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Sie haben sich eine neue Spiegelreflex- oder Systemkamera zugelegt und wollen nun endlich "richtig" fotografieren. Dazu gibt es gelegentlich ein Buch, das Ihnen den Umgang mit genau dieser Kamera beibringen will. Doch eigentlich gelten die Gesetze der Physik und Fotografie bei allen Kameras gleichermaßen und Sie lernen viel mehr daraus, allgemein eine moderne Kamera bedienen zu können und über die Gesetze der Fotografie Bescheid zu wissen. Deshalb versucht dieses Buch, kameraunabhängig aufzuzeigen, wie Sie mehr als nur fotografische "Zufallstreffer"landen können. Dieses Handbuch mit fast 600 Bildern zeigt Ihnen, was alles in Ihrer Kamera steckt und wie Sie Ihre Kamera in der Fotopraxis sicher und zielführend bedienen. Der Autor führt Sie in die grundlegenden Themen Schärfe, Belichtung und Lichteinsatz ein. Und auch beim Aufbau Ihres eigenen Foto-Systems lässt Sie das Buch mit seinem umfangreichen Zubehörratgeber nicht im Stich.
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Seitenzahl: 359
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Inhalt
Einleitung
Digital und kreativ fotografieren
1 Technik und Design moderner Spiegelreflex- und Systemkameras
1.1 Der Weg zur Systemkamera
1.2 Die besonderen Eigenschaften digital optimierter Objektive
Was heißt „Four Thirds“?
1.3 Brennweite und Verlängerungsfaktor
1.4 Der kamerainterne Verwacklungsschutz
1.5 Die Ultraschall-Sensorreinigung
1.6 Kamera-Grundeinstellungen optimieren
AF-Hilfslicht, Auto-Pop-Up
Objektiv rückstellen
Benutzermenü anzeigen
AEL/AFL für manuellen Fokus
Live-View-Erweiterung einschalten
EV- und ISO-Stufen auf 1/3
Rauschunterdrückung einschränken
2 Die richtigen Einstellungen
2.1 Grenzen und Möglichkeiten der Automatikprogramme
2.2 Die Profi-Belichtungsprogramme optimal einsetzen
2.3 Farbtemperatur und Weißabgleich
Kaltes Licht ist heiß
Weißabgleich – neutral oder romantisch?
Es grünt so grün…
2.4 Kamera-Einstellung
2.5 Wiedergabemenüs
3 Licht und Schatten einfangen
3.1 Die Lichtsteuerung Ihrer Kamera verstehen
Vollautomatisch voll daneben
Was ist das Motiv?
Wie weiß ist eine weiße Katze?
3.2 Blendenöffnung und Belichtungszeit
Programmautomatik
Blendenvorwahl (A, Zeitautomatik)
Zeitvorwahl (S, Blendenautomatik)
Manuelle Einstellung (M)
Belichtungsstufen
Belichtungswert (EV)
High Key und Low Key
3.3 Ein Live-Histogramm hilft bei der Belichtungseinstellung
3.4 Extreme Kontraste beherrschen
3.5 Die besten Einstellungen, um Bildrauschen zu minimieren
Rauschen bei hoher Empfindlichkeit
3.6 Richtig belichten bei wenig Licht
Das Rauschen der Nacht
Voll geladener Akku ist Pflicht
Dunkelbelichtung: Einmal reicht
4 Jedes Motiv scharf serviert
4.1 Hilfe, meine Bilder sind unscharf!
Zu hohe Vergrößerung
Mangelnder Kontrast
Falsche Fokussierung
Bewegungsunschärfe
4.2 Immer der richtige Autofokusmodus in typischen Szenarien
Spotmessung: Ein Autofokus-Messpunkt
Autofokus-Messpunkt verschieben
Gesichtserkennung
4.3 Phänomen Schärfentiefe
Beugungsunschärfe
„Freistellen“ durch selektive Schärfe
Anzeige der Schärfentiefe
Berechnen der Schärfentiefe
4.4 Einmalig oder kontinuierlich scharfstellen?
4.5 Wann wird besser manuell fokussiert?
4.6 Schärfe im Live-View-Modus kontrollieren
4.7 Potenzielle Verwacklungsursachen minimieren
4.8 Sicher scharfstellen im Dunkeln
4.9 Schärfung in der Kamera
Quelle der Unschärfe
Alternative Farbfiltertechniken
JPEG-Kompression
Large, Middle oder Small?
Unschärfe durch nachträgliches Skalieren
4.10 Autofokus-Probleme
Front- und Backfocus
Ungeeignete, kontrastarme Motive
Zu dunkel
Zu kleine Offenblende
Zu große Offenblende
Zu großer Autofokus-Messbereich
5 Fotografieren mit Blitz und Studiolicht
5.1 Vor- und Nachteile des Blitzens
Blitz: Praktisch unterwegs
Alternative: Available Light
Harte Mittagsschatten
Reflektoren
Ungünstiges Kunstlicht
5.2 Nie mehr rote Augen
5.3 Grenzen des Blitzgeräts
5.4 Blitz und Beleuchtung kombinieren
5.5 Wenn der „zweite Vorhang“ fällt …
5.6 Blitzsteuerung: TTL, AUTO und manuell
TTL bei Digitalkameras
Manuelle Einstellung
Automatikblitz
5.7 Zusatzblitzgeräte an der Kamera
Aufsteckblitz
Stabblitz
Anschluss
Fremd-Systemblitze
Systemblitzgeräte
Die Leitzahl: PS des Blitzgeräts
5.8 „Super-FP“: Der Blitzmodus für tagsüber
5.9 Spezialblitzgeräte für Makrofotos
5.10 Studioblitzanlage mit der Kamera synchronisieren
Einstellung der Kamera an einer Studioblitzanlage
5.11 Systemblitze mit Reflektor
5.12 Fotolampen für Dauerlicht
Glühlampen
Kaltspiegel-Halogenlampen
Energiespar-Leuchtstofflampen
LED-Leuchten
5.13 Lichtzelte und Studioeinrichtung
6 Ihre Kamera in Praxisszenarien
6.1 Weitwinkel, Landschaft und Architektur
Harmonische Bildaufteilung
Blendenvorwahl vs. Motivprogramm
Zuviel Kontrast
Arbeiten mit Weitwinkelobjektiv
Einstürzende Neubauten
6.2 Experimente mit Perspektive
Spezialfall Fisheye-Objektiv
6.3 Makro-, Nah- und Porträtaufnahmen
Problematisch: präziser Fokus im Nahbereich
Makrofotos: nur mit Stativ
Porträtfotos mit Makroobjektiv
6.4 Teleaufnahmen und Sport
Verwacklungsgefahr bei Sportfotos
Motivprogramm Sport und Autofokus-Einstellungen
Bildserien
Mittenbetonte Messung
6.5 Schnappschüsse, Menschen und Tiere
Das richtige Schnappschuss-Objektiv
Superzoom erspart Objektivwechsel
Motivprogramm oder Programmautomatik?
