Warum ruft der blöde Prinz denn nicht mehr an? - Oliver Stöwing - E-Book

Warum ruft der blöde Prinz denn nicht mehr an? E-Book

Oliver Stöwing

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Beschreibung

Welche Frau kennt das nicht? Auf das erste Date mit dem Traumprinzen folgt die Analyse mit der besten Freundin: Was hat er gesagt, wie sind seine Worte zu deuten – und warum hat er noch immer nicht angerufen? Unendliche Stunden verbringen Frauen damit, die Frage zu erörtern, was Männer eigentlich denken. Damit ist nun Schluss: Oliver Stöwing plaudert aus dem Nähkästchen und verrät, wie seine Geschlechtsgenossen wirklich ticken. Was dahintersteckt, wenn ein Mann sich nach dem ersten Treffen nicht mehr meldet, und was Männer wirklich denken über Frauen, über Liebe und Beziehungen. Dieses Buch hilft dort, wo selbst die beste Freundin versagt.

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Seitenzahl: 426

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Oliver Stöwing

Warum ruft der blöde Prinz denn nicht mehr an?

100 Wahrheiten, die jede Frau kennen sollte

Knaur e-books

Vielen Dank an die Menschen, die mir für dieses Buch Privates verraten haben.

»Die Liebe, welch lieblicher Dunst! Doch in der Ehe, da steckt die Kunst!«

Theodor Fontane

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Einleitung

Der Tag, an dem ich den verschollen geglaubtenAndreasauf Facebook entdeckte, war ein Tag, an dem seine FreundinSaraheine neue Lektion über Männer lernte. Leider keine gute. Sieben Monate waren sie zusammen ausgegangen. Und nun plötzlich Funkstille. Er rief einfach nicht mehr an. »Er meldet sich bestimmt bald, ist einfach gerade nur wahnsinnig beschäftigt«, sagte sie nervös. »Bestimmt«, sagte ich lahm und dachte: »Träum weiter.« »He, denkst du gerade ›Träum weiter‹?«, fuhr Sarah mich an. Sie kennt mich einfach zu gut. Hastig sagte sie: »Er ist Polizist bei einer Sondereinheit. Er ist bestimmt wieder auf einem gefährlichen Einsatz, beschützt Politiker und Botschafter oder Wahlurnen in Bagdad oder Afghanistan. Vielleicht wühlt er sich durch wüstenartige Grenzgebiete, um Osama bin Laden zu finden. Auf solchen Missionen ist der Handy-Empfang nicht immer perfekt.« Plötzlich bekam sie einen angstvollen Ausdruck: »O Gott, was ist, wenn ihm was passiert ist? Was ist, wenn er mit verbundenen Augen vor Plakaten mit arabischen Schriftzeichen kniet und vermummte Männer Macheten an seinen Hals halten? Ich mache mir schreckliche Sorgen! Er hat ja auch seit zwei Wochen nichts bei Facebook gepostet!« Da wusste ich, dass der Moment gekommen war, grausam zu sein: »Gibt es in Bagdad Wodkakübel und halbnackte Transvestiten, die in Käfigen tanzen?« Sie sah mich an, als sei ich irre. Deswegen warf ich den Laptop an, loggte mich bei Facebook ein und zeigte Sarah ein Profil. Nicht das von Andreas, sondern das von einem seiner Kumpel, mit dem ich »befreundet« war. Er hatte ganz frisch Partyfotos von sich aus dem Club Space auf Ibiza gepostet. Neben ihm: Andreas. Er trug ein Muskel-Shirt mit der Aufschrift »Lost in Space« und eine verspiegelte Sonnenbrille, riss beide Arme in die Höhe, und zwei Partygirls in Hotpants tanzten ihn an. »Oh«, sagte Sarah. »Es geht ihm also gut.« Sie schluckte, sagte dann: »Dieses bekloppte Facebook raubt einem ja jede Heldenillusion.« Sie schluckte noch einmal und klickte dann zur Seite von »Air Berlin«. »Was tust du?«, fragte ich. Sarah: »Ich buch einen Flug nach Ibiza. Die Saftnase stelle ich vor Ort zur Rede.« »Tu es nicht«, warnte ich. »Da kannst du dir besser hier Sand in deine Wohnung schütten, einen Bikini anziehen und weinen. Das hätte denselben Effekt, und du sparst dir das Geld fürs Flugticket.«

 

Nicht viel besser erging esDoro. Sie war zu einem neuen Zahnarzt gegangen, ein junger Typ, der ihre kräftigen Zahnwurzeln und ihr rosiges Zahnfleisch bewundert hatte. Sie hatten sich dann auch privat getroffen, Doro hatte ihn verführt, indem sie kraftvoll in einen Apfel biss. Es folgten ein paar Monate Paradies. »Ein Zahnarzt!«, hatte Doro gejubelt. »Da hat Gott wohl doch die Gebete meiner Mutter erhört! Wie geschickt er Sachen einfädelt, wenn er sich mal Mühe gibt!« Irgendwann nach rauschhaftem Sex im Anschluss an seine Sprechstunde auf seinem Zahnarztstuhl hatte sie ein paar verhängnisvolle Worte ausgesprochen, darunter »Zukunft«, »Perspektive«, »bin dreißig und ein paar Gequetschte«, »Eltern vorstellen«. Er stammelte irgendetwas wie »bin noch nicht so weit« und »bei Kindergeschrei krieg ich Zahnschmerzen«, sortierte hektisch seine Instrumente und meldete sich dann nicht mehr. Doro, nicht der Typ, um lange zu warten, rief selbst an, erreichte immer nur die Mailbox. Dann eine SMS: »Musste verreisen, um einen klaren Kopf zu bewahren. Melde mich, wenn zurück. Kuss.« Auch Doro hatte Krisengebiet-Phantasien, stellte sich vor, dass er, aufgewühlt von seiner Liebe zu ihr, für »Ärzte ohne Grenzen« Kinderzähne in Haiti behandelt und sich mit Dengue-Fieber ansteckt. Fiebrig auf einem Feldbett wird ihm klar, dass nur ein Leben mit ihr, Doro, für ihn einen Sinn ergibt. Aber da sein iPhone auf Haiti in den Besitz von Menschen übergegangen ist, die es dringender benötigen, kann er sie nicht erreichen.

So falsch lag Doro mit ihren Phantasien gar nicht, wie sie von ihrer Freundin Vera erfuhr. Deren Haushaltshilfe putzte auch beim Zahnarzt und war immer für eine Indiskretion zu haben. Sie berichtete Folgendes: Der Zahnarzt war zu dem Zeitpunkt wirklich in der Karibik, allerdings auf Martinique. Er begleitet seine neue Freundin, eine finnische Tierfilmerin namens Anniki, die dort einen Film über Kolibris drehte. Er hatte Anniki kennengelernt (»eine sehr nette Mädchen und sooo hübsch wie eine Sommertag in Georgien!«), als sie sich bei ihm drei neue Zähne einsetzen ließ. Die waren ihr bei Dreharbeiten in Afrika von einem Gnu ausgetreten worden.

Wochen später erkannte Doro ihren Zahnarzt im Supermarkt, rammte ihm an der Gemüseabteilung ihren Einkaufswagen in die Kniekehlen und lächelte zuckersüß: »Is’ was, Doc?« »Dorothea!«, stammelte er. »Ich wollte dich anrufen, aber …« »Dorotheaaaa«, äffte sie nach. »Hör mal zu, du mäulerdurchwühlender Halbaffe, Frauen haben sich das Wahlrecht erkämpft, Deutschland aus Trümmern aufgebaut, BHs verbrannt, und wir sind Bundeskanzler. Wie kommst du da drauf, dass eine Frau im Jahr 2010 nichts Besseres zu tun hat, als auf den Anruf eines Zahnarztes zu warten? Wenn du keine Lust mehr hast, sei Mann genug und ruf an und sag es!« Sie rammte ihm den Einkaufswagen gegen die Kniescheiben. Doro kann wütend sehr angsteinflößend wirken. »Sag es wenigstens jetzt. Was war los?« »Es lässt sich nicht in ein, zwei Sätzen sagen, es ist sehr komplex …«, stotterte er. Sie bedrohte ihn mit einer steinharten Avocado aus ihrem Wagen: »Was war los?« Hastig sagte er: »Es hat nicht richtig gefunkt zwischen uns. Und dann traf ich Anniki, und es funkte.« »Das war wirklich komplex«, sagte Doro. »Danke, dass du dir die Zeit genommen und es mir erklärt hast.« Dann legte sie die Avocado zurück in den Wagen und ging. »Doro?«, rief er hinterher. Sie drehte sich um. »Ist es okay, wenn ich dir fürs letzte Bleeching und die Zahnreinigung noch die Rechnung schicke? Beides wäre noch offen.« »Ist es okay für dich, wenn du gleich an deinen eigenen Genitalien erstickst?«, sagte sie und ging zur Kasse.

