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"Ein Thriller vom Feinsten … Eine fesselnde Geschichte, die man nur schwer aus der Hand legen kann." -Midwest Book Review, Diane Donovan (zu KOSTE ES WAS ES WOLLE) ⭐⭐⭐⭐⭐ "Einer der besten Thriller, die ich dieses Jahr gelesen habe. Die Handlung ist intelligent und fesselt dich von Anfang an. Der Autor hat hervorragende Arbeit geleistet und eine Reihe von Charakteren geschaffen, die voll entwickelt und sehr unterhaltsam sind. Ich kann die Fortsetzung kaum erwarten." -Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu KOSTE ES WAS ES WOLLE) ⭐⭐⭐⭐⭐ Vom #1-Bestseller und USA Today-Bestsellerautor Jack Mars, Autor der von Kritikern hochgelobten Luke Stone und Agent Zero-Reihen (mit über 5.000 Fünf-Sterne-Rezensionen), kommt eine explosive, actiongeladene Spionageserie, die den Leser auf einen wilden Ritt durch Europa, Amerika und die Welt mitnimmt. Jacob Snow – ein ehemaliger Elitesoldat und CIA-Agent, der von seiner Vergangenheit verfolgt wird – ist einer der größten Trümpfe der CIA. Als eine Terroristengruppe ein Auge auf den größten archäologischen Schatz der heiligsten Stadt wirft, weiß Jacob, dass er nur wenig Zeit hat, um Jerusalem zu erreichen, bevor ein internationaler Krieg entfacht wird. Jacob weiß auch, dass er den Fall nicht lösen kann, ohne sich mit der geheimnisvollen Archäologin zusammenzutun, in die er hofft, sich nicht zu verlieben. Als sie sich aufmachen, um die uralten Rätsel zu entschlüsseln und sie zu stoppen, merken sie bald, dass die Verschwörung tiefer geht, als sie es sich vorstellen konnten. Da das Schicksal der Welt auf dem Spiel steht, könnte ihnen die Zeit davonlaufen. ZIEL ZWEI ist der Debütroman einer aufregenden, neuen Serie eines Bestsellerautors, der es schafft, dass du dich in einen brandneuen Action-Helden verliebst – und bis spät in die Nacht blätterst. Perfekt für Fans von Dan Brown, Daniel Silva und Jack Carr. Buch #3 der Serie –ZIEL DREI – ist jetzt ebenfalls erhältlich.
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Seitenzahl: 289
Veröffentlichungsjahr: 2023
Z I E L Z W E I
(SPIEL DER SPIONE – BAND 2)
J A C K M A R S
Jack Mars
Jack Mars ist Bestsellerautor bekannt aus der USA Today. Seine LUKE STONE Thriller-Reihe umfasst sieben Bände. Weitere Reihen von ihm sind DER WERDEGANG VON LUKE STONE, bestehend aus sechs Bänden, die AGENT NULL Spionage-Thriller Reihe, bestehend aus zwölf Bänden, die TROY STARK Thriller-Reihe, bestehend aus drei Bänden, sowie die SPIEL DER SPIONE Thriller-Reihe, bestehend aus drei Bänden.
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Copyright © 2022 von Jack Mars. Alle Rechte vorbehalten. Mit Ausnahme der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln vervielfältigt, verbreitet oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Datenabfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen verschenkt werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihr eigenes Exemplar. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist ein Werk der Belletristik. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Produkt der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig. Jackenbild Copyright MaxZolotukhin
BÜCHER VON JACK MARS
SPIEL DER SPIONE
ZIEL EINS (BUCH #1)
ZIEL ZWEI (BUCH #2)
EIN TROY STARK THRILLER
SKRUPELLOSE EINHEIT (BUCH #1)
DAS KOMMANDO DER SKRUPELLOSEN (BUCH #2)
LUKE STONE THRILLER SERIE
KOSTE ES WAS ES WOLLE (BUCH #1)
AMTSEID (BUCH #2)
LAGEZENTRUM (BUCH #3)
UMGEBEN VON FEINDEN (BUCH #4)
DER KANDIDAT (BUCH #5)
UNSERE HEILIGE EHRE (BUCH #6)
DAS GESPALTENE REICH (BUCH #7)
DER WERDEGANG VON LUKE STONE
PRIMÄRZIEL (BUCH #1)
DER HÖCHSTE BEFEHL (BUCH #2)
DIE GRÖSSTE BEDROHUNG (BUCH #3)
DIE HÖCHSTE EHRE (BUCH #4)
DER HÖCHSTE HELDENMUT (BUCH #5)
DIE WICHTIGSTE AUFGABE (BUCH #6)
EINE AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER SERIE
AGENT NULL (BUCH #1)
ZIELOBJEKT NULL (BUCH #2)
JAGD AUF NULL (BUCH #3)
EINE FALLE FÜR NULL (BUCH #4)
AKTE NULL (BUCH #5)
RÜCKRUF NULL (BUCH #6)
ATTENTÄTER NULL (BUCH #7)
KÖDER NULL (BUCH #8)
HINTER NULL HER (BUCH #9)
RACHE NULL (BUCH #10)
NULL–AUSSICHTSLOS (BUCH #11)
INHALTSVERZEICHNIS
PROLOG
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
Ein einsames Bauernhaus in der Nähe von Durham, Nordengland
2:00 Uhr
Nichts, das Professor Arnold Woburn während seiner langen Dienstjahre erforscht hatte, hätte ihn jemals auf diese Nacht vorbereiten können.
