Absolut Null (Ein Agent Null Spionage-Thriller—Buch #12) - Jack Mars - E-Book

Absolut Null (Ein Agent Null Spionage-Thriller—Buch #12) E-Book

Jack Mars

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Beschreibung

"Sie werden kein Auge zutun können, bis Sie AGENT NULL nicht durchgelesen haben. Der Autor hat außerordentliche Arbeit dabei geleistet, tiefgründige Charaktere aufzuzeichnen, denen es einfach Spaß macht, zuzusehen. Die Actionszenen transportieren den Leser in eine andere Welt, fast als würde man in einem Kino mit Surroundsound und 3D-Effekten sitzen. Ich kann das nächste Buch kaum erwarten." -- Roberto Mattos, Books and Movie Reviews ABSOLUT NULL ist Buch #12, das Finale der Reihe, in der Bestsellerserie AGENT NULL, die ihren Anfang mit AGENT NULL (Buch #1) fand. AGENT NULL gibt es als kostenlosen Download und hat über 500 Fünf-Sterne Bewertungen. Im schockierenden Serienfinale erfährt Agent Null von einer thermonuklearen Bombe, die, wenn sie an einem geeigneten Ort platziert wird, mehrere Zehnmillionen Menschen das Leben kosten könnte. Ungeahnt dessen lernt er von einem Geheimnis, dass dafür sorgt, dass die Bombe eine noch größere Gefahr darstellt, als jemals zuvor geahnt. Das Schicksal der gesamten Welt liegt buchstäblich in Agent Nulls Händen, der in einem Wettlauf gegen die Zeit die einzige Person ist, die diese Waffe finden kann. Doch während Null sich seinem Ziel nähert, stehen ihm mächtige Feinde gegenüber: Dutzende Attentäter wurden geschickt, um ihn zu töten. Und inmitten all dieser Geschehnisse ist für Null die Zeit gekommen, sich seiner eigenen stets schlechter werdenden Gesundheit zu stellen. Seitdem er zum ersten Mal den Memorychip entdeckt hatte, hat Agent Null nun eine letzte Chance, den Planeten zu retten – wenn er es denn schafft, sich nicht nur selbst, sondern auch alles und jeden, der ihm im Weg steht, zu zerstören. ABSOLUT NULL (Buch #12) ist ein atemberaubender Spionagethriller, den man selbst bis tief in die Nacht nicht weglegen kann und das spannende Finale der sagenhaften zwölf Bücher umfassenden Actionreihe. "So muss ein guter Thriller aussehen." -- Midwest Book Review (Über Koste es, was es wolle) "Einer der besten Thriller, die ich dieses Jahr gelesen habe." -- Books and Movie Reviews (Über Koste es, was es wolle) Außerdem verfügbar: Jack Mars' Bestsellerreihe über LUKE STONE (sieben Bände), die mit Koste es, was es wolle (Buch #1) beginnt. Kostenlos als Download verfügbar und mit über 800 Fünf-Sterne Bewertungen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 427

Veröffentlichungsjahr: 2021

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A B S O L U T   N U L L

(EIN AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER – BUCH 12)

J A C K   M A R S

Jack Mars

Jack Mars ist der USA Today Bestseller Autor der LUKE STONE Thriller Serie, welche sieben Bücher umfasst (und weitere in Arbeit). Er ist außerdem der Autor der neuen WERDEGANG VON LUKE STONE Vorgeschichten Serie und der AGENT NULL Spionage-Thriller Serie. 

Jack würde sich freuen, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie seine Webseite www.jackmarsauthor.com und registrieren Sie sich auf seiner Email-Liste, erhalten Sie ein kostenloses Buch und gratis Kundengeschenke. Sie können ihn ebenfalls auf Facebook und Twitter finden und in Verbindung bleiben!

BÜCHER VON JACK MARS

LUKE STONE THRILLER SERIE

KOSTE ES WAS ES WOLLE (Buch #1)

AMTSEID (Buch #2)

LAGEZENTRUM (Buch #3)

UMGEBEN VON FEINDEN (Buch #4)

DER KANDIDAT (Buch #5)

UNSERE HEILIGE EHRE (Buch #6)

DAS GESPALTENE REICH (Buch #7)

DER WERDEGANG VON LUKE STONE

PRIMÄRZIEL (Buch #1)

DER HÖCHSTE BEFEHL (Buch #2)

DIE GRÖSSTE BEDROHUNG (Buch #3)

DIE HÖCHSTE EHRE (Buch #4)

DER HÖCHSTE HELDENMUT (Buch #5)

EINE AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER SERIE

AGENT NULL (Buch #1)

ZIELOBJEKT NULL (Buch #2)

JAGD AUF NULL (Buch #3)

EINE FALLE FÜR NULL (Buch #4)

AKTE NULL (Buch #5)

RÜCKRUF NULL (Buch #6)

ATTENTÄTER NULL (Buch #7)

KÖDER NULL (Buch #8)

HINTER NULL HER (Buch #9)

RACHE NULL (Buch #10)

NULL–AUSSICHTSLOS (Buch #11)

Agent Null – Buch 11 Zusammenfassung

Als Null seinen Schweizer Neurologen tot auffindet und bemerkt, dass seine Krankenakte fehlt, macht er sich auf die Suche nach dem Mörder, was zu einer internationalen Verbrecherjagd führt, die in einer schockierenden Entdeckung endet: Stefan Krauss, der Mörder von Nulls Frau, wurde ein Gedächtnishemmer-Chip implantiert, genauso wie er Null fünf Jahre zuvor eingesetzt worden war. Null muss herausfinden, wer Krauss’ Zielobjekt ist, da ein mysteriöser Charakter namens Mr. Bright den Auftragsmörder heimlich lenkt. Aber Null, jetzt im Ruhestand, hat nicht mehr die Unterstützung der CIA – und keinen Schutz für seine Familie, die er ebenfalls für mögliche Zielobjekte hält.

Agent Null: Nachdem er Dr. Guyer tot in Zürich aufgefunden hatte, folgte Null der Spur des Mörders und fand heraus, dass Stefan Krauss ein Gedächtnishemmer implantiert worden war. Des Weiteren entdeckte er, dass der Verantwortliche hierfür der schwer fassbare Mr. Bright war, der die Technologie direkt von der CIA im Austausch dafür erhalten hatte, jeden zu eliminieren, der von dem Programm wusste. Nachdem er den Chip Krauss aus dem Kopf gerissen hatte, wurde der Auftragskiller verrückt und nahm es auf sich, die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten zu ermorden. Null schaffte es, ihn aufzuhalten, was zu einem gefährlichen Helikopter-Absturz führte, der Krauss das Leben kostete und bei dem Null zu stark verletzt wurde, um in die USA und zu seinen Töchtern zurückzukehren.

Maya Lawson: Ohne das Wissen, dass die CIA aktiv all jene eliminierte, die über das Gedächtnishemmer-Programm Bescheid wussten, akzeptierte Maya eine Mission nach Paris, wo sie knapp nicht nur einem, sondern zwei Mordversuchen entkam. Sie und ihr Partner Trent Coleman tauchten unter und retteten Sara vor einem Mordversuch. Die drei flüchteten dann mit dem Wissen, dass ihre Leben in Gefahr schwebten, in Wildnis von Missouri und es blieb ihnen keine andere Wahl, als sich zu verstecken und in Bewegung zu bleiben, bis Null und Mischa zurückkehren konnten.

Sara Lawson: Eine Explosion, die Sara – die sowieso schon psychisch labil war – fast umbrachte, hinterließ sie mit einem Schock, wobei es ihr egal war, ob sie lebte oder starb, während sie von Brights Männern verfolgt wurde. Sie versteckte sich im örtlichen Gemeindezentrum, wo sich ihre ehemalige Traumagruppe getroffen hatte, führte ihre Angreifer dorthin und schaffte es, fünf von ihnen auszuschalten, bevor sie von Maya und Trent gerettet wurde.