Mehr Einfluss auf die Kameraparameter
6.6 Infrarot: Das Unsichtbare fotografieren
Entwickelt für Sicherheitsaufgaben
Digitale Infrarotfotografie
6.7 Unterwasseraufnahmen
Klarmachen zur Tauchfahrt
Einbau der Kamera in das Unterwassergehäuse
Nach dem Tauchgang
6.8 Harmonische Available-Light-Aufnahmen
Lebendiges Feuerwerk
Konzertfotografie
Aufführungen
Gelungene Nachtaufnahmen
Kerzenlicht
Panoramaaufnahmen
7 Objektivauswahl
7.1 Qualitätskriterien von Objektiven
Kissen- und Tonnenverzerrung
Vignettierung
Chromatische Aberration
Bokeh
Lichtstärke
Filtergewinde
Zoombereich
Ultraschall-Autofokus
Micro-Four Thirds
7.2 Qualitätsmerkmale
7.3 Objektive von Leica/Panasonic
7.4 Sigma-Objektive
7.5 Telekonverter und Zwischenringe
Telekonverter
Zwischenringe
Retroadapter
7.6 Adapter für Fremdsystem-Objektive
8 Zubehör und Software
8.1 Welches Zubehör braucht der Fotograf?
8.2 Stative
Was Billigware fehlt
Kugelkopf: Flotter als Schwenkköpfe
Guter Einstieg: Manfrotto 190XProB
Kopfüber aufnehmen
8.3. Fernauslöser
8.4 Der Datenspeicher
Schutztaschen
Speichertanks
Kartenleser
Speicherkarten
Geschwindigkeit spart Zeit
8.5 Stromversorgung
Power Grip
8.6 Kamerataschen und -Rucksäcke
8.7 Kameraschutz und -reinigung
Regenschutz
Display-Schutzfolien
Tragegurt
Reinigungsgeräte
8.8 Filter und Vorsatzlinsen
8.9 Software
Grenzen der Bildbearbeitung
Die Technik der RAW-Bearbeitung
Gratiszugabe RAW-Konverter
Olympus Studio: Die Deluxe-Version
Bekannt, gut, aber teuer: Adobe Camera Raw und Lightroom
Silkypix – die japanische Alternative
Grenzen von RAW
DNG – das digitale Negativ
Impressum
Die Frage „digital oder analog“ stellt sich bei der Fotografie längst nicht mehr: Selbstverständlich digital! Bei idealen Bedingungen, starkem Tageslicht, war Film digitalen Bildsensoren lange überlegen – wenn man ihn anschließend scannt. Doch wer hat denn für so etwas noch die Muße, von ähnlich vergangenen Freizeitbeschäftigungen wie Dias rahmen und dem Diaabend als Krönung des Ganzen ganz abgesehen?
In schwierigen Lichtsituationen war die Digitalfotografie von Anfang an überlegen – wenn es zu dunkel ist und man nicht blitzen will, kann einfach per Knopfdruck die Empfindlichkeit anhgehoben werden. Dafür hätte man früher einen anderen Film einlegen müssen.
Nach über fünfzehn Jahren digitaler Fotokameras ist das Filmzeitalter vorbei und damit auch die teure, langwierige und doch oft fehlerhafte Filmentwicklung. Nun sieht man entweder direkt nach der Aufnahme oder zumindest zeitnah am Computer, ob die Aufnahme gelungen ist. Dies hat vielen den Spaß am Fotografieren gebracht, für die es früher zu teuer und kompliziert war.
as Bild einfacher digitaler Handy-, Taschen- und Kompaktkameras ist allerdings nicht mit dem einer Spiegelreflex- oder Systemkamera zu vergleichen. Doch das liegt nicht an der Digitaltechnik: Eine Pocketkamera konnte früher auch nicht dieselbe Bildqualität liefern wie eine ausgewachsene Spiegelreflexkamera – die Größe des Films/Bildsensors und die Qualität der Optik sind entscheidend. Der Spiegel ist dagegen entbehrlich, Systemkameras – sozusagen Spiegelreflexkameras ohne Spiegel – liefern dieselbe Bildqualität, sind aber leichter, kompakter und preiswerter. Auch sie bieten alle Möglichkeiten, außerhalb der Vollautomatik kreativ mit ihren Möglichkeiten umzugehen.
Entscheidend ist, dass Sie mit Ihrer Kamera umgehen können, dass Sie wissen, welche Einstellung welche Auswirkungen hat. Dann werden Sie auch mit einer einfachen Kamera interessante Aufnahmen machen können, die mehr sind als nur Partyfotos. Engagierte Hobbyfotografen können hiervon dank einfacher Bedienung ebenso profitieren wie Menschen, die beruflich fotografieren, ob nun gelegentlich oder als Vollprofi. Fotografieren ist keine Geheimwissenschaft, aber mitunter durchaus eine Kunst.
Dieses Buch ist für jene gedacht, die bislang nur eine „Knipskamera“ hatten und sich nun eine „richtige“ Kamera angeschafft haben oder anschaffen wollen, deren Möglichkeiten aber noch nicht richtig einzuschätzen wissen. Mancher Tipp mag auch mit einer Einfach-Kamera nützlich sein, denn die prinzipielle Technik der Fotografie ist immer dieselbe, doch viele Dinge wie die manuelle Belichtungssteuerung sind dort nicht möglich. Mit einer Kompakt- oder Bridge-Kamera, die manuelle Einstellungen und RAW-Format bietet, wie beispielsweise die Panasonic-Lumix-LX-Modelle, können Sie jedoch schon „mitspielen“ – auch „richtige“ Fotografen nutzen solche Geräte als Zweitkamera – und mit einer richtigen System- oder Spiegelreflexkkamera mit Wechselobjektiven stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen.
Ob in Freizeit oder Beruf, ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Spaß bei der Bilderjagd!
Wolf-Dieter Roth, wolfs-fotos.de, Februar 2015
Was unterscheidet Spiegelreflex- und Systemkameras?
Die ersten Kameras nutzten eine Mattscheibe, die zunächst montiert wurde, um den Bildausschnitt einzustellen. Danach wurde die Mattscheibe gegen die Fotoplatte ausgetauscht. Diese Arbeitsweise war zwar bei der damals zwingenden Benutzung eines Stativs sehr exakt, da Mattscheibe und Fotomaterial dieselbe Optik nutzten, doch sehr umständlich – einerseits wegen des notwendigen Umbaus zur Aufnahme, andererseits wegen der geringen Lichtstärke der Mattscheibe, wegen der Fotografen dieser Zeit sich zur Einstellung der Kamera ein schwarzes, an der Kamera montiertes Tuch überwarfen.
Daher wurden bald auch einfache Rahmen aus Blech auf die Kameras montiert, mit denen man den zu erwartenden Bildausschnitt anvisieren konnte, ohne etwas umbauen zu müssen. Dies war dafür weniger exakt: Da der Rahmen über der für die Aufnahme benutzten Optik sitzt, zielt er bei Nahaufnahmen daneben – man spricht vom Parallaxenfehler.
Ein optischer Sucher mit einer zweiten, kleineren Optik verringert das Parallaxenproblem – er ist näher an der optischen Achse des Objektivs und man kann nicht schräg hindurchsehen wie beim Rahmen –, beseitigt es aber nicht. Dafür musste man nun Nase und Auge hinter die Kamera klemmen und verlor bei Portraits und Gruppenfotos den direkten Blickkontakt zu den Aufgenommenen.
Die zweiäugigen Spiegelreflexkameras brachten die Mattscheibe zurück, verlangten jedoch nach zwei gleichartigen Optiken übereinander und hatten immer noch einen Parallaxenfehler.
Die einäugige Spiegelreflexkamera verwendet schließlich dieselbe Optik für Sucherbild und Aufnahme. Dies ergibt exakte Bildausschnitte – der Parallaxenfehler ist Vergangenheit und nun sind auch Wechsel- und Zoomobjektive ohne Probleme verwendbar. Zuvor waren hier entsprechende Markierungen im Sucher notwendig, um den verschiedenen Optiken zumindest näherungsweise Rechnung zu tragen. Daher ist „Kamera mit Wechselobjektiven“ und „Spiegelreflexkamera“ fast zum Synonym geworden, obwohl es auch Sucherkameras mit Wechselobjektiven und Spiegelreflexkameras mit fest angebauter Optik gibt. Und nun eben auch die sogenannten Systemkameras, Spiegelreflexkameras ohne Spiegel.
Live-MOS-Bildsensor der Olympus E-620
Statt einer großen Mattscheibe wie bei den zweiäugigen Spiegelreflexkameras setzten sich bei den einäugigen Spiegelreflexkameras hellere, optische Sucher mit eingebauter Mattscheibe durch. Damit allerdings Sucher und Film versorgt waren, wurden Spiegel notwendig, die halbdurchlässig oder klappbar waren. Zudem ist das Bild im Sucher nun gespiegelt, womit dem Fotografen beim Versuch, den Ausschnitt zu wählen, schnell schwindlig würde. Ein Umkehrprisma dient dazu, das Bild wieder aufzurichten. Es verursacht den typischen „Spiegelreflexbuckel“, der nur beim sogenannten Porrosucher fehlt, wie ihn beispielsweise die Olympus Pen F von 1996 und die Olympus E-330 von 2006 hat.
