Wolfes of Wall Street - Matt - Lauren Layne - E-Book

Wolfes of Wall Street - Matt E-Book

Lauren Layne

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Beschreibung

Er ist ein Wolf der Wall Street - sie soll ihn zähmen

Mit 28 Jahren ist Matt Cannon der jüngste Broker der Wall Street - und einer der erfolgreichsten. Doch als sein wildes Privatleben die Anleger nervös werden lässt, setzen ihm die Bosse von Wolfe Investments ein Ultimatum: Entweder er schwört den Partys und den Frauen ab, oder er ist seinen Job los. PR-Genie Sabrina Cross soll ihm helfen, sein Image aufzupolieren, indem sie seine Freundin spielt. Doch je besser sich die beiden kennenlernen, desto heißer sprühen die Funken - bis ihr gewagtes Spiel ihre Karrieren zu zerstören droht ...

"Einfach perfekt: freche und witzige Dialoge und eine Anziehungskraft, die die Seiten in Flammen aufgehen lässt!" SCHMEXY BOOKS

Band 2 der prickelnden und romantischen WOLFES-OF-WALL-STREET-Serie von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Lauren Layne

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Seitenzahl: 366

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

1

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Epilog

Liebe Leser*innen

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Lauren Layne bei LYX

Leseprobe

Impressum

LAUREN LAYNE

Wolfes of Wall Street

MATT

Roman

Ins Deutsche übertragen von Hans Link

Zu diesem Buch

Mit achtundzwanzig Jahren ist Matt Cannon der jüngste Broker der Wall Street – und einer der erfolgreichsten. Doch als sein wildes Privatleben die Anleger nervös werden lässt, setzen ihm die Bosse von Wolfe Investments ein Ultimatum: Entweder er schwört den Partys und den Frauen ab, oder er ist seinen Job los. PR-Genie Sabrina Cross soll ihm helfen, sein Image aufzupolieren, indem sie seine Freundin spielt. Doch je näher sich die beiden kommen, desto heißer sprühen die Funken – bis ihr gewagtes Spiel ihre Karrieren zu zerstören droht …

Für Anth

dafür, dass ich mich bei diesem Buch besonders tief in meiner Schriftstellerwelt verlieren durfte und du dafür gesorgt hast, dass meine Kaffeetasse nie leer war.

1

Matt

Montagmorgen, 18. September

»Du bist ein Engel, und ich liebe dich«, sage ich mit einer Ehrfurcht, die normalerweise nur gläubige Menschen aufbringen.

Meine Assistentin zieht eine Braue hoch und hält mir zwei Aspirin hin. »Redest du mit mir oder mit dem Bagel?«

»Mit beiden«, antworte ich mit vollem Mund und strecke meine freie Hand nach den Tabletten aus.

Kate wartet, bis ich geschluckt habe, dann reicht sie mir einen Becher Kaffee, mit dem ich die Pillen runterspüle.

»Woher hast du das gewusst?«, frage ich und greife erneut nach dem Sesambagel mit Ei und Schweizer Käse.

»Dass du einen Mordskater hast? Ich habe die Änderungen deiner Flugdaten übermittelt bekommen. Ein Nachtflug am Sonntag von Vegas nach New York im Anschluss an eine Junggesellenparty sagt so ziemlich alles.«

Ich schüttele mich. »Können wir das Wort Vegas bitte vermeiden? Und das Wort Junggesellenparty? Und bis auf Weiteres sind alle Hinweise auf Alkohol untersagt.«

Sie grinst. »Es ist ätzend, alt zu werden, hm?«

»Ich bin nicht alt«, widerspreche ich automatisch. Die bloße Andeutung ist ein Affront. Schließlich bin ich Matt Cannon, das legendäre Wunderkind der Wall Street.

Und ja, nur Deppen nennen sich selbst legendär, aber in meinem Fall? Es ist irgendwie die Wahrheit. Ich habe mit sechzehn meinen Abschluss an der Highschool gemacht, meinen Collegeabschluss mit neunzehn und bin nur Tage nach meinem zweiundzwanzigsten Geburtstag von Wolfe Investments angeheuert worden; damals, als meine Leber im Wesentlichen noch Jungfrau war (ich selbst allerdings definitiv nicht) und vollkommen imstande, es mit dem Spirituosenladen namens Wall Street aufzunehmen.

Hoppla. Mir ist gerade eingefallen, dass wir nicht über Alkohol sprechen. Nicht bis das Aspirin, das Koffein und dieser Bagel ihre wohltuende Magie an meinem Kater gewirkt haben.

Der Punkt ist, dass ich erst achtundzwanzig bin. Nicht mehr unbedingt ein Wunderknabe, aber vor dreißig bei Wolfe angestellt zu sein, ist schon etwas, womit man angeben kann. Es ist schwer genug, überhaupt einen Job bei der Firma zu kriegen, und noch schwerer, in so jungem Alter befördert zu werden und …

Aber verdammt, wem mache ich etwas vor?

Ich kann nicht mehr so trinken wie mit zweiundzwanzig, und ich spüre deutlich die Nachwirkungen dieser Achtundvierzigstundenorgie, der Junggesellenparty meines Cousins.

»Und wie fühlst du dich wirklich?«, fragt Kate und unterzieht mich einer kritischen Musterung.

Kate Henley ist eine dieser Assistentinnen, die man besser hütet als seine Brieftasche, einen guten Bourbon oder sein Passwort fürs Bankkonto. So wertvoll ist sie.

Sie hat zwar das zierliche, hübsche, rehäugige Aussehen einer Debütantin aus den 1950ern, aber sie ist in ihrem Job geradezu obszön tüchtig. So tüchtig nämlich, dass sie nicht nur für einen anspruchsvollen Boss arbeitet, sondern für drei. Vor einigen Jahren bin ich in die Leitungsebene aufgerückt, und das im selben Monat wie zwei meiner besten Freunde und Kollegen bei Wolfe, Ian Bradley und Kennedy Dorson. Die Beförderung bedeutete, dass wir jeder unsere eigene Assistentin bekamen, statt uns weiter eine zu teilen. Wir konnten uns nicht entscheiden, wer Kate bekommen sollte, daher hat sie es mit uns allen dreien aufgenommen und macht das immer noch doppelt so gut wie jede der anderen Assistentinnen, die nur einen Investmentbroker unterstützen.

Unser Arrangement bedeutet außerdem, dass sie für unsere Playboyneigungen tabu ist, obwohl wir sie inzwischen alle duzen, und obwohl ich, um die Wahrheit zu sagen, nicht weiß, ob sie jemals wirklich in Gefahr war. Kate ist wahrscheinlich zu klug, um sich in einen von uns zu verlieben, denn sie kennt uns alle zu gut. Gelegentlich scheint ihr Blick jedoch etwas länger auf Kennedy zu ruhen.

