Man of the Year - Scandal Love - Lauren Layne - E-Book

Man of the Year - Scandal Love E-Book

Lauren Layne

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Beschreibung

Sein Ziel: der Gouverneursposten. Der Schlüssel: die Tochter seines Konkurrenten. Doch dann verliebt er sich in sie ...

Nach zwei Amtszeiten kann Robert Davenport nicht mehr als Bürgermeister von New York kandidieren. Der nächste Schritt für den jungen Politiker: das Amt des Gouverneurs. Sein Gegner: der aalglatte Amtsinhaber mit dem angeblich tadellosen Ruf. Dessen einzige Schwäche: seine skandalumwitterte Tochter, die für Robert der Schlüssel zum Sieg sein könnte - oder sein Untergang. Denn nach nur einem Blick auf Adeline Blake ist für Robert klar: Er will sie. Aber damit setzt er seine gesamte politische Karriere aufs Spiel!

"Originell, sexy, herzerwärmend und höchst unterhaltsam!" USA Today

Der neue Roman von Bestseller-Autorin Lauren Layne

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

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Epilog

Nachwort der Autorin

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Lauren Layne bei LYX

Leseprobe

Impressum

LAUREN LAYNE

Man of the Year

SCANDAL LOVE

Roman

Ins Deutsche übertragen von Michaela Link

Zu diesem Buch

Nach zwei Amtszeiten kann Robert Davenport nicht mehr als Bürgermeister von New York kandidieren. Der nächste Schritt für den jungen Politiker: das Amt des Gouverneurs. Sein Gegner: der aalglatte Amtsinhaber mit dem angeblich tadellosen Ruf. Dessen einzige Schwäche: seine skandalumwitterte Tochter, die für Robert der Schlüssel zum Sieg sein könnte – oder sein Untergang. Denn nach nur einem Blick auf Adeline Blake ist für Robert klar: Er will sie. Aber damit setzt er seine gesamte politische Karriere aufs Spiel!

1

Montag, 28. September

»Und, wie fühlst du dich, jetzt da du im selben Atemzug mit Brad Pitt, George Clooney und Hugh Jackman genannt wirst?«

Robert Davenport machte sich nicht die Mühe, von dem Polizeibericht auf seinem Schreibtisch aufzuschauen, während er antwortete: »Völlig absurd. Nein, besser gesagt: geradezu schmerzhaft lächerlich.«

»Komm schon, kein bisschen geschmeichelt? Dein hollywoodmäßig gutes Aussehen findet endlich gebührende Beachtung«, sagte der andere Mann und ließ sich auf den Stuhl gegenüber von Roberts Schreibtisch fallen.

Robert stieß langsam und leicht genervt den Atem aus, legte in Ruhe den Bericht weg und schenkte schließlich seinem Wahlkampfmanager seine volle Aufmerksamkeit. »Warum sollte das schmeichelhaft sein? Im Gegensatz zu den Genannten habe ich mit Hollywood nichts zu tun. Meine Aufgabe ist es, die größte Stadt des Landes zu einem besseren, sichereren Ort zu machen, und nicht mit einer Fake-Pistole vor einem Greenscreen rumzuballern.«

»Nun, zum Glück hat dein seriöses Weltverbesserer-Image dich zur heißesten Schlagzeile gemacht, die einen momentan am Zeitungskiosk anspringt«, sagte Martin und warf eine Zeitschrift auf Roberts Schreibtisch, dann lehnte er sich samt seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinterm Kopf.

Robert griff nach der Zeitschrift und ließ sie, ohne das Cover auch nur eines Blickes zu würdigen, in den Papierkorb fallen. Die Titelseite des Citizen mit seinem Gesicht und der übertriebenen »Man-of-the-Year«-Schlagzeile war ihm seit der Veröffentlichung in der vergangenen Woche von jedem, den er kannte, unter die Nase gehalten worden.

Unbeirrt von Roberts Gleichgültigkeit beugte Martin sich wieder vor, sodass die vorderen Beine des verschnörkelten Stuhls hart auf den Teppich prallten. »Komm schon, Robbie. Das ist Gold, verdammt. Pures Gold.«

»Das ist Scheiße«, konterte Robert. »Pure Scheiße. Außerdem, hatten wir einen Termin?«

Die Frage war rein rhetorisch. Martin stand definitiv nicht in seinem Kalender, und aufgrund seiner Karriere, die ihm kaum Freizeit ließ, hasste Robert unnötige Störungen. Was sein langjähriger Wahlkampfmanager nur allzu gut wusste.

»Dein Gesicht ist in jedem Lebensmittelladen und jedem Walmart in Amerika zu sehen«, bemerkte Martin. »Wäre ich nicht vorbeigekommen, um dir zu raten, diese Situation für dich zu nutzen, hättest du meinen Arsch feuern müssen.«

Das letzte Statement wurde mit der Arroganz eines Mannes vorgebracht, der sich seines Jobs absolut sicher war, und Robert versuchte, sich nicht über die Anmaßung seines Wahlkampfmanagers zu ärgern. Martin war seit Roberts Kindertagen im Politikgeschäft – besser gesagt im Politikgeschäft der Davenports. Er hatte schon vor dessen verfrühtem Tod für Roberts Vater gearbeitet, was Martin zufolge bedeutete, dass er »praktisch zur Familie gehörte«.

»Hast du meine strategischen E-Mails bekommen, in denen steht, wie wir aus diesem Cover Kapital schlagen können?«, fragte Martin.

»Ja, hab ich. Und ich habe sie gelöscht«, sagte Robert.

Jetzt war Martins Ungeduld deutlich spürbar. »Das ist kostenlose Publicity, Robbie. Die Art von Publicity, die dich in aller Munde sein lässt. Ab jetzt bist du allen ein Begriff. Und weißt du, wohin dich das bringt? Ins Weiße Haus.«

Robert lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und widerstand dem Drang, seine Fingerknöchel knacken zu lassen. Eine Angewohnheit, die er auf dem College weitgehend abgelegt hatte und die vor allem dann wieder auftrat, wenn er frustriert oder verärgert war. Und heute war er beides.

Er wies mit dem Kopf auf die Zeitschrift im Papierkorb. »Hast du den Artikel gelesen?«

»Natürlich habe ich ihn gelesen. Ich habe das Team die besten Zitate raussuchen lassen, um Ideen zu entwickeln, wie wir sie in TV-Spots einsetzen können.« Martin hielt inne. »Hast du ihn denn gelesen?«

»Mir hat das Cover gereicht. Die Schlagzeile sagt ja so ziemlich alles«, brummte Robert.

»Das tut sie auf jeden Fall«, erwiderte Martin begeistert.

Er bückte sich, hob seinen altmodischen Aktenkoffer auf den Schreibtisch und zog daraus eine weitere Ausgabe der Zeitschrift hervor. Sosehr Robert versucht war, auch diese in den Papierkorb zu werfen, wusste er, dass es nutzlos war. Martin würde eine Ausgabe nach der anderen zücken, bis er seinen Teil gesagt hätte.