Digitalkameras verzichten oft auf optische Sucher und zeigen das vom Sensor aufgenommene Bild direkt auf einem Monitor. Damit bleibt dem Fotograf erspart, sein Auge hinter den Sucher klemmen zu müssen. Bei Weitwinkel-, Stativ- und Makroaufnah-men ist dies durchaus angenehm, allerdings ist die Bildqualität der Displays bislang wesentlich geringer als die eines optischen Suchers. In starkem Sonnenlicht oder bei Teleaufnahmen ist der optische Spiegelreflexsucher oder ein elektronisches Äquivalent immer noch das Optimum.
Am praktischsten wäre es nun, beides zu haben: Einen optischen Spiegelreflexsucher, und ein Monitorbild. Dann kann man je nach Aufnahmesituation und Geschmack wählen. Doch genau das war lange nicht möglich: Während die einfachen CMOS-Bildsensoren (CMOS: Complementary Metal Oxide Semiconductor) der Kompaktkameras aus der Videotechnik stammten und so dem Monitor Live-Bilder liefern konnten, waren die höherwertigeren, rauschärmeren und höher auflösenden CCD-Sensoren (CCD: Charge Coupled Device) der Spiegelreflexkameras „zu langsam“: Sie lieferten nur Bilder im Sekundenabstand und erwärmten sich dabei zu stark. Digitale Spiegelreflexkameras lieferten im Allgemeinen erst nach der Aufnahme ein Monitorbild.
In der Olympus E-330 wurde dann 2006 erstmals ein neuartiger, hochwertiger NMOS-Bildsensor (NMOS: Negative-channel Metal Oxide Semiconductor) verbaut, der einerseits die von einer Spiegelreflexkamera erwartete Bildqualität lieferte und andererseits wie die einfachen Video-Bildsensoren Live-Bilder zum Monitor liefern konnte. Olympus bezeichnete die neue Bauart daher als „Live MOS“.
Allerdings war nun der Spiegel plötzlich hinderlich statt nützlich: Es konnte ja nur entweder der Bildsensor oder der Sucher versorgt werden. Bei der E-330 wurde deshalb kurzerhand noch ein zweiter Bildsensor in den Sucher eingebaut – aufwendig und auch keine hundertprozentige Lösung, da er Veränderungen der Belichtungseinstellungen nicht nachbildet.
Bei heutigen Spiegelreflexkameras wird stattdessen der Spiegel je nach Bedarf genutzt: Für Suchernutzung und den schnellen Phasen-Autofokus klappt er herunter und leitet das Licht vom Objektiv nach oben ins Suchersystem und nach unten ins Phasen-Autofokus-System, für die Live-View mit Kontrast-Autofokus wird der Spiegel dagegen ebenso wie zur Aufnahme hochgeklappt.
Live View, gezeigt an der Olympus E-30, Spiegel heruntergeklappt: Das vom Objektiv kommende Licht geht nach oben, das Bild wird im Umkehrprisma wieder aufgestellt und nach hinten zum Sucher geleitet. Gleichzeitig geht ein kleiner Anteil durch den halbdurchlässigen Spiegel nach unten ins Phasen-Autofokussystem
Ohne die Spiegelmechanik fällt das Licht vom Objektiv auf den Bildsensor, wie es zur Live-View und für die eigentliche Aufnahme benötigt wird.
Mit der Live View kann der Fotograf nun also je nach persönlichen Vorlieben und Aufnahmesituation zwischen dem „Zielen über Kimme und Korn“ durch den klassischen Spiegelreflexsucher und dem mehr kompositorischen Fotografieren mit Live-Monitorbild wählen.
Tatsächlich ist der Spiegel aber mittlerweile ein Relikt aus der Analog-Zeit, der Fotografie mit Film. Sowohl Bild-Sensoren als auch Monitor-Displays sind mittlerweile gut genug, dass ein optischer Sucher nicht mehr unbedingt erforderlich ist und ein elektronischer Sucher, der sein Signal wie das Display vom Bildsensor erhält, als Alternative zu diesem für entsprechende Aufnahmesituationen (Teleaufnahmen, sonnige Tage im Freien) völlig ausreicht. Ja sogar besser ist, weil er wie das Display die Auswirkung der Einstellungen direkt anzeigen kann, während ein optischer Sucher immer nur ein unbearbeitetes Bild zeigt.
Dies hat nun endlich zu dem meiner Ansicht nach in der Digitaltechnik absolut überfälligen Schritt geführt, den Spiegel wegzulassen. Damit werden die Kameras leichter, kompakter und preiswerter bei gleicher Bildqualität. Diese „Spiegelreflexkameras ohne Spiegel“ werden als „Systemkameras“ bezeichnet.
Sowohl beim Schritt, ein Monitorbild, „Live View“, an einer Spiegelreflexkamera zu bieten als auch beim Wechsel von Spiegelreflex- zu Systemkameras war der Kamerahersteller Olympus wegweisend. Olympus versuchte nicht wie andere, die bestehenden, eingeführten Kamera- und Objektivsysteme auf digital umzustricken, sondern entwickelte mit dem Four-Thirds-Standard komplett neue Objektive für die Digitaltechnik, die mit der Umstellung auf Systemkameras zum Micro-Four-Thirds-Standard weiterentwickelt wurden.
Neben Olympus nutzen auch Panasonic und Leica (mit Panasonic-Technik) diese beiden Systeme sehr aktiv für Kameras, Objektive gibt es außerdem von Sigma. Auch weitere Kamerahersteller nutzen Four Thrirds und Micro-Four-Thirds.
Ich bin ein absoluter Fan dieses Systems. Ich selbst war mit der Olympus €-330 auf Four-Thirds umgestiegen: Einerseits wegen der Live View, des Monitorbilds, das zuvor nur einfache digitale Kompaktkameras, doch keine digitale Spiegelreflexkamera bot, das ich aber sehr schätze, weil mich „Sucherguckerei“ als Brillenträger eher nervt. Andererseits wegen der hier verfügbaren extremen Weitwinkeloptiken und der generell hohen optischen Qualitäten, die zu diesem Preis kein anderes DSRL-System bot.
Olympus €-510, das erste meiner Olympus-Bücher, wurde über 4000 Mal verkauft und legte den Grundstein zu einer erfolgreichen Reihe von Büchern über Olympus-Kameras. Damals wollte sich kein anderer Autor mit dieser zuvor jahrelang nur noch für Kompaktkameras bekannten Traditionsmarke beschäftigen.
Leider änderte sich dies mit dem Erfolg: Ein Autor, der früher neben allen anderen Systemen auch gelegentlich über Olympus-Kameras geschrieben hatte, wurde nun auf Anregung seines Verlags wieder aktiv und der Lektor meines Verlags ersetzte mich über Nacht durch einen neuen Autor, der nicht wie ich erst nach Feierabend, nach Abwicklung meines Tagesjobs, mit ihm telefonieren konnte.
Der Verlag setze in den Folgejahren nun alles daran, dass ich auch bei anderen Verlagen nicht mehr über Olympus-Kameras schreiben durfte, weil der Markt für nunmehr drei Autoren und Verlage nicht groß genug war und die Qualität der anderen Bücher anscheinend nicht ausreichte, um diese ohne juristische Mittel ausreichend zu verkaufen:
Man verbot mir kurzerhand auf dem Rechtsweg, weiter meine eigenen Fotografien in meinen Büchern zu verwenden. Die Rechte hieran waren unbemerkt mit dem „Kleingedruckten“ im Vertrag an den Verlag übergegangen und als dieser bei einem späteren Olympus-Kameramodell (€-620) mit dem neuen Autor zwei „Konkurrenzbücher“ zu meinem bereits erschienenen €-620-Buch herausbringen ließ, machte dies die Anwendung des Wettbewerbsrechts möglich: Mein €-620-Buch wurde wenige Tage vor Weihnachten 2009 aus dem Handel zurückgerufen und die gesamte noch nicht verkaufte Auflage vernichtet. Statt des erhofften Honorars für ein Jahr Arbeit sollte ich nun sogar noch Schadensersatz zahlen!
Neue Olympus-Kamerabücher sind von mir nicht geplant – ich habe kein Interesse an weiteren Auseinandersetzungen mit meinem ehemaligen Verlag. Dennoch fotografiere ich selbst natürlich weiterhin mit Olympus. Man möge mir deshalb verzeihen, dass ich mich in diesem Buch sehr oft auf Olympus-Kameras beziehe – einfach, weil ich selbst damit arbeite.