Vierzig Jahre lang hatte er Althebräisch und Altgriechisch studiert, sowie das Alte und das Neue Testament und seine Fähigkeiten als Übersetzer, Historiker und Bibelkommentator verfeinert. Außerdem beherrschte er fünf moderne Sprachen, wusste, wie man Ausgrabungsstätten untersuchte, um die beste und vielversprechendste Stelle zu lokalisieren, und war ein Naturtalent darin, einen ganzen Saal voller Forscher zu begeistern, wenn es darum ging, seine neuesten Entdeckungen vorzustellen.
Doch nie zuvor hatte er es mit einer ganzen Bande Verbrecher zu tun gehabt, die nichts Besseres zu tun hatten, als ihn zu verprügeln.
Und sie hatten ihm noch nicht einmal gesagt, was sie von ihm wollten.
Sie hatten ihn entführt, als er auf der Heimfahrt von einer Abendvorlesung an der Universität Durham zurückgekehrt war. Dort war er Gastprofessor der Theologie und momentan auf einem Sabbatical von der Universität North Carolina-Chapel Hill. Er war gerade auf einer langen, einsamen Landstraße unterwegs und keine drei Kilometer von seinem Zuhause entfernt gewesen, als er sich seine Vorlesung noch einmal hatte durch den Kopf gehen lassen, die er am nächsten Tag halten wollte. Doch plötzlich war der Bulli, der einhundert Meter vor ihm fuhr, voll auf die Bremse gestiegen und hatte die Straße blockiert. Ein Auto hinter ihm hatte es dem Fahrzeug gleichgetan und ihn so ohne Fluchtmöglichkeit eingekesselt.
Während er dagesessen und verzweifelt versucht hatte zu verstehen, was gerade vor sich ging, waren mehrere Männer aus den Fahrzeugen gesprungen, hatten ihn aus seinem eigenen Auto herausgezerrt und in den Bulli verfrachtet. Bevor er überhaupt verstanden hatte, wie ihm geschah, hatte man ihm eine Augenbinde und Handschellen angelegt und ihn auf die Ladefläche geschmissen.
Als sie den Motor angelassen hatten, hatte er geschrien: „Ich gebe Ihnen, was auch immer Sie wollen. Bringen Sie mich zu einem Bankautomaten und ich hebe …“
Ein Schlag in die Magengrube war der einzige Hinweis, den er gebraucht hatte, um zu schweigen.
Der Rest der Fahrt hatte aus erdrückender Stille bestanden.
Als der Bulli endlich stehenblieb und sie ihm die Augenbinde abnahmen, fand er sich in einer riesigen Garage wieder. Das andere Auto stand neben ihnen. Die Männer, die ihn entführt hatten, trugen keine Masken, was ihm mehr Angst bereitete als alles, was sie ihm sagen oder antun hätten können.
Ihnen war egal, wenn er ihre Gesichter sah, denn sie wussten, dass er niemals die Gelegenheit würde haben können, jemandem von ihnen zu erzählen.
Warum? Warum? Das war die einzige Frage, die er sich wieder und wieder stellte, als sie ihn in das Haus verfrachteten. Sie führten ihn durch ein geräumiges und wohl ausgestattetes Wohnzimmer hinunter in den Keller. Warum sollten ihn diese Kerle entführen? Er war nicht besonders reich. Er war auch nicht berühmt außerhalb eines kleinen Kreises an Akademikern. Er hatte keinen Zugang zu Staatsgeheimnissen. Seine Frau ebenfalls nicht. Worum ging es ihnen?
Er hatte zu sehr Angst, sie zu fragen, ja überhaupt seinen Mund zu öffnen.
Sie standen in der Mitte eines betonierten Kellers und eine einzelne nackte Glühbirne hing über seinem Kopf. Insgesamt zählte er acht von ihnen. Sie waren allesamt jung oder mittleren Alters. Ihre Blicke waren unerbittlich.
Sie nahmen ihm die Handschellen ab. Er stand nur da, betrachtete sie nervös und rieb sich seine aufgekratzten Handgelenke.
Jemand hinter ihm räusperte sich.
Professor Woburn drehte sich um und dachte, dass einer dieser Verbrecher ihm nun endlich verraten würde, was hier vor sich ging.
Stattdessen erhielt er eine Ohrfeige.
Er taumelte zurück, eher aus Überraschung als vor Schmerzen. Die Ohrfeige war nicht hart gewesen, aber unerwartet.
„Was wollen …“
Ein anderer Mann verpasste ihm noch eine Ohrfeige, dieses Mal härter. Woburn taumelte erneut zurück und ein Dritter schlug zu.
Sie alle kamen nun näher.
Er schützte seinen Kopf und die Ohrfeigen wurden durch Schläge in seinen Magen, auf seinen Rücken und in seine Rippen ersetzt.
Doch sie hielten sich zurück. Selbst er merkte, dass jeder einzelne seiner acht Entführer ihn mit nur einem einzigen Schlag hätte ausschalten können. Mit achtundsechzig Jahren war es lange her, dass er auch nur irgendeine Art von Sport getrieben hatte und diese Männer waren äußerst durchtrainiert.
„Warum tun Sie mir das an?“, heulte er, während die Schläger immer schneller, jedoch nicht stärker wurden.
Und doch überwältigte ihn der Schmerz langsam. Seine Beine gaben nach und er kniete auf dem Boden. Er konnte gerade noch seine Arme heben, um seinen Kopf vor den Schlägen zu schützen.
Plötzlich ertönte ein lauter Pfiff. Die Schläge ließen nach.
Für einen kurzen Moment bewegte sich Woburn nicht und vermutete einen Trick.
Dann blickte er durch seine ausgestreckten Finger.
Ein älterer Mann in einem Geschäftsanzug, mit hartem Gesichtsausdruck und einer Glatze schritt durch den Keller und auf ihn zu. Er musterte ihn mit seinen eisblauen Augen.
