Sündenfleisch - Sabine Benda - E-Book

Sündenfleisch E-Book

Sabine Benda

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Beschreibung

In diesem Roman folgen wir einer Ehefrau, die mutig dem verführerischen Flüstern ihrer eigenen dunklen Abgründe nachgeht. Doch auch ein Lehrer, der sich nicht länger mit dem langweiligen Spießer-Dasein zufrieden gibt, und eine kesse 18-jährige Versuchung, die zu allem bereit ist, spielen eine entscheidende Rolle in diesem mitreißenden Drama. Eine Polizistin, die sich im Graubereich zwischen Gut und Böse bewegt, und ein hitzköpfiger Mann, der zur tödlichen Bedrohung wird, komplettieren das explosive Ensemble. "Wie weit würden Sie gehen, wenn Sie alles verlieren könnten?" Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und lässt einen mitfiebern, mitfühlen und mitdenken.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 359

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Sabine und Thomas Benda

Sündenfleisch

Ein Drama voller Spannung, menschlichen Abgründen und tiefschwarzem Humor.

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Sündenfleisch

Vorwort

Betroffene melden sich zu Wort

TEIL EINS

1. Das sanfte Flattern

2. Die sündige Fantasie

3. Der Klick

4. Die Morgentoilette

5. Abchecken

6. Die Rückendeckung

7. Über die Schwelle gehen

8. Freundin Barbara

9. Die roten Ampeln

10. Juliette liebt Gotthilf

11. Die Reißleine

12. Die Peitsche

13. Das Brett

14. Juliette kann es nicht lassen

15. Der sündige Küchentratsch

16. Die Erwartung

17. Die Frage des Gatten

18. Die Lüge

19. Der Test

20. Sündenziel London

21. Alle Männer glauben schönen Frauen

22. Ziemlich impulsiv

23. London versus Nikolaus

24. Abflug

25. Ein Ritt in London

26. Ich bin nicht sexsüchtig!

27. Ein riesiges Problem

Betroffene melden sich zu Wort, Teil 2

TEIL ZWEI

28. Gedanken eines 50-Jährigen

29. Wenn sich Geschichten überschneiden

30. Ein Geständnis unter Freunden

31. Klassenfotos

32. Das Weisenfurth-Internat

33. So geil und blöd kann kein 50er mehr sein!

34. 18

35. Eine Zigarettenlänge

36. Bikini

37. Schweißtropfen

38. Freches Puzzlespiel

39. Ich bin ein Schwein!

40. Keller-Pläne

41. Fahrt durch die Nacht

42. Wegwischen

43. Eine klärende Rast im Schnee

44. Die Tankstelle

45. Die Hütte

46. Weggespült

47. Die Entscheidungshilfe

48. Alles anders

49. Der innere Kampf

50. Nikolaustag – wenn Geschichten sich vermischen

51. Ich möchte einen Todesfall melden!

52. Kurz vor dem Rückflug

53. Eine Polizistin namens Carmen Cruz-Kowalski

54. An der Grenze zur Todsünde

55. Die düstere Seite

56. Bin ich eine Mörderin?

57. Posttraumatisch

58. Hätte – hätte – Fahrradkette!

59. Ruben stellt sich vor

60. Seelen auf der Suche nach Sinn

61. Intermezzo mit Carmen und Ruben

62. Du weißt, wo ich wohne!

63. Nicht verloren

64. Die Chance auf Glück heißt Sauerkrautsaft

65. Abbruch und eigene Wege

66. Zwei, die sich gefunden haben

67. Gewalt

68. Einfach so

69. Das Zusammentreffen

70. Ein glückliches Ende

Über die Autoren:

Impressum neobooks

Sündenfleisch

Erotik-Drama

Sabine & Thomas Benda

IMPRESSUM

© 2025 Sabine Benda, Thomas Benda

Korrektorat/Lektorat: Sabine Benda

Coverdesign: Sabine Benda

Sabine und Thomas Benda

Josef-Schemmerl-Gasse 16

A-2353 Guntramsdorf

E-Mail: [email protected]

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Hinweis der Autoren: Unsere Bücher sind nur für Erwachsene geeignet!

06.06.2025

Vorwort

„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ (Markus 14, 37-38)

Betroffene melden sich zu Wort

„Fremdgehen? Früher habe ich gedacht, das passiert nur anderen. So was kann doch die eigene Beziehung niemals ankratzen, oder? Ja, früher war ich eine naive Frau – heute bin ich schlauer, leider.“ Paula, 36, aus Berlin

„Ein Seitensprung? Ich glaube, dass hormonbedingt die Männer rascher dazu bereit wären als wir Frauen. Für Männer steht oft die schnelle Lust im Vordergrund. Wenn Frauen Fremdficken dann meist auch mit dem Herzen, nicht nur mit der Möse. Meine Meinung.“ Ulla, 45, aus Hannover

„Es tut verdammt weh – selbst nach all den Jahren noch! Wenn ich heute meine Frau küsse, stelle ich mir vor, dass sie mich mit einem Kollegen betrogen hat und sein Ding im Mund hatte. Ich kann das einfach nicht aus dem Kopf kriegen. Es belastet uns sehr.“ Peter, 33, aus Frankfurt

„Es ist halt passiert. Der Moment war da – und zack! Sie war die beste Freundin meiner Freundin. Ich habe es meiner Lisa gleich gestanden. Das war eine harte Nummer, doch im Nachhinein war es das Beste! Die Mädels haben sich fürchterlich entzweit – doch unsere Beziehung hat diesen bescheuerten One-Night-Stand ausgehalten. Ich bin deswegen sehr dankbar!“ Yannick, 18, aus Heidelberg

„Meine Brigitte hat mir letztes Wochenende reumütig erzählt, dass sie mich vor 20 Jahren auf einem Klassentreffen mit dem Willi betrogen hat. Daraus war eine mehrjährige Affäre geworden, von der ich nichts mitbekommen habe. Der Willi sitzt nun mit Demenz im Altenheim. Geschieht ihm recht!“ Heinz, 75, aus Bonn

TEIL EINS

Juliette Trust erinnert sich: „Es hat damals wie ein harmloses Spiel begonnen ... wie eine süße erotische Fantasie. Dummerweise ist es nicht bei einer Träumerei geblieben ... und am Ende wurden nicht nur Sperma und bittere Tränen vergossen. Ja, Sie haben richtig gelesen!“

1. Das sanfte Flattern

Das dünne Ding, wie Juliette Trust die Blondhaarige an der Anmeldung innerlich bezeichnete, hatte den befristeten Aushilfsjob noch nicht lange. Das war offensichtlich. Beim Kopieren und Sortieren der Blätter hatte sie sich wenig routiniert angestellt.

Wahrscheinlich eine Studentin, mutmaßte Juliette.

Viele Studenten besserten sich ihr bescheidenes Geld mit Arbeiten in der Gastronomie oder in Fitness-Studios auf.

Die Einstellkriterien sind in diesem Studio scheinbar nicht sehr hoch, lästerte sie gedanklich, als sie mitbekam, wie umständlich die Blondine mit dem Tacker umging, um die Seiten zusammenzuheften. Man muss heutzutage wohl nur einigermaßen gut aussehen, um so einen Job zu bekommen! Und das dünne Ding sieht verdammt gut aus! Ja, das dünne Ding könnte meine Tochter sein!