Sie müssen sich jedoch keine Sorgen machen, wenn Sie ein anderes Fabrikat erworben haben: Inzwischen haben eigentlich alle Hersteller ähnliche Modelle im Programm, mit Live View und auch spiegellose Systemkameras und meine Fototipps sind für diese ebenso geeignet. Nur die Benennung bestimmter Funktionen variiert mitunter von Hersteller zu Hersteller. So nennt Canon beispielsweise die in diesem Buch beschriebenen Belichtungssteuerungen P A S und M, die zum Grundwerkzeug der modernen Fotografie gehören, „Kreativ-Programme“, während Olympus untzer „Kreativ-Programmen“ Effektfilter versteht, mit denen die Aufnahmen beispielsweise in das Aussehen eines alten Schwarzweiß-Kinofilms umgesetzt werden, also eher eine Spielerei. Wenn Sie verschiedene Fabrikate nutzen, kann dies verwirren, ebenso wie die Tatsache, daß Nikon-Objektive anderherum eingeschraubt werden wie die der meisten anderen Kameras. Dennoch ist die eigentliche Fototechnik, sind die Gesetze der Optik, natürlich bei allen Kameras dieselben.
Objektive für klassische Kleinbildkameras liefern insbesondere bei Weitwinkellinsen in die Kamera stark divergierende Lichtstrahlen. Sie zerstreuen das Licht am Ende, um mit einer kleinen Linse den Film komplett auszuleuchten. Bei Film ist dies kein Problem: Ob er von Licht senkrecht oder schräg getroffen wird, macht keinen Unterschied. Dafür waren relativ kleine Linsen und damit auch Bajonettdurchmesser am kameraseitigen Objektivende ausreichend.
Lichtstrahlen aus einem klassischen Weitwinkelobjektiv treffen deutlich divergierend auf Film
Digitalkamera-Sensorchips verhalten sich völlig anders: Sie bevorzugen senkrecht auftreffendes Licht. Schräg auftreffende Strahlen werden weniger intensiv registriert, zumal moderne Bildsensoren auch noch mit Mikrolinsen versehen sind, um das Licht auf den lichtempfindlichen Teil des Pixels zu konzentrieren und eine höhere Lichtempfindlichkeit zu erreichen. Außerdem besteht das Risiko, dass bei zu schräg einfallenden Lichtstrahlen die von dem Bayer-Mosaik-Farbfilter selektierten Lichtstrahlen anschließend die falschen Sensorpixel treffen.
Weitwinkelobjektive waren deshalb am Anfang der Digitaltechnik kaum vertreten: Die resultierende Bildqualität war mit den bis dato üblichen Konstruktionen unzureichend.
Eine zusätzliche Linse sorgt für einen sogenannten telezentrischen, nahezu parallelen Strahlengang, der vom Digital-Bildsensor unproblematisch verarbeitet werden kann
Die Linsen der Four-Thirds- und Micro-Four-Thirds-Optiken von Olympus sind völlig neu für die Digitaltechnik berechnet – andere Systeme und auch einige wenige Tele-Four-Thirds-Linsen von Drittanbietern sind dagegen noch klassische Berechnungen aus der „Film-Zeit“. Four-Thirds-Objektive erzeugen fast senkrecht auf den Sensorchip auftreffende Lichtstrahlen – für Filmkameras konstruierte Objektive liefern dagegen an Digitalsensorchips außerhalb der Bildmitte schlechtere Ergebnisse. Deshalb ist Four Thirds trotz geringerer Sensorfläche in der optischen Abbildungsqualität anderen Systemem oft überlegen, speziell im Weitwinkelbereich. Bei Teleobjektiven tritt das Problem weniger auf.
Ein weiteres Problem bei stark zerstreuenden Strahlengängen: Ein Wechselobjektiv kann nicht direkt über dem Bildsensor montiert sein – der Spiegel muss dazwischen passen. Nur mit fast parallelem Strahlenverlauf ist dieser Abstand realisierbar – bei Teleobjektiven kein Problem, beim Weitwinkel schon, weil dort die Brennweite sehr kurz ist. Bei Micro-Four-Thirds entfällt dieses Problem, es ist kein Spiegel mehr notwendig, weshalb die Objektive auch trotz gleicher optischer Eckdaten kleiner ausfallen.
Four-Thirds-Logo
Four-Thirds-Objektive zerstreuen das Licht am kameraseitigen Ende nur minimal, was die digitaltypischen Unschärfen und Vignettierungen (Abdunkelungen) in den Bildecken speziell bei Weitwinkelobjektiven vermeidet. Four-Thirds-Objektive haben deshalb einen im Durchmesser deutlich über dem Sensor liegenden Bajonettverschluss; die Objektive sind aber infolge der halben Brennweite insgesamt dennoch deutlich kleiner als ihr Kleinbild-Äquivalent.
Der Name „Four Thirds“ kommt von einer historischen Methode, die Größe von Bildsensoren zu bezeichnen: äquivalent einer 4/3-Zoll-Kameraröhre. Er hat nichts mit dem Bildformat 4:3 zu tun, das im Four-Thirds-System anstelle des 3:2 der Kleinbildfotografie oder des 16:9 der Breitbildfernseher genutzt wird.
Die Olympus E-Kameras kennen auch andere Bildverhältnisse und es wäre prinzipiell auch möglich, in Four Thirds Bildsensoren mit anderen Verhältnissen von Höhe zu Breite als 4:3 zu verbauen. Verpflichtend ist nur eine Bilddiagonale von etwa 21,6 mm sowie das Bajonett mit seinen mechanischen Abmessungen und elektrischen Funktionen, damit jedes Four-Thirds-Objektiv an jeder Four-Thirds-Kamera funktioniert. Mit dem Bildverhältnis von 4:3 ergibt sich dann eine Sensorgröße von 17,3 mm x 13 mm.
Der Sinn hinter dem Four-Thirds-Standard war, einen neuen Standard für digitale Fotografie zu entwickeln, so wie das Kleinbildformat der Leica zum Standard bei Film-Fotoapparaten wurde. Doch dieses Format mit 36 x 24 mm war nur entstanden, weil Kleinbildfilm schon vom Kino her verfügbar war.
Mit Four Thirds sollte die Digitalfotografie frei von solch historischen Altlasten werden. Zum Four-Thirds-Konsortium gehören gegenwärtig die Fotounternehmen Olympus, Sigma, Panasonic, Leica, Eastman Kodak, Fuji und Sanyo. Allerdings sind die letzten drei weniger mit Produkten für Four Thirds aktiv – Four-Thirds-Komponenten gibt es gegenwärtig in größeren Stückzahlen von Sigma (Objektive), Leica/Panasonic (Kameras und Objektive) und Olympus (Kameras und Objektive).
Four-Thirds-Objektive haben für den gleichen Bildeindruck exakt die halbe Brennweite eines Kleinbildobjektivs. Die Objektive tragen normalerweise keine auf das Kleinbild-Äquivalent umgerechneten Brennweitenmarkierungen, weil dies bei dem einfachen Umrechnungsfaktor entbehrlich ist. Die „Normalbrennweite“ liegt also bei 25 mm statt der 50 mm eines Kleinbildobjektivs; zu finden ist so ein „Four-Thirds-Normalobjektiv“ beispielsweise in Form des ZUIKO DIGITAL 25 mm 1:2,8 „Pancake“.
Der Vorteil des 1:2-Faktors ist, dass Four-Thirds-Kameras etwas kompakter gebaut werden können als Kleinbildkameras und auch langbrennweitige Objektive sehr handlich bleiben: Das ZUIKO DIGITAL ED 70 - 300 mm 1:4,0 - 5,6 ist zwar als „Tele-Tüte“ erkennbar, doch noch vernünftig zu handhaben, während das entsprechende Kleinbild-Äquivalent 140 - 600 mm bei dieser Lichtstärke bereits ziemlich unhandlich ausfällt.