Der Wahlkampfmanager deutete auf das Cover und tippte mit dem Zeigefinger auf jedes einzelne Wort, als er die verdammte Schlagzeile laut vorlas. »Man of the Year: Robert Davenport. Mächtig. Charmant. Single?«

Robert zuckte zusammen, schwieg jedoch.

»Das Fragezeichen ist gut«, fuhr Martin fort. »Single. Fragezeichen.«

»Inwiefern soll das gut sein? Wenn sie ihre Hausaufgaben gemacht hätten, hätten sie gewusst, dass es Single, Punkt heißen muss.«

»Sei froh, dass sie es nicht getan haben.«

Robert warf Martin einen argwöhnischen Blick zu. »Will ich das überhaupt wissen?«

Martin lehnte sich zurück und verschränkte die Hände auf seinem rundlichen Bauch. Als er sich vor fast dreißig Jahren dem Wahlkampfteam von Roberts Vater angeschlossen hatte, war er ein drahtiger, ambitionierter junger Mann in den Zwanzigern gewesen, erpicht darauf, als Teil des Davenport-Vermächtnisses in die Geschichte einzugehen. Und genau das hatte er erreicht, wenn auch mit Robert junior und nicht senior, wie ursprünglich geplant. Martin war von der ersten Stunde an Roberts Wahlkampfmanager gewesen. Er war jetzt zwar nicht mehr in den Zwanzigern und hatte auch seine schlanke Gestalt eingebüßt. Doch sein Ehrgeiz war geblieben.

Nein, sein Ehrgeiz hatte sich gesteigert.

Robert hatte ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken, dass Martins Ehrgeiz inzwischen etwas geradezu Schmutziges anhaftete, aber eben diese Tatsache bereitete ihm schon seit einiger Zeit Sorgen. So zynisch und herablassend, wie Martin mitunter über die Menschen sprach, denen sie eigentlich zu dienen versuchten, wurde Robert das Gefühl nicht los, dass es seinem Wahlkampfmanager hauptsächlich ums Gewinnen ging – und nicht um die Gründe dafür. Immer häufiger hatte Robert am Ende eines Meetings mit Martin ein schlechtes Gefühl. Aber Martin war einer der wenigen Menschen, die eine Verbindung zu seinem Vater darstellten, und aus diesem Grund ertrug Robert eine ganze Menge.

»Hör mal, Robbie …«

Robert unterdrückte ein Seufzen. Dann mal los.

»Charme ist das, was dich zu New York Citys jüngstem Bürgermeister gemacht hat. Und auch das, was dich in den letzten acht Jahren geradezu widerlich populär gemacht hat. Aber jetzt können wir nicht mehr mit dem Reiz des Neuen punkten.«

»Soll das eine Aufmunterungsrede sein?«, fragte Robert.

»Das ist Kennys Job«, erwiderte Martin mit einer knappen Handbewegung, dann runzelte er die Stirn. »Wo ist dieser Junge überhaupt? Warum lungert er nicht wie sonst in der Ecke herum?«

Den siebenunddreißigjährigen Kenny Lamb als Jungen zu bezeichnen, war eine von Martins Lieblingsmethoden, um die Autorität von Roberts Stabschef zu untergraben.

»Flitterwochen«, antwortete Robert mit einer gehörigen Portion Bedauern. Kenny war ein Meister darin, Robert aus Gesprächen wie diesem herauszuholen, aber in den nächsten zwei Wochen würde er ohne seine rechte Hand klarkommen müssen, und langsam begann er die Belastung zu spüren. Kenny hätte das ganze »Man-of-the-Year«-Debakel auch nicht verhindern können, aber zumindest hätte er einen gewissen Einfluss darauf nehmen und dafür sorgen können, dass nicht zehnmal am Tag irgendwer Robert diese verdammte Zeitschrift unter die Nase hielt.

»Ach ja, richtig. Wo war ich stehen geblieben?«, fragte Martin.

»Dass die Sache mit mir ausgeschöpft ist und ich am Ende bin«, entgegnete Robert trocken.

Tatsächlich war Robert, als er mit siebenundzwanzig Jahren gewählt worden war, der jüngste Bürgermeister in der Geschichte New York Citys gewesen, und im Januar, wenn sein Nachfolger das Amt übernahm, würde er mit fünfunddreißig einer der jüngsten Ex-Bürgermeister in der Geschichte der Stadt sein.

Doch trotz Martins düsterem Bild stand Robert nach Politiker-Maßstäben noch immer ziemlich am Anfang. Trotzdem machte es das nicht leichter, sich von dem Job zu verabschieden, den er schließlich für den weltbesten hielt. Er war in dieser Stadt geboren und aufgewachsen, und es war ihm eine Ehre gewesen, ihr zwei Legislaturperioden lang als Bürgermeister zu dienen.

Er mochte den Gedanken, dass die Bürger der Stadt genauso empfanden. Mit Sicherheit wäre er auch ein drittes Mal gewählt worden, gäbe es da nicht die Begrenzung auf zwei Legislaturperioden. Aber man überlebte nicht in einer Stadt wie New York City, geschweige denn in der Politik, wenn man in der Vergangenheit schwelgte. Um Erfolg zu haben, ging es auch nicht um die Gegenwart – sondern ausschließlich um die Zukunft. Um das, was als Nächstes kam.

Und Robert wusste, dass sein Wahlkampfmanager – so nervtötend es auch sein konnte, wenn er ohne Vorwarnung hereinplatzte – diese Tatsache besser verstand als jeder andere. Tatsächlich drehte sich Martins ganzer Job darum, sich auf die Zukunft von Roberts Karriere zu konzentrieren, und er war gut in diesem Job. Robert mochte sich für einen verdammt guten Bürgermeister halten, genauso wie er davor ein herausragender Stadtrat gewesen war, aber um einen Anfang Zwanzigjährigen in Position zu bringen, hatte es jemanden mit Know-how bedurft, und man musste Martin zugutehalten, dass er genau das besaß.

»Ich habe nicht gesagt, dass du am Ende bist«, erwiderte Martin und schnippte gegen die Zeitschrift. »Ganz im Gegenteil. Weißt du, was ich sehe, wenn ich mir dieses Gesicht anschaue? Das Gesicht eines Gouverneurs. Das ist es.«

»Du eilst dir selbst voraus.«

»Und genau dafür bezahlst du mich«, stellte Martin fest. »Ich verstehe ja, dass du die Wahlkampfbemühungen eingrenzen willst, solange du noch auf dem Stuhl des Bürgermeisters sitzt, aber in wenigen Monaten wird ein anderer auf genau diesem Stuhl sitzen, und dann bleibt uns gefährlich wenig Zeit für eine Bewerbung um den Gouverneursposten.«

Robert nickte. »Dessen bin ich mir bewusst. Aber ich habe mich in dieser Sache klar ausgedrückt. Ich halte nichts von Multitasking, nicht in meinem Metier. Ich werde mich erst dann um das Amt des Gouverneurs bemühen, wenn der nächste Bürgermeister im Januar vereidigt worden ist. Keinen Tag vorher.«

Martin beugte sich vor. »Ich verlange ja nicht, dass du mit Vollgas ins Rennen um den Gouverneurstitel gehst. Einfach nur … den Motor starten. Lass das hier« – er deutete auf die Zeitschrift – »nicht im Sande verlaufen.«

Der Protest lag Robert schon auf der Zunge. Er wusste, dass der Wahlkampf zum Job gehörte – manchmal fühlte es sich sogar so an, als sei er der Job. Aber er hatte immer darauf bestanden, dass seine Priorität dem aktuellen Job galt, und nicht dem, von dem er hoffte, ihn in einem Jahr zu haben.