Er nickte und Woburns Entführer schlugen erneut auf ihn ein.
Woburn heulte schmerzerfüllt und verwirrt auf.
Nach ein paar Sekunden pfiff der Mann noch einmal. Die Schläge stoppten.
Woburn blickte ihn an.
„Hallo, Professor. Ich werde Ihnen einige Fragen stellen und Sie werden sie ohne zu zögern und wahrheitsgemäß beantworten. Haben Sie das verstanden?“
Die Art, wie er sprach, verriet ihm, dass er aus dem Mittleren Westen der USA stammen musste. Indiana, oder vielleicht noch weiter westlich. Doch sein Akzent war nur leicht. Er war kein Bauer. Er war ein gebildeter Mann, der seinen Wurzeln treu geblieben war.
Professor Woburn nickte.
„Sehr gut. Sie waren 2015 auf der Tel Shimon Ausgrabung, nicht wahr?“
„J … Ja“, antwortete er verwirrt. Warum sollte eine Gruppe Verbrecher davon wissen?
„Und die Archäologen dort haben einen versiegelten Tonbehälter gefunden, in dem sich Papyri befanden haben, ja?“
„Ja, aber warum …“
Sie schlugen erneut zu und Woburn kauerte sich zusammen. Der Mann pfiff und sie hörten auf.
„Ich stelle hier die Fragen, Professor Woburn, nicht Sie. Sie waren der zuständige Inschriftenforscher für die Ausgrabung und Sie haben die erste Übersetzung der Papyri angefertigt, welche auf Althebräisch verfasst wurden.“
Langsam begann er zu verstehen.
„Das ist korrekt“, sagte Woburn widerwillig.
„Was stand in ihnen geschrieben?“
Woburn hätte fast gefragt, warum um alles in der Welt ihn jemand entführen und verprügeln sollte, um zu erfahren, was er vor beinahe zehn Jahren auf alten Papyri gelesen hatte.
Doch seine Frage blieb ihm im Halse stecken, als die Angst in ihm aufstieg.
Keine Angst vor weiteren Schlägen, sondern die Angst, als er erkannte, worauf diese Männer es abgesehen hatten.
Der Mann verpasste ihm eine weitere Ohrfeige. „Was haben Sie gelesen?“
„Sie … Sie wollen die Lade.“
„Offensichtlich. Antworten Sie.“
„Aber das sind nichts als Legenden. Sie müssen doch verstehen, dass zu der Zeit König Salomons …“
Eine weitere Ohrfeige. „Mich interessiert Ihre Interpretation nicht. Sagen Sie mir, was dort geschrieben stand.“
„Auf den Papyri stand, dass die Bundeslade unter dem Salomonischen Tempel vergraben sei.“
Diese Feststellung wäre geradezu lächerlich gewesen, wenn diese Männer nicht so ernst gewesen wären. Zweitausend Jahre alte israelische politische Propaganda und sie glaubten wirklich, ihre Aussagen seien ernst zu nehmen?
Das hatte Oberst Haddad also gemeint, als er die Papyri konfisziert und ihm verboten hatte, seine Forschungsergebnisse zu publizieren.
„Es tut mir leid, dass Ihre Arbeit umsonst war, Professor, doch wenn dies an die Öffentlichkeit gerät, wird jeder Exzentriker und Grabräuber dieser Welt versuchen, unter dem Tempelberg zu graben. Wir können dort nicht noch mehr Unruhen gebrauchen.“
Woburn hatte nur zu gut verstanden. Der Tempelberg im Zentrum von Jerusalem war die Stätte vom Salomonischen Tempel, der im Jahre 587 vor Christus von den Babyloniern zerstört worden war. Ein paar Jahrzehnte darauf wurde er als der zweite Jerusalemer Tempes wiedererbaut und blieb bestehen, bis er vom römischen General und zukünftigen Kaiser Titus im Jahre 70 wieder zerstört wurde. Nur die westliche Mauer des Tempels blieb bestehen. Heutzutage als Klagemauer bezeichnet ist sie eine der heiligsten Stätten für Juden aus aller Welt, die sich dort versammeln, um zu beten.
Auf dem Hügel selbst und über der westlichen Mauer steht der Felsendom, wiederum eine der heiligsten Stätten des Islam, wo Mohammed selbst der Legende nach einst ein geflügeltes Ross in den Himmel ritt. Die einzigen heiligeren Pilgerstätten sind Medina und Mekka. Juden und Muslime haben seit Jahrhunderten um den Tempelberg gekämpft und seit der Gründung Israels haben sich diese Kämpfe nur verstärkt. Es vergeht kaum ein Jahr, in dem es dort kein Blutvergießen gibt.
Zu dieser explosiven Mischung noch Grabräuber hinzuzufügen, wäre, als würde man Feuer mit Öl bekämpfen.
„Stand dort auch wo genau?“, fragte der Mann im Geschäftsanzug.
Professor Woburn konnte diese geradezu erleuchtende Zeile, die er übersetzt hatte, nie vergessen. Sie war für immer in sein Gedächtnis eingebrannt.
„Die Schriften waren äußerst vage. Der exakte Wortlaut war: ‚Die Pharisäer gingen unter den Salomonischen Tempel, in die Tunnel des Heiligen, um die geheiligte Lade dort zu verstecken und sie vor den Feinden des Herrn zu schützen.‘“
„Haben sie nichts anderes über die Tunnel geschrieben?“
„Nein. Die Papyri wurden während des Bar-Kochba-Aufstandes in den 130ern verfasst. Der Wortlaut, die Sprache selbst und das Gefäß, in dem sie gefunden wurden, stammten aus der gleichen Zeit. In den meisten Schriften ging es um die Rebellion sowie um ihren Gebetsalltag. Das alles wurde übrigens auch publiziert.“
„Ich weiß, Professor. Ich habe Ihre Publikationen gelesen. Doch der Text selbst, den Sie gerade zitiert haben, wurde nie vollständig veröffentlicht. Warum nicht?“
Woburn wollte den Mann fragen, wie er überhaupt davon wusste. Er war einer der wenigen. Doch er konnte keine Fragen stellen. Das hatte er inzwischen gelernt.
