neben ihr saß und sie unverwandt prüfend anblickte, hatte sie völlig vergessen. Sie war so versunken, dass sie es zuerst nicht einmal bemerkte, dass Volker sie leise ansprach.

»Laura, was ist mit dir?«, fragte er besorgt.

Langsam wandte Laura den Kopf. Sie schien immer noch tief versunken zu sein, und es dauerte eine ganze Weile, bis sie den Sinn seiner Frage verstand.

»Nichts«, behauptete sie und stand auf. Sie ging hinaus, um endlich auch die Getränke zu holen, in erster Linie aber, um für einen kurzen Moment alleine zu sein.

»Bitte, sprich mit mir, Laura«, bat Volker, der ihr gefolgt war. »Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt.«

Laura antwortete ihm nicht. Sie hatte ihm nie von Thomas erzählt und wollte auch jetzt nicht über ihn reden.

»Es ist alles in Ordnung«, sagte sie nur und zwang sich zu einem Lächeln.

»Das glaube ich dir nicht«, erwiderte Volker erregt. »Etwas hat dich aus der Fassung gebracht. Hat es etwas mit diesem Fernsehbericht zu tun?«

»Es ist nichts, Volker«, wehrte Laura ungeduldig ab. Warum ließ er sie nicht einfach in Ruhe? Sie musste sich sehr zusammenreißen, um ihn nicht unbeherrscht anzuschreien.

Volker spürte, dass Laura nicht mit ihm reden wollte, und er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass es sinnlos war, sie weiter zu bedrängen. Es bedrückte ihn jedoch, dass sie so wenig Vertrauen zu ihm hatte. Die Stimmung zwischen ihnen war dadurch auf einmal sehr angespannt. Wenn Volker auch nicht wusste, was es war, so stand doch etwas zwischen ihnen: Thomas’ Schatten!

Laura war sich darüber im Klaren, dass diese unangenehme Situation an ihr lag. Aber sie war viel zu aufgewühlt, um die richtigen Worte zu finden, die die Atmosphäre wieder ein wenig aufgelockert hätten.

Volker verabschiedete sich an diesem Abend früh von Laura. Sie schämte sich, weil sie darüber froh war. Alleine in ihrer Wohnung, kehrten ihre Gedanken augenblicklich zu Thomas zurück.

Was hatte er ihr nur angetan? Konnte er sich nicht vorstellen, welch großen Schmerz ihr sein angeblicher Tod bereitet hatte? Warum hatte er diesen Weg gewählt, um aus ihrem Leben zu verschwinden?

Diese Fragen ließen Laura nicht mehr los. Sie musste eine Antwort darauf haben, und es gab nur einen Menschen, der ihr diese Antwort geben konnte …

***

Zwei Wochen lang rief Laura umher wie in Trance.

Thomas lebt! Das war der einzige Gedanke, der sie bewegte und der ständig in ihrem Kopf kreiste. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt dazu in der Lage war, ihrer Arbeit gewissenhaft nachzukommen, und es kostete sie beinahe unmenschliche Kraft, sich Volker gegenüber nichts anmerken zu lassen.

Warum war es ihr nicht möglich, wenigstens mit ihm über Thomas zu reden? Volker war der Mann, den sie heiraten wollte, mit dem sie ihr ganzes Leben zusammen verbringen sollte. Gewiss würde er Verständnis für sie haben, würde versuchen, sie zu trösten und ihr zu sagen, dass Thomas sie überhaupt nicht verdient habe.

Vielleicht konnte sie gerade deshalb nicht mit Volker darüber reden. Thomas war in ihrer Erinnerung immer etwas Besonderes gewesen. Sie musste sich erst selbst mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie mehr in ihm gesehen hatte, als da tatsächlich war. Wie mies von ihm, sie zu verlassen und ihr seinen eigenen Tod vorzugaukeln!

Ob er mit der Frau, die Laura damals angerufen hatte, hinterher über sie gelacht hatte? Über diese dumme, kleine Medizinstudentin, der er die große, die einmalige Liebe vorgegaukelt hatte, um seinen zeitweiligen Spaß zu haben?

Dieser Gedanke quälte Laura, und sie hätte nun Grund genug gehabt, Thomas aus tiefster Seele zu verabscheuen. Aber das war ihr nicht möglich.

»So nachdenklich heute? Probleme mit einem Patienten?«

Laura sah auf. Volker lehnte im Rahmen zu ihrer Bürotür und betrachtete sie mit dem liebevoll zärtlichen Lächeln, mit dem er ausschließlich sie bedachte.

Laura schüttelte den Kopf und stand auf. Sie trat auf Volker zu und legte ihre Arme um seinen Hals. Trost suchend legte sie ihren Kopf an seine Brust und wusste doch, dass er ihr den Trost, den sie so dringend benötigte, nicht geben konnte.

Volker streichelte Lauras schmale Schultern. »Holger hat mich gefragt, ob wir mit ihm und seiner Frau heute Abend ausgehen wollen. Etwas essen und hinterher tanzen.«

»Ich weiß nicht …« Laura löste sich aus seinen Armen und kaute unschlüssig auf ihrer Unterlippe. »Ich habe keine rechte Lust dazu.«

»Ach, Laura, in letzter Zeit hast du zu gar nichts mehr Lust«, meinte Volker unwillig. »Ich meinerseits erwarte mehr vom Leben, als jeden Abend vor der Glotze zu sitzen. Wir sollten unsere sozialen Kontakte wieder ein wenig mehr pflegen. Holger hat mich in letzter Zeit so oft gefragt, ob wir miteinander etwas unternehmen können. Ich möchte ihn ungern schon wieder versetzen.«

Laura hätte ihm gerne gesagt, dass es auch für sie nicht der Inbegriff von Glückseligkeit war, jeden Abend vor dem Fernseher zu sitzen. Sie nahm von dem Programm ohnehin nichts wahr, sondern brütete meist dumpf vor sich, wobei sie sich den Anschein gab, interessiert auf die Mattscheibe zu sehen. Allerdings war sie auch nicht in Stimmung für einen Abend in geselliger Runde. Nur mit Rücksicht auf Volker stimmte sie schließlich zu.

Der Abend verlief weitaus entspannter, als Laura es befürchtet hatte. Für ein paar Stunden gelang es ihr sogar, alles, was sie bedrückte, zu vergessen und mit den anderen zu lachen.

»Na endlich«, flüsterte Volker ihr zu, als sie wieder einmal heiter und gelöst von Herzen gelacht hatte. Die vier saßen zusammen in einem Restaurant und waren mit dem Essen beinahe fertig. »In letzter Zeit hatte ich ernsthaft befürchtet, du hättest das Lachen verlernt.« Sanft strich er über ihre Wange.

Laura sah ihm tief in die Augen. Sie musste endlich aufhören, immerzu an Thomas zu denken. Er war es nicht wert, dass sie sich seinetwegen den Kopf zerbrach und diesen Mann, der sie aufrichtig liebte, so vernachlässigte. Laura beugte sich zu Volker hinüber und küsste ihn sanft auf die Wange.