Und doch war er kein Idiot. So ätzend und peinlich es auch war, zum Man of the Year ernannt zu werden – ein Titel, der normalerweise den Stars der neuesten Hollywood-Blockbuster oder den Oscar-Anwärtern oder auch Spitzensportlern vorbehalten war –, wusste er doch, dass so ziemlich jeder Politiker davon träumte. Diese Art von Publicity konnte man nicht kaufen, und ihm war sie in den Schoß gefallen.

Martin hatte recht – er wäre ein Narr, diesen Bonus zu verschwenden.

Mächtig. Charmant. Single?

Gegen die beiden ersten Punkte hatte er nichts einzuwenden. In der Politik war es ein Segen, als mächtig wahrgenommen zu werden. Was den Charme betraf, so hatte er den größten Teil seines Lebens damit verbracht, ihn bewusst zu kultivieren, und er nahm an, dass er authentisch war.

Aber die Beschreibung als Single. Die machte ihn richtig sauer.

Robert warf Martin einen skeptischen Blick zu. »Erklär mir, warum mein Beziehungsstatus relevant ist.«

»Ein lediger Twen, der zum Bürgermeister gewählt wird, ist ein Junggeselle. Ein lediger Ex-Bürgermeister Mitte dreißig ist einfach bedauerlich.«

Robert stieß ein übertriebenes Grunzen aus. »Autsch.«

Martin fuhr erbarmungslos fort. »Wir haben bereits Umfragen gestartet, wie die Leute das Citizen-Cover wahrnehmen. Im Allgemeinen positiv. Du bist heiß, das ist keine Überraschung. Aber frag sie, was sie von einem ledigen Mittdreißiger als Gouverneur halten würden? Oder in Washington? Sie zögern. Und zu einer Aussage gedrängt, besteht eine überwältigende Einigkeit darüber, dass es ›ein wenig seltsam‹ wäre.«

Robert brannte darauf, die Fingerknöchel knacken zu lassen, aber stattdessen biss er sich in die Innenseite seiner Wange.

Kommentare bezüglich seines Singledaseins waren nichts Neues. Und er wusste, dass Martin recht hatte. Als er mit siebenundzwanzig gewählt worden war, hatten seine Jugend und seine Ehelosigkeit den Reiz des Neuen verströmt. Charmant.

Mit fünfunddreißig und ohne auch nur den Hauch einer festen Freundin drohte jedes Interview zu eskalieren. Öffentliche Auftritte waren sogar noch schlimmer. Er konnte sich bei keiner Wohltätigkeitsveranstaltung oder Gala blicken lassen, ohne dass ihm fast alle weiblichen Singles vor Ort unverhohlen Avancen machten, angefangen von Collegeabsolventinnen bis hin zu silberhaarigen Geschiedenen. Silberfüchsinnen, wie Kenny sie nannte.

Inzwischen war es so weit gekommen, dass er nicht einmal sagen konnte, welche von ihnen es auf den Titel First Lady abgesehen hatten und welche einfach mit einem Flirt mit ihm prahlen wollten. Er hatte sogar das Gefühl, dass ein paar der verheirateten Frauen hofften, ihn zu einem Fehltritt verleiten zu können.

Aber sollten sie ruhig alles versuchen. Robert hatte sein gesamtes Erwachsenenleben peinlich darauf geachtet, nicht die kleinste Verfehlung zu begehen, und er hatte bestimmt nicht vor, sich jetzt von irgendeiner Frau irgendeines Alters in einen Skandal verwickeln zu lassen.

Bedauerlicherweise fühlte er sich neuerdings in einer »Du-bist-verdammt,-wenn-du’s-tust,-und-verdammt,-wenn-du’s- nicht-tust«-Situation gefangen. Anscheinend gab es so etwas wie eine allzu sorgfältige Vermeidung romantischer Verwicklungen. Trotzdem weigerte er sich zu glauben, dass er in einer Welt lebte, in der man ihm einen Job, für den er qualifiziert war – in dem er gut war –, verwehren würde, nur weil er keiner Frau einen Ring an den Finger gesteckt hatte.

Robert konterte mit seinem üblichen Argument. »Jede Menge Bürgermeister, egal ob in New York oder anderswo, waren während ihrer Amtszeit unverheiratet. Verdammt, die meisten von ihnen hatten sogar schmutzige Affären.«

»Aber immerhin hatten sie Affären«, gab Martin zu bedenken. »Sieh den Tatsachen ins Auge, Mann. So prüde Wähler auch sein können, die Zeiten ändern sich. Einen glücklich Verheirateten haben sie immer noch am liebsten, aber wenn das nicht geht, ziehen sie einen Playboy dem Mönch vor.«

»Ich bin kein Mönch«, blaffte Robert, obwohl die Zahl der Nächte, die er in den letzten acht Jahren allein verbracht hatte, ihn Lügen strafte. Nicht dass er keinen Spaß mit Frauen gehabt hätte. Aber er hatte einfach noch keine kennengelernt, mit der er auch nur halb so viel Spaß gehabt hatte wie in seinem Job. Und was das Körperliche betraf, war es keine leichte Aufgabe, eine Frau zu finden, zu der er sich hingezogen fühlte und auf deren Diskretion er vertraute.

»Nein, bist du nicht«, pflichtete Martin ihm bei, »was der perfekte Übergang zu dem eigentlichen Grund meines heutigen Besuchs bei dir ist …«

Robert griff sich an die Stirn und versuchte nicht zu verzweifeln angesichts der Tatsache, dass Martin stets auch Eigeninteressen verfolgte. Er war sich im Klaren darüber, dass er jemanden wie Martin in seinem Lager brauchte. Aber wenn er ganz ehrlich war, fiel es ihm immer schwerer, diesen Mann zu mögen. Und noch schwerer, bei Martins diversen Ränken mitzumachen.

»Du hast zwei Minuten«, sagte Robert müde.

»Mehr brauche ich auch nicht«, antwortete Martin, der bereits in seinen offenen Aktenkoffer griff und zwei Tablets herausholte.

