The Vampire Diaries  - Stefan's Diaries - Nur ein Tropfen Blut - Lisa J. Smith - E-Book

The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nur ein Tropfen Blut E-Book

Lisa J. Smith

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Beschreibung

Im Blutrausch der Gefühle ...

Stefan Salvatores große Liebe Katherine ist tot – und ihr Vermächtnis grauenvoll. Denn sie hat Stefan und seinen Bruder Damon zu Vampiren gemacht. Um zu überleben, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich dem Blutrausch hinzugeben ... und vor den Vampirjägern von Mystic Falls zu fliehen. In New Orleans hoffen die beiden auf eine neue Heimat – und finden eine pulsierende Stadt voller Vampire, blutiger Verlockungen und tödlicher Gefahren vor. Bald sind die Brüder nicht nur Rivalen der Liebe, sondern auch des Blutes ...

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Seitenzahl: 239

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Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform© 2011 by Alloy Entertainment und Lisa J. SmithDie amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel»The Vampire Diaries. Stefan’s Diaries 2. Bloodlust«bei Harper Collins Children’s Books, New York.Published by arrangement with Rights People, London.© 2012 für die deutschsprachige Ausgabe cbt Verlagin der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.Alle deutschsprachigen Rechte vorbehaltenÜbersetzung: Michaela LinkLektorat: Kerstin WeberUmschlaggestaltung: Bürosüd, MünchenUmschlagbild: Key Artwork © 2011 Warner Bros.Entertainment Inc. All Rights Reservedhe ∙ Herstellung: AnGSatz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad AiblingISBN: 978-3-641-07363-3V003
www.cbt-darkmoon.dewww.penguinrandomhouse.de

Die Autorin

Foto: © privat

Lisa J. Smith hat schon früh mit dem Schreiben begonnen. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie noch während ihres Studiums. Sie lebt mit einem Hund, einer Katze und ungefähr 10000 Büchern im Norden Kaliforniens.

Weitere lieferbare Titel von Lisa J. Smith bei cbt:

Die Tagebuch eines Vampirs-Serie

Im Zwielicht (Band 1, 30497)

Bei Dämmerung (Band 2, 30498)

In der Dunkelheit (Band 3, 30499)

In der Schattenwelt (Band 4, 30500)

Rückkehr bei Nacht (Band 5, 30664)

Seelen der Finsternis (Band 6, 30703)

Schwarze Mitternacht (Band 7, 38012)

Jagd im Abendrot (Band 8, 38016)

Die Night World-Reihe

Engel der Verdammnis (30633)

Prinz des Schattenreichs (30634)

Jägerin der Dunkelheit (30635)

Retter der Nacht (30712)

Gefährten des Zwielichts (30713)

Töchter der Finsternis (30714)

Schwestern der Dunkelheit (38013)

Der Magische Zirkel

Die Ankunft (Band 1, 30660)

Der Verrat (Band 2, 30661)

Die Erlösung (Band 3, 30662)

Visionen der Nacht

Die dunkle Gabe (Band 1, 38000)

Der geheime Bund (Band 2, 38001)

Der tödliche Bann (Band 3, 38002)

The Vampire Diaries – Stefan’s Diaries

Am Anfang der Ewigkeit (Band 1, 38017)

Nun ist die wahre Spükezeit der Nacht,

Wo Grüfte gähnen und die Hölle selbst

Pest haucht in diese Welt. Nun tränk ich wohl heiß Blut

Und täte Dinge, die der bittre Tag

Mit Schaudern säh.

– Hamlet, William Shakespeare

Prolog

Die Poeten und Philosophen, die ich einst liebte, haben sich geirrt. Der Tod trifft nicht uns alle, und auch die Zeit lässt weder Erinnerungen verblassen, noch verwandelt sie Körper zu Staub. Denn obwohl ich als tot gelte, hat mein Leben in Wahrheit gerade erst angefangen. Es ist, als hätte ich all die Jahre zuvor geschlafen, in tiefer Dunkelheit geschlummert, nur um in einer Welt zu erwachen, die strahlender, wilder und berauschender ist, als ich sie mir jemals hätte vorstellen können.

