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Mit Mut, Charm und Enthusiasmus hat Nick es geschafft: Er ist endlich mit seinem ersten Freund zusammen. Und zwar nicht mit irgendeinem Jungen, sondern mit einem waschechten Superhelden. Doch dann taucht eine Gruppe neuer Extraordinaries in Nova City auf – mit Kräften, von denen bisher noch nie jemand etwas gehört hat. Die Stadt droht ins Chaos zu stürzen, und Nick und seine Freunde müssen erst einmal herausfinden, wer bei alldem eigentlich gut und wer böse ist …
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Seitenzahl: 641
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das Buch
Nick ist überglücklich, denn seit Kurzem ist er mit seinem besten Freund Seth zusammen, der nicht nur hervorragend küssen kann und verboten sexy ist, sondern, wie sich herausgestellt hat, sich auch hinter dem Superhelden Pyro Storm verbirgt. Und wer will schon Superhelden-Fan-Fiction schreiben, wenn er mit einem waschechten Superhelden zusammen sein kann? Richtig, niemand. Doch dass er selbst keine Superkräfte besitzt, macht Nick nach wie vor zu schaffen. Ausgerechnet jetzt kommen neue Extraordinaries nach Nova City: Geschwister, die Eis und Rauch beherrschen, ein geheimnisvoller Superheld, der die Gabe der Telekinese besitzt und eine Drag Queen, die sowohl mit ihrem Namen als auch mit ihren Kostümen für Furore sorgt. Als alte Geheimisse ans Licht kommen und die Ereignisse in Nova City sich zu überschlagen drohen, ist es an Nick und seinen Freunden herauszufinden, wer in diesem ganzen Chaos eigentlich gut und wer böse ist …
Die EXTRAORDINARIES bei Heyne:
Band 1: Die Außergewöhnlichen
Band 2: Neue Helden
Band 3: Alte Geheimnisse
Der Autor
Im Alter von sechs Jahren griff T. J. Klune zu Stift und Papier und schrieb eine mitreißende Fanfiction zum Videospiel Super Metroid. Zu seinem Verdruss meldete sich die Videospiel-Company nie zu seiner verbesserten Variante der Handlung zurück. Doch die Begeisterung für Geschichten hat T. J. Klune auch über dreißig Jahre nach seinem ersten Versuch nicht verlassen. Nachdem er einige Zeit als Schadensregulierer bei einer Versicherung gearbeitet hat, widmet er sich inzwischen ganz dem Schreiben. Für die herausragende Darstellung queerer Figuren in seinen Romanen wurde er mit dem Lambda Literary Award ausgezeichnet. Mit seinem Roman Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte gelang T. J. Klune der Durchbruch als international gefeierter Bestsellerautor. Im Heyne Verlag sind von T. J. Klune außerdem erschienen: Das unglaubliche Leben des Wallace Price, Die unerhörte Reise der Familie Lawson und Aus Sternen und Staub.
T. J. KLUNE
Roman
Aus dem Amerikanischen übersetztvon Michael Pfingstl
Titel der Originalausgabe:
THEEXTRAORDINARIES – FLASHFIREBOOK 2
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Deutsche Erstausgabe 06/2024
Redaktion: Lisa Scheiber
Copyright © 2021 by Travis Klune
Copyright © 2024 der deutschsprachigen Ausgabeund der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: Das Illustrat GbR, München
Satz: Schaber Datentechnik, Austria
ISBN 978-3-641-29271-3V001
Diese Geschichte ist für alle, die denken, sie wären nicht außergewöhnlich.
Glaubt mir, ihr seid es.
Verpuffung:
Schnelle und heftige Flammenentwicklung in einem Gemisch aus Luft und einer brennbaren Substanz.
Autor: PyroStormLieblingsmensch
Kapitel 36 von?
137.467 Wörter
Pairing: Pyro Storm/OMC
Altersempfehlung: ab 17 (endlich raufgegangen!)
Tags:True Love; Romantik; Pyro Storms sanfte Seite; Happy End; Erster Kuss; Mehr als erster Kuss; Wattewolkenweich; Jede Menge Action; Böser Shadow Star; Bakery AU; Privatdetektiv; Anti Rebecca Firestone; Hände unter Klamotten; !!!;Nacktparty und alle sind eingeladen
Kapitel 36: Verbrenn mich
Anmerkung des Autors:Yesss, endlich ein Update! Sorry, dass es so lange gedauert hat. Ich war mit den Ferien und meinem fantastischen Freund beschäftigt, der so ziemlich die beste Person auf der ganzen Welt ist. Und dann fing die Schule wieder an. Aber ich verspreche, dass ich weiterschreiben werde. Tausend Dank für die Kommentare zum letzten Kapitel! Ich habe alle gelesen. (Auch die fiesen. Frage: Warum macht ihr das? Was ist denn so toll an gemeinen Kommentaren? Lasst mich in Ruhe, verdammt.) Die Geschichte unserer Helden kommt allmählich in die heiße Phase – in mehrerlei Hinsicht! – und ich präsentiere euch endlich ein Kapitel aus der Perspektive von Pyro Storm, wie es sich so viele von euch gewünscht haben! Ein Dank an meinen BF und Testleser (auch wenn er meinte, dass Pyro Storms Eight-Pack eine anatomische Unmöglichkeit ist). Danke!!!
Pyro Storm kauerte auf dem Dach des Gebäudes und betrachtete die unter ihm ausgebreitet liegende Stadt. Er wusste um ihr krankes Herz, das klumpige Blut, das durch ihre dunklen Adern floss. Er liebte diese Stadt. Sie war seine Herrin und er würde alles für sie tun.
Fast alles.
Er blickte nicht über die Schulter, als die Tür hinter ihm aufging. Er wusste, wer es war.
»Pyro Storm«, sagte eine tiefe, erotische Stimme. »Da steckst du also. Ich habe dich gesucht.«
»Nash«, raunte Pyro Storm verführerisch. Als er vor Monaten benommen und verletzt in Nash Bellins Bäckerei/Privatdetektei getaumelt war, hatte er lediglich Unterstützung im Kampf gegen eine Gruppe von Meisterdieben gesucht, die ihre schöne Stadt bedrohten. Dass Nash der größte Meisterdieb von allen war, ahnte er da noch nicht.
Denn kurz darauf stahl Nash Pyro Storms Herz.
»Was machst du hier oben?«, fragte Nash.
»Beobachten«, antwortete Pyro Storm. »Warten.« Die Lichter der Stadt erstreckten sich, so weit das Auge reichte.
»Worauf?«
Pyro Storm schüttelte den Kopf. »Du würdest es nicht verstehen.«
»Weil ich kein Außergewöhnlicher bin«, erwiderte Nash verbittert.
Pyro Storm wirbelte herum und sprang von der Brüstung aufs Dach, die Hände zu Fäusten geballt. »Nein«, knurrte er. »Es hat nichts damit zu tun. Du musst kein Außergewöhnlicher sein. Du bist schon ein weltberühmter Bäcker-Schrägstrich-Privatdetektiv. Das genügt, Nash.«
Nash schluckte und sah weg. »Warum redest du dann nicht mit mir? Ich erzähle dir von meinen Gefühlen für dich und dass ich dich lie…«
»Nicht«, flüsterte Pyro Storm. Er hatte diese Worte nicht verdient. Schon seit er ein Kind war – aus dem Feuer geboren –, war er ein Einzelgänger. Eine Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen, bedeutete, ebenjenen Menschen zur Zielscheibe zu machen. Es wäre nicht das erste Mal. Er hatte schon mal jemanden den Menschen hinter der Maske sehen lassen, und es war in einer Tragödie geendet. Seine erste Liebe, Jacoby Middleton, war viel zu früh ein Opfer des Bösen geworden.
Wie immer wusste Nash, was er gerade dachte. »Es geht um Jacoby, oder?«
Pyro Storm wandte sich wieder der Stadt zu und starrte ausdruckslos in die Ferne. Lass ihn deinen Schmerz nicht sehen, dachte er. Lass ihn nicht sehen, wie viel er dir bedeutet.
»Ich bin nicht er«, sprach Nash weiter. Seine Stimme klang, als wäre er jetzt näher. »Es tut mir leid, dass du ihn verloren hast, als sich herausstellte, dass er der Schurke Smasher Man ist, der alles zerschlägt, was ihm unter die Augen kommt, sogar Waisenkinder auf einem Ausflug. Du konntest es gar nicht wissen.«
»Meine Gefühle haben mich blind gemacht«, krächzte Pyro Storm. »Das darf nicht noch einmal passieren.« Er spürte Nashs Hand auf seiner Schulter und erschauerte.
»Ich bin nicht böse«, flüsterte Nash, und Pyro Storm musste sich mit aller Macht beherrschen, um nicht an Ort und Stelle über ihn herzufallen. »Ich werde mich nicht in einen Superschurken verwandeln. Alles, was ich will, ist Scones backen, Verbrechen aufklären und … und dich lieben.«
Jetzt war es ausgesprochen, es gab kein Zurück mehr.
Pyro Storm war stark, mutig, gütig und sehr attraktiv. Aber gegen wahre Liebe hatte nicht einmal er eine Chance. Sie war ein zu mächtiger Gegner. Er hatte den Kampf bereits verloren.
Er drehte sich um und blickte in Nashs strahlende, wunderschöne Augen.