Ich grinse sie an. »Besser. Danke. Die Kopfschmerzen klingen bereits ab.«

»Gut. Denn die Sams wollen dich sehen.«

Mein Grinsen verschwindet. »Jetzt?« Ich schaue auf meine Rolex. »Es ist Montagmorgen und noch nicht mal acht Uhr.«

»Tja, wir sind hier an der Wall Street. Der Tag hat für alle vor vier Stunden begonnen. Da wir gerade davon sprechen, ich habe dich ungefähr zehnmal angerufen.«

Ich reibe mir die Stirn. »Ich hab mein Handy verloren … irgendwo. Haben die Sams gesagt, was sie wollen?«

»Nein«, antwortet sie und beugt sich vor, um etwas aus einem Kleidersack zu ziehen. »Aber sie sind persönlich bei mir erschienen, statt Carla zu schicken, was nie etwas Gutes bedeutet. Bind dir die hier um.«

Sie reicht mir eine schmale blaue Krawatte, und ich zerre mir gehorsam die gestreifte vom Hals, die ich auf der Flughafentoilette an der Gepäckausgabe umgebunden habe. Bestenfalls riecht sie nach Rauch aus einem Casino in Vegas. Schlimmstenfalls …

Die Art, wie Kate die Nase rümpft, als sie die Krawatte entgegennimmt, verrät mir, dass sie in die unbenannte »schlimmere« Kategorie fällt.

Ich binde mir die frische Krawatte um den Hals, aber Kate hebt einen Finger und wirbelt ihn im Kreis herum. »Hm, nein. Du bist schlimmer dran, als ich dachte.« Sie hält ein weißes Anzughemd hoch. »Garderobenwechsel. Wo zur Hölle hast du gestern Nacht geschlafen? In einer Kneipe auf dem Boden?«

»Ich habe überhaupt nicht geschlafen«, murmele ich und knöpfe mein Hemd auf.

Es passt zu unserer platonischen Beziehung, dass ich halb nackt dastehe, sie aber nicht einmal einen Blick auf meinen Oberkörper wirft, den ich mir in langen Stunden im Fitnessstudio verdient habe, als sie mir das Hemd reicht. »Irgendwann bist du wirklich zu alt für all das, weißt du.«

»Irgendwann«, erwidere ich, während ich das frische Hemd anziehe. »Nicht heute.«

Eine Minute später habe ich ein neues Hemd an und lege eine neue Krawatte um und fühle mich geringfügig besser, als die Wirkung des Aspirins und des Koffeins einsetzt.

»Sind die Jungs im Haus?«, erkundige ich mich nach Ian und Kennedy und binde den Krawattenknoten. Ich habe keinen Spiegel, daher breite ich die Arme aus, damit Kate das Endergebnis begutachten kann.

Sie mustert mich von Kopf bis Fuß. »Fürs Erste siehst du halbwegs passabel aus, aber sobald das Meeting zu Ende ist, brauchst du eine Dusche. Und nein, die Jungs sind nicht im Haus. Kennedy ist schon mit einem Klienten Kaffee trinken gegangen, und Ian meinte, er habe ebenfalls ein frühes Meeting.«

Ich ziehe die Brauen hoch. »›Frühes Meeting‹, mit anderen Worten … Lara hat ihn in der Dusche abgelenkt?«

»Genau meine Vermutung.«

Ian ist ziemlich widerlich verliebt in seine Verlobte Lara McKenzie. Und obwohl das Ausmaß ihrer Vernarrtheit übelkeiterregend ist, gibt es keine Frau, an die ich meinen Partner in Sachen Playboylotterleben lieber verloren hätte als an sie. Lara arbeitet als Agentin bei der Abteilung Wirtschaftskriminalität des FBI, ist klug und witzig und, das Beste von allem, lässt sich rein gar nichts von Ians Schwachsinn gefallen, von dem er eine gewaltige Menge produziert.

»Okay, auf in den Kampf«, sage ich und nehme einen letzten Bissen von dem Bagel und einen Schluck Kaffee. »Auf einer Skala von eins bis zehn, wie energisch waren die Sams, als sie vorbeigekommen sind?«

»Acht«, antwortet sie auf dem Weg zu den Aufzügen. »Hier.« Kate reicht mir ein Kaugummi, bevor sie auf den Aufwärtsknopf drückt.

»Wo ist Joe?«, frage ich und wickele das Kaugummi aus.

»In Thailand.«

»Scheiße«, brumme ich und schiebe mir das Kaugummi in den Mund.

Joe Schneider ist mein unmittelbarer Vorgesetzter, und er ist ein guter Boss. So einer, den man an seiner Seite haben will, wenn einen die hohen Tiere persönlich wegen etwas herbeizitieren, wovon man keine Ahnung hat. Heute ist mir dieses Glück nicht vergönnt. Ich hatte vergessen, dass er mit seiner Frau zu ihrem zwanzigsten Hochzeitstag für zwei Wochen nach Thailand wollte.

Ich bin auf mich allein gestellt.

Pflichtschuldigst schiebe ich mein Kaugummi im Mund hin und her, bis der Aufzug kommt, dann spucke ich es wieder in das Einwickelpapier, damit ich bei meinem Meeting mit den CEOs der Firma nicht Kaugummi kaue wie ein sechzehnjähriger Kassierer im Einkaufszentrum.

Kate streckt die Hand aus, aber ich schüttele den Kopf und steige in den Aufzug. »Du wirst nicht gut genug bezahlt, um mein zerkautes Kaugummi wegzuwerfen.«

»Ich werde für gar nichts gut genug bezahlt«, ruft sie mir nach, als die Aufzugtüren sich schließen und uns voneinander trennen.

Es ist eine kurze Fahrt in den obersten Stock des Gebäudes. Ich kann nicht behaupten, dass ich hier oben viel Zeit verbringe, wofür ich Gott danke. Es ist nicht so, als hätte ich etwas gegen meine Bosse – oder die Bosse meines Bosses in diesem Fall –, ich begegne ihnen nur deutlich lieber bei einer Party nach Feierabend bei reichlich Wodka und Martini.

An einem Montagmorgen nach oben gerufen zu werden, wenn ich einen höllischen Kater habe? Das ist nicht meine Vorstellung von einem guten Start in die Woche.

Carla, die langjährige Assistentin der CEOs, schenkt mir ein Lächeln, das freundlich, aber ein wenig mitfühlend ist. Das ist nicht gut. Entweder sehe ich schlimmer aus, als ich mich fühle, oder sie weiß etwas, das ich nicht weiß.

»Hi, Carla. Warten sie auf mich?«

»Ohhh ja«, sagt sie mit einem leisen, nervösen Lachen. »Sie warten auf Sie.«

»Irgendwelche Hinweise?«, frage ich.

Sie blinzelt. »Haben Sie heute schon die Zeitung gelesen?«

»Ähm, nein. Noch nicht. Welche denn? Die Times? Das Journal?«

Sie seufzt. »Oje.«

Mein Herz schlägt ein wenig schneller, weil Carla normalerweise vollkommen unerschütterlich ist, jetzt aber wirkt sie … nervös.

Ich will gerade mehr Informationen aus ihr herausholen, als ich meinen Namen höre. Ich schaue auf und sehe Sam Wolfe jr. in der Tür zum Konferenzraum stehen.

»Kommen Sie rein, Matt.«

Scheiße. Carla mag besorgt aussehen, Sam sieht so aus, als sei er ungefähr dreißig Sekunden von einem Schlaganfall entfernt.