Die Menschen, die mir vertraut gewesen waren, leben ihr Leben weiter, genau wie ich es früher getan habe, verbringen ihre endlichen Tage damit, zum Markt zu gehen, die Felder zu bestellen und bei Sonnenuntergang heimlich Küsse zu stehlen. Für mich sind sie jetzt nur noch Schatten, nicht bedeutender als die scheuen Eichhörnchen und Kaninchen, die durch den Wald huschen und die Welt um sich herum kaum wahrnehmen.

Ich aber bin kein Schatten. Ich bin mit allen Sinnen da– und unempfänglich für die größte Furcht meiner ehemaligen Mitmenschen: Ich habe den Tod bezwungen. Ich bin kein flüchtiger Besucher der Welt. Ich bin ihr Herr und habe alle Ewigkeit, um sie meinem Willen zu unterwerfen…

Kapitel Eins

Es war Oktober geworden. Die Bäume auf dem Friedhof hatten eine faulige, braune Färbung angenommen, und ein kalter Wind pfiff übers Land und machte der drückenden Sommerhitze Virginias ein Ende. Nicht, dass ich sie besonders deutlich gespürt hätte, denn als Vampir registrierte mein Körper nur die Temperatur meines nächsten Opfers und erwärmte sich allein von der Vorstellung seines heißen Blutes, das durch meine Adern strömen würde.

Mein nächstes Opfer war nur wenige Schritte entfernt: Ein Mädchen mit kastanienbraunem Haar, das gerade bei den Hartnetts, deren Anwesen unmittelbar an den Friedhof grenzte, über den Zaun stieg.

»Clementine Haverford, wieso bist du zu dieser späten Stunde noch nicht im Bett?« Mein spielerischer Ton stand im Gegensatz zu dem heißen, fast quälenden Durst, den sie in mir weckte. Clementine hätte nicht hier sein sollen, aber Matt Hartnett war schon immer in sie vernarrt gewesen. Und obwohl Clementine mit Randall Haverford verlobt war, ihrem Cousin aus Charleston, beruhte das Gefühl zweifelsohne auf Gegenseitigkeit. Sie spielte ein gefährliches Spiel. Dass es bald tödlich enden würde, ahnte sie nicht.

Clementine spähte in die Dunkelheit. Ich konnte an ihren schweren Lidern und den mit Wein befleckten Lippen erkennen, dass sie eine lange Nacht hinter sich hatte. »Stefan Salvatore?«, stieß sie hervor. »Du bist doch tot!«

Ich trat noch einen Schritt näher an sie heran. »So, bin ich das?«

»Ja, ich war auf deiner Beerdigung.« Sie neigte ihren Kopf zur Seite, schien jedoch nicht sonderlich beunruhigt zu sein. Sie war wie eine Schlafwandlerin, wie in Trance von dem Wein und den heimlichen Küssen. »Bist du ein Traum?«

»Nein, kein Traum«, antwortete ich heiser.

Ich packte sie an den Schultern und zog sie an mich. Sie fiel gegen meine Brust, und das laute Trommeln ihres Herzschlags erfüllte meine Ohren. Sie roch nach Jasmin, genau wie letzten Sommer. Meine Hand hatte das Mieder ihres Kleides gestreift, als wir unter der Wickery Bridge eines von Damons Kussspielchen gespielt hatten.

Ich ließ einen Finger über ihre Wange gleiten. Clementine war das erste Mädchen, für das ich geschwärmt hatte, und ich hatte mich oft gefragt, wie es sich wohl anfühlen würde, sie so zu halten. Ich legte meine Lippen an ihr Ohr. »Ich bin eher ein Albtraum.«

Und noch bevor sie einen Laut von sich geben konnte, stieß ich meine Zähne in ihre Halsschlagader. Ich seufzte, sobald mir das Blut in den Mund strömte. Allerdings war Clementines Blut nicht annähernd so süß, wie ich es mir vorgestellt hatte. Stattdessen schmeckte es rauchig und bitter, wie verbrannter Kaffee. Trotzdem trank ich in großen Schlucken, schlang es gierig hinunter, bis sie aufhörte zu stöhnen und ihr Puls nur noch ein Wispern war. Sie erschlaffte in meinen Armen, und das Feuer, das in meinen Adern und meinem Bauch gebrannt hatte, war gelöscht.