»Nash«, sagte er und zog ihn an sich. »Das ist gefährlich.«
»Gefahr ist mein zweiter Vorname«, erwiderte Nash, denn genau so war es: Nash Danger Bellin. Eine Familientradition. »Ich komme schon zurecht.« Er legte die Hände auf Pyro Storms muskulöse Brust und ließ sie zu seinem Beinahe-Eight-Pack wandern. »Mit allem an dir.« Die Hände wanderten weiter. Noch weiter. Und dann … küsste Pyro Storm ihn. Ihm blieb keine andere Wahl. Nash stöhnte, als er Pyro Storms Zunge in seinem Mund spürte. Endlich würden sie eins werden.
Pyro Storm spürte die mächtigen Muskeln an Nashs Armen und auf seiner Brust. Er konnte nicht fassen, wie stark er war. Nash trainierte viel, und das merkte man.
»Besorg’s mir«, keuchte Nash. »Gleich hier auf dem Dach. Du bist nicht mein Erster, aber ich möchte, dass du der Letzte bist. Zeig mir, wie ein Außergewöhnlicher es macht.«
Pyro Storm fühlte sich, als würde er von innen heraus verbrennen. Er trat einen Schritt zurück und zog Stück für Stück sein Kostüm aus. Er öffnete den Verschluss seines Umhangs und ließ ihn zu Boden fallen. Er bückte sich vornüber und streifte die Stiefel ab. Dann den Rest des Kostüms.
Er wollte gerade seine Maske ablegen, da hauchte Nash: »Nein. Sie gefällt mir.«
Dann stürzte sich Pyro Storm auf Nash Danger Bellin, und ihre Lenden rieben sich hitzig aneinander.
Fortsetzung folgt …
Kommentare:
Voll(dr)aufAußergewöhnlich 13:45:IHKJREITHJ!!!! DASWARSOWASVONHEISS. OMF. SEXAUFDEMDACHEINESWOLKENKRATZERSUNDIMDUNKELN. YES, YES, YES. DASNÄCHSTEUPDATE, JETZTSOFORT!!!!!!!
LetPyroStormSmash 14:04: Ich habe mich angemeldet, damit ich dir sagen kann, wie sehr ich diese Geschichte liebe, und um dich um etwas zu bitten! Kann Pyro Storm Nash bitte absägen und wieder mit Smasher Man zusammenkommen? Es ist zwar das erste Mal, dass Smasher Man überhaupt erwähnt wird, aber er ist jetzt schon interessanter als Nash. Alles andere liebe ich einfach! (Außer Nash.)
WTF6969 14:12: Warum hast du die Polizei seit beinahe zehn Kapiteln nicht mehr erwähnt, vor allem, wo Nash doch anfangs mit ihr zusammengearbeitet hat? Bitte sag jetzt nicht, dass du zu einem dieser Kämpfer für soziale Gerechtigkeit mutiert bist.
TacosSindToll 14:37: Ignorier WTF6969. Das Gleiche schreibt xie zu jeder Außergewöhnlichen-Fic.
ExtraAußer 15:17: In Kapitel 17 hast du geschrieben, Nashs zweiter Vorname wäre Rebel. Jetzt heißt er auf einmal Danger? Und warum hältst du Pyro Storms Identität geheim? Ständig trägt er eine Maske, egal bei was. Und jetzt auch noch beim Sex? Das ist einfach gruselig. Oder ist das so ein BDSM-Ding? Wenn ja, solltest du deine Tags updaten, damit die Leute vorgewarnt sind.
FireStoned 16:12:ANTIREBECCAFIRESTONEISTDERBELEIDIGENDSTETAGAUFDIESERBESCHEUERTENSEITE. ICHWERDEDIESEFICMELDEN. SIEHATMICHGETRIGGERT, WEILICHREBECCALIEBEUNDSIEDIEBESTEPERSONAUFDERWELTIST. WIEKANNSTDUESWAGEN, IHREBEITRÄGEZUDISSEN. SIEUNDPYROSTORMHABENDIESTADTGERETTET. REBECCAFIRESTONEFORPRESIDENT. NICHTALLESISTSCHWUL!!!!!!
SoundOfJazz 16:26: Hi! Hab gerade deine Geschichte entdeckt! Gibby lässt grüßen und sagt, dass sie voller Lügen ist. Bitte schreib nicht über Sex, denn das wäre uns extrem peinlich. Ich liebe dich!
ReturnOfTheGray 17:15: PyroStormLieblingsmensch: Nein.
»Ja, Nicky«, stöhnte Seth Gray.
Nick war noch nie in seinem Leben so stolz auf sich gewesen. Zugegeben, er war auch noch nie so angetörnt gewesen und konnte sich nicht richtig konzentrieren, weil alles Blut aus seinem Gehirn nach unten gewandert war, aber trotzdem. Seinen Namen in diesem Tonfall aus Seths Mund zu hören genügte, um sämtliche Schaltkreise in Nicholas Bells Kopf lahmzulegen.
Schweiß lief seinen Nacken hinunter, während er sein Gewicht verlagerte. Sie lagen auf Nicks Bett, Seth unter ihm. Seths Brille war verrutscht, seine Fliege war halb aufgeknöpft und seine dunklen Locken waren zerzaust. Sein Sweatshirt war hochgeschoben, darunter lugte ein Streifen nackter Haut hervor. Seths Wangen glänzten knallrot und seine Lippen waren geschwollen, nachdem Nick sie zwanzig Minuten lang bearbeitet hatte. Nick fand, dass sie das Knutschen bereits perfekt hinbekamen.
Doch nun standen sie vor einem Dilemma: aufhören, solange sie noch konnten, oder weitermachen und das seltsame, unbekannte Land von Petting und Nice Time betreten? Es war Samstag und sie hatten das Haus für sich. Dad war mit Polizeichef Rodney Caplan und Officer Rookie beim Mittagessen, um etwas zu besprechen. Nick sollte eigentlich nicht wissen, worum es ging, aber er war ja nicht blöd. Ganz egal, wie sehr gewisse … Handlungen, die er letztes Jahr vorgenommen hatte (oder, um ehrlich zu sein, schon sein ganzes Leben lang), für das Gegenteil sprachen. Er hatte die Posts in den sozialen Medien gesehen, in denen Reformen und Etatkürzungen gefordert wurden, und er hatte die Menschen auf der Straße lauthals nach Veränderungen rufen hören. Nick war stolz auf seinen Vater, aber die Bedenken, die diese Leute äußerten, waren durchaus berechtigt. Doch Aaron Bell sprach nicht viel darüber, zumindest nicht mit Nick. Cap und Rook genauso wenig, und das ärgerte ihn maßlos.
Vor allem, da er den Vormittag damit verbracht hatte, mit Dad in dessen funkelnagelneuem SUV herumzufahren, den er im Zuge seiner Aufgabe als Leiter der neu eingerichteten Außergewöhnlichen-Abteilung bekommen hatte. Sie hatten Besorgungen gemacht und dabei Musik aus Nicks via Bluetooth verbundenem Handy gehört. So viel zum Thema Überfinanzierung der Polizei. Nick wusste die gemeinsame Zeit mit seinem Dad zu schätzen, trotzdem war ihm nicht entgangen, dass der Wagen beheizte Ledersitze hatte. Und wozu? Nick glaubte, dass Aaron Bell im Dienst bestimmt andere Probleme hatte als einen kalten Hintern.
Apropos Aaron.
Er würde wahrscheinlich erst in ein paar Stunden wieder zu Hause sein, vor allem, wenn die drei das ein oder andere Bier zu ihrem Mittagessen tranken. Seth war vorbeigekommen, um Nick bei den Hausaufgaben zu helfen (Trigonometrie, mal wieder), und sie hatten Dad versprochen, nicht nach oben zu gehen. Nick hatte ihn unschuldig angelächelt, während Aaron ihn und Seth mit strenger Miene musterte und Seth quiekte (wie er es in solchen Situationen oft tat, obwohl er Flammen aus seinen Händen verschießen konnte).
Sie hatten wirklich vorgehabt, nur Hausaufgaben zu machen. Ehrlich. Nick war nicht am Durchfallen oder so, aber es stand eine Prüfung an, für die er noch nicht ganz bereit war, und er wollte so viele Aufgaben wie möglich durchgehen. Es war Valentinstag, und Hausaufgaben hatten nun wirklich nichts Romantisches. Außerdem würden sie sich später noch mit ihren Freundinnen zu einem Doppel-Date treffen. Nick hatte beschlossen, vernünftig zu sein, ja, geradezu reif.
Es gab nur ein Problem dabei: Seth. Seth, wie er mit gerunzelter Stirn die Bücher und Arbeitsblätter auf dem Tisch betrachtete. Seth, der Salzbrezeln knabberte, während er über die Seiten und Winkel von Dreiecken sprach. Seth, der wahrscheinlich der heißeste Typ überhaupt war, so heiß, dass Nick auf jeden Fall sterben würde, wenn er ihm nicht innerhalb der nächsten fünf Minuten die Zunge in den Hals steckte.
»Hey«, hatte Nick gesagt und damit die langweiligste Mathematik-Nachhilfestunde der Menschheitsgeschichte unterbrochen, wie er fand. »Kann ich dir oben was zeigen?«
Seth wischte sich mit dem Handrücken die Salzkörner von den Lippen. »Was?«
Nick beugte sich vor und stützte das Kinn in die Hände. »Das ist eine Überraschung.«
»Eine Überraschung«, wiederholte Seth ein wenig skeptisch, denn, nun ja … so gut Nick es mit seinen Überraschungen auch meinte, manchmal explodierten sie, und das wortwörtlich.