Mischa Johansson: Die präpubertäre ehemalige Kindspionin flüchtete mit Null und Alan nach Rom und dann nach Kairo, wo sie persönlich zur Zeugin des Bombenanschlags auf einen ägyptischen Präsidentschaftspalast wurde. Nachdem sie Null geholfen hatte herauszufinden, wer Krauss’ letztes Zielobjekt war, rettete sie die Vizepräsidentin Joanna Barkley und informierte sie über Bright und seine Verbindungen zur CIA. Sie wurde zuletzt in Ägypten gesehen, wo sie aus Kairo flüchtete, nachdem sie Null nach dem Helikopter-Absturz geholfen hatte, aus dem Krankenhaus zu entfliehen.

Alan Reidigger: Nachdem er in Rom in die Schulter geschossen worden war, entschied sich Alan dazu zurückzubleiben, während Null und Mischa nach Kairo eilten, um Krauss aufzuhalten. Da er wusste, dass er nicht mehr nützlich war, ließ sich Reidigger von Interpol verhaften, um die Fahndung nach Null aufzuhalten. Schließlich wurde er Todd Strickland und dem Leitenden Einsatzteam übergeben und wurde zu einem Gefangenen im Untergeschoss von Langley, wo er festgehalten wird, bis er zustimmt, sein Wissen über Mr. Bright zu offenbaren – wobei er sich jedoch bewusst ist, dass dieses Wissen tödlich für alle ist, die es mit ihm teilen.

Todd Strickland: Strickland, jetzt der Anführer des Leitenden Einsatzteams, wurde mit der Sicherheit des Kairo-Abkommens beauftragt, einem Nahost-Friedensgipfel, an dem neun Nationen teilnehmen sollten. Das Abkommen wurde durch den Bombenanschlag auf den Heliopolis-Palast unterbrochen, was Strickland dazu führte, Null zu jagen. Er hatte Null schon in seinen Händen, aber ließ ihn entkommen, um die Vizepräsidentin vor Krauss zu retten. Er hält Alan Reidigger in einem geheimen Gefängnis in Langley fest, bis er weitere Informationen über die Person bekommt, die als Mr. Bright bekannt ist.

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

VORWORT

Der Mann hinter dem Schreibtisch spielte viele Rollen. Zu ihnen gehörten jene des Unternehmers. Des Philanthropen. Des Waffenhändlers. Des Anstifters. Für einige war er ein Terrorist oder zumindest ein Agent Provocateur.

Letztes hätte er am liebsten auf seine Visitenkarte gedruckt. Der Gedanke daran zauberte ihm ein Lächeln auf die Lippen. Welche Fragen das aufwerfen würde.

Nicht, dass er mit jemandem, abgesehen von seinem kleinen Kreis, seine Geschäfte besprechen würde.

Er nannte sich Mr. Bright.

Mr. Bright war natürlich nicht sein echter Name. Nein, seine wahre Identität war tot, sowohl im übertragenen Sinne von persönlicher persönlicher Wiedererfindung als auch im fast wortwörtlichen Sinne, insofern, dass er einige Beziehungen hatte spielen lassen, die richtigen Leute bezahlt hatte und sich Jahre zuvor als tot erklären hatte lassen.

Es hatte sogar eine Beerdigung gegeben. Mit geschlossenem Sarg. Seine Mutter hatte ihr nicht beigewohnt.

Es war eigentlich fast ironisch, dass sein ehemaliger Geschäftspartner, Mr. Shade, in H-6 untergekommen war, dem marokkanischen Geheimgefängnis der CIA in der Wüste, wo die schlimmsten Verbrecher – jene, die gegen das Genfer Abkommen verstoßen oder Völkermord begangen hatten – in Löcher geworfen und vergessen wurden. Bright hatte nur wenig Zweifel daran, dass die CIA Shade ein zweites Mal in seinem Leben für tot erklärt hatte, egal, ob dies der Wahrheit entsprach oder nicht.

Für all jene, auf die es ankam – Bright eingeschlossen – hätte er jedoch genauso gut tot sein können.

Mr. Brights geräumiges Büro befand sich im siebenundvierzigsten Stockwerk des Buchanan Buildings in Midtown Manhattan und hatte nördlich einen Ausblick über den Central Park. Das Gebäude befand sich im Besitz und unter der Verwaltung seiner Firma, vielmehr einer seiner Firmen. Tatsächlich war es die einzig legitime: Sunshine Realty, eine Immobilienfirma. Hunderte von Leuten lebten und arbeiteten in den Stockwerken eins bis sechsundzwanzig, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was auf den Stockwerken über ihnen vor sich ging, insbesondere dem zweitletzten Stockwerk des Gebäudes (das achtundvierzigste Stockwerk wurde derzeit renoviert).

Die Einrichtung von Brights Büro könnte man als klassisch, vielleicht sogar traditionell beschreiben, aber sicherlich war sie weder schick noch zeitgenössisch. Lustigerweise war er trotz seines Pseudonyms kein Fan von weißen Wänden oder Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten. Er bevorzugte erdige Töne und Eichenverkleidung. Er mochte es, wenn Gemälde an den Wänden hingen. Er sah gerne die Unregelmäßigkeiten in der Holzmaserung.

Auf der gegenüberliegenden Seite seines Schreibtischs war ein Flachbildfernseher an der Wand angebracht, der stumm ein europäisches Fußballspiel übertrug. Bright wusste nicht einmal, wer überhaupt spielte; er war ein gelegentlicher Fan. Er mochte es einfach nur, wenn etwas im Hintergrund spielte, sich etwas in seinem Büro regte. Er genoss das schnelle Tempo, das frenetische, chaotische Wesen des Spiels. Das nie enden wollende Hin und Her zwischen zwei Seiten.

Aber – es gab dennoch Regeln. Es musste immer Regeln geben.

Hin und wieder ertönte ein Pfeifen und ein Schiedsrichter hielt das Spiel lang genug an, um ein Foul oder einen Elfmeter zu verkünden, oder eine rote Karte zu zücken.

Und so war es einfach auch. Man bekämpfte seinen Gegner, gab alles dafür. Aber wenn man zu weit ging, dann musste man mit einer Strafe rechnen. Und dann: Weitermachen.

Historisch verglich sich Bright mit einem solchen Schiedsrichter. Er gab beiden Seiten, was immer sie brauchten. Ließ sie sich gegenseitig bekämpfen. Aber wenn einer einen Schritt zu weit ging, dann waren seine Leute da, standen direkt hinter dem Straftäter und schafften mit einer wohl-platzierten Kugel wieder Ordnung.

Leider war es nicht er gewesen, der die letzte rote Karte erteilt hatte.

Es war schon komisch, wie die meisten Fehler sich erst im Nachhinein als Fehler herausstellten. So viele hatten als scheinbar gute Einfälle begonnen. Paradebeispiel: Der Versuch, Stefan Krauss mit dem Gedächtnishemmer zu manipulieren, hatte sich als Fehler herausgestellt. Vor erst sechs Tagen war der Helikopter, den Krauss gestohlen hatte, in den immer noch brennenden Heliopolis-Palast in Kairo gestürzt. Krauss war sicherlich tot. Sein Passagier? Unbekannt.

Und bis das Unbekannte bekannt wurde, musste Bright annehmen, dass Agent Null noch am Leben war. Alle Versuche ihn aufzuspüren, hatten fehlgeschlagen. Jegliche Versuche seine Töchter zu lokalisieren, waren ebenso vergeblich gewesen.

Für Bright war die Abwesenheit von Beweisen (in diesem seltenen Fall) der Beweis. Sie waren nicht tot. Er wusste das. Und bis Null tot war, musste Bright seinen eigenen Rücken vor dem Schiedsrichter, vor der roten Karte schützen. Das Flüstern und die Kugel könnten ihn jederzeit erwarten.

Es war nicht richtig. Er sollte doch eigentlich das Gespenst sein. Nicht Null.

Aber wenn das stimmte, dann würde Bright nicht mit einer Pistole unter seinem Kissen schlafen.

„Sir“, sagte eine aufgeweckte, weibliche Stimme durch eine Sprechanlage, die in den Schreibtisch eingebaut war.

„Ja, Michelle.“ Das Büro seiner Assistentin befand sich im fünfundvierzigsten Stockwerk, etwa zehn Meter unter ihm.