Die ganze Woche über hatte ich nach Lust und Laune gejagt und dabei herausgefunden, dass mein Körper zwei Mal am Tag Nahrung benötigte. Die meiste Zeit hatte ich lediglich gelauscht, wie das Lebenselexier durch die Körper der Bewohner von Mystic Falls pulsierte, fasziniert davon, wie leicht ich es ihnen nehmen konnte. Wenn ich dann tatsächlich angriff, war ich sehr vorsichtig, nahm mir einen Gast der Pension vor oder einen der Soldaten oben bei Leestown. Clementine würde mein erstes Opfer sein, das früher einmal eine Freundin gewesen war.

Ich löste die Zähne von ihrem Hals, leckte mir die Lippen und erlaubte meiner Zunge, auch noch das letzte Tröpfchen Blut in meinem Mundwinkel auszukosten. Dann zerrte ich sie vom Friedhof zu dem Steinbruch, wo mein Bruder Damon und ich seit unserer Verwandlung lebten.

Am Horizont ging gerade die Sonne auf, und Damon saß teilnahmslos am Ufer des Flusses, der hier am Steinbruch entlangfloss, und schaute in das tiefe Wasser, als läge darin das Geheimnis des Universums verborgen. So wie jeden Tag, seit wir vor einer Woche als Vampire erwacht waren; er betrauerte den Verlust Katherines, des Vampirs, der uns zu dem gemacht hatte, was wir jetzt waren. Im Gegensatz zu meinem Bruder feierte ich ihren Tod, obwohl ich ihr die Verwandlung in eine mächtige Kreatur zu verdanken hatte. Doch sie hatte mich zum Narren gehalten, und die Erinnerung an sie rief mir ins Gedächtnis, wie verletzbar ich einst gewesen war.

Während ich Damon beobachtete, stöhnte Clementine in meinen Armen auf und öffnete mit zuckendem Lid ein Auge. Wäre da nicht das Blut gewesen, das in das Spitzendekolleté ihres zerknitterten, blauen Tüllkleides sickerte, hätte man meinen können, sie schlummere lediglich.

»Psst!«, murmelte ich und schob ihr einige lose Haarsträhnen hinters Ohr. Eine innere Stimme sagte mir, dass ich Bedauern darüber empfinden sollte, ihr das Leben zu nehmen, aber ich empfand überhaupt nichts. Stattdessen veränderte ich ihre Haltung in meinen Armen und warf sie mir dann über die Schulter wie einen Sack Hafer, bevor ich zu Damon hinüberging.

»Bruder.« Ich warf ihm das fast leblose Mädchen ohne Umschweife vor die Füße.

Damon schüttelte den Kopf: »Nein.« Seine Lippen waren kreidebleich und dunkle Blutgefäße durchzogen sein Gesicht wie die Maserung von Marmor. Er sah aus wie eine der alten Statuen auf dem Friedhof.

»Du musst trinken!«, sagte ich rau, während ich ihn zu Clementine hinunterdrückte. Ich war überrascht von meiner Kraft. Seine Nasenflügel bebten. Genau wie auf mich wirkte der Geruch ihres Blutes auch auf seinen geschwächten Körper berauschend, und schon bald berührten seine Lippen aller Weigerung zum Trotz ihre Haut. Er begann zu trinken, zunächst langsam, doch dann sog er die Flüssigkeit begierig auf wie ein halb verdurstetes Pferd.

»Warum zwingst du mich immer wieder, das zu tun?«, fragte er klagend, dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und zuckte zusammen.

»Du musst zu Kräften kommen.« Ich stieß Clementine mit der Spitze meines schmutzverkrusteten Stiefels an. Sie stöhnte leise; sie war noch immer am Leben, zumindest für den Augenblick. Aber ihr Leben lag in meinen Händen. Diese Erkenntnis durchströmte mich wie ein Rausch, als stünde mein ganzes Wesen in Flammen. Das alles– die Jagd, die Überwältigung der Beute, der Lohn der wonnevollen Schläfrigkeit, die dem Trinken stets folgte– ließ die Ewigkeit als endloses Abenteuer erscheinen, das vor uns lag. Warum begriff Damon das nicht?