Aber diesmal würde es eine gute Überraschung werden. Mit möglicherweise ebenso guten Explosionen. Da Nick schon immer von der eher prüden Sorte gewesen war, wurde er prompt rot ob seiner eigenen Kühnheit, doch so leicht ließ er sich nicht ins Bockshorn jagen. Also stand er auf und sagte: »Komm schon. Es dauert nicht lange.«
Das war nicht gelogen. Denn sollten sie dieses Mal weiter gehen als bisher, wäre es bestimmt ziemlich schnell vorbei.
»Dein Dad hat gesagt, wir sollen nicht nach oben, solange er weg ist«, entgegnete Seth und stand ebenfalls auf.
Das stimmte. Und als Nick seinem Dad ins Gedächtnis gerufen hatte, dass man auch ohne Bett ungesetzliche Umtriebe veranstalten konnte (Nick hatte es tatsächlich so formuliert, seine Wortwahl aber sofort bereut), hatte Aaron damit gedroht, das gesamte Mobiliar mit Plastikplanen abzudecken, damit sie keine Flecken hinterließen.
Nick hatte mit berechtigter Entrüstung darauf reagiert, und dann hatte sein Dad alles noch schlimmer gemacht, indem er mit den Worten was bei läufigen Hunden funktioniert, wird auch bei Jungs klappen eine Sprühflasche aus dem Küchenschrank holte und Nick damit ins Gesicht spritzte.
Nick liebte seinen Vater über alles, auch wenn dessen einziger Lebenszweck zu sein schien, dafür zu sorgen, dass er für den Rest seines Lebens Jungfrau blieb.
Was vollkommen in Ordnung war, zumindest im Moment. Ja, er hatte einen superheißen Freund mit Superkräften, der sich Pyro Storm nannte, einen umwerfenden Körper hatte und immer Chinos trug, wenn er nicht gerade sein Außergewöhnlichen-Kostüm anhatte. Und ja, Nick liebte es, mit besagtem Superhelden-Freund zu knutschen. Trotzdem war er nicht sicher, ob er schon bereit war, den nächsten Schritt zu gehen.
Und dass Nick danach getan hatte, was er immer tat, wenn er etwas nicht wusste, machte alles nur noch schlimmer: Nick hatte ausführlich zum Thema recherchiert. Junge, Junge, ein Riesenfehler. Gleichzeitig angetörnt und entsetzt zu sein, war verwirrend. Hauptsächlich dafür verantwortlich war ein Artikel mit der Überschrift »Was einen guten Bottom ausmacht«, der zu allem Überfluss auch noch detaillierte Anweisungen zum Thema Einläufe enthielt, um unangenehme Begleiterscheinungen zu vermeiden. Samt Illustrationen. Außerdem den Tipp, bei den Vorbereitungen immer Gummihandschuhe zu tragen, um den Enddarm nicht zu verletzen.
Und all das kratzte noch nicht einmal ansatzweise an dem weiten und erschreckenden Feld, was es bedeutete, ein moderner schwuler Mann im einundzwanzigsten Jahrhundert zu sein. War er ein Twink? Ein Twunk? Ein Power-Top? Ein Power-Bottom? Ein Bär? Ein Daddy? (Für die letzten beiden hatte Nick nicht genug Körperbehaarung, aber er wollte nichts kategorisch ausschließen.) Setzten sich die Hetero-hos auch mit solchen Fragen auseinander? Wenn nicht, war das auf eine Weise homophob, für die Nick nicht einmal Worte hatte. Wie konnten sie es wagen, all diese Schubladen einfach links liegen zu lassen?
Er klickte weiter, und als er schließlich bei Furry-Fandom landete (Leute, die sich als Wölfe, Ziegen und Hühner verkleideten, und wie toll das war), wurde ihm klar, dass das mehr war, als er verkraften konnte.
Er war sechzehn, verdammt noch mal. Er hatte es nicht nötig, ein Power-Ziegen-Twunk zu sein. Er hatte eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und eine gesunde Libido, was zusammengenommen nicht viel Platz für irgendetwas anderes ließ.
Und aus diesem Grund bestand die Überraschung, die er für Seth vorbereitet hatte, darin, ihn aufs Bett zu werfen und niederzuknutschen. Seth protestierte kurz unter dem Ansturm von Nicks Lippen und gab dann allen Widerstand auf, als Nick ihn unterhalb des Ohrs in den Hals biss, was ihn endgültig zum Schmelzen brachte.
Nick war alles andere als ein Experte in diesen Dingen, vor allem, da er seine ersten Erfahrungen mit einem Superschurken gesammelt hatte, der anschließend versuchte, ihn zu töten. Aber die wohligen Laute, die Seth von sich gab, und wie er seine Hüfte dabei bewegte, bedeutete wahrscheinlich, dass Nick seine Sache gut machte, oder? Seth schmeckte nach Brezeln, was Nick überraschend heiß fand. Oh Gott. Was, wenn er einen Essensfetisch hatte? Wie hießen diese Leute noch mal? Foodies? Scheiße. Was, wenn er ein Foodie war?
Da fiel ihm ein, was er auf Reddit über Safety und gegenseitiges Einvernehmen gelernt hatte. »Wir müssen nichts machen, was du nicht willst. Du hast das Recht, Nein zu sagen, und ich werde deine Entscheidung respektieren, egal, wie sie ausfällt.«
Seth kicherte leise. »Echt? Wie nett von dir.«
»Ich weiß«, erwiderte Nick abgelenkt, denn Seths Sweatshirt war jetzt noch höher gerutscht. Noch zwei Zentimeter, dann wäre sein Bauchnabel zu sehen. Würde er das scharf finden? Nick glaubte es, war aber nicht sicher. Hatte er möglicherweise einen Bauchnabelfetisch? Was für eine niederschmetternde Erkenntnis, und ausgerechnet jetzt. Es machte ihm schon genug zu schaffen, dass er ein Foodie war.
»Nick«, sagte Seth.
»Ich habe keine kranken Fantasien!«, platzte Nick heraus und riss den Blick von Seths Bauch los. »Ich stelle mir nicht vor, dich mit Erdnussbutter einzucremen und sie dann von deiner Haut zu lecken oder so.«
»Was?«
»Nichts«, erwiderte Nick hastig. »Vergiss, was ich gesagt habe. Reden wir einfach über was anderes. Wie geht’s dir? Mir geht’s gut, danke der Nachfrage. Möchtest du deine Hose ausziehen und ein bisschen bleiben?« Da fiel Nick ein, dass er dann eventuell auch seine Hose ausziehen müsste. Sein Atem stockte. Das hier war genau das, was er wollte, und gleichzeitig ging alles viel zu schnell. Er hatte keine Ahnung, wie er diese beiden Gegensätze miteinander vereinbaren sollte, und dieses Dilemma ließ seinen Kopf schmerzen.
»Hey, hey«, sagte Seth und hielt Nicks Arme fest. »Nicky, sieh mich an.«
Nick tat es und versuchte, sich zu beruhigen, bevor er völlig die Kontrolle verlor. Es war zwar schon besser geworden, aber er hatte immer noch die Tendenz, sich selbst zu triggern, bis seine Gedanken einfroren, sich seine Kehle zuschnürte und er einen Tunnelblick bekam. Wenn er nicht rechtzeitig etwas dagegen unternahm, würde er wieder einen seiner Kopfschmerzanfälle bekommen, und dann wäre er für mehrere Stunden ausgeknockt oder sogar noch länger.
Das Medikament, das er nahm – Concentra! Das hilft dir, dich zu konzentrieren! – dämpfte die schlimmsten ADHS-Symptome zwar, aber die Kopfschmerzen waren häufiger geworden. Eine Nebenwirkung, wie ihm und seinem Dad gesagt worden war, doch damit müsse er zurechtkommen, schließlich sei Concentra ja das Beste für ihn.
Nick atmete durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, er spürte, wie Seths Griff um seine Handgelenke fester wurde und ihn erdete.
»Schon besser«, sagte Seth mit sorgenvoll gefurchter Stirn. »Alles gut, Nicky. Entspann dich.«
»Sorry«, murmelte Nick. Er kam sich so lächerlich vor. Den Moment hatte er jetzt natürlich ruiniert. Dumm, wie unendlich dumm von ihm. Er war nicht einmal in der Lage, seinen willigen Freund zu verführen.
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, widersprach Seth. Er ließ Nick los und rieb seine Arme. »Bist du wieder okay?«
Er nickte. »Ja. Ich … du weißt schon. Ich habe über deinen Bauchnabel nachgedacht und mich gefragt, ob ich einen Nabeltick habe.« Er runzelte die Stirn. »Oder so was in der Art. Und dann kam noch Erdnussbutter ins Spiel, und jetzt haben wir den Salat.«
»Ich habe keine Ahnung, was ich dazu sagen soll«, erwiderte Seth. »Aber schau.« Er schob seinen Sweater hoch und legte zehn Meilen straffer Bauchhaut frei. »Wie findest du meinen Nabel?«
»Unglaublich«, keuchte Nick. Und weil er gar nicht anders konnte, beugte er sich hinunter und presste den Mund auf Seths Bauch. Als er merkte, wie Seth unter der Berührung seiner Lippen zusammenzuckte, blies er, so fest er konnte. Das Furzgeräusch hallte durchs ganze Zimmer, Seth bäumte kreischend die Hüften auf und stieß Nick vom Bett.