„Die israelische Regierung hat ihn konfisziert und mir mitgeteilt, dass wenn ich ihn publizieren sollte, es etliche Grabräuber geben würde, die versuchen würden, am Tempelberg Ausgrabungen anzustellen. Selbst, wenn wir darauf hinweisen würden, dass es sich um Propaganda aus einem späteren Jahrhundert handelt, würde die Öffentlichkeit denken, dass es sich um Tatsachen handelt und nach der Bundeslade suchen. Abgesehen davon wäre es unmöglich!“ Ohne, dass er es wollte, platzte es aus ihm heraus. „Denken Sie doch nur an das politische Chaos, dass das verursachen würde. Außerdem sind die Sicherheitsvorkehrungen wasserdicht. Überall sind Soldaten und Kameras. Wenn Sie es auch nur versuchen, wird man Sie verhaften, oder – schlimmer noch – gleich erschießen. Vielleicht würden sie Sie sogar lynchen!“
Woburn schwieg plötzlich, als er erkannte, dass er zu viel gesagt hatte. Und doch schlugen sie ihn nicht erneut. Der Geschäftsmann lächelte sogar.
„Verhaften? Lynchen? Ich glaube nicht, Professor. Oh, der Tempelberg ist gut bewacht, da haben Sie recht, aber wir planen diese Sache schon seit äußerst langer Zeit. Wir haben bereits vermutet, dass der Berg der richtige Ort ist, und dank Ihnen haben wir jetzt die Bestätigung.“
Aber woher wussten sie überhaupt davon? Er war der Einzige, der die Schriften gelesen hatte, abgesehen von Moshe, dem Studenten der Hebräischen Universität, der sein Assistent auf der Ausgrabung gewesen war. Und er war letztes Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Oh, nein. Sein Autounfall konnte doch nicht etwa vorgetäuscht worden sein?
Woburn schnappte nach Luft. Er versuchte, etwas zu sagen, doch es kam nichts als ein Krächzen hervor. Er räusperte sich und versuchte es erneut.
„Warten Sie. Bitte, ich …“
Vor seinen Augen blitzte etwas auf. Etwas legte sich um seinen Hals und schnürte ihn zu. Seine Hände schossen hoch und spürten den dünnen Metalldraht. Seine Augen weiteten sich, während er sich in sein Fleisch bohrte. Ein Knie rammte sich in seinen Rücken und er bäumte sich vor Schmerzen auf. Verzweifelt riss er an dem Draht und schnitt seine Finger an ihm auf, in dem verzweifelten Versuch, ihn zu lösen und Luft zu holen.
Der Geschäftsmann stand regungslos vor ihm und beobachtete ihn emotionslos.
„Danke für Ihre Hilfe, Professor Woburn. Sie sollten wissen, dass Ihnen eine große Ehre zuteilgeworden ist. Statt die Geschichte nur zu studieren, sind Sie nun zu einem Teil von ihr geworden.“
Marrakesch, Marokko
Mittag
Am gleichen Tag
Jacob Snow wartete geduldig, bis sein Ziel den ersten Zug machte. Er saß bereits seit einer halben Stunde an einem Essensstand auf dem großen Marktplatz Djemaa el Fna in Marrakesch und beobachtete Karim ibn Mohammed, wie er eine heiß dampfende Schüssel Harira löffelte, eine marokkanische Suppe mit Tomaten und Kichererbsen. Dieser Kerl war ein äußerst langsamer Esser und schien es fast so sehr zu genießen, wie er es genoss, sich Gefangene im Dark Web zu kaufen und sie zu quälen.
In gleich mehreren Foren war Karim ibn Mohammed als „Schmerzensmeister“ bekannt und so etwas wie ein Prominenter im Dark Web. Er hatte bereits mehrere sogenannte „Feinde des Islam“ getötet, unter anderem einen Polizisten in einer Kleinstadt im Süden Marokkos, der es gewagt hatte, einen von Karims Agenten zu verhaften.
Das zugehörige Video war fünfzehn Minuten lang gewesen. Der marokkanische Polizist, der ausgesehen hatte, als hätte er den Großteil seiner Karriere damit verbracht, Strafzettel zu verteilen, war bis zur letzten Sekunde am Leben gewesen.
Jacob hatte sich zwingen müssen, das Video vollständig anzusehen. Im Gegensatz dazu, was viele Leute glaubten, gewöhnten sich selbst CIA-Agenten nicht an diese Anblicke. Nun, vielleicht musste Jacob zugeben, dass er sich ein bisschen daran gewöhnt hatte. Nur so konnte das Gehirn diese Bilder überhaupt überstehen. Doch sein Innerstes würde niemals desensibilisiert sein. Jedes Mal, wenn er ein Video von Karim sah, nahm sein Glaube an die Menschheit ein wenig mehr ab.
Und nach all diesen Videos hatte er nun endlich den Star selbst vor sich, wie er seine Suppe schlürfte und keine Sorge auf dieser Welt zu haben schien.
Allerdings würde Jacob ihm schon bald genug Sorgen bereiten. Schon heute Abend würde der Schmerzensmeister in einer dunklen, feuchten Gefängniszelle verrotten. Oder tot sein.
Jacob wusste genau, welches Schicksal er für diesen Barbaren bevorzugen würde.