»Gern«, antworte ich und zwinge mich zu einem unbefangenen Grinsen, als ich in den kleinen Konferenzraum schlendere, wo die andere Sam am Ende des Tisches sitzt.

Samuel und Samantha Wolfe, bekannt als die Sams, sind das ultimative Powerpaar der Wall Street. Sam hat Wolfe Investments von seinem Vater geerbt, und das ungefähr zur selben Zeit, als er Samantha geheiratet hat, deren Firma selbst ein Wall-Street-Schwergewicht war.

Keiner der Sams lächelt, als ich eintrete und sie begrüße.

»Nehmen Sie Platz«, sagt Samantha und deutet auf einen der verfügbaren Stühle.

Ich gehorche und bemerke die Zeitung, die aufgeschlagen vor ihr auf dem Tisch liegt. Ich sehe, dass es das Wall Street Journal ist, aber nicht viel sonst. Jedenfalls kann ich nicht erkennen, was die Lieblingszeitung der Finanzwelt mit mir persönlich zu tun hat.

Samantha ergreift die Initiative und kommt direkt zur Sache. »Ich nehme an, Sie haben das hier gelesen.«

Sie legt eine manikürte Hand auf die Zeitung.

»Äh, nein. Noch nicht.«

Sams Brauen zucken in die Höhe und landen irgendwo zwischen missbilligend und überrascht.

Die Lektüre des WSJ ist hier verpflichtend. Ich lese es jeden Morgen, aber, nun ja, wie bereits festgestellt, ist heute nicht gerade mein bester Morgen. »Ich bin noch nicht dazu gekommen.«

Samantha stößt einen langen Seufzer aus, als sie die Zeitung aufschlägt, zur zweiten Seite weiterblättert und sie neu faltet, bevor sie sie über den Tisch schiebt.

Immer noch ratlos strecke ich die Hand aus und ziehe die Zeitung zu mir heran, und mein Blick fällt sofort auf das Foto. Mein Magen rutscht mir in die Kniekehlen, als ich den Mann auf dem Bild erkenne.

Das bin ich.

Und nicht nur ich. Ich und eine spärlich bekleidete Frau, die rittlings auf meinem Schoß sitzt, während meine Hände auf ihrer nackten Taille liegen.

Ah, verdammt. Die Erinnerungen sind, gelinde gesagt, nebelhaft. Das Bild stammt von Samstagnacht. Oder war es Freitag? Es ist ein Schwarz-Weiß-Foto, aber ich erinnere mich daran, dass die Frau blond war und der BH rot. Oder war er rosa? Es war schon spät, als wir in diesen speziellen Stripklub eingefallen sind; daran erinnere ich mich mit Bestimmtheit.

Ich reiße den Blick von dem Foto los und lese die Schlagzeile: Sind die Wall-Street-Wölfe zu weit gegangen?

Mein Magen krampft sich zusammen. Ich bin an die Wolfe-Wölfe-Wortspiele gewöhnt, seit dem Film mit Leonardo DiCaprio, aber eins neben meinem Gesicht abgedruckt ausgerechnet im Wall Street Journal zu sehen … das ist nicht gut.

»Das kann Ihnen nicht entgangen sein«, sagt Sam, seine Stimme ein leises, missbilligendes Brummen.

»Ist es aber.« Ich widerstehe dem Drang, mir mit einer Hand über den Hals zu streichen, um festzustellen, ob ich schwitze. »Ich habe den Nachtflug genommen.« Und irgendwo in den Orgien des Wochenendes mein Handy verloren.

Sam grunzt, dann tauscht er einen langen Blick mit seiner Frau. In meinem verkaterten Zustand bin ich nicht gerade in Topform, aber ich weiß trotzdem, dass dieser Blick nichts Gutes bedeutet.

Samantha ist diejenige, die es auf den Punkt bringt. »Sie können den ganzen Artikel später lesen, aber ich werde Ihnen die Highlights nennen: Sie sind in denselben Klub gestolpert wie ein Reporter des WSJ, der eine Story in Vegas recherchiert hat. Er war nüchtern. Sie nicht. Sie wurden dabei beobachtet, wie Sie Hunderter in Tangas geschoben haben und Tausende für eine einzige Runde teuren Whiskeys auf den Kopf gehauen haben, und das war nicht einmal Ihr letzter Stopp an diesem Abend. Er ist Ihnen in drei weitere Klubs gefolgt, wo Mitglieder Ihrer Gruppe hemmungslos illegale Substanzen konsumiert haben.«

Ich reiße den Kopf hoch. »Ich fasse Drogen nicht an. Alkohol, klar, aber das ist alles.«

»Alkohol und Frauen«, erwidert Sam mit einem vielsagenden Blick auf die Zeitung.

»Lapdances sind nicht illegal. Ebenso wenig wie Wodka oder Whiskey.«

Trotzdem verstehe ich, worauf sie hinauswollen. Ich bin kaum ein Heiliger, aber das Wochenende in Vegas war selbst nach meinen Maßstäben verrückt. Meinem Cousin gehört ein hochkarätiger Klub in Miami, und seine Freunde haben die Party nicht nur auf ein ganz neues Niveau gehoben, sondern sind dabei auch ziemlich dreist vorgegangen. Dreist und dumm, und jetzt muss ich anscheinend den Preis für diese Dummheit bezahlen, einfach weil ich irgendwie mit ihnen in Verbindung stehe.

»Nein, Sie sind tatsächlich nicht dabei erwischt worden, wie Sie etwas Illegales getan haben«, räumt Samantha ein. »Und wir sind nicht hier, um uns wie Ihre Eltern aufzuführen. Sie sind einer unserer besten Männer, Matt, das wissen Sie. Aber das hier ist übel. Wir haben bereits ein halbes Dutzend Anrufe von besorgten Klienten erhalten, die sich fragen, was zum Teufel wir mit ihrem Geld machen.«

»Ich gebe mein Geld aus«, antworte ich und steche mit einem Finger auf die Zeitung. »Und ich habe mir jeden Penny davon verdient.«

»Das wissen wir«, entgegnet Samantha. »Aber Ihnen ist ebenso klar wie uns, dass Wahrnehmung häufig mehr zählt als Fakten. Niemand wird glauben, dass Sie das Kokain nicht angerührt haben. Niemand wird glauben, dass Sie es bei den Hundertern, die Sie diesen Frauen zugesteckt haben, bei einem harmlosen Lapdance belassen haben. Drogen, Prostitution, leichtsinniges Geldausgeben … das sind keine Anschuldigungen, die wir mal eben abschmettern können. Erst recht nicht nach den Vorwürfen gegen Ian letztes Jahr, Insidergeschäfte gemacht zu haben. Wir betreiben diesbezüglich immer noch Schadensbegrenzung.«

»Er war unschuldig und ist rehabilitiert worden«, blaffe ich und eile meinem Freund wie eh und je zu Hilfe.

Ian mag ein kleiner Draufgänger sein, aber er spielt streng nach den Regeln, wenn es um seine Arbeit geht.

»Ja. Offiziell«, sagt Sam. »Aber wie wir bereits bemerkt haben, da ist das Wahrnehmungsproblem. Und dies …« Er deutet auf die Zeitung und bricht ab.