„Director Shaw ist in der Leitung für Sie.“

„Wunderbar“, sagte Bright. „Setzen Sie ihn für drei Minuten in die Warteschleife und stellen Sie ihn dann durch.“

Es breitete sich ein Moment Stille aus, bevor Michelle fragte: „Soll er Sie zurückrufen?“

„Nein“, lächelte Bright. „Ich will ihn nur warten lassen.“ Mr. Bright hatte sechs Tage auf diesen Anruf gewartet; Shaw könnte drei Minuten warten. Im Vergleich war das eine belanglose Zeitspanne, aber er wusste, dass sie dennoch Shaw gerade ausreichend ärgern würde, um seiner Stimme einen scharfen Ton zu verleihen.

Mr. Bright hatte den CIA-Director Edward Shaw niemals persönlich kennengelernt. Doch er wusste, wie der Mann aussah. Er wusste, dass der Director zuvor die NSA angeführt hatte und an seine Stelle bei der CIA durch Vetternwirtschaft und Arschkriecherei gekommen war. Er kannte Shaw’s Größe und Gewicht, wie sie bei seiner letzten ärztlichen Untersuchung aufgezeichnet worden waren. Er wusste, welchen Weg Shaw morgens zur Arbeit fuhr. Er wusste, bei welchem Café der Director zweimal wöchentlich gern Halt machte und einen Latte kaufte.

Er kannte dort einen Barista, den er für den richtigen Preis dazu überreden könnte, den Latte mit ein wenig Arsen zu versehen.

Bright lächelte bei dem Gedanken. Das wäre eine viel zu extreme Maßnahme, selbst für ihn. Aber es war ein unterhaltsamer Gedanke. Shaw war ein Kriecher; ein glorifizierter Duckmäuser, der über seine Untergebenen herrschte, als wäre seine Faust nicht arthritisch sondern eisern. Aber solange das bedeutete, dass er sich keine Vorstellungen von Großartigkeit machte, waren solche Leute mehr als tolerabel – und nützlich – für Bright.

Schließlich stellte Michelle den Anruf durch. Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Er ließ es viermal klingeln, bevor er abnahm.

„Shaw“, sagte er zur Begrüßung.

Der CIA-Director seufzte durchs Telefon. Bright konnte geradezu die aufgeblasenen Nasenlöcher und die zusammengekniffenen Lippen unter Shaws Glatze sehen. „Wir haben ein Problem.“

„Dessen bin ich mir bewusst“, stimmte Bright gelassen zu. „Es überrascht mich, dass Sie so lange gebraucht haben, um es anzuerkennen.“

„Besprechungen waren notwendig“, entgegnete ihm Shaw vage. „Bestimmtes Personal musste seine Meinungen dazu beitragen.“

„Bürokratie“, schloss Bright und widerstand dem Drang, das Wort mit „Schwachsinn“ auszutauschen. „Und konnte eine passende Lösung gefunden werden?“

„Ja“, erwiderte Shaw. „Sie werden zum Staatsfeind erklärt.“

Brights Finger schlossen sich instinktiv fester um den Hörer. Ihm fehlten nur selten die Worte und es war zugegebenermaßen schändlich, dass dies durch Shaw geschehen war.

„Natürlich nicht Sie persönlich“, fuhr Shaw nach einem Moment fort. „Ihre Identität ist … gut beschützt. Die CIA ist im Prozess der kompletten Verleugnung, löscht all Ihre Aufzeichnungen und Spuren unserer Kooperation. Die Vereinigten Staaten sind sich mehr als bewusst, dass Stefan Krauss nicht allein in Ägypten gearbeitet hat und stellt einen ,Verdächtigen X‘ ganz oben auf die Fahndungsliste, um denjenigen darzustellen, der mit ihm unter einer Decke steckte. Wenn das zurück zu Ihnen führt, dann gibt es nichts, was ich – oder sonst jemand – für Sie tun kann, um Ihnen zu helfen. Unser kleines Experiment ist vorbei.“

Experiment?

Brights Gesicht wurde rot vor Zorn. Es war eine unbeabsichtigte Reaktion, die sich wie ein privilegierter Promi bis zu seiner Stirn vordrängte und Ansprüche an sein Gehirn stellte. Es war ein fremdes Gefühl, das er nicht oft verspürte und schon seit einiger Zeit nicht gehabt hatte, und es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass Shaw es hervorgerufen hatte.

Er war kein Experiment.

Er wollte Shaw daran erinnern, dass er gründliche Aufzeichnungen über alles hatte, was sie jemals diskutiert, geplant, gebilligt und durchgeführt hatten. Er wollte den CIA-Director daran erinnern, dass eine Lossagung von ihm sehr leicht zu einer garantierten gegenseitigen Zerstörung werden könnte. Er wollte den eingebildeten, glatzköpfigen Mann am anderen Ende der Leitung daran erinnern, dass er seine ganze Familie binnen einer Stunde töten lassen könnte.

Aber Drohungen würden ihm nichts bringen. Shaw auf seine eigenen Kosten bloßzustellen wäre wortwörtlich wertlos. Und der CIA-Director wusste das.

Mr. Bright zwang sich zur Ruhe und schluckte den Ärger hinunter, der ausgedrückt und gespürt werden wollte.

Schließlich sagte er: „Das … war nicht das Problem, das ich erwartete zu besprechen.“

„Nein? Welch anderes Problem sollten wir dann besprechen, Bright? Sie haben einen Psychopathen entfesselt, der mit hoch-explosiver Technologie ausgestattet war. Sie haben ihn darauf angesetzt, einen ägyptischen Palast in die Luft zu jagen. Sie haben versucht, ein globales Friedensabkommen zu unterbrechen. Was hatten Sie denn gedacht, was geschehen würde? Dass Sie tun könnten, was Sie wollen und straffrei davonkommen? Dass wir die Vergangenheit einfach ruhen lassen würden?“

Bright schluckte weitere Worte der Vergeltung hinunter. Shaw überschritt eine Grenze. Sehr nah an einer roten Karte.

„Das andere Problem“, erwiderte Shaw.

„Sie lenken ab“, schnaubte Shaw verächtlich.

Und dann bemerkte er es.

Oh-ho.

Shaw wusste es nicht.

Mr. Bright lächelte insgeheim. „Sie haben keine Ahnung, oder?“

„Wovon?“ Der CIA-Director klang jetzt gereizt.

„Sie wissen nicht“, antwortete er langsam, „dass er dort war. In Ägypten.“

Man musste es Shaw zugute halten, dass er nur einen Augenblick brauchte, um zu verstehen, worauf Bright angedeutet hatte. „ Er … Null?“ Nach ein paar weiteren Momenten: „Nein … Nein, es waren meine Leute, die Krauss aufgehalten haben. Sie haben Barkley gerettet. Sie …“ Er hielt inne und fügte alle Teile des Puzzles zusammen.

Bright stellte sich vor, dass Shaws Ohren wahrscheinlich dampften.

„Oh, sie haben es Ihnen nicht gesagt?“, wollte Bright mit gefälschter Überraschung wissen. „Nulls eigene, ehemalige Teamkollegen haben es nicht für nötig gehalten zu erwähnen, dass er dort war? Haben sie Ihnen erzählt, dass sie selbst die großen Retter waren?“ Jetzt war es Bright, der verächtlich schnaubte. „Kommen Sie schon, Shaw. Er war dort. Er hat den Helikopter abstürzen lassen. Er hat Krauss umgebracht. Und er ist auf freiem Fuße. Lebendig.“

„Niemand hätte das überleben können.“ Während er es noch aussprach, war es schon klar, dass Shaw es selbst nicht glaubte. Er wusste genauso gut wie Bright, dass man keine Leiche gefunden hatte. Und ohne eine Leiche war der Agent, der einst als Null bekannt gewesen war, ganz sicher noch am Leben.

„Haben Sie plötzlich den Drang, sich den Rücken zu schützen, Shaw? Er war dort, in Ägypten, und jetzt hat er einen Vorteil. Wir wissen nicht, wo er ist, wie viel er weiß –“

„Das ändert nichts“, schnappte Shaw plötzlich zurück. „Wenn Null noch frei und lebendig ist, dann ist es die Verantwortung der CIA, ihn aufzuspüren und festzunehmen. Für solche Jobs haben wir Spezialisten. Glauben Sie bloß nicht, dass Sie Druckmittel haben, Bright. Es ist immer noch aus zwischen uns.“

„Das ist nicht Ihre Entscheidung“, sagte Mr. Bright ruhig. „Sie haben nicht die Autorität –“

„Das kommt nicht von mir. Die Machthaber haben das entschieden; ich bin nur der Bote. Dieser Anruf ist vorbei. Und Bright?“ Shaw hielt bedeutungsvoll inne. „Vielleicht bin ich nicht derjenige, der sich den Rücken schützen muss.“

Der CIA-Director legte auf.

