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Hans Joachim Alpers war deutscher Verleger und Schriftsteller, der unter zahlreichen Pseudonymen SF- und Fantasy-Romane verfasste. Als Verleger des Quaber Merkur, Herausgeber zahlreicher SF-Anthologien und Chefredakteur der SF-Times zählte er zu den profunden Kennern des Genres.
Michael Haitel ist IT-Spezialist und ambitionierter Verleger von SF- und Fantasy-Literatur. Sein Verlag p.machinery engagiert sich für Primär- und Sekundärliteratur.
Im Abstand von 33 Jahren haben beide den SF-Autor Michael Weisser interviewt. Welche Positionen blieben bestehen, welche Meinungen haben sich verändert? Wohin führt der Weg?
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Michael Weisser
Medienkünstler
im Interview mit den
Science-Fiction-Spezialisten
Joachim Alpers
und
Michael Haitel
*
Always the beautiful answer /
who asks the more beautiful question?
(Edward Estlin Cummings / 1894-1962)
Hans Joachim Alpers war deutscher Verleger und Schriftsteller, der unter zahlreichen Pseudonymen SF- und Fantasy-Romane verfasste. Als Verleger des Quaber Merkur, Herausgeber zahlreicher SF-Anthologien und Chefredakteur der SF-Times zählte er zu den profunden Kennern des Genres.
Michael Haitel ist IT-Spezialist und ambitionierter Verleger von SF- und Fantasy-Literatur. Sein Verlag p.machinery engagiert sich für Primär- und Sekundärliteratur.
Im Abstand von 33 Jahren haben beide den SF- Autor Michael Weisser interviewt.
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„Im Weissen Rauschen“ 15:50
Prosa von Michael Weisser rezitiert von Peter Kaempfe
Hans Joachim Alpers mit Michael Weisser
aus dem Jahr 1983
JA: Das Phänomen Michael Weisser: Bis 1981 kennt kein Mensch in der SF Branche Michael Weisser‚ seit 1982 gibt es kaum eine Publikation ohne Michael Weisser. Jede SF-Zeitschrift veröffentlicht plötzlich ein Interview oder bringt einen Bericht über Sie. Wie erklären Sie sich das, Herr Weisser?
MW: Nun, das hängt sicherlich zum einen damit zusammen, dass ich Dinge, die ich betreibe, prinzipiell sehr intensiv betreibe. Zum anderen waren die bisher herausgegebenen Romane, Kurzgeschichten sowie das Live-Projekt „Galaxie-Cygnus-A“ mit der dazugehörigen LP und der Videokassette und nicht zuletzt meine Interview-LP mit Klaus Schulze Novitäten, über die man sich streiten konnte. Unterschiedliche Auffassungen provozieren Gespräche, und Gespräche sind für eine Branche, eine Szene, interessant. So erkläre ich mir die rege Nachfrage nach meiner Meinung.
JA: Sie waren offensichtlich recht fleißig. Immerhin haben Sie von 1982 bis 1983 zwei Romane, drei Kurzgeschichten und zahlreiche Sachberichte zum Thema SF und angrenzende Bereiche geschrieben und veröffentlicht. Wie schafft man das?
MW: Das ist eine Frage der Arbeitsintensität. Ich habe mich auf die SF konzentriert, wie ich es vorher beim Sachbuch getan habe.
JA: Was für eine Art von Sachbuch?
MW: Ich habe Bildbände zum Thema „Geschichte des Design“ veröffentlicht. Von 1978 bis 1982 waren es immerhin 15 zum Teil sehr umfangreiche Werke, in denen ich mich mit Alltagsdesigns wie „Jugendstil Fliesen“, „Ornament und Illustration um 1900“, „Die Münchner Wochenschrift Jugend“ und besonders mit dem Thema „Deutsche Reclame“ beschäftigt habe. Und das nebenbei, als der Arbeit angegliedertes Hobby sozusagen.
JA: Wieso der Arbeit angegliedert?