Robert runzelte die Stirn. »Du schleppst zwei iPads mit dir herum?« Der über Fünfzigjährige arbeitete meistens lieber analog.

»Caroline hat mir geraten, mit der Zeit zu gehen«, erklärte er mit Verweis auf seine Tochter, die im Collegealter war. »Okay, los geht’s. Wir pirschen uns nächstes Jahr an den Gouverneurstitel heran, und wir haben verdammt gute Chancen. Deine Umfragewerte sind gut, dein Promistatus ist dank der Zeitschrift durch die Decke gegangen, aber es gibt zwei Hindernisse. Große. Erstens …«

Er reichte Robert eins der Tablets. Das Foto auf dem Bildschirm war keine Überraschung für ihn, zeigte es doch den aktuellen Gouverneur.

Robert ließ das iPad sinken und funkelte Martin verärgert an. »Ob du es glaubst oder nicht, ich brauche dich nicht zu bezahlen, um von dir zu erfahren, dass der zweimal wiedergewählte Amtsinhaber bereits verkündet hat, er werde auch noch für eine dritte Amtszeit kandidieren. Und übrigens, George Brennans Junggesellenstatus scheint ihm nicht geschadet zu haben.«

»George Brennan ist Witwer, kein Junggeselle«, gab Martin zu bedenken. »Ein entscheidender Unterschied. Und eine weitere exzellente Überleitung.«

»Zu was?«

Martin schenkte ihm ein breites selbstgefälliges Lächeln, als er das iPad zurücknahm. »Zu den Gerüchten.«

Robert brauchte nicht zu fragen, von welchen Gerüchten er sprach. In einem politischen Melodrama hätte George Brennan so was wie die Heldenrolle gespielt. Gut aussehend für fast sechzig. Sympathisch, wortgewandt, distinguiert.

Offiziell hatte der Mann sich keinen einzigen Fehltritt geleistet. Inoffiziell kursierten seit Jahren Gerüchte, und die drehten sich um alles, angefangen von Partydrogen über bezahlten Escortservice bis hin zu abscheulichen Wutausbrüchen. Aber sobald Wahlen anstanden, verstummten diese Gerüchte und der Mann selbst blieb unantastbar.

Nun, fast unantastbar. Martin reichte Robert erneut das iPad, diesmal mit einem anderen, aber gleichermaßen bekannten Gesicht – zumindest war es jedem in der New Yorker Politik bekannt.

Es gehörte einer jungen Frau um die zwanzig. Sie hielt einen Partybecher in der Hand, hatte langes blondes Haar, das ihr über den Rücken fiel, und lachte. Auf den ersten Blick schien sie ein zauberhaftes junges Ding zu sein, das sich blendend amüsierte. Auf den zweiten Blick registrierte er die Art, wie sie direkt in die Kamera schaute, mit einem Hauch von Trotz in den blauen Augen.

George Brennan mochte nicht viele Fehltritte begangen haben, zumindest nicht in der Öffentlichkeit, seine Tochter dafür umso mehr. In dem uralten Drama über rebellische Kinder hatte Addie Brennan sich bei der letzten Wahl als Achillesferse des Gouverneurs erwiesen – wild und unberechenbar. Es hatte Unmengen von Anzeigen wegen Drogenkonsums sowie etliche Oben-ohne-Fotos gegeben, außerdem gab sie sich mit Leuten ab, die ganzanders waren als diejenigen, mit denen ihr Vater Umgang hatte.

Trotzdem, das war Schnee von gestern. Brennan hatte sich von seiner Tochter distanziert und die Wahl gewonnen, und Robert hatte schon seit Jahren nicht einmal mehr ihren Namen gehört.

»Das ist dein Plan?«, fragte er skeptisch. »Du willst fünf Jahre alte Gerüchte über die Tochter dieses Mannes aufwärmen?«

Martin reichte Robert lediglich das zweite iPad.

Er nahm es und betrachtete für einen Moment das Foto auf dem Display. Dann sah er seinen Wahlkampfmanager wieder an, verwirrter denn je. »Ich kann dir nicht folgen.«

»Schau noch mal hin.«

Ungeduldig musterte Robert die Frau auf dem zweiten iPad: eine Brünette mit Brille und Bibliothekarinnendutt im Nacken, die mit ihrem Laptop am Tisch eines Cafés saß. Robert erkannte sie nicht und hatte keinen Schimmer, was sie mit George Brennan zu tun hatte. Oder mit Addie Brennan, dachte er und schaute wieder auf das blonde Mädchen.

Es sei denn …

Sein Blick huschte zwischen den beiden iPads hin und her. Ihm fiel nur ein Grund ein, warum Martin ihm Fotos von zwei völlig verschiedenen Frauen zeigte.

Weil sie nicht verschieden waren.

»Heilige Scheiße«, murmelte Robert blinzelnd und entdeckte tatsächlich Ähnlichkeiten in der Gesichtsform, auch wenn er danach suchen musste. Die Brünette war gewiss attraktiv, aber nicht auf die auffällige Sieh-mich-an!-Art wie ihr jüngeres blondes Ich.

»Jep«, sagte Martin selbstgefällig. »Sie nennt sich jetzt Adeline Blake. Hat den Namen Brennan abgelegt und ihren zweiten Vornamen zu ihrem Nachnamen gemacht.«

»Wo zur Hölle ist sie gewesen? Hat sie sich die ganze Zeit über versteckt?«

Martin schüttelte den Kopf. »Soviel ich weiß, hat Adeline Blake bis vor einem Jahr gar nicht existiert. Wo Addie Brennan sich in der Zeit davor versteckt hat, weiß ich nicht. Noch nicht.«

Robert gab beide Tablets zurück. »Diese Clark-Kent-Verwandlung ist zwar interessant, aber ich verstehe nicht, was das mit Brennan zu tun hat. Er hat seine Tochter seit Jahren nicht mehr erwähnt, und wie es aussieht, will sie einen kompletten Neuanfang. Ich werde bestimmt nicht ihre alten Skandale ausgraben.«

»Nicht ihre Skandale, nein«, sagte Martin. »Selbst wenn wir das wollten, wäre das nur kalter Kaffee. Alle außer den billigsten Klatschblättern würden uns sofort durchschauen.«

»Was ist dann dein Plan?«, fragte Robert argwöhnisch. Er wusste instinktiv, dass Martin bereits einen ausgeheckt hatte.

»Du und ich, wir wissen beide, dass Brennan nicht halb so sauber ist, wie er aussieht, aber er hat einen 1A-Säuberungstrupp. Kein Sterbenswörtchen über die Nutten oder das Heroin in den Mainstream-Medien. Irgendwie hat der Mann es geschafft, sich die Loyalität aller um ihn herum zu bewahren, entweder durch Bestechung, Erpressung oder einfach dank guter alter Arschkriecherei.«

»Womit er nicht der erste Politiker wäre.«

Martin zog die Brauen hoch. »Der Pfadfinder klingt fast zynisch.«

Robert kniff warnend die Augen zusammen. Er tolerierte es, dass Martin ihn Robbie nannte, wie sein Vater es getan hatte. Aber er hasste es, wenn die Presse ihn als Pfadfinder bezeichnete, und Martin wusste das.