Aber das war’s wert.
»Du Idiot!«, bellte Seth. »Was soll das?«
Nick lag auf dem Boden und grinste die Decke an. »Ich wollte nur blasen!«
»Blasen? Du Arsch, ich zeig dir gleich, wie man bläst, bis du nicht einmal mehr weißt, wie dein eigener bescheuerter Vorname lautet.«
Damit sprang Seth vom Bett und landete direkt auf Nick, dem es alle Luft aus der Lunge presste. Er konnte gerade noch ein Schnauben ausstoßen, bevor Seth sein Hemd hochschob und das Gleiche mit Nicks Bauch machte. Nick versuchte kichernd, ihn von sich runterzustoßen, aber Seth war zu schwer. »Blasen!«, skandierte Nick zwischen seinen Lachern. »Blasen, blasen, blas…«
»Ähem.«
Vor nicht allzu langer Zeit war Nick von der McManus-Brücke gestürzt und auf den Hunderten von Metern darunter liegenden Asphalt zugerast, wo er mit Sicherheit einen schrecklich unansehnlichen Tod gestorben wäre. Und all das nur wegen eines Idioten namens Shadow Star, der Nicks Fanfiction ein bisschen zu ernst genommen hatte. Doch jetzt, in diesem Moment, zog Nicks Leben das zweite Mal an seinem inneren Auge vorbei. Er war sicher, dass dies das Ende war, auch wenn die Todesursache diesmal kein Aufpralltrauma sein würde, sondern Scham, denn sein Zimmer hatte offenbar eine fantastische Akustik. Seine Worte hallten immer noch leise nach, als er und Seth gleichzeitig die Köpfe Richtung Tür drehten, wo Aaron Bell mit vor der Brust verschränkten Armen und grimmigem Gesichtsausdruck stand.
»Ähm«, sagte Nick. »Das ist nicht das, wonach es aussieht.«
»Tatsächlich?«, fragte Dad. »Denn aussehen tut es, als würde mein minderjähriger Sohn von seinem minderjährigen Freund Oralsex verlangen, während sie eigentlich in der Küche sein und Hausaufgaben machen sollten.«
Nick hatte nicht gewusst, welch emotional verheerende Wirkung es auf ihn haben würde, seinen Vater das Wort »Oralsex« aussprechen zu hören. Jetzt wusste er es.
»Oh mein Gott«, stöhnte Seth und vergrub das Gesicht in den Händen.
»Dad!«, jaulte Nick.
Aaron verdrehte die Augen. »Seth, komm unter Nick hervor und hol deine Sachen. Ich fahre dich nach Hause. Nicky, warum bleibst du nicht so lange hier und denkst über all den Sex nach, den du nicht haben wirst? Denn wenn ich wieder da bin, werden wir genau das besprechen.«
»Verdammt«, murmelte Nick und rutschte von Seth herunter, der sich weigerte, einem der beiden in die Augen zu sehen, während er mit glühenden Wangen wieder auf die Beine kam. »Dad, so was kannst du doch nicht sagen.«
»Und trotzdem habe ich es getan«, erwiderte Aaron, ohne sich von der Stelle zu rühren, während Seth sich mit dem Rücken am Türrahmen entlangschrammend durch den schmalen Spalt quetschte. »Ich bin dazu da, dir das Leben schwer zu machen, Sohn. So steht es in der Stellenbeschreibung. Jeder, der Vater wird, bekommt ein Handbuch mit dem Titel Wie man seinem Kind die Flausen austreibt. Es ist sehr informativ und beschreibt die einzige Art von Treiben, die in diesem Haushalt in absehbarer Zukunft stattfinden wird, verstanden?«
»Ich hasse diese Welt«, verkündete Nick großspurig und starrte an die Decke.
Keine Antwort. Nick drehte den Kopf und sah nur einen leeren Türrahmen. Schließlich setzte er sich stöhnend auf und betrachtete das Foto auf seinem unaufgeräumten Schreibtisch. Darauf war ein noch jüngerer Nick zu sehen, neben ihm eine schöne Frau mit in der Meeresbrise flatternden Haaren, den Kopf auf Nicks Schulter gelegt: Jenny Bell, seine Mutter, die inzwischen seit drei Jahren tot war.
»Du warst das, nicht wahr?«, fragte er das Foto. »Du warst diejenige, die ihm gesagt hat, er hätte einen guten Humor.«
Das Foto antwortete nicht.
Als Nick hörte, wie die Haustür unten geöffnet wurde, sprang er auf, lief zum Fenster und schob es hoch. Die Geräusche von Nova City drangen herein – laut, lästig und beruhigend. Die Luft war eiskalt und bescherte Nick eine Gänsehaut auf den nackten Armen. Die Wolken über der Stadt waren von einem bedrohlichen dunklen Grau. Der Wetterbericht hatte für später sogar Schneefall angekündigt.
Nicks Blick wanderte den gepflasterten Pfad entlang, der zur Straße führte. Dad und Seth waren gerade auf dem Weg zu dem dort geparkten SUV. »Er kann uns nicht auseinanderbringen!«, rief Nick nach unten und lachte, als die beiden zusammenzuckten und sich hektisch umsahen. »Ich werde dich finden, mein Geliebter! Egal, wo du bist, wir werden zusammen sein. Nichts wird je zwischen uns kommen!«
Dad schaute zu ihm hinauf. »Ich warne dich, Kleiner.«
Nick stützte das Kinn in die Hände, blinzelte unschuldig und blies eine dicke Atemwolke aus. »Ist doch nicht meine Schuld, wenn die Nachbarn uns hören und glauben, dass du versuchst, mich und meinen Freund auseinanderzubringen!«
Dad fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Kehle, während Seth wirkte, als wünschte er sich, augenblicklich im Erdboden zu versinken. Wie unhöflich, dachte Nick. Er hatte doch nur etwas Romantisches gesagt.
Doch dann sah Seth zu ihm hinauf und erwiderte: »Wir werden zusammen sein, in diesem oder im nächsten Leben!« Und da wusste Nick, dass sie füreinander bestimmt waren.
Dad stieß einen theatralischen Seufzer aus und dirigierte Seth zum Wagen.
Leider wurden Nick in diesem Moment zwei Dinge klar: Erstens war er allein im Haus, und zweitens immer noch sehr erregt.
Ohne lange zu überlegen, wandte er sich vom Fenster ab und griff nach seinem Handy. Er tippte das Passwort ein (Seths Geburtstag) und öffnete den Browser. Sicherheitshalber machte er einen neuen Inkognito-Tab auf, bevor er seine Lieblingspornoseite aufrief. Das Display füllte sich mit Bildern von Männern in den verschiedensten Stellungen, die Nick anatomisch unmöglich erschienen. Er blätterte weiter bis zu seiner Lieblingskategorie, einem Neuzugang, der sich schnell wachsender Beliebtheit erfreute:
Außergewöhnlichen-Pornos.
Nick setzte sich auf die Bettkante, bereit, das Beste aus seiner Me-Time zu machen, und klickte auf das dritte Video in der Liste, das er gut kannte. Darin rettete ein dürrer Kerl in einem lächerlichen Kostüm, der sich Boner Boy nannte, einen rauen Typen aus einem explodierten Ölbohrturm. Da das Budget dieses Stückes Cinéma vérité aber weder für eine echte Explosion noch für einen echten Ölbohrturm gereicht hatte, wurden lediglich die Folgen gezeigt: Der Gerettete war mit kunstvoll platzierten Ölflecken übersät und ein Großteil seiner Kleidung war zerrissen, während Boner Boy ihn unter dem Vorwand befummelte, seine nicht vorhandenen Wunden zu versorgen.
Nick klickte auf Play, die ersten Dialogzeilen bereits in seinem Kopf.
»Du bist jetzt in Sicherheit«, würde Boner Boy gleich hölzern sagen. »Aber ich muss dich auf verborgene Verletzungen untersuchen. Zieh deine Hose aus.«
»Ja«, würde der raue Typ antworten. »Und du solltest ganz genau hinsehen, wenn ich meine Hose ausziehe.«
Aber leider kam kein Ton aus seinem Telefon.
Oh, die Schauspieler spielten ihre Rollen und der Sex fand statt, aber Nick hörte nichts. Er runzelte die Stirn und drückte auf die Taste an der Seite des Telefons. Die Lautstärke stand bereits auf maximal. Der Ton müsste eigentlich laut sein.
Er runzelte die Stirn. »Verdammt noch mal. Ich habe dieses Handy gerade erst bekommen.«
Von draußen kam ein Hupen, doch Nick ignorierte es und drehte die Lautstärke erst leiser, dann wieder lauter. Ohne Erfolg. Er wollte gerade sein Telefon in die Ecke pfeffern und sich das Laptop holen, als sein Blick auf die obere rechte Ecke des Displays fiel. Ein kleines Symbol blinkte ihm von dort entgegen – eines, das er sehr gut kannte.
Bluetooth.
Sein Telefon war über Bluetooth verbunden mit … mit …
Von elendem Entsetzen erfüllt hob Nick den Kopf und stand langsam auf. Wie in einem Traum trugen ihn seine Schritte zum offenen Fenster, als das Hupen erneut ertönte. Dann blickte er hinunter auf die Straße.