Der Djemaa el Fna war der perfekte Ort, um in aller Öffentlichkeit unterzugehen und auch der perfekte Ort, um einen Terroristen zu überwachen. Der riesige Marktplatz, der von alten Gebäuden und der größten Moschee der Stadt umgeben war, pulsierte nur so vor Aktivität.
Im Zentrum standen dutzende Essensstände, an denen es jede nur erdenkliche Mahlzeit gab. Zahlreiche Grille heizten die Luft noch mehr auf, als sie ohnehin von der afrikanischen Sonne bereits war und das Fleischaroma von Lamm, Hühnchen und Ziegen hing über dem Platz. Riesige, dampfende Kessel voller Suppe trugen zum angenehmen Geruch und der Hitze bei. Etliche Elektromixer verwandelten frische Früchte in Saft und scharfe Messer klackerten auf Schneidebrettern. Sie klangen wie Maschinengewehre, während die Köche im Takt Gemüse für die nächsten einhundert Tajine vorbereiteten.
Den Marktplatz selbst umgaben offenere, aber keineswegs leere Stätten. Hier standen traditionsreiche Geschichtenerzähler auf ihren Stühlen und teilten ihre uralten Legenden mit dem faszinierten Publikum aus verhüllten Marokkanern. Eine Horde kleiner Kinder, deren Münder weit offenstanden, beobachteten fasziniert ein Puppentheater und hinter ihnen wanderte eine Truppe Touristen, deren Münder genauso offenstanden, umher und ließ einen Schlangenbeschwörer nicht aus den Augen, wie er Tricks mit einer Indochinesischen Rattenschlange vorführte – eine harmlose Spezies, deren Verteidigungsmechanismus gegen andere Raubtiere daraus bestand, der weitaus gefährlicheren Kobra äußerst ähnlich zu sehen.
Bei einem Einsatz in Pakistan war Jacob einmal von einer echten Kobra gebissen worden. Er nahm es dem Künstler nicht übel, eine unechte für seine Vorstellung zu nehmen. Jacob hatte noch immer eine Narbe von dem Biss, wo die Kobra durch seinen Armeestiefel hindurch in seinen Knöchel gebissen hatte. Und er konnte sich noch zu gut an das Fieber erinnern, wie er alles doppelt gesehen hatte, und welche unerträglichen Schmerzen er in den darauffolgenden Stunden durchlitten hatte.
Doch jetzt musste er sich um ein ganz anderes Biest kümmern. Der Schmerzensmeister hatte seine Harira endgültig vertilgt und zahlte gerade.
Jacob hatte für seine Tajine bereits im Voraus gezahlt, sodass er ohne Verzögerung gehen konnte. Schade, dass er nicht fertig geworden war. Sie war äußerst lecker und er hatte nicht einmal die Hälfte geschafft.
Karim hatte ihm den Rücken zugewandt, also nahm Jacob die Gelegenheit wahr und warf seinem Team einen Blick zu, einem Paar staatlicher marokkanischer Sicherheitsagenten.
Der Dienstältere, Farid, saß an einem anderen Essensstand gegenüber von Karim. Er war angezogen wie ein Geschäftsmann und schlürfte Tee.
Hinter den Ständen, nahe dem Zugang zu der Gasse, in die sie vermuteten, dass Karim verschwinden wurde, stand Ghanem. Er hatte eine traditionelle braune Robe und ein Kopftuch an, doch er sah alles andere als traditionell aus. Er trug zahlreiche kitschige Ketten aus Plastik und Falschsilber, sowie einen Behälter voller kleiner Kamelfiguren. Er hatte jahrzehntelange Erfahrung und so hässliche Stücke gewählt, dass kein einziger Tourist auch nur auf die Idee kommen würde, ihn anzusprechen. So würde er in keine Situation gelangen, in der er nicht sofort verschwinden konnte.
Allerdings gab es einige Touristen, die Fotos von ihm machten. Lächerlich sah er in der Tat aus. Doch Jacob wusste, dass er in einem Kampf alles andere als lächerlich war.
Karim stand auf. Jacob nahm einen letzten Bissen Tajine. Ein echter Marokkaner hätte das Brot dazu verwendet, das Essen aufzunehmen, und Jacob eigentlich auch, doch er wollte wie jemand aussehen, der noch nie in Nordafrika gewesen war. Das Yankees-T-Shirt und die kurze Hose trugen ihr Übriges dazu bei.
Karim ging hinter ihm vorbei. Es lagen ein paar Stände zwischen ihnen und es wirkte, als würde er auf die Gasse zugehen, von der sie es vermutet hatten. Sie führte nach einigen Biegungen und Wendungen zum Haus eines Mannes, der aller Wahrscheinlichkeit nach Mitglied der im Lande verbotenen al-Qaida im islamischen Maghreb war.
Sie würden ihm folgen und sie beide festnehmen.
Im Augenwinkel sah Jacob, dass Farid seinen Tee abstellte. Ghanem würde ihr Ziel im Auge behalten, bis Farid und Jacob aufbrechen konnten. Ghanem selbst war zu auffällig angezogen, um die Verfolgung aufzunehmen. Sobald sie auf seiner Spur waren, würde er in einem Haus in einer der Gassen verschwinden, das der örtlichen Geheimpolizei gehörte, seine Djellaba ausziehen, unter der er moderne Kleidung trug, und ihnen folgen.
Jacob hatte keine Sorgen, dass sie einen exzellenten Job verrichten würden. Die Männer kannten die labyrinthartigen Gassen und Alleen der alten Stadt wie ihre Westentasche.
Farid ging an ihm vorbei. Das nahm Jacob als Zeichen, ebenfalls aufzustehen und gemächlich hinter Karim her zu schlendern.