»Wie auch immer«, murmelte Martin und wich Roberts zornigem Funkeln aus. »Wenn wir Schmutz ausgraben wollen, müssen wir seinem Umfeld so nah wie möglich kommen. Und wer wäre ihm näher als seine Tochter?«

»Nach allem, was man so hört, so ziemlich jeder. Er hat sie praktisch verstoßen, und sie hat ihren Namen geändert. Ich denke, man kann ohne Weiteres sagen, sie haben sich entzweit.«

»Exakt. Ich schätze, die Tochter mag ihren liebsten Daddy nicht besonders. Und ich schätze, dass sie ziemlich viel Scheiße erlebt hat.« Er sah Robert erwartungsvoll an.

Robert schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht das Leben einer Frau zerstören, um im Wahlkampf gegen ihren Vater einen Vorteil zu haben.«

»Oh Gott, Davenport, niemand hat gesagt, dass du ihr Leben zerstören sollst. Es handelt sich nur um gute alte Nachforschungen über die Gegenseite.«

»Ich spiele kein schmutziges Spiel.«

Martin hob die Hände. »Der Schlamm wird nicht einmal in deine Nähe kommen. Du kannst deinen Prinzipien treu bleiben. Du musst ihr noch nicht einmal sagen, dass du weißt, wer sie ist. Aber es kann nicht schaden, die Kommunikationskanäle zu öffnen. Wer weiß, was sie dem single Man of the Year vielleicht anvertraut?«

Robert schüttelte den Kopf, aber diesmal mit Nachdruck. »Unwiderruflich nein. Als ich gesagt habe, ich sei kein Mönch, habe ich nicht gemeint, dass ich mich dazu herablassen würde, eine Frau zu verführen, nur um deine Schmutzkampagne anzuheizen.«

»Komm wieder runter, Pfadfinder – niemand hat was von Verführung gesagt.«

»Was dann? Laufe ich ihr bei Starbucks zufällig über den Weg und warte darauf, dass sie mir erzählt, in welch zwielichtige Scheiße ihr Vater verwickelt ist?«

»Du darfst mir ruhig ein bisschen mehr zutrauen, Robbie. Die Frau leitet hier in der Stadt eine erstklassige Eventagentur.«

»Und?«

»Und du hast doch gern Gäste. Wolltest du nicht in ein paar Wochen einen letzten Empfang in deinem – bald ehemaligen – Amtssitz geben?«

»Ja, aber …«

»Und Jada hat gerade Zwillinge bekommen, also fehlt dir eine Partyplanerin.«

Verdammt. Da hatte er recht. Seine langjährige Eventplanerin hatte tatsächlich gerade Zwillinge zur Welt gebracht, und Robert musste tatsächlich einen Ersatz finden. Aber nicht Gouverneur Brennans Wildfang von einer Tochter, die – wie es aussah – nichts mit Politik am Hut hatte. Er wollte den Gouverneurssitz, aber nicht auf Kosten eines anderen. Robert würde es aufgrund seiner eigenen Leistungen schaffen oder gar nicht.

»Wir können gegen Brennan gewinnen, auch ohne seine Tochter da hineinzuziehen«, entschied Robert.

Martin zog eine Braue hoch. »Können wir das wirklich? Er hat den Vorteil des Amtsinhabers. Deine Umfragewerte sind zwar gut, aber das sind seine auch.«

Robert stieß den Atem aus. »Wie ist das möglich? Der Mann ist ein egoistischer Schaumschläger.«

»Hinter verschlossenen Türen, ja, vor der Kamera kommt er rüber wie ein gottverdammter Gründungsvater.«

Er hasste es zu wissen, dass Martin recht hatte – und ließ nun doch seine Fingerknöchel knacken. Robert war felsenfest davon überzeugt, der bessere Mann für den Job zu sein. Er arbeitete schon seit Jahren mit dem Gouverneur zusammen, und obwohl Robert wusste, dass es in der Politik die halbe Miete war, nett zu Leuten zu sein, mit denen man nicht einer Meinung war, ging seine Abneigung gegen den Gouverneur weit über politische Differenzen hinaus. Die aalglatte Selbstgefälligkeit dieses Mannes sowie Roberts Bauchgefühl sagten ihm, dass an dem Korruptionsgetuschel etwas Wahres dran war. Das zu wissen, war eine Sache. Aber zu beweisen, dass der Gouverneur skrupellos war, war etwas ganz anderes. Der Mann war so vorsichtig, dass niemand jemals lange genug in seinem Umfeld verweilte, um etwas über all seine Leichen im Keller zu erfahren.

Niemand außer seiner Tochter.

Für einen kurzen Moment zog er Martins Vorschlag in Erwägung. Wenn irgendwer Beweise für die Prinzipienlosigkeit des Gouverneurs hatte, dann jemand, der Jahrzehnte mit ihm zusammengelebt hatte.

Robert schob den Gedanken beiseite. Sie hatte sich wahrscheinlich aus gutem Grund von ihrem Vater distanziert. Und das würde er respektieren. »Ich werde Brennans Tochter nicht in etwas hineinziehen, womit sie nichts zu tun haben will.«

Martin zuckte die Achseln und stand auf. »Ob sie etwas damit zu tun haben will oder nicht, kannst du selbst rausfinden. Sie wird morgen um zwei Uhr nachmittags hier sein, um mit dir über deine Abschiedsparty zu sprechen.«

2

Dienstag, 29. September

Adeline Blake hatte gelernt, die lästigen Bedürfnisse ihrer Jugend, in der sie noch Addie Brennan gewesen war, weitgehend zu kontrollieren. Zu kontrollieren, aber nicht restlos aufzugeben.

Sie tanzte immer noch gern, doch im privaten Rahmen ihrer Wohnung, nicht auf Theken.

Sie mochte immer noch Tequila, aber zivilisiert daran nippend – sich damit abzuschießen gehörte der Vergangenheit an.

Sie trug noch immer sexy Unterwäsche, aber sie zeigte sie keinen Fremden mehr und zog sie definitiv nicht mehr für Fremde aus.

Wenn sie fluchte, tat sie es leise. Wenn sie brüllte, dann nur in ein Kissen. Und obwohl sie den Kitzel des Abenteuers immer noch liebte, entsprach ihre neue Definition von einem Tanz auf dem Vulkan dem Versuch, an einem verregneten Freitagnachmittag, wenn sie bereits zu spät für einen Termin dran war, ein Taxi zu ergattern.

Und sie vermied es tunlichst, sich auch nur in die Nähe der Welt der Politik zu begeben oder in die Nähe irgendeiner Person, die sie mit überdurchschnittlich hoher Wahrscheinlichkeit als Addie Brennan erkennen würde. Das allerdings vertrug sich nicht ganz damit, dass sie sich gerade vor dem Gracie Mansion in Yorkville befand und sich im Geiste auf das Meeting mit dem Bürgermeister von New York City vorbereitete.