Der Nachteil von Four Thirds ist zunächst einmal die geringere Sensorfläche, was etwas höheres Rauschen mit sich bringt. Deutlich werden diese Unterschiede jedoch nur im Vergleich mit teuren „Vollformat“-Digitalkameras; die Mehrheit der heute verkauften digitalen Spiegelreflexkameras benutzt dagegen Bildsensorformate, die nur leicht über Four Thirds liegen, aber „krumme“ Brennweiten-Umrechnungsfaktoren von 1,5 oder 1,6 erforderlich machen – und oft noch für Film gerechnete Objektive benutzen, die keinen telezentrischen Strahlengang haben.
Dass der kleinere Bildsensor eine höhere optische Qualität der Objektive erfordert, ist kein Problem, da für Four Thirds berechnete Objektive diese Qualität bieten. Ebenso ist der zunächst vermeintlich reduzierte Weitwinkelbereich kein Thema: Four Thirds bietet hier beispielsweise mit dem ZUIKO DIGITAL ED 7 - 14 mm 1:4,0 ein sehr überzeugendes Super-Weitwinkel.
Für verwacklungsfreie Aufnahmen gilt die Faustformel:
Der Kehrwert der kleinbildäquivalenten Brennweite ergibt die kürzestmögliche unverwackelte Belichtungszeit.
Mit einem Standardobjektiv (entspricht 50 mm Kleinbild, beim Four-Thirds-System also einer Brennweite von 25 mm) wäre somit eine Belichtungszeit von 1/50 unverwackelt sicher zu „halten“.
Mit einem Weitwinkel (entspricht 30 mm Kleinbild, 15 mm bei Four-Thirds-Objektiven) ist noch eine Belichtungszeit von 1/30 möglich. 1/30 gilt deshalb auch typischerweise als die letzte noch „freihändig“ nutzbare Belichtungszeit. Ein Bildstabilisator – oder eine besonders ruhige Hand – kann noch 1/15 oder 1/8 möglich machen – bei Weitwinkelaufnahmen, wohlgemerkt.
Bewegliche Bildstabilisator-Einheit der E-620, die den Bildsensor trägt
Leicht vergessen nämlich auch erfahrene Fotografen in der Hektik einer Aufnahmesituation, wie sehr das Zoomen – die Benutzung längerer Brennweiten – die zulässige Belichtungszeit verkürzt. Mit einem 200-mm-Objektiv im Four-Thirds-System landet man bei stolzen 400-mm-Brennweiten im Kleinbild-Format und sollte folglich nicht weniger als 1/500 Belichtungszeit verwenden.
Das klappt nur bei gutem Licht, Aufnahmen in Innenräumen, beispielsweise auf Konzerten, sind so nicht mehr zu schaffen. Deshalb haben Teleobjektive oft einen eingebauten Bildstabilisator. Hier wird dann beispielsweise eine Linse der Verwacklung entgegenwirkend bewegt. Der Nachteil ist hier ein leichter Qualitätsverlust, weil die Linse aus der optischen Ideallinie bewegt wird. Außerdem wird das Objektiv schwerer und teurer – und es ist pro Objektiv ein Stabilisierungsmechanismus erforderlich. Dennoch verwenden die meisten Kamerahersteller diese Variante – natürlich ist es nur ein böses Gerücht, dass sie dies tun, um teurere Objektive verkaufen zu können.
Bildstabilisator in der Praxis
Ein Vogelnest soll mit der E-620 auf einer hochgewachsenen Hecke fotografiert werden. Das Mittel der Wahl: ZUIKO DIGITAL 50 - 200 mm 1:2,8 - 3,5 in Telestellung, bei 200 mm. ISO 100, ein leicht sonniger Tag.
Blende 1:3,5, Belichtungszeit 1/320 s – eigentlich etwas zu knapp, aber die Aufnahme ist gerade noch ohne deutlich erkennbare Bewegungsunschärfe. Dafür mit zu geringer Schärfentiefe.
Blende 1:8, als Folge 1/60 s Belichtungszeit: Mehr Schärfentiefe, aber deutlich verwackelt
Blende 1:16, 1/25 s Belichtungszeit: Diese Kombination ist definitiv nicht mehr “zu halten”
Blende 1:16, 1/20 Blichtungszeit, aber mit aktiviertem Bildstabilisator: Jetzt ist die erkennbare Bewegungsunschärfe gerade noch auf dem Level der ersten Aufnahme
Blende 1:8, 1/100 s Belichtungszeit, aktiver Bildstabilisator: Es ist trotz des Vierfachen der empfohlenen Belichtungszeit keine Bewegungsunschärfe sichtbar
Olympus hat dagehen die Stabilisierung nicht in den Objektiven, sondern in der Kamera: Nicht eine Linse wird entgegen den Verwacklungen bewegt, sondern der Sensorchip. Dazu ist weniger finanzieller und gewichtsmäßiger Aufwand erforderlich.
Das Beste ist aber, dass diese Stabilisierung dem Fotografieren mit jedem Objektiv zugute kommt – dank Datenaustausch zwischen Four-Thirds-Objektiven und Kamera weiß diese stets die aktuell eingestellte Brennweite und stellt den Bildstabilisator entsprechend ein. Das bei den Objektiven für einen Stabilisator gesparte Geld kann stattdessen in höhere optische Qualität derselben investiert werden.
I.S. 1 schaltet den Bildstabilisator ein
Olympus nennt die verwendete Technik Supersonic Wave Drive (SWF), nicht zu verwechseln mit der Sensorreinigung Super Sonic Wave Filter (SSWF) oder dem Supersonic Wave Drive (SWD) der teureren Objektive. Der dahinter stehende Antrieb ist jeweils Ultraschall, daher die Ähnlichkeit der Namen. Der Bildstabilisator selbst wird allerdings mit IS für Image Stabilisator abgekürzt. Andere Hersteller nutzen hierfür eigene Namen, nutzen aber mittlerweile ähnliche Techniken.
Der Bildstabilisator wird bei Olympus mit dem Knopf IS auf der Kamerarückseite direkt unter dem Ein/Aus-Schalter eingeschaltet (IS 1). Auf dem Stativ sollte er abgeschaltet werden (IS 0), weil er hier nur zu störenden Vibationen führt, ebenso beim „Mitziehen“ von Bewegungen. IS 2 ist für das Mitziehen bei horizontalen Bewegungen (Pferderennen, Auto...) gedacht, IS 3 zum Mitziehen bei vertikalen Bewegungen (Fallschirmspringer oder Pferderennen mit der Kamera hochkant gehalten). Allerdings funktioniert dies oft nicht wie gewünscht. Soll die Kamera während der Aufnahme aktiv bewegt werden, ist es normalerweise doch am besten, den Bildstabilisator ganz aus zu schalten, zumal Sie dann ohne Umschalten zwischen Hoch- und Querformat wechseln können.
Das summende Geräusch beim Ausschalten mancher Kamera kommt übrigens vom Bildstabilisator, der sich dabei in seine Ausgangsposition zurücksetzt. Es entfällt, wenn der Bildstabilisator abgeschaltet ist.
Der Bildsensor kann beim Wechseln des Objektivs Staub abbekommen. Dieser Staub verursacht dann dunkle Flecken und Punkte auf Ihren Bildern, die bei jedem Bild an den gleichen Stellen zu sehen sind – ein großes Problem in der Digitalfotografie.
Bei der manuellen Reinigung durch den Benutzer besteht die große Gefahr, die Kamera zu beschädigen – beispielsweise wenn der bei Akkuschwäche herunterklappende Spiegel das Reinigungswerkzeug einklemmt.
Die Anzeige “SSWF” leuchtet während der Ultraschall-Sensorreinigung blau auf
Deshalb bietent viele Kameras eine normalerweise ausreichende automatische Ultraschallreinigung des Sensors, die in der ersten Sekunde nach dem Einschalten der Kamera abläuft. Der abgeschüttelte Staub sammelt sich auf einem Klebestreifen in der Kamera – vergleichbar einem Fliegenfänger –, der erst nach vielen Jahren intensiver Benutzung „gefüllt“ ist und vom Service gewechselt werden muss.
Auf SSWF-Einheit montierter Four-Thirds-Bildsensor
Damit der Staub tatsächlich dort landet, sollten Sie die Kamera beim Einschalten waagerecht halten. Falls sich im Lauf der Zeit dennoch dunkle Flecken und Punkte auf Ihren Bildern zeigen, kann eine manuelle Reinigung notwendig werden. Sollten Sie dagegen helle oder farbige Punkte auf Ihren Bildern vorfinden, sollten Sie die Pixelkorrektur aus dem Kameramenü aufrufen oder – bei Langzeitbelichtungen – die Rauschunterdrückung einschalten. Dies wird in Kapitel 2 und 3 genauer beschrieben.