»Es ist keine Kraft. Es ist Schwäche«, zischte Damon und erhob sich. »Es ist die Hölle auf Erden, und nichts könnte schlimmer sein.«

»Nichts? Wärest du lieber tot, wie Vater?« Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Du hast eine zweite Chance bekommen.«

»Ich habe niemals darum gebeten«, sagte Damon scharf. »Ich habe niemals um irgendetwas von alledem gebeten. Alles, was ich wollte, war Katherine. Aber sie ist fort, also töte mich jetzt und bring es hinter dich.« Damon reichte mir den abgesplitterten spitzen Ast einer Eiche. »Hier.« Er breitete die Arme aus und entblößte die Brust. Ein einziger Stoß ins Herz, und sein Wunsch würde erfüllt sein.

Erinnerungen blitzten vor meinem inneren Auge auf: an Katherine, an ihre weichen, dunklen Locken, an ihre im Mondlicht leuchtenden Reißzähne, an ihren in den Nacken gelegten Kopf, bevor sie mir in den Hals biss, an ihren allgegenwärtigen Lapislazulianhänger, der in der Kuhle ihres Halses lag. Ich verstand jetzt, warum sie Rosalyn, meine Verlobte, getötet hatte, warum sie mich und Damon in ihren Bann gezogen hatte, warum sie ihre Schönheit und ihr unschuldiges Gesicht eingesetzt hatte, Menschen dazu zu bringen, ihr zu vertrauen und sie zu beschützen. Es war ihre Natur gewesen. Und jetzt war es unsere. Aber statt es wie ich als Geschenk zu akzeptieren, schien Damon es für einen Fluch zu halten.

Ich zerbrach den Ast über dem Knie und warf die Teile in den Fluss. »Nein«, gab ich zurück. Obwohl ich es niemals laut zugegeben hätte, ängstigte mich der Gedanke an ein ewiges Leben ohne einen Freund, ohne meinen Bruder. Ich wollte, dass Damon und ich gemeinsam lernten, Vampire zu sein.

»Nein?«, wiederholte Damon und riss die Augen auf. »Du bist Manns genug, eine Freundin aus Kindertagen zu ermorden, nicht aber deinen Bruder?« Er stieß mich zu Boden. Er ragte über mir auf, die Reißzähne gefletscht, und spuckte mir dann auf den Hals.

»Mach dich nicht lächerlich«, sagte ich, während ich mich aufrappelte. Er war stark, aber ich war wesentlich stärker, weil ich regelmäßig trank. »Und rede dir nicht länger ein, Katherine hätte dich geliebt«, knurrte ich. »Sie hat ihre Macht geliebt, und sie hat die Dinge geliebt, zu deren Durchführung sie uns gezwungen hat, aber uns hat sie niemals geliebt.«

Damons Augen glühten. Er nahm Anlauf und stürmte dann mit der Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes auf mich los. Seine Schulter, hart wie Stein, rammte mich und schleuderte mich gegen einen Baum. Der Stamm barst mit einem lauten Krachen. »Sie hat mich geliebt.«

»Und warum hat sie dann auch mich verwandelt?«, fragte ich herausfordernd und sprang auf, während ich seinen nächsten Schlag parierte.

Die Worte verfehlten ihre gewünschte Wirkung nicht. Damons Schultern sackten herunter, und er taumelte rückwärts. »Schön. Ich werde es einfach selbst tun«, murmelte er, griff sich einen weiteren Stock und strich mit dem scharfen Ende über seine Brust.

Ich schlug ihm den Ast aus der Hand und drehte ihm den Arm hinter den Rücken. »Du bist mein Bruder– mein Fleisch und Blut. Solange ich lebe, wirst du ebenfalls leben. Und jetzt komm.« Ich schob ihn in Richtung Wald.

»Wohin soll ich kommen?«, fragte Damon teilnahmslos, ließ sich aber von mir weiterzerren.

»Zum Friedhof«, antwortete ich. »Wir müssen zu einer Beerdigung.«

In Damons Augen glomm ein Funke Interesse auf. »Wessen Beerdigung ist es denn?«

»Vaters. Willst du dem Mann, der uns getötet hat, nicht Lebewohl sagen?«

Kapitel Zwei

Damon und ich hockten auf dem Friedhof im Tannenhain hinter der Gruft, in der die Gebeine der Gründer von Mystic Falls ruhten. Viele der Bürger der kleinen Stadt hatten sich bereits um ein klaffendes Loch im Boden versammelt. Weiße Wölkchen erhoben sich bei jedem Ausatmen der Menge in die Luft, so, als rauche die gesamte Trauergemeinde zur Feier des Tages Zigarren.