MW: Weil mein eigentlicher Job darin liegt, Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf deren Unternehmensidentität und damit im Bereich PR zu beraten.
JA: Liegen diese Bereiche nicht weit auseinander? Ist SF in diesem Zusammenhang nicht etwas völlig Neues für Sie?
MW: Nein. Absolut nicht. Ich beschäftige mich mit den Designs, mit den Formen, die Menschen erschufen und in denen sie leben, Formen, die vom Menschen geprägt wurden und von denen rückwirkend wieder der Mensch geprägt wurde und heute und in Zukunft noch wird. Historische Designs habe ich in den Fachbüchern abgehandelt, aktuelle Designs bearbeite ich in meinem Job als Grafikdesigner, und künftige Designs entwickle ich in meinen SF-Romanen und Geschichten.
JA: Kennen Sie sich denn in der SF aus?
MW: Nein. Ich entstamme nicht der Tradition des Fandoms. Ich habe sehr wenig SF gelesen, weil ich feststellen musste, das mir sehr wenig zusagt.
Ich knüpfe also nicht in Kenntnis der Geschichte an diese an, sondern komme von weit draußen, aus einem ganz anderen Bereich mit einer anderen Tradition.
JA: Was ist das für ein Bereich?
MW: Ich habe Ende der 1960er Jahre Kunst studiert, und die Vorstellungen, die ich heute in meinen SF-Romanen in Worte und grafische Situationen fasse, entstammen zu einem gewissen Teil aus dieser Zeit.
Mir schweben Aktionsformen vor, Mixed-Media-Werke, die einen dichteren Eindruck Vermitteln als das bloße Wort.
JA: Kann man das, was Sie machen, als „Aktionen“ bezeichnen?
MW: Ja. Im weiteren Sinne befasse ich mich mit Aktionen. Ich greife in Räume hinein und gestalte sie. Der Raum fordert die Ganzheit der menschlichen Sinne. Selbst wenn ich einen Roman schreibe, bemühe ich mich, einen Raum aufzubauen, in dem der Leser nicht nur sieht, sondern vor allem auch hört und riecht und fühlt und schmeckt.
JA: Wie sind Sie zur Science Fiction gekommen? War es nicht ein großer Sprung von Ihrer Beschäftigung mit dem Gebiet der Warenwerbung zur Science Fiction?
MW: Für mich ist es überhaupt kein Sprung, obwohl es von Außenstehen-den berechtigt als Sprung gesehen werden kann. Für mich ist es eine ganz konsequente Entwicklung gewesen. Wichtig war die Entscheidung, endlich einmal das zu tun, was ich immer wollte, nämlich Gedanken niederzuschreiben. Dieser Anlass war gegeben durch eine Ausschreibung des Luchterhand Verlages zum Thema „Wie werden wir morgen leben“. Da habe ich mich entschlossen, zur sprichwörtlichen Feder zu greifen. Dieser Wettbewerb ist zwar ein Fiasko geworden, und deshalb habe ich meinen Roman SYN-CODE-7 auch vorzeitig zurück-erbeten. Über den Insel-Verlag kam er zu Suhrkamp zur Phantastischen Bibliothek.
JA: Bedeutet es Ihnen etwas, dass Sie Suhrkamp-Autor sind?
MW: Ja. Ich kann nicht leugnen, dass es für mich etwas anderes ist, in dem literarischen Verlag Deutschlands herauszukommen, als in irgendeinem SF-Programm. Zudem fühle ich mich dem Suhrkamp-Verlag geistig nahe, weil ich während meiner Studienzeit und meines politischen Engagements von den Büchern dieses Verlages geistig gelebt habe. Es war nun einmal Suhrkamp, in dem die wichtigen Werke von Walter Benjamin, Jürgen Habermas, Alexander Mitscherlich und Herbert Marcuse erschienen sind, um nur einige zu nennen.
JA: Wollen Sie mit Ihren Romanen eigentlich eine eigene Schule innerhalb der Science Fiction schaffen, oder ist Ihnen das gleichgültig?