Bright stand langsam auf. Er öffnete sich den obersten Hemdknopf seines einfachen, dunkelblauen Hemdes, das nur zur Hälfte in seiner Hose steckte. Dann rammte er den Hörer gegen den Schreibtisch, bis er ihn in fünfzig Stücke zerbrochen hatte.

Seine Hand blutete. Es war ihm egal.

Er war kein Experiment.

Er war ein Vermittler. Er war ein Schiedsrichter. Er war notwendig.

Sie bemerkten es nicht, aber sie ließen ihm keine Wahl.

Auf keinen Fall würde er wieder schweißdurchtränkte Waffengeschäfte in der Wüste mit stinkenden, von Läusen befallenen, religiösen Fanatikern machen, die Unschuldige umbrachten und sich für Gottes Willen hielten. Auf keinen Fall würde er wieder selbsternannte Freiheitskämpfer bewaffnen, die Regime stürzten, nur um eines zu werden, was noch schlimmer war.

Auf keinen Fall würde er auch nur einen Fuß in Mogadischu, Bagdad oder Sarajevo setzen, außer es würde er ein Wunder geschehen und er dort ein Fünf-Sterne-Resort bauen.

Er hatte hatte seine Nische gefunden und sich dort verwurzelt. Und er würde sie verdammt noch eins verteidigen.

Es war schon fast ironisch, dass sein ehemaliger Geschäftspartner, Mr. Shade, seinen Wohnort in einem Loch im Boden der marokkanischen Wüste gefunden hatte, da es Shade – geborener Michael Bancroft – gewesen war, der ihn überhaupt zu diesem Geschäft gebracht hatte.

Im Jahr 2002 war Bright im Technologie-Bereich tätig gewesen, nachdem er eine Firma gegründet hatte, deren Software Online-Bezahlungen verarbeitete und automatisch Ausschüttungen an alle Beteiligten der Transaktionen gezahlt hatte. Er hatte die Firma für hundertvierzig Millionen Dollar verkauft und bald darauf an Depressionen gelitten. Würde das Leben nicht mehr besser werden? Hatte er mit Mitte zwanzig schon seinen Höhepunkt erreicht? Nach ein paar schlechten Investitionen und dem Teil, der an die Regierung gegangen war (was zugegebenermaßen wesentlich weniger gewesen war, als es hätte sein sollen), hatte Bright nur noch die Hälfte von dem, was er verdient gehabt hatte.

Er hatte darüber nachgedacht, sich zur Ruhe zu setzen. Er hatte mehr als genug Geld, um den Rest seines Lebens luxuriös zu verbringen. Aber dann war Bancroft aufgetreten; ein junger Typ mit blauem Blut, der seit seinem neunzehnten Lebensjahr im Beteiligungskapital die Puppen hatte tanzen lassen.

Bancroft hatte ihm ein Angebot gemacht. Er hatte gehört, dass Bright investieren wollte und Bancroft hatte nach Kapital gesucht. Die Art von Familie, aus der Bancroft stammte, war nicht reich geworden und geblieben, weil sie ihr eigenes Geld ausgaben.

Bright hatte angenommen, dass Bancrofts Unterfangen mit Silicon Valley, dem wachsenden Sozialmedien-Markt oder vielleicht mit App-Technologie zu tun hätte.

Aber nein. Der junge Mogul hatte das Euphrat-Tal anvisiert gehabt.

Technologie war launisch. Täglich wurde ein Vermögen gewonnen und verloren. Aber Konflikte dauerten ewig. Es gab immer irgendwo auf der Welt zwei Seiten, die sich wegen etwas bekämpften. Das Rezept war recht einfach gewesen: Nimm ein wenig politische Opposition. Falls notwendig, tausche sie mit religiöser Ideologie aus. Füge freigiebig Waffen und Munition hinzu. Et voilá – Aufstand. Lasse ihn ziehen, bis es einen Putschversuch gibt. Wenn man Glück hatte, dann konnte es zu einem richtigen Krieg kommen.

Aber Waffenhandel allein war fade. Es war Bright, der die Idee gehabt hatte, beide Seiten zu bewaffnen. Und so waren sie zu Mr. Bright und Mr. Shade geworden: zwei Seiten derselben Münze, die beide entgegengesetzte Seiten bestückt hatten, ohne dass sie es herausgefunden hatten.

Die Möglichkeiten hatten sich schon bald geboten und sie waren grenzenlos gewesen. Es war kontrollierte Chaostheorie gewesen: ein Terroranschlag in Saudi-Arabien und der Ölpreis war angestiegen. Ein paar US-Touristen waren im Kreuzfeuer chinesischer Banden erschossen worden und plötzlich war der Einfuhrzoll stark angestiegen und alle wollten bei den Amerikanern kaufen.

Handelssperren. Abkommen. Zoll. Terror.

Waffen, war sich Mr. Bright bewusst geworden, waren nicht die Handelsware, vielmehr waren sie die Investition. Waffen und Bomben, Sprengköpfe und Panzerfäuste, Attentate und Beschuss durch die eigene Seite – sie waren der Mittelpunkt der Welt. Sie waren keine Kriegsmaschinen. Sie waren Geldmaschinen.

Jeder Wirtschaftler wusste, dass China deshalb von den Terrorattentaten des elften Septembers profitiert hatte, weil 99% der amerikanischen Flaggen dort hergestellt wurden.

Und dennoch – Bright hatte einen Fehler gemacht. Er war übereifrig geworden, als er den Gedächtnishemmer in Krauss implantiert hatte. Schlimmer noch, das Bombenattentat auf den Heliopolis-Palast hatte den gegenteiligen Effekt gehabt, als jenen, den er angestrebt hatte: Nicht nur fuhren die Mitgliedsstaaten des Kairo-Abkommens mit ihrem Friedensabkommen fort, sondern binnen nur sechs kurzer Tage hatten sich mehr als ein Dutzend weiterer Nationen zu ihnen gesellt.

Bright glaubte nicht an Weltfrieden. Das war ein Hirngespinst, eine vorbereitete Antwort in einem Miss-America-Schönheitswettbewerb. Aber dieses Kairo-Abkommen kam der Sache schon unangenehm nah.

Und jetzt sagte Shaw sich noch von ihm los. Sein Arrangement mit der CIA war sehr lukrativ gewesen.

Und Null war immer noch auf freiem Fuß.

Das waren alles Probleme. Große Probleme. Sie ließen ihm keine Wahl.

Er war kein Experiment.

Mr. Bright schnappte sich ein kleines, weißes Handtuch von der Mini-Bar in der Ecke seines Büros und wickelte es sich um seine verletzte Hand. Da der Hörer komplett zerstört war, nahm er sein Handy – eines von sechs derzeit aktivierten, die er abwechselnd benutzte – und rief Michelle an.

„Sir.“

„Michelle“, sagte er, „Ich glaube, wir werden umziehen müssen. Ein Tapetenwechsel wird uns guttun. Etwas frische Luft … Bäume. Ein Bach vielleicht. Etwas Friedliches.“

„Soll ich das Anwesen vorbereiten lassen?“, fragte Michelle sofort.

„Ja. Perfekt. Danke. Und rufen Sie Weisman an, bitte.“

„Natürlich, Sir. Einen Moment.“

Er wippte mit dem Fuß, während er wartete. Das Fußballspiel war vorbei; er war sich nicht sicher, wer gewonnen hatte.

„Weisman“, ertönte eine atemlose Stimme. Sein Chefingenieur hatte sich wohl beeilt, um zu antworten.

„Wo sind Sie?“

„Siebenunddreißig, Sir.“

„Verstehe. Weisman, wir stecken in ein paar Problemen. Ich glaube, wir werden etwas Feuerwerk brauchen.“

Der Ingenieur schwieg einen langen Moment. Bright konnte sich Weismans bleiches Gesicht vorstellen, wie er sein langes, braunes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden trug, während er seine langweilige Brille mit dem Drahtrahmen hochdrückte.