 

»Warum sagen Männer nie, was los ist?«, fragte Doro, als sie später im Freundeskreis ihre Geschichte erzählte, die sich so oder ähnlich zugetragen hatte. »Oliver, du hast ein Buch geschrieben, was man tun kann, damit der blöde Prinz mit seinem Gaul kommt. Aber du hast nichts gesagt, wie man sich verhält, wenn sich der Prinz in einen Frosch verwandelt. Und woran liegt es, wenn Männer sich im Morgengrauen davonstehlen und wegreiten, weil sie denken, woanders wäre es noch besser? Die wahren Gründe erfährt man nie, und man bleibt allein mit seinen Spekulationen.«

Sind Prinzen wirklich Telefonmuffel und Kommunikationsverweigerer?

Ich beschloss, ihren Fragen nachzugehen. Warum rufen Männer nicht mehr an? Oder warum rufen sie manchmal nicht mehr so gerne an? Warum machen sie sich meistens so sang- und klanglos aus dem Staub? Warum würden sie sich auch in längerfristigen Beziehungen manchmal am liebsten absetzen, auch wenn sie es nicht tun? Was nervt sie an ihrer Partnerin? Und vor allem, warum können sie ihrer Liebsten nicht verständlich machen, was sie wirklich stört? Ein Jahr lang sammelte ich Männerbeschwerden. Ich wollte, dass Frauen erfahren, was Männer wirklich denken, was sie (in den meisten Fällen zumindest) höchstens untereinander bereden, wenn Bier ihre Zungen in Schwung bringt. Ich stellte fest, dass sich viele Beschwerden erstaunlich glichen. Ich beschloss, Frauen mit den Beschwerden zu konfrontieren. Was hatten sie dazu zu sagen? Was ist ihre Sicht der Dinge?

Doch ich wollte mehr als eine Neuauflage des Geschlechterkampfes. Ich wollte, dass etwas Gutes aus den Beschwerden wächst. Was können Mann und Frau von den ungeschönten Wahrheiten des anderen lernen? Wo gibt es gemeinsame Bedürfnisse und Ziele, wo finden sich Lösungen? Wie lässt sich eine Partnerschaft produktiv statt destruktiv gestalten? Aus meinen Analysen der jeweiligen Situation habe ich Wahrheiten abgeleitet, die hoffentlich neue Sichtweisen für beide Geschlechter bereithalten. Dazu habe ich auf Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft, der Psychologie, der Linguistik und des Buddhismus zurückgegriffen. Außerdem wende ich Methoden aus dem Neurolinguistischen Programmieren (NLP) an, eine Methode, mit der sich Einstellungen und Handlungen optimieren lassen.

Auch wenn ich mich in den Situationsanalysen in erster Linie an Frauen richte, glaube ich, dass Männer ebenfalls wertvolle Hinweise daraus ziehen können. Es sind Hinweise für Ehen, langjährige Partnerschaften, für frische Paare oder für gerade erst beginnende Romanzen, bei denen noch niemand weiß, wo die Reise hingeht. Meine Anliegen: die Kommunikation zu verbessern, Konflikte sinnvoll zu lösen, anstatt gleich das Handtuch zu werfen und die Telefonnummer zu löschen. Bewusst habe ich auf allzu viele Ratschläge verzichtet. Ein Ratschlag bedeutet, dass ich glaube, etwas besser zu wissen als Sie. Aber ich kenne Sie und Ihre Situation nicht. Sie allein sind die Expertin bzw. Experte für Ihr Leben. Sie wissen am besten, was zu tun ist. Ich kann Ihnen allenfalls Anregungen und Anstöße geben. Ich kann Ihnen Wahrheiten über Männer nennen, die Teil der Wirklichkeit sind, in der wir leben. Ich kann Mythen aufdecken, um zu zeigen, dass wir viele der Glaubenssätze in uns und Trugbilder um uns immer wieder hinterfragen sollten. Was Sie damit anfangen, bleibt Ihnen überlassen.

 

Zunächst einmal eine Botschaft an alle Männer: Einfach nicht mehr anzurufen (und nicht auf Anrufe zu reagieren) ist unfair und feige. Es zwingt die Frau in die Rolle der passiv Wartenden, es lässt sie allein mit Spekulationen. Ein Streit kann eine Beziehung mit einem Ausrufezeichen beenden, ein letztes Gespräch mit einem Punkt. Plötzlich nicht mehr anzurufen hinterlässt nichts als ein Fragezeichen. Wer Mut hat, stellt sich dem Konflikt.

Konflikte sind Teil einer guten Beziehung

Jede Männerbeschwerde, die ich gesammelt habe, ist nichts anderes als die Schilderung einer Konfliktsituation. Deswegen stelle ich das Kapitel über Konflikte an den Anfang – denn ein produktiver Umgang mit Konflikten lässt eine Beziehung fruchtbar werden und überleben. Auch wenn meine Freundin Sarah beim Probelesen der Rohfassung meinte, meine Prämissen für Konflikte lesen sich ein bisschen wie ein Ehevertrag von Tom Cruise – es fehle nur noch »Wenn Sie ein Kind von Ihrem Prinzen bekommen, schreien Sie niemals vor Schmerz« –, denke ich, dass sie das Rüstzeug für erfolgreiche Streite sind.

Anschließend geht es zu den eigentlichen Männerbeschwerden über, unterteilt in die Kapitel »Daheim«, »Unterwegs«, »Freunde & Familie«, »Lebensstil«, »Job«, »Geld & Konsum«, »Kommunikation«, »Gefühle«, »Persönlichkeit« und »Sex«. Sie müssen nicht ein Kapitel nach dem anderen lesen, die Reihenfolge bestimmen Sie, jede »Beschwerde« steht für sich. Ich verstehe meine Beiträge eher als Vorschläge. Wie Sie sie umsetzen, überlasse ich Ihnen. Ob Sie ein Angebot annehmen, es ablehnen, es besser wissen, es schon kennen, es variieren oder es ablehnen – ich werte jede Ihrer Reaktionen als Erfolg.

 

Ich hoffe, dass Sie nach dem Lesen noch lange Zeit Lust haben, Ihren Prinzen anzurufen – und er sie.

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Kapitel 1 KONFLIKT

Mythos Nr. 1:Jede Spannung ist negativ, ein Problem schädlich, der Konflikt unser Feind

»In der Ehe muss man sich hin und wieder streiten, sonst erfährt man ja nichts voneinander.«

Goethe

Nie lässt sich genau voraussagen, wann der Moment kommt. Doch irgendwann ist er da, so viel ist sicher: der Zeitpunkt, wenn die Hormone aufhören zu tanzen, weil sie ein bisschen müde geworden sind. Das ist der Zeitpunkt, an dem Sie erkennen: Der neue Prinz an Ihrer Seite ist doch auch nur ein Mensch. Und der benimmt sich nicht immer prinzenhaft. Er hinterlässt Barthaare im Waschbecken, er sieht eine langweilige Sportübertragung im Fernsehen, wenn das Wetter ideal für einen Spaziergang wäre, und er vertilgt konzentriert schweigend seine Mahlzeit, hatte man doch noch vor kurzem jedes Gericht kalt werden lassen, weil es so viel wichtiger war, sich gegenseitig die Welt zu erklären und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Es ist der Moment, an dem der erste Konflikt auftaucht. Wahrscheinlich handelt es sich nur um einen klitzekleinen Minikonflikt, den Sie ganz allein mit sich selbst ausmachen, Sie wissen ja, zickig sein geht gar nicht, das hat man doch längst verinnerlicht. Es ist der Moment, wo der Prinz nicht ganz so will, wie Sie wollen. Wo seine Krone ein kleines bisschen verrutscht. Der Moment, in dem Sie sich fragen, ob er wirklich so ein Edelmann ist, wie Sie anfangs dachten.