Kurz dachte Juliette an ihre Kinder Sabrina und Benny. Sabrina hatte gerade ihr Abitur erfolgreich bestanden, und Benny liebäugelte mit einem Studienplatz in Rom. Beide hatten sich prächtig entwickelt.

„Sie müssen hier und hier unterschreiben“, sagte die Blondhaarige und schob ihr den Vertrag zu.

Meine Sabrina hat allerdings bedeutend mehr Busen als du, schmunzelte Juliette. Von der Mutter in die Wiege gelegt bekommen – und erstklassige Bio-Ware! Richtige Titten, keine winzigen Walnüsse!

Juliette nahm einen Kugelschreiber und unterzeichnete.

„Wie gesagt, Frau Trost“, wies die Dünne wiederholt auf die Kündigung hin. „Es ist ein Zweijahresvertrag. Kündigungsfrist ist ein Vierteljahr vor …“

„Ich weiß“, unterbrach sie Juliette und lächelte verständnisvoll. „Und ich heiße Trust, nicht Trost.“

Die Blonde lief rot an. „Entschuldigung, wie peinlich!“

„Macht nichts“, beruhigte sie Juliette. „Wir waren alle mal jung und haben irgendwo frisch angefangen. Sie wollen gar nicht wissen, wie scheu ich bei meinem Praktikum gewesen bin. Ich kam mir wie eine Idiotin vor!“

„Was machen Sie heute?“

„Ich bin in der Werbebranche tätig und führe ein 20-köpfiges Team.“

„Wow!“, staunte die Blondhaarige. „Das klingt ja mega!“

Juliette hasste das Wort mega, ließ es sich allerdings nicht anmerken. Heute war scheinbar alles mega.

Was rege ich mich auf? Wir sagten damals cool und geil! Obwohl: Das sagen diese jungen Hüpfer sicherlich auch noch! Juliette schielte auf das Namensschild der Jungen. „Ähm … Mandy“, sagte sie. „Ihr Schild!“

Mandy, die dünne Blonde, sah an sich herab und erschrak. Sie hatte das Namensschild falsch herum angesteckt. „Verdammt!“, fluchte sie und legte sofort schuldbewusst die flache Hand auf die Lippen. „Entschuldigung, ich wollte nicht so schlimm ...“

„Schon gut, Mandy!“, sagte Juliette und grinste. „Ich bin 42 und nicht scheintot.“

Nachdem die blonde Mandy das Versehen mit ihrem Namensschild in Ordnung gebracht hatte, erklärte sie. „Wenn Sie sich umgezogen haben, Frau Trust, erwartet sie Silvio zum Trainingsprogramm. Er ist bei den Laufbändern. Je nachdem, was Sie trainieren wollen, stellt er mit Ihnen zusammen einen Plan auf.“

„Sehr schön“, freute sich Juliette. „Ich brauche zu dieser ganzen Büroarbeit einen guten Ausgleichsplan.“

„Das kriegen wir hin!“, motivierte sie Mandy. „Und viel Spaß, Frau Trust!“

„Danke, Mandy.“ Sie ist mir doch sympathischer, als ich zuerst annahm, musste Juliette zugeben und suchte die Umkleideräume für Damen auf.

Nachdem sie sich umgezogen hatte, betrachtete sie sich in einem großen Spiegel. Ihr langes, braunes Haar hatte sie mit einem Lederband zusammengebunden. Sie war mit ihrem neuen Sport-Outfit zufrieden, und der teure Sport-BH bändigte ihre volle Weiblichkeit, ohne ihr die Luft abzuschnüren.

Okay, dachte Juliette. Noch kann ich mit den Küken da draußen mithalten, nicht nur mit dem Hirn!

Guter Dinge und zufrieden mit sich selbst suchte sie den Fitnesstrainer auf.

O mein Gott, durchfuhr es Juliette, als sie auf die Laufbänder zulief und den verschwitzten und ziemlich unangenehm aussehenden Mann sah, der ganz eindeutig zum Personal des Studios gehörte. Sie hätte sich bei dem Namen Silvio einen optisch ansprechenderen Trainer gewünscht.

Die saftigen Pickel auf der fettigen Stirn gehen gar nicht, dachte sie angeekelt, als sie näherkam. Da sie in der Werbebranche arbeitete, fiel es der Frau nicht schwer, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er ist ein absoluter Anti-Mann! Der geht gar nicht! Sie versuchte, ihr Begrüßungslächeln aufrechtzuerhalten. „Hallo, ich bin Juliette Trust!“

Der Mann schaute hoch und glotzte. Juliette konnte in seinem linken Auge eindeutig einen gelben Augenmatzen erkennen. „Der Silvio kommt gleich.“

Juliettes Augen huschten über das Namensschild: Heinz.

Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Gottlob, durchschoss es sie erleichtert.

„Ah, da sind Sie ja!“, hörte sie hinter sich eine charmante sonore Männerstimme sagen, die eindeutig einen italienischen Akzent hatte. Juliette drehte sich um und glaubte, sie bekäme einen Herzschlag. Schon immer hatte sie eine Vorliebe für südländisch aussehende Männer, doch dieser Silvio war nicht einfach ein Mann, er war ein italienischer Gott. Ein markantes Gesicht mit zwei braunen und sehr wachen Augen darin zogen die Frau sofort in einen Bann. Das unglaublich intensive Zahnpasta-Lächeln des Trainers blendete sie regelrecht. So kam es Juliette jedenfalls vor, als sie den Kloß in ihrem Hals spürte und nur mühsam hinunterschlucken konnte. Seine muskulösen Oberarme in dem körperbetonten Shirt wirkten nicht übermäßig protzig, sondern hatten genau das geile Aussehen, um …

… um darin gehalten werden zu wollen, dachte Juliette und spürte, wie ihr Herz pochte.

Artig wie ein kleines Mädchen streckte sie Silvio die Hand zur Begrüßung entgegen. Er ergriff sie, und ein Frösteln lief ihr den Rücken hinunter, als sie seinen sanften Druck verspürte. „Juliette Trust“, stellte sie sich vor und versuchte, nicht vor Aufregung rot anzulaufen. Sie schätzte den Italiener auf Mitte 20.

„Einfach nur Silvio“, sagte er locker. „Ist das für Sie okay, wenn wir uns duzen? Das ist beim Trainieren eigentlich üblich.“

„Kein … kein Problem“, stotterte Juliette herum. „Sie können Juliette zu mir sagen.“

Er strahlte sie an. „Das weiß ich schon!“

Ich bin eine Idiotin, dachte Juliette und konnte ihren Blick nicht von seinen Lippen lassen.

„Ist die Displayanzeige jetzt in Ordnung?“, sprach Silvio den unangenehm aussehenden Heinz an.

„Das Laufband funktioniert wieder“, bestätigte der Pickelige.

„Ich danke dir, mein Freund!“, bedankte sich Silvio und entlockte sogar Heinz ein nettes Lächeln.

