Sonnenuntergänge im Cottage am Strand (Teil 4) - Holly Hepburn - E-Book

Sonnenuntergänge im Cottage am Strand (Teil 4) E-Book

Holly Hepburn

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Beschreibung

Große Gefühle in Schottlands süßestem Cottage

Im vierten und letzten Teil des Romans schmücken die Dorfbewohner die kleine Inselbücherei mit leuchtend bunten Lichterketten, um Merrys nahenden Abschied von Orkney mit einer fröhlichen Tanzparty zu feiern. Doch nach dem Streit mit ihrer besten Freundin hat Merry Mühe, sich auf ihr Fest zu freuen. Und dann steht auch noch ihr Ex-Verlobter aus London vor der Tür, um sie zurückzugewinnen. Wie wird Merry sich entscheiden? Und wo wird sie ihr Glück finden – im glitzernden London oder auf den wunderschönen Orkney-Inseln?

Wenn Ihnen die Geschichte um das gemütliche kleine Cottage gefallen hat, dann lesen Sie auch Holly Hepburns Roman über die süßeste Keksbäckerei Englands:
Teil 1: Winterzauber in der kleinen Keksbäckerei
Teil 2: Valentinstag in der kleinen Keksbäckerei
Teil 3: Frühlingsträume in der kleinen Keksbäckerei
Teil 4: Hochzeitsglocken in der kleinen Keksbäckerei

Oder lesen sie den kompletten Roman in einem Band:
Herzklopfen in der kleinen Keksbäckerei

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Seitenzahl: 144

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HOLLY HEPBURN liebt es, Menschen zum Lächeln zu bringen – und sie liebt ihre Katze Portia. Sie hat in der Marktforschung und als Model gearbeitet, ihr großer Traum war aber schon immer das Schreiben. Sie lebt in der Nähe von London.

Lesen Sie alle Teile der Reihe um das bezaubernde kleine Cottage:Teil 1: Herzklopfen im Cottage am StrandTeil 2: Frühlingszauber im Cottage am StrandTeil 3: Sommerküsse im Cottage am StrandTeil 4: Sonnenuntergänge im Cottage am Strand

Oder lesen Sie die komplette Geschichte in einem Band:Süße Träume im Cottage am Strand

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Holly Hepburn

Roman

Aus dem Englischen von Melike Karamustafa

Die Originalausgabe erschien 2020

unter dem Titel Sunset over Brightwater Bay

bei Simon & Schuster, London.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright © 2020 der Originalausgabe by Tamsyn Murray

Published by arrangement with Simon & Schuster UK Ltd., London, England

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Copyright © 2022 der deutschsprachigen Ausgabe by Penguin Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Hannah Brosch

Umschlaggestaltung: www.buerosued.de

Umschlagabbildung: www.buerosued.de

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-29290-4V001

www.penguin-verlag.de

Für Clare Watson, die Jude, Tom und Shazza zusammen in einer umwerfenden Göttin ist.

Die Orkney Literary Society lädt zu einem traditionellen schottischen

Sommer-Ceilidh mit Merina Wilde

Um das Ende des erfolgreichen Aufenthalts unserer aktuellen Gastautorin zu feiern, laden wir Sie ein, mit uns die Nacht im Stil der 1940er-Jahre auf den Orkneys durchzutanzen.

Schmeißen Sie sich in Schale oder lassen Sie es sein – das überlassen wir ganz Ihnen –, aber vergessen Sie auf keinen Fall Ihre Tanzschuhe!

Freitag, 31. Juli

19–23 Uhr in der Orkney Library

Anmeldung erforderlich.

E-Mail: [email protected]

Kapitel Eins

»Merry? Alles in Ordnung?«

Merry drehte sich nicht zu Jess um, die hinter der Bank im Hof der Bibliothek stand, auf der Merry seit einer Dreiviertelstunde saß. Stattdessen hielt sie den Blick starr auf die Turmspitze von St. Magnus gerichtet, die in den noch hellen abendlichen Himmel hinaufragte.

»Ja«, antwortete Merry mit einer Stimme, die in ihren eigenen Ohren fremd klang. »Ich brauche nur einen Moment.«

Sie hörte Jess in ihren High Heels über den Hof stöckeln, der noch vor einer Stunde voller begeisterter Besucher gewesen war. Dann spürte sie, wie sich ihre Freundin neben sie setzte.