Samantha faltet die Hände auf dem Tisch und sieht mir in die Augen. »Die Abteilung für Public Relations und unsere Juristen haben uns eindringlich nahegelegt, Sie zu entlassen, um die schlimmsten Konsequenzen für unseren Ruf abzuwehren.«

Eine Sekunde lang denke ich, dass ich mich verhört habe. »Wie bitte?«

»Wir sehen keine Notwendigkeit, es so weit kommen zu lassen«, fügt Samantha hinzu und hält inne, um ein unausgesprochenes noch nicht in der Luft hängen zu lassen. »Wir verstehen, dass das ein wenig Pech Ihrerseits war, dass Sie im selben Klub waren wie ein Reporter. Aber Matt, wir müssen trotzdem Schadensbegrenzung betreiben. Zwei Ihrer Klienten haben bereits darum gebeten, einen anderen Broker zu bekommen.«

Scheiße. Ernsthaft? Ich bin hin- und hergerissen zwischen Ungläubigkeit und Ärger – zuerst auf die Tatsache, dass so was überhaupt passiert ist, und zweitens, dass es so eskaliert. Es gelingt mir zu nicken, selbst während mein rasendes Gehirn alles leugnet. »Schadensbegrenzung – in welcher Form?«

Samantha sieht ihren Mann an, der jetzt das Wort ergreift. »Wir müssen Ihr Image aufpolieren.«

»Und wie?«

»Sie wissen schon …« Er wedelt mit der Hand. »Weniger Alkohol. Nur selten eine durchgemachte Nacht. Lassen Sie den Kaviar beim Abendessen weg. Halten Sie Ihre Barrechnungen dreistellig. Und um der Liebe Christi willen, meiden Sie Stripklubs und Ihre koksenden Freunde.«

»Klar, natürlich«, höre ich mich sagen, obwohl ich eigentlich kotzen könnte. Ich weiß nicht, ob es von dem Eimer Schnaps kommt, den ich nur wenige Stunden zuvor getrunken habe, oder von der derzeitigen Situation. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

»Eins noch«, wirft Samantha ein. »All das wird helfen, aber nichts zeugt besser von einem bekehrten Mann als eine feste Begleiterin. Ich meine, sehen Sie sich Ian und Lara an. Er war noch ein bisschen wilder als Sie, und jetzt ist er …«

»Domestiziert, ich weiß«, fauche ich. »Aber das hat er nicht geplant; es ist einfach passiert. Ich habe keine Lara McKenzie, die in den Kulissen wartet. Ich bin Single und glücklich darüber.«

»Nun, dann werden Sie Ihren Singlestatus los«, sagt Samantha und steht auf, als sei das Gespräch damit beendet. »Vorzugsweise rechtzeitig zu der jährlichen Gala von Wolfe Investments im nächsten Monat.«

»Moment mal, was? Was soll das heißen?«

Sam steht auf und tritt mit einem Grinsen neben seine Frau. »Sie meint, dass nichts den Ruf eines Mannes besser bereinigt als der Anblick der richtigen Frau an seiner Seite.«

»Aber …«

Samantha wirft mir einen Blick zu, der Stahl durchschneiden könnte. »Im Klartext, Matt: Legen Sie sich eine feste Freundin zu.«

»Oder?«, frage ich, weil ich spüre, dass da ein Ultimatum im Spiel ist.

Sie bedenkt mich mit einem dünnen Lächeln. »Oder suchen Sie sich einen neuen Job.«

2

Sabrina

Montagmorgen, 18. September

Wettermäßig ist es der perfekte Morgen.

Warm genug, um auf der Terrasse meines Lieblingsrestaurants einen Cappuccino zu genießen, aber frisch genug, um den neuen Kaschmirpullover zu rechtfertigen, den ich gekauft habe, um das Herbstwetter einzuläuten.

Eine Spur weniger perfekt ist der Ausdruck auf Lorna Midlers Gesicht. Sie sieht gerade ein Dutzend Fotos von sich in zwölf verschiedenen Sexposen mit ihrem Personal Trainer durch.

Sie scheint am Boden zerstört zu sein, und obwohl ich diesen Job schon seit Jahren mache und eine knallharte Zynikerin bin, fällt es mir schwer, nicht ein klein wenig Mitleid mit ihr zu empfinden.

Damit sie Zeit hat, die Fassung zurückzuerlangen, hebe ich meine Tasse und studiere das kleine Herz, das der Kellner oder die Kellnerin in den Schaum gezeichnet hat, und ich lächele, weil diese Geste zwar süß ist, aber beweist, dass er oder sie mich überhaupt nicht kennt.

Wahre Liebe? Nicht wirklich mein Ding.

Sehen Sie? Ich bin eine Zynikerin.

Lorna schiebt sich ihre Chanel-Brille auf den Kopf und sieht mich entsetzt an. »Das gibt es doch gar nicht, Sabrina. Wie sind Sie da rangekommen?«

Ihr Tonfall ist scharf und aggressiv. Sie hat schnell von niedergeschmettert auf Abwehr umgeschaltet.

Ich wähle einen beruhigenden Tonfall, um ihrem Zorn entgegenzuwirken. »Ich bin nicht auf einen Baum vor Ihrem Stadthaus in der Park Avenue geklettert, falls Sie das wissen wollten.«

»Aber Sie haben jemand dafür angeheuert? Sie – Sie haben irgendeinen schäbigen Privatdetektiv bezahlt, um meine Ehe zu ruinieren?«

Ich nippe an dem Cappuccino, und das Schaumherz löst sich zu einem verschwommenen Klecks auf, während ich dem Drang widerstehe, darauf hinzuweisen, dass sie ihre Ehe ruiniert hat.

»Ich verstehe, dass das frustrierend ist«, sage ich bewusst ruhig.

Lorna schnaubt. »Wie um alles in der Welt können Sie das verstehen? Waren Sie jemals verheiratet?«

Jetzt ist es an mir zu schnauben, obwohl ich es nur im Kopf tue, nicht laut. Eine Ehe war nie Teil meines Lebensplans, und Beziehungen wie die von Lorna sind einer der Gründe dafür.

»Ich kann Sie verklagen«, zischt Lorna mich an, als ich nicht antworte.

Ich zucke nicht einmal mit der Wimper. Es ist eine weitverbreitete Drohung und eine, die keinerlei Gewicht hat. »Das würde ich Ihnen nicht empfehlen. Wir haben einen Vertrag unterzeichnet, der deutlich festhält …«

»Dass Sie für mich arbeiten!«

Ich ignoriere ihren Ausbruch und spreche weiter. »Dass Sie, um sich meine Dienste zu sichern, absolut aufrichtig sein müssen.« Ich hole eine Kopie besagten Vertrages aus meiner Tasche und lege sie ihr auf den Tisch. »Auf Seite zwei stimmen Sie unter Punkt 3a) zu, meine Fragen ehrlich zu beantworten. Mit Ihrer Signatur. In Paragraf 3b), den Sie ebenfalls mit Ihren Initialen versehen haben, stimmen Sie zu, auf Ihre Anzahlung zu verzichten, sollten Sie mich irgendwann im Verlauf unserer Geschäftsbeziehung belügen.«

»Ich habe nie …«

Ich hebe eine Hand, um sie zu bremsen, dann hole ich einen kleinen Rekorder aus meiner Tasche und lege ihn auf den Tisch. »Das ist von unserem Treffen in Bemelmans Bar. Das, bei dem Sie mir ausdrücklich gesagt haben, dass Sie Ihrem Mann treu waren.«

Sie funkelt mich an, aber ich werde den Teufel tun, klein beizugeben.