Aber keine Panik! Jetzt wird es doch erst richtig spannend! Der Rückfall in Teenie-Euphorie ist überwunden. Jetzt ergibt sich die Chance, etwas über den anderen und vor allem sich selbst zu lernen. Die Chance, eine Reise anzutreten, von der noch niemand sagen kann, wie sie ausgeht. Aber ganz sicher werden Sie diese Reise, wenn Sie irgendwann auf sie zurückblicken, nicht missen möchten. Nutzen Sie diese Chance, statt den Prinzen zurück in den Froschteich zu werfen und nicht mehr anzurufen. Oder sich so zu verhalten, dass Ihr Prinz Sie nicht mehr anrufen mag. Denn ob es weitergeht mit Ihnen und Ihrem Prinzen, entscheidet sich dadurch, wie Sie beide mit den ersten Konflikten umgehen.

Konflikte als Chance

Was ist ein Konflikt? Ein Konflikt zwischen zwei Menschen entsteht, wenn Wünsche, Ziele, Einstellungen oder Handlungen unvereinbar scheinen.

Zunächst: Der Rhythmus einer Partnerschaft ist der Wechsel zwischen Konflikt und Harmonie, zwischen Spannung und Entspannung. Der Konfliktfall bedeutet also keinen Ausnahmezustand, sondern eine Variante des Normalzustands. Konflikte machen unser Leben von der frühesten Kindheit an aus. Durch sie lernen wir, Frustrationen zu ertragen und uns selbst zu disziplinieren, um ein Ziel zu erreichen. Konflikte führen dazu, dass wir ausprobieren, wo wir uns an unsere Umwelt anpassen und wo wir uns unterscheiden möchten. Konflikte ermöglichen uns überhaupt erst eine Ich-Entwicklung. Auch ein Wir kann sich erst durch Konflikte entwickeln. Zwei Partner lernen durch den Konflikt, Gemeinsamkeiten zu entwickeln und Unterschiede auszuhalten. Sie prüfen, wie tragfähig die Beziehung ist. Das Ergebnis ist im günstigen Fall ein intensiveres Gefühl dafür, zusammenzugehören.

Der Konflikt birgt jedoch auch Risiken: Gräben können vertieft werden, Verletzungen können Wunden hinterlassen, er kann zerstörerisch wirken. Er kann dazu führen, dass das Telefon, durch das gerade noch gesäuselt wurde, plötzlich stillsteht. Doch wo Schatten ist, ist auch Licht, und so bedeutet jeder Konflikt Chance und Risiko zugleich.

Chris, 34, strategischer Einkäufer, Köln: Man kann 1000 Regeln aufstellen und Ratgeber lesen: den anderen ausreden lassen, in Ich-Aussagen sprechen usw. Ich habe festgestellt: Wenn man sich wirklich streitet, ist das alles wie weggefegt. Wenn es hart auf hart kommt und die Gefühle hochkochen, ist sich doch wieder jeder selbst der Nächste.

Also Bahn frei für hemmungsloses Streiten? Möge der Stärkere gewinnen?

Nur weil es schwer ist, sich bei einem Streit an Regeln zu halten, heißt es nicht, dass wir kapitulieren müssen. Es ist auch schwer, laufen oder sprechen zu lernen oder Auto fahren, und trotzdem ist es uns gelungen. Man kann sich auf faires Streiten vorbereiten und es üben, und wie immer, wenn man übt, gibt es Rückschläge, die man als Teil des Weges akzeptieren muss. Über den Erfolg einer Romanze entscheidet letztlich nicht die Art oder Häufigkeit der Konflikte, sondern wie man sie löst. Manche Lieben hatten unter widrigsten Umständen Bestand, andere scheiterten, weil man sich nicht einig wurde, wer den Tisch abräumt.

 

Erfolgreich streiten lässt sich also lernen! In diesem Kapitel habe ich einige grundlegende »Beschwerden« von Männern gesammelt, die häufig Ursache dafür waren, dass sie keine Lust mehr hatten, zum Telefon zu greifen und ihre Prinzessin anzurufen (hier wollte ich eigentlich »zum Hörer zu greifen« schreiben, aber wer greift heutzutage schon noch zu einem Hörer?). Aufgrund dieser »Beschwerden« stelle ich in den nächsten Kapiteln Prämissen auf, die ich als Hinweis verstehe, wie Grundregeln für faires Streiten aussehen könnten. Damit weiterhin »Traumprinz« im Display leuchtet, wenn das Telefon klingelt.

Wahrheit Nr. 1: Ein Konflikt ist Teil des Normalzustands. Die Art, wie Sie und Ihr Prinz mit dem Konflikt umgehen, entscheidet, ob Ihr gemeinsames Märchen weitergeht.

»Für sie ist jede Auseinandersetzung ein Drama«

Frank, 33, Bauingenieur, Bonn: Ina und ich waren zwei Jahre zusammen – und irgendwann hatte ich keine Lust mehr, sie anzurufen. Ich konnte nicht mehr, obwohl gar nichts Spezielles vorgefallen war. Ich war zermürbt. Besonders schlimm war es für mich, dass sie mit jedem Streit unsere Beziehung in Frage stellte, und so sind wir ganz schnell vom eigentlichen Streitthema abgerückt. Es wurde so grundsätzlich, so schwer und so dramatisch. Sie sagte dann etwa: »Merkst du es nicht auch? Wir streiten doch nur noch, was für einen Sinn soll das Ganze mit uns noch haben?« Für mich bedeutet eine Beziehung aber auch Arbeit, dass man sich den Problemen stellt. Ich glaube, wir sind gescheitert, weil wir es irgendwann zu sehr als Problem empfunden haben, ein Problem zu haben, anstatt es zu lösen.

Ina, 32, Projektleiterin, Düsseldorf: Dazu muss ich was sagen: Nun war es so, dass er nur die Auseinandersetzungen lösen wollte, die für ihn von Belang waren. Er bestimmte, was ausdiskutiert wurde – bei allem anderen machte er dicht. Das war reine Willkür.

Warum fällt es so schwer, bei einem Streit »bei der Sache zu bleiben«? Ganz einfach: Jeder Streit um eine Sache ist immer auch ein Streit um eine Beziehung. Es geht um Wertschätzung, Liebe, Kränkung und Macht, um das immer gleiche Spiel: Wer ist hier der Boss? Insofern ist eine völlige Trennung von Sach- und Beziehungsebene utopisch. Tun Frauen sich schwerer, einen Konflikt auf der Sachebene auszutragen und die Beziehungsebene dabei auszublenden? Dieser Meinung ist die Buchautorin Katja Kessler im Gespräch mit der »taz«: »Also, das typische Frauending ist doch: Konsens schaffen. So eine Art verbales Kuschelbedürfnis«, sagt sie. »Das muss man als Frau wirklich lernen: dicke Luft und emotionale Spannungen auszuhalten. Männer können das tausend Mal besser. Wahrscheinlich, weil sie ihre Rituale haben: Erst hauen sie sich eines auf die Mütze, dann gehen sie zusammen ein Bier trinken.« Bei Frauen dagegen bleibe immer ein Stachel im Fleisch: »Wir sind da viel nachtragender.«

Mit der Prämisse Nr. 1 geben wir dem Konflikt einen neuen Rahmen: Statt als Problem betrachten wir ihn als Möglichkeit, etwas zu lernen. Welche Lektion hält der Konflikt für uns bereit, die wir bisher noch nicht lernen durften?

Prämisse Nr. 1: Wir betrachten das Problem als Möglichkeit, etwas zu lernen.

»Sie macht aus einer Mücke eine Elefantenherde«

Phillip, 34, Biologe, Düsseldorf: Nervige Sätze von Frauen, die dazu führen, dass man gar nicht mehr anrufen mag? Hier meine kleine Auswahl: »Du hast mich gestern komisch verabschiedet!«/»Wie meintest du gestern, du vermisst die Uni-Zeiten? Heißt das, du warst damals glücklicher, ohne mich?«/»Ich finde, du hörst mir nicht genug zu.«/»Du hast der Freundin von Mike immer in den Ausschnitt geguckt.«

Die meisten Probleme, die man sich macht, sind gar keine! Sie sind einfach nur Hirnschiss, unwichtig, überflüssig! Nicht wert, sich groß damit zu befassen. Wir sollten öfter mal das Problemewälzen lassen und mal wieder Spaß haben! Kerstin ist die erste Frau, die ich kenne, die sich die Mühe macht, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Es ist eine ganz einfachere Rechnung: Wenn man weniger streitet, hat man mehr Zeit, zusammen das Leben zu genießen!