Mit geschärften Sinnen nahm ich die Szene vor unseren Augen wahr. Der klebrige Geruch von Eisenkraut– einem Kraut, das Vampire entmachtet– lag schwer in der Luft. Das Gras war noch von Tau bedeckt, und jeder Tropfen davon, der zu Boden fiel, traf mit einem silberhellen Klang auf. In der Ferne läuteten Kirchenglocken. Selbst über diese Distanz konnte ich in Honoria Fells Augenwinkel eine Träne erkennen.

Am Grab trat Bürgermeister Lockwood, der eindeutig die Aufmerksamkeit der Menge auf sich ziehen wollte, von einem Fuß auf den anderen. Über ihm war gerade noch die geflügelte Gestalt der Engelsstatue zu erkennen, die schon so lange die letzte Ruhestätte meiner Mutter zierte. Direkt dahinter war Platz für zwei weitere Gräber. Sie waren für Damon und mich vorgesehen gewesen.

Die Stimme des Bürgermeisters zerschnitt die kalte Luft und dröhnte so laut in meinen empfindlichen Ohren, als stünde er direkt neben mir. »Wir sind heute zusammengekommen, um einem der größten Söhne von Mystic Falls Lebewohl zu sagen: Giuseppe Salvatore, einem Mann, für den die Stadt und die Familie immer an erster Stelle standen.«

Damon stampfte mit dem Fuß auf. »Die Familie, die er getötet hat. Die Liebe, die er zerstört hat, die Leben, die er zugrunde gerichtet hat«, zischte er.

»Psst«, flüsterte ich und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Unterarm.

»Wenn ich das Leben dieses großen Mannes in einem Gemälde darstellen sollte«, fuhr Lockwood fort, während die Menge schniefte und seufzte, »so stünde Giuseppe Salvatore darauf zwischen seinen beiden gefallenen Söhnen, Damon und Stefan, Helden der Schlacht von Willow Creek. Auf dass wir von Giuseppe lernen, ihm nacheifern und seinem Beispiel folgen, unsere Stadt vom Bösen zu befreien, vom Sichtbaren so sehr wie vom Unsichtbaren.«

Damon stieß einen leisen, rasselnden Laut aus. »Dieses Gemälde«, sagte er höhnisch, »sollte das Mündungsfeuer von Vaters Gewehr zeigen.« Er rieb über die Stelle, wo Vaters Kugel erst vor einer Woche seinen Körper durchschlagen hatte. Auch wenn es keine Wunde mehr gab– unsere Verwandlung hatte alle Verletzungen geheilt–, so hatte sich der Verrat für immer in unseren Geist eingemeißelt. »Psst«, machte ich abermals, als Jonathan Gilbert mit einem großen, verschleierten Rahmen in den Händen neben Bürgermeister Lockwood trat. Jonathan schien in den vergangenen sieben kurzen Tagen um zehn Jahre gealtert zu sein: Seine gebräunte Stirn war voller Falten, sein braunes Haar von weißen Strähnen durchzogen. Ich überlegte, ob seine Veränderung wohl etwas mit Pearl zu tun hatte, dem Vampir, den er geliebt, aber zum Tode verurteilt hatte, nachdem er Pearls wahre Identität kannte. Ich entdeckte Clementines Eltern in der Menge. Sie hielten die Arme vor der Brust verschränkt– noch wussten sie nicht, dass ihre Tochter nicht unter den ernst dreinblickenden Mädchen im hinteren Teil der Menge stand.

Sie würden es noch früh genug herausfinden.

Meine Gedanken wurden von einem beharrlichen Klicken unterbrochen, wie von einer tickenden Uhr oder einem Fingernagel, der auf eine harte Oberfläche klopft. Ich ließ den Blick über die Gemeinde gleiten und versuchte, die Quelle des Geräusches auszumachen. Es war langsam und stetig und mechanisch, stetiger als ein Herzschlag, langsamer als ein Metronom. Und es schien direkt aus Jonathans Hand zu kommen. Clementines Blut schoss mir in den Kopf.

Der Kompass.