»Lorna, ich habe die Fotos nicht gemacht. Sie haben mich engagiert, damit ich Nachforschungen über Ihren Mann anstelle, und genau das habe ich getan. Aber Ihr Mann hat entweder Bescheid gewusst oder Ihren Plan durchschaut, denn sobald ich sein Büro betreten habe, hat er mir den Umschlag mit genau diesen Fotos überreicht. Aufgenommen zwei Tage, bevor Sie mich in Bezug auf Ihre eheliche Treue belogen haben.«

Sie befingert ihre Kette. »Sie haben mit ihm gesprochen?«

»Ja. Ich ziehe es vor, direkt mit den Menschen zu sprechen. Ihnen in die Augen zu sehen und ihre physische Reaktion auf meine Fragen abzuschätzen. In diesem Fall war er mir einen Schritt voraus. Er wusste nicht nur, dass Sie eine Affäre hatten, er hatte auch Beweise dafür.«

Sie schluckt nervös. »Also, wie geht es jetzt weiter?«

»Ich lege Ihnen dringend nahe, sich mit Ihrem Mann zusammenzusetzen und ein Gespräch zu führen. Wenn nicht miteinander, dann zumindest über Ihre jeweiligen Anwälte. Das fällt jetzt nicht mehr in mein Gebiet.«

»Aber ich habe Sie engagiert, um sicherzustellen, dass ich bei der Scheidung nicht alles verliere!«

»Nein, Sie haben mich engagiert, um die Natur des Ehebruchs Ihres Mannes zu ermitteln. Sie haben versäumt, Ihren eigenen Ehebruch zu erwähnen, was ein Verstoß gegen unseren Vertrag ist.«

»Na schön«, blafft sie, rafft den Vertrag wieder zusammen und schiebt ihn angewidert über den Tisch in meine Richtung. Sie greift hinter sich, um ihre Gucci-Handtasche von der Rückenlehne ihres Stuhls zu nehmen, und legt sie sich auf den Schoß. »Ich wünschte, ich könnte sagen, ich sei froh, Sie los zu sein, aber ich werde Sie wahrscheinlich wiedersehen, nicht wahr?«

Ich greife nach dem Rekorder und stecke ihn wieder in meine Tasche. »Es passiert tatsächlich öfter, dass ich bei gesellschaftlichen Anlässen meinen früheren Klienten über den Weg laufe, ja.«

Sie lacht. »Wissen Sie, ich habe bis jetzt nie wirklich darüber nachgedacht, aber Sie müssen die mächtigste Frau in Manhattan sein. Zu wie vielen New Yorker Geheimnissen haben Sie Zugang?«

Ich zucke die Achseln und gebe ihr eine ehrliche Antwort. »Zu jeder Menge.«

Ihr Lächeln ist gepresst und unfreundlich. »Ja. Nun. Solange es Geheimnisse bleiben.«

Ich klopfe auf die Papiere, die immer noch auf dem Tisch liegen. »Auch ich habe den Vertrag unterschrieben. Und ich halte meine Seite der Vereinbarungen immer ein.«

Sie steht auf und sammelt den Stapel Fotos zusammen. »Die hier werde ich behalten.«

Ich wedele mit einer Hand. Unbedingt. Sie und ich wissen beide, dass es Duplikate gibt. Mehrere Ausdrucke und digitale Dateien.

Lorna geht wortlos davon, eine schmale Gestalt mit wiegenden Hüften, die die Spring Street entlangschlendert. Sie hat mich mit der Rechnung sitzen lassen, aber bei dem, was ich an Honorar verlange, kann ich ihren Mimosa locker bezahlen.

Ich weiß, Sie denken, ich sei jemand, der von den Problemen anderer Leute lebt.

Irgendwie schon.

Aber ich biete ihnen Lösungen an. Das hat seinen Preis, ja, doch ich betreibe keinen Wucher. Ich bin aufrichtig und lege von Anfang an offen, wie ich vorgehe und was jemand von mir erwarten kann.

Es gibt keine bösen Überraschungen, zumindest nicht von meiner Seite.

Verstehen Sie, ich bringe Dinge in Ordnung. Was im Wesentlichen eine tolle Art und Weise ist zu sagen, dass ich mich um den chaotischen Scheiß kümmere, in den Menschen sich hineinmanövrieren. Ihre schlimmste Schmutzwäsche? Ich komme damit klar. Ihre dunkelsten Geheimnisse? Damit kann ich arbeiten. Aber nur, wenn sie … ehrlich sind.

Es ist mir scheißegal, dass Lorna Midler ihren Muskelprotz von Trainer gevögelt hat. Gott weiß, dass ihr Ehemann kein Heiliger ist.

Aber es ist mir nicht egal, dass sie es mir nicht gesagt hat.

In meiner Branche habe ich mit allen möglichen moralisch verkommenen Menschen zu tun. Betrügern. Ehebrechern. Selbst Menschen, die mit einem Fuß im Gefängnis stehen. Das ist alles Teil des Jobs, und es ist ein Job, den ich mag.

Aber ich weigere mich, mit Lügnern zusammenzuarbeiten.

Im Geiste setze ich Lorna auf meine schwarze Liste – nicht dass ich sie schneiden werde, wenn wir einander in Gesellschaft zufällig über den Weg laufen. Aber wir werden in Zukunft nicht mehr zusammenarbeiten.

»Ms Cross, noch einen Cappuccino?« Ich schaue auf und lächele Javier an, einen der regulären Kellner.

»Ich habe mein Koffeinlevel für heute erreicht. Wir wäre es mit einem Ihrer Kräutertees? Überraschen Sie mich mit dem Aroma. Oh, und die Zeitung bitte.«

Er nickt, und ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und atme die frische Luft mit ihrem Anflug von Herbst ein, während ich die wenigen Fußgänger in SoHo betrachte. Das Viertel rühmt sich einiger der besten Einkaufsgelegenheiten der Stadt, aber dafür ist es noch zu früh am Tag. Daher sind die Straßen ruhig, der Frieden durchbrochen nur von New Yorks allgegenwärtigen Taxi-Rufen.

»Bitte schön, Ms Cross«, sagt Javier, der mit einer Kanne heißem Tee und einer geblümten Porzellanteetasse an meinen Tisch kommt. »Keine Sahne und keinen Zucker, richtig?«

»Gutes Gedächtnis«, lobe ich ihn, während er dampfenden Tee in die Tasse gießt.

Er stellt die Kanne auf den Tisch, neben meine Zeitung und ein Croissant, das er mir mit einem Augenzwinkern überreicht. »Das geht aufs Haus.«

Ich mache mir nicht die Mühe, ihm zu sagen, dass aufs Haus nicht bedeutet, dass die Kalorien des buttrigen Gebäcks nicht auf meinen Hüften landen werden und dass kostenfreie Speisen selten gleichbedeutend mit fettfreien sind.