Kerstin, 32, Ärztin, Düsseldorf: Ich könnte 100-mal am Tag einen Streit anfangen! Denn ich bin eifersüchtig, verunsichert, giere nach Zuwendung – so wie die meisten Menschen. Und was habe ich früher zermürbende Streite mit meinen Partnern geführt! Doch immer öfter hatte ich das Gefühl, dass sich Nichtigkeiten erst im Gespräch richtig aufbauschen. Sie erschaffen sich dadurch selbst. Inzwischen filtere ich stärker als früher, was ich in die Beziehung herantrage, was ich mit mir selbst ausmache und was ich besser wegwische. Denn das meiste, was mir so durch den Kopf schwirrt, ist einfach zu lächerlich. Ich frage mich: Ist es in einem Jahr noch wichtig? Wenn nicht, dann ist es auch jetzt nicht wichtig.

Anmerkung des Autors: Kerstin und Phillip sind ein Paar, das nur nett voneinander redet. Deswegen kommen die beiden ab jetzt nur noch selten vor, versprochen. Ich dachte erst, sie sind vielleicht nicht ganz dicht, aber sie scheinen sich wirklich gut zu verstehen. Indirekt spielen sie in diesem Buch weiterhin eine große Rolle: Viele meiner Schlussfolgerungen habe ich ihnen zu verdanken!

Gedanken ziehen lassen

Das menschliche Gehirn rackert ständig auf Hochtouren. Es ist von der Natur darauf angelegt. Denn sich Gedanken zu machen war früher der einzige Schutz gegen Lebensgefahren – der Mensch hat keinen Panzer, keine Klauen, keine Beißzähne, keinen Giftstachel. Aber er hat ein Gehirn, das abstrakt denken kann und Gefahren vorwegnimmt. Doch diese Fähigkeit ist es auch, die uns heute, wo es nur noch selten um Leben und Tod geht, das Leben zur Hölle macht. Wir denken zu viel nach und bauschen Angelegenheiten zu Bedrohungen auf, die keine sind. Unser Gedankenfluss verselbständigt sich und schafft so erst Probleme. Wir verleihen Bedeutungen, wo keine sind. Wir lassen uns leiten von unserem Verlangen nach Anerkennung, Sicherheit und Kontrolle. In der Umkehrung bedeutet das: Minderwertigkeitsgefühl und Angst werden unsere ständigen Begleiter. Das Leben wird so schnell ein einziger gefühlter Notfall. Wir identifizieren uns übermäßig mit dem Problem. Wie Kerstin es sagte: Meist lohnt es sich nicht, das, was uns durch den Kopf schießt, an den Partner heranzutragen. Denn einmal ausgesprochen, entwickelt das Problem eine Eigendynamik.

Wahrheit Nr. 2: Was wir denken und was wir fühlen, ist nicht mit der Wirklichkeit gleichzusetzen.

Wir können lernen, uns nicht übermäßig mit negativen Gedanken und Gefühlen zu identifizieren. Sie sind nicht wir und sie sind nicht die Wirklichkeit. Wir können sie gelassen beobachten und dann einfach ziehen lassen. Denn Gedanken kommen und gehen.

Wir können uns dafür entscheiden, auf bestimmte Wahrnehmungen mit positiven statt mit negativen Gedanken zu reagieren. Dann werden auch unsere Gefühle positiv. Das heißt nicht, alles zwanghaft positiv sehen zu müssen. Es bedeutet nur, besser auszuwählen, was wirklich die Mühe wert ist und was nicht. Denn:

Wahrheit Nr. 3: Es ist leichter, seine Gedanken zu ändern, als die Umstände.

Wenn Sie daran interessiert sind, an Ihrem negativen Gedankenstrom zu arbeiten, empfehle ich Ihnen das Büchlein »Wie Sie Ihre Hirnwichserei abstellen und stattdessen das Leben genießen« von Giulio Cesare Giacobbe. Es ist preiswert, liest sich schnell und gut und geht mit buddhistischer Psychologie statt mit penetrantem Positivismus an das Thema heran.

Prämisse Nr. 2: Ich unterscheide das Wichtige vom Unwichtigen.

»Sie = personifizierter Widerspruch«

Mick, 32, Arzt, Düsseldorf: Veras Schwester Irina kündigte sich an. Das bedeutet: wechselnde Launen, überall liegen Teebeutel rum, sie schläft bis mittags, lässt sich stundenlang Turkmenisch-Vokabeln abfragen und übt existenzialistische Theaterstücke ein. Das Ende ihres Besuchs ist offen. Während sie am Anfang noch betont, wie bald sie wieder zurück nach Berlin müsste, weil dort 1000 Dinge auf sie warten, staune ich, wie viel Zeit sie am Ende hat. Als ich murrte: »O je, muss das denn sein?«, reagierte Vera gereizt und hielt mir einen Vortrag, ich solle zu schätzen wissen, wie rührend ihre Schwester sich immer um unsere Kleinen kümmere und wie sie uns damit entlasten würde. Tatsächlich konnte Leo nach Irinas letztem Besuch einige Schlachtrufe auf Turkmenisch, wobei mir lieber gewesen wäre, jemand würde mit ihm zunächst mal Englisch üben. Egal, ich würde mich niemals zwischen zwei Schwestern stellen, und ich mag Irina auch sehr gerne, gerade weil sie so verschroben ist. Also sagte ich: »Okay, sie ist willkommen«, worauf Vera aber nicht aufhörte, mich zu rügen, nun dafür, dass ich keine klaren Entscheidungen treffe und nur nachgebe, weil es ihre Schwester ist, aber nicht, weil ich mir ihren Besuch von Herzen wünsche. Ich müsse schließlich auch einmal mithelfen, Grenzen zu ziehen, die Arbeit, die Irinas Besuch mache, bleibe schließlich immer an ihr hängen. Ich dachte nur: Wie bitte? Erst bin ich der Böse, weil ich vorsichtig einen Einwand gegen Irinas Besuch erhoben hatte, nun bin ich der Böse, weil ich meinen Einwand nicht genug verteidige? Ein typischer Fall von »Geht’s noch?!«.

Vera, 29, Lehrerin, Düsseldorf: Okay, das ist eine Gelegenheit für mich, mal selbstkritisch zu sein. Ich war mir selbst nicht ganz einig, ob ein Besuch von meiner Schwester zu dem Zeitpunkt so passend war, denn wir hatten gerade viel um die Ohren. Irgendwie hatte ich mir von Mick erhofft, dass er mir die herzlose Entscheidung, ihr abzusagen, abnimmt.

Was brachte die Unruhe in Veras Auseinandersetzung mit ihrem Mann? Was lässt ihr Verhalten so unberechenbar und widersprüchlich wirken? Die Ursache ist ein innerer Zwiespalt: Will ich wirklich, dass meine Schwester zu Besuch kommt? Oder ist es gerade unpassend? Will ich eine gastfreundliche Schwester sein, oder muss ich mich und meine neue Familie abgrenzen? Es handelt sich um einen inneren Konflikt zwischen zwei Sub-Persönlichkeiten: der »großzügigen Schwester« und der »Grenzwächterin«. Aufgrund ihres ungelösten inneren Konflikts setzte Vera ihren Mann einer paradoxen Situation aus: Egal, wie er sich entscheiden würde, es konnte ihm ein Strick daraus gedreht werden. Die Psychologie spricht in dem Zusammenhang von Doppelbindungen.

Erfolgreich streiten heißt zu wissen, was man will

Auch der innere Konflikt ist ein Normalzustand. Er entsteht, wenn wir entgegengesetzte Wünsche oder Bedürfnisse haben und sich daraus zwei Verhaltenstendenzen ergeben, die nicht miteinander vereinbar sind. Oft ist ein innerer Konflikt der Widerspruch zwischen dem Bedürfnis, sich den Anforderungen der Gesellschaft anzupassen, und den triebhaften Bedürfnissen. Es können a) zwei Ziele sein, die man beide will, oder b) zwei Übel oder c) zwei Möglichkeiten, die jeweils beide einen Vorteil und einen Nachteil haben. Dadurch entsteht eine innere Spannung. Auch diese Spannung ist nichts Negatives. Im Gegenteil: Sie regt zu kreativen Lösungen an.

