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Der Drachenwandler Xander verbrachte den größten Teil seines Lebens in Ketten. Endlich genießt er die Freiheit, doch das Einzige, was ihn bei Verstand hält, sind sein Gefährte und seine sturen Halbbrüder. Vor zehn Jahren wurde Xander von seiner Pflegefamilie an ein bösartiges Vampirnest verkauft, bevor er Colin die Wahrheit sagen konnte. Colin hat sich verändert, doch Xander erkennt in dem verbitterten und wehrhaften Omega den Jungen, in den er sich verliebt hat. Kann ein verletzter Drache einen gebrochenen Wolf heilen? Der Omega-Werwolf Colin ist endlich frei von seinem gewalttätigen Liebhaber und bereit für einen Neuanfang. Er hätte nie erwartet, dass sein Blind Date der Junge sein würde, der ihn vor vielen Jahren warten ließ. Colin hat Angst, so schnell wieder einem andren Gestaltwandler zu vertrauen, aber er weiß, dass Xander anders ist. Colins Wolf sagt ihm, dass dieser vernarbte Drachengestaltwandler sein Gefährte ist, doch Colin fürchtet das wilde Verlangen in seinem Inneren. Xander muss sich sein Vertrauen verdienen, bevor Colin sich dem weißen Drachen mit Körper, Herz und Seele hingeben kann. Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Länge: rund 37.000 Wörter
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Der Drachenwandler Xander verbrachte den größten Teil seines Lebens in Ketten. Endlich genießt er die Freiheit, doch das Einzige, was ihn bei Verstand hält, sind sein Gefährte und seine sturen Halbbrüder. Vor zehn Jahren wurde Xander von seiner Pflegefamilie an ein bösartiges Vampirnest verkauft, bevor er Colin die Wahrheit sagen konnte. Colin hat sich verändert, doch Xander erkennt in dem verbitterten und wehrhaften Omega den Jungen, in den er sich verliebt hat. Kann ein verletzter Drache einen gebrochenen Wolf heilen?
Der Omega-Werwolf Colin ist endlich frei von seinem gewalttätigen Liebhaber und bereit für einen Neuanfang. Er hätte nie erwartet, dass sein Blind Date der Junge sein würde, der ihn vor vielen Jahren warten ließ. Colin hat Angst, so schnell wieder einem anderen Gestaltwandler zu vertrauen, aber er weiß, dass Xander anders ist. Colins Wolf sagt ihm, dass dieser vernarbte Drachengestaltwandler sein Gefährte ist, doch Colin fürchtet das wilde Verlangen in seinem Inneren. Xander muss sich sein Vertrauen verdienen, bevor Colin sich dem weißen Drachen mit Körper, Herz und Seele hingeben kann.
Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen.
Länge: rund 37.000 Wörter
FEL FERN
Wildes Verlangen
Savage Dragons: Wilde Drachen 4
Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene
ME AND THE MUSE PUBLISHING
www.meandthemuse.com
Copyright © der englischen Originalausgabe „Savage Hunger“:
Fel Fern
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe und veröffentlicht von:
Me and the Muse Publishing – Sage Marlowe
Hohenstaufenring 62, 50674 Köln, 2025
Copyright © Cover Design: Sinfully Sweet Designs
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Vor zehn Jahren
Colin West wusste, dass der Junge nebenan ihn beobachtete, wie jede Nacht. Der Omega-Werwolf, der seine Haut teilte, mit dem er verflucht war, wich normalerweise zurück, wenn ein Raubtier sie bemerkte, selbst die größeren, gemeineren Werwölfe in seinem Rudel. Nicht jedoch vor ihrem Nachbarn. Er versuchte, sich nicht davon stören zu lassen, aber er spürte den Blick des Jungen auf sich lasten, während Sekunden, Minuten vergingen.
Er schüttelte den Kopf, denn er musste sich auf seine Arbeit konzentrieren.