Damals, als Vater zum ersten Mal den Verdacht gehegt hatte, dass sich Vampire in Mystic Falls befanden, hatte er einen Rat ins Leben gerufen, dessen Mitglieder die Stadt von dieser dämonischen Geißel befreien sollten. Ich war dabei, als Jonathan Gilbert im Rahmen einer solchen Versammlung auf seinem Dachboden Skizzen hergezeigt hatte– Skizzen für einen Gegenstand, der Vampire aufspüren sollte. Und in der vergangenen Woche war ich Zeuge der Funktionstüchtigkeit dieses Gegenstands geworden. Damit hatte Jonathan Pearls wahre Natur entdeckt.

Ich stieß Damon mit dem Ellbogen an. »Wir müssen weg«, sagte ich, fast ohne die Lippen zu bewegen.

Genau in diesem Moment schaute Jonathan auf, und sein Blick fiel direkt auf mich.

Er stieß ein unheiliges Kreischen aus und deutete auf uns. »Dämonen!«

Die Menge fuhr geschlossen zu uns herum. Dann schoss etwas an mir vorbei, und die Mauer hinter uns explodierte. Wir standen inmitten einer Pulverwolke, Marmorsplitter ritzten meine Wange auf.

Ich fletschte die Reißzähne und brüllte– laut, Angst einflößend und voller Urgewalt. Die Hälfte der Menschen ergriff hastig die Flucht, die andere Hälfte aber blieb.

»Tötet die Dämonen!«, rief Jonathan und schwang plötzlich eine Armbrust.

»Ich glaube, sie meinen uns, Bruder«, sagte Damon mit einem kurzen, freudlosen Lachen.

Also packte ich Damon und rannte los.

Kapitel Drei

Ich rannte durch den kleinen Wald, der noch zum Friedhof gehörte, Damon dicht hinter mir, übersprang am Boden liegende Äste und schlitterte über Steine. Ich schwang mich über das hüfthohe Eisentor des Friedhofs und drehte mich kurz um, um mich davon zu überzeugen, dass Damon mir immer noch folgte. Im Zickzack liefen wir tief in den Wald hinein; die Gewehrschüsse klangen wie Feuerwerk in meinen Ohren, das Kreischen der Bürger wie berstendes Glas, ihr schwerer Atem wie leise grollender Donner. Ich konnte sogar die Schritte der Meute hören, die mich verfolgte, jeder Schritt ließ den Boden vibrieren. Im Stillen verfluchte ich Damon für seine Halsstarrigkeit. Wenn er nicht so wenig getrunken hätte, hätte er jetzt die gleiche Kraft wie ich, und mit unserer neu erworbenen Schnelligkeit und Beweglichkeit wären wir schon längst außer Gefahr gewesen.

Während wir durchs Dickicht stürmten, stoben Eichhörnchen und Wühlmäuse mit schnell pochenden Herzen davon. Vom fernen Ende des Friedhofs drangen ein Wiehern und ein Schnauben in meine Ohren.

»Komm weiter.« Damon war neben mir halb zusammengesackt und ich legte ihm einen Arm um die Taille, um ihn wieder auf die Füße zu hieven. »Wir müssen weiter.« Ich konnte das Pulsieren des Blutes hören, das Eisen riechen, das Zittern des Bodens spüren. Ich wusste, dass der Mob mehr Angst vor mir hatte als ich vor ihm; aber trotzdem schwirrte mir beim Klang der Gewehrschüsse der Kopf und mein Körper zuckte zusammen. Damon war schwach, und ich würde ihn nur eine begrenzte Zeit lang mit mir ziehen können.

Erneut ertönte ein Gewehrschuss, näher diesmal. Damon erstarrte.

»Dämonen!« Jonathan Gilberts Stimme hallte dröhnend durch den Wald. Eine weitere Kugel zischte an mir vorbei und schürfte meine Schulter auf. Damon sackte in meinem Arm nach vorn.

»Damon!« Der Name hallte in meinem Kopf wider und die Ähnlichkeit mit dem Wort Dämon erschreckte mich. »Bruder!« Ich schüttelte ihn, bevor ich ihn wieder unbeholfen hinter mir herzog, in Richtung des Schnaubens und Wieherns. Obwohl ich gerade erst getrunken hatte, würde meine Kraft nicht ewig reichen, und die Schritte kamen immer näher und näher.