Der, wie an jedem Zeitungskiosk der Stadt zu erfahren war, als der sexiest man alive galt oder der heißeste Junggeselle des Universums oder als das, was andere fragwürdige Titel, die kantigen Männern mit großem Ego gern verliehen wurden, sonst noch behaupteten.

Der, wie sie seiner E-Mail mit der Bitte um ein Beratungsgespräch entnommen hatte, kurzfristig einen Eventplaner brauchte. Für Adeline Blake von Jet Set Events war eine Einladung zu einem so hochkarätigen Klienten äußerst schmeichelhaft. Für Addie Brennan war die Tatsache, dass diese Einladung aus dem Büro des Bürgermeisters kam, ein rotes Tuch. Vor allem, wenn sich die Gerüchte, dass er im nächsten Jahr auch für den Sitz des Gouverneurs kandidierte, bestätigten.

Was sie zur letzten ihrer lästigen schlechten Eigenschaften führte, die sie selbst mit achtundzwanzig noch nicht abgeschüttelt hatte: Neugier.

Wenn der Mann, der vielleicht versucht, deinen Mistkerl von einem Vater aus dem Amt zu jagen, dich einbestellt, sagst du: eventuell.

Wenn der Bürgermeister von New York City und womöglich künftige Präsident der Vereinigten Staaten dich als seine potenzielle Partyplanerin zu sich ruft, sagst du: vielleicht.

Und wenn der Man of the Year dich als Frau zu sich ruft … sagst du: ja.

Und an diesem Punkt kam die Neugier ins Spiel. Addie brannte darauf zu sehen, ob er in natura genauso heiß war wie auf Fotos oder im Fernsehen.

Adeline behauptete niemals, eine Heilige zu sein. Nur eine etwas bekehrte Sünderin.

Mit einem schnellen Blick prüfte sie ihre Erscheinung, ob sie auch wirklich wie die Businessfrau aus Manhattan aussah.

Maßgeschneiderte schwarze Hosen, check. Taillierte Bluse, die beiden obersten Knöpfe angemessen geöffnet, check. Schwarzer Blazer, der den roten BH unter der weißen Bluse verdeckte, check. Schwarze Pumps, so hoch, dass es stylish, aber nicht abgedreht aussah, check. Tiefer Seitenscheitel, das Haar zu einem glatten festen Knoten im Nacken zusammengebunden, check.

Sie lächelte zufrieden. Selbst ohne ihre Brille als zusätzliche Tarnung war sie absolut zuversichtlich, dass der Bürgermeister genau das sehen würde, was sie ihn sehen lassen wollte: Adeline Blake, erstklassige Eventplanerin.

Alle Spuren von Addie beseitigt.

Mit einem kühlen Lächeln betrat Adeline den Amtssitz. Eine der Assistentinnen des Bürgermeisters hatte ihr das Prozedere erklärt, um in seine Büros zu gelangen; daher war sie auf eine Durchsuchung ihrer Handtasche und auf die Überprüfung ihres Ausweises gefasst.

Sie schluckte, während sie unerwartete Nervosität erfasste. Gracie Mansion war nicht die Residenz des New Yorker Gouverneurs in Albany, aber ihr ähnlich genug, um sie mit unerfreulichen Erinnerungen zu überschwemmen.

Addie, wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst nicht rennen? Addie, lass das. Still, Addie, ich kann mich nicht konzentrieren. Verdammt, Addie, ich bin beschäftigt. Was zur Hölle hast du da an, junge Dame?

Sie schob diese giftigen Gedanken beiseite, um der Assistentin mittleren Alters, die sie begrüßte, ein professionelles Lächeln zu schenken. »Hi, ich bin Adeline Blake und habe einen Termin mit Bürgermeister Davenport. Ich bin allerdings ein wenig zu früh dran.«

»Keine Sorge«, sagte die Frau mit einem freundlichen Lächeln. »Sein Halbzwei-Termin hat sich verschoben. Ich werde nachsehen, ob er bereits jetzt Zeit für Sie hat. Nehmen Sie doch Platz, ich bin sofort wieder da.«

Adeline setzte sich.

Einen Moment später war die Frau tatsächlich wieder da und wies ihr mit einer Geste den Weg. »Er hat gesagt, Sie können reinkommen. Am Ende des Flurs«, fügte sie hinzu.

Adeline bedankte sich bei ihr und ging in die gewiesene Richtung, während sie jedes Detail in sich aufnahm. Die politische Welt des Staates New York war ihr aufs Unangenehmste vertraut, aber New York City war noch mal eine ganz andere Hausnummer. Etwas, woran sie ihren Vater nur allzu gern erinnert hatte, sobald ihr klar geworden war, dass genau das sein wunder Punkt war.

George Brennan konnte sich nicht damit abfinden, dass er in einem Staat lebte, in dem der Bürgermeister einer einzelnen Stadt den Gouverneur des gesamten Staates dauerhaft in den Schatten stellte. Und das bereits lange bevor Robert Davenport zum Man of the Year gekürt worden war, was seinen Promistatus auf ein nahezu albtraumhaftes Level katapultierte.

Die Tür war offen, und Adeline klopfte mit einem Fingerknöchel gegen den Türrahmen. »Herr Bürgermeister?«

Er studierte gerade einen Ordner auf seinem Schreibtisch, hob jedoch sofort den Kopf und ihre Blicke trafen sich.

Adeline schnappte nach Luft.

Okay, damit ist die Frage beantwortet. Er ist in natura definitiv genauso heiß.

Eigentlich hätte sie sich das denken können. Das Gesicht des Mannes war schließlich überall. Sie hatte gewusst, dass er sandbraunes Haar hatte, dazu haselnussfarbene Augen und ein klassisch-attraktives Gesicht, das die Kameras liebten.

Aber den Kameras war auch jede Menge entgangen.

Sie hatten weder die goldenen Einsprengsel in seinen Augen eingefangen, noch die raue Männlichkeit, die er ausstrahlte. Und das geschliffene Politikerlächeln, das sich gerade auf seinem Gesicht ausbreitete, kam auf den Fotos zwar überaus freundlich und authentisch rüber, in natura aber glaubte sie zu erkennen, dass es ihm auch als eine Art Schutzpanzer diente.

Ihr Instinkt sagte ihr, dass man das, was man bei Bürgermeister Davenport sah, auch bekam – dass es aber vieles gab, was er einen niemals sehen lassen würde.

»Ms Blake?«, fragte er, stand auf und hielt ihr die Hand hin.

»Ja. Freut mich, Sie kennenzulernen, Herr Bürgermeister«, antwortete sie, und es war einer der seltenen Momente, in denen sie insgeheim dankbar war für ihre Vergangenheit, in der sie gelernt hatte, wie Personen des öffentlichen Lebens angesprochen wurden. Herr Bürgermeister. Bürgermeister Davenport. Sir.