Die Kamera sollte vor einem Objektivwechsel übrigens stets abgeschaltet werden, da sie beim Wiedereinschalten den Sensor von eventuell eingedrungenem Staub reinigt und die Objektivdaten ausliest.
Wer nur selten Objektive wechselt, wird sich fragen, ob die Ultraschall-Sensorreinigung auch abgeschaltet werden kann. Nein, dies ist nicht möglich – aber auch nicht sinnvoll: Auch der kamerainterne Abrieb – beispielsweise durch den Betrieb des Verschlusses und die Spiegelklappmechanik – kann auf dem Sensor landen und wird von der Ultraschall-Sensorreinigung abgeschüttelt.
Leider haben viele Kamerahersteller ihre eigenen Ansichten darüber, wie Sie die Kamera benutzen sollten und bevormunden Sie mit Voreinstellungen, die einfach nur nervig sind. Das geht bei manchen Modellen damit los, dass nach wenigen Sekunden Nichtnutzung der Kamera plötzlich ein „Demomodus“ anspringt, bei dem auf dem Kameradisplay eine Art Werbefilm über die Kamera abläuft. Das lässt dann der Händler im Laden durchlaufen, doch wenn Sie die Kamera gekauft haben und nutzen wollen, nervt es nur noch und muss abgeschaltet werden.
Manche Kameraeinstellungen sind wichtig, werden aber nur selten gebraucht: Datum und Uhrzeit werden Sie beispielsweise nach dem Kauf und der Inbetriebnahme nur einmal einstellen. Dann ist das Thema „durch“, außer, Ihnen ist die Sommerzeit-Umschaltung wichtig, beispielweise wegen der Nutzung von GPS-Daten, oder die Einstellung ist durch eine entladene Batterie verlorengegangen. Doch auch dann dürften Sie keine größere Hilfestellung benötigen, um dies duchzuführen. Wichtig ist nur, es überhaupt einmal einzustellen, weil Sie sonst Probleme beim Abspeichern und Bearbeiten der Fotos bekommen können – manche Programme werten die eingestellte Zeit aus, von Online-Diensten ganz zu schweigen.
Andere Menüpunkte sind wichtiger. Und oft als Voreinstellung ungültig gesetzt oder gar komplett verborgen! Am besten arbeiten Sie dazu einmal Ihr Kamera-Handbuch durch, wenn Sie erste Erfahrungen mit der Kamera gesammelt haben. Als Beispiel soll hier die Olympus E-620 herhalten, bei der die folgenden Voreinstellungen wenig hilfreich sind:
Viele Kompaktkameras nutzen einen Rotlichtstrahl, der in dunkler Umgebung von der Kamera abgestrahlt wird, um damit die automatische Scharfstellung zumindest auf kurze Entfernung zu beschleunigen. Rot ist das Autofokus-Hilfslicht, damit es zu fotografierende Personen nicht blendet. Es ist übrigens nicht infrarot: Das würde zu einem Fehlfokus führen.
Die Olympus E-620 hat keinen Rotlichtstrahl zur Autofokus-Lichthilfe. Sie benutzt stattdessen das eingebaute Blitzgerät: Es sendet eine Blitzsalve aus, die wie ein Lichtstrahl die Szene beleuchtet.
Unter bis zu sechs AF-Blitzmesskaskaden zuzüglich eines eventuellen Rote-Augen-Vorblitzes dürften allerdings manche zu Fotografierenden entsetzt die Augen schließen oder ganz flüchten, bevor die Aufnahme „im Kasten“ ist. Also schalten Sie das AF-HILFSLICHT lieber ab. Sie finden die Funktion im Benutzermenü A.
Abschalten des AF-Hilfslichts
Wer aufgrund entsprechender Aufnahmesituationen (beispielsweise Fotos in dunklen Kneipen) tatsächlich ein Autofokus-Hilfslicht benötigt, kann – auch wenn er gar nicht blitzen will – externe Systemblitzgeräte von Olympus nutzen: Diese haben nämlich den weit weniger störenden Rotlichtstrahl, der der E-620 fehlt.
Ebenso abschalten sollten Sie das automatische Ausklappen des Kamerablitzes AUTO POP-UP im Benutzermenü F. Es bringt Ihnen Ärger, wenn Sie dadurch ungewollt in einem Museum oder einer Kirche mit Blitzverbot blitzen. Außerdem wird AUTO POP-UP das Fotografieren mit Ihrer Olympus E-620 nicht etwa beschleunigen, sondern verzögern, weil der Auslöser nun erst freigegeben wird, wenn das Blitzgerät geladen ist. Und wenn Sie die Gegenlichtblende auf dem Objektiv haben, was sonst immer sinnvoll ist, oder den Finger vor dem Blitz, weil Sie keine Blitzaufnahme erwartet haben, ruiniert Ihnen der Pop-Up-Blitz sogar die Aufnahme mit einem unerwarteten Schatten.
Abschalten des Blitz-Auto-Pop-Up
Es ist sinnvoller, wenn Sie den Blitz bei Bedarf selbst ausklappen – es ist ja nur ein Tastendruck, aber Sie werden nicht mehr von unerwarteten und ungewollten Blitzaufnahmen überrascht.
Auto Pop-Up hat allerdings nur in der AUTO-Einstellung und bei den Motiv- und ART-Programmen eine Bedeutung. In den Profi-Belichtungsmodi P, A, S und M bleibt Ihnen der Blitzteufel aus der Kiste erspart.
Wirkungsweise des AF-Hilfslichts testen
Auch wenn Sie denken, ohne Blitz auszukommen, und beispielsweise in einer Kirche ein Stativ benutzen, kann das vom Kamerablitz erzeugte hektische AF-HILFSLICHT aktiviert werden. Also: Sicherheitshalber abschalten und die AUTO POP UP-Funktion des Kamerablitzes deaktivieren.
Bevor Sie von dem Effekt überrascht werden, testen Sie ihn einmal in einer unkritischen Situation: Gehen Sie in eine dunkle Umgebung, beispielsweise in den Keller, und lassen Sie das Licht aus. Drücken Sie den Auslöser bei ausgeklapptem Blitz, noch nicht abgeschaltetem AF-HILFSLICHT und aktiviertem Autofokus halb durch, um sich ein Bild von der Wirkungsweise des AF-HILFSLICHTs zu machen. Vermutlich werden Sie mit mir übereinstimmen, dass dies unangenehm ist, und es abschalten. Probieren Sie dann dasselbe noch einmal mit abgeschaltetem AF-HILFSLICHT, um sicher zu sein, dass es auch wirklich aus ist und wie der Autofokus ohne diese Blitzunterstützung reagiert. Wenn es nicht zu dunkel ist, funktioniert er trotzdem, nur etwas langsamer.
Obj. Rücks. stellt beim Ausschalten der Kamera die Objektive wahlweise auf die „Unendlich“-Entfernungseinstellung zurück. Gedacht ist dies, um bei nicht innenfokussierten Objektiven diese möglichst weit einzufahren, bevor Sie Ihre Olympus E-620 in die Tasche packen.
Wenn Sie die Olympus E-620 jedoch noch gar nicht wegpacken wollen, ist die Objektivrückstellung dagegen eher verwirrend, da nicht tatsächlich die „Unendlich“-Einstellung erreicht wird (bei Nachtaufnahmen wäre dies ja durchaus erwünscht), sondern meist eine Einstellung deutlich hinter „Unendlich“, also eine Einstellung, bei der mit offener Blende garantiert nichts im Bild scharf abgebildet wird. Dafür werden bei Nachtaufnahmen mühsam gefundene manuelle Fokuseinstellungen (wie eben „Unendlich“ bei Sternenaufnahmen) bei jedem Ausschalten annulliert.
Die Objektiv-Rückstellung sollten Sie unbedingt abschalten
Im Autofokusbetrieb wird dagegen ohnehin bei jedem Auslösen neu fokussiert.