Heinz trabte davon, und Silvio, der Trainer, der für Juliette ein italienischer Gott war, blickte sie mit interessierten Augen an. „Also, Signora“, flötete er, dass es zum Wegschmelzen war, wie Juliette empfand. „Was möchtest du trainieren? Hast du schon Vorstellungen?“

O ja, Juliette Trust hatte in diesem magischen Moment sehr genaue Vorstellungen und erotische Wunschträume, die eine verheiratete Frau und zweifache Mutter niemals einem unglaublich gutaussehenden Fitnesstrainer offenbaren würde. So sagte sie einfach: „Ich möchte meine Kondition ein wenig verbessern.“

Er runzelte herzallerliebst die Stirn. „Ein bisschen Kondition? Ach, Signora, du siehst nicht danach aus. Geh mal aufs Laufband, Juliette! Ich will mal sehen, was du draufhast!“

Das würde ich auch gerne von dir wissen, schmachtete sie und stieg auf das noch stehende Band.

Silvio stellte sich neben sie, und sie roch sein frisches Rasierwasser. Der Trainer tippte auf dem Display herum. „Wir beginnen mit einem leichten Lauf. Später steigern wir dann das Ganze. Und keine Angst, ich passe auf dich auf, Juliette!“

O ja, pass ganz arg auf mich auf, dachte sie und begann zu laufen.

Scheiße, überlegte sie und beäugte ihn immer wieder, ohne dass er es mitbekam. Hätte er nicht ein wenig hässlicher aussehen können? Und warum? Ja, warum bin ich schon 42, bin verheiratet und habe zwei volljährige Kinder?

„Du bewegst dich sehr gut!“, lobte er sie, dass seine Hingucker-Augen funkelten.

Ich sterbe, wenn er mich nochmal anstrahlt, überlegte sie.

Dann strahlte er sie nochmal an und sagte: „Später zeige ich dir ein paar leichte Butterfly-Übungen, die sind gut für deine schöne Schulter- und Brustpartie!“

Erneut strahlte er sie mit seinem ganzen italienischen Charme an, und Juliette Trust starb deswegen nicht. Nein, sie gab ihr Bestes und wünschte, sie wäre nur für einen einzigen Tag solo und ohne familiäre Verpflichtungen.

Ach was, nur ein paar Stunden wären ausreichend! Und wenn’s gar nicht anders geht, dann eben nur eine Stunde, aber mit allem, was mir und ihm Spaß macht! Ob er verheiratet ist? Oder sonst was? Womöglich schwul? Verdammt, er wird doch nicht schwul sein, oder?

2. Die sündige Fantasie

„Wie ist es in dem neuen Sportstudio?“

Die Frage ihres Ehemannes Gotthilf erhöhte Juliettes Puls. Beim Abendessen hatte sie das Thema absichtlich ausgespart, doch nun schien sie nicht drumherum zu kommen.

„Stimmt!“, mischte sich Benny, ihr Ältester, ein. „Du warst ja in der neuen Base in der City.“

„Die Geräte sollen alle top sein!“, ging Sabrina dazwischen, bevor ihre Mutter antworten konnte.

Silvio, der Trainer, ist es ebenfalls, sinnierte Juliette und wischte den erotisch gefärbten Gedanken weg. „Ich muss sagen, es hat mir alles sehr zugesagt“, erklärte sie. „Das Studio ist auch nicht so überfüllt wie mein altes.“

„Dafür ist es auch ein wenig teurer“, bemerkte ihr Ehemann.

„Ach, du hast das schon recherchiert?“, wunderte sie sich.

„Kurz ... im Netz“, gab er zu. „Ein paar Kollegen wollten sich dort ebenfalls anmelden, doch sie haben es wegen des Preises gelassen.“

Gotthilf Trust arbeitete als Biologielehrer am Weisenfurth-Internat, das in einem romantischen Wasserschloss untergebracht war. Er war zudem stellvertretender Direktor an dieser elitären Einrichtung, an der die Kinder von sehr reichen Eltern unterrichtet wurden.

„Tja“, meinte Juliette kess. „In der Werbebranche verdient man eben besser.“ Sie blickte auf ihre Kinder. „Merkt euch das, falls es mit dem Studium nicht klappen sollte.“

„Sehr witzig!“, bemerkte Gotthilf unernst. „Dein Auflauf schmeckt übrigens ganz köstlich.“

„Danke, mein Lieber!“

Benny tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. „Ich verdrück mich aufs Zimmer, wenn ihr nichts dagegen habt!“

„Telefonierst du wieder mit deiner Neuen?“, lästerte Sabrina, seine jüngere Schwester, lächelnd.

„Geht dich nichts an, Blondie!“, entgegnete er lockerlippig.

„Ach, du hast eine Neue?“, staunte der Vater. „Ist es aus mit dieser … ähm … Jenny?“

Die Tochter kicherte wissend, und Mutter Juliette klärte ihren Ehemann auf: „Jenny war vor Mina, und Mina scheint nun abgelöst worden zu sein von …?“ Sie schaute schmunzelnd ihren Sohn an.

„Also gut! Sie heißt Monique – zufrieden?“

„Eine Französin?“, wollte Gotthilf vorschnell wissen.

„Nein, aus Hamburg! Kann ich nun gehen?“

„Lass dich nicht aufhalten“, entgegnete der Vater. Benny war schon auf der Treppe nach oben, da hörte er noch rufen: „Und verwechsle die Vornamen nicht. Das kommt nicht gut an.“ Gotthilf blickte seine Ehefrau an. „Was haben wir falsch gemacht? Er verschleißt die Mädchen wie andere ihre Socken.“

„Wahrscheinlich deine Gene, Papa!“, antwortete Sabrina für ihre Mutter. „Mama macht mir einen solideren Eindruck.“

Juliette, die Mutter, lächelte verhalten.

„Ach, mir traust du Vielweiberei zu, holde Tochter?“, fragte Gotthilf und schauspielerte überzeichnetes Entsetzen.

„Nun“, scherzte Sabrina ungebremst. „Langhaariger Bio-Lehrer, lauter Mädels im Internat. Ja, du bist extrem gefährdet, Paps!“

„Unsere Tochter ist ein freches Luder“, stellte Gotthilf lachend fest.

„Ich weiß“, antwortete Juliette und dachte an Silvio, den Trainer. Ein Luder – vielleicht bin ich das ja auch?

Im Laufe der Ehejahre hatte sie ihn perfektioniert, diesen verspielten Wechsel zwischen Blowjob und Handjob. Da Juliette wusste, wie sehr es ihr Mann genoss, ließ sie sich heute besonders viel Zeit dabei. Die Zeit nutzte sie auch, um nachzudenken.

Ob Silvio auch Schamhaar hat wie Gotthilf?

Der gutaussehende Italiener mit seinem charmanten Akzent und dem gewinnenden Zahnweiß, das in einem reizvollen Kontrast zu seinem bräunlichen Teint stand, ging ihr gar nicht mehr aus dem Kopf.

Juliette nahm Gotthilfs Männlichkeit behutsam in den Mund, und ihr Gatte stöhnte mit geschlossenen Augen. Rhythmisch streichelte sie mit der einen Handfläche seinen Unterbauch.

Ob Silvio mich attraktiv findet, obwohl ich ein wenig älter bin als die Püppchen, die sonst durchs Studio hüpfen?

Sie neckte Gotthilf mit ihrer Zungenspitze. Er quittierte dies mit einem Seufzen und mit einem erregten Atmen. Die Frau ging zu einem kräftigeren Handjob über, sah, wie sich die Schenkel ihres Mannes anspannten.