Endlich erreichten wir das andere Ende des Friedhofs, wo mehrere Pferde angebunden waren. Sie scharrten mit den Hufen und zogen so heftig an den Riemen, dass ihre Hälse anschwollen. Da erkannte ich eine rabenschwarze Stute als mein altes Pferd, Mezanotte. Ich starrte sie an, fasziniert davon, wie verzweifelt sie offensichtlich versuchte, von mir wegzukommen. Noch vor wenigen Tagen war ich der einzige Reiter gewesen, dem sie überhaupt vertraute.

Wieder hörte ich Schritte. Ich riss meinen Blick von der Stute los und schüttelte den Kopf über meine Sentimentalität. Dann zog ich Vaters altes Jagdmesser aus dem Schaft meines Stiefels. Es war das einzige Erinnerungsstück, das ich mitgenommen hatte, als ich ein letztes Mal auf Veritas gewesen war, dem Gut unserer Familie. Er hatte es immer bei sich gehabt, obwohl ich es ihn niemals hatte benutzen sehen. Trotzdem haftete dem Messer jene Macht und Autorität an, die jeder mit meinem Vater in Verbindung gebracht hatte.

Ich zog die Klinge quer über Mezanottes Riemen, aber sie hinterließ nicht einmal eine winzige Kerbe. Als ich das Messer verwundert genauer betrachtete, entdeckte ich, dass die Klinge zu stumpf war, um auch nur einen Zwirnfaden zu durchtrennen. Aber sie war auf Hochglanz poliert, damit sie mehr hermachte. Sie passte perfekt zu Vater, dachte ich voller Abscheu, warf das Messer zu Boden und zerrte mit bloßen Händen an dem Riemen. Die Schritte kamen immer näher, und ich wandte mich eilig um. Ich hatte eigentlich alle Pferde losmachen wollen, damit Jonathan und die Meute uns nicht nachreiten konnten, aber dafür fehlte jetzt einfach die Zeit.

»He, Mädchen«, murmelte ich und streichelte Mezanottes eleganten Hals. Sie scharrte nervös mit den Hufen, und ihr Herz hämmerte. »Ich bin es«, flüsterte ich, während ich mich auf ihren Rücken schwang. Sie bäumte sich auf, und vor Überraschung trat ich ihr so hart in die Flanken, dass ich das Knacken einer brechenden Rippe hörte. Sofort unterwarf sie sich, und ich ließ sie zu Damon hinübertraben.

»Komm«, brüllte ich.

Damons Blick war voller Zweifel, doch dann hievte er sich auf Mezanottes breiten Rücken. Egal, ob er nur von Furcht oder Instinkt getrieben war, seine Bereitschaft zu fliehen gab mir die Hoffnung, dass er trotz allem doch noch nicht sterben wollte.

»Tötet sie!«, schrie jemand und warf eine brennende Fackel nach uns, die in einem hohen Bogen zu Mezanottes Füßen im Gras landete. Das Gras begann sofort zu brennen, und Mezanotte galoppierte los, weg vom Friedhof. Hinter uns donnerten Hufschläge– die Männer waren auf die anderen Pferde gesprungen und uns jetzt dicht auf den Fersen.

Ein weiterer Schuss ertönte hinter uns, gefolgt vom Sirren eines Pfeils. Mezanotte bäumte sich auf und stieß ein hohes Wiehern aus. Damon rutschte ab und konnte sich gerade noch an Mezanottes Hals festhalten, während ich an den Zügeln riss und versuchte, das Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen. Mezanotte tänzelte noch kurz, dann waren alle vier Hufe wieder auf dem Boden. Damon schaffte es, sich wieder aufzurichten, da sah ich einen schmalen Holzpfeil aus dem linken Hinterbein des Pferdes ragen. Die Taktik war schlau. Aus dieser Entfernung war es leichter, das Pferd zu treffen– denn ganz gleich, wohin, es würde auf jeden Fall verlangsamen– als einen von uns genau ins Herz.

Tief über Mezanotte gebeugt galoppierten wir unter den Ästen hindurch immer weiter. Sie war ein starkes Pferd, aber sie schonte jetzt ihre linke Seite. Blut strömte mir aus der Schläfe aufs Hemd, und es beunruhigte mich, wie wenig Kraft Damon nur noch aufbringen konnte, um sich an mir festzuklammern.