Ständig zanken unsere Sub-Persönlichkeiten: Der »Sportler« in uns will joggen gehen, der »Genussmensch« lieber eine Pizza in den Ofen schieben.

Bei äußeren Konflikten haben zwei Parteien, in der kleinsten Einheit zwei Menschen, gegensätzliche Bedürfnisse: Gehen wir zusammen joggen oder essen wir eine Pizza? Um im Konflikt eine klare Position einzunehmen, müssen wir also zunächst wissen, was wir selbst wollen: Pizza oder Jogging? Einen Konflikt fair bestreiten zu können setzt voraus, zunächst innere Konflikte gelöst zu haben. Ich muss wissen, was ich will, bevor ich meinen Willen vertreten kann.

 

Wer also erfolgreich streiten will, schaut zunächst in sich selbst hinein. Beispiel: SIE fühlt sich von IHM eingeengt, aber tatsächlich engt nicht er sie ein: Sie vermisst Aspekte ihres Single-Lebens und macht ihn für die verlorenen Freiheiten verantwortlich. Das ist insofern unfair, als dass sie sich freiwillig für die Partnerschaft entschieden hat.

Lösung: Sie akzeptiert, dass verschiedene Anteile ihrer Persönlichkeit verschiedene Standpunkte haben, und klärt in einer inneren Diskussion, ob das Bedürfnis nach einer Partnerschaft tatsächlich das Bedürfnis nach Freiheit überwiegt. Gibt es Bedingungen, die sie braucht, um eine Partnerschaft eingehen zu können, etwa bestimmte Freiräume? Unter der Prämisse eines klaren Ja zur Partnerschaft kann SIE dann diese Freiräume mit dem Partner aushandeln. Das kann sich dann etwa so anhören:

»Liebling, ich genieße die Zeit mit dir, aber meine gelegentlichen Nacktyoga-Urlaube in Goa ohne dich sind für mich so wichtig, dass ich nur ungern auf sie verzichten will.«

Prämisse Nr. 3: Bevor ich den Konflikt mit meinem Partner angehe, kläre ich innere Konflikte.

Wie Sie innere Konflikte lösen

Horchen Sie genau in sich hinein und versuchen Sie die Stimmen zu identifizieren, die an einer inneren Diskussion beteiligt sind.

Geben Sie den Stimmen Namen: Ist es Ihr kindliches Ich, das neugierig, aber auch schutzbedürftig und egozentrisch ist? Spricht Ihre Mutter aus Ihnen oder Ihr Vater oder ein Lehrer aus Ihrer Kindheit? Spricht die Abenteurerin, die immer zu neuen Erlebnissen drängt? Die Königin, die eine anspruchsvolle Leitfigur ist? Die innere Beraterin, die rational und auf beruhigende Weise Probleme analysiert? Die Macherin, die Hindernisse aus dem Weg räumen will? Die Romantikerin, die Träumerin, die Rächerin? Die Kritikerin, die Warnerin, die Spötterin?

Wichtig: Jede Stimme darf gehört werden. Jede wird akzeptiert und hat ihre Berechtigung. Denn immer gilt: Sie als Gesamtperson sind nicht eins mit einer inneren Stimme. Die Stimme ist nur ein Teil von Ihnen.

Rufen Sie als Teamleiterin die inneren Stimmen zu einer Teamsitzung. Platzieren Sie sie gedanklich in einem Raum, etwa an einem Konferenztisch. Oder zeichnen Sie auf einem Papier, wer wo sitzt: Beginnen Sie damit, sich selbst als Teamleiterin zu platzieren, und ordnen Sie dann die inneren Stimmen um sich herum an, so wie es Ihnen angemessen erscheint. Sie verstehen jetzt bereits die Struktur Ihres Konflikts, die immer auch ein Abbild der Struktur Ihrer Persönlichkeit ist.

Nehmen Sie Veränderungen an der Sitzordnung vor, die Ihnen angemessen erscheinen.

Befragen Sie jede innere Stimme zu dem Konflikt. Unterstellen Sie dabei jeder Stimme eine positive Absicht. Jede Stimme will mit ihrer Haltung auf ihre Art einen positiven Beitrag zum Team leisten. Fragen Sie die Stimme, ob sie von den positiven Absicht der anderen inneren Stimmen weiß.

Fragen Sie die innere Stimme, ob es möglich wäre, die Absicht auch anders zu erreichen, und zwar auf eine Weise, die größeren Konsens mit anderen Stimmen verspricht. Ziel Ihrer Befragung ist es, zu verhandeln und die Beziehung der Stimmen zu einer besseren Beziehung zueinander und einer verbesserten Zusammenarbeit zu bewegen.

Vermitteln Sie bei einem Konflikt zwischen zwei Stimmen. Wie können sich beide Seiten annähern? Welche Bedingungen braucht die eine Seite für ein Zugeständnis an die andere? Welches Gegenangebot macht eine Stimme, wenn sie eine Anfrage zurückweist?

Wenn eine Lösung erarbeitet wurde, befragen Sie alle anderen Teammitglieder, ob noch Einwände gegen sie bestehen.

Stellen Sie sich eine Situation in der Zukunft vor, in der Sie die so erarbeitete Lösung anwenden. Im Fall von Vera könnte es sein, dass sie mit ihrer Schwester klar die Dauer ihres Besuchs festlegt und sie von vorneherein in bestimmte häusliche Aufgaben einbezieht.

Da Sie mit sich selbst ins Reine gekommen sind, fällt es Ihnen nun auch im äußeren Konflikt leichter, Ihre Position klar darzustellen

»Sie verrät nicht, was los ist, und ist lieber beleidigt«

Frank: Ich hasse es, wenn die Girls irgendein Ei ausbrüten, aber nicht sagen, was eigentlich los ist. Ich: »Ist irgendetwas?« Sie: »Es ist nichts.« Ich: »Bist du sicher?« Sie: »Was soll denn sein?« Ich: »Du bist so komisch.« Sie: »Ach Quatsch.« Und dann stehen sie auf und würdigen einen keines Blickes, aber sie rücken einfach nicht raus mit der Sprache. Die andere Variante: Sie sagen zwar, dass sie sauer sind (weil inzwischen Dampf aus der Nase kommt, wäre es nun vollends lächerlich, es weiter zu leugnen), aber sie wollen sich nicht darauf festlegen, weswegen. Da überlegen sie wohl noch, wie sie die Macht, die ihnen ihr Sauersein verschafft, am gewinnbringendsten einsetzen. Dafür jetzt ein Beispiel.

Sie: »Mich kotzt das an.« Ich: »Was denn?« Sie: »Na das alles.« Ich: »Wirklich alles? Was ist alles?« Sie: »Wie du dich benimmst, gestern, heute, es ist zum Kotzen.« Ich: »Was meinst du denn?« Sie: »Als ob du das nicht wüsstest.« Nein, wusste ich nicht! Ich hasse es auch, wenn die Girls sagen, alles sei in Ordnung, und dann wirken sie doch klagend, vorwurfsvoll, leidend. Sie erwarten immer, dass man ihre Gedanken liest. Wenn man nicht spürt, was ihnen fehlt, ist man eben ein unsensibler Klotz.

Ina: Männer sind da natürlich gaaaaanz anders. Dafür jetzt ein Beispiel. Situation: Nach einem Wochenend-Trip. Frank: »Irgendwie ist das ja nicht so toll gelaufen.« Ich: »Was nicht?« Er: »Die Vibes zwischen uns waren nicht so gut.« Ich: »Welche Vibes? Was genau meinst du?« Er: »Ach, alles irgendwie. So wie auch letzte Woche.« Ich: »Was war denn letzte Woche?« Er: »Ach, das hast du schon wieder vergessen. Na ja …« Solche Aussagen waren natürlich extrem hilfreich!