Trotzdem knabbere ich an der Ecke des Gebäcks, nachdem er gegangen ist, denn das Croissant schlägt den fettarmen griechischen Joghurt, den ich vorhin gegessen habe, um Längen. Ich war fest entschlossen, mir beizubringen, das Zeug zu mögen, aber bisher habe ich kein Glück damit. Es mag gesund sein, aber es ist auch sauer und kann einem knusprigen Croissant nicht das Wasser reichen.

Ich wische mir meine fettigen Finger an meiner Serviette ab und greife nach dem Wall Street Journal. Ich lasse mir jeden Morgen das WSJ und ein halbes Dutzend anderer Zeitungen nach Hause liefern und lese sie von vorn bis hinten. Auf dem Laufenden zu sein, ist extrem wichtig, wenn ich meinen Job gut machen will. Aber mein Treffen mit Lorna war sehr früh am Tag, und ich hatte vorher keine Zeit, meine gewohnte Lektüre zu beenden.

Ich nippe an meinem Tee, während ich die erste Seite überfliege. Ein moderates Erdbeben in der Bay Area, keine Verletzten, soweit bekannt, Gott sei Dank. Politiker bei einem internationalen Friedensgipfel. Ein Hardwaregigant mit einer weiteren rekordverdächtigen Quartalsbilanz.

Ich blättere die Seite um.

Und lasse fast meine Teetasse fallen.

»Oh mein Gott.« Ich beuge mich über die Zeitung und überzeuge mich davon, dass er es wirklich ist, aber … natürlich ist er es.

Auch ohne seinen Namen in der Bildunterschrift ist es klar. Wer sonst würde im Wall Street Journal abgebildet sein, eine halb nackte Frau rittlings auf dem Schoß, die mit dem Rücken zur Kamera sitzt?

Wer sonst würde die Hand auf ihrer Taille haben, sein Grinsen so frech wie eh und je?

Wer sonst, außer Matt Cannon, würde mir den Appetit auf ein absolut hervorragendes Croissant verderben?

Denn das ist es, was Matt Cannon macht. Er stellt mein ansonsten wohlkontrolliertes Leben auf den Kopf, und das bei jeder verdammten Gelegenheit.

3

Matt

Dienstagmorgen, 19. September

»Also, was wirst du tun?«, fragt Kennedy, den Blick auf mich gerichtet, wie ich mich auf der Fitnessbank stähle.

»Ich will verdammt sein, wenn ich das weiß«, stoße ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor, während ich mich durch die Wiederholungen der Übung kämpfe. »Kennst du irgendwelche Dienstleister, die feste Freundinnen vermieten?«

»Keinen, der nicht ein in den höchsten Tönen angepriesener Escortservice wäre, der dir noch mehr Scherereien eintragen würde.«

»Noch mehr Scherereien sind kaum möglich«, entgegne ich, beende meinen letzten Durchgang, und Kennedy lässt das Gewicht zurück an seinen Ruheplatz gleiten.

Ich richte mich auf, und Ian, mein anderer bester Freund, wirft mir ein Handtuch zu, das ich mit einer Hand auffange.

Ian setzt sich auf die Bank mir gegenüber, die Hände lose zwischen den Knien gefaltet. »Ich habe dir gestern eine verdammte Million Textnachrichten geschickt. Du hast nicht geantwortet.«

Ich wische mir mit dem Handtuch übers Gesicht. »Tut mir leid. Die Sams dachten, dass alle sich melden würden und dass ich lieber von zu Hause aus arbeiten sollte.«

»Es haben sich alle gemeldet«, sagt Kennedy. »Das erklärt trotzdem nicht, warum du uns ignoriert hast.«

»Nicht mit Absicht«, brumme ich. »Ich habe den ganzen Tag lang am Telefon Schadensbegrenzung mit Klienten betrieben, und dann habe ich das Telefon gestern Abend ausgeschaltet, um … ich weiß nicht. Nachzudenken.«

Ich erzähle ihnen nicht, dass diese Gespräche erheblich härter waren, als ich erwartet hatte. Meine Bosse haben nicht übertrieben. Diese Sache ist übel. Wirklich übel.

Die Männer nicken, ohne mich weiter zu piesacken, und ich bin dankbar für ihr Verständnis. Oder zumindest für die Schonfrist, nicht darüber reden zu müssen.

Wir sind alle Mitglied im selben Fitnessstudio, aber es kommt selten vor, dass wir gleichzeitig hier sind. Die Jungs haben sehr geschickt auf unschuldig gemacht, aber ich spüre, dass sie meinetwegen zusammen aufgetaucht sind – für mich.

Wir drei haben alle gleichzeitig bei Wolfe Investments angefangen, vor sechs Jahren. Ich als ein Anfang zwanzigjähriges freches Balg mit einem Händchen für Zahlen, die beiden einige Jahre älter, nicht ganz so wunderkindmäßig, aber nicht weniger arrogant.

Bei dem Verdrängungswettbewerb an der Wall Street ist es ein Wunder, dass wir drei uns auf dem Weg an die Spitze nicht gegenseitig umgebracht haben. Stattdessen sind wir zusammen bis ganz nach oben aufgestiegen, zwar als Konkurrenten, sicher, aber auf eine Weise, die jeden von uns dazu angetrieben hat, besser zu sein. Nein, der Beste. Denn verdammt, wir sind die Besten.

Ich schätze, die Arroganz ist mit dem Älterwerden nicht vergangen.

Kennedy stützt sich auf das Gewicht, eine Wasserflasche locker in den Händen, und wirkt so unerschütterlich wie immer. Er ist der Ernste, Altmodische unserer Gruppe, der Typ Mann, den man niemals zu einer Partie Scrabble oder Schach auffordern sollte und dessen erstes Wort wahrscheinlich Mahagoni oder irgend so ein Scheiß war.

Ian ist charmant und selbstbewusst, und er ist der entschlossenste und halsstarrigste Hurensohn, den ich kenne. Er hatte eine beschissene Jugend, aber er hat all den Mist seiner Kindheit zusammengerafft und ihn als Brennstoff benutzt, um Yale zu absolvieren und sich bei den Wall-Street-Assen Respekt zu verschaffen.

Und ich? Nun, ich habe die Leier vom Wunderknaben bereits erwähnt. Mein Gehirn ist wie eine Art menschlicher Taschenrechner, aber meine Eltern haben ihre Sache recht gut gemacht und verhindert, dass ich zum Nerd werde. Ich war besonders herausragend in Mathe und Football und, nun ja, wie soll ich das ausdrücken …

Mein Leben war immer verdammt gut. Mühelos.

Bis …

Jetzt, anscheinend.

»Ist es echt so schlimm?«, fragt Ian.

Ich reibe mir mit dem Handtuch noch einmal über mein feuchtes Gesicht. »Schlimmer als schlimm. Seit ich mich gestern Morgen mit den Sams getroffen habe, haben ein halbes Dutzend weiterer Kunden angerufen, um ›ihren Sorgen Ausdruck zu verleihen‹.« Um die letzten Worte zeichne ich Luftgänsefüßchen.