Silvio hat bestimmt Oberschenkel wie gemalt und in Marmor gemeißelt!

Juliette rieb rascher, und Gotthilf fiel es schwer, sich zurückzuhalten. Wieder ließ sie ihn ihre festen Lippen spüren.

Gotthilf ist gleich so weit, dachte die Frau aufgewühlt. Ob Silvio auch auf Blowjobs steht?

Sie saugte wild und massierte kräftiger.

Juliette, du dummes Ding, sagte sie sich. Alle Männer stehen auf Blowjobs!

In diesem Moment stöhnte ihr Ehemann. Während er abspritzte, stöhnte sie ebenfalls, lieferte ihm einen unvergesslichen Abschluss.

Fünfmal abgespritzt – Punktlandung, dachte sie zufrieden mit sich. So wie immer!

3. Der Klick

Der Wecker zeigte 02:00 Uhr in der Nacht, und Gotthilf schlief den Schlaf der Befriedigten. Juliette hatte seit über einer Stunde die Schlafzimmerdecke angestarrt und die Maserungen der Holzbretter gezählt, die man gemeinhin Astlöcher nannte. Sie konnte nicht schlafen, war viel zu aufgewühlt. Wenn sie die Augen schloss, sah sie Silvio vor sich.

Bin ich denn total übergeschnappt? Ich liebe meinen Mann und denke pausenlos an einen italienischen Sporttrainer, von dem ich rein gar nichts weiß!

Das musste sie ändern. Juliette schaute zum schlafenden Gotthilf. Sein Schnaufen hatte sich in ein leichtes Schnarchen verwandelt, das sie nicht mochte. Leise schlich sie aus dem Bett, zog sich einen Morgenmantel über und ging die Treppe hinunter in ihr Arbeitszimmer, welches sich direkt neben der Küche befand. Das Notebook lag auf der Glasplatte ihres Schreibtisches. Sie schaltete es ein. Zwei, drei Klicks weiter befand sie sich auf der Webseite des Sportstudios. Unter der Rubrik Mitarbeiter vor Ort gab es die Unterrubrik Trainer vor Ort.

Da ist er!

Unter dem Foto stand: Silvio M. Rossi.

Einige Momente betrachtete sie das Bild.

Er sieht einfach fantastisch aus – ein wahrer Traum!

Juliette schaute zur angelehnten Tür ihres Arbeitszimmers hin, glaubte, ihren Ehemann Gotthilf auf der Treppe zu hören. Sie hielt den Atem an, lauschte. Nichts.

Glück gehabt!

Dann fasste die Frau einen Entschluss und suchte Silvio M. Rossi im Internet in den sozialen Medien. Sekunden später wurde sie fündig und klickte sich durch Privatbilder, die Silvio für die Öffentlichkeit freigegeben hatte.

Er sieht so wunderbar geil aus, erregte sie sich. Und diese Lippen – zum Knutschen süß! Und dann dieses freche Lächeln im Mundwinkel! Ja, der hat es faustdick hinter den Ohren, garantiert!

Juliette durchforstete sein Profil nach Informationen.

Aha, er ist 35! Aber ich habe mich gut gehalten für 42! Außer er steht auf die ganz jungen Hühner! Scheiße, was denke ich da?

Juliette erschrak über sich.

Nein, ich bin eine verheiratete Frau – und Mutter zweier fast erwachsener Kids!

Ihr Herz pochte ihr bis zum Halse.

Was mache ich hier?

Das Sündenflüstern in ihr antwortete verführerisch: Du schaust dir eine italienische Gottheit an!

Juliette nickte. Ja, ich schaue mir eine italienische Gottheit an, die ich gerne küssen würde, wenn ich nicht glücklich verheiratet wäre!

Elende Lügnerin, meinte das Flüstern in ihrem Kopf.

In Ordnung, gestand sich Juliette ein. Ich schaue mir eine italienische Gottheit an, die ich liebend gerne vögeln würde, wenn ich nicht glücklich verheiratet wäre!

Schweigen.

Juliette verharrte, schien abzuwägen. Nein!

Doch, protestierte das Sündenflüstern.

Ich kann nicht!

Ernsthaft?, fragte das Flüstern.

Sie hielt dagegen: Das ist nicht gut!

Das Sündenflüstern ließ nicht locker: Ja, aber das ist es ja gerade, was dich feucht werden lässt, weil es nicht gut ist!

Die Frau dachte: Ich bin nicht feucht!

Schon nachgeschaut?, meinte das Flüstern.

Juliette griff in ihren Morgenmantel hinein, befühlte mit dem Mittelfinger ihre Klitoris. Sie war feucht.

Der Sex mit Gotthilf hat mich erregt, versuchte sie es mit einer Ausflucht.

Rede dich nicht raus, amüsierte sich das Sündenflüstern. Dieser Silvio macht dich klatschnass, wenn du noch eine Weile über seinen heißen Body nachdenkst, oder?

Juliette schüttelte den Kopf. Ich kann das nicht!

Dann lass es, antwortete das Flüstern. Andererseits …

Was meinst du mit andererseits?, fragte Juliette das Sündenflüstern.

Na ja, meinte das Flüstern. Mit so einem kleinen Mausklick hat man ja noch nichts Schlimmes getan, nicht wahr?

Ja, du hast recht, bestätigte sich Juliette. Ich tue noch nichts Schlimmes – und ich werde nichts Schlimmes tun! Warum auch? Wahrscheinlich ignoriert er mich eh – und dann: Das Leben geht weiter! Was soll’s?

Klickst du nun endlich – oder nicht?, drängte das Flüstern.

Es ist nur ein Klick, motivierte sich Juliette aufgeregt.

Ein Klick ist doch kein Fick, bestätigte das Sündenflüstern.

Ich würde niemals wieder fremdficken, durchschoss es Juliette. Niemals!

Aber das weiß ich doch, Juliette, beruhigte sie das Flüstern und hatte einen verächtlichen Tonfall. Die heimliche Sache mit dem galanten Kerl vor ein paar Jahren war ein klitzekleines Versehen! Doch heute triefst du wie eine geile Schlampe!

Juliette war entsetzt:Ich bin – gottverdammt nochmal! – keine geile Schlampe!

Komm, geh ins Bett, forderte das Flüstern absichtlich abwertend. Du bringst das sowieso nicht! Die Ehe hat dich träge und langweilig gemacht! Wahrscheinlich schaut dich dieser Silvio mit seinem knackigen Hintern an, der kann weitaus jüngere Frauen bekommen, die nicht so tranig zögern wie du!

Juliette nahm rasch die Maus in die Hand und klickte die Freundschaftsanfrage an Silvio M. Rossi an.

Ha, das hättest du jetzt nicht geglaubt, oder?, fragte Juliette ihr Innerstes.

Das Sündenflüstern gab zu: Ich bin ziemlich baff – und auch sehr gespannt, was nun passieren wird!

Juliette Trust lächelte erwartungsvoll, während ein sehnsüchtiges Gefühl ihre Scham eroberte.

He, das fühlt sich schön an, schmunzelte sie in sich hinein. Nein, nicht schön … sondern sehr geil!