Da die automatische Objektivrückstellung somit unerwarteten Fehlfokus verursachen kann sowie Zeit und Batteriestrom kostet, sollten Sie sie abschalten. Dies geschieht im Benutzermenü A. Beim Einpacken der E-620 mit aufgesetztem Objektiv ist es für dessen Länge in den meisten Fällen viel entscheidender, dass Sie nicht die Telebrennweite eingestellt haben, als ob die Entfernung nun auf zwei Meter oder Unendlich steht.
Eine Neuerung der Olympus E-620 ist es, dass das Benutzermenü, das ausführlichste Menü überhaupt, das noch vor dem wieder knapperen Einstellungsmenü kommt, ab Werk zunächst einmal vor dem Benutzer verborgen wird. Dies soll verhindern, dass E-620-Neulinge Einstellungen verändern, deren Auswirkung sie nicht überblicken, ähnlich der Belichtungsautomatik-Einstellung AUTO.
Mit abgeschaltetem Benutzermenü kennt die Olympus E-620 nur vier Menügruppen
Erst nach dem Einschalten des Benutzermenüs haben Sie eine vollwertige Olympus E-620
Ein echtes Problem ist dies jedoch nicht, da Sie ja die Olympus E-620 jederzeit über das Benutzermenü auf Werkseinstellungen zurücksetzen können, wenn Sie sich mit der Konfiguration wirklich einmal rettungslos vergallopiert haben sollten.
Andererseits finden Sie einige der in diesem Buch beschriebenen Funktionen nur im Benutzermenü, wie beispielsweise den Parameter „Objektivrückstellung“ oder die Spiegelvorauslösung (ANTI-SCHOCK).
Sie sollten also das Benutzermenü unbedingt über die Funktion im Einstellungsmenü freischalten, auch wenn Ihnen das Olympus-Kamerahandbuch hiervon abrät. Wenn Sie Bedenken haben, dass Sie später unbeabsichtigt Parameter der Kamera verstellen, können Sie es nach beendeter Konfiguration ja wieder abschalten.
Wenn die Funktion der AEL/AFL-Taste bei MF auf „Mode 3“ gestellt ist, können Sie mit der AEL/AFL-Taste manuell einen Autofokus-Durchlauf aufrufen und anschließend weiter fotografieren, ohne dass die gewählte Einstellung mit weiteren Autofokus-Abläufen wieder verstellt wird. Diese Funktion finden Sie im Benutzermenü B.
S1 und C2 sind duchaus vernünftig, doch M3 ist besser als das werksseitig vorgesehene M1
Wenn Sie den „Restlichtverstärker“ der Live View aktivieren, können Sie zwar keine Fehlbelichtung mehr auf Monitor oder Histogramm erkennen, haben aber auch bei geringer Umgebungshelligkeit noch ein klares Live-View-Bild. Dies ist in der Mehrzahl der Aufnahmesituationen nützlicher. Sie finden die LV-Erweiterung im Benutzermenü D.
Die Live-View-Erweiterung liefert auch bei geringer Umgebungshelligkeit ein klares Live-View-Bild
Es ist wesentlich angenehmer, wenn Sie Belichtung und Empfindlichkeit nicht nur in ganzen Stufen (Beispiel: ISO 100, ISO 200, ISO 400, ISO 800, ISO 1600 und ISO 3200) verstellen können, sondern auch Zwischenwerte verwenden können. Dies können Sie im Benutzermenü E einstellen.
Gröber einstellen können Sie ja immer noch, aber die Möglichkeit zu Drittelstufen sollten Sie nicht leichtfertig verschenken
Die Rauschunterdrückung meint es in Stellung STANDARD und STARK etwas zu gut: Sie verlieren Bilddetails, wie an anderer Stelle in diesem Buch gezeigt.
Rauschunterdrückung: “Weniger” ist hier mehr!
Reduzieren Sie sie im Benutzermenü G auf WENIGER oder AUS.
Wie Sie Ihre Kamera bedienen, verrät Ihnen das Handbuch. Doch welche Einstellungen sind wirklich sinnvoll?
Die AUTO-Einstellung, in der die meisten modernen Kameras ausgeliefert wird, ist sozusagen der „Einsteiger-Modus“, eine „Automatik-Automatik“ für Käufer, die noch wenig Fotoerfahrung haben und nichts falsch machen wollen oder Situationen, in denen Sie trotz Erfahrung auf „Nummer Sicher“ gehen wollen. Bei anderen Herstellern heißt diese iA oder trägt noch andere Bezeichnungen.
Viele fortgeschrittene Funktionen sind hier gesperrt: Sie werden in den Kameramenüs ausgegraute Menüpunkte vorfinden, die Sie nicht anwählen können. Andere Einstellungen können Sie zwar wie in den Profi-Modi nach Ihren Wünschen anpassen, doch bleiben Ihnen diese nicht dauerhaft erhalten: Beim nächsten Einschalten der Kamera oder des AUTO-Modus werden wieder die Herstellereinstellungen aktiv. Das soll verhindern, dass Sie etwas verstellen und dies später vergessen, beispielsweise eine Belichtungskorrektur. Program-Shift ist dagegen beispielsweise gar nicht verfügbar.
In der Praxis werden Sie später nicht „AUTO“, sondern die Einstellung P für die normale Programmautomatik verwenden, wenn Sie die Belichtung nicht manuell einstellen, sondern Wahl von Blende und Zeit der Kamera überlassen wollen. Es stehen Ihnen dann trotzdem alle anderen Konfigurations-Optionen ohne Einschränkungen zur Verfügung.
Fast alle üblichen Motivprogramme wie beispielsweise Porträt, Landschaft, Nahaufnahme, Sport undNacht ebenso wie die Gesichtserkennung sind für Fotografie-Neulinge oder Umsteiger von Kompaktkameras gedacht; auch hier werden einige Kamerafunktionen gegen individuelle Bedienung gesperrt wie die Mehrzahl der Funktionen des Benutzermenüs, beispielsweise die Spiegelvorauslösung.
Die beiden Unterwasser-Motivprogramme erfordern ein Unterwasser-Gehäuse: Das Motivprogramm alleine macht eine Kamera nicht wasserdicht.
Unterwasser-Motivprogramme wie Unterwasser-Weitwinkel und Unterwasser-Makro sind allerdings auch für fortgeschrittene Fotografen interessant: In der Situation, unter Wasser aufnehmen zu müssen, ist jede Fehleinstellungen vermeidende Automatik gern gesehen!
Wenn Sie Erfahrung mit Ihrer Kamera gewonnen haben, werden Sie die Motivprogramme daher kaum noch nutzen, da sie Ihnen für eine bestimmte fotografische Aufgabenstellung zwar passende Einstellungen vorgeben, aber dann keine Anpassungen mehr erlauben. Sie müssen sich aber nicht schämen, in einer unerwarteten Situation – wie beispielsweise einer Einladung auf den Fußballplatz, um das Spiel Ihrer Ortsmannschaft zu fotografieren – sie doch einmal zu verwenden, wenn Sie mit der Aufnahme der entsprechenden Situation noch wenig Erfahrung haben.
Die vier Belichtungsprogramme, die Sie in der Praxis verwenden werden, sind die Programmautomatik P, die Blendenvorwahl A, die Zeitvorwahl S und die manuelle Belichtungseinstellung M. Sie sind die Basis jeder professionellen Fotokamera. Alles, was Sie sonst noch variieren wollen, ob Empfindlichkeit oder Bildstabilisation – wird normalerweise über Direkttasten oder Menüs gewählt.
Sie können sich jedoch oft noch individuell parametrisierte Einstellungen ablegen, beispielsweise eine für die Verwendung bei Reportagen mit hoher Empfindlichkeit und Serienauslösung und eine andere für die Arbeit im Studio mit Spiegelvorauslösung und ISO 100 sowie noch allen anderen in den Menüs wählbaren Einstellungen.
Sprachverwirrung: Automatik-, Motiv-, Kreativ- und Profiprogramme
Bei Olympus bezeichnet der Begriff „Kreativprogramme“ die ART-Einstellungen, also die „Effektprogramme“. Die klassischen Einstellungen P, A, S und M werden in diesem Buch als „Profiprogramme“ bezeichnet: Wenn Sie Erfahrung als Fotograf gesammelt haben, werden Sie fast nur noch diese verwenden und kaum mehr die Motivprogramme.