»Oh, ich bitte dich. Wer hat nicht mal bei einer Junggesellenparty etwas Verrücktes getan?« Ian lacht spöttisch. Kennedy nickt mitfühlend.

Ich stütze die Ellbogen auf die Knie und lasse das Kinn für eine Sekunde auf die Brust sinken. Sosehr ich die Loyalität meiner Freunde zu schätzen weiß, sie trägt im Moment nicht dazu bei, mein Problem zu lösen.

Ich weiß, dass das, was ich in meiner Freizeit tue, sich nicht auf meine Arbeit auswirkt. Ich weiß, dass ich einer der besten verdammten Broker bei Wolfe bin. Ich weiß, dass das Geld meiner Klienten sicher ist, dass ich meinen Job im Schlaf beherrsche und ihn gut mache. Aber es stellt sich heraus, dass die Sams recht haben. Wahrnehmung ist alles, und im Moment habe ich ein ernsthaftes Imageproblem.

»Was ist mit Lara?«, fragt Kennedy Ian. »Hat sie irgendwelche Freundinnen, die die Rolle der Mrs Cannon spielen wollen?«

Oh, verdammt, nein.

Ich hebe eine Hand. »Immer mit der Ruhe. Die Bosse haben gesagt, ich brauchte eine feste Freundin, keine Ehefrau.«

»Ja, aber damit das funktioniert, müssen die Leute glauben, es bestünde eine Chance, dass du diese Frau heiratest. Es geht darum, dass du sesshaft wirst.«

»Ich brauche nicht sesshaft zu werden«, sage ich und fahre mir erregt mit beiden Händen durchs Haar. »Was ich brauche, ist etwas anderes: Es müssen endlich alle den Kopf aus dem Arsch ziehen und aufhören, diese Sache unverhältnismäßig aufzublasen.«

»Hör mal.« Ian seufzt. »Wenn irgendjemand weiß, wie es ist, wenn das eigene Leben über Nacht auf den Kopf gestellt wird, dann bin ich das. Ich verstehe noch besser, wie es ist, wenn einem Anklagen entgegengeschleudert werden, die unbegründet sind. Du willst kämpfen, das kapiere ich. Aber du musst dich auch fragen, was du mehr willst: Willst du auf deinen Prinzipien beharren, oder willst du deinen Job behalten?«

Ich schaue wieder auf. »Willst du damit sagen, ich soll nachgeben? Mitspielen?«

»Ich will sagen, dass es schlimmere Dinge gibt, als einige Wochen lang so zu tun, als hättest du eine feste Freundin, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Niemand bittet dich, den Mittelgang einer Kirche entlangzuschreiten oder Diamanten kaufen zu gehen. Lass die Leute einfach denken, du würdest vielleicht in Erwägung ziehen, es zu tun … eines Tages.«

Ich stoße ein Grunzen aus, denn ich bin nicht in der Stimmung, all die Gründe zu beleuchten, warum ich nicht die leiseste Absicht habe, den Mittelgang einer Kirche entlangzuschreiten oder Diamanten kaufen zu gehen – jemals.

»Ian hat recht. Es könnte alles schlimmer sein. Du könntest zum Beispiel die Börsenaufsicht am Hals haben wegen Insidergeschäften«, bemerkt Kennedy mit einem Unschuldsblick auf Ian.

Ian funkelt ihn an. »Angebliche Insidergeschäfte. Und man hat mich von jeglichem Verdacht reingewaschen.«

Kennedy hebt die Hände zum Zeichen seiner Kapitulation. »Ich weiß. Ich habe nur versucht dir beizupflichten, dass Matts Situation schlimmer sein könnte.«

Sie haben recht. Ich fühle mich wie ein Arschloch, dass ich mich über meine Situation beklage, obwohl sie nichts im Vergleich zu dem ist, was Ian durchgemacht hat.

Sein Worst-Case-Szenario war Gefängnis gewesen; meins ist … was? Ein paar Wochen zahm zu Hause sitzen? So tun, als sei ich ein hingebungsvoller Partner? Das ist ein kleiner Preis, um mir das Leben zu erhalten, das ich mir erarbeitet habe – das Leben, das ich liebe.

»Okay, schön«, sage ich, hänge mir das Handtuch um den Hals und sehe Ian an. »Kennedy hat recht. Lara ist meine beste Chance, eine Frau zu finden, die die Rolle spielen kann.«

Ian blinzelt mit seinen blauen Augen. »Wie zum Teufel kommst du auf diese Idee?«

»Weil sie die einzige nette junge Frau ist, die wir kennen.«

»Kate ist nett«, wirft Ian ein.

»Ich glaube nicht, dass ein Mann, der seine Assistentin vögelt, das ist, was die Bosse im Sinn hatten, als sie diesen Plan vorgeschlagen haben«, stellt Kennedy fest. »Laras gesellschaftliche Gruppe ist besser geeignet.«

»Bin ich der Einzige, der sich daran erinnert, dass meine Verlobte beim FBI arbeitet?«, fragt Ian ungläubig. »Lügen ist nicht unbedingt deren Ding.«

»Und ob es das ist. Agenten arbeiten oft undercover«, argumentiere ich.

»Sie arbeiten undercover, um Verbrechen zu klären und Schurken zu fangen«, sagt Ian. »Nicht um den Ruf von Partyjungs zu retten. Nichts für ungut.«

»Kein Problem«, entgegne ich, denn ich weiß, dass er recht hat. »Was ist mit dieser Gabby, Laras bester Freundin?«

»Ist nach Paris zu ihrem Freund gezogen. Eine erlogene feste Freundin in einer Fernbeziehung wird dir nichts nutzen. Wie wäre es mit ihrer Freundin Megan, der süßen Rothaarigen aus ihrem Yogakurs? Du hast sie letzten Monat bei unserer Dinnerparty kennengelernt.«

Ich schüttele sofort den Kopf. Nicht dass Megan nicht süß und witzig war und so, aber sie hat deutliche Signale gesendet, dass sie auf mehr als eine Affäre aus ist. Sie gehört zu den Frauen, die einen festen Freund suchen, der sich in einen Ehemann verwandelt und dann in einen Dad. Nichts davon ist mein Ding, was auch der Grund ist, warum ich ihr den ganzen Abend lang höflich aus dem Weg gegangen bin.

»Zu riskant«, sage ich.

Kennedy zieht die Brauen hoch. »Riskant? Diese Frau ist einen Meter fünfzig groß, allerhöchstens, und so sympathisch, wie man es sich nur wünschen kann.«

»Genau«, antworte ich, stehe auf, umfasse das Handtuch um meinen Hals mit beiden Händen und zerre höchst frustriert wegen dieser ganzen Situation daran. »Genau das ist mein Problem. Ihr zwei wisst genauso gut wie ich, wie es ist, mit unter dreißig ein lediger Millionär zu sein … fünfunddreißig«, füge ich mit einem Blick auf einen zornig dreinschauenden Kennedy hinzu, als mir wieder einfällt, dass er mir einige Jahre voraushat. »Auf die Gefahr hin, wie ein eingebildetes Arschloch zu klingen …«

»Du kennst keine Frauen, die so tun können, als wären sie deine Freundin, ohne die Rolle tatsächlich haben zu wollen?«, fragt Ian.