4. Die Morgentoilette

Juliette stand unter der laufenden Dusche und dachte an die vergangene Nacht, in der sie es nach langem Hin und Her gewagt hatte, dem gutaussehenden Silvio eine Freundschaftsanfrage übers Internet zu schicken. Sie war sehr gespannt darauf, ob der Fitnesstrainer darauf geantwortet hatte.

Ein satter Furz unterbrach sie bei ihren Gedanken. Ihr Ehemann Gotthilf war aufgewacht und ins Bad gestolpert.

„Morgen, Liebes“, grüßte er verschlafen.

„Morgen, Schatz“, antwortete sie und seifte sich ihre großen Brüste ein. Sie hörte ihn geräuschvoll urinieren. „Stehst du etwa?“, ermahnte sie ihn und spülte sich den cremigen Schaum von den kernigen Brustwarzen.

Das Plätschern erstarb. „Sorry“, sagte er. „Bin noch daneben.“

Juliette hörte, wie er sich auf die Toilette hockte.

„Soll ich schon Frühstück machen?“, fragte er und gähnte ausgiebig.

„Wäre gut“, sagte sie. „Ich bin spät dran.“

„Hast du verschlafen?“

Sie drehte den Mischregler ab, öffnete die Duschkabine und griff sich ein flauschiges Duschhandtuch von der Stange. „Ich konnte gestern nicht gleich einschlafen“, erklärte sie. „Ich war nochmal im Arbeitszimmer und habe meine Geschäftsmails gecheckt.“

„Ach?“, entgegnete er. „Ist mir gar nicht aufgefallen. Habe wohl selig geträumt wie ein junger Hund.“ Gotthilf beäugte seine Frau, während sie sich abtrocknete. „Sieht interessant aus“, meinte er.

Sie lächelte und rubbelte mit einer Handtuchecke über ihre frisch glattrasierte Scham. „Zur Erbauung meines Selbstwertgefühls“, sagte sie fröhlich. „Ich hab die ersten grauen Schamhaare entdeckt und dachte mir: Probier’s mit Kahlschlag!“

„Hat sich gelohnt“, sagte er frech. „Siehst aus wie 20!“

„He, schau nicht so lüstern, Gotthilf! Du wurdest gestern ordentlich bedient.“

„Stimmt“, sagte er. „Ich mach uns Frühstück. Zwei Laugenstangen oder eine für dich?“

„Besser eine. Ich will auf meine Figur achten.“

„Du hast dich doch jetzt im Studio angemeldet.“

„Bin trotzdem vorsichtig“, erklärte sie und schlüpfte in schwarze Unterwäsche. „In meinem Alter muss man aufpassen.“

„Du bist konkurrenzlos“, meinte er. „Jedenfalls in deiner Altersklasse.“

Sie lachte. „Ich nehme das jetzt als verunglücktes Kompliment.“

„Soll es gewesen sein. Also, eine Laugenstange für die Dame“, sagte er und verließ das Badezimmer, um in die Küche hinunterzugehen.

Während Juliette sich föhnte und stylte, dachte sie mit wummerndem Herzen an Silvio. O Gott, was mach ich nur, wenn er die Freundschaftsanfrage angenommen hat? Wird er nicht denken, dass ich etwas von ihm will?

Das Sündenflüstern meldete sich: Ähm … war das nicht deine Absicht, Juliette?

Ich weiß es nicht, überlegte die Frau, während die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu flattern begannen.

Du weißt es nicht?, fragte das Flüstern. Und warum hast du dich gestern Nacht noch ausgiebig verwöhnt und dabei an diese italienische Gottheit gedacht?

Juliette konterte innerlich: Moooment! Die Gedanken sind doch frei, oder? Gotthilf wichst bestimmt auch und denkt dabei an andere Frauen! Wo bliebe denn da der Reiz, wenn man dabei an den eigenen Partner denken würde? Den hat man doch sowieso tagtäglich im Bett!

Sie wischte den Gedanken an Silvio weg. Es gelang ihr, bis sie sich angezogen hatte. Bevor die Frau zu ihrem Ehemann Gotthilf in die Küche ging, schaltete sie das Smartphone an und überprüfte, ob Silvio Rossi geantwortet hatte. Spürbar enttäuscht musste sie feststellen, dass sie noch keine Bestätigung erhalten hatte.

Womöglich habe ich ihn völlig verschreckt? Vielleicht hat er eine tolle Freundin? Oder: Er hat mein Profil gecheckt und gesehen, dass ich verheiratet bin, zwei fast erwachsene Kinder habe – und schon 42 bin! Warum musste ich auch so ehrlich sein und in der Software mein richtiges Geburtsdatum hinterlegen? Ich bin eine völlige Idiotin! Wie kann ich glauben, dass …?

Das Vibrieren ihres Smartphones ließ Juliettes innerliches Jammern ersterben.

Silvio hatte gerade eben die Freundschaftsanfrage angenommen und den Kontakt zu ihr hergestellt.

Juliettes Herz machte Sprünge, ihr wurde fast schlecht.

O Himmel, was mach ich jetzt?

Nun ja, meldete sich das Sündenflüstern. Geil rasiert hast du dich ja schon! Ich denke, seine Zunge steht drauf!

Juliette hielt kurz die Luft an. Ich habe mich doch nicht für Silvio rasiert, sondern für mich! Und natürlich für Gotthilf!

Das Flüstern spöttelte: Für Gotthilf? O Juliette, du arbeitest in der Werbebranche und lügst wirklich so gottserbärmlich schlecht? Mir ist doch längst klar, warum du dir deine Muschi so appetitlich glattrasiert hast! Es juckt dich, fremdgeleckt zu werden – so einfach ist das!

Juliette sah ihr Gegenüber im Badezimmerspiegel empört an. Das ist nicht wahr, verdammt!

Das Flüstern amüsierte sich sündig über die Frau: Fluchen und Lügen in einem einzigen Satz? So kenne ich mein Mädchen! So macht es Spaß! Ich weiß, was du brauchst!

5. Abchecken

Die Reifen quietschten kurz, als sie am Gehsteig vor dem Einfamilienhaus anhielt. Sie war spät dran.

Motor aus, Handbremse – ein kurzer Blick in den Rückspiegel. Das Haar sah ordentlich aus. Die Frau griff nach ihrer Handtasche und verließ das Auto. Sie rannte den kleinen Gartenweg entlang. Ihre Stöckelschuhe klackten.

Sie haben bestimmt schon angefangen, befürchtete sie, während sie nach den Hausschlüsseln in der Jackentasche griff. Jetzt cool und locker bleiben!

Juliette Trust schloss rotbackig die Haustür auf. Schon im Flur rief sie: „Sorry, der Verkehr war heute ein Graus!“ Sie blickte ins Esszimmer, wo ihre Familie schon mit dem Abendessen begonnen hatte.

Gotthilf verteilte gerade dampfende Kartoffeln an Sabrina und Benny. „Kein Problem. Ich habe deinen Anruf auf dem AB abgehört. Im Büro war wohl mächtig viel los, was?“

„Es war die Hölle!“, übertrieb Juliette glaubhaft. „Hi, Kids!“ Sie wuschelte die Haare ihrer Kinder. Etwas, das sie überhaupt nicht mochten. „Ich dusche mich schnell ab!“, sagte sie. „Bin in fünf Minuten bei euch! Danke, Schatz, dass du dich um das Essen gekümmert hast.“ Sie strahlte ihn an. „Ich habe einen Bärenhunger!“

„Bei allem Stress, Liebes“, wollte er wissen. „War es wenigstens ein erfolgreicher Tag?“

„Der beste Tag seit langem!“, antwortete sie ehrlich.