In Handbüchern zu anderen Kamerasystemen werden dagegen P, A, S und M mitunter als „Kreativprogramme“ tituliert. Da diese Verwendung des Begriffs „Kreativprogramm“ praktisch diametral zu der ist, wie sie Olympus benutzt, finden Sie sie in diesem Buch nicht wieder. Seien Sie aber nicht zu verwirrt, wenn Sie sie im Handbuch Ihrer Kamera vorfinden.
Aus diesem Grund werden heutzutage Fotoratgeber meist genau auf bestimmte Kameras zugeschnitten. Dieses Buch will Ihnen allerdings das Fotografieren klassisch unabhängig von Ihrem Kameramodell zeigen. Deshalb müssen Sie manchmal etwas mitdenken, um die entsprechende Funktion bei Ihrer Kamera zu finden. Dafür allerdings müssen Sie auch kein neues Buch von mir kaufen, wenn Sie sich eine neue Kamera zulegen. Empfehlen Sie das Buch lieber Ihren bekannten weiter, damit die sich noch eins kaufen.
Sie werden feststellen, dass Sie, wenn Sie genügend Erfahrungen gesammelt haben, mit P, A, S und M sowie den in den Menüs der Kamera möglichen Modifikationen jeder möglichen Aufnahmesituation bestens gewachsen sind und die Motivprogramme kaum mehr benutzen werden. Welche durchaus sinnvollen Einstellungen die Motivprogramme vornehmen, ist später bei den jeweiligen Aufnahmesituationen genauer erläutert, sodass Sie diese bei individueller Einstellung der Parameter gegebenenfalls nachvollziehen können.
Unsere optische Wahrnehmung stellt sich auf die Umgebungsbedingungen ein. Wenn Sie von einem hellen in einen dunklen Raum kommen, sehen Sie zwar im ersten Moment sehr wenig, doch nach einigen Minuten sieht die Welt wieder ganz normal aus.
Ähnlich ist es mit der Lichtfarbe, also der Verteilung bzw. Intensität der einzelnen Farben im Spektrum. Das Auge stellt sich nach kurzer Zeit auf sie ein, Sie sehen alles neutral. Doch in der Dämmerung tendiert die Lichtfarbe sehr ins Bläuliche, deshalb wird auch von der „blauen Stunde“ gesprochen; wenn die Sonne aufgeht, wandelt sich die Lichtfarbe ins genaue Gegenteil, ins Rötliche.
Die “blaue Stunde” in der Dämmerung nach Sonnenuntergang liefert die kühlste Lichtstimmung, doch die höchste Farbtemperatur eines Tages
Am Vormittag verschiebt sie sich dann eher ins Gelbliche, dann ins Weiße. Gegen Mittag ist das Licht relativ kühl, fast schon wieder bläulich. Am Nachmittag wird das Licht wieder gelblicher, bei Sonnenuntergang rötlich und in der Dämmerung wieder blau. Schalten Sie am Abend schließlich die Leselampe an, ist diese noch weit rötlicher als der Sonnenuntergang.
Tipp: Zeiten für die „Blaue Stunde“
Im Licht der Blauen Stunde zu fotografieren, ist sehr reizvoll. Wenn Sie derartige Fotos planen wollen, können Sie die Zeiten für die größeren Städte unter der Webadresse www.deltadelta.de/nmz/blauestunde.html nachschlagen.
Im Allgemeinen werden blaue Farbtöne als kalt, rote und gelbe Farbtöne als warm empfunden. Die Wisenschaft spricht ebenfalls von einer Farbtemperatur, allerdings sind hier die blauen Farbtöne „heißer“ als die roten. Dies ist ein physikalischer Grundsatz: Je heißer ein glühender Körper ist, desto mehr ins Blaue verschiebt sich sein Spektrum. Sie können dies an einer Glühlampe sehen, die über einen Dimmer angeschlossen ist: Bei voller Lichtstärke ist ihr Licht längst nicht so gelblich oder gar rötlich wie im heruntergedimmten Zustand.
Bei Sonnenuntergang, kurze Zeit vor der blauen Stunde, wird dagegen die wärmste Lichstimmung und die niedrigste Farbtemperatur des Tageslaufs erreicht
Die Farbtemperatur, die in Kelvin angegeben wird, ist demnach die Temperatur, die ein Gegenstand haben müsste, um mit genau dieser Lichtfarbe zu glühen. Sonnenlicht am Tag erreicht dabei 5300 K, bei Bewölkung steigt die Farbtemperatur auf 6000 K. Im Schatten, wenn nur die bläuliche Reflexion des Himmels auf die Szene fällt, liegt sie bei 7000 K, und in der Dämmerung steigt sie auf 10000 K. Bei Sonnenuntergang sinkt die Farbtemperatur dagegen auf 4500 K und eine Glühlampe schafft nur 2700 bis 3000 K, ist also von jeder Art von Tageslicht weit entfernt.
Künstliches Licht wird allerdings von Glühlampen abgesehen nicht durch entsprechende Temperaturen erzeugt. Blitzlicht entspricht farblich Tageslicht, da es sich tatsächlich um kurzfristig erhitztes Xenongas handelt, Leuchtstofflampen und LEDs haben dagegen eigentlich gar keine Farbtemperatur, weil ihr Licht nicht durch einen glühenden Körper erzeugt wird, sondern durch Leuchtstoffe. Ihr Spektrum ist deshalb nicht kontinuierlich, was mitunter zu schlechter Farbdarstellung führt.
Der Weißabgleich Ihrer Digitalkamera kann sich allerdings zumindest näherungsweise auf das Licht einer Leuchtstofflampe einstellen. Tageslichtröhren liegen dabei bei 6500 K, sogenannte neutralweiße Röhren bei 5000 K und die handelsüblichen Energiesparlampen bei 2700 K, dem rötlichen Licht einer Glühlampe.
Abgesehen von dem relativ plötzlichen Übergang zwischen Sonnenauf- beziehungsweise -untergang und der Dämmerung nehmen wir diese Farbwechsel nicht bewusst wahr – Tageslicht erscheint uns weitgehend gleichbleibend. Eine Kamera gibt dagegen genau den Farbton wieder, den sie aufnimmt. Ist der Weißabgleich Ihrer Kamera auf Tageslicht eingestellt, erscheinen Außenaufnahmen halbwegs neutral, Aufnahmen bei Glühlampenlicht dagegen gelbstichig.
Wenn Sie die Kamera jedoch auf automatischen Weißabgleich stellen, reagiert sie dagegen wie das Auge und stellt die interne Bildbearbeitung so ein, dass das aktuelle Licht als „weiß“ aufgezeichnet wird. Nur RAW-Dateien bleiben unverändert, erhalten aber einen Vermerk über die bei der Aufnahme von der Kamera gemessene Farbtemperatur.
Die Ergebnisse sind meist durchaus brauchbar, doch gibt es auch Situationen, in denen die Kamera aus der Lichtsituation die falschen Schlüsse zieht.
Motivprogramm “Sonnenuntergang” der Olympus E-620. Es setzt den Weißabgleich mit 6000 K sogar noch über den Wert für normales Tageslicht, um die Sonne röter zu färben, setzt die Belichtung um 0,7 Stufen herab und erhöht die Farbsättigung gleich um zwei Stufen. Damit werden die Sonnenuntergänge fast unwirklich intensiviert – allerdings gehen Ihnen möglicherweise Farbtöne verloren, weil die mögliche Sättigung überschritten wird.
Ein typisches Beispiel ist der romantische Sonnenuntergang am Meer, den ein automatischer Weißabgleich gnadenlos neutralisiert. Die Sonne versinkt zwar immer noch vor Capri im Meer, doch nicht mehr tiefrot, sondern eher blassrosa. Ein Grund dafür, dass fast jede Digitalkamera ein eigenes Motivprogramm für Sonnenuntergänge hat.
Mit automatischem Weißabgleich ist der Sonnenuntergang zwar immer noch eindrucksvoll, weil die Kamera mit dem Weißabgleich innerhalb der Grenzen von Tages- und Kunstlicht bleibt und ihn nicht ganz wegkorrigiert, doch es erscheint nicht der blutrote Farbton, den Sie beim letzten Sonnenstrahl erwarten