»Du sitzt hier schon eine ganze Weile«, bemerkte sie und legte Merry eine Jacke um die Schultern. »Frierst du nicht?«

Das tat sie tatsächlich, stellte Merry fest, und als hätte ihr Körper nur darauf gewartet, begann er zu zittern. Bisher hatte sie vor allem Taubheit empfunden, die in dem Moment eingesetzt hatte, als sie Alex in der Bibliothek erblickt hatte. Sie hatte sich während seiner wortreichen Entschuldigung ob seiner eigenen Dummheit verstärkt und sie bis gerade eben nicht losgelassen. Es war dieselbe Taubheit, die sie an dem Abend empfunden hatte, als Alex ihr das Ende ihrer Beziehung verkündet hatte. Nur dass sie diesmal von seinen Beteuerungen, er habe niemals aufgehört, sie zu lieben, verletzt worden war. Merry hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie mit den Auswirkungen seiner Behauptungen umgehen sollte, geschweige denn, was sie Jess dazu sagen sollte.

»Danke«, brachte sie heraus und zog das Jackett unter ihrem Kinn zusammen. »Es ist ein bisschen kühl.«

Jess nickte verständig, als hätte sie sich zu Merry gesetzt, um sich über das Wetter zu unterhalten. »Also, was hatte der verlogene kleine Arsch zu seiner Verteidigung vorzubringen? Nein, warte, verrat es mir nicht. Ich wette, ich kanns erraten.« Sie setzte eine übertrieben leidende Miene auf. »Ich musste dich verlassen, um mich selbst zu finden, aber dann habe ich festgestellt, dass ich ohne dich nicht leben kann, Baby.«

Der Satz passte so perfekt, dass Merry gegen ihren Willen ein wenig grinsen musste. »Stammt das nicht aus einem deiner Bücher?«

Jess zuckte nachlässig mit den Schultern. »Kann schon sein. Aber ich könnte mir vorstellen, dass er die Karte gezogen hat. Hab ich recht?«

Merry sah keinen Sinn darin, es zu leugnen. Jess’ hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, was sie von Alex hielt. Auch dieses Mal hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen.

»Ja, du bist ziemlich nah dran«, gab Merry zu. »Er hat behauptet, dass meine Veränderung damals auch dazu geführt hat, dass er sich veränderte. Wodurch er aus dem Blick verloren hat, was für ein tolles Paar wir sind.«

Jess runzelte nachdenklich die Stirn. »Okay, lass uns das mal kurz auseinandernehmen … Was er damit sagen will, ist, dass deine psychischen Probleme ihn zu dem Schluss haben kommen lassen, dass er jemand Besseres finden könnte als dich.«

Merry blinzelte. Das war selbst für Jess’ Verhältnisse schonungslos direkt. Sie öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, doch Jess hob die Hand.

»Mach dir nicht die Mühe zu widersprechen – genauso ist es gewesen. Und jetzt, wo du dich wieder aufgerappelt hast, absolut heiß aussiehst und einen Filmdeal in der Tasche hast, kriegt er plötzlich Panik, du könntest über ihn hinweg sein.« Jess hielt einen Moment inne, um den Kopf zu schütteln. »Ich wette, der Typ war sogar so dreist zu sagen, dass er dich nicht verlieren möchte.«

Merry schwieg, denn genau das hatte Alex tatsächlich gesagt.

Jess schlug mit der flachen Hand auf die Steinbank. »Weißt du, wie dieser Idiot ist? Wie Jasper Bloom aus Liebe braucht keine Ferien. Dieser feige Arsch, der Kate Winslet immer gerade genug Aufmerksamkeit schenkt, um sie hoffen zu lassen, aber nie genug, um es wirklich ernst zu meinen. Erst als sie ihn zum Teufel schickt, rennt er ihr plötzlich hinterher. Kommt dir das irgendwie bekannt vor?«

Ein weiteres Zittern ging durch Merrys Körper, und sie spürte, wie hinter ihren Schläfen ein dumpfer Kopfschmerz einsetzte.