Schließlich sagte er: „S-sind Sie sich sicher …?“

„Ja.“ Jemand in seiner Position brauchte einen Notplan. Einen, den man hoffentlich niemals verwenden müsste. Die sprichwörtliche Weltuntergangsvorrichtung. Das Jüngste Gericht.

Die ultimative rote Karte.

„Ich … Ich werde es einleiten.“

„Gut. Danke.“ Mr. Bright legte auf. Er ging hinüber zum Fenster und schaute hinaus zum Central Park.

Ein Experiment? Das war lächerlich.

Frieden? Eine Täuschung. Er sah die Welt, wie sie wirklich war. Gewalttätig, gefährlich, aufrührerisch. Man saß eigentlich ständig auf einem Pulverfass, das drohte zu explodieren.

So wird die Welt enden. Nicht mit einem Knall, sondern mit einem Telefonat.

KAPITEL EINS

„Wir sollten uns auf den Weg machen“, sagte Null zu dem Mädchen. „Ich kann los. Wir können reisen.“

„Du kannst es, aber solltest es noch nicht“, erwiderte Mischa leise und einfach, aber dennoch beharrlich, wie es ihre Art war.

„Ich kann das“, wiederholte er, dieses Mal begleitet von einem Stöhnen, während er sich aufsetzte. „Und ich werde es –“

„Und ich werde dich davon abhalten.“ Mischa starrte ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken.

Er blinzelte zuerst.

Jeder andere, der von dem Mädchen bedroht würde, hätte vielleicht gelacht; sie war dreizehn, wog keine neunzig Pfund, trug ein blaues Abenteuerzeit mit Finn und Jake-T-Shirt und hatte ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Aber Null wusste, dass sie von einer ehemaligen russischen Sexspionin großgezogen und von chinesischen Agenten trainiert worden war. Man hatte sie zu einer Weltklasse-Mörderin ausgebildet, die einen Mann auf hundert verschiedene Arten umbringen und dann seine Leiche in sechs Sprachen beleidigen konnte.

Sie war ebenfalls seine Adoptivtochter.

„In Ordnung“, gab er nach, während er sich wieder zurück auf sein Kissen senkte. Doch dann fühlte er, weil er immer noch die väterliche Figur in dieser Beziehung war, das Bedürfnis hinzuzufügen: „Aber ich tue es, weil ich will. Nicht, weil du es mir gesagt hast.“

„Wenn dich das nachts ruhiger schlafen lässt“, murmelte Mischa.

Null zog die Stirn in Falten. „Ich glaube, es gefällt mir nicht, dass du Sarkasmus lernst. Du verbringst zu viel Zeit mit Sara.“

Er bereute es, sobald er es gesagt hatte. Nachdem er den Namen seiner jüngsten Tochter (oder vielmehr seiner mittleren Tochter, seit Mischa der Familie beigetreten war) ausgesprochen hatte, wurde ihm schwer ums Herz. Der emotionale Schmerz, von seiner Familie getrennt zu sein, während ihre Leben in Gefahr schwebten, ließ sein Herz pochen.

Zumindest wusste er, dass Maya und Sara am Leben waren und sich versteckten. Zumindest hatte er das gewusst, als sie das letzte Mal vor zwei Tagen gesprochen hatten.

Null und Mischa hingegen waren in Ägypten. Genauer gesagt versteckten sie sich in Hurghada, einer Resort-Stadt am Roten Meer etwa hundertsechzig Kilometer südöstlich von Kairo. Noch genauer gesagt befanden sie sich im achten Stockwerk eines Hotels am Strand in einem kleinen Zimmer, das ahnungslose Touristen bezahlten, die Mischa einfach bestohlen hatte. Sie waren schon seit zwei Nächten hier und Null wollte keine dritte riskieren. Je länger sie an einem Ort blieben, desto einfacher könnte sie jemand aufspüren.

Jemand wie Bright oder seine Leute. Oder Todd Strickland. Oder die CIA; angenommen, dass Todd seinen Vorgesetzten mitgeteilt hatte, dass Null in Kairo gewesen war.

Ihre Situation war nicht gerade angenehm. Nachdem er den Helikopter in den Heliopolis-Palast hatte stürzen lassen und damit Stefan Krauss umgebracht hatte, war Null von Rettungsarbeitern gefunden und als Max Mustermann (vielmehr war es Fulan Al Fulanyi, ein Platzhalter-Name in Standard-Arabisch) wegen einer Rückenmarksprellung in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht worden.

Er hatte Glück gehabt, denn seine Prognose hätte viel schlimmer sein können; letztlich war sein Rückgrat nur geprellt und es war nicht gar so schlimm wie anfänglich angenommen.

Weniger als vierundzwanzig Stunden später hatte Mischa ihn aus dem Krankenhaus ausgebrochen („ausgebrochen“ war vielleicht ein wenig übertrieben, da er auch einfach selbst heraus hinken hätte können, wenn er es gewollt hätte; nur, dass ihm das Gehen zu jenem Zeitpunkt noch etwas schwergefallen war). Der Fluchtplan hatte ein kleines Feuer, eine Evakuation, einen gestohlenen Rollstuhl und einen Arzt beinhaltet, der Augenzeuge geworden war und es womöglich nicht verdient hatte, mit einer Infusionshalterung bewusstlos geschlagen zu werden.

Jetzt, fünf Tage später – waren es fünf? Er hatte vergessen, wie viel Zeit genau seit dem Absturz vergangen war. Es fühlte sich an, als wäre es schon vor einem Monat gewesen. Einige Tage später waren er und Mischa in einem Hotel versteckt, dass sie für drei Nächte im Voraus bezahlt hatten, während die Schwellung in seinem Rückgrat zurückging und es ihm wieder leichter fiel zu gehen.

Momentan mussten sie noch entscheiden, was ihr Plan war. Wenn Reidigger bei ihnen gewesen wäre, dann hätte er vermutlich einen Anruf getätigt und ihnen einen Platz in einem Frachtflugzeug oder gefälschte Ausweise besorgt. Aber Alan war nicht bei ihnen und Null hatte tatsächlich keine Ahnung, was mit ihm geschehen war. Als sie Reidigger das letzte Mal gesehen hatten, hatte er auf dem Boden einer Wohnung in Rom geblutet, weil er in die Schulter geschossen worden war. Es war zwar kein tödlicher Schuss gewesen, aber zu riskant, um weiter mit ihnen zu reisen. Er hatte darauf bestanden zurückzubleiben und gesagt, dass er jemanden anrufen würde, um abgeholt zu werden.

Null hatte keine Ahnung, wen er angerufen oder wohin man ihn gebracht hatte.

Sie waren in alle Himmelsrichtungen verstreut. Null und Mischa. Sara und Maya. Alan. Sie hatten mehr als einmal bewiesen, dass es keine Macht auf Erden gab, die sie aufhalten konnte, wenn sie zusammen waren. Aber jetzt waren sie getrennt, zerrissen, verwundet, auf der Flucht und ihnen fehlten Ressourcen. Sie waren verletzbar.

Mischa legte sanft eine kleine Hand auf seine Brust. „Runter“, sagte sie ihm leise und drückte ihn sanft herunter. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er sich wieder auf seine Ellenbogen stützte.

Tylenol und Eis aus der Maschine im Flur, das in Hotelhandtücher gewickelt war – das war seine Behandlung. Das und so lang wie möglich stillzuliegen, ohne dabei verrückt zu werden.

Wenigstens hatte er einen Ausblick auf das Rote Meer.

Mischa hatte eine Pistole, die sie von Alan bekommen hatte, bevor sie Italien verlassen hatten, und etwa achthundert ägyptische Pfund, was so viel wie fünfzig Dollar waren. Das waren ihre Ressourcen. Und sie hatten natürlich ihre Fähigkeiten. Und ihre Gehirne – von denen eines aktiv, wenn auch langsam, versuchte, sich selbst und den Körper, der es trug, umzubringen.

Selbst jetzt, da er im Bett lag und auf das Meer hinaus blickte, überkam ihn ein blitzschneller Kopfschmerz. Es dauerte nur einen Augenblick; es war ein scharfer Schmerz, der so schnell wieder verging, wie er gekommen war. Dies war in letzter Zeit immer öfter vorgekommen und er sorgte sich, dass es sich dabei um eine weitere Verschlechterung seines Gehirns handelte. Es war eine Mahnung, dass es ihn eines Tages, womöglich schon bald, umbringen würde.