Im Badezimmer drückte sie die Tür hinter sich zu und atmete erst mal durch.

Ist ihm was aufgefallen?, fragte sie sich ängstlich. Oder den Kids?

Das Sündenflüstern meldete sich: Sei unbesorgt, Juliette! Du warst überzeugend – keiner schöpft Verdacht! Doch: Check dich gründlich ab!

Juliette knöpfte hektisch ihre Bluse auf, zog sie aus und roch an ihr.

Scheiße, Silvios Rasierwasser!

Sie öffnete den Korb mit der Schmutzwäsche und war froh, dass Gotthilf nicht viel mit der Waschmaschine am Hut hatte. Sie zog die Jeans herunter, entdeckte, dass ihr Slip im Schritt feucht war.

Ab in die Wäsche!

Nackt betrachtete sie sich vor dem Spiegel.

Nichts Offensichtliches!

Sie war ein paarmal im Inneren von Silvios Auto mit der Hüfte und mit der Schulter hart angestoßen. Doch sie konnte keine verdächtigen blauen Flecken erkennen.

Glück gehabt!

Schnell steckte sie ihre langen Haare nach oben, begutachtete ihren Nacken.

Nur ein wenig gerötet, dachte sie erleichtert. Sie erinnerte sich an den rauen Dreitagebart und an seine leidenschaftlichen Küsse. Kein Knutschfleck – gottlob!

Rasch stieg Juliette in die Duschkabine, brauste sich warm ab.

Soll ich die Haare schnell waschen?, überlegte sie. Sie entschied sich dagegen, da ihre Familie schon beim Abendessen zusammensaß. Sie wollte nicht noch mehr Zeit vergeuden und sich dadurch verdächtig machen.

Beim Abtrocknen lächelte sie stumm vor sich hin.

Wann habe ich das letzte Mal im Auto so wild rumgeknutscht?

Juliette Trust erinnerte sich nicht.

Silvio küsst ganz wunderbar, schwärmte sie für sich und zog frische Kleidung an.

Konzentriere dich jetzt auf deine Familie, mahnte sie das Sündenflüstern. Oder willst du unangenehme Fragen gestellt bekommen?

Das wollte die Frau nicht. Sie atmete tief durch, setzte ein zufriedenes Feierabend-Lächeln auf und ging ins Esszimmer.

„Da bin ich endlich!“, sagte sie frohgelaunt, küsste ihren Mann Gotthilf auf den Mund, so wie sie das immer machte, und setzte sich vor ihren Teller. „Und was gibt’s Neues von der Heimatfront zu berichten?“

Während sie aß, versuchte sie, sich auf den Alltags-Smalltalk ihres Mannes und ihrer Kinder zu konzentrieren, was ihr natürlich nicht so gut gelang. Denn sie fühlte noch immer Silvios erregende Küsse auf ihren Lippen und auf ihrem Hals. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer zarten Haut.

Und wie herrlich er geduftet hat! Und dann seine Augen, diese wunderschönen wollenden Augen!

Juliette bemerkte wieder das herrliche Flattern von wilden Schmetterlingen in ihrem Bauch.

Sicherlich hat er mehr gewollt, oder?

Das Flüstern in ihr lachte abwertend über sie, dann sagte es: Natürlich erwartet ein Mann mehr, wenn du mit ihm heimlich in seinem Auto knutschst – dazu noch auf einem gottverlassenen Fabrikgelände am Rande der Stadt!

Aber ich kann Silvio unmöglich mehr geben, dachte Juliette. Unmöglich!

Sie legte ihr Besteck zur Seite und prostete mit dem Merlot ihrem Ehemann Gotthilf zu. „Danke für deine Unterstützung, Schatz.“

„Gern geschehen, Liebes“, antwortete er und lächelte. „Hauptsache: Es hat dir geschmeckt!“

Hat es dir im Auto auch geschmeckt, Juliette?, fragte das Flüstern verschwörerisch.

Die Frau dachte an Silvios heiße Küsse.

„Es war einfach lecker, Gotthilf!“, bedankte sie sich.

„Noch eine Portion?“, fragte er zuvorkommend.

„Danke, aber für heute ist es genug. Ich bin satt. Ein andermal wieder – sehr gern!“

Ja, das glaube ich dir aufs Wort, flüsterte das Sündenflüstern. Oha, dein Herz wummert erregt – ich spüre es genau!

6. Die Rückendeckung

Valentin Bauer, ein untersetzter Mann in den Vierzigern mit ausgeprägten Geheimratsecken, gab sich sichtlich irritiert. Der Grafiker hatte fünf Minuten lang ohne Punkt und Komma geredet. Dabei hatte er mithilfe des handlichen Beamers einige Präsentationsentwürfe an die weiße Wand des Büros gestrahlt, doch seine Chefin quittierte seine freiwillige Wochenend-Arbeit mit Schweigen. Valentin kannte Juliette Trust seit drei Jahren. Sie hatte ihn damals persönlich eingestellt, und er war im Laufe der Zeit zu einem Vertrauten, ja, zu einem guten Freund bei der Arbeit geworden. Geistesabwesend hatte er die Frau noch nie erlebt.

„Ist er gestorben?“, fragte er aus dem Stegreif heraus.

Juliette schaute plötzlich klar aus und sah ihren Angestellten direkt an. „Wer … wer ist gestorben?“

„Na, dein Hund?“

Juliette schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich habe keinen Hund.“

„Ja“, konterte er. „Ich weiß, aber du bist endlich wach beziehungsweise anwesend!“

Es war ihr furchtbar peinlich. „Entschuldige, Valentin! Ich habe ziemlich viel um die Ohren.“

„Kummer mit den Kids oder mit Gotthilf?“

„Weder noch. Ich bin nur unkonzentriert.“

„Dann hast du Kummer mit uns hier? Also, bei der Arbeit?“

„Gott bewahre – niemals!“ Sie lachte. „Der Laden brummt, und wir können uns über eine Flaute gewiss nicht beklagen. Es ist nur …“ Sie schwieg verhalten, schien zu überlegen.

„O Gott!“, mutmaßte er falsch. „Jemand hat versucht, dich abzuwerben – oder gar mich?“

„Völlig daneben, Valentin! Und ich bin mir nicht sicher, ob ich dich reinziehen kann. Immerhin sind wir Freunde.“

Valentin Bauer blickte zur Bürotür. Sie war geschlossen, keiner konnte lauschen. „Kommt dir das Finanzamt blöde?“

Juliette schnaufte aus. „Nein. Es ist privater Natur. Ich habe da eine Sache begonnen …“ Wieder verstummte sie.

Er ahnte es nun. „Himmel, du hast fremdgefickt!“

Sie weitete die Augen. „Nein, das habe ich nicht getan!“, wehrte sie sich. Dann runzelte sie die Stirn, sah bekümmert aus. „Jedenfalls noch nicht.“

„Noch nicht?“, wiederholte Valentin. „Dann hast du es ernsthaft vor?“

Nach einem weiteren Frauenschnaufen gab sie zu: „Ich … ich kann nur noch daran denken.“

Schweigen.