Colin rieb sich die Augen und starrte auf das leere Word-Dokument auf seinem Computer. Manchmal fragte er sich, was passieren würde, wenn er den Mut hätte, direkt zum Nachbarhaus zu gehen. Er würde an die Haustür hämmern. Dann würde Colin verlangen, den Jungen zu sehen und ihn schließlich fragen, warum dieser ihn beobachtete. Als ob Colins Vater oder der Alpha des Rudels, Alberto, ihn allein aus dem Haus lassen würden.
Er war letzte Woche achtzehn geworden, um Himmels willen, aber seine Umstände waren besonders. Anders.
Omegas sind eine seltene Spezies, ein Schatz für jedes Rudel. Sowohl sein Vater als auch Al sagten diese Worte zu ihm, als er aufwuchs. In letzter Zeit bemerkte Colin das versteckte Glitzern in Als Augen, wann immer der Alpha ihn ansah. Dieser Blick ließ ihn vor Abscheu erschaudern. Wie alt war Al? In den Vierzigern?
Gemäß der Gestaltwandlerkultur würde Colin es sofort wissen, wenn er einen Blick auf seinen Gefährten erhaschte. Er spürte weder ein Feuerwerk noch eine besondere Anziehungskraft von Al. Als er jünger war, sah Colin in Al eine Art Onkel, einen Beschützer nicht nur des Rudels, sondern auch seinen eigenen. Das änderte sich mit zunehmendem Alter. Colin fühlte sich bei Al nicht mehr sicher und wollte nicht mehr mit ihm allein in einem Raum sein.
Das ergab überhaupt keinen Sinn, da sich jedes Rudelmitglied, ob schwach oder stark, bei Al wohlfühlen sollte. Also vergrub sich Colin in Schularbeiten und erfand fadenscheinige Ausreden, warum er nicht mehr mit seinem Vater an den Rudeltreffen teilnehmen konnte.
Er stand von seinem Schreibtisch auf, blieb am Fenster stehen und schaute hinaus. Colin sah nur eine dunkle Silhouette, aber er kannte die Augenfarbe des Jungen. Kristallblau. Sie waren seltsam geformt, schlitzförmig, wie die einer Schlange. Menschen und andere Werwölfe hatten solche Augen nicht. Vielleicht gab es einen Grund, warum Al und sein Vater ihm verboten hatten, sich dem Nachbarhaus jemals zu nähern.
Diese seltsamen Augen begegneten seinen trotz der Entfernung. Colin spürte einen seltsamen Sog, als würde ihn eine unsichtbare Kraft näher ans Fenster ziehen. Colin presste seine Nase gegen die Scheibe, unsicher, wie er dorthin gekommen war. Diese Augen sprachen zu ihm, lockten ihn, wie es niemand im Rudel je vermocht hatte.
Sein Vater versuchte ständig, ihn mit allen geeigneten Singles des Rudels zusammenzubringen. Den Ranghöheren. Den dominanten Wölfen. Die Tyrannen, wie Colin sie nannte, weil sie den schwächeren Mitgliedern des Rudels, den unterwürfigen Werwölfen und ihm, das Leben zur Hölle machten. Dem einzigen Omega. Colin überlebte nur dank seines besten Freundes und Rudelkameraden Kenny, doch Kenny konnte ihn nicht immer beschützen. Erst mit seinem achtzehnten Geburtstag hörten die Tyrannen auf. Jetzt sahen ihn diese Männer mit demselben Funkeln in den Augen an wie der Alpha.
Seine Lungen schnürten sich zusammen. Plötzlich fiel ihm das Atmen schwer, also riss er das Fenster auf, um die kühle Nachtluft hereinzulassen. Colin hasste dieses Haus, sein Zimmer. Diese Stadt. Sein Rudel. Nur noch ein paar Monate bis zum Abschluss. Dann würde er aus diesem Gefängnis rauskommen. Colin wäre endlich frei von seinem herrschsüchtigen und kontrollierenden Vater, von Al und dem Rudel, das sich nie wie ein Zuhause oder seine Familie angefühlt hatte.
Im Evergreen-Rudel dachten die Starken, sie könnten mit den Schwachen machen, was sie wollten. Die Schwachen brauchten Schutz und ließen sich lieber von Tyrannen schikanieren, als von einem stärkeren Gestaltwandler oder einem paranormalen Wesen ausgenutzt oder verletzt zu werden.