Sie rieb sich den Nacken und seufzte. »Ich weiß, dass du dagegen bist, Jess, aber was hätte ich sonst machen sollen? Ihn wegschicken, ohne mir wenigstens anzuhören, was er zu sagen hat? Er hat eine ziemlich lange Reise auf sich genommen, um mich zu sehen.«

Jess stieß ein höhnisches Schnauben aus. »Das war seine eigene Entscheidung. Du hast ihn nicht darum gebeten herzukommen.«

»Stimmt. Aber das heißt nicht, dass ich einfach so tun kann, als sei er nicht hier.« Merry machte eine kurze Pause, als ihr einfiel, was Jess über den Filmdeal gesagt hatte. »Von der Verfilmung kann er übrigens gar nichts wissen. Bisher ist darüber nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Er hat keine Ahnung, ob ich immer noch mit der Schreibblockade zu kämpfen habe oder nicht.«

Jess musste lachen. »Hast du in der letzten Zeit mal in den Spiegel gesehen, Mer? Du machst nicht gerade den Eindruck, als hättest du mit irgendwelchen schwerwiegenden Problemen zu kämpfen. Ganz im Gegenteil. Du wirkst eher wie eine Frau, die es mit der ganzen Welt aufnehmen kann.«

Jess’ Bemerkung erinnerte sie an den Vergleich, den Magnús zwischen ihr und den Walküren angestellt hatte. Vermutlich hätte sie Alex plötzliches Auftauchen sehr viel weniger aus der Bahn geworfen, wenn er nach wie vor an ihrer Seite gewesen wäre.

»Ich fühle mich aber nicht so, als könnte ich es mit der ganzen Welt aufnehmen«, sagte sie. »Im Moment weiß ich nicht mal, ob ich es schaffe, nach Hause zu fahren.«

»Das Problem lässt sich immerhin leicht lösen.« Jess stand auf. »Vermutlich sollte ich Niall kurz Bescheid geben, dass seine Gastautorin nach wie vor ihren Posten bekleidet. Ich glaube, er hat sich ernsthafte Sorgen gemacht, Alex könnte dich zurück nach London entführen.«

Sie verschwand Richtung Bibliothek, während Merry sich vor Verlegenheit innerlich wand. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, was Niall von den neuesten Ereignissen in ihrem chaotischen Liebesleben dachte. Mit Sicherheit war sie die erste Gastautorin, die mit so viel Drama im Gepäck angereist war. Vermutlich würde er erleichtert sein, wenn sie die Insel Ende Juli verließ. Eine Befürchtung, die nur noch schlimmer wurde, als Jess kurz darauf zusammen mit Niall auf sie zukam.

»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte er sich. »Jess hat mir erzählt, dass es dir nicht gut geht.«

Er verhielt sich so professionell wie immer, dennoch hatte Merry den Eindruck, einen kühlen Schimmer in seinen blauen Augen zu bemerken.

Sie raffte sich zu einem Lächeln auf, von dem sie hoffte, dass es einigermaßen überzeugend wirkte. »Alles in Ordnung, wirklich. Es ist nur …« Ihre Stimme begann zu beben, und ihr Lächeln schwand. Auf einmal fühlte sie sich von ihren Gefühlen vollkommen überwältigt. »Es war einfach ein langer und etwas überfordernder Abend.«

Er nickte verständnisvoll. »Das kann ich nachvollziehen. Ich fahre euch gerne nach Brightwater Bay zurück. Der Mini kann auf dem Mitarbeiterparkplatz stehen bleiben. Morgen besprechen wir dann in Ruhe, wie wir ihn zurück zum Cottage bringen.«

»Ich habe deine Tasche mitgebracht.« Jess hielt Merrys abgetragene, aber heiß geliebte Mulberry in die Höhe. »Hattest du sonst noch was dabei?«

»Nein, nur die«, sagte Merry. Dankbar nahm sie Jess die Tasche ab und wandte sich dann wieder an Niall. »Du musst uns nicht fahren. Wirklich nicht. Das schaffe ich schon.«

»Es wäre aber kein Problem«, erwiderte er. Eine tiefe Furche hatte sich in seine Stirn gegraben. »Wie du gesagt hast, war es ein langer Abend, und es ist meine Aufgabe, euch sicher nach Hause zu bringen. Deswegen muss ich leider darauf bestehen.«

Nun fühlte sich Merry noch schlechter. Natürlich machte er nur seinen Job, aber ernsthaft, für was für eine große Belastung hielt er sie?