Mick: Im Krankenhaus nennen wir es den Mittelmeer-Ganzkörperschmerz. Weil meistens Migrantinnen aus der Türkei oder Bosnien darunter leiden. Der Patientin tut alles weh. Es geht ihr elend, aber sie kann nicht genau sagen, wo und inwiefern. Das macht es als Arzt natürlich schwer, ihnen zu helfen. So ähnlich ist es mit Frauen in der Beziehung. Sie sind einfach unzufrieden mit einem, empfinden es manchmal als anmaßend, dass man dieselbe Luft atmet wie sie. Sie können aber nicht genau sagen, was los ist. Sie sagt dann Sachen wie »Das führt doch alles zu nichts«, »Es ist doch immer dasselbe«, »Ich fühle mich einfach unwohl«, »Ich merke, dass irgendwas nicht richtig ist«, »Ich habe einfach ein komisches Gefühl«, »Ach, es ist doch alles Mist«. Nicht hilfreich! Ich rätsle dann: Was habe ich falsch gemacht? Was ist an der Situation falsch? Es bleibt alles vage, alles wird vermengt und kräftig umgerührt und mit Vorfällen aus der Vergangenheit angereichert. Am Ende bin ich dann ganz kirre und weiß nur, dass alles ganz schlimm ist für sie, aber nicht was.

Auch hier zeigt sich wieder, wie vorteilhaft eine genaue Selbstklärung ist: Welche inneren Stimmen sprechen? Was möchte ich vorbringen, was ist mein Ziel?

Mut zur »offenen« Kommunikation

Um konkret kommunizieren zu können, müssen wir wieder einmal zunächst in uns selbst hineinschauen und die »Konflikt-Knäuel« entwirren. Beispiel: Anne, 38, Kunsthistorikerin, Hamburg, ist unwirsch, weil Guido, 35, Informatiker, Hamburg, zwei seiner Freunde eingeladen hat. Es sind Freunde, die sie beide mögen, es war lange überfällig, diese Freunde auch einmal einzuladen, beide hatten an dem Wochenende nichts vor, und Guido hat Anne vorher gefragt, sie war einverstanden. Umso unverständlicher ist es Guido, dass Anne dem Abend so unwirsch gegenübersteht.

 

Folgende Schritte helfen gegen Schmollstimmung!

Erster Schritt: Ich kläre mit mir selbst, welche vergangenen Konflikte hier eine Rolle spielen. Was hat das, was jetzt passiert, mit ihrer Vorgeschichte zu tun? So wurde vor über einem Jahr Guidos Kumpel Kalle von seiner Freundin verlassen. Ständig hing er bei Anne und Guido auf dem Sofa herum, die beiden spielten nächtelang »War of Witchcraft« und tranken Bier. Kalle fühlt sich so heimisch, dass er auch mal einen Pups ließ und sich darüber freute. Anne teilte seine Freude nicht.

Durch den jetzt angekündigten Besuch der Freunde fühlte Anne sich unangenehm an Kalles Besuch erinnert, obwohl es sich um zwei andere – manierlichere – Freunde handelte. Außerdem fühlte sie sich an einen Ex-Freund erinnert, der ständig Leute um sich hatte, so dass Zweisamkeit keine Chance hatte.

Doch beide Vorfälle aus der Vergangenheit haben in der aktuellen Situation nichts zu suchen. Zur seelischen Gesundheit und zur Pflege der Partnerschaft ist nichts so wichtig wie der Papierkorb auf unserem inneren Desktop. Vergessen wir nicht, die Daten in ihm von Zeit zu Zeit unwiederbringlich zu löschen.

Zweiter Schritt: Ich horche in mich selbst hinein und kläre innere Konflikte.

Dritter Schritt: Ich trenne einzelne Probleme voneinander. Wer verschiedene Probleme vermengt, verheddert sich in seiner Argumentation.

Vierter Schritt: Ich bestrafe meinen Partner nicht mit Rückzug, sondern trage mein Problem vor – sobald ich mich gesammelt habe und mir der Zeitpunkt dafür richtig erscheint.

 

Auch der Partner, der unter dem Rückzug leidet, kann den ersten Schritt machen. So kann ER beschreiben, wie er sich fühlt, wenn SIE nicht mit ihm spricht, und nach den Gründen fragen. Einen ersten Schritt zu machen ist grundsätzlich richtig.

Beleidigtsein, Bocken oder ein Ausweichen in die Vergangenheit gehören zur unfairen Kommunikation. Denn mit meinem Rückzug genieße ich vielleicht die Genugtuung, den anderen hilflos zu erleben. Ebenfalls unfair: Wenn ich nicht zuhöre, mehrdeutige Aussagen tätige, mit anderen Koalitionen bilde (»unsere Freunde finden auch …«), ironisch oder sarkastisch bin oder alte Sündenregister aufzähle.

Wenn ich dann dem Partner mein Anliegen vortrage, bleibe ich beim Thema und vermische mein Anliegen nicht mit weiteren Beschwerden und mit ungerupften Hühnchen aus der Vergangenheit. Schwierig wird es, wenn ambivalente Botschaften gesendet werden, wie Frank es beschreibt: Der Inhalt der Worte (»Alles in Ordnung«) passt nicht zum Tonfall (leidend, klagend, distanziert) oder zu nonverbalen Botschaften (abweisende Körperhaltung). Der Sender der Botschaften verhält sich nicht stimmig (inkongruent).

 

Um beim Beispiel Frank zu bleiben: Egal, auf welchen Teil der Botschaft Inas er reagiert hätte, er konnte eigentlich nur das Falsche machen. Wir haben hier wieder den bereits beschriebenen Fall einer Doppelbindung. Macht Frank einfach weiter, als sei alles in Ordnung, fährt er gegen die Wand. Er kann hinterher vorgeworfen bekommen, kein Feingefühl zu haben und ihre Stimmungen nicht wahrzunehmen. Bohrt Frank weiter, kann eine genervte Reaktion folgen: »Ich hab dir doch gesagt, es ist nichts.«

Wenn ich ein Anliegen an meinen Partner habe, ist Mut zur offenen Kommunikation gefragt. Offen zu kommunizieren bedeutet, dass ich mich nicht scheue, etwas von mir preiszugeben, von meinem Ärger, von meinen Ängsten und von meiner Verletzbarkeit. Auch brauche ich den Mut, Appelle offen zu formulieren.

Prämisse Nr. 4: Ich bringe mein Anliegen konkret, exakt und präzise vor.

Tipp: Vereinbaren Sie ein Ritual, das Sie im Konfliktfall daran erinnert, offen zu kommunizieren. Es kann ein Glas Wein sein, eine bestimmte CD, die Sie einlegen, ein Ort in der Wohnung, an den Sie sich setzen, eine bestimmte Art von Berührung.

»Sie streitet über die Zahnpasta und meint den letzten Abend«

Markus, 34, Architekt, Düsseldorf: Ich bereitete ein aufwendiges Plansiedlungsprojekt vor und hatte das ganze Wochenende zu Hause gearbeitet. Also lagen überall Baupläne, Zeichnungen und Architekturmodelle rum. Ob es mir was ausmachen würde, die Sachen ein bisschen zusammenzuräumen, fragte Gita mich. »Na klar, mach ich«, sagte ich. »Es ist echt schlimm, überall liegt dein Zeug rum«, legte sie nach. »Ist ja gut, ich räum es weg, sorry«, sagte ich. Gita: »Es ist ja auch wieder typisch.« Ich sagte: »Was ist typisch, ich sagte doch, ich räum es weg!« Sie: »Na, dass überall nur dein Zeug liegt. Ich müsste auch ein paar Textilproben checken, aber ich hab ja keinen freien Platz.« Ich: »Du hast doch dein eigenes Arbeitszimmer, da liegt garantiert kein Zeug von mir.« Sie: »Darum geht es ja gar nicht.« Ich: »Worum geht es dann?« Sie: »Ich weiß nicht, meine Arbeit scheint überhaupt nicht zu zählen. Ich habe doch auch zu tun. Du und deine Angelegenheiten – ihr macht euch so breit.« Ich: »Was redest du da? Ich habe was liegen lassen, und du brichst eine Grundsatzdiskussion vom Zaun?«

Man kann sich vorstellen, dieser Sonntagabend war hin-über. Das war eine Situation, nach der ich mich am liebsten erst einmal nicht mehr gemeldet hätte. Aber das nutzt ja nichts, wenn man zusammenwohnt!