Die Scheiben des SUV waren heruntergekurbelt. Seth hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Dad lehnte sich aus dem Fenster. Als er Nick sah, winkte er ihm kurz zu, dann streckte er sich nach dem Armaturenbrett und drehte das Soundsystem des Wagens auf volle Lautstärke.
»Ja!«, rief der harte Typ, dass es auf der ganzen Straße widerhallte. »Super, besorg’s mir mit deinem Außergewöhnlichen-Penis! Erfülle mich mit deiner superqueeren Power! Ja! Ja!«
Ein Passant schaute zu dem SUV hinüber und ergriff dann regelrecht die Flucht, was nun wirklich nicht nötig gewesen wäre. Eine völlig übertriebene Reaktion.
Nick schloss den Inkognito-Tab. Das leidenschaftliche Stelldichein von hartem Typ und Boner Boy brach ab.
Nick sah wieder nach unten. Seth hämmerte gerade mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe. Wäre Nick nicht von so rechtschaffener Empörung erfüllt gewesen, hätte er glatt ein schlechtes Gewissen gehabt. Doch bevor er von seinem Dad eine Entschuldigung dafür verlangen konnte, dass er sein Leben ruiniert hatte, ergriff Aaron das Wort und rief: »Hol deine Jacke! Du wirst uns begleiten. Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns unterhalten: du, ich und Seth.« Er grinste. »Und Bob und Martha Gray.«
Seth riss den Kopf herum und starrte Aaron mit offenem Mund an. Alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen.
Nick hingegen schnaubte verächtlich. Wie schlimm konnte es schon werden?
»Und so macht man ein Lecktuch«, verkündete Dad am Ende seiner sechsundzwanzigminütigen Demonstration. Dann nahm er eine Schere zur Hand und schnitt einen großen Klarsichtbeutel in mehrere Quadrate. Martha und Bob Gray saßen auf ihrer Wohnzimmercouch und beobachteten sein Tun mit nicht geringem Interesse. »Ich habe kurz nach Nicks Coming-out davon erfahren und es für einen Moment wie diesen aufgespart.« Er ruckte mit dem Kopf in Richtung von Nick und Seth. Die beiden saßen auf Küchenstühlen, die sie wie Gefangene in einem Gulag ins Wohnzimmer geschleppt hatten. Nicks Mund stand offen, leise Schmerzenslaute kamen heraus; was Seth inzwischen tat, bekam er nicht mit.
Bob Gray – ein Bär von einem Mann mit einem übermütigen Glitzern in den Augen und nie ganz sauberen Fingernägeln wegen seines Hausmeisterjobs – beugte sich vor. »Ein Lecktuch, sagen Sie? Und wofür benutzt man die?«
»Nein«, flüsterte Nick. »Nein, nein, nein.« Seth nahm seine Hand und drückte sie fest.
»Zum Schutz beim Oralsex«, antwortete Dad. »Aber nicht für Penisse, sondern nur bei Cunnilingus und Anilingus.« Er dehnte das Quadrat in seinen Händen testweise. »Oder, wie es die Jugendlichen heutzutage nennen: Rimming.«
»Oh je«, sagte Martha und nahm eines davon in die Hand. Normalerweise war sie eine freundliche ältere Frau mit flauschigen weißen Haaren und wachem Verstand, aber in den letzten Wochen hatte sie es offensichtlich zu ihrer Lebensaufgabe erkoren, Teenager noch unglücklicher zu machen, als sie ohnehin schon waren. »Rimming. Man legt das also einfach über die Geschlechtsteile und schon ist es sicher?«, fragte sie und hob das Plastikquadrat vors Gesicht.
Von Seth kam ein Geräusch, als würden ihm die Eingeweide durch die Nasenlöcher entfernt.
»Sie reichen zumindest für den Notfall«, erklärte Dad, als würde er damit das Leben seines einzigen Sohnes nicht restlos zerstören. »Man könnte auch ein Kondom aufschneiden, aber es ist besser, ein Lecktuch zu benutzen, das speziell für den Zweck hergestellt wurde. Zumeist sind sie aus Latex oder Polyurethan. Ich weiß nicht, ob man sie auch im Supermarkt kaufen kann, aber es gibt sie im Internet.«
»Oder«, sagte Martha und sah Bob an, »wir könnten vor Ort einkaufen und damit die Nachbarschaft unterstützen. Es gibt da diesen Laden in der Neunten. Du weißt schon, der mit der lauten Musik und den Schaufensterpuppen mit den lustigen kleinen roten Bällen, die mit schwarzen Bändern am Kopf befestigt und dann in den Mund gesteckt werden. Ich wette, dort haben sie alle Arten von solchen Tüchern.«
Nick hatte noch nie gesehen, wie eine Seele den Körper verlässt, aber es schien, als würde genau das gerade bei Seth passieren. Und natürlich beschloss Bob sogleich, alles noch schlimmer zu machen. Oder besser. Nick war sich nicht ganz sicher, was von beidem.
»Ist Seths Pyro-Storm-Kostüm nicht aus so einer Art Latex?«, fragte Bob. »Wenn es so weit ist, kann er das anziehen, bevor er und Nick … Sie wissen schon.«
Nick, der vergessen hatte, wo er war und mit wem, flüsterte: »Ja, genau das. Zur Sicherheit.«
Die anderen hatten ihn entweder nicht gehört oder sie ignorierten ihn schlicht. Wie auch immer, es war ohnehin besser so.
»Vermutlich«, erwiderte Martha. »Jedenfalls ist es gut, das zu wissen. Und Sie haben nicht unrecht, Aaron. Es ist ein großer Schritt, und beide müssen begreifen, dass man ihn danach nicht mehr zurücknehmen kann.« Sie bedachte Nick und Seth mit einem warmherzigen Lächeln. »Wir verstehen, dass eure Beziehung neu und wunderbar ist, aber ihr müsst mit dem Kopf denken, nicht mit der Hose.«
»Leichter gesagt als getan«, warf Bob ein und faltete die Hände über seinem Bauch. »Ich weiß noch, als ich sechzehn war. Ich wollte so ziemlich alles haben, was ich kriegen konnte – ob Mann oder Frau war mir egal.«
»Robert Gray«, sagte Martha verärgert. »Also ehrlich. Wir haben Besuch.«
»Da wir gerade von Seths Kostüm sprechen«, meldete Dad sich wieder zu Wort.
Nick geriet in Panik. »Dad, nein.«
»Dad, doch«, sagte Aaron streng. »Ich spreche nicht davon, das Kostüm … dafür zu benutzen.« Er schüttelte den Kopf und legte die geschundenen Plastiktüten vor sich auf den Couchtisch. »Bob, Martha, als ich nach den Ereignissen auf der Brücke im letzten Jahr zu Ihnen kam, habe ich gesagt, dass ich mich für unsere Kinder freue. Seth schien zu wissen, worauf er sich einlässt, also mache ich mir in dieser Hinsicht keine Sorgen. Auch wenn mir der ein oder andere Zweifel an seinem Urteilsvermögen angebracht scheint.«
»Wow«, machte Nick. »Als ob ich gar nicht da wäre.«
Sein Dad reagierte nicht darauf, als wäre er es gewöhnt, dass sein Kind sich über so ziemlich alles aufregte. »Aber Seth ist ein Außergewöhnlicher. Er kann Dinge tun, die sich die meisten von uns nicht einmal ansatzweise vorstellen können, ich meine Feuer und Fliegen und so weiter. Er sagte mir, dass er nicht sicher ist, ob er immer noch Pyro Storm sein will nach allem, was passiert ist, und das verstehe ich. Ich will zwar nicht behaupten, dass ich die Tragweite all dessen erfassen könnte, aber ich weiß, was es bedeutet, wenn man das Gefühl hat, die Menschen beschützen zu müssen, die einem am Herzen liegen.«
Okay, vielleicht war sein Dad gar nicht so übel. Auch wenn er buchstäblich der peinlichste Mensch war, den Nick kannte, war er irgendwie auch süß. Er liebte seinen Sohn, und Nick liebte ihn.
Dann zerstörte Aaron es.
»Aber wenn Seth und Nick ihre Beziehung auf die nächste Stufe heben«, fuhr er fort, »wie können wir dann sicher sein, dass Seth ihn nicht verbrennt, wenn er sich zu sehr … aufregt? Wissen wir überhaupt, woher das Feuer kommt? Könnte es von überall herkommen?« Er blickte demonstrativ auf seinen eigenen Schritt.
Einen Moment herrschte absolutes Schweigen, während Nick beschloss, sich einen Anwalt zu nehmen und seine Volljährigkeit zu beantragen. »Dad, was redest du da?«, schrie er, während Martha sagte: »Oh, daran habe ich noch gar nicht gedacht«, und Bob meinte: »Das haben wir aus naheliegenden Gründen nie getestet«, und Seth ein so lautes Stöhnen ausstieß, dass Nick glaubte, er würde sterben. Dann redeten sie alle durcheinander – Nick am lautesten, weil er wusste, dass überlegene Lautstärke bei solchen Gelegenheiten der wichtigste Erfolgsfaktor war. Er schimpfte über Feuerpenisse und die unglaubliche Unverfrorenheit seines Vaters. Martha berichtete von der Herstellung des Kostüms und dass nicht geplant gewesen war, es als Schutz für Anilingus zu verwenden. Bob nahm eines der zurechtgeschnittenen Plastikquadrate in die Hand, hielt es wenige Zentimeter vor sein Gesicht und spekulierte laut über die Elastizität von Kunststoffen und dem menschlichen Körper. Dad sagte, er glaube zwar nicht, dass Seths Genitalien Feuer speien könnten, aber er wolle sichergehen, dass das Thema zur Sprache kam, denn wenn das der Fall sei, müssten sie herausfinden, ob sich irgendein feuerfestes Material für die Herstellung von Kondomen eignete.