Glück gehabt. Das war es, was sein Vater und Al ihm immer sagten. Colin sollte dankbar sein, einen Vater zu haben, der ein hochrangiges Mitglied des Rudels war und gut mit dem Alpha befreundet war. Sonst wäre ein unverpaarter Omega-Wolf wie er zur Beute geworden. Freiwild.
Fleisch. So sahen ihn die Männer seines Rudels, aber nicht der Junge, der in dem seltsamen alten Haus lebte, das der Alpha ihm verboten hatte zu besuchen. Horrorhaus nannten es seine Nachbarn und der Rest der Stadt, weil ein Gestaltwandler-Serienkiller einst sieben Leute in diesem Haus ermordet hatte. Nun hieß es, dass ein neues Monster dort lebte.
Der Dämon, der im Haus in der 37. Straße lebte.
Das Rascheln der Äste ließ ihn hinausschauen, nur um in die blauen Augen zu blicken, die ihn eindringlich anstarrten. Zögernd trat er einen Schritt zurück und hätte beinahe aufgeschrien, schaffte es aber, sich rechtzeitig auf die Zunge zu beißen. Colin wollte nicht, dass sein Vater in sein Zimmer platzte. Sein Vater hatte einmal gedroht, seine Fenster zu vergittern, wenn Colin sich hinausschlich. Colin wusste, dass sein Vater es ernst meinte. Todd West drohte nie mit etwas, was er nicht wahr machen würde, und Colin wollte mit diesem Jungen reden, der von ihm besessen zu sein schien.
„Du bist traurig.“
Colin sah den Jungen an, der sich in den Ästen des alten Ahornbaums vor seinem Fenster festhielt. Sie hatten noch nie miteinander gesprochen. Diese Stimme zu hören, war ein Schock. Im Mondlicht und dem Licht in seinem Zimmer konnte Colin ihn endlich deutlich erkennen. Vielleicht ein paar Jahre älter als er selbst es war. Groß und mit einem Hauch von Muskeln unter seinem weißen Shirt. Auch die anderen Details entgingen Colin nicht. Die dunklen Schatten unter den Augen des Jungen. Alte Narben und blaue Flecken auf seiner Haut.
„Was?“, flüsterte er, als ihm klar wurde, dass der Junge etwas gesagt hatte.
„Heute Abend fühlst du dich anders. Traurig. Einsam. Hoffnungsvoll.“
Colin starrte den Jungen an, einen völlig Fremden. Nur ein Fenster trennte sie. Colin war versucht, ihn hereinzubitten, doch all die Warnungen seines Vaters, nicht mit Fremden zu sprechen, kamen ihm wieder in den Sinn. Er verarbeitete die Worte des Jungen.
„Woher willst du wissen, was ich fühle?“, fragte Colin. Seltsam. Der Junge war definitiv kein Mensch. Sein Wolf spürte das, er könnte eine Art Gestaltwandler sein. Etwas Großes und Gefährliches, ein Spitzenprädator, aber kein Wolf. Doch das Tierische des Jungen fühlte sich seltsam an. Fast unterdrückt.
„Ich weiß es“, sagte der Junge schlicht, als ob er eine Tatsache feststellte. „Ich weiß es immer.“
Das ergab überhaupt keinen Sinn, aber das hielt Colin nicht davon ab, das Gespräch fortzusetzen. Sein Herz raste, aufgeregt angesichts der Aussicht auf eine Rebellion, darauf, seinem heimlichen Verehrer endlich persönlich gegenüberzustehen.
„Wie heißt du?“, fragte Colin, als ihm klar wurde, dass sie flüsterten. Vielleicht sprach er automatisch mit leiser Stimme, in der Hoffnung, dass sein Vater es nicht hörte. Der Junge verstand seinen Hinweis und tat es ihm gleich.
„Xander, aber fast jeder, der mich sieht, nennt mich einen Dämon.“ Colin hörte die Bitterkeit in Xanders Stimme.