Einer der beiden Männer, die vielleicht Abhilfe hätten schaffen können, Dr. Guyer, war tot. Der andere, Dr. Eugene Dillard, war … irgendwo. Null hatte es geschafft, Dillard rechtzeitig über den Plan der CIA zu informieren, alle umzubringen, die Wissen über die Gedächtnishemmer-Technologie hatten. Hoffentlich hatte der Arzt sich an einem sicheren Ort versteckt und war dort geblieben.

Guyer war tot. Bixby war tot. Seth Connors, der andere CIA-Agent, der sich der experimentellen Prozedur unterzogen hatte, war tot. Maria Johansson, die zweite große Liebe in Nulls Leben und seine Frau für ganze zwei Tage, war tot.

Aber er war es nicht. Zumindest noch nicht. Ungeachtet dessen, was er seiner Meinung nach verdient hatte oder wie oft er schon knapp dem Tode entwichen war, atmete er dennoch weiter.

Er wunderte sich, wer ihn wohl für tot hielt. Director Shaw? Todd Strickland? Bright?

Nein – der nicht. Bright hatte bewiesen, dass er arrogant war, aber nicht dumm. Er hatte Null einmal unterschätzt und würde denselben Fehler vermutlich kein zweites Mal begehen.

Mischa schob die Glastür auf, die zu ihrem kleinen Balkon mit Ausblick auf den Strand führte, und ließ eine warme Brise eintreten. Sie setzte sich auf den Sessel und hantierte mit der Pistole.

Normalerweise würde er Kinder davor warnen, mit Waffen zu spielen, aber in ihren Händen war sie ebenso sicher wie tödlich.

Schlick. Sie zog das Magazin heraus. Ka-Chink. Sie nahm die Kugel aus der Kammer. Tschik. Sie drückte das Magazin wieder in die Pistole. Ka-Chink. Sie zog das Verschlussstück und beförderte eine Kugel in die Kammer.

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

Er wusste genau, was sie tun mussten.

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

Sie mussten sicher wieder die USA erreichen.

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

Maya und Sara finden.

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

An Bright herankommen.

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

Bright umbringen.

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

Und dann …

Schlick. Ka-Chink. Tschik. Ka-Chink.

Nun. Und dann müssten sie einfach sehen, wie es weiterginge. Er hatte noch keine weiteren Pläne gemacht, außer Bright umzubringen und das würde er auch nicht tun. Nicht, bis es vollbracht war. Aber er hatte sich entschlossen; der Mann musste sterben. Er konnte nicht verhaftet werden und man durfte keinerlei Milde walten lassen. Er war ungestraft mit Gräueltaten davongekommen. Er hatte Leute auf Null, auf seine Familie und seine Freunde gehetzt. Er hatte Stefan Krauss den Gedächtnishemmer implantiert. Er hatte Terrorismus finanziert, um die Wirtschaft zu manipulieren.

Bright umzubringen war zum Wohl der Nation und der ganzen Welt. Aber vor allem war es zu seinem eigenen Wohl.

Durch das Glas starrte Mischa auf den kleinen Haufen Kugeln in ihrer Hand. Eine nach der anderen ließ das Mädchen sie auf die Glasfläche eines kleinen Tisches fallen, wobei sie auf der Oberfläche klirrten.

Schlick. Dann zog sie wieder das Magazin heraus und begann, die Kugeln mit ihrem Daumen hineinzudrücken. „Morgen“, sagte er.

„Hmmm?“Sie blickte nicht auf.

„Morgen brechen wir auf. Es ist notwendig.“

Sie nickte und widersprach nicht. „Wohin?“

Es gab nur einen Ort, an den sie konnten. Und Null war sich ziemlich sicher, dass er bei seinem letzten Besuch dort ein paar Brücken hinter sich verbrannt hatte. Aber dennoch. Sie mussten es versuchen. Vielleicht wäre Sergeant Flagg bereit, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Er hatte sich in der Vergangenheit als vernünftiger Kerl bewiesen.

„Westlich. Nach Marokko.“

Als sie das hörte, blickte Mischa auf. Es war das erste Mal in drei Tagen, dass sie interessiert aussah.

KAPITEL ZWEI

„Einfacher Ladendiebstahl“, murmelte Maya zu Sara und Trent. „Nur das Notwendigste und werdet nicht gierig. Kapiert?“

„Jaaa“, nickte ihre Schwester.

„Verstanden“, fügte Trent hinzu. Er strich sich das Haar von seiner feuchten Stirn, als sie sich dem Mini-Markt näherten. Trotz der hohen Luftfeuchtigkeit von Missouri und der Kleidung, die er schon seit Tagen trug, war Trent dennoch unglaublich attraktiv. Er sah aus, als hätte er ein Quarterback im College sein können oder vielleicht ein junger Schauspieler in einer Teenager-Drama-Serie …

Hör auf damit. Konzentriere dich.

Maya zwang sich wegzusehen. Trent war zweiundzwanzig, zweieinhalb Jahre älter als sie, aber er und Sara sahen Maya dennoch als die Anführerin des Trios an. Und das war auch richtig so; Maya hatte eine anführende Haltung und würde tun, was immer auch notwendig wäre. Sie wählte ihre Worte, bevor sie sprach und überlegte, bevor sie handelte.

Warum hat er dir dann in den letzten zwei Tagen zweimal die Sprache verschlagen?Die Beziehung zwischen Sara und Maya war einfach: Sie waren Geschwister. Sie hatten einzeln und gemeinsam Entführungen, Feuergefechte, Feuer und Mordversuche überlebt. Trotz ihres Altersunterschieds von zwei Jahren und der Tatsache, dass sie sehr verschieden waren, passten sie immer gegenseitig aufeinander auf.

Die Beziehung zwischen Maya und Trent hingegen, das war etwas anderes. Trent war … Nun, Trent war ein Freund. Sie hatten sich als Rivalen im CIA-Trainingsprogramm kennengelernt, waren zu missgünstigen Partnern, zögerlichen Bekannten und schließlich zu Freunden geworden. Er war da gewesen, sowohl bei ihr als auch für sie, als die CIA sie auf einen Einsatz geschickt hatte, der sich zu einem Mordversuch gegen sie entpuppt hatte. Er war jetzt da, sowohl bei ihr als auch für sie, auf der Flucht vor den Autoritäten, Bright und jedem anderen, der möglicherweise hinter ihnen her war. Er hatte das Versteck für sie gefunden. Er hatte die Stimmung aufgeheitert, als sie am verzweifeltsten gewesen waren.

Und zweimal hatte er sie schon hinter der vergammelten, alten Hütte auf dem zugewucherten Grundstück in Missouri getroffen, wo sie sich wie Teenager wild geküsst hatten, während Sara sich geduscht oder ein Nickerchen gehalten hatte. Zweimal war sie seinetwegen sprachlos geworden und er hatte hinterher nichts darüber gesagt.

Es machte sie verrückt nicht zu wissen, was in seinem Kopf vor sich ging.

Hör auf. Konzentriere dich.

Trent war … ihr Freund? Vielleicht. Ihr ehemaliger Partner? Ja. Ein Freund? Ganz sicher. Ein Freund, für den sie ganz offensichtlich Gefühle hegte und der offenbar auch Gefühle für sie hatte, obwohl dies überhaupt nicht die richtige Zeit und der richtige Ort war, um solche Dinge zu erwägen? Ja, ja und ja.

Trent Coleman. Er war Trent Coleman, und das war alles, was er gerade sein musste.

Maya, Sara und Trent waren in Missouri. Genauer gesagt waren sie auf einem etwa zwölf Hektar großen, überwucherten, schwülen Waldgrundstück, das Trents Familie seit Jahrzehnten gehörte, obwohl es niemand wirklich wollte, falls sie sich überhaupt daran erinnerten, dass es ihnen gehörte. Noch genauer genommen hatten sie die letzten vier Tage in einer schimmeligen, vergammelten Ein-Zimmer-Hütte auf dem Grundstück verbracht, die alle Annehmlichkeiten hatte: eiskalte Duschen, ein launischer Generator und ein einzelnes Doppelbett, das roch, als ob ein alter Hund seine letzten Tage darauf verbracht hätte.