»Nicht wirklich, nein. Und obwohl mir eine Handvoll Frauen einfällt, die bei dem Spiel mitmachen würden, würde ich keiner von ihnen genug vertrauen, um mir sicher zu sein, dass sie sich bei einer geschäftlichen Einladung benehmen können. Sie würden wahrscheinlich beim Abendessen diverse Spirituosen bestellen und am Ende mehr schaden als nutzen.«

»Also keine auf Heirat fixierten Frauen, aber auch keine Partygirls«, fasst Kennedy zusammen.

»Richtig. Ich brauche eine, die von Anfang an den Einsatz kennt und die sich keine komischen Geschichten zusammenreimt, wenn ich vor Klienten den hingebungsvollen Freund mime.«

»Hast du gerade das Wort hingebungsvoll benutzt?«, fragt Ian.

Ich deute mit dem Finger auf Kennedy. »Sein dämliches Vokabular färbt auf mich ab. Aber ihr zwei versteht, was ich meine, oder?«

»Ja, da liegst du nicht ganz falsch«, bestätigt Kennedy, während wir drei zu den Reckstangen hinübergehen, die gerade frei geworden sind. »Es ist auch nicht gerade ideal, dass das Licht am Ende des Tunnels die Wolfe Gala ist. Du wirst verdammt viele Leute davon überzeugen müssen, dass du verliebt bist, zwischen Champagner und absurd teuren Roben.«

»Was haben Kleider damit zu tun?«, frage ich.

»Der Aschenputtel-Komplex«, wirft Ian ein, während er seine Reckstange einstellt.

Ich starre zuerst ihn an, dann Kennedy. »Der was?«

»Du weißt schon.« Kennedy wedelt ungeduldig mit einer Hand. »Die ganzen Prinzessinnenträume. Ein Ball, schicke Kleider, Kronleuchter. Tanzen.«

»Was zum Teufel seht ihr euch in eurer Freizeit im Fernsehen an? Wie wär’s mit mehr Sportsendungen und weniger Disneyschnulzen?«

Ian zuckt die Achseln und tritt an sein Reck. »Na schön. Nur zu, dann riskier es eben.«

Ich verziehe das Gesicht, denn die Szene, die sie gerade beschrieben haben, ist genau das, was ich zu vermeiden versuche.

»Es sei denn …«, sagt Kennedy.

Ich sehe ihn an. »Es sei denn klingt gut. Bin dabei. Was hast du zu bieten?«

»Es wird dir nicht gefallen.«

»Mir wird alles besser gefallen als dein Schneewittchen-Szenario.«

»Aschenputtel«, korrigiert Ian mich.

»Was auch immer. Kennedy, sprich mit mir.«

Statt zu antworten, sieht Kennedy Ian an, und ich kenne diese beiden Männer gut genug, um zu wissen – welchen Brocken auch immer sie mir jetzt vorwerfen –, dass das von Anfang an ihr Plan war.

»Scheiße. Was denn nun?«, sage ich ungeduldig.

»Du brauchst jemanden, der mitspielt und bei dem null Risiko von emotionalen Verstrickungen besteht«, antwortet Ian langsam.

Ich lasse den Zeigefinger kreisen, um ihm auf die Sprünge zu helfen. »Ja, das haben wir geklärt. Kennst du jemanden?«

»Wir kennen sie alle«, entgegnet Ian und hält meinen Blick fest.

Die Antwort trifft mich wie ein Tritt in die Eier. Sabrina Cross.

Sabrina, Ians Sandkastenfreundin, ist eine nervige Konstante in unserem gesellschaftlichen Kreis.

Meine Freunde haben recht. Sie ist die letzte Frau auf Erden, bei der die Gefahr besteht, dass sie sich in mich verliebt. Denn Sabrina Cross hasst mich wie die Pest.

4

Sabrina

Dienstagabend, 19. September

Ruhige Abende zu Hause sind in meiner Branche eine Seltenheit. In den meisten Fällen stecke ich in zehn Zentimeter hohen Schuhen und einem kleinen Schwarzen bei schicken Wohltätigkeitsveranstaltungen, Cocktailpartys oder teuren Dinners.

Mit anderen Worten, Abende auswärts sind Teil des Jobs. Die Leute denken, sie zahlen mir Unsummen, damit ich ihre Probleme löse, und im Prinzip stimmt das, aber in Wirklichkeit zahlen sie für meine Beziehungen und dafür, wie gut ich die Leute kenne.

Irgendeine beliebige Richterin: Ich kenne ihren französischen Lieblingswein. Oder ein Rechtsanwalt: Ich kenne seine Telefonnummer und den Geburtstag seiner Nichte. Oder eine beliebige Prominente: Ich kann Ihnen eine Liste mit allen Personen geben, mit denen sie je ausgegangen ist. Oder ein Hedgefonds-Manager: Ich kann Ihnen den Namen seiner Frau und den seiner Geliebten nennen.

Ich habe kein kleines schwarzes Büchlein. Sondern eine ganze Enzyklopädie, und sie ist das Gegenteil von klein.

Also ist ein Abend für mich allein eine Seltenheit, und wenn sich einer ergibt, genieße ich ihn in vollen Zügen. Yogahosen, Kuschelsocken, übergroßes Sweatshirt, unordentlicher Haarknoten, Nora Jones aus den Lautsprechern, das ganze Programm. Normalerweise schenke ich mir ein schönes großes Glas Rotwein ein und sehe mir einen Film an, und obwohl der Film immer noch auf dem Plan steht, ist mir heute Abend nicht nach Rotwein. Vielleicht eher nach einem Cocktail.

Ich füttere Juno, meine Hündin, und suche mir gerade die Zutaten für einen eiskalten Martini zusammen, als jemand an meine Wohnungstür klopft und Juno wie wild zu bellen beginnt.

Ich ziehe wegen der Störung die Nase kraus. Nicht nur weil ich niemanden erwarte und das Unerwartete hasse, sondern weil ich in einem Hochhaus auf der Upper East Side wohne, wo die Concierges wie Rausschmeißer aussehen. Niemand kommt hier herauf, ohne auf der Liste von vornherein gebilligter Besucher eines Bewohners zu stehen. Ich kann die Zahl von Leuten auf meiner Liste an einer Hand abzählen, und keinen davon erwarte ich heute Abend.

Ich gehe zur Tür, schaue durch das Guckloch und nehme an, dass es jemand sein wird, der versehentlich an die falsche Tür geklopft hat.

Ich stöhne, denn es ist viel schlimmer als ein Versehen.

Ich schürze die Lippen und erwäge meine Optionen. Ich könnte so tun, als sei ich nicht da. Aber wie schon gesagt, ich weiß viel über Menschen.

Und diesen Kerl kenne ich besser als die meisten. Er ist gnadenlos. Und er wird einen längeren Atem haben als ich.

Also füge ich mich ins Unvermeidliche und öffne die Tür, ohne mir die Mühe zu machen, Juno daran zu hindern, ihr beträchtliches Gewicht auf Matt Cannon zu werfen.