Als Teenager hatte sie gegenüber ihrem Vater noch spöttische Begrüßungen hinzugefügt. Eure Majestät, Eure Hoheit, Eure Exzellenz.

Was sie sich gegenüber dem Bürgermeister natürlich sparte. Vorerst zumindest.

Sein Händedruck war fest und trocken, und er schüttelte ihr die Hand mit einem Selbstbewusstsein, das davon zeugte, dass er im Laufe seiner Karriere wahrscheinlich schon Tausende von Händen geschüttelt hatte. Dann sah er sie an, und seine Augen schienen geradezu golden aufzuleuchten. Das allerdings wirkte alles andere als routinemäßig.

Ihr Magen schlug einen Purzelbaum. Unzufrieden mit sich selbst zog sie ihre Hand zurück.

Sein abwägender Blick verwandelte sich wieder in den des charmanten Politikers, und er bedeutete ihr, auf dem Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. »Also, Sie sind Eventplanerin.«

»Ja.« Sie setzte sich und legte ihre Handtasche auf den Stuhl neben sich. »Und wenn ich das sagen darf, Sir, es überrascht mich ein wenig, Sie persönlich anzutreffen.«

»Warum denn das?«

Sie hatte ganz vergessen, dass gute Politiker sich darauf verstanden, mehr Fragen zu stellen als zu beantworten. »Ich hätte gedacht, dass der Bürgermeister von New York City die Eventplanung an seine Assistentin delegiert.«

»Das stimmt. Und Darlene wäre dazu mehr als fähig«, antwortete er mit einem schwachen Lächeln. »Aber ich bin kein CEO, der zugunsten der Stadt ein Event ausrichtet. Ich bin der Gastgeber, der im eigenen Interesse eine Party gibt. Deshalb wähle ich mein Team persönlich aus. Und sorgfältig.«

»Ich verstehe. Da ist es ungünstig, dass Ms Sanchez so kurz vor dem Ende Ihrer Amtszeit ausfällt.« Adeline hatte Jada Sanchez nie persönlich kennengelernt, aber jeder in Manhattan, der auch nur den Kauf von Luftschlangen in Erwägung zog, kannte den Namen dieser Frau. Sie war bemerkenswert, nicht nur wegen ihrer hochkarätigen Klientel, sondern auch wegen ihrer eisernen Entschlossenheit, ihre Agentur nicht weiter auszubauen. Ihre One-Woman-Show war gewiss beeindruckend, führte aber jetzt dazu, dass ihre Kunden während ihrer Elternzeit ohne Eventplanerin dastanden.

»Wissen Sie, es ist seltsam«, sagte er nachdenklich. »Es scheint so, als hätten ihre Zwillinge bei der Wahl ihres Geburtsdatums meinen Status als Bürgermeister tatsächlich außer Acht gelassen.«

Sie war angenehm überrascht von seiner Selbstironie. Ihr Vater hatte null Sinn für Humor, wenn es um sein Prestige und seine Position ging. Vermutlich hätte er es Jadas Kindern übel genommen, dass sie es wagten, zu einer für ihn ungünstigen Zeit auf die Welt zu kommen.

»Wirklich nervig von diesen Babys«, antwortete Adeline mit einem Lächeln und spielte mit. »Wahrscheinlich ist den beiden entgangen, dass Sie auch Man of the Year sind?«

Er zuckte kaum merklich zusammen, aber sie registrierte es, und es sagte ihr viel darüber, was er von dieser speziellen Ehre hielt. Eine weitere Überraschung.

»Ich muss Sie das fragen: Benötigen Sie angesichts Ihrer verbleibenden Amtszeit überhaupt noch eine Eventplanerin?«

Diesmal zuckte er nicht einmal mit der Wimper, aber sein Blick schien sich zu verdunkeln, was sie zu dem Schluss kommen ließ, dass er seinen Job genauso sehr liebte, wie ihm der Titel Man of the Year gegen den Strich ging. »Tatsächlich ist das Ende meiner Amtszeit der Grund, warum ich eine Eventplanerin brauche«, antwortete er. »Ich möchte gern eine Abschiedsparty oder einen letzten Empfang geben, wie auch immer Sie es nennen wollen. Ich habe immer gern Gäste hier gehabt, denn das gibt mir die Gelegenheit, ihnen als Mensch zu begegnen und nicht nur als Bürgermeister.«

»Das glaube ich Ihnen gern. Aber vertrauen Sie mir, den Leuten ist stets bewusst, dass Sie der Bürgermeister sind«, entgegnete sie, bevor sie sich bremsen konnte.

Er stieß ein überraschtes Lachen aus. »Wenn ich das sagen darf, Ms Blake, Sie scheinen sich nur schwer beeindrucken zu lassen. Auch wenn ich mich damit etwas weit aus dem Fenster lehne – haben Sie etwa nicht für mich gestimmt?«

Sein Tonfall war neckend, daher lächelte sie. »Ich fürchte, ich hatte keine Gelegenheit dazu. Zum Zeitpunkt sowohl ihrer ersten als auch ihrer zweiten Wahl habe ich noch nicht in New York City gewohnt.«

»Woher kommen Sie?«

Ihr Lächeln geriet keine Sekunde ins Wanken, nicht einmal als sie der Frage auswich und ihr Tablet hervorholte, um sich Notizen zu machen. »Ich will nicht zu viel von Ihrer Zeit beanspruchen, daher sollten wir vielleicht direkt zum eigentlichen Grund meines Besuches kommen. Die Party?«

Er reagierte mit einem nichtssagenden Lächeln. »Natürlich.«

Adeline nickte und verbarg sorgfältig ihre Erleichterung darüber, keine Details über ihre persönliche Vergangenheit verraten zu müssen. »An welchen Zeitraum haben Sie dabei gedacht?«

Er nickte. »Innerhalb der nächsten paar Wochen wäre ideal.«

»Cocktails? Förmliches Dinner?«

»Cocktails. Kein Dinner am Tisch, aber ausreichend Essen, sodass die Gäste nicht hungrig nach Hause gehen müssen. Ich habe an Abendgarderobe gedacht. Für einen stilvollen Abschied, so was in der Art.«

Sie nickte und gab es in ihr Tablet ein, dann hob sie den Blick. »Und warum ich?«

»Warum Sie was?«

»Warum bin ich diejenige, die Ihnen gegenübersitzt, und nicht einer der zahlreichen anderen Eventplaner der Stadt?« Sie stellte die Frage beiläufig, sodass es klang, als wäre sie einfach neugierig, wie er auf sie gekommen war, aber natürlich steckte erheblich mehr dahinter. Sie wollte wissen, ob er wusste, dass er Addie Brennan engagierte.

Aber der verdammte Kerl gab nichts preis. »Woher wollen Sie denn wissen, dass Sie nicht eine von vielen sind, die hier einen Termin haben?«

»Bin ich das?«, hakte sie nach.