Erst als Seth brüllte: »Wir haben keinen Sex!«, hielten sie alle die Klappe.
Alle drehten sich um und sahen ihn an, auch Nick. Es war das erste Mal, dass Seth etwas sagte, seit Dad begonnen hatte, Nicks Leben mithilfe der Gray Seniors zu ruinieren. Aus Solidarität ergriff Nick Seths Hand. Sie steckten zusammen in dieser Sache, und wenn sie untergingen, dann gemeinsam – nur eben nicht auf-, über- oder ineinander, wie es schien.
»Haben wir nicht«, wiederholte Seth mit erstickter Stimme. Sein Gesicht war rot, seine Fliege mit dem Einhorn darauf war verdreht und stand beinahe senkrecht. Er schluckte schwer, sein Adamsapfel wippte auf und ab. »Wir …« Er brach ab und sah Nick mit großen Augen an. Ein stummer Hilferuf.
Nick war kein Außergewöhnlicher, aber er hatte sich mit seinem Schicksal als Side Kick und Love Interest des Helden so gut wie abgefunden. Das war zwar suboptimal, aber er kam damit klar, weil Seth jemanden wie ihn brauchte.
Also straffte Nick die Schultern und erklärte mit hocherhobenem Kopf: »Genau. Wir haben keinen Sex. Wir machen gerne rum und reiben uns aneinander, aber ohne in irgendeiner Weise irgendwo einzudringen. Ich habe nicht einmal meine Hand in seine Hose gesteckt, also brauchen Sie sich keinerlei Sorgen zu machen. Vor dem heutigen Tag hatte ich noch nicht einmal seinen Bauchnabel gesehen. Aber falls es Sie beruhigt: Sollten wir uns entschließen zu vögeln, werden wir diese Entscheidung gemeinsam treffen, sobald wir beide dazu bereit sind. Und um auf Nummer sicher zu gehen, werden wir einen Feuerlöscher besorgen für den Fall, dass Seth einen Flammenerguss bekommen sollte. Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden, werde ich meinen Freund in den Keller begleiten, damit wir ein wenig Sparring machen können. Er muss mit seinem Training fortfahren, und ich versuche immer noch herauszufinden, ob ich in der Lage bin, Bauchmuskeln zu entwickeln. Vater, ich werde vor der Ausgangssperre zu Hause sein, Ihr könnt Euch auf mein Wort verlassen. Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag.« Mit diesen Worten stand er auf und zog Seth mit sich.
»Aber …«
Nick drehte sich betont langsam um, seine Miene war finster. »Ich sagte einen schönen Tag noch.«
Dad rollte zärtlich mit den Augen. »Ja, das hast du. Trotzdem komisch, dass du glaubst, wir würden ab jetzt nicht mehr darüber reden. Denn das werden wir, und zwar sehr ausführlich.«
Seth kam bereitwillig mit. Kurz vor der Wohnzimmertür blieb Nick noch einmal stehen und sah seinen Vater an. Aaron erwiderte den Blick mit einem stillen Lächeln. »Dad?«
»Ja, mein Sohn?«
»Ich liebe dich.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Das weiß ich. Ich lie…«
»Aber du wirst den Tag, an dem du beschlossen hast, in Bobs und Marthas Wohnzimmer Lecktücher herzustellen, noch bitterlich bereuen. Hast du mich verstanden? Bitterlich.« Und damit zog er seinen Freund in Richtung der Kellertreppe.
Letzten Herbst hatte Nick an die Tür der Grays geklopft und höflich darum gebeten, in das geheime Versteck des als Pyro Storm bekannten Außergewöhnlichen gelassen zu werden. Nick hatte immer noch unter Schock gestanden, weil sein Vater verletzt im Krankenhaus lag und sein Mehr-oder-weniger-Ex-Freund, Owen Burke, sich als Shadow Star entpuppt hatte, dem vermeintlichen Retter von Nova City, um Nick dann all die Kräfte, von denen er schon immer geträumt hatte, zu dem geringen Preis einer Abhängigkeit von irgendwelchen geheimnisvollen Pillen anzubieten. Und dann hatte sich auch noch sein bester Freund und die potenzielle Liebe seines Lebens als Pyro Storm herausgestellt: als der Bösewicht, der eigentlich gar keiner war, aber von besagtem Ex-Freund mithilfe einer Reporterin als ebensolcher dargestellt wurde, sodass allein die Erwähnung seines Namens Kinder und selbst mittelgroße Tiere in Angst und Schrecken versetzte.
Kurz gesagt: Das Leben von Nicholas Bell war äußerst kompliziert geworden.
In all den Monaten, die seit der »Schlacht auf der McManus-Brücke« (so nannten es die Medien, was Nick nur angemessen fand) vergangen waren, hatte sich in Pyro Storms Unterschlupf nicht viel verändert, was Nick gar nicht gefiel. Er konnte nur zwei echte Neuerungen erkennen: Erstens hing an der Tür jetzt ein kleines Schild mit der Aufschrift TEAMPYROSTORM in rauchenden roten Buchstaben. Seth hatte es im Internet bestellt.
Die zweite Neuerung war ein Geschenk von Nicks Vater: ein Funkscanner, den er offensichtlich auf dem Revier gestohlen hatte – und das, wo er seinem Sohn ständig erklärte, Stehlen sei illegal. Nick hatte seinem Dad daraufhin erklärt, er müsse dringend an seinem Messaging arbeiten. Sie hatten den Scanner allerdings nur ein paarmal benutzt, denn Gibby hatte für ihre Telefone eine App mit derselben Funktion programmiert. Ganz normale Leute konnten eine abgespeckte Version der App herunterladen, um aktuelle Vorfälle zu melden. Zudem fungierte sie auch als Tracker, damit die anderen Teammitglieder verfolgen konnten, wo sich Seth gerade aufhielt, wenn er als Pyro Storm unterwegs war. Anstatt im Keller zu sitzen und den Scanner abzuhören oder durch die Stadt zu fliegen und selbst nach Problemen Ausschau zu halten, bekam Seth eine Warnung auf sein Telefon, sobald ein ernsthaftes Fehlverhalten vorlag und Pyro Storm gebraucht wurde. Obwohl Nick die App eigentlich geheim halten wollte, war sie auch auf den Handys von Martha, Bob und Dad installiert. Wie peinlich wäre es, wenn Dad die Trackingfunktion einschalten und Seth in Nicks Zimmer entdecken würde? Auf Seths entsetzten Blick hin, als Nick diese Sorge äußerte, hatten sie sich schließlich darauf geeinigt, die App nur zu verwenden, wenn Seth sein Kostüm trug.
Apropos.
Während Seth zu dem von der Decke hängenden Boxsack ging, warf Nick einen Blick auf das Pyro-Storm-Kostüm an der Wand. Seths Tante hatte die von Shadow Star verursachten Schäden inzwischen repariert. Der Helm war rot und schwarz und hatte rote Linsen, die als eine Art Augmented-Reality-Brille dienten, wobei die Informationen drahtlos aus der Einsatzzentrale im Unterschlupf gesendet wurden. Nick fand, dass das Kostüm nach Seths erstem großen Kampf ein sanftes Redesign brauchte, damit es neu und aufregend blieb, aber immer noch erkennbar war. In allen Superhelden-Fortsetzungen, die er je gesehen hatte, war das so. Martha hatte vorgeschlagen, er könne gerne ein neues anfertigen, wenn er wolle. Aber es dauerte nur zwei Minuten, bis Nick sich mit der Nähnadel in den Finger stach und beschloss, dass die Überarbeitung warten konnte.
Es war gut. Das ganze Team war gut. Sicher, wegen seiner Verantwortung für die Menschen in Nova City sah er Seth nicht so oft, wie es ihm lieb gewesen wäre, aber diesen Kompromiss musste man nun mal eingehen, wenn man mit einem Superhelden zusammen war. Und vielleicht war da auch ein kleiner Rest Eifersucht auf Seths einzigartige Fähigkeiten, während Nick selbst brav auf dem Boden bleiben musste. Aber das war in Ordnung. So waren die Dinge nun mal.
Nick hütete sich, solch kleinliche Beschwerden zu äußern. Hätte er gerne mehr Zeit allein mit seinem Freund verbracht? Sicher, aber die Menschen, die auf dem Dach eines brennenden Gebäudes in der Falle saßen, brauchten Pyro Storm wahrscheinlich dringender als er, und Seth hatte ihm versichert, dass Nicks Rolle als Anführer von Team Pyro Storm genauso wichtig war wie seine eigene. Es war schwer, sich über jemanden zu ärgern, der so selbstlos war, also hielt Nick den Mund. Außerdem: Wer sonst auf der Welt konnte von sich behaupten, der Anführer von Team Pyro Storm zu sein?