Ihre Leben waren einfach deshalb in Gefahr, weil sie wussten, was sie wussten. Die CIA wollte jegliche Beweise der Gedächtnishemmer-Technologie vernichten, was (leider) auch jene Leute einschloss, die davon wussten, was (tragischerweise) ebenfalls die Kinder des ehemals als Null bekannten Agenten einschloss. Sie wussten ebenfalls von dem Kriegsprofiteur, der sich Geschäftsmann nannte und den lächerlichen Spitznamen „Mr. Bright“ verwendete. Maya wusste nicht einmal halb so viel über ihn wie sie gerne gewusst hätte, aber sie wusste, dass Bright schlau genug war zu wissen, dass wenn Null von ihm wusste, seine zwei Töchter dies sicherlich auch taten, und dass sie wissen würden, dass er dies wüsste. Dies machte sie – und Trent und Sara – ebenfalls zu Zielobjekten.

Sie hatten noch keinen Plan. Sie wussten, dass ihr Vater und Mischa am Leben waren, oder zumindest hatten sie dies vor zwei Tagen gewusst, als sie das letzte Mal mit ihnen gesprochen hatten. Ihre Familie hatte, wie so viele, umsichtige Pläne im Fall von bestimmten Notfällen geschmiedet. Einer dieser Pläne, ungleich vieler Familien, war, dass sie, falls sie von einander getrennt würden und nicht auf traditionelle Weise kommunizieren könnten, eine chinesische SMS-App verwenden würden, die unreguliert war und ihnen Anonymität verlieh.

Sara hatte ein Einweg-Handy geklaut, als sie an der Grenze von Missouri Halt gemacht hatten und Maya überprüfte die App jeden Morgen und jeden Abend, bevor sie schlafen ging. Ihr Vater und Mischa hatten sie einmal kontaktiert, um sie wissen zu lassen, dass sie am Leben und in Ägypten waren. Ihr Vater war leicht verletzt und sie mussten sich verstecken, bis es ihm gut genug ging, um wieder zu reisen.

Seitdem hatten sie nichts mehr von ihnen gehört. Maya konnte nur hoffen, dass sie sich weiterhin versteckten und nicht gefangen worden waren oder ihnen noch Schlimmeres widerfahren war. Bis sie wieder etwas von ihrem Vater und Mischa hörten, blieb ihnen in der Zwischenzeit nichts anderes übrig, als stillzuhalten und versteckt zu bleiben.

Die drei hatten nur die Kleidung, die sie trugen, und wenig Bargeld. Dies waren ihre Ressourcen. Und natürlich ihre Fähigkeiten. Und ihre Gehirne.

Auf diesem Einsatz würden sie all diese Ressourcen benötigen.

Sie standen direkt an der Ecke des Gas-N-Get, einem kastenförmigen Mini-Markts, der zu einer Tankstelle gehörte und ebenfalls der nächstgelegene Ort an ihrem Stück Wald und der versteckten Hütte war, wo sie Vorräte bekommen konnten. Es gab nichts weiter in einem Umfeld von Kilometern und falls notwendig, wäre es einfach, in den Wald hinter dem Laden zu flüchten.

Maya gefiel die Idee zu stehlen nicht unbedingt. Das lag nicht daran, dass ihr Regeln besonders wichtig waren – dem war noch nie so gewesen – aber sie war eine sehr moralische Person.

Dennoch war es besser zu stehlen als zu verhungern, und ihre Situation war verhängnisvoller und (man könnte sagen) auch wichtiger als vermisste Produkte im Wert von zwanzig Dollar in einem Mini-Markt in Missouri.

„Ein ganz einfacher Ladendiebstahl“, murmelte Maya erneut. „Trent.“

Trent ging zuerst los, schritt um die Ecke und bummelte so gelassen mit einer Hand in der Tasche seiner abgewetzten Jeans mit einem Loch im Knie, als wären sie einfach nur auf einem Nachmittagsspaziergang.

Maya hatte entschieden, dass sie nicht alle gleichzeitig den Laden betreten und vorgeben würden, einander nicht zu kennen. Sie hatte sich das Geschäft zuvor angesehen und wusste, dass immer nur ein Angestellter anwesend war, und dass es nur eine Sicherheitskamera gab, die in einer Ecke hinter der Kasse angebracht war und nach unten zeigte, sodass sie wahrscheinlich teilweise den Eingang aufnahm. Das sollte kein Problem sein, solange sie nach unten schauten, während sie eintraten.

Es war möglich, dass sie vielleicht ein wenig zu viel geplant hatte.

„Hey“, sagte Sara, bevor sie dran war. „Alles in Ordnung mit dir?“ Sie blickte nicht fragend, sah nicht besorgt aus; es war eine einfache Frage, nur eine Schwester, die sich kümmerte, die vielleicht auch ein wenig Zusicherung in Mayas Gesichtsausdruck suchte.

Obwohl Letzteres unwahrscheinlich war. Sara hatte solche Dinge angestellt, seit sie fünfzehn gewesen war.

„Mir geht’s gut“, bestätigte Maya. „Danke. Du bist dran. Bis gleich.“

Sara nickte und ging um die Ecke.

Maya wartete eine ganze Minute, bevor sie ihrer Schwester um die Ecke in den Laden folgte. Dort war eine Frau, die an einer der Zapfsäulen tankte und ein Pickup fuhr in die Tankstelle, als sie auf die Tür zuging. Aber sie sorgte sich nicht um die anderen Kunden; wenn überhaupt wären sie eine gute Ablenkung für den Angestellten.

Nicht, dass sie so etwas bräuchte. Als Maya mit leicht vorgebeugtem Kopf eintrat, sah sie, dass die Angestellte eine junge Frau war, vielleicht so alt wie Trent, die gar nicht auf die Glocke an der Tür hörte, während sie mit langen, lackierten Fingernägeln auf ihrem Handy tippte.

Maya sah am Rand ihres Blickfelds, wie Trent durch eine der vier Reihen des Mini-Markts schritt. Sara war auf der anderen Seite und gab vor, dass sie Schokoriegel immens interessant fand. Maya machte sich auf den Weg zur Kühltruhe im hinteren Teil des Geschäfts.

Sie sah ihr Spiegelbild im Glas des Kühlschranks und verzog das Gesicht. Ihr kastanienbraunes Haar war gewachsen. Es reichte ihr kaum bis zum Hals, aber es war viel länger als der saubere Pixie-Schnitt, den sie während ihrer Zeit als Kadettin in West Point getragen hatte. Es lag flach und leblos an ihrem Kopf an und sie hatte es auf beiden Seiten hinter die Ohren gesteckt. Sie hatte Ringe unter den Augen, die in der Spiegelung vielleicht dunkler aussahen als in Wirklichkeit, oder zumindest hoffte sie das. Make-up hatte sie schon wer weiß wie lang nicht mehr getragen.

Sehe ich wirklich so aus?

Sie dachte an Trent und wunderte sich, was in aller Welt ihm an ihr gefallen könnte.

Hör auf. Konzentrier dich.

Sie zog die Kühlschranktür auf und holte einen Kanister mit vier Litern Wasser hervor. Dies war sozusagen ihr Alibi – um gar nicht zu erwähnen, dass der Kanister viel zu groß war, um in ihre Hosentasche zu passen.

Die Glocke an der Tür bimmelte wieder, als die Frau von der Zapfsäule eintrat.

„Hallo Bonnie“, sagte die Frau.

„Hey Claire.“

„Benzin an der drei. Wie geht’s deinem Dad?“

Maya stellte sich hinter die Kundin, die anscheinend Claire hieß, und wartete in der Hoffnung, dass sie jegliche mögliche Sicht auf Trent hinter sich blockierte. Maya würde nichts stehlen; das war die Aufgabe der anderen beiden. Sie war die Ablenkung.

„Alt und wackelig, danke der Nachfrage.“

„Ha! Mach’s gut, Bonnie.“

„Du auch, Claire.“

Die Frau verließ den Laden. Die Tür bimmelte wieder. Am Rand ihres Blickfelds sah Maya, wie Sara direkt hinter der Kundin herausschlüpfte.