„Ich bin Colin. Du bist kein Dämon. Ich sehe dich jetzt mit eigenen Augen und weiß, dass du keine schlechte Person bist.“
Xander schüttelte den Kopf. Diese Augen wirkten auf ihn gequält, uralt. Weit älter als Xander. „Etwas Gefährliches schlummert in mir. Ein Monster, das diese Welt brennen sehen will. Ich kann es niemals herauslassen.“
Colin streckte ein Bein aus dem Fenster. Xander verengte die Augen, aber Colin blieb auf dem Sims sitzen, bis beide Beine herausbaumelten. „Du bist doch noch ein Junge.“
„Nein. Ich bin etwas anderes.“
„Warum beobachtest du mich?“, musste Colin fragen. „Das tust du doch Nacht für Nacht, oder?“
„Dich anzusehen gibt mir Hoffnung. Du bist ein Versprechen. Ein Traum.“
„Ich verstehe nicht.“
„Das ist okay. Du bist noch nicht bereit, die Wahrheit zu sehen oder zu akzeptieren. Vielleicht, wenn du älter bist.“
„Älter? Ich bin achtzehn. Ein Erwachsener. Welche Wahrheit?“
Xander sagte einen Moment lang nichts. „Ich werde immer hier sein.“
„Aber das werde ich nicht“, platzte es aus ihm heraus. Plötzlich erschien ihm die Aussicht aufs Weggehen nicht mehr so verlockend. Colin verstand nicht, warum es ihm so zu schaffen machte, Xander nicht mehr sehen zu können. Ein völlig Fremder …
„Was meinst du?“, fragte Xander. Seine Augen leuchteten in einem helleren Blau und seine Zähne wurden länger.
Colin holte tief Luft, als Xander seine Hand zur Faust ballte und sich selbst ins Gesicht schlug. Xanders Zähne wurden wieder normal und seine Augen bekamen ihre normale Farbe zurück. Ein Gestaltwandler, der seine normale Verwandlung in ein Tier verhinderte, kam damit der Verwandlung in einen bösartigen Wilden einen Schritt näher. Solche Wesen besaßen nichts mehr von ihrer menschlichen Persönlichkeit und wurden von ihresgleichen zum Schutz der Gemeinschaft, der Menschen, gejagt.
„Tu das nicht. Tu dir nicht noch einmal weh“, platzte es aus ihm heraus.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
„Versprich es mir zuerst.“
„Ich kann nicht. Ich kann es nicht rauslassen, sonst übernimmt es die Kontrolle. Ich würde jemanden verletzen. Wieder.“
„Wieder?“, flüsterte Colin. „Was ist passiert?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Nicht heute Abend. Ich höre deinen Vater die Treppe heraufkommen. Ich brauche eine Antwort. Bitte.“
Bitte zeigte Wirkung.
„Ich hasse diesen Ort, diese Stadt. Mein Rudel. Sobald ich meinen Abschluss gemacht habe, bin ich weg. Ich habe das seit Jahren geplant. Ich habe es meinem besten Freund Kenny bereits erzählt. Er war zuerst dagegen, aber er hat versprochen, mein Geheimnis zu bewahren.“
„Du kannst nicht gehen“, sagte Xander.
Colin hörte deutlich Angst und Panik in Xanders Stimme. „Dann komm mit. Wir gehen zusammen.“ Colin wusste nicht, warum er diese Worte sagte, aber sie fühlten sich richtig an.
„Wirklich? Du würdest mich mitnehmen?“, fragte Xander, als ob Colins Vorschlag absurd klang.
Colin nickte. „Absolut. Es muss einen Grund geben, warum wir so reden, warum mein Wolf sich zu dir hingezogen fühlt. Es gibt eine ganze Welt da draußen, jenseits dieser Stadt. Lass sie uns gemeinsam entdecken.“
„Wann?“
„Bald. Ich werde es dir sagen“, versprach Colin.
„Colin, mit wem sprichst du?“, ertönte die Stimme seines Vaters hinter seiner Schlafzimmertür.
Der Türknauf drehte sich. Colin begab sich wieder in sein Zimmer und eilte zu seinem Schreibtisch. Als er aus dem Fenster sah, war Xander verschwunden. Sein Herz klopfte. Was war gerade passiert? Trotzdem erregte ihn und seinen Wolf die Aussicht, dieses Drecksloch mit jemand anderem, jemand Wichtigem, zu verlassen.
Colin konnte seinen Abschluss kaum erwarten.
Gegenwart
Xander flog über die Wolken und ließ den Nebel seine Flügel berühren. Es fühlte sich gut an, in der Luft zu sein, nicht angekettet und in einem Käfig gefangen. Vor vier Monaten hätte Xander nicht geglaubt, dass er jemals wieder die Freiheit spüren oder so durch die Lüfte schweben könnte. Er wäre immer noch ein Gefangener, sein Name wäre ihm gestohlen worden.
Projekt X. So nannten ihn die Vampire, ohne sich jemals die Mühe zu machen, ihn bei seinem Geburtsnamen zu nennen.
Xander hatte seinen eigenen Namen fast vergessen. Um die Experimente und den Schmerz zu überleben, zog er sich tiefer in sich selbst zurück. Er ließ seine menschliche Hälfte los und überließ seinem Drachen die Kontrolle. Der weiße Drache wusste, was zu tun war, um zu überleben.
Der Gedanke an seine Entführer machte seinen Drachen nur unruhig. Xander stürzte sich hinab, wissend, dass er sich seinem Territorium näherte. Er landete auf einem alten Redwood-Baum, dessen Äste groß und stark waren. Das Holz brach nicht, als er seine Krallen darum schloss.
Als er merkte, dass er nicht allein war, stieß er ein warnendes, blechernes Grollen aus. Xander verengte die Augen, als er den anderen Drachen entdeckte, der am Boden auf ihn wartete. Der große Rote. Der mit dem fehlenden Flügel. Einer der beiden Gestaltwandler, die ihn aus seinem Käfig befreit und die silbernen Gitterstäbe eingeschmolzen hatten, die ihn gefangen hielten.
Xanders aggressives Tier betrachtete andere Raubtiere und andere Gestaltwandler normalerweise als Bedrohung, aber für diesen roten Drachen hatte er eine Schwäche.
Xander konnte sich nicht vorstellen, einen seiner Flügel zu verlieren. Der Gedanke, nicht mehr fliegen zu können, erfüllte ihn mit Furcht und Wut. Er wusste nicht, wie der rote Drache seinen Flügel verloren hatte. Xander hatte nicht vor, ihn zu fragen. Sie tauschten nie Worte aus. Zwei andere Drachenwandler beobachteten ihn gelegentlich. Einer war blau. Einer grün.
Xander betrachtete sie zunächst als Bedrohung. Als er merkte, dass sie Abstand hielten und kein Interesse daran zu haben schienen, ihn herauszufordern oder ihm sein neu beanspruchtes Territorium streitig zu machen, kam er zu dem Schluss, dass sie eher nervig als ein potenzieller Feind waren.
Der rote Drache hob zur Begrüßung seinen stacheligen Schwanz. Xander zischte Feuer, um zu signalisieren, dass er keine Gesellschaft wollte. Er hatte in letzter Zeit seltsame Träume. Alte Erinnerungen an sein menschliches Leben kamen wieder hoch. Meistens waren sie schmerzhaft, aber es gab auch gute, wie die an den Jungen, der nebenan wohnte. Den Jungen, von dem er seine Augen nicht abwenden konnte.
Der Junge war inzwischen ein Mann geworden und wahrscheinlich verpaart. Dieser letzte Gedanke machte ihn wütend.
Der rote Drachenwandler blieb stehen. Er verweilte. Xander knurrte, als der Wandler seine menschliche Gestalt wieder annahm, was er nicht konnte. Xander wollte es nicht. Sein Menschsein machte ihn verwundbar. Schwach. Die Vampire hatten ihn in dieser Gestalt gefangengenommen.
„X“, sagte der Gestaltwandler und streckte seine Hand aus. „Ich weiß, dass du nicht gern in der Nähe von Menschen bist, oder überhaupt von irgendetwas, das auf zwei Beinen läuft. Deshalb haben meine Brüder und ich dich immer in Drachengestalt besucht, aber ich denke, es ist Zeit, dass wir reden. Du kennst meinen Namen nicht. Ich bin Viktor. Wie heißt du?“
Xander flog hinunter, landete und knurrte Viktor ins Gesicht. Wenig überraschend zuckte Viktor nicht zusammen, sondern begegnete seinem Blick nur unverwandt, Raubtier zu Raubtier.
„Du bist wütend, immer angepisst. Ich verstehe das.“ Viktor hielt inne und sagte dann: „Mach schon. Zünde mich an.“
Xander war ratlos und wartete darauf, was Viktor als Nächstes sagen würde.
„Siehst du? Da ist noch etwas Gutes in dir. Anzeichen dafür, dass deine Menschlichkeit zurückkehrt. Noah sagte, es sei sinnlos, es zu versuchen. Dario glaubt, du wirst früher oder später jemanden verletzen. Ich habe ihnen gesagt, dass das Blödsinn ist. Es gibt noch Hoffnung für dich.“
Xander schnaubte, war es müde, diese Worte zu hören. Er breitete seine Flügel aus, bereit, in den Himmel zurückzukehren. Xander mochte sein menschliches Leben hinter sich und seine Seele in diesem Käfig sterben gelassen haben, aber er verstand ein paar Dinge. Dank Viktor und den anderen konnte er hier bleiben, auf dem Land, das ihnen nach menschlichem Recht gehörte. Keine anderen Menschen oder Paranormalen würden ihn hier belästigen. Sie hatten zu viel Angst. Das versicherte Viktor ihm. Bis jetzt hatte der rote Drache nicht gelogen.
Xander vertraute Viktor noch nicht ganz, würde dieses Wort nicht benutzen, aber zumindest tolerierte er Viktors Gesellschaft.
„Bevor die Vampire dich zu ihrer Waffe machten und bevor du zum bösartigen Wilden wurdest, hattest du ein Leben. Erinnerst du dich?“, fragte Viktor.
Xander grub seine Krallen in den Boden. Viktors nächste Frage ließ ihn erstarren.
„Hast du jemals an den Gefährten gedacht, den du zurückgelassen hast?“
Xander richtete seinen Blick wieder auf Viktor und fletschte die scharfen Zähne. Er kam Viktor überraschend nahe und hätte ihn mit einem einzigen Hieb seiner riesigen Klaue mühelos ausschalten können. Xander hätte ihn sogar verbrennen können, doch etwas anderes, jemand anderes hielt ihn zurück. Das Wort, das Viktor benutzt hatte, hallte in ihm nach.
Gefährte.
„Er oder sie ist da draußen. Du weißt das. Gestaltwandler werden als Teil eines Paares geschaffen. Es gab eine Zeit, da wäre ich fast zum bösartigen Wilden geworden. Ich war dem Tode nahe, bis ich meinen Gefährten traf. Simon half meinem Drachen, seinen Lebenssinn wiederzuerlangen. Er gab mir einen Grund zu leben.“
Xander hörte Viktors Worte nicht mehr. Seine Gedanken schweiften zurück in die Vergangenheit, die er verdrängt hatte. Zu dem Jungen am Fenster, seinem Gefährten, auch wenn er ihm das nie erzählen konnte. Xander konnte sich nicht einmal an den Namen des Jungen, des Omega-Werwolfs erinnern, aber diesen verführerischen Duft würde er nie vergessen.
Bruchstücke seiner Erinnerung kehrten langsam zu ihm zurück.
Sie sollten dieses Drecksloch von Stadt gemeinsam verlassen. Beide wuchsen in Käfigen auf, die andere gebaut hatten. Beiden wurde gesagt, sie hätten bestimmte Rollen zu erfüllen. Es tat weh, an diesen Omega-Werwolf zu denken. Sein Gefährte musste nach seinem Abschluss auf ihn gewartet haben, aber Xander tauchte nicht auf. Er konnte nicht. Nicht, wenn sein Pflegevater diese Entscheidung unmöglich machte.
Xanders Brust schmerzte. Seine Haut fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. Er stieß einen Schrei aus, ein blechernes Grollen, das die Bäume erzittern ließ. Xander fühlte sich, als würde er bei lebendigem Leib gehäutet, doch die Schuld lag bei ihm. Er ließ seinen Drachen die Schlachten für ihn schlagen, gab dafür aber für eine Weile sein Menschsein auf.
Viktor trat ein paar Schritte zurück, nicht, um sich zurückzuziehen, sondern um ihm Platz zu machen. Viktor verwandelte sich nicht in ein Tier zurück, als wüsste er, dass Xander ihm nichts antun würde. Dummer roter Drache. Merkte Viktor nicht, dass Xander in diesem Moment nicht die volle Kontrolle über sich hatte?
„Denk an deinen Gefährten. Sein Gesicht, oder ihres. Seinen Namen, oder ihren“, sagte Viktor. „An alles.“
Knochen brachen. Organe bewegten sich. Xander begann zu schrumpfen. Seine schmutzig-weißen Schuppen verschwanden und verwandelten sich in Haut. Schmerz durchfuhr seinen ganzen Körper, von Kopf bis Fuß. Es war, als hätte sein Körper vergessen, wie er sich wieder in die Gestalt zurückverwandeln konnte, in der er auf die Welt gekommen war. Menschlich. Xander fiel keuchend auf die Knie, sein wirres Haar fiel ihm über die Schultern. Sein langer Bart kitzelte seine Brust.
Xander starrte auf seine langen Fingernägel. Seine Gesichtszüge waren vielleicht nicht mehr ganz menschlich, nicht, nachdem er jahrelang seine Drachengestalt beibehalten hatte. Xander spürte seine gespaltene Zunge. Auch seine Augen würden nie wieder dieselben sein. Zumindest keine Schuppen. Sein Gefährte wollte kein Monster, verdiente keins.
Er räusperte sich. Ein Knurren drang heraus, nur dass es seltsam und unnatürlich klang, wenn es aus einem menschlichen Mund kam. Xander hatte vergessen, wie man Worte bildet. Viktor kam auf ihn zu. Xander beobachtete den anderen Drachenwandler besorgt und fragte sich, ob Viktor sich plötzlich gegen ihn wenden würde, jetzt, wo Xander sich so verwundbar gemacht hatte.
Xander erinnerte sich an den Geschmack von Staub, den Geruch des modrigen Kellers. An das Gewicht der Silberketten, die sein Pflegevater ihm um Hand- und Fußgelenke gelegt hatte, um ihn daran zu hindern, seinen Gefährten an diesem wichtigen Abend zu treffen. Sein Gefährte. Er hatte seinen Gefährten enttäuscht. Xander hatte ihn verlassen, aber es war nicht beabsichtigt gewesen. Xander wünschte, Colin wüsste das.
„Colin“, flüsterte er.
Der Nebel, der lange Zeit seinen Geist umgeben hatte, lichtete sich, und mit ihm regte sich die Identität, die seine Vampirentführer auszulöschen versuchten. Die Vampire brauchten nur seine Drachengestalt, seine Flammen. Sie glaubten, ihn kontrollieren zu können, doch er gab nie auf. Xanders Leben war größtenteils in Dunkelheit gehüllt, doch als er Colin jede Nacht von seinem Schlafzimmerfenster aus sah, entzündete sich ein kleines Feuer in ihm. Dank seines Gefährten fand Xander Hoffnung.
Xander sah Viktor ins Gesicht und sagte: „Mein Gefährte. Sein Name ist Colin West.“
Seine Stimme klang noch immer rau, aber die Worte waren klar und deutlich.
Viktor kniete sich vor ihm hin und umfasste seine vernarbte Schulter. Xander unterdrückte den Drang, seine Hand beiseite zu schieben. Er hatte nicht geglaubt, dass er so schnell zulassen könnte, dass ihn jemand berührte, aber sein Drache sagte ihm, dass Viktor kein Feind war.