Valentin ließ sich in einen Sessel fallen, der vor ihrem Schreibtisch war. „Das wird dir nur Kummer, Scheiße und Tränen einbringen!“, sagte er schließlich hart. „Und das weißt du! Du bist kein verliebter Teenager mehr – du bist 40!“

„Ich bin 42“, korrigierte sie ihn. „Und vielleicht ist das der springende Punkt. Pausenlos habe ich Ehe, Kinder, Beruf und Alltag – und plötzlich ist da jemand, der dich mit einem Schlag aufwertet! Und ja … es fühlt sich mit Silvio gottverdammt geil an!“

Valentin hob eine Augenbraue. „Silvio?“, fragte er und sah wie die Skepsis in Person aus. „Sag jetzt bloß nicht, dass du was mit unserem Kunden angefangen hast – diesem Silvio Fredi? Dem Besitzer dieses Schickimicki-Friseursalons in der Innenstadt? Der mit dem Zwirbelbart?“

„Grundgütiger!“, antwortete Juliette spontan. „Dieser Fredi ist weit über 60!“

„Und sieht noch passabel aus!“, hängte Valentin an.

„Mein Silvio ist 25 und sieht wie ein römischer Gott aus!“

„Wenn du den Glanz in deinen hübschen Augen sehen könntest, liebste Juliette, dann wüsstest du, dass du vollkommen am Arsch bist! Dieser Gott muss dich ja völlig abgeschossen haben.“

„Hat er! Und ich fühle mich deswegen himmlisch gut und höllisch scheiße gleichzeitig – wegen Gotthilf!“ Sie rieb sich die Nasenwurzel. „Ich bringe meine Ehe in Gefahr.“

„Warum lässt du es dann nicht sein?“

„Ich kann nicht!“, flehte sie fast verzweifelt. „Verstehst du?“

„Nein, verstehe ich nicht! Und wenn du noch keinen Sex mit ihm hattest – was ist dann zwischen dir und ihm gelaufen?“

„Wir haben dreimal in seinem Auto geknutscht – und ein bisschen gefummelt!“

„Gefummelt?“

„Ja, gefummelt!“

„Hat dieser Silvio mehr gewollt?“

„Sicherlich.“

„Du auch?“

„Sicherlich.“

„Wie gesagt, Juliette. Du ziehst entweder sofort die Notbremse – oder du bist am Arsch!“

„Ich will …“ Sie schnaufte durch, ehe sie weitersprach. „Ich will aber nicht die Notbremse ziehen!“

Valentin nahm einen mahnenden Zeigefinger in die Höhe. „Dann erwarten dich Kummer, Scheiße und Tränen! Ein Seitensprung hat in den seltensten Fällen ein glimpfliches Ende.“

„Ich erwarte doch gar kein glimpfliches Ende – oder gar ein Happyend mit Silvio! Ich will ihn ficken – und nicht meine Ehe aufs Spiel setzen!“

Valentin rollte absichtlich mit den Augen. „Nun, meine Liebe, mit Fremdficken setzt man seine Ehe aufs Spiel! Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!“

Juliette schnaufte wieder belastet. „Ich weiß, aber …“

„Was aber?“

„Ich will, ich muss … ich will das unbedingt wissen, ob …“ Erneut schwieg sie, schien innerlich zu ringen.

„Ob was?“

Sie blickte Valentin an. „Ob mich Silvio in den sexuellen Wahnsinn treiben kann!“

Valentin Bauer entgegnete derb. „Höchstwahrscheinlich wird dich ein neuer Hengst erst mal in den sexuellen Wahnsinn treiben, weil du es ja unbedingt willst! Und nach dem sechsten, siebten Mal wird das aufregende Neue plötzlich zu einer vertrauten Angelegenheit.“ Zynisch erweiterte Valentin das Gesagte. „Und so mir nichts, dir nichts ist dein römischer Gott nur noch ein Schwellkörper, der ein wenig Samen verspritzt hat! Sozusagen: Vom Gott zum Bettler!“

„Siebenmal ist eine akzeptable Anzahl“, bestimmte Juliette für sich. „Dann werde ich Klarheit haben, ob es nur eine vorübergehende Phase ist.“

„Was meinst du?“

„Ich werde siebenmal mit Silvio vögeln. Und dann entscheide ich! Ich brauche die Gewissheit. Ja, ich will es!“

„Du bist nicht ganz bei Trost, Juliette!“

„Doch, Valentin! Nach siebenmal weiß ich, ob ich mit Gotthilf darüber reden muss.“

Valentin Bauer sah sie an und schüttelte ablehnend den Kopf. „Ich hoffe, du weißt, was du da tust, Juliette?“

„Nein, das weiß ich eben nicht! Aber ich fühle, dass ich es unbedingt will! Es beherrscht mich!“

„Und warum hast du es mir erzählt – und nicht deiner besten Freundin Barbara?“

Juliette Trust sah Valentin Bauer an. „Weil ich die nächsten sieben Freitage nachmittags freimachen werde. Und nur du für mich lügen kannst, falls Gotthilf zufälligerweise im Büro anrufen sollte.“

Valentin glotzte wie geohrfeigt. „Das erwartest du von mir, ernsthaft? Warum sollte ich das tun? Wir sind verdammt nochmal Freunde!“

„Eben deshalb! Du bist mein Freund, nicht Gotthilfs. Ich würde dich nicht darum bitten, wenn es eine andere Möglichkeit geben würde.“

„Juliette, lass es sein!“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich würde mich ewig fragen, ob ich eine Chance verpasst habe.“

„Juliette, manchmal ist es im Leben sinnvoll, nicht alles zu wissen.“

„Ja … aber diese Sache muss ich wissen! Wirst du mir helfen? Wirst du mich decken? Gibst du mir … Rückendeckung?“

7. Über die Schwelle gehen

„Du siehst in dem Sommerkleid sehr sexy aus.“

Das Kompliment ihres Ehemannes Gotthilf zauberte ein echtes Lächeln auf ihr attraktives Gesicht, obwohl Juliette gleichzeitig innerlich sehr angespannt war.

Konnte es sein, dass er etwas ahnte?

„Im Radio haben sie von Hundstagen gesprochen, und ich will im Büro nicht davon fließen“, log sie glaubwürdig. „Die Klimaanlage ist kaputt.“

Gotthilf goss ihr Kaffee zum Frühstück ein. „Stimmt“, bestätigte er. „In der Zeitung steht, dass es am Nachmittag 38 Grad geben soll. Da bin ich froh, dass unser Internat in einem kühlen Wasserschloss untergebracht ist.“

Sie lächelte. „Hat durchaus seine Vorteile, ein Lehrer in einem Naturidyll zu sein.“

Er bemerkte die Sporttasche, die sie an den Türrahmen zur Küche gestellt hatte. „Hast du heute noch vor zu trainieren? Bei der enormen Hitze?“

Sie hielt seinem Blick stand. „Lockeres Laufen – und ein wenig Krafttraining. Das Studio ist hervorragend klimatisiert.“ Spontan fügte sie an. „Bei dem horrenden Monatsbeitrag ist eine anständige Aircondition das Mindeste, finde ich.“ Um ihn vom Thema abzubringen, hängte sie an: „Denk dran, wir sind um 19:00 Uhr bei Reiner und Babs zum Grillen verabredet. Ich dusche im Studio – und fahre direkt hin. Das spart Zeit.“

„Grillen – ist das heute?“, fragte er unwillig.