Wie üblich las Jess ihre Gedanken. »Du hast einen Schock erlitten, Mer. Ich würde den Mini fahren, aber ich nehme mal an, dass die Versicherung nur auf dich läuft. Lass uns zusehen, dass wir möglichst schnell nach Hause kommen, um uns bei einem Whisky und ein bisschen Käse zu entspannen.«

Merry realisierte, dass sie viel zu erschöpft war, um noch etwas einzuwenden. Sie sehnte sich nach der Einsamkeit auf ihrer Bank, um zu beobachten, wie die Vögel sich an ihre Schlafplätze zurückzogen und die Sonne am Horizont versank. Das, zusammen mit dem Whisky, den Jess erwähnt hatte, würde ihr vielleicht dabei helfen zu verarbeiten, was heute Abend passiert war. Selbst wenn das alles nichts half, würde sie sich am nächsten Morgen besser fühlen. Solange sie und Jess es mit den Drinks nicht übertrieben …

»Okay«, murmelte sie und verzog die Lippen zu einem gequälten Lächeln. »Danke.«

»Ich gebe nur schnell Callum Bescheid, dass er abschließen soll«, sagte Niall. »Wir treffen uns auf dem Parkplatz, okay?«

Auf der Fahrt verloren weder Jess noch Niall viele Worte, und Merry erlaubte sich, die Augen zu schließen und dem beruhigend gleichmäßigen Brummen des Motors zu lauschen.

»Vielen Dank«, sagte Merry, als Niall neben dem Cottage hielt. »Für die tolle Veranstaltung und das Nach-Hause-Bringen.«

»Wie schon gesagt, kein Problem«, versicherte Niall ihr. Dann zuckte sein Blick im Rückspiegel zu Jess, und er drehte sich halb zu ihr um. »Wir sehen uns dann morgen. Gegen zehn?«

Merry runzelte die Stirn. Morgen? Sie hatten für den nächsten Tag eigentlich keine Pläne mit Niall zusammen gemacht. Hatte sie einen Termin vergessen? Jess schien dagegen kein bisschen irritiert. Merry drehte sich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, wie sie nickte.

»Klar, gerne. Ich kann es kaum erwarten.«

Niall lächelte. »Großartig.« Dann warf er Merry einen fragenden Blick zu. »Vielleicht fährst du einfach mit mir zurück nach Kirkwall, nachdem ich Jess zurückgebracht habe? Dann kannst du den Mini abholen.«

»Vielleicht«, echote Merry, nun endgültig verwirrt.

Nachdem er Jess von was genau zurückgebracht hatte? Doch was auch immer die beiden für Pläne hatten, sie schienen Merry nicht miteinzubeziehen, und es kam ihr seltsam aufdringlich vor nachzufragen, um was es ging.

Als Niall den Wagen wendete und den Weg zurück zur Hauptstraße fuhr, drehte Merry sich nicht um, um ihm nachzuwinken. Schweigend schloss sie die Tür auf, schaltete das Licht ein und warf ihre Handtasche aufs Sofa. Es sollte ihr nichts ausmachen, dass Jess und Niall Pläne ohne sie hatten; und ganz abgesehen davon war sie am nächsten Morgen schon mit Sheila zum Laufen verabredet. Dennoch war da dieser kleine unvernünftige Teil von ihr, der sich ärgerte. Und sie begriff einfach nicht, warum.

»Ein Glas Walküre?«, schlug Jess vor, während sie ihre Jacke auszog und an einen der Haken neben der Haustür hängte. »Oder fahren wir gleich die großen Geschütze auf und trinken Tequila?«

Merry sah aus dem Wohnzimmerfenster zur Bank. Eben noch hatte sie vorgehabt, es sich dort draußen mit Jess gemütlich zu machen, doch jetzt wollte sie auf einmal nur noch ins Bett und die Augen schließen.

»Macht es dir was aus, wenn wir die Drinks und die Nachbesprechung für heute ausfallen lassen?«, fragte sie, bemüht, ihre Stimme möglichst neutral klingen zu lassen. »Ich glaube, ich muss früh ins Bett.«

»Natürlich macht es mir nichts aus«, meinte Jess. »Niall zeigt mir morgen Skara Brae, und wie du weißt, bin ich nicht gerade ein Morgenmensch. Früh schlafen zu gehen, schadet also nicht.«

Ihre Worte stachen wie ein Schauer kleiner Nadeln in Merrys Haut, dennoch versuchte sie, sie zu ignorieren. Niall hatte sie in Skara Brae herumgeführt, warum sollte er Jess nicht das gleiche Programm bieten?