Warum wir Nebenkriegsschauplätze eröffnen

Wenn wir ein Problem haben, aber uns dessen noch nicht ganz bewusst sind, wenn wir noch an inneren Konflikten nagen, eröffnen wir häufig Nebenkriegsschauplätze. Wir tragen einen Beziehungskonflikt dann auf der Sachebene aus. Denn meist geht es nicht um eine rücksichtslos ausgedrückte Zahnpastatube. Meist geht es um die großen Beziehungsthemen, um Nähe und Distanz, Anerkennung und Zurückweisung, Macht und Kontrolle, Sicherheit und Angst, Eifersucht und unterdrückte Bedürfnisse. Die Psychologie spricht vom Abwehrmechanismus der Verschiebung: Der eigentliche Konflikt erscheint so heikel, dass er auf eine Nebensächlichkeit umgelenkt wird.

Warum Männer und Frauen sich so oft missverstehen

Frauen sprechen stärker eine Beziehungssprache. Ihnen geht es darum, Intimität herzustellen. Männer sprechen eher eine Berichtsprache. Ihr Hauptanliegen ist es, Informationen auszutauschen oder den Status auszuhandeln.

Gitas Sub-Botschaft, als sie Markus bat, seine Arbeitsmaterialien wegzuräumen, war: »Ich fühle mich durch dich vernachlässigt, deine Arbeit nimmt bei uns auch im übertragenen Sinn mehr Raum ein als meine. Ich habe das Gefühl, dass du meine Arbeit nicht gleichermaßen wertschätzt. Ich möchte dir sagen: Hallo, ich bin auch noch da, und auch ich bin jemand, der hart arbeitet!« Dadurch, dass Markus aber nur auf den Sachaspekt (Gitas Nebenkriegsschauplatz, das herumliegende Bauplanungszeugs) reagierte, fühlte sie sich unverstanden und zeigte sich unzufrieden, obwohl Markus sich auf der Sachebene kooperativ verhielt.

Warum Frauen manchmal keinen Rat wollen

Chris und Klara, 27, Fremdsprachenkorrespondentin, Köln, hatten einen ähnlichen Streit. Klara hatte bei der Arbeit den Tick, jeden Wortbeitrag mit einem »Also« zu beginnen, und ihr Chef zog sie vor versammelter Mannschaft damit auf. Klara fühlte sich dadurch gedemütigt. Chris schlug ihr vor, das nächste Mal ihrem Chef zu sagen, er solle doch froh sein, dass ihr Tick so harmloser Natur sei und sie nicht an Tourette leide und plötzlich »ficken, ficken, ficken« rufen würde. Klara wollte jedoch keine schlagfertige Antwort von ihm in den Mund gelegt bekommen. Denn damit unterstellte er ihr, dass ihr selbst nichts einfiele, um auf die Situation zu reagieren. Sie hätte sich lieber etwas Trost gewünscht, beispielsweise indem Chris sagt: »So ein blödes Arschloch, dein Chef! Ich würde ihm am liebsten mal die Meinung geigen.« Gemäß dem Motto: Ein echter Freund beschwichtigt nicht, er regt sich mit einem auf. Oder sie hätte sich gewünscht, dass Markus von einer ähnlichen Erfahrung berichtet, die er durchaus einmal machte: »Ich weiß, wie du dich fühlen musst, ich hatte auch mal einen Chef, der mich wegen meines ›von‹ im Namen immer nur vor allen Leuten ›Graf‹ nannte … Irgendwann empfindet man das als derart penetrant, dass man ihm an die Gurgel springen könnte.«

 

Es ist häufig das Problem, das Frauen mit den gutgemeinten Ratschlägen ihrer Männer haben: Sie wünschen sich Mitgefühl, Verständnis und Beistand in einer schwierigen Situation. Sie wollen, dass der Partner ihre Sichtweise auf die Dinge bestätigt. Sie wollen nicht sofort einen Lösungsvorschlag. Wenn Männer ein Problem erzählt bekommen, verstehen sie das als Aufforderung für einen pragmatischen Ratschlag. Männern kommt es daher so vor, als jammerten Frauen lieber, als aktiv eine Lösung zu suchen.

»Männer setzen ihren Fokus auf die Lösung, Frauen auf das Problem«, glaubt Chris. Das ist so jedoch nicht richtig. In Wirklichkeit geht es Frauen bei Gesprächen eher um gemeinsame Erfahrungen und seelische Unterstützung.

Ähnlich gelagert ist die Anekdote »Die Geschichte mit dem Backpulver« des großen Kommunikationsforschers Paul Watzlawick: Eine Frau backt einen Kuchen, der nicht aufgehen will. Der Mann sagt, es könne am Backpulver liegen, woraufhin die Frau einen Streit vom Zaun bricht: »Backpulver ist dir wichtiger als ich. Dass es das Backpulver sein könnte, kann ich mir selbst denken. Dir aber ist es gleichgültig, dass ich dir mit dem Kuchen eine Freude machen möchte.« Am Ende sagt sie: »Wie ihr Männer es schafft, alles nur so sachlich auseinanderzuhalten, dass es eine Frau dabei zu frösteln beginnt.«

Getarnte Konflikte

Häufig tarnen Frauen (aber auch Männer) also einen Beziehungskonflikt mit einer Sachangelegenheit.

Sascha, 32, Handelsvertreter, Frankfurt, berichtete, dass Marie, 26, Reiseverkehrskauffrau, Frankfurt, sich nicht für ein neues Waschbecken entscheiden konnte. Sollte sie in ihrer Wohnung ein billiges oder ein hochwertiges einbauen lassen? Im Laufe eines daraus folgenden Streitgesprächs ergab sich, dass sie die Entscheidung davon abhängig machte, ob sie in absehbarer Zeit mit Sascha zusammenziehen würde oder nicht. Sie machte die Waschbeckenauswahl nur deswegen zum Thema, weil sie verunsichert war, dass die Pläne für eine gemeinsame Wohnung bisher keine Form angenommen hatten.

 

Auch nimmt bei Frauen nicht nur die Beziehungssprache einen größeren Stellenwert ein, sie hören auch stärker als Männer mit dem Beziehungsohr. Wenn ein Mann sagt: »Ich bin müde, ich glaube, ich gehe ins Bett«, deuten sie die Sachaussage oft als Beziehungsbotschaft: »Du langweilst mich, ich will meine Ruhe vor dir.«

Dabei könnten wir uns viele Schlachten ersparen, wenn wir schneller zum Kernproblem kommen würden. Statt scheinbarer Sachäußerungen (»Man benimmt sich so doch nicht auf einer Hochzeit«) ist eine Aussage über sich selbst und sein Gefühl (»Ich hab mich unwohl gefühlt, als du mit der männlichen Gummipuppe vom Junggesellinnenabschied auf der Bühne ›You’re The One That I Want‹ aufgeführt hast«) nützlicher, um einen Konflikt positiv zu bewältigen.

Prämisse Nr. 5: Bei scheinbar trivialen Konflikten suchen wir den Beziehungskonflikt dahinter.

»Sie gibt mir die Schuld an jedem Streit«

Frank: »Du brichst immer einen Streit vom Zaun«, »Du hast doch damit angefangen«, »Immer verdirbst du alles«. Für Ina war jedes Mal klar: Gab es ein Problem, war ich die Ursache! Und natürlich griff sie auf den Spruch zurück, den Frauen dann ja immer gerne rausholen: »Du bist beziehungsunfähig.« Der Rundumschlag. Das vernichtende Urteil. Damit wollen sie sagen: »An mir liegt es nicht. Es liegt allein an dir. Und mit der Nächsten wird es auch nicht besser, also kannst du dich genauso gut mit mir rumplagen.« Oder, wenn man noch tiefer bohrt, heißt es auch Folgendes: »Du bist nicht fähig oder nicht willens, mit mir eine Beziehung zu führen, die mich, dich oder uns beide glücklich macht.« Oder meistens ganz schlicht: »Du bist nicht fähig zu einer Beziehung nach meinen Vorstellungen.« Irgendwann sagte ich: Okay, dann bin ich eben ein beziehungsunfähiges Arschloch. Dann belästige ich dich eben auch nicht mehr mit meinen Arschloch-Anrufen.