Barbara und Reiner Richter waren seit gefühlten Ewigkeiten ihre besten Freunde. Reiner war zudem Gotthilfs Kollege am Weisenfurth-Internat. Er unterrichtete Mathematik und war Sportlehrer. Barbara führte eine Modeboutique in der Innenstadt und brachte Kleidung für Mollige an die Frau.

„Richtig, mein lieber Göttergatte!“, sagte Juliette und bestrich sich eine gebräunte Toastscheibe mit Marmelade. „Der Grillabend ist heute. Vergiss bitte die eingelegten Steaks nicht! Sie liegen in einer Box im Kühlschrank.“

„Richtige Lust habe ich keine“, gab er zu. „Sollen wir nicht kurzfristig absagen?“

Sie stutzte und hatte Angst um ihre eigenen Pläne. „Und weswegen?“

„Nun“, meinte Gotthilf. „Sabrina und Benny sind doch heute auf dieser Party eingeladen. Wir haben eine sturmfreie Bude.“

Jetzt nicht auffällig werden, Juliette, warnte das Sündenflüstern. Geh darauf ein!

„Aber hallo? Blowjob und Doggy können wir doch noch heute Nacht haben“, sagte sie mit einem gespielt erwartungsvollen Blick. „Trink halt nicht so viel Wein, mein Lieber!“

„Okay, überredet!“, ergab sich Gotthilf.

Sie schmunzelte, dann sah sie auf die Uhr. „O, ich muss los! Ich habe um 08:30 Uhr eine Besprechung mit dem Team. Wäre dumm, wenn die Chefin zu spät käme.“ Juliette stand auf, gab ihrem Mann einen langen Kuss auf die Lippen und wollte aus der Küche gehen.

„Vergiss deine Sportsachen nicht!“, hielt er sie zurück.

„Danke, Schatz“, sagte sie und griff nach der Tasche. „Wo habe ich nur meine Gedanken?“

Dann verließ sie das Haus.

Auf dem Weg zum Büro, das sich im Zentrum der Stadt befand, suchte Juliette Trust mit ihrem Auto einen Drogeriemarkt auf, den sie noch niemals zuvor betreten hatte. Hier kannte man sie sicherlich nicht. Da die Zeit drängte, fragte sie rasch eine junge Verkäuferin, die Bio-Baby-Brei in ein Regal einsortierte.

„Bitte entschuldigen Sie, ich suche Kondome.“

Die Blondierte schaute Juliette freundlich an. „Neutrale oder mit Geschmack?“

Juliette überlegte kurz und entschied sich dann für Erdbeergeschmack, denn sie war sich nicht sicher, wie weit sie wirklich gehen würde. Doch Silvios Schwanz wollte sie unbedingt blasen, und sie liebte Erdbeeren.

Die Arbeitszeit an diesem Freitagvormittag kroch für Juliette dahin. Alle 15 Minuten blickte sie auf die Armbanduhr. Endlich war es Mittag. Bevor sie die Werbeagentur verließ, klopfte sie an Valentin Bauers Bürotür. „Ich habe mein Telefon auf dich umgestellt, falls Gotthilf anrufen sollte.“

Der Mann verzog kurz sein Gesicht. „Du musst wissen, was du tust. Wie gesagt, gut finde ich das nicht, Juliette.“

„Bitte“, sagte sie eindringlich. „Es ist wichtig für mich. Kann ich mich auf dich verlassen, Valentin?“

Er nickte. „Pass auf dich auf, ja? Du kennst diesen Silvio kaum!“

„Ich bin ein großes Mädchen“, strahlte sie ihn an.

„Da bin ich mir nicht so sicher“, sagte er zynisch. „Also, wir sehen uns Montag.“

Im Süden der Stadt befanden sich die Hochhaussiedlungen, fernab von Schönheit und Glanz. Hier in den rissigen Betonburgen wohnten meist die sozial Schwachen oder diejenigen, die einfach nur anonym leben wollten. Als Juliette Trust ihren SUV parkte und die Gebäude sah, fragte sie sich wiederholt: Was mache ich hier eigentlich?

Doch das sehnsüchtige Verlangen nach Silvio Rossi und die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen brachten alle Vernunft zum Schweigen. Die Braunhaarige in dem weißen Sommerkleid überprüfte ihre Handtasche. Das Smartphone war ausgeschaltet. Sie öffnete die Packung Kondome und steckte zwei in die Handtasche. Die restliche Schachtel verbarg sie im Handschuhfach. Da Gotthilf so gut wie nie in ihrem Auto mitfuhr, waren die Präservative dort sicher vor ihm versteckt. Sie schloss den Wagen ab und nahm den Zugangsweg zu dem Hochhaus. Müllsäcke stapelten sich vor dem Eingang. Kinder spielten ausgelassen auf einem spärlich ausgestatteten Spielplatz in der Nähe.

Hier kennt mich glücklicherweise kein Schwein, dachte die Frau und besah sich die teilweise verschmierten Klingeln. Nun ja, ich bin nicht hier, um ihn zu heiraten! Juliette drückte den Klingelknopf mit der Beschriftung: Silvio Rossi.

„Ja, wer ist da?“, fragte er durch die Sprechanlage. Beim Klang seiner sonoren Stimme schlug ihr das Herz bis zum Halse und ihr wurde schlecht vor Erregung. Im Geiste sah sie seine braunen Augen und seinen frechen Blick, wenn er sie ansah.

„Ich bin’s Juliette!“, hauchte sie mädchenhaft aufgeregt.

„Ich bin so glücklich, dass du wirklich gekommen bist“, hörte sie ihn charmant sagen. „Sechster Stock, Apartment sechs.“

Welch Symbolik, dachte Juliette amüsiert.

Der Türsummer ging, und sie trat ein.

Soll ich die Treppe nehmen?, überlegte sie. Sechster Stock? Nein, da bin ich außer Atem, bis ich oben angekommen bin!

Sie betätigte die Taste am Lift.

In der Fahrstuhlkabine, die mit Graffiti verziert war, kam dieses Gefühl. Es war eine Mischung aus Aufregung vor dem Unbekannten und einem Unwohlsein, die sie sich nicht näher erklären konnte.

Verdammt, ich werde meinen Ehemann betrügen, überfiel es sie, während der Fahrstuhl am vierten Stock vorbeifuhr.

Stimmt, bekräftigte das Sündenflüstern in ihr. Und deine Muschi trieft, Juliette! Nein, sie läuft geradezu aus!

Sechster Stock. Der Lift hielt an, die Fahrstuhltüren glitten zur Seite. Im schwach beleuchteten Flur war keine Menschenseele.

Noch kann ich zurück!

Das Flüstern lachte dreckig und sagte: Aha, deswegen hast du Erdbeergeschmack ausgewählt, um jetzt zu zögern? Du willst ihn doch – dann hol ihn dir! Keiner weiß was, keiner ahnt was! Genieß es – zieh’s einfach durch! Es wird dir gefallen! Oder bist du langweilig und feige geworden?

Sie stand plötzlich vor der Apartmenttür Nummer sechs. Hier gab es noch einen Klingelknopf: Rossi.