»Es wird dir gefallen«, sagte sie und hoffte, dass ihre Stimme weniger hölzern klang, als sie befürchtete. »Niall schafft es, mit seinen Worten Geschichte zum Leben zu erwecken.«

Jess runzelte die Stirn. Sie kannte Merry einfach zu gut. »Es macht dir doch nichts aus, dass wir ohne dich hinfahren, oder? Ich dachte, du wärst nicht dafür zu haben, weil du schon dort gewesen bist.«

Skara Brae war ein Ort, den Merry wieder und wieder hätte besuchen und an dem sie immer wieder etwas Neues hätte entdecken können, vor allem wenn Niall sie begleitete. Aber das sagte sie nicht laut. Das Letzte, was sie wollte, war Jess dazu zu verleiten zu glauben, sie sei eifersüchtig oder etwas ähnlich Absurdes.

»Nein, es macht mir nichts aus. Außerdem bin ich zum Joggen verabredet. Eine Acht-Meilen-Runde mit Sheila. Wenn ich sie versetze, verzeiht sie mir das nie.«

»Alles klar. Wie wärs, wenn wir anschließend alle zusammen Mittagessen gehen?«

Es war eine nette Idee, und noch vor ein paar Stunden wäre Merry sofort dafür zu haben gewesen. Doch jetzt schaffte sie es gerade so, ein halbwegs überzeugendes Lächeln zustande zu bringen. »Vielleicht. Lass uns das morgen entscheiden.«

Als Merry eine Viertelstunde später unter die Decke schlüpfte, fühlte sie sich immer noch zittrig, und sie war nie dankbarer gewesen, ihren Kopf auf ein Kissen sinken lassen zu können. Sie gähnte herzhaft. Veranstaltungen waren meist ziemlich ermüdend, aber erst recht, wenn danach der Ex unangekündigt erschien und jede Menge Gefühle aufwirbelte, von denen man geglaubt hatte, sie längst ad acta gelegt zu haben. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, über Alex nachzudenken, ermahnte sie sich erschöpft. Dann würde sie nur die ganze Nacht wach liegen.

Dennoch brauchte Merry eine ganze Weile, bis sie einschlief. Und gerade als sie endlich in den Schlaf abdriftete, tauchte ein Gesicht in ihrem Kopf auf und riss sie aus ihrem Dämmerzustand. Doch es war nicht Alex, der sie bis in ihre Träume verfolgte. Es war Niall.

»Und ich sage dir noch etwas: Sie ist ganz anders, als ich mir sie vorgestellt hatte.«

Sie hatten bisher gerade einmal zwei Meilen ihrer Sonntagmorgen-Laufrunde hinter sich gebracht, und langsam begann sich Merry zu fragen, ob Sheila ihr Loblied auf Jess auch auf dem gesamten Rest der Strecke weitersingen würde. Es machte ihr natürlich nichts aus zu hören, wie gut Sheila das Event am vergangenen Abend gefallen hatte, aber normalerweise redete sie beim Joggen nie so viel. An diesem Punkt war sie meist schon so gelangweilt von Merrys mäßigem Tempo, dass sie sich verabschiedete, um einige Hundert Meter vor ihr zu laufen. Deswegen überraschte es Merry, dass sie heute so redselig war – ausgerechnet an einem Tag, an dem Merry sich nach der Stille sehnte, die ihr beim Laufen so oft dabei half, einen klaren Kopf zu bekommen.

»Also, ich hab mir schon gedacht, dass sie schlau ist«, fuhr Sheila fort. »Ihr Schreibstil verrät ja eindeutig ihre Intelligenz. Aber gleichzeitig ist sie so unterhaltsam und charmant. Und dann erst ihr Aussehen … Ich wette, sie hat gestern Abend das ein oder andere Herz gestohlen.«

Merry konzentrierte sich auf ihre Schritte auf dem federnden, mit Heidekraut bewachsenen Pfad. Sheilas Bemerkungen über Jess waren nichts Neues für sie – ihre beste Freundin hatte schon immer viele Bewunderer gehabt –, sie fragte sich bloß, ob ihre Nachbarin vielleicht bemerkt hatte, wessen Herz im Besonderen sie gestohlen hatte. Trotzdem nahm sie sich vor, Sheilas Komplimente an Jess weiterzugeben. »Ich werde es ihr ausrichten.«

Sheila nickte abwesend. »Ein ganz cleveres Köpfchen.«

Unwillkürlich musste Merry an die eine oder andere Katastrophe denken, in die sie und Jess sich über die Jahre bereits hineinmanövriert hatten, und musste lächeln. Die berühmte Abenteuerlust ihrer Freundin machte vor nichts halt, aber Merry musste zugeben, dass Jess mindestens genauso gut darin war, sich aus jedem Problem irgendwie wieder herauszuwinden.

»Meistens, ja.«