Es hatte eine Wahl stattgefunden. Gibby hatte für sich selbst gestimmt, und Jazz für den Weltfrieden, weil sie nicht ganz verstanden hatte, worum es ging. Nick stimmte auch für sich selbst, allerdings nur, weil er wusste, dass Seth ebenfalls für ihn stimmen würde. Doch Seth enthielt sich, woraufhin Nick eine zwölfminütige Tirade begann, die mit seinen Qualifikationen anfing und damit endete, dass er die erkenntnistheoretische Position des Solipsismus erläuterte, wonach die Existenz des eigenen Ichs das Einzige sei, dessen man sich sicher sein könne. (Nick hatte zufällig am Vorabend auf Wikipedia darüber gelesen.) Seth, der wusste, dass Nick so lange weitermachen würde, bis er entweder starb oder jemand ihn aufhielt, verkündete schließlich, Nick habe die Wahl gewonnen. So viel zu demokratischen Abstimmungen.
Gut war außerdem, dass es in Nova City seit der Konfrontation an der McManus-Brücke etwas ruhiger geworden war. Bisher hatten sich all die düsteren Experten-Warnungen, der gefährliche Krieg zwischen Pyro Storm und Shadow Star würde nur dazu führen, dass weitere Außergewöhnliche in Nova City aus dem Boden schossen, als falsch erwiesen. Seit Owen Burke in einer Einrichtung eingesperrt war (Ort unbekannt, sehr zu Nicks Verdruss), war kein Schurke aufgetaucht, um seinen Platz einzunehmen. Owen hatte einmal behauptet, ein Held sei nur so gut wie sein Gegenspieler. Aber er hatte sich außerdem als die Personifikation des Bösen herausgestellt, weshalb Nick versuchte, nicht allzu viel auf seine Worte zu geben.
Alles war gut, hier und jetzt, in diesem Moment. Sie waren zusammen. Zwar erst nachdem sie Dad dabei zugesehen hatten, wie er Abdeckfolien für ihre Darmausgänge herstellte, aber trotzdem. Seth lachte gerade über Nicks Albernheiten, und Nick wünschte sich, dieses wunderbare Geräusch möge nie verklingen.
»Knallharter Power-Kick!«, rief er, trat ungeschickt auf den Sandsack ein und wäre beinah umgefallen dabei, während Seth kicherte. Seth hatte seine Brille und den Pullover ausgezogen und sie auf die Waschmaschine gelegt. Er hatte seine Fliege gelockert und die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet, was dazu führte, dass Nick kaum noch in der Lage war zu sprechen. Ungeachtet der Ereignisse vorhin im Wohnzimmer wirkte Seth weicher, fast entspannt.
»Du musst nicht jede Kampftechnik vorher ankündigen«, sagte er und stellte sich hinter den Boxsack, um ihn festzuhalten. »Das ist Zeitverschwendung.«
»Das glaubst du«, murmelte Nick und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Jeder weiß, dass die besten Techniken Namen haben, die man laut ruft, bevor man sie anwendet.«
»Wirklich?«, fragte Seth trocken. »Das weiß jeder?«
»Na ja, jeder außer dir.« Nick hob sein Hemd an und überprüfte, ob er schon Bauchmuskeln bekommen hatte. Hatte er nicht. Er trainierte jetzt schon fast zwanzig Minuten lang. Was brachte die ganze Plackerei, wenn man nicht sofort Ergebnisse sah? Er seufzte und steckte sein Hemd wieder in die Hose. Vielleicht ging er die Sache falsch an.
»Todesumarmung des Bären!«, brüllte er, sprang den Boxsack an und klammerte sich daran fest.
Seth wäre beinahe nach hinten umgefallen, konnte sich aber gerade noch auf den Beinen halten. Nick grinste, und Seth verdrehte die Augen. Dann beugte sich vor und küsste Nick mit einem lauten Schmatzen.
Nick war immer noch fassungslos, dass solche Dinge jetzt einfach passierten. Sie waren nicht mehr nur beste Freunde, sondern beste Freunde, die sich küssten. Die beste Art von besten Freunden überhaupt!
»Lass uns mal etwas anderes ausprobieren«, sagte Seth und ging um den Sandsack herum.
Nick ließ sich wieder auf die Füße plumpsen und neigte neugierig den Kopf.
»Dreh dich um.«
»O…kay«, sagte Nick, gehorchte aber. Dann erschrak er, als Seth sich gegen seinen Rücken drückte. Die Wärme, die von ihm ausging, brachte Nicks Herz sofort zum Stolpern. Schließlich stöhnte er auf, als Seth einen Arm um seinen Hals legte, allerdings nicht so fest, dass er ihn würgte. »Ich bin dabei«, röchelte Nick, »egal, was es ist.«
»Ja, das kann ich mir denken«, schnaubte Seth ihm ins Ohr. »Und jetzt konzentrier dich. Ich bin ein Schurke und habe dich im Würgegriff. Wie kommst du wieder frei?«
»Nun, vielleicht will ich mich ja gar nicht befreien. Fühlt sich ziemlich gut an, wenn ich ehrlich bin. Oh nein, der Bösewicht hat gewonnen! Was sollen wir jetzt nur tun?«
Seth schüttelte ihn leicht. »Ich meine es ernst, Nick. Wenn du kämpfen willst, musst du auf alles vorbereitet sein. Es wird nicht immer jemand da sein, um dir zu helfen. Wie kommst du wieder frei?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Nick abwesend. Die Haare auf Seths Armen kitzelten ihn am Kinn, weshalb er sich kaum konzentrieren konnte.
Seth ergriff Nicks rechten Ellbogen und zog ihn behutsam nach hinten, bis er Seths Rippen berührte. »Hier, ein schwacher Punkt. Aber du musst genügend Schwung holen.« Er schob Nicks Ellenbogen wieder nach vorn und drückte ihn dann wieder gegen seine Rippen. »So kannst du einen Angreifer dazu bringen, seinen Griff möglicherweise zu lockern.«
»Und dann kann ich ihn über meine Schulter werfen und auf den Boden krachen lassen!«, erwiderte Nick aufgeregt. »Wow, wie krass.«
»Äh«, machte Seth, »das ist für den Moment vielleicht noch ein bisschen fortgeschritten. Warum fangen wir nicht mit …«
»Rückwärtssalto des Chaos!«, rief Nick und riss seinen Körper nach vorne, um Seth zu werfen. Ein Schmerz fuhr in seinen Rücken, als Seth ihn einfach losließ und er prompt aufs Gesicht fiel.
»Oh, Scheiße«, keuchte Seth. »Scheiße, Nick, das tut mir leid, ich wollte nicht …«
Nick sprang auf die Beine und wäre fast wieder gestürzt. »Mir fehlt nichts! Ich wollte es genau so, um sicherzugehen, dass du auch wirklich bei der Sache bist. Ignorier meine vornübergebeugte Haltung. Ich stehe nur so, weil es im Moment praktischer ist. Noch mal!«
Seth zögerte kurz, doch schließlich nickte er.
Zehn Minuten später hielt er sich stöhnend die Seite. Nicks Ellbogen war knochiger, als er gedacht hatte. Nick hatte inzwischen weitere siebenmal Bekanntschaft mit dem Boden gemacht. Er stand gerade wieder auf und fasste sich vorsichtig an die Nase. Sie schien nicht gebrochen zu sein, obwohl sie höllisch wehtat.
»Noch mal!«, verlangte er.
Seth schnaufte und zog eine Grimasse. »Lass uns … noch ein bisschen warten. Ich glaube, meine Rippen halten das nicht aus.«
»Gewonnen!«, rief Nick und riss triumphierend die Arme hoch. »Ich muss nur dafür sorgen, dass die Bösewichte mich oft genug von hinten packen, und sie dann zermürben.«
Seth humpelte zur Waschmaschine, setzte sich darauf und ließ die Beine baumeln. »Hm, das ist zwar nicht wahrscheinlich, aber rein theoretisch möglich. Aber erzähl deinem Dad nichts davon. Sonst kommt er noch auf die Idee, ein Lecktuch zu basteln, das deinen ganzen Körper bedeckt.«
Nick stöhnte. »Ich habe keine Ahnung, warum er mir das Leben immer so schwer machen muss, aber das vorhin war echt schlimm, selbst für seine Verhältnisse. Ich werde dafür sorgen, dass er begreift, wie uncool das war.«
»Sollen wir darüber reden?«
Nick antwortete nicht. Stattdessen schrie er: »Wütende Blitzfaust!«, und schlug mit solcher Kraft gegen den Sandsack, dass seine Knöchel schmerzhaft knackten. Wahrscheinlich war es besser, wenn er doch kein Außergewöhnlicher wurde. Auf Dinge einzuschlagen, tat echt weh. Wenigstens wusste er jetzt, dass er nicht auf Schmerzen stand.
Doch so leicht ließ Seth ihn nicht davonkommen. Zu dumm, dass er Nick so gut kannte. »Nicky«, sagte er nur.
»Jaja«, brummte Nick. »Ich habe zwar keine Lust, aber eine Beziehung ist nun mal keine Einbahnstraße, sondern ein beständiges, gegenseitiges Geben und Nehmen.«
»Du solltest wirklich aufhören, die Cosmo zu lesen.«
Nick ging auf die Waschmaschine zu und freute sich, als Seth bereitwillig die Beine spreizte. Dann ließ er sich theatralisch gegen ihn sinken und bettete das Gesicht auf Seths Brust. Er roch so gut – wie Kaminfeuer an einem kalten Wintertag. Jetzt, wo Nick den Grund dafür kannte, erschien es ihm allerdings nur logisch. Er erzitterte leicht, als Seth seinen Nacken kraulte und dann mit den Fingern durch sein Haar fuhr.