Raffiniert und praktisch ungesehen. Aber sie hatte auch nichts anderes von Sara erwartet. Mit ihren nur siebzehn Jahren hatte ihre Schwester einen beeindruckend herzzerbrechenden und herzzerbrechend beeindruckenden Lebenslauf, der Opfer von Menschenhandel, emanzipierte Minderjährige, ehemalige Drogenabhängige und ein postschulisches Diplom anstatt eines High-School-Abschlusses beinhaltete, aber sicherlich nicht darauf beschränkt war. Ihr letzter Höhepunkt war Gemeindezentrum-Ninja gewesen.

Letztes war natürlich ein Witz, aber nur, weil sie die Wahrheit vermied. Als Maya und Trent vor ein paar Tagen Sara endlich im örtlichen Gemeindezentrum in Virginia, wo sie zuvor Kunstunterricht genommen hatte, aufgespürt hatten und in der Hoffnung, sie zu retten, dorthin geeilt waren, hatten sie feststellen müssen, dass sie sich schon selbst gerettet hatte – indem sie allein fünf bewaffnete Männer einen nach dem anderen umgebracht hatte.

Es war natürlich Trent gewesen, der ihr zuerst den Spitznamen „Ninja“ verliehen hatte, um die Laune etwas aufzulockern, nachdem Sara ihnen erzählt hatte, was geschehen war. Aber die Wahrheit war, dass Sara ein Killer war. Sicher, sie hatte getötet, um nicht selbst getötet zu werden; aber sie hatte dennoch getötet und ausreichend, um als Serienmörderin bezeichnet zu werden.

Hör auf. Konzentriere dich.

Maya stellte den Wasserkanister neben die Kasse.

Die Angestellte – Bonnie hatte man sie genannt – lächelte sie freundlich an. Ihr Haar war blond und lockig; es hatte so viel Volumen, dass Maya ganz befangen und neidisch auf sie wurde.

„Darf es noch etwas sein?“

„Das ist alles, danke.“ Maya konnte Trent von hier aus nicht sehen – er war irgendwo hinter ihr und sie riskierte es nicht, über ihre Schulter zu blicken, um nicht zu verraten, dass sie sich kannten.

„Ein Dollar neunundvierzig“, sagte ihr Bonnie.

Maya grub in den Taschen ihrer Jeans und zog zwei zerknitterte Dollarscheine hervor.

In ihren Gedanken schrie sie zu Trent: Hau ab, du Idiot. Verschwinde hier, während ich sie ablenke.

„Du bist nicht von hier, oder?“, wollte Bonnie wissen.

„Wie bitte?“ Maya blickte scharf auf. Aber das Mädchen hinter der Kasse lächelte weiter. Sie hatte keinen Verdacht geschöpft. „Nein, nur zu Besuch. Äh, warum fragst du?“

„Das Wasser.“ Bonnie gab ihr zwei Quarters und einen Penny zurück. „Ich dachte, wenn du ganze vier Liter brauchst, dann bist du wahrscheinlich nicht von hier. Die meisten Auswärtigen vertragen unser Leitungswasser nicht.“

„Oh.“ Maya zwang sich zu einem Glucksen. „Ja, genauso sieht es aus.“

Die Tür hatte immer noch nicht geklingelt. Trent hatte den Laden nicht verlassen. Was machte er nur da hinten?

„Man sagt, dass es einen Geschmack hat. Nach Metall oder so? Ich merke es nicht, aber ich bin hier auch aufgewachsen“, brabbelte Bonnie. „Sag mal, möchtest du eine Tüte für …“ Die Angestellte hielt inne. Ihr freundlicher Gesichtsausdruck verhärtete sich zu einem Grollen. Es war nicht an Maya gerichtet, sondern ging über ihre Schulter. „Hey! Du da! Das habe ich gesehen!“

Maya wagte es, über ihre Schulter zu schauen. Trent stand da wie ein Reh im Scheinwerferlicht und hatte die Finger einer Hand weiterhin in seiner Tasche, nachdem er etwas gestohlen und angenommen hatte, dass die Verkäuferin nicht hinschaute.

„Bleib bloß stehen, wo du bist. Ich rufe die Polizei!“, drohte die Angestellte.

Trent blickte zu Maya, aber die reagierte nicht.

Er rannte auf die Tür zu. Mit drei langen Sprüngen war er dort, riss sie auf, hastete nach draußen – und prallte dann ab, wobei er flach auf den Rücken fiel, als wäre er gegen eine Wand gestoßen.

Der verwirrte Mann, der zur gleichen Zeit versucht hatte einzutreten, stand einfach nur da und blinzelte. Es sah nicht aus, als ob Trents volles Gewicht, das gegen ihn geprallt war, ihn überhaupt aus der Fassung gebracht hatte. Der Mann war breit gebaut, etwa einen Meter fünfundachtzig groß und wog schätzungsweise dreihundert Pfund. Er trug Overalls und eine Fernfahrermütze und blickte Trent finster von oben an.

„Carl, halt den Jungen fest!“, rief Bonnie.

Der bärenstarke Mann, anscheinend Carl, blinzelte einfach nur wieder. „Was ist los?“

„Das ist ein Dieb, halt ihn fest!“

Trent kam wieder auf die Beine. Er ballte seine Hände zu Fäusten. Er war von der CIA im Nahkampf trainiert worden. Trotz der enormen Größe und des Gewichtsunterschieds wusste Maya, dass es ihm leicht fallen würde, Carl außer Gefecht zu setzen.

Oder das dachte sie zumindest.

Aber dann tat er das Zweitdümmste, was er hätte tun können (wobei es das Dümmste war, sich überhaupt beim Stehlen erwischen zu lassen). Er ballte seine Faust und holte aus; der Schlag war weit und nachlässig. Seine Knöchel trafen den Hünen an der Seite seines Kopfes.

Carl reagierte kaum. Sein Kopf schwang ein klein wenig zur Seite, aber ansonsten starrte er Trent nur an, als ob er ihn gerade beleidigt und nicht geschlagen hätte.

Sie musste sich nicht darum sorgen, dass er eine dritte dumme Entscheidung treffen würde. Carl trat einen Schritt voran und wand beide seiner dicken Arme um Trent in einer festen Umarmung. Er hob den kleineren Mann hoch und hielt ihn dort fest, während er herüber zu Bonnie schaute, als ob er sich nicht sicher wäre, was er als Nächstes tun sollte.

„Halt ihn dort fest, Carl. Ich rufe Sheriff Joe.“ Bonnie blickte herüber zu Maya; sie sah immer noch wütend aus. Maya erstarrte für einen Moment vor Angst, dass die Verkäuferin ihre Verbindung zu ihm herausgefunden hatte.

Aber dann zwang sie sich zu einem dünnen Lächeln. „Tut mir so leid, dass du das mitbekommen musstest, Kleine. Mach dich jetzt auf den Weg, ich werde die Türen hinter dir verschließen, bis die Polizei kommt.“

„Äh …“ Sie wusste, dass sie eingreifen könnte. Sie könnte versuchen, Carl selbst außer Gefecht zu setzen, insbesondere, da seine Arme beschäftigt waren. Aber das wäre eine schlechte Entscheidung. Ein junger Typ, der in einem Mini-Markt am Ende der Welt Ladendiebstahl beging, würde nirgendwo auf dem Radar erscheinen. Aber zwei junge Leute, ein Mann und eine Frau, die zu Mayas und Trents Beschreibungen passten, die einen Mann so groß wie Carl außer Gefecht setzten und dann flüchteten? Das könnte jemandem auffallen, der nach ihnen suchte.

Also schluckte sie ihre Schuldgefühle herunter, schnappte sich ihren Wasserkanister, murmelte ein „Dankeschön“ und verließ den Laden. Sie schlängelte sich an Carl vorbei, ohne Trent auch nur ein zweites Mal anzusehen. Sie zwang sich dazu wegzugehen, einen Schritt um den anderen, bis sie um die Ecke und hinter das Gebäude gelangt war, wo Sara wartete.

„Was zum Teufel war das?“, wollte Sara wissen. „Ich habe Schreie gehört. Wo ist Trent?“

„Er wurde geschnappt. Mach schon, die Polizei kommt.“ Maya eilte auf die Bäume zu.

Sara bewegte sich nicht. „Er wurde geschnappt? Amateur! Warte mal, wohin gehst du?“

„Zurück zur Hütte.“

„Hey!“ Sara sprang an ihr vorbei und versperrte ihr den Weg. „Wir müssen ihn da rausholen!“