Seine Augen wurden schmal, und sie wusste, dass sie jetzt weit genug gegangen war.

Sie setzte ihr professionellstes Lächeln auf und ruderte zurück. »Entschuldigen Sie bitte, dass ich so viele Fragen stelle. Es kommt einfach nicht jeden Tag vor, dass eine relativ neue Eventagentur einen Anruf aus dem Büro des Bürgermeisters bekommt. Das hat mich sehr überrascht.«

»Angenehm überrascht?«, fragte er neckend.

Sie schenkte ihm ganz bewusst ein ungerührtes Lächeln und schwieg.

Der Bürgermeister zuckte die Achseln. »Mein Wahlkampfmanager hat Sie mir empfohlen. Er war anlässlich der Pensionierung eines Kollegen seiner Frau auf einer Party, die Sie veranstaltet haben.«

»Oh? Erinnern Sie sich an den Namen?« Sie beobachtete genau seine Reaktion, ob es irgendwelche Hinweise darauf gab, dass das Ganze eine Scharade war, um der Tochter des Gouverneurs näherzukommen.

»Nein.«

Seltsamerweise war es diese unverblümte Antwort, die dazu führte, dass ihre Schultern sich ein klein wenig entspannten. Ein Politiker mit geheimen Absichten hätte jedes Detail gesammelt und eine vorgefertigte Antwort parat gehabt, bis hin zur Farbe der Tischdecken bei besagter Party. Aber er schien tatsächlich nur ein vielbeschäftigter Mann zu sein, der auf die Schnelle eine Eventagentur brauchte und die erste Visitenkarte genommen hatte, die ihm untergekommen war. Außerdem hatte sie wirklich vor zwei Wochen eine Pensionierungsparty veranstaltet, und die war ihr – wie sie selbst fand – durchaus so gelungen, dass eine gewisse Aufmerksamkeit gerechtfertigt war.

»Wissen Sie, Ms Blake, ich muss zugeben, dass ich der Meinung war, dieses Meeting sei eine Art Vorstellungsgespräch. Und das ist es auch – nur andersherum, nicht wahr? Sie befragen mich.«

Sie lächelte und antwortete ehrlich: »Ich kann wirklich nicht behaupten, dass die Arbeit für Sie mir nicht schmeicheln und zudem traumhafte Publicity bescheren würde.«

»Aber?«

»Aber«, fuhr sie fort, »ich berücksichtige noch andere Kriterien, wenn ich einen Auftrag für mein Team und mich erwäge.«

Er blinzelte. »Team? Also würden Sie nicht persönlich für die Party arbeiten?«

»Manchmal delegiere ich auch. Stört Sie das?« Sie musterte ihn und hielt erneut Ausschau nach irgendwelchen Hinweisen darauf, dass seine Gründe, gerade sie zu engagieren, politisch motiviert waren.

Er zuckte nur die Achseln. »Ich respektiere die Notwendigkeit, Aufgaben zu delegieren. Um welche anderen Kriterien handelt es sich?«

»Kopfschmerzpotenzial«, antwortete sie. »Ich bewerte mögliche Kunden gern anhand der Frage, wie viele Aspirin ich wohl am Ende des Events benötigen werde.«

»Und wie mache ich mich bis jetzt auf dieser Skala?« Er lächelte jungenhaft, und sie vermutete, dass er selbst ziemlich genau wusste, wie absolut reizvoll dieses Lächeln war. Und das war es definitiv. Selbst für jemanden, der Politiker so satt hatte wie sie selbst.

Vorsicht, Adeline. Du weißt besser als jeder andere, dass Politiker niemals so sind, wie sie einem weismachen wollen.

»Das gilt es noch herauszufinden«, antwortete sie.

»Und wenn ich verspreche, mich zu benehmen? Ein Null-Aspirin-Kunde zu sein?«, hakte er nach, und sein Lächeln wurde breiter. »Habe ich dann eine neue Eventplanerin?«

Er war sich verdammt sicher, sie zu haben – das konnte sie an seinem frechen Grinsen erkennen.

Dieses Lächeln war unwiderstehlich, und er wusste es. So wie sie wusste, dass sie diesen Job niemals annehmen würde, bis sie sichergestellt hatte, dass sie auf Augenhöhe miteinander agierten. Und dafür musste sie den Bürgermeister in seine Schranken verweisen. Ihm klarmachen, dass ihre Agentur genug zu tun hatte und sie nicht alles stehen und liegen lassen würde, nur weil der Man of the Year mit dem kleinen Finger winkte.

Adelines Lächeln war professionell bis in die Mundwinkel, als sie sich erhob. »Ich werde zunächst die Kapazitäten meines Teams prüfen müssen. Danach melde ich mich bei Ihnen.«

Er stieß ein verblüfftes Lachen aus, als sie sich umdrehte und zur Tür ging, aber noch bevor sie in die Sicherheit des Flures entfliehen konnte, rief er ihren Namen: »Ms Blake.«

Sie blickte über ihre Schulter, sah ihn fest an und bemerkte, dass das Haselnussbraun seiner Augen vollkommen verschwunden war und sie jetzt wie pures Gold zu glänzen schienen.

»Sorgen Sie dafür, dass es Ihre Kapazitäten sind, die Sie prüfen«, sagte er sanft. »Nicht die Ihres Teams.«

Es war mehr ein Befehl als eine Bitte und hätte alle Alarmglocken schrillen lassen müssen. Was es auch tat. Aber nicht, weil es auf einen selbstherrlichen Charakterzug schließen ließ. Und auch nicht, weil es ein Zeichen dafür sein konnte, dass er wusste, wer sie wirklich war.

Sondern weil es etwas Seltsames in ihrem Unterleib auslöste. Etwas, das nichts damit zu tun hatte, dass er Bürgermeister und sie Eventplanerin war.

3

Dienstag, 29. September

»Herr Bürgermeister?«

Robert drehte seinen Konferenzraumstuhl leicht in Richtung der Bildungslobbyistin und tat so, als hätte seine Abgelenktheit etwas mit dem gegenwärtigen Thema zu tun und nicht mit der Frau, die zwei Stunden zuvor sein Büro verlassen hatte. Er legte die Hand auf das Exposé vor sich und nickte zustimmend. »Was ich gehört habe, gefällt mir. Ich werde es mir im Laufe der Woche noch genauer ansehen.«

Was nicht gelogen war. Jedenfalls nicht komplett. Was über die Erweiterung des Musikangebots an New Yorker Schulen gesagt worden war, hatte ihm gefallen. Bis er abgeschaltet hatte.

Robert war mehr als verärgert darüber, dass seine Gedanken mitten in der Präsentation abgeschweift waren, zumal es sich um ein wichtiges Thema handelte und er sich kein Urteil bilden konnte, ohne die Details zu kennen. Also musste er die Entscheidung aufschieben, bis er das Versäumte nachgelesen hatte.