Der Terrorist befand sich etwa zwanzig Meter vor ihm und Farid etwa auf halbem Wege zwischen den beiden. Nicht gerade ein großer Sicherheitsabstand und Jacob hätte in den meisten anderen Situationen mehr Distanz bevorzugt, doch der Platz war so voller Menschen, dass es nicht anders ging, wenn sie ihn nicht verlieren wollten.
Weiter vorn sah er, wie Ghanem nun in die Allee verschwand, in der er sein Kostüm wechseln würde. Selbst jetzt bot er noch jedem Touristen, der vorbeikam, eine seiner hässlichen Figuren an.
Karim bog in eine enge Gasse zwischen zwei hohen Gebäuden ab, deren schlichte steinerne Fassaden lediglich von ein paar hohen Fenstern mit zugezogenen Läden durchbrochen wurde. Farid war nahezu direkt hinter ihm, sorgte jedoch stets dafür, dass ahnungslose Passanten zwischen den beiden die Sicht versperrten. Karim war bereits seit fast zehn Jahren ein bekannter Terrorist, also war er mit großer Wahrscheinlichkeit bewaffnet und auf der Hut. Sie verfolgten ihn schon den ganzen Tag und Jacob hatte bemerkt, dass er zwar nie offensichtlich über seine Schulter schaute, allerdings jedes Mal, wenn er um eine Ecke bog, einen scharfen Winkel schlug, sodass er aus dem Augenwinkel sofort sehen konnte, wer oder was noch einen Moment vorher hinter ihm gewesen war. Er blieb auch auffällig oft vor Schaufenstern stehen, um seine Reflexion zu studieren.
Soweit Jacob erkennen konnte, wusste Karim nichts von ihrer Anwesenheit. Er hoffte inständig, dass dem so bleiben würde. Schließlich hegte er nicht den Wunsch, dass er oder einer seiner marokkanischen Kollegen der neue Star in einem neuen Video des Schmerzensmeisters wurde.
Jacob bog in die enge Gasse ab und trat von den strafenden Sonnenstrahlen in die angenehme Kühle zwischen den steinernen Wänden, die tagsüber nur wenige Stunden in Licht getaucht wurden. Ein wenig weiter bog die Allee nach rechts. Karim war bereits außer Sichtweite, genau wie seine beiden unauffälligen Verfolger. Farid ging gerade um die nächste Ecke. Jacob beschleunigte seinen Schritt ein wenig.
In dem Moment vibrierte sein Handy. Er hatte es so eingestellt, dass ausschließlich ein Notruf von der Kommandozentrale durchkommen würde.
Die Zentrale wusste, dass sie ihr Ziel verfolgten, wenn sie also jetzt anrufen, musste es wirklich wichtig sein.
Ganz tolles Timing.
Er zog sein Handy hervor und ging erneut langsamer.
„Ja?“, meldete er sich leise und blickte über seine Schulter. Ein älterer Marokkaner mit einer Stofftasche, in der sich, wie es aussah, sein täglicher Einkauf befand, betrat die Gasse und kam auf ihn zu.
„Kommen Sie zurück zur Zentrale. Sie werden so schnell wie möglich woanders benötigt“, ertönte eine männliche Stimme mit marokkanischem Akzent. Er kannte sie nicht. Aber das musste er auch nicht.
„Aber wir sind bereits …“
„Die beiden kommen ohne Sie klar. Zeit ist von äußerster Bedeutung. Wir brauchen Sie jetzt.“
„Verstanden.“
Er drehte sich um und steckte das Handy weg. Der ältere Mann mit der Tasche hatte inzwischen aufgeholt. Er blickte ihn direkt an – und dann zu Boden.
Jacobs Herz pochte schneller. War das einer von Karims Männern? Wurden sie ebenfalls verfolgt?
Er konnte jetzt nicht gehen, nicht, wenn seine anderen Teammitglieder vielleicht in Gefahr schwebten. Er musste diesen Mann zuerst überprüfen.
Er tat so, als schriebe er eine Nachricht auf seinem Handy und ging auf die Seite der Allee, wo der Mann mit der Tasche sich befand. Gerade, als er neben ihm vorbeigehen wollte, stieß Jacob mit ihm zusammen und traf die Tasche mit seinem Schienbein. Etwas Hartes, Schweres stieß gegen ihn und klapperte laut.
Jacob tat so, als stolperte er, sodass der alte Mann gar nicht mitbekam, wie er in die Tasche griff und die Stoffabdeckung beiseiteschob, die den Inhalt verdeckte.
Es war ein großer Keramikbehälter, der mit einem zugehörigen Deckel bedeckt war. In ihm befand sich Tajine, wenn man dem Geruch trauen konnte.
„Sorry“, sagte Jacob laut und auf Englisch. „Ich habe nicht aufgepasst.“
„Kein Problem, Mister“, antwortete der Mann ebenfalls auf Englisch. Auf Arabisch murmelte er anschließend: „Wie können diese Leute so reich sein, wenn sie so dumm sind?“
Jacob eilte zurück zur Djemaa el Fna. Sein Schienbein tat weh von dem Zusammenprall mit dem Topf des Mannes. Er ging so schnell er konnte über den Platz und achtete immer wieder darauf, dass er nicht verfolgt wurde. Wurde er nicht, soweit er das beurteilen konnte, doch bei den hunderten von Menschen auf dem großen Platz und auf den Balkonen über ihm, konnte man sich nie ganz sicher sein.
Am Rande des Marktplatzes nahm er sich ein Taxi und bedeutete dem Fahrer, ihn ans andere Ende der Stadt zu befördern.
* * *
Drei Häuserblöcke vor der Kommandozentrale ließ Jacob das Taxi anhalten. Er wartete, bis das Fahrzeug außer Sichtweite war, bevor er den Rest des Weges in Angriff nahm.
Die Zentrale des marokkanischen Geheimdienstes sah aus wie jedes andere Café auch. Die Schaufenster waren dreckig, im Inneren war es dunkel und ein Dutzend Männer saßen an den Tischen, rauchten und blickten gelegentlich zum Fernseher, wo eine Naturdokumentation über Eisbären lief. Es war die Art von Café, wo jeder Ausländer angestarrt wurde, wenn er es wagte, hineinzukommen.
Doch niemand schenkte ihm Beachtung. Jeder einzelne der Männer war Mitglied eines der vielen Zweige der marokkanischen Sicherheitsdienste und sie alle kannten ihn. Mit manchen hatte er sich sogar schon Feuergefechte geliefert.
Auch wenn Jacob sich schlecht fühlte, Farid und Ghanem allein lassen zu müssen, beschuldigte er die Männer hier nicht, ihnen nicht auszuhelfen. Manche von ihnen waren da, um diesen Ort zu bewachen. Andere waren zu bekannt im islamistischen Untergrund, um der Jagd beizuwohnen. Wieder andere spezialisierten sich auf andere Gebiete. Der Mann, der in der Ecke saß und gerade eine Runde Backgammon gewann, war ein Scharfschütze. Der ältere Herr gegenüber von ihm, der lauthals fluchte, war Experte darin, verschlüsselte Radiosignale zu entschlüsseln. Personen zu verfolgen war eine Fertigkeit, die nicht jeder beherrschte. Man konnte nicht einfach irgendjemanden für diese Art von Job auswählen, nicht bei jemandem, der so paranoid war wie Karim ibn Mohammed.
Jacob bog im Inneren scharf links ab, außer Sicht vom Eingang. Er ging am gelangweilt aussehenden Ladenbesitzer vorbei, der schwarze Gürtel in sechs verschiedenen Kampfkünsten besaß, und trat durch eine schwere Holztür, die einst strahlend blau gestrichen war. Doch heutzutage war die Farbe verblasst.
Hinter der Tür befand sich ein kurzer Flur und eine verschlossene Metalltür. Auf ihr stand „Elektrisches Relais, nicht berühren“ auf Arabisch und Französisch, sowie gelb-schwarze Blitze, um die Warnung universell verständlich zu machen. Das tiefe Surren machte die Illusion perfekt. Jacob konnte sie nicht sehen, doch an der Wand befand sich eine Miniaturkamera, die von den restlichen schwarzen Flecken, die die Tapete zierten, kaum zu unterscheiden war.
Das Schloss klackte, nachdem er eine Sekunde vor der Tür innegehalten hatte.
Hinter der Tür und der riesigen marokkanischen muskelbepackten Wache befand sich ein mittelgroßes Büro. Mehrere transparente Glaswände waren bis zur Decke hochgezogen. In jedem kleinen Bürobereich stand jeweils ein Tisch und an den meisten von ihnen saßen Agenten. Einige waren damit beschäftigt, Funkverkehr zu lauschen oder sich mit jemandem am anderen Ende zu unterhalten. Andere sahen sich auf dschihadistischen Webseiten um oder entschlüsselten Videos von Hinrichtungen oder Autobomben.
Und trotz der Geschäftigkeit war es komplett still, oder zumindest wirkte es vom Eingang aus so. Jedes kleine abgetrennte Büro war schallisoliert, sodass die klassifizierten Unterhaltungen des jeweils einen Agenten nicht vom nächsten mitgehört werden konnten.
Ein marokkanischer General saß im größten Abteil ganz am Ende. Er war in dem Land, das äußerst stolz auf seine Generäle war, noch nie im Fernsehen gewesen, auch wenn er mehr Abzeichen und Auszeichnungen an der Brust trug, als jeder einzelne seiner Kollegen. Keine der zugehörigen Verleihungszeremonien war öffentlich gewesen.
Denn der Krieg, in dem er sich befand, war ein stiller Krieg. Es war ein Katz und Maus Spiel mit islamistischen Terrorzellen, ob sie nun heimisch waren oder aus den gröberen Gegenden des Mittleren Ostens stammten. Eine nach der anderen war es sein Ziel, sie und ihre Agenten auszuschalten, sie auf eine Art und Weise zu verhören, die er für nötig befand, und sich stets die Befehlsstruktur hinaufzuarbeiten, bis er sie schließlich allesamt hochnehmen konnte.
Im Laufe der letzten fünfzehn Jahre hatte er all das so oft wiederholt, dass niemand auch nur schätzen konnte, wie viele Leben er gerettet hatte.
Sein Name war General Jaloul Cherkaoui und unter marokkanischer Gesetzgebung würde Jacob hingerichtet werden, wenn er diesen Namen auch nur laut aussprach.
Und Washington würde es zulassen. General Cherkaoui hatte auch etliche amerikanische und europäische Leben gerettet.
Jacob schritt zu der Tür des Generals. Die Wache, die die Tür für ihn geöffnet hatte, begleitete ihn und salutierte, als er durch die Tür schritt. Jacob tat es ihm nicht gleich. Er gehörte schließlich der CIA an, nicht dem Militär.
General Cherkaoui blickte von der E-Mail, die er gerade an seinem Laptop verfasste, auf. Er tippte noch einen Moment weiter, klappte den Laptop dann zusammen und nickte. Die Wache öffnete die Tür und Jacob betrat sein Büro.
Keiner von ihnen sagte ein Wort, bis die Tür wieder geschlossen war. Das einzige Geräusch stammte vom Surren der Klimaanlage.
Der General sprach zuerst. „Ihnen wurde eine neue Aufgabe zugeteilt. Sie sollen per Hubschrauber nach Asilah fliegen. Er wartet am Flughafen. In Asilah wird ein Land Rover für Sie bereitgestellt. Sie werden zu den Koordinaten, die ich Ihnen gebe, fahren und eine Archäologin vor einem Attentat bewahren.“
Jacobs Herz machte einen Satz. Er kannte eine Archäologin, die zufällig gerade in der Nähe von Asilah unterwegs war.
Der General fuhr fort: „Unseren Quellen zufolge wurde ein tunesischer Söldner namens El Idrissi angeheuert, Dr. Jana Peters zu ermorden, die dort momentan eine Ausgrabung leitet.“
Wenn er es wusste, dann zeigte der General keine Anzeichen dafür, dass Jacob und Jana erst kürzlich zusammen eine Terrorgruppe davon abgehalten hatten, eine behelfsmäßige Atombombe im Suezkanal hochgehen zu lassen. Doch wahrscheinlich wusste er es tatsächlich nicht – es gab keinen Grund dafür.
„Wir haben diese Information von einem zuverlässigen Informanten, auch wenn er uns nicht sagen konnte, welchem Zweck dieses Attentat dienen sollte. Wir haben die üblichen Informationen über Dr. Peters, jedoch gibt es keine Hinweise darauf, dass sie eine Sicherheitslücke darstellt.“
Anscheinend passt die CIA noch immer gut genug auf ihre Leute auf, dass Sie nicht herausfinden konnten, wer ihr Vater war.
Aaron Peters hatte Jacob nach einem Nervenzusammenbruch aus Afghanistan gerettet und ihn langsam bei seiner Rückkehr in ein normales Leben begleitet. Und schließlich war er derjenige gewesen, der ihn zur CIA gebracht hatte.
Leider war Aaron Peters nicht mehr unter ihnen. Auf einem Einsatz war er verschwunden und man nahm an, dass er, wie so viele weitere ausgezeichnete Agenten, ums Leben gekommen war.
General Cherkaoui reichte ihm eine Akte. „Dies sind sämtliche Informationen, die wir über Dr. Peters und El Idrissi besitzen. Sie können sie im Hubschrauber lesen.“
„Danke, General.“
„Viel Glück, Agent Snow.“
Jacob hatte sich bereits umgedreht. Er schwitzte und die Klimaanlage blies ihm kalte Luft entgegen. Sie fühlte sich an wie der eiskalte Wind der Arktis.
Jana steckt in Schwierigkeiten.
Ein Feld in der Nähe von Asilah, im Nordwesten von Marokko
Am gleichen Abend
Dr. Jana Peters ließ ihren Blick ein letztes Mal über die Ausgrabungsstätte schweifen, während ihre Crew Planen über die offenen Gräben legte, die Arbeiten für den Tag beendete und zurück zu ihren Unterkünften ging. Die Planen würden jeglichen Dreck oder herangewehtes Laub daran hindern, die fein säuberlich freigelegten Stellen der römischen Villa zu verunreinigen, die sie entdeckt hatten. Außerdem würden sie dafür sorgen, dass sich kein Tau auf dem feinen Mosaik bildete, das sie bereits den gesamten Sommer über am Freilegen waren.
Den Großteil der Arbeiten hatte Jana verpasst. Kurz nachdem sie das große Mosaik, das die Tierkreiszeichen abbildete, im Triclinium – dem Esszimmer der Villa, in dem die Familie des Hauses Gäste empfangen hatte – entdeckt hatten, war sie in die zwei schrecklichsten Wochen ihres Lebens verwickelt worden.
Die schrecklichsten und gleichzeitig aufregendsten.
Sie hatte Dinge getan, von denen sie niemals gedacht hätte, dass sie zu ihnen fähig wäre und Dinge gesehen, die sie niemals vergessen würde.
Doch sie versuchte, all das hinter sich zu lassen. Jacob, dieser irritierende und gleichzeitig faszinierende Kerl, der ihren verstorbenen Vater gekannt hatte, hatte ihr ausdrücklich mitgeteilt, dass er dafür sorgen würde, dass sie so fern von sämtlichen Angelegenheiten der CIA bleiben würde, wie es nur ging. Dass ausgerechnet ihre Expertise benötigt worden war, und dass sie in Lebensgefahr geschwebt hatte, waren die einzigen Gründe, warum sie Teil seines Teams geworden war.
Doch jetzt war sie endlich wieder in ihrem Alltag angekommen. Sie ging zu dem Mosaik hinüber, um es sich noch einmal anzusehen, bevor ihre Studenten es für die Nacht bedeckten. In der allerersten Woche der Ausgrabung, vor etwa zwei Monaten, waren sie mit einem Testgraben genau auf den Jackpot gestoßen und hatten eine Ecke des eleganten Kunstwerkes freigelegt. Auf einer Platte war ein Stier abgebildet, fein koloriert in verschiedenen Brauntönen und einem Schwarz, das Schattierungen deutlich machte. Gleich neben ihm befanden sich zwei junge Männer in Tuniken, die nebeneinander posierten.
Stier und Zwilling. Als sie den Graben über die nächsten Wochen hinweg ausgeweitet hatten, hatten sie den gesamten Boden des Tricliniums freigelegt. In der Mitte befand sich ein großer Kreis, der sämtliche Sterne der Tierkreiszeichen zeigte. Ganz im Zentrum war eine Sonne, die – zu Janas Erleichterung – aus gelbem Stein bestand und nicht aus Gold. Sie hatten schon genug Ärger mit Grabräubern gehabt und inzwischen hatte die örtliche Polizei für nachts sogar eine Wache abkommandiert.
„Es ist wunderschön, nicht wahr?“, ertönte eine Stimme hinter ihr.