Trotzdem trieb ich Mezanotte an. Ich verließ mich auf meinen Instinkt, auf etwas, das jenseits von Denken und Planen lag. Es war, als könne ich die Freiheit riechen und müsse einfach darauf vertrauen, dass ich uns auf den richtigen Weg führte. Ich zügelte die Stute und lenkte sie aus dem Wald und auf die Felder hinter Veritas.

An jedem anderen verregneten Morgen wären die Fenster unseres alten Hauses erleuchtet gewesen und die Zimmerlampen hätten dem gewölbten Glas den orangegelben Schein eines Sonnenuntergangs verliehen. Cordelia, unser ehemaliges Kindermädchen, hätte in der Küche gesungen, und Alfred, Vaters Diener und Kutscher, hätte als Wachposten am Eingang gesessen. Vater und ich hätten in behaglichem Schweigen im Frühstückszimmer gespeist. Doch jetzt lag das Gut wie die kalte Hülle seines ehemaligen Wesens vor mir: Die Fenster waren dunkel und das Land um das Haus herum lag vollkommen still. Veritas stand erst seit einer Woche leer, und doch sah es so aus, als sei es schon vor einer Ewigkeit verlassen worden.

Wir sprangen über den Zaun. Mezanotte landete unsicher und ich schaffte es gerade noch, uns aufzurichten, indem ich so hart an den Zügeln zog, dass das Metall gegen Mezanottes Zähne klirrte. Dann donnerten wir um das Haus herum. Meine Haut war feucht und kalt, als wir an Cordelias Eisenkrautbeet vorbeikamen, wo die winzigen Halme knöchelhoch standen.

»Wohin bringst du uns, Bruder?«, fragte Damon.

Ich hörte, wie die Hufe dreier Pferde im Wasser spritzten, als Jonathan Gilbert, Bürgermeister Lockwood und Sheriff Forbes an dem Teich im hinteren Teil unseres Besitzes entlangritten. Mezanotte keuchte und hatte Schaum vor dem Maul, und ich wusste, dass es unmöglich war, unseren Verfolgern zu Pferde zu entkommen.

Plötzlich übertönte das heisere Pfeifen eines Zuges alles andere– die Hufe, den Wind, das metallische Scharren eines Gewehrs, das nachgeladen wurde.

»Diesen Zug nehmen wir«, sagte ich entschlossen und trat Mezanotte in die Flanken. Mit gesenktem Haupt raste sie auf die Steinmauer zu, die Veritas von der Straße trennte, und segelte darüber.

»Komm schon, Mädchen«, flüsterte ich. Ihre Augen waren wild und verängstigt, aber sie erhöhte das Tempo noch mehr und rannte die Straße hinunter und auf die Hauptstraße. Die verkohlte Kirche kam in Sicht, geschwärzte Ziegelsteine, die sich wie Zähne aus der aschegrauen Erde erhoben. Die Apotheke war jetzt ebenfalls bis auf die Grundmauern niedergebrannt. An jedem einzelnen Türrahmen in der Stadt hingen Kruzifixe, die meisten zusätzlich umrahmt von Eisenkrautgirlanden. Ich erkannte die Stadt kaum wieder, in der ich meine gesamten siebzehn Lebensjahre verbracht hatte. Mystic Falls war nicht mein Zuhause. Nicht mehr.

Hinter uns kamen Jonathan Gilbert und die anderen immer näher. Vor uns konnte ich den Zug herannahen hören, er knirschte auf den Schienen. Der Schaum vor Mezanottes Maul färbte sich rosa von Blut. Meine Reißzähne waren trocken. Ich leckte meine ausgedörrten Lippen und fragte mich, ob dieses ständige Verlangen nach Blut damit zusammenhing, dass ich gerade erst zum Vampir geworden war– oder ob ich wohl immer so empfinden würde.

»Bist du so weit, Bruder?«, fragte ich und riss Mezanotte an den Zügeln. Sie blieb vor dem Bahnhof stehen und gab mir gerade noch genug Zeit um abzuspringen, bevor sie zusammenbrach. Blut schoss aus ihrem Maul.

Ein Schuss fiel und aus Mezanottes Flanke quoll Blut. Ich packte Damon an den Handgelenken und katapultierte uns beide auf die Plattform eines Waggons, kurz bevor der Zug stampfend und fauchend den Bahnhof verließ. Die wütenden Rufe von Jonathan Gilbert und seinen Männern verhallten rasch hinter uns.

Kapitel Vier