»Du solltest mal zum Friseur gehen«, murmelte Seth.
»Mach ich«, versprach Nick leise. »Und danke, dass du mir diesen Ausweg ermöglicht hast. Wir können jetzt darüber reden.« Er hob den Kopf und fing Seths Blick auf. »Wahrscheinlich sollten wir tatsächlich ein paar Dinge besprechen.« Zum Beispiel, dass sie vielleicht etwas langsamer machen sollten, und das nicht nur wegen Nick. Seth sah so müde aus. Die dunklen Ringe unter seinen Augen, schienen nie kleiner zu werden. Er musste wirklich mehr auf sich achten.
Seth musterte ihn einen Moment lang und nickte dann langsam. Er nahm einen tiefen Atemzug und stieß die Luft durch die Nase wieder aus. »Also: Sex. Du und ich.«
Nick versuchte, sein nervöses Kichern wie ein Husten klingen zu lassen, aber Seth ließ sich davon nicht täuschen. Egal, was Nick in letzter Zeit erlebt oder in den dunklen Tiefen des Internets entdeckt hatte, er war immer noch ein bisschen prüde. Doch Seth zog ihn nicht auf deswegen. Er war ein wirklich guter Kerl, dieser Seth. »Willst du?«, fragte er.
Nick trommelte mit den Fingern auf Seths Oberschenkel, da wurde ihm plötzlich bewusst, wie nah seine Hände sich an Seths Geschlechtsteil befanden. Er machte sich von Seth los und verschränkte die Arme vor der Brust, um nicht nervös herumzufingern. »Ja. Nein? Ich meine, natürlich nicht jetzt, wenn deine Tante und dein Onkel mit meinem Dad oben sind. Und an die möchte ich bestimmt nicht denken müssen, während wir wie hitzige Kaninchen übereinander herfallen. Wusstest du, dass es Leute gibt, die sich als Kaninchen verkleiden? Krass, oder? Sie heißen übrigens Furrys. Ich würde mich nie als Kaninchen verkleiden, wenn ich einer von denen wäre. Denn dann würden alle kleinen Kinder mich nur für den Osterhasen halten, und ich will nicht von kleinen Kindern auf meine Eier angesprochen …«
»Nicky.«
Nick stieß geräuschvoll die Luft aus und sank in sich zusammen. »Danke, dass du mich aufhältst. Ich habe keine Ahnung, worauf ich hinauswollte.«
Seth lachte leise. »Das denke ich mir.« Er räusperte sich, ernster jetzt. »Ich mag die … Sachen, die wir miteinander machen.«
Nick nickte so eifrig, dass sein Nacken knackte. »Ich auch. Das Knutschen ist eins a. Du übrigens auch. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt denken, dass du ausgiebig mit meinem Vorgänger oder meiner Vorgängerin – die es ja angeblich nie gegeben hat – geübt hast.«
Seth boxte ihn auf die Brust. »Vielleicht habe ich mir aber auch im Netz ein Kissen mit dem Gesicht eines ganz bestimmten Außergewöhnlichen darauf bestellt und damit geübt.«
»Wir waren uns einig, das nie wieder zu erwähnen!«, zischte Nick.
»Genauso wenig wie eventuelle Vorgänger und Vorgängerinnen«, rief Seth ihm ins Gedächtnis.
»Ja, schon gut«, brummte Nick. »Eine Hand wäscht die andere. Ich werde es nicht mehr tun, wenn du es nicht tust.« Er zupfte an einem losen Faden am Saum seines Hoodies herum. »Soll ich wirklich ganz ehrlich sein?«
»Sollst du«, antwortete Seth, und Nick wusste, dass Seth sich nicht über all die Dinge lustig machen würde, die ihm durch den Kopf gingen. Seit dem Tag, an dem er ihn auf einer Schaukel Pudding essend gesehen hatte, wusste Nick, dass er alles für Seth tun würde. Sogar über unangenehme Dinge sprechen.
»Sex hört sich toll an«, sagte Nick und hasste es, wie seine Stimme dabei vor Nervosität zitterte. »Und wenn die Pornos, die ich gesehen habe, irgendeinen Wahrheitsgehalt haben, fühlt es sich auch toll an.«
»Pornos sind nicht das wahre Leben«, entgegnete Seth und behielt seine Hände bei sich, wofür Nick ihm dankbar war.
»Stimmt. Aber irgendwas muss doch dran sein, oder?« Er sah weg. »Und das Knutschen ist jetzt schon toll.«
Seth gluckste. »Richtig toll.«
»Schön, dass du der gleichen Meinung bist«, erwiderte Nick erleichtert. »Wir sind ziemlich gut darin, wenn du mich fragst.«
»Vielleicht sogar die Besten.«
»Aber es ist mehr als das.« Nick sah auf und hielt Seths Blick fest. »Es ist …«
Und da war sie, die Chance, die drei Worte zu sagen, über die er in letzter Zeit viel nachgedacht hatte, die ihm aber einfach nicht über die Lippen kommen wollten. Worte, die gewaltig und Furcht einflößend waren und alles verändern würden, auch wenn sie beide längst wussten, dass sie stimmten. Drei kleine Worte darüber, wie sehr er Seth mochte.
Nick dachte daran, wie er in diesem Haus gestanden hatte, vollkommen außer sich wegen all der Lügen, die Seth ihm aufgetischt hatte, bis Bob ein Furzgeräusch gemacht und Nick verraten hatte, wie verliebt Seth in Wahrheit in ihn war. Liebe war genau wie Sex etwas Großes und Kompliziertes, das Nick noch nicht richtig verstand. Er liebte Seth, das wusste er. Er liebte ihn schon, seit er ihn kannte, und abgesehen von seinem Dad gab es niemanden auf der Welt, den Nick mehr liebte. Aber was war der Unterschied zwischen Liebe und Verliebtsein? Nick hatte keine Ahnung. Alles, was er für Seth empfand, war zu einem komplizierten Knoten verschnürt. Das war auch nicht weiter schlimm, aber Nick wusste nicht, ob er schon bereit war, diesen Knoten zu entwirren. Andererseits hatte Nicht-darüber-Sprechen noch nie ein Problem gelöst. Vielleicht war er mittlerweile bereit, es … nun ja, zumindest etwas zu sagen.
»Was ist?«, fragte Seth und riss Nick aus seinen Gedanken. »Alles in Ordnung?«
Nick lächelte gepresst. »Ja, mir geht’s gut.« Er schnaubte. »Meine Gedanken sind nur ein bisschen abgedriftet. Du weißt ja …«
»Ja, ich weiß«, bestätigte Seth. »Du kannst mir alles sagen, Nicky. Wirklich.«
Nick öffnete den Mund, um es endlich auszusprechen. All das und noch mehr.
Doch bevor es dazu kam, piepte Seths Telefon, genau wie sein eigenes. Nick zog sein Handy aus der Tasche und runzelte die Stirn, als er die SMS von Jazz sah.
WIRHABENEINPROBLEM.
Er warf Seth einen fragenden Blick zu. Der hielt ihm sein eigenes Handy hin. Er hatte eine SMS von Gibby bekommen.
WIRHABENEINPROBLEM.
»Was zum Teufel«, murmelte Nick. »Wer will uns diesmal umbringen? Glaubst du, es ist ein neuer Außergewöhnlicher, der es darauf abgeseh…«
Er kam nicht bis zum Ende. Die Kellertür flog auf, und beide zuckten zusammen.
»Jungs!«, rief Dad. »Ihr müsst sofort mit nach oben kommen. Wir haben ein Problem.«
»Warum sagen das auf einmal alle?«, rief Nick entrüstet. »Ich hoffe, es ist ein echtes Problem, denn ich werde alles tun, um es zu lösen, egal, wie nichtig es in Wahrheit ist.«
Er packte Seth an der Hand und zog ihn zur Treppe. In Gedanken sah er bereits, wie Pyro Storm es allen zeigte, er selbst dicht an seiner Seite. Dann hätte er wenigstens neues Material für die Fortsetzung seiner Fic.
Und wenn er ganz ehrlich war, träumte er nicht schon seit Langem davon, an der Seite von Pyro Storm zu kämpfen? Ja, das tat er. Er war kein Außergewöhnlicher und würde nie einer sein, das wusste er. In dieser Hinsicht hatte er schlicht versagt. Aber das hielt ihn nicht davon ab, sich vorzustellen, wie er sich mutig mit Seth in den Kampf stürzte, um ihm zu beweisen, dass er ihm stets den Rücken freihalten würde.
Da meldete sich ein kleines Ziehen in seinem Kopf, ein flüsterndes Kitzeln, wie ein Gedanke, den Nick nicht ganz fassen konnte. Womöglich der Beginn eines Migräneanfalls. Hoffentlich nicht, dachte er. Gleich würde er seine volle Konzentration brauchen.
Die Glühbirne über ihnen flackerte grell auf.
Sie ignorierten es.
Stromspitzen im Netz gab es ständig.
Als sie das Wohnzimmer erreichten, standen Martha und Bob hinter der Couch und tuschelten aufgeregt miteinander. Dad war am Fenster und spähte wie ein Psycho zwischen den Vorhängen hindurch auf die Straße.
»Was ist passiert?«, fragte Seth keuchend. »Muss ich mich umziehen?«