Ina: Frank stellt sein Geschlecht immer dar als Gemütswesen, die nur Bier trinken wollen und mal einen wegstecken. Doch dann kommen wir bösen, streitsüchtigen Frauen und vertreiben sie aus dem Paradies. Ganz so einfach ist es allerdings nicht: Männer können extrem nörgelig sein, tragen ihre Unsicherheiten in die Beziehung rein, ihre Minderwertigkeitsgefühle. Der friedliebende Mann und die Xanthippe an seiner Seite – das ist doch nichts als ein Mythos. Die Weltgeschichte mit ihren von Männern geführten Kriegen und Schlachten erzählt uns was anderes.

1 plus 1 ergibt 2, klar. Doch zwischenmenschliche Beziehungen haben ihre eigene Mathematik. Da gilt: 1+1=3. Durch die Beziehung ist ein neues System entstanden, das nach eigenen Regeln funktioniert, die sich nicht durch die Beschaffenheit seiner Einzelteile erklären lassen.

Jeder agiert als Teil eines Systems. Insofern lässt sich nie sagen, wer etwas verursacht. Es ist ein Wechselspiel von Ursachen und Wirkungen, von Handlungen und Reaktionen. Statt die Entstehung des Konflikts im »Du« zu suchen, ist es wirkungsvoller, das »Wir« zu betrachten.

Prämisse Nr. 6: Ich akzeptiere, dass beide Seiten zum Problem beitragen, und als dritte Kraft unser beider Verhalten.

»Sie ist nur noch feindselig«

Frank: Aus ihren Augen sprach manchmal purer Hass. Ich war der Feind in ihrem Bett.

Ina: Ich hatte am Ende nur noch das Gefühl, ich bin jemand, den man bekämpfen muss.

Wenn wir anfangen, den Partner als unseren Feind zu betrachten, ist es zu spät. Beide Seiten müssen darauf achten, kooperativ zu bleiben und zugänglich. Egal, was passiert, die freundschaftliche Verbundenheit ist allem übergeordnet und wird auch durch Konflikte nicht beeinträchtigt.

Prämisse Nr. 7: Ich fühle mich dem Partner trotz des Konflikts verbunden.

»Sie hält mich doch sowieso für einen Scheißkerl«

Frank: »Oh, ihr Männer seid alle völlig beknackt!« Ina ist nicht die einzige Frau, die das zu mir gesagt hat. Okay, daran liegt’s also, ich gehöre einer von Grund auf verdorbenen Spezies an, die ja nun auch seit jeher den Planeten mit Blut, Krieg, Wahn und Unterdrückung überzieht. Das war natürlich so ein Totschlagargument. Egal, was ich gesagt oder getan habe, es war ja doch nur beseelt von meiner urmännlichen Schlechtigkeit, meiner Gier, meinem Wunsch, andere zu unterdrücken.

Ina: Männer sind tatsächlich alle völlig beknackt. Leider musste ich nach der Beziehung mit Frank feststellen: Lesbisch werden ist für mich persönlich auch keine Lösung.

Wenn wir anfangen, den Partner als »schlecht« zu betrachten, gibt es ebenfalls nichts mehr zu retten. Wir können manches ablehnen, was er sagt und tut. Solange wir einer Beziehung ein Fünkchen Hoffnung geben wollen, dürfen wir nicht aufhören, den Partner zu bejahen. Wenn ich mir nicht sicher bin, ob er tatsächlich ein guter Mensch ist oder mich wirklich liebt, gehe ich einfach von dem Besten aus, statt zu zweifeln. Insofern muss ich aufhören, seine Aussagen negativ zu deuten. Dazu trenne ich das, was er tatsächlich gesagt hat, von meiner Interpretation und von den Gefühlen, die diese meine Interpretation bei mir auslöst.

Prämisse Nr. 8: Ich gehe davon aus, dass mein Partner gut ist und positive Absichten verfolgt.

»Sie blockt alles ab«

Frank: Ich hatte das Gefühl, dass Ina mir gar nicht richtig zuhört. Dass sie sich nicht mal die Mühe macht, meinen Standpunkt zu verstehen.

Ina: »Ist doch totaler Quatsch!«, sagte Frank immer bei einem Streit und schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme. Dann war kein Rankommen mehr. Er machte total dicht.

Wichtig: Ich lasse den anderen ausreden. Und zwar immer. Er macht mir Vorwürfe? Ich versuche nicht gleich, mich zu rechtfertigen. Stattdessen bemühe ich mich, die Aussagen des Partners möglichst genau zu verstehen. Ich stelle dazu die nötigen Fragen. Ich prüfe, ob ich meinen Partner richtig verstanden habe, indem ich seine Aussagen mit meinen Worten zusammenfasse und ihn bitte, mich gegebenenfalls zu korrigieren.

 

Beispiel:

»Habe ich das richtig verstanden, meine Liebe? Du willst von nun an deine Bisexualität ausleben und möchtest, dass deine beiden Liebhaberinnen Jenny und Peggy bei uns einziehen?«

Prämisse Nr. 9: Ich höre mir an, was der Partner zu sagen hat, ohne zu unterbrechen, abzuwehren oder zu bewerten.

»Sie ist rachsüchtig und nachtragend«

Hassan, 27, Computerspezialist, Berlin: Ich hatte einmal Mist gebaut, okay, hab meine Freundin mit einer anderen betrogen. Sie ist zwar bei mir geblieben. Aber manchmal dachte ich, der einzige Grund dafür war: Sie wollte es mir heimzahlen. Denn so ergeben sich natürlich viel mehr Gelegenheiten für ausgeklügelte Racheaktionen. So wurde sie zur Rachegöttin Nemesis. Sie ließ alle wissen, was für ein Arschloch ich war. Ich fühlte mich als der meistgehasste Mensch. Jetzt weiß ich, wie sich der BP-Boss nach dem Ölleck im Golf von Mexiko gefühlt haben muss oder der Arzt, der für den Tod von Michael Jackson verantwortlich ist.

Frank: Ich hatte mich über Inas Wohnung beschwert. Sie war zumindest damals noch ungemütlich. Es gab nicht mal einen Platz, wo man sich richtig hinsetzen konnte, und sie ist nicht besonders ordentlich. Ich versuchte, es ihr höflich zu sagen, sie schien es zu akzeptieren. Aber als wir das nächste Mal bei mir waren, mäkelte sie überall rum. Es wäre zugig, und der Ausblick auf einen Innenhof würde sie deprimieren, und sie entdeckte Wollmäuse in den Ecken, ich solle mal meine Putzfrau schelten, sie leide schließlich an einer Stauballergie. Wenn man mich fragt, hatte meine Kritik an ihrer Wohnung lange genug gegoren, und jetzt musste sie meine herunterputzen.

Ina: Wir waren im Stilwerk, und er hatte sich für ein paar Möbel interessiert, die waren so gewollt, aber nicht gekonnt. So ein Stil, der bewundert werden will, aber letztendlich doch nur phantasielose Massenproduktionsware war. Da kann man besser zu Ikea gehen und würde noch viel Geld sparen, sagte ich. Ich glaube, das hat er mir übelgenommen, denn als wir dann bei mir waren, fing er an, über meine Wohnung rumzumäkeln, sie sei ungemütlich, er würde sich da nicht richtig wohl fühlen. Eine Retourkutsche von ihm!

Paul Watzlawick sagt: »Rache ist eine Handlung, die man begehen möchte, wenn und weil man machtlos ist: Sobald aber dieses Gefühl des Unvermögens beseitigt wird, schwindet auch die Rachsucht.«

In einer modernen Partnerschaft sollte sich aber niemand machtlos fühlen. Viel besser ist es, Möglichkeiten zu haben, ein Problem anzugehen. Ebenso wie Rachsucht ist auch Groll ein unproduktives Gefühl. Wenn wir nachtragend sind, werden Nichtigkeiten aufgebläht wie ein Kuhkadaver in der Wüstensonne. Unsere Gedanken kreisen nur um das, was uns angetan wurde. Die Gedanken verselbständigen sich, nehmen schließlich Besitz von uns.

Machen wir unsere Liebe nicht vom Verhalten des Partners abhängig. Machen wir den ersten Schritt. Glücklichsein ist wichtiger als Rechthaben oder den »unschuldigen Part« im Konfliktfall einzunehmen.

Prämisse Nr. 10: Ich wiege keine »Vergehen« gegeneinander auf. Ich starte keine Retourkutschen oder Racheaktionen.

»Sie putzt mich runter«

Mick: