Wolfes of Wall Street - Kennedy - Lauren Layne - E-Book

Wolfes of Wall Street - Kennedy E-Book

Lauren Layne

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Beschreibung

Sie ist sein größtes Risiko und der höchste Gewinn ...

Kennedy Dawson ist an der Spitze angekommen. Als erfolgreicher Investmentbanker hat er mehr Geld, als er ausgeben kann, und die Frauen liegen ihm zu Füßen. Aber es gibt eine, die er nicht haben kann: Kate Henley. Sie ist seine Assistentin und damit tabu für ihn. Doch dann beginnt sein jüngerer Bruder mit Kate zu flirten, und Kennedy muss sich entscheiden: Wirft er alle Regeln über Bord und versucht, Kates Herz zu gewinnen, oder will er sein Leben, um das ihn alle beneiden, fortsetzen?

"Dieser Roman ist humorvoll, geht ans Herz, enthält schlagfertige Dialoge und eine prickelnde und romantische Liebesgeschichte!" ROMANTIC TIMES BOOK REVIEWS

Band 3 der prickelnden und romantischen WOLFES-OF-WALLSTREET-Serie von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Lauren Layne

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Seitenzahl: 381

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

TEIL 1

1

2

3

4

5

6

7

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9

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11

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17

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TEIL 2

19

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31

Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Lauren Layne bei LYX

Leseprobe

Impressum

LAUREN LAYNE

Wolfes of Wall Street

KENNEDY

Roman

Ins Deutsche übertragen von Hans Link

Zu diesem Buch

Kennedy Dawson ist an der Spitze angekommen. Als erfolgreicher Investmentbanker hat er mehr Geld, als er ausgeben kann, und die Frauen liegen ihm zu Füßen. Aber es gibt eine, die er nicht haben kann: Kate Henley. Sie ist seine Assistentin und damit tabu für ihn. Doch dann beginnt sein jüngerer Bruder mit Kate zu flirten, und Kennedy muss sich entscheiden: Wirft er alle Regeln über Bord und versucht, Kates Herz zu gewinnen, oder will er sein Leben, um das ihn alle beneiden, fortsetzen?

Für Anth.

PS.: Eines Tages werde ich beim Schach gewinnen.

Fürs Erste besorgen meine Heldinnen das für mich.

TEIL 1

1

Dienstag, 26. März

»Okay, was ist mit der Eisskulptur?«

Kate Henley ließ die Frage ungefähr sieben Sekunden länger als angenehm unbeantwortet in der Luft hängen und hoffte, dass die Sprecherin die Lächerlichkeit der Frage selbst bemerken und sie zurücknehmen würde.

Claudia Palmer blinzelte Kate bloß unter ihren Wimpern hervor an, die vielleicht echt waren, vielleicht auch nicht, und wartete auf eine Antwort.

Kate stieß einen winzigen inneren Seufzer aus. Diese Kunst hatte sie im Lauf der Jahre zur Perfektion gebracht. Es war ein Seufzer, den niemand sonst mitbekam, aber er ermöglichte Kate einen Moment stummer Bestätigung, dass sie recht hatte, selbst wenn es ihrem Gesprächspartner nicht bewusst war. Noch nicht.

Wenn Kate in ihren siebenundzwanzig Lebensjahren irgendetwas gelernt hatte, dann dass es eine gewisse Macht verlieh, unterschätzt zu werden. Mit einem Meter zweiundfünfzig Größe, langweiligem braunen Haar, unauffälligen braunen Augen und einem Hang zu steifer Kleidung war Kate die Königin des Unter-dem-Radar-Fliegens, wenn sie diese Fähigkeit brauchte. Bei anderen Gelegenheiten allerdings war es nicht von einem Gefühl stiller Macht begleitet, sondern extrem nervig, unterschätzt zu werden.

Gelegenheiten wie dieser.

»Ich weiß nicht recht«, antwortete Kate schließlich. »Wenn ich es so bedenke, dürfte eine Eisskulptur von einem Meter achtzig Höhe in einem ungewöhnlich warmen Frühling eine kostspielige Angelegenheit werden.«

Die andere Frau reagierte mit einer einstudierten, dramatischen Handbewegung. »Also bitte. Wenn Givenchy das im August in Mailand durchziehen kann, können wir es im April in Manhattan ja wohl auch.«

Kate schaute verstohlen auf die Uhr auf ihrem iPad: Vierzehn nach zwei. Applaus für Claudia. Die Freundin ihres Chefs hatte es ganze vierzehn Minuten lang geschafft, während ihrer Besprechung nicht den Namen eines der berühmten Modehäuser fallen zu lassen, mit denen sie auf Du und Du war. Ein neuer Rekord.

»Kümmern Sie sich bitte darum, ja?«, sagte Claudia und schaute wieder auf ihr winziges Spiralnotizbuch hinab. »Ich bin noch unentschlossen, wen wir die Austern liefern lassen sollen. Ich habe Gutes über Oysters XO gehört. Haben Sie schon einmal mit denen zusammengearbeitet?«

»Klar, mehrmals«, antwortete Kate. »Aber …«

»Okay, dann sollte ich Ihnen diese Aufgabe ebenfalls überlassen«, unterbrach Claudia sie und klopfte sich mit einem perfekt manikürten roten Fingernagel auf die Lippen. »Mir schwebt eine Mischung aus Ost- und Westküste vor. Was meinen Sie?«

»Ich meine, dass Kennedy allergisch gegen Schalentiere ist«, erklärte Kate.

Claudia schaute nicht einmal auf. »Na und? Er wird nicht der Einzige bei dieser Party sein.«

Ähm. »Aber es ist seine Geburtstagsparty.«

Claudia beherrschte den stummen Seufzer anscheinend nicht, denn ihrer war hörbar und ungehalten. »Kennedy wird verstehen, dass andere Menschen Austern mögen, selbst wenn er diesen Luxus nicht genießen kann. Es wird andere Dinge geben, die er essen kann.«

Und es ist gut möglich, dass die Eisskulptur nach seinem Abbild ihn dermaßen entsetzt, dass er die Austern, die er nicht essen kann, nicht einmal bemerkt, ebenso wenig wie die Maroon 5 Coverband, die er abscheulich finden wird, die Gästeliste mit lauter Leuten, die er nicht kennt …

Kate war drauf und dran, Claudia wissen zu lassen, was genau sie von ihrem Plan für ihre Party hielt, als die andere Frau sich über den Tisch im Konferenzraum beugte und sie am Arm berührte. »Noch einmal danke, dass Sie mir dabei helfen. Seine Mutter hat es mir immer wieder angeboten, aber es ist mir wichtig, Diane zu zeigen, dass ich das allein schaffe. Dass mir ihr Sohn genauso viel bedeutet wie ihr.«

Kate zwang sich zu einem Lächeln, obwohl sie insgeheim bezweifelte, dass Kennedy Dawson einer Frau, die ganze zwei Monate mit ihm zusammen war, so viel bedeuten konnte wie seiner eigenen Mutter. Ganz zu schweigen davon, dass Claudia dies kaum »allein schaffte«. Kate hätte es besser wissen sollen, als Claudia sie gefragt hatte, ob sie mit ihr ein paar »Ideen« für eine kleine Überraschungsfeier für Kennedy durchsprechen könne.

Im Ergebnis verbrachte Kate fast genauso viel Zeit mit dieser verdammten Party wie mit ihrem tatsächlichen Job als Kennedys Assistentin, und es stellte sich langsam, aber sicher heraus, dass ihr der Großteil der Arbeit für etwas zufiel, das ein Riesenzirkus werden würde.

»Bestimmt wird er es zu schätzen wissen«, stellte Kate nichtssagend fest. »Obwohl, wenn Sie offen für Vorschläge sind …«

»Claudia? Was machst du hier?«

Kate erstarrte nur einen Sekundenbruchteil, wie immer, wenn sie seine Stimme hörte. Der Impuls war so wiederkehrend und fast so unmerklich wie ihre inneren Seufzer.

Claudia stand sofort auf, voller Anmut mit ihren langen Beinen, und schob ihr Notizbuch Kate über den Tisch hinweg zu.

Da Claudia und Kennedy ausschließlich aufeinander konzentriert waren, gestattete Kate sich ein entspannendes Augenrollen wegen Claudias hastigem Weiterreichen. Als würde Kennedy sich wirklich auf ein winziges, unpraktisches Notizbuch stürzen, das – Kate blätterte es durch – höchstens zwanzig Seiten hatte.

Die meisten der Seiten waren angefüllt mit übertriebenen Partyideen. Auf einer stand nur Tauben.

Kate musste lächeln. Es würde Kennedy recht geschehen, Tauben bei seiner Party zu haben. Kate hatte nicht übel Lust, ihrem Herzen Luft zu machen, falls Claudia sie nach ihrer Meinung zum Thema Tauben fragte.

Absolut! Kennedy wäre begeistert davon, einen Schwarm unheimlicher Vögel bei seiner Geburtstagsparty zu sehen, von der er keine Ahnung hat und die er wahrscheinlich nicht will, denn er hasst Überraschungen noch mehr als Partys …

Kate sammelte ihr iPad und Claudias Mini-Notizbuch ein, dann drehte sie sich um, was sie sofort bereute, da sie zu schnell gewesen war und sah, wie Claudia ihre Lippen auf Kennedys presste.

Claudia brauchte sich nicht auf die Zehenspitzen zu stellen, bemerkte Kate. Selbst ohne die High Heels musste Claudia Palmer sich wahrscheinlich niemals auf die Zehenspitzen stellen, um einen Mann zu küssen. Das ehemalige Model war eins achtzig groß. Kate wusste es, weil sie es gegoogelt hatte. Ja, sie war nicht gerade stolz auf ihr Online-Stalking. Aber sie hatte im Laufe der Jahre gelernt, dass es nützlich war, rechtzeitig ein wenig über die aktuellen Geliebten ihrer Chefs zu recherchieren, falls es dramatisch wurde, was häufig der Fall war. Und wer kümmerte sich um das Drama? Spoiler-Alarm: nicht die Männer. Kate war diejenige, die sich um die Konsequenzen der unglückseligen romantischen Verwicklungen ihrer Chefs kümmerte.

Um Ian und Matt brauchte sie sich allerdings keine Sorgen mehr zu machen. Zwei ihrer Jungs hatten sich recht hübsch häuslich niedergelassen und waren jeweils zum Problem einer anderen Frau geworden. Es war nur noch einer übrig …

Kennedys Blick fand den von Kate binnen Sekunden, nachdem seine Lippen sich von Claudias gelöst hatten, und obwohl sie der Wucht dieses Blickes seit sechs Jahren fast jeden Tag widerstanden hatte, verfehlte er nach wie vor nicht seine Wirkung. Er erschütterte sie, jedenfalls ein ganz klein wenig.

Kennedy Dawson war beinahe brutal attraktiv, auf die autoritäre Oberklassenart der Kennedys, nach denen er benannt worden war. Sein Haar hatte eine Farbe irgendwo zwischen dunkel- und mittelbraun und war von einer glänzenden Fülle, die es mit der der Herzogin von Cambridge aufnehmen konnte. Seine Augen waren goldbraun und umrahmt von langen Wimpern. Einst hatte sie gewagt, eine Bemerkung darüber zu machen – das hatte ihr ein Knurren eingetragen. Alles an ihm war ernst. Seine dichten Brauen verzogen sich regelmäßig mit einem Stirnrunzeln; sein Mund zeigte selten ein Lächeln, sein kantiges Kinn war meistens angespannt.

Irgendwie so wie jetzt.

Sie schenkte ihm als Antwort auf seinen undurchdringlichen Blick ein spöttisches Lächeln und sah an der Art, wie er die Augen zusammenkniff, dass er sowohl ihr Augenrollen als auch ihr Feixen bemerkt hatte.

»Was führt ihr zwei im Schilde?«, erkundigte er sich, die Frage an Kate gerichtet und nicht an die Frau, die sich an seine Seite presste.

»Nur ein Frauengespräch!«, zirpte Claudia. »Wir lernen einander kennen. Ich bin vorbeigekommen, um dich zu besuchen, aber du warst nicht da, also habe ich stattdessen mit Kate geplaudert.«

Er sah Claudia an und runzelte die Stirn. Eigentlich wie immer, wenn er sie ansah. »Ich bin da. Ich war in meinem Büro. Etwas, das meine Assistentin gewusst haben dürfte. Sie hätte dir sagen können, dass du hineingehen kannst.« Er warf Kate einen verärgerten Blick zu.

»Verschon mich«, antwortete Kate gelangweilt, bevor sie aufstand und auf die Tür des Konferenzraums zuging. »Aber ich werde es mir merken. Wenn du das nächste Mal mit deinem größten Investor ein Telefongespräch führst, für dessen Koordination seine Assistentin und ich drei Wochen gebraucht haben, werde ich jeden wissen lassen, dass du in deinem Büro bist und dass es okay ist hineinzugehen.«

»Oh, Kennedy hätte bestimmt nichts dagegen, wenn ich hineingehe«, stellte Claudia mit einem warmen Lächeln fest, drückte die Nase an seine Wange und schenkte ihm einen seltsamen Eskimokuss.

Kate fing Kennedys Blick auf, als sie an dem Paar vorbeiging, und lächelte honigsüß. Er versuchte zu verbergen, dass er zusammenzuckte, aber das misslang ihm. Sie wusste, dass Kennedy nur eines mehr hasste als Störungen, während er telefonierte, und das waren öffentliche Zurschaustellungen von Zuneigung.

Warte nur, bis du die lebensgroße Eisskulptur siehst, die nach deinem Abbild geschaffen werden wird, dachte Kate, als sie den Konferenzraum verließ. Sie wird direkt neben den Austern stehen, die du nicht essen kannst.

»Ah, da bist du ja.« Ein langer, männlicher Arm legte sich um ihre Schultern, und Matt Cannon, einer ihrer anderen Bosse, ging neben ihr her. »Sei nicht sauer.«

»Was hast du angestellt?«, fragte sie und scrollte bereits die E-Mails auf ihrem iPad herunter, während sie versuchte, sich nicht darüber zu ärgern, dass ihr Posteingang in der kurzen Zeit, die sie mit Kennedys Freundin über Austern diskutiert hatte, übergequollen war.

»Du siehst heute so hübsch aus«, bemerkte Matt. »Und du riechst gut. So gut. Neues Parfum?«

Kate benutzte kein Parfum.

»Matthew«, sagte sie, blieb an ihrem Schreibtisch stehen und stieß seinen Arm von ihren Schultern. »Bitte, sag mir, dass du es nicht getan hast.«

»Dass ich was nicht getan habe?« Er griff nach ihrem Tacker und tat so, als studiere er ihn. Matt war zauberhaft, mit blondem Haar und lachenden blauen Augen. Er war absolut brillant und hatte die Wall Street mit Anfang zwanzig als »Wunderkind« im Sturm erobert. Er war außerdem freundlich und charmant, und sie liebte den Burschen, aber der Mann hatte eine ernsthafte Schwäche …

Kate seufzte. Ein echter Seufzer, keiner von der stillen Sorte. »Du hast es getan.«

»Was denn?« Diese Frage kam von einer anderen Männerstimme. »Wieder seinen eigenen Kalender verwaltet?«

»Verwaltet ist ein starker Ausdruck«, murmelte Kate Ian Bradley zu, ihrem dritten Chef, bevor sie sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen ließ und auf ihrem Computer Matts Kalender für den folgenden Tag aufrief.

»Wie schlimm ist es?«, fragte Matt und verrenkte sich den Hals, um auf ihren Bildschirm zu schauen.

»Nun, wie man’s nimmt«, antwortete sie und klickte bereits mit ihrer Maus, um den Schaden zu beheben. »Du willst dich dringend mit Jarod Lanham treffen, allerdings isst du zur selben Zeit mit Sabrina zu Mittag und referierst deinen Quartalsbericht auf einem Termin, den die Sams anberaumt haben.«

»Gemütlich!«, bemerkte Ian voller Begeisterung. »Deine Chefs, deine Ehefrau und dein wichtigster Klient, der einmal mit deiner Ehefrau ausgegangen ist …«

»Sie sind nicht ausgegangen«, motzte Matt Ian an, bevor er Kate einen flehenden Blick zuwarf. »Kannst du das in Ordnung bringen?«

»Ist schon erledigt«, sagte sie und betrachtete bereits ihren Computerbildschirm, bevor sie nach ihrem Handy griff. »Ich habe Jarod eine Bitte geschickt, einen neuen Termin für Freitag zu vereinbaren, das Treffen mit den Sams bestätigt und …«, sie hielt ihr Handy hoch, »gerade Sabrina eine Textnachricht geschickt, um festzustellen, ob die Happy Hour anstelle des Mittagessens auch ginge.« Ihr Handy summte, und Kate schaute auf die Nachricht von Sabrina Cross hinab, Matts Ehefrau und eine ihrer besten Freundinnen. »Sie ist einverstanden.«

»Ich liebe dich«, sagte Matt. »Du bist die Beste. Und so, so hübsch. Ist sie nicht hübsch, Ian?«

»Sehr hübsch.«

Kate warf Ian einen argwöhnischen Blick zu. »Was hast du angestellt?«

Er saugte die Wangen ein und tat so, als denke er nach. »Nur hypothetisch, wenn Lara wegen der Hochzeit ein wenig gestresst gewesen wäre und ich ihr gesagt hätte, sie solle sich beruhigen …«

Kate warf ihm einen Blick zu. »Bitte sag mir, dass du der Frau gegenüber, die eure Hochzeit plant, nicht wirklich die Worte beruhig dich benutzt hast.«

»Na ja …«

»Oh mein Gott«, murmelte Kate, und ihre Daumen waren bereits emsig bei der Arbeit, eine weitere Textnachricht zu schreiben, diesmal an Lara McKenzie, um bei Ians Verlobter Schadensbegrenzung zu betreiben. »Zumindest ist mir, wenn ihr zwei so weitermacht, mein Job sicher.«

Und sie meinte es ernst. Natürlich war sie auf dem Papier Kennedy, Matt und Ian unterstellt. Eigentlich waren sie die Chefs und sie selbst die persönliche Assistentin. Aber sie alle wussten, wer hier wirklich das Sagen hatte.

Es war kein typisches Arrangement, aber sie und die drei Männer hatten eine lange Geschichte – sie hatten alle im selben Jahr bei Wolfe Investments angefangen, im Abstand von einem Monat. Damals, als die Männer Junior Broker gewesen waren, hatte Kate einen Job gesucht, der ihr eine gute Krankenversicherung sowie Aussicht auf eine ordentliche Betriebsrente und vor allem die Möglichkeit bot, ihre herausragenden organisatorischen Fähigkeiten einzusetzen.

Trotz der hohen Burn-out-Rate bei Wolfe und obwohl nur sehr wenige Junior Broker den Aufstieg schafften, waren ihre Jungs alle zu Direktoren befördert worden. Eigentlich hätte sich nun jeder der drei seine eigene hingebungsvolle Assistentin aussuchen dürfen, aber sie alle hatten sich, nun ja, sie ausgesucht.

Die Sache lief für sie alle prima. An der Wall Street, wo es eine Menge Idioten gab, hatte Kate das Glück, nicht nur einen Boss zu haben, der kein totaler Mistkerl war, sondern gleich drei, die sie respektierten und die zu Freunden geworden waren.

Das Ergebnis waren einige verrückte Jahre gewesen, aber Kate hätte keinen Augenblick davon missen mögen. Nun, das stimmte nicht ganz. Kate hätte mit Freuden Matts Begeisterung dafür eliminiert, an seinem eigenen Terminkalender herumzupfuschen. Und Ians Phase vor Lara hatte sie auch nicht unbedingt genossen – da hatte es immer wieder peinliche Ausrutscher gegeben – »Huch, ich habe mit ihr geschlafen … huch, mit ihr auch« –, die sie dann ausbügeln durfte.

Was Kennedy betraf …

»Hey, wenn das nicht meine beiden Lieblingsjungs sind!«, sagte Claudia, ließ Kennedys Arm los und ging auf sie zu, um sie zu begrüßen.

Kate wusste, dass es schäbig war, aber sie konnte nicht umhin, sich über Matts kaum merkliches Augenverdrehen bei Claudias übertriebener Luftküsschen-Nummer zu freuen.

Claudia schlug Ian auf den Bizeps. »Ian Bradley, ich habe dich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen! Du weichst meinen Doppeldate-Einladungen immer wieder aus.«

Ian hauchte Claudia pflichtschuldigst ein Küsschen auf die Wange. »Entschuldige, Püppi. Die Hochzeitsplanung hält uns auf Trab.«

»Stimmt ja! Sag mir noch mal, wann ist der große Tag?«

»Eigentlich sollte es der Valentinstag werden, aber wir haben in letzter Minute eine andere Location ausgesucht und den Termin auf Juni verschoben.«

»Oh, dann wird dein süßes kleines Mädchen also eine Juni-Braut!«

Matt fing Kates Blick auf und formte mit den Lippen: Süßes kleines Mädchen?

Kate presste den Mund zusammen, um ein Lächeln zu verbergen, als sie sich vorstellte, was Lara, eine knallharte FBI-Agentin, von der Beschreibung halten würde.

Kennedy bemerkte, was zwischen den beiden vor sich ging, und gab Matt einen Klaps auf den Hinterkopf, was ihm einen neugierigen Blick von Claudia eintrug.

Ohne auf ihre unausgesprochene Frage einzugehen, erkundigte Kennedy sich: »Bist du bereit fürs Mittagessen?«

»Mittagessen? Es ist halb drei«, antwortete Matt und schaute auf seine Rolex.

»Herzlichen Glückwunsch, Kate, du hast Matt endlich beigebracht, wie man die Uhr liest!«, rief Ian.

»Schön wär’s«, sagte Kate.

»Weißt du, diese Kunst habe ich vor einigen Jahren erlernt«, bemerkte Matt. »Es sind die verdammten Wochentage, über die ich irgendwie immer wieder stolpere …«

»Bist du dir sicher?«, gab Kennedy zurück. »Denn heute Morgen kam es mir nicht so vor, als kämst du mit der Uhr zurecht. Du bist vier Minuten zu spät zu unserem Sechs-Uhr-Jogging aufgetaucht.«

Ian wandte sich Claudia zu. »Es ist noch nicht zu spät, weißt du. Bring dich in Sicherheit.«

»Ich finde ihn entzückend«, sagte Claudia und griff nach Kennedys Hand. »Wollen wir?«

Kate wandte den Blick ab, um so zu tun, als checke sie ihre E-Mails, aber vorher bemerkte sie wohl, wie Matt sie ansah. Matt schenkte ihr ein schwaches Lächeln, das ein ganz klein wenig traurig war.

Sie war keine Idiotin. Sie wusste, dass ihre Freunde alle dachten, sie sei bis über beide Ohren in Kennedy Dawson verliebt. War sie nicht. Nicht mehr.

Doch sie wusste nicht, wie sie es ihnen begreiflich machen sollte. Sie konnte sich kaum selbst eingestehen, dass sie an einem törichten Tag, als sie viel jünger und idealistischer gewesen war, von ihrem Computer aufgeschaut, ihrem neuen Boss in die Augen gesehen und sich prompt – idiotischerweise – Hals über Kopf in ihn verliebt hatte. In einer alles verzehrenden, mit Schmetterlingen im Bauch und Hochzeitsfantasien verbundenen »Liebe«, die für gewöhnlich Achtklässlern und Disney-Figuren vorbehalten war. Sie war sogar so naiv gewesen zu denken, dass die Art, wie er hastig den Blick abwandte, wenn sie in seine Richtung schaute, vielleicht, nur vielleicht etwas bedeutete. Sie hatte sich idiotischerweise eingebildet, dass er sie insgeheim beobachtete, so wie sie sich dabei ertappte, ihn ein wenig öfter als notwendig anzuschauen.

Und dann hatte die Wirklichkeit ihr einen Schlag versetzt. Einen Tiefschlag.

Vor fünf Jahren hatte Kate unbeabsichtigt ein Gespräch der drei Männer mit angehört, bei dem sie darüber diskutiert hatten, ob sie tabu sein sollte. Kennedys genaue Worte waren gewesen: Die Kleine ist ja wohl kaum unwiderstehlich, woraufhin er vorgeschlagen hatte, dass sie sich alle versprechen sollten, sie sich nicht ins Bett zu holen. Es hatte ein wenig geschmerzt zu hören, wie Ian und Matt sich dem Pakt angeschlossen hatten – schließlich war sie ein Mensch. Aber Kennedys beiläufiges Urteil über ihre Person hatte ihr verdammt noch mal fast das Herz aus dem Leib gerissen.

Und doch … war sie dankbar dafür. Wirklich. Wahrhaftig. Es war genau das gewesen, was sie gebraucht hatte, um sich von ihrer kindischen Vorstellung von Liebe zu kurieren. Ganz zu schweigen davon, dass es ihr perfekte Klarheit darüber verschafft hatte, was sie wollte: jemanden, der sie sehr wohl unwiderstehlich fand. Und irgendwo gab es den. Sie brauchte einfach nur … abzuwarten.

»Ich habe Hunger«, verkündete Matt. »Habt ihr auch Hunger?«

»Du hast Kennedy gerade eben eins übergebraten, weil er um halb drei zum Mittagessen wollte …« Ian brach ab, als Matt ihm einen Blick zuwarf. »Ja, okay, ich könnte etwas vertragen. Kate, lass uns essen gehen.«

»Ich muss arbeiten«, protestierte sie im selben Moment, als Ian ihren Drehstuhl zurückzog und Matt sich ihre Handtasche schnappte.

Am Ende erlaubte sie ihnen, sie zum Mittagessen auszuführen. Nicht weil sie ihre Chefs waren, sondern weil sie ihre Freunde waren. Und obwohl sie das niemals ausgesprochen hätten, wusste sie, dass sie versuchten, sie wegen der Kennedy-Claudia-Sache zu trösten. Sie wusste das wirklich zu schätzen, aber es war unnötig. Kates Herz war schon vor Jahren über ihre törichte Vernarrtheit in Kennedy hinweggekommen, und sie war viel zu schlau, um immer noch in ihren Boss verliebt zu sein.

Bedauerlicherweise verspürte ihr Körper immer noch eine unmögliche, irrationale, nervige Lust auf den Mann.

2

Dienstag, 26. März

Kennedy schaute auf die Standuhr an der Wand seines Büros, eine Antiquität, mit der seine Freunde ihn ein ums andere Mal aufzogen. Es war halb acht, und er war nicht einmal ansatzweise fertig mit seiner Arbeit für den Tag.

Das späte Mittagessen mit seiner Freundin war wahrscheinlich nicht seine klügste Entscheidung gewesen. Andererseits, wenn er Claudia nicht zum Mittagessen ausgeführt hätte, hätte sie ein Abendessen geplant und überlegt, ob ihm nach Sushi zumute sei oder nach Italienisch oder nach irgendeinem hippen Lokal, das gerade in West Village eröffnet hatte, wo sie unweigerlich einen Haufen Gemüse bestellen würde, ganz gleich, wo sie landeten.

Stattdessen hatte sie um drei Uhr nachmittags einen halben gemischten Salat mit Hühnchen und Ei gegessen und die nächsten fünfzehn Minuten damit verbracht, ihm zu erklären, dass sie nach einem so späten Mittagessen unmöglich am Abend Hunger haben würde. Einer der unerwarteten Vorteile einer Beziehung mit einem Model war der, dass Claudia viel Zeit damit verbrachte zu entscheiden, wann sie nicht essen wollte, was bedeutete, dass er der typischen Routine einer Beziehung im Anfangsstadium entkam, nämlich dem Ergattern von Reservierungen in sämtlichen angesagten Lokalen New Yorks.

Und dabei war Claudia kein Model – sie war ein ehemaliges Model, was noch besser war. Sie war atemberaubend, aber mit dreiunddreißig hatte sie beschlossen, »dieses Leben aufzugeben«, wie sie es ausdrückte, und ihre Zeit »philanthropischen Tätigkeiten« zu widmen. Ebenfalls ihre Worte.

Er hatte seine Zweifel, denn ihre Beziehung war das Resultat eines Blind Dates, das seine Mutter eingefädelt hatte, aber eins musste er seiner Mom lassen: Jetzt hatte er eine wunderschöne Freundin, die den größten Teil ihrer Zeit darauf verwandte, Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln und die auf der Klammerskala auf einer respektablen Sieben von zehn stand, wobei zehn gelautet hätte: Ich brauche meinen Freiraum, verdammt noch mal.

Aber wenn Kennedy brutal ehrlich war, und das war er fast immer, erhöhte sich Claudias Punktzahl auf der Klammerskala in letzter Zeit.

Er war nicht begeistert von ihrer neuesten Angewohnheit, unangemeldet mitten am Tag in seinem Büro aufzukreuzen. Heute war es das dritte Mal in einer Woche, dass er mit Claudia zu Mittag aß, damit sie aufhörte, seine Assistentin mit Gott weiß welchem Frauengequatsche zu nerven …

Kennedy schob seinen Stuhl fünf Zentimeter weiter nach links, eine gewohnheitsmäßige Bewegung, die es ihm ermöglichte, durch seine offene Bürotür zu Kates Schreibtisch hinüberzuschauen.

Wie erwartet begrüßte ihn der vertraute Anblick von Kates Hinterkopf. Sie trug ihr dunkelbraunes glattes Haar in der gleichen schlichten Frisur, seit er sie kannte. Das gefiel ihm an Kate. Sie war berechenbar. Stetig. Verlässlich. Zumindest soweit es sich auf ihre beruflichen Pflichten bezog.

Im Persönlichen war sie eine echte Plage.

Und doch hatte selbst das etwas Tröstliches. Kennedy und Kate mochten sich ständig auf die Nerven gehen, aber ihm war klar, dass sie einander ähnelten. Sie schätzten beide Ruhe. Ordnung.

Und irgendwie war sie im Laufe der vergangenen paar Jahre zu seiner Ruhe geworden. Sie war seine Ordnung.

Selbst wenn sie ihn auf die Palme brachte. Also … immer.

Kennedy betrachtete seinen Posteingang. Er hatte viel zu tun und dennoch …

Er stand auf und trat in die Tür seines Büros. Dann räusperte er sich. Kennedy wusste, dass Kate ihn gehört hatte, denn ihre Finger hielten einen Sekundenbruchteil inne, bevor sie weiter in ihrem maschinengewehrschnellen Tippen fortfuhren.

»Hast du meine Notiz über George Overby gesehen?«, fragte er. »Ich brauche ein Lokal für Montagmittag.«

»Ist erledigt«, antwortete sie, während ihre Finger weiter über ihre Tastatur flogen. »Es steht in deinem Terminkalender und ist von seiner Assistentin bestätigt worden.«

Kennedy schüttelte mit einer Mischung aus Erheiterung und Ärger leicht den Kopf. Er hatte die Anfrage vor nicht einmal fünf Minuten abgeschickt, aber andererseits schien es Kate das größte Vergnügen zu bereiten, ihm immer einen Schritt voraus zu sein. Sie war einer der wenigen Menschen, die das konnten.

Er versuchte noch einmal, sie aus der Reserve zu locken. »Nun, ich hoffe, es ist ein Lokal, in dem es möglich ist …«

»Lunch ist im Augustine. Der Koch weiß, dass er kommt, und er hat ein komplett glutenfreies Menü geplant.«

Kennedy klopfte schwach mit der Faust gegen den Türpfosten. Verdammt. Sie war gut. Wirklich gut. »Danke«, sagte er widerstrebend.

Endlich verließen ihre Finger die Tastatur, und sie wirbelte auf ihrem Stuhl zu ihm herum. Ein leicht argwöhnischer Ausdruck stand in ihren Zügen. »Gern geschehen.«

Er deutete mit dem Kopf auf ihren Computer. »Woran arbeitest du gerade?«

Sie zog die Brauen hoch. »Willst du das wirklich wissen?« Sie griff nach einem Schreibblock, von dem er wusste, dass sie ihn als ihre To-do-Liste für schnell zu Erledigendes benutzte. Nun, diesen Block und ihr iPad. Sie hatte ein kunstvolles System der Arbeitsströme, per Farbcodierung und Ablage und was auch immer sonst, aber er hätte schwören können, dass es etwas Übersinnliches an sich hatte. Wenn er an solche Dinge geglaubt hätte. Was er nicht tat.

»Eigentlich nicht«, gab er zu. »Aber es tut mir leid, wenn du wegen Claudias Störung heute länger arbeiten musst.«

»Ich werde dir nicht verraten, worüber wir gesprochen haben«, gab sie zurück und drehte sich wieder zu ihrem Computer um.

Ärger stieg in ihm auf, teils wegen ihrer Vermutung, Neugier auf ihr Gespräch mit Claudia sei der einzige Grund, warum er nach ihrer Arbeit gefragt hatte, teils wegen der Tatsache, dass sie recht hatte.

»Außerdem mache ich immer Überstunden«, antwortete sie, ohne ihn anzusehen.

Das stimmte. Vor nicht allzu langer Zeit hatten sie alle Überstunden gemacht. Er, Matt und Ian hatten das Büro selten vor acht verlassen, und keiner von ihnen hatte es je vor Kate verlassen. Aber nachdem Ian Lara kennengelernt und beschlossen hatte, ein Mann für eine einzige Frau zu werden, der Dinner – oder Sex – mit seiner Verlobten langen Abenden im Büro vorzog, war einer abgehakt. Dann hatte Matt Sabrina geheiratet, und der zweite war abgehakt.

Jetzt waren es an den meisten Abenden nur Kate und er, die im Büro ausharrten, eine Tatsache, die tröstlich war und gleichzeitig ein leichtes Unbehagen in Kennedy auslöste, wobei er beim besten Willen nicht hätte sagen können, warum.

»Du solltest zumindest etwas essen, wenn du schon so spät noch hier bist.«

»Ich habe um drei mit Ian und Matt einen Cheeseburger und Pommes gegessen, und wir haben über die Arbeit geredet, daher kannst du dir den Vortrag über verlängerte Mittagspausen während der Arbeitszeit sparen.«

Kennedy fühlte sich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, über die spitze Antwort zu lächeln, und dem, mit dem Kopf gegen die Tür zu schlagen, weil es irgendwie zwischen ihnen immer darauf hinauszulaufen schien: Sie stritten sich.

»Kate.«

»Was denn?« Tipp tipp, tipp tipp.

Sie drehte sich nicht um, aber er hatte den längeren Atem und dachte nicht daran, seinen Satz zu beenden, bevor sie das tat.

Besser, dachte er, als sie ihm endlich verärgert in die Augen sah. Viel besser.

Landläufig würde man Kate vielleicht als reizlos bezeichnen. Ihr Haar war für gewöhnlich in der Mitte gescheitelt oder wurde von einem schmucklosen Haarband oder so zurückgehalten. Falls sie Make-up benutzte, war es nicht zu sehen. Sie war klein – ziemlich klein, mit schmalen Schultern und null Kurven.

Und doch hatte er sie immer gern angesehen. Sie war … interessant. Nicht dass er ihr das gesagt hätte. Er mochte nicht den glattzüngigen Charme seiner Freunde besitzen, aber selbst er wusste, dass man einer Frau nicht sagte, sie sehe interessant aus. Aber genau so war es bei Kate. Ihre Augen waren groß und standen leicht schräg, während ihre Nase sich seltsam korrespondierend nach oben neigte. Ihr Mund war voll und wirkte immer ein wenig schmollend, zumindest wenn sie ihn ansah …

Kennedy räusperte sich und wandte den Blick ab. Tabu. Nicht dass er sich zu Kate hingezogen fühlte. Sie war viel zu feindselig, viel zu direkt, viel zu … viel. Überhaupt nicht sein Typ. Aber selbst wenn sie es gewesen wäre, wäre sie für ihn nicht infrage gekommen. Damals, als er, Matt und Ian bei Wolfe angefangen und festgestellt hatten, dass ihnen eine mordsmäßige Assistentin zur Verfügung stand, hatten sie einen Pakt geschlossen:

Kate Henley war an der romantischen Front tabu.

Auf keinen Fall konnten sie es gebrauchen, dass einer von ihnen sie verführte und die Sache dann ein schlimmes Ende nahm und sie der besten Assistentin auf dem Planeten beraubte.

»Was ist denn?«, fragte sie noch einmal und drehte sich endlich ganz zu ihm um.

»Äh …« Mist. Er hatte vergessen, was er sagen wollte. Er mühte sich, sich zu fangen. »Tut mir leid, wenn Claudia dir in letzter Zeit auf die Nerven gegangen ist.«

Kate zuckte die Achseln. »Das hast du bereits gesagt. Sie ist okay.« Kein überschwängliches Lob, aber schließlich hatte er es mit Kate zu tun. Sie neigte nicht dazu, ins Schwärmen zu geraten.

»Was will sie überhaupt von dir?«

Kates Augen wurden eine Spur schmaler. »Vielleicht will sie einfach meine Freundin sein.«

Kennedy spannte die Muskeln an. Er konnte nicht sagen, warum die Vorstellung, Kate und seine Geliebte könnten Freundinnen werden, ihn nervös machte, aber so war es. Was unvernünftig war. Kate war mit Ians Verlobter ebenso befreundet wie mit Matts Ehefrau. Teufel, Kate würde bei Ians und Laras Hochzeit eine der Brautjungfern sein, und sie war eine von nur zwanzig Personen, die vor einigen Monaten bei Matts und Sabrinas Überraschungshochzeit in Vegas anwesend gewesen waren.

Nicht dass Kennedy vorhatte, Claudia zu heiraten. Sie waren erst zwei Monate zusammen.

Er hatte einen höllischen Respekt vor Kate und betrachtete sie sogar auf eine zurückhaltende, einander umkreisende Weise als Freundin, aber sie hatten sich immer vom Liebesleben des anderen ferngehalten. Und ihm gefiel die Vorstellung, dass seine Assistentin und seine Freundin im Konferenzraum über ihn tratschten, keine Sekunde lang.

»Nun, sieh zu, dass sie deiner Arbeit nicht in die Quere kommt«, sagte er. Er hatte seine Worte schlecht gewählt, wie ihm das bei Kate oft passierte.

Sie zog die Brauen hoch. »Nicht Claudia kommt heute Abend meiner Arbeit in die Quere.«

»Entschuldige«, blaffte er. »Du hattest bestimmt faszinierende Pläne.«

Das war ein Schlag unter die Gürtellinie. Er wusste es, noch bevor er das Aufflackern von Gekränktheit in ihren Augen sah. Sie wirbelte herum und wandte ihm den Rücken zu.

Verdammt. Kennedy war dafür bekannt, dass er in jeder Lebenslage wohldurchdacht handelte. Ein schlechtes Gewissen war für ihn kein besonders vertrautes oder willkommenes Gefühl.

Sich zu entschuldigen war noch unvertrauter.

»Kate …«

Sie öffnete ihre Schreibtischschublade und nahm ein Paar Ohrstöpsel heraus. Dann steckte sie deren Kabel in ihrem Computer ein, hielt die Stöpsel demonstrativ beiderseits ihres Kopfes hoch und stopfte sie sich in die Ohren.

Gespräch beendet.

Kennedy seufzte. Na schön. Er musste sich trotzdem entschuldigen, aber er würde bis morgen warten. Wahrscheinlich bis gegen zehn, wenn sie ihr Koffein-Maximum und ihren niedrigsten Stresslevel erreicht hatte und am häufigsten lächelte.

Sie lächelte nicht ihn an, aber nun, eines Tages.

Ein Mann durfte hoffen.

3

Donnerstag, 28. März

Der Montag war bei Wolfe Investments typischerweise der hektischste Wochentag, der einen am ehesten zur Verzweiflung trieb, aber in dieser Woche machte der Donnerstag dem Montag schwere Konkurrenz.

»Kate Henley«, nahm sie ihr fünftes Telefongespräch in ebenso vielen Minuten entgegen. »Mr Cannon ist gerade in einem Meeting. Kann ich ihm etwas ausrichten oder Sie auf seinen Anrufbeantworter weiterleiten? Gern, einen Moment …«

»Kate Henley … Mr Bradley ist im Moment in einem Meeting. Kann ich – oh, hi, Mrs Stilner. Ich werde ihn wissen lassen, dass Sie angerufen haben.«

»Kate Henley«, sagte sie, während sie Mary Stilners Namen auf ihren Notizblock kritzelte. »Hey, Stacey. Vielen Dank, dass Sie mich zurückrufen. Darf ich mich in ein paar Minuten wieder bei Ihnen melden? Ich ertrinke gerade … Ja, die Party ist an diesem Samstag. Perfekt, herzlichen Dank.«

Sie legte das Telefon auf, und ihre Hand schwebte geschlagene zehn Sekunden über dem Hörer, weil sie wusste, dass an Tagen wie diesem Telefonanrufe aus irgendeinem unerfindlichen Grund stoßweise zu kommen schienen. Erst als volle dreißig Sekunden vergangen waren, nahm Kate langsam die Hand vom Hörer, weil sie die Tatsache nicht beschwören wollte, dass sie endlich eine Atempause bekam.

»Geht das hier immer so zu?«

Kate schaute bei der Störung von ihrem Notizblock auf, ohne dass ihre rechte Hand auch nur eine Sekunde im Schreiben innehielt. Dann sah sie das Gesicht hinter der maskulinen Stimme, und ihr Stift kam langsam zur Ruhe.

Der Mann, der über ihr aufragte, war Kennedy, aber … nein. Die Augen waren haselnussfarben statt braun, der Haaransatz eine Spur weniger kantig, der Mund … lächelte?

Er grinste sogar. Definitiv nicht Kennedy.

Der Mann streckte eine Hand aus. »Ich bin …«

»Jack«, sagte sie, bevor er sich vorstellen konnte. »Sie müssen Jack Dawson sein.«

»Schuldig. Und ich hatte das Pech, einige Jahre vor Titanic geboren worden zu sein, sodass ich mir den Namen mit Leonardo diCaprios tragisch sterbender Figur teilen muss und meine Eltern nicht mal was dafür können.«

»Leos Figur stirbt?«, fragte Kate und ließ ihr Kinn kurz zittern.

Jacks Lächeln erstarb, und Kate lachte. »War nur ein Scherz. Ich bin Kate Henley, und ja, ich habe den Film gesehen.« Sie schüttelte seine Hand.

»Ah, Kate … wie Winslet.«

»Wow.« Sie ließ ihre Stimme einen ehrfürchtigen, gedämpften Ton annehmen. »Bei welchem Kilometerstand genau hören Sie mit diesem Titanic-Tick auf?«

Er zuckte auf übertriebene Weise zusammen. »Zu viel?«

»Echt peinlich«, neckte sie ihn unbefangen, während sie gleichzeitig darüber staunte, dass sie Kennedy seit Jahren kannte und sie nie diese mühelose Unbefangenheit erreicht hatten, die sie binnen fünf Sekunden mit seinem Bruder teilte.

Selbst ohne den gleichen Nachnamen hätte sie sofort gewusst, wer er war. Die Familienähnlichkeit zwischen den vier Dawson-Brüdern war sehr ausgeprägt, auch wenn sie Jack erst jetzt persönlich kennenlernte.

»Ich dachte, Sie wären in London.« Sie erinnerte sich daran, dass er ein international tätiger Geschäftsmann war.

»Größtenteils bin ich in Paris.«

»Ah. Sie sind wegen der Party hergekommen?«, fragte sie nach einem schnellen Blick über ihre Schulter, um sich davon zu überzeugen, dass Kennedys Tür immer noch geschlossen war.

»Ja, obwohl ich auch endgültig wieder in New York bin. Nun, zumindest für die absehbare Zukunft.«

»Oh! Das hatte ich noch nicht gehört. Ihre Eltern sind sicher begeistert.«

»Ehrlich gesagt …« Er schob die Hände in die Taschen und beugte sich vor, dann senkte er die Stimme. »Sie gehören zu den Ersten, die davon erfahren. Die Entscheidung ist erst gestern gefallen. Ich hatte gehofft, es Seiner Durchlaucht, meinem großen Bruder, persönlich erzählen zu können. Ist er da?«

Kate lächelte. »Weiß er, dass Sie ihn so nennen?«

Jack zog eine Braue hoch. »Sie kennen Kennedy doch, oder? Er besteht darauf.«

»Lassen Sie mich noch schnell einen Blick in seinen Kalender werfen«, sagte sie, da Kennedy regelmäßig Termine eintrug, ohne ihr Bescheid zu geben – im Gegensatz zu Matt gelang ihm, das richtig zu machen. »Kommen Ihre anderen Brüder ebenfalls zu der Party?«

»Da bin ich mir ziemlich sicher. Fitz wohnt ja jetzt in der Stadt, und John pendelt zwischen hier und Boston.«

Kate lächelte, wie sie das im Allgemeinen tat, wenn sie die Namen der Brüder alle gleichzeitig hörte.

Kennedy, Jack, John und Fitzgerald. Kate hatte kaum Zweifel daran, dass Diane und Roger Dawson, wenn sie eine Tochter gehabt hätten, diese Jackie genannt hätten.

»In seinem Kalender steht nichts«, vermeldete Kate und sah Jack wieder an, »aber es ist möglich, dass er gerade telefoniert.«

»Aber es ist niemand bei ihm?«

»Nein. Allerdings hasst er …«

»Störungen. Ich weiß. Ich hatte das Zimmer neben ihm, als wir Teenager waren.« Jack wackelte mit den Augenbrauen, und sie lachte abermals. »Zeigen Sie mir den Weg zu seinem Büro«, bat Jack und deutete auf die Vielzahl geschlossener Türen hinter ihr. »Ich verspreche, ihm zu sagen, Sie hätten mir einen höllischen Kampf geliefert, um mich fernzuhalten, ich hätte mich aber einfach mit Gewalt an Ihren ganzen … sieben Kilo vorbeigedrängt.«

»Sehr unverschämt, eine Bemerkung über das Gewicht einer Dame zu machen«, entgegnete sie, außerstande, ernst zu bleiben, als sie das sagte.

»Stimmt. Erzählen Sie es bitte meiner Mutter nicht, wenn Sie sie auf der Party sehen. Sie werden doch auch kommen, oder?«

»Ja, wenn auch mehr als Party-Planerin denn als Gast«, bestätigte sie, dann verbarg sie ein Zusammenzucken und hoffte, dass Jack die leichte Schärfe in ihrer Stimme nicht bemerken würde.

Doch so viel Glück hatte sie nicht. Er zog die Brauen hoch und lehnte sich mit der Hüfte an ihren Schreibtisch. »Waaaas? Sie meinen, Claudia war nicht in der Lage, eine Party für hundert Personen zu planen, während sie gleichzeitig mit vier Wohltätigkeitsorganisationen jongliert? Sie sehen mich schockiert.«

»Sie haben sie also kennengelernt«, antwortete Kate mit einem wissenden Lächeln.

»Nein.« Er richtete sich wieder auf. »Das Vergnügen hatte ich noch nicht. Aber wir haben ein paarmal miteinander telefoniert, und es war … erhellend.«

»Sie ist sehr nett«, sagte Kate, denn das entsprach der Wahrheit. Claudia war nett, was mehr war, als sie von einigen von Kennedys früheren Freundinnen sagen konnte. Sie hatten alle einen Stammbaum, wie er ihn unwiderstehlich zu finden schien – altes Geld, familiäre Verbindungen zum Bürgermeister und zum Gouverneur – aber Claudia war weder kühl noch arrogant.

Jack schnalzte mit der Zunge. »Wahrhaftig, Kate. Und gerade wollte ich anfangen, Sie zu mögen.«

»Jack!«

Kate und Jack wirbelten beide herum und sahen einen grinsenden Matt auf sich zukommen. »Zum Teufel, Mann! Ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt bist.«

Die beiden Männer umarmten sich auf eine höchst männliche Weise, und Jack brachte Matt auf den neuesten Stand, dass er sich in New York niederlassen würde.

»Das ist ja großartig. Weiß Kennedy es schon?«

»Weiß Kennedy was schon?«

»Da ist er ja«, sagte Jack und drehte sich zu Kennedy um, der soeben aus seinem Büro aufgetaucht war. »Ich wollte gerade anfangen, gegen Türen zu hämmern.«

»Gehst du immer so vor?« Trotz des brüderlichen Seitenhiebs lächelte Kennedy, als er Jack umarmte. »Was machst du hier?«, fragte Kennedy und trat einen Schritt zurück.

»Im Wesentlichen habe ich mit deinem Mädchen gequatscht, Kate Winslet«, antwortete Jack und deutete auf sie.

Kennedys Lächeln verrutschte, als er Kate ansah, und seine Grübchen verschwanden. Denn ja, durch irgendeine verrückte Wendung des Schicksals war dieser Muffel von Mann mit tiefen, zueinander passenden Grübchen in jeder Wange gesegnet, wenn er lächelte. Was selten vorkam, sodass besagte Grübchen kaum je einmal das Licht des Tages erblickten.

Kate winkte Kennedy mädchenhaft zu, um ihn zu ärgern, und er biss die Zähne zusammen. Blöd gelaufen, was?

»Ja, also … ich ziehe hierher«, berichtete Jack.

»Hierher?« Kennedy sah jäh wieder zu seinem Bruder hinüber.

»Nun, nicht in dieses Viertel. Ich denke eher an etwas im Village.«

»Ich wohne im Village!«, sagte Kate.

»Ja?« Jack drehte sich wieder zu ihr um. »In welchem Teil?«

»Irgendwie an der Grenze zwischen Greenwich und West; das hängt davon ab, wen man fragt.«

»Ich frage Sie, und seien Sie bitte sehr genau«, bat Jack. »Je näher unsere Wohnungen beieinanderliegen, umso häufiger können wir Titanic-Filmpartys veranstalten.«

»Ziehst du immer noch die Titanic-Nummer ab? Hat das nicht schon in der Highschool nicht mehr funktioniert?«, bemerkte Kennedy.

»Keine Ahnung. Kate, funktioniert es nicht mehr?«

»Wenn man bedenkt, dass ich mich ganz flatterig fühle, offensichtlich doch.«

Jack drehte sich zu Kennedy um und zuckte die Achseln, als wolle er sagen: Siehst du?

Kennedy runzelte finster die Stirn. Dabei sah er nicht Jack an, sondern sie.

Kate erwiderte seinen Blick ebenso finster, als ihr Telefon klingelte. Sie griff nach dem Hörer und lauschte, während ein netter langjähriger und sehr geschwätziger Klient Ians ihr unverzüglich einen Bericht über den Verkehr auf dem FDR-Drive gab.

Kennedy bedeutete Jack mit einem Nicken, ihm in sein Büro zu folgen, und Matt schloss sich den beiden an.

Im letzten Moment drehte Jack sich noch einmal zu Kate um und machte eine linkische Pantomime – als klammere er sich an etwas, während ihm die Zähne klapperten.

Kate bedeckte die Sprechmuschel mit der Hand und formte mit den Lippen: Ich lasse Sie nicht im Stich, Jack.

Kennedy schaute zwischen den beiden hin und her und schob seinen Bruder dann in sein Büro.

Und obwohl eine weitere nimmer endende Abfolge von Telefonanrufen auf sie einstürmte, stellte Kate fest, dass sie nicht aufhören konnte zu lächeln.

4

Donnerstag, 28. März

»Also«, begann Jack, legte eine Fingerkuppe auf Kennedys Globus und versetzte ihm einen kleinen Stoß.

Kennedy gab einen ärgerlichen Laut von sich. »Das ist kein Basketball, Mann.«

»Oh, Spoiler-Alarm«, sagte Matt und schnippte mit den Fingern, als sei ihm gerade etwas eingefallen, das er Jack erzählen wollte. »Kennedy hat es nicht gern, wenn man seine Sachen anfasst.«

»Das hat er noch nie gemocht«, bestätigte Jack, ließ sich auf einen Stuhl fallen und verschränkte die Hände hinterm Kopf. »Wer von euch beiden will mir erzählen, was Kate so für eine ist?«

Kennedy spannte leicht die Muskeln an, denn er kannte seinen Bruder. Er kannte diesen Ton. »Was soll sie schon für eine sein?«

Jack zuckte die Achseln. »Sie ist süß. Wie ein kleiner Tigerwelpe.«

»Sei kein Arschloch«, sagte Kennedy.

»Ehrlich gesagt«, bemerkte Matt, »glaube ich, dass Kate den Vergleich großartig finden würde. Eine Raubkatze? Das fände sie bestimmt toll. Oder auch nicht«, murmelte er, als Kennedy ihm einen Blick zuwarf, der klar sagte: Halt die Klappe.

»Sie ist meine Assistentin. Lass sie in Ruhe.«

»Sie ist unsere Assistentin«, korrigierte Matt ihn. »Und sie ist single.«

Kennedy warf seinem Freund einen verärgerten Blick zu. »Gott, Cannon, musst du nicht irgendwohin?«

»Nicht wirklich. Und ich mein ja bloß, ich habe die beiden reden sehen. Zwischen ihnen hat es geknistert.«

Kennedy starrte zuerst Matt an, dann Jack. »Es ist Kate. Sie ist tabu.«

»Aber sie ist nicht verheiratet. Ist sie hetero?«, fragte Jack und sah Matt fragend an.

Matt nickte, und Jack breitete die Arme aus. »Nun denn, daran ist nichts tabu.«

»Wir haben einen Pakt geschlossen«, sagte Kennedy und beugte sich vor. »Kate ist tabu.«

»Wer hat den Pakt geschlossen?«, hakte Jack nach.

»Cannon, Ian und ich.«

»Also nicht ich«, stellte Jack mit aufreizender Geduld fest. »Oder?«

»Ganz recht«, bestätigte Matt.

Vor fünf Minuten war Kennedy noch begeistert gewesen, seinen Bruder zu sehen. Jack arbeitete die meiste Zeit im Ausland, daher bekam Kennedy ihn abgesehen von Feiertagen und gelegentlichen Besuchen nur selten zu Gesicht. Er war noch begeisterter gewesen zu hören, dass Jack wieder nach New York ziehen würde, und er freute sich darüber, wirklich. Und doch …

Kennedy hatte gesehen, was Matt gesehen hatte. Mehr als das, er hatte Kates Lachen gehört. Kate hatte Humor, aber es war eher ein sarkastischer, schnippischer Humor, kein kicheriger Humor.

Doch mit Jack hatte sie gekichert.

Was auch sonst. So machte Jack das. Er bezauberte Frauen. Mühelos. Das Gleiche galt für John, obwohl sein anderer Bruder seit seiner Scheidung im vergangenen Jahr definitiv weniger unbekümmert war. Hölle, selbst Fitz, der immer ein richtiger Spinner gewesen war, war den Zeiten entwachsen, in denen er mehr Partnerinnen in einem Monat gehabt hatte als Kennedy in einem Jahr.

Doch Fitz und John waren nicht hier. Sie scharwenzelten nicht um Kate herum.

»Könntest du das einfach … bleiben lassen?«, bat Kennedy und rieb sich die Stirn.

»Was denn?«

»Diese Art. Mit der du jede Frau in deinem Einzugsbereich dazu bringst, auf dich zu fliegen.«

»Weshalb machst du dir Sorgen?«, fragte Jack, streckte seine langen Beine von sich und faltete die Hände über seinem flachen Bauch. »Es ist nicht so, als hätte ich mit deiner Freundin geflirtet.«

Verdammt, genau das hast du getan.

Kennedy brauchte einen peinlich langen Moment, um zu begreifen, dass Jack von Claudia sprach. Claudia war seine Freundin, nicht Kate.

»Außerdem bist du nicht gerade ein abstoßender Mönch«, fuhr Jack fort. »Aus Gründen, die ich nie so recht verstehen konnte, scheinen die Frauen sich von deiner grüblerischen Heathcliff-Nummer genauso angezogen zu fühlen wie von meiner Leo-Tour.«

Kennedy kratzte sich an der Schläfe. Sein Bruder lag nicht vollkommen falsch. Kennedy hatte nie um weibliche Aufmerksamkeit gekämpft. Er war fit, sah nicht zum Fürchten aus und hatte, ganz ehrlich, so viel Geld, dass er gar nicht wusste, was er damit anfangen sollte. Und obwohl seine Vorlieben eher klassisch waren und sogar ans Altmodische grenzten, gefiel – da musste er seinem Bruder recht geben – den Frauen das anscheinend ebenfalls.

Den meisten Frauen. Nicht allen. Definitiv nicht Kate, die ihm ein- oder zweimal ins Gesicht gesagt hatte, er sei ein Langweiler. Kate, die Jacks unbekümmertes Grinsen und seine lahmen Hinweise auf Titanic anscheinend vorzog.

Kennedy sah Matt Hilfe suchend an und bemerkte, dass sein Freund ihn eindringlich beobachtete. Dann drehte Matt sich zu Jack um. »Hör mal, was immer es kostet – wenn du dich an Kate vergreifst, werde ich dir zusammen mit unserem guten Kennedy in den Hintern treten.«

Jack hob die Hände. »Ich kapiere es. Ich verspreche, sie nicht in meine Höhle zu schleppen oder was immer ihr zwei anscheinend denkt, das ich mit Frauen mache. In Ordnung?«

Matt zuckte die Achseln, und Kennedy zwang sich, das Thema fallen zu lassen, wenn auch aus keinem anderen Grund als seinem eigenen Seelenfrieden.

Um fair zu sein: Sein Bruder war ein guter Kerl. Ja, Jack hatte eine größere Anzahl gebrochener Herzen zurückgelassen als ein Durchschnittsmann, aber Kennedy wusste auch, dass Jack Frauen niemals absichtlich etwas vormachte. Der Mann war nicht auf Sesshaftigkeit aus, und das ließ er Frauen von Anfang an wissen.

Außerdem war Kate zu schlau, um sich in einen Mann zu verlieben, dem seine Neigung zu kurzfristigen Affären förmlich ins Gesicht geschrieben stand. Die Frau besuchte jedes zweite Wochenende ihre Eltern in Jersey und hatte ein halbes Dutzend Fotos von ihrer Nichte und ihrem Neffen auf dem Schreibtisch stehen. Garantiert hatte sie die Absicht, eine Familie zu gründen …

Bei dem Gedanken runzelte Kennedy leicht die Stirn. Kate schien nicht oft auszugehen, aber andererseits war Kennedy sich nicht ganz sicher, ob er davon erfahren würde. Matt und Ian schienen diese Einzelheiten über Kate immer zu wissen, er nicht.