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"Sie werden nicht schlafen, bis Sie AGENT NULL zu Ende gelesen haben. Ein erstklassiges Werk mit einer Reihe von gut entwickelten, sehr genießenswerten Figuren. Die Beschreibung der Action-Szenen befördert uns direkt in eine Realität, in der man meinen könnte, man säße im Kino mit Surround-Sound und 3D (es würde wirklich einen tollen Hollywood Film abgeben). Ich kann die Fortsetzung kaum abwarten." --Roberto Mattos, Books and Movie Reviews HINTER NULL HER ist Buch #9 der #1 Bestseller AGENT NULL-Reihe, die mit AGENT NULL (Buch #1) beginnt. Es erhielt fast 300 Fünf-Sterne-Rezensionen und kann kostenlos herunterladen werden. Die Palästinenser entscheiden, dass sie Frieden mit Israel schließen möchten — und sie wollen, dass der US Präsident den historischen Friedensvertrag auf ihrem Gebiet verhandelt. Agent Null rät dem Präsidenten von der gefährlichen Reise ab, doch der besteht darauf. Nach einer Reihe von dramatischen und schockierenden Wendungen folgen die 48 gefährlichsten Stunden in Nulls Leben, die ihn zu einer unmöglichen Mission zwingen: den Präsidenten um jeden Preis zu retten. HINTER NULL HER (Book #9) ist ein Spionage-Thriller, den man einfach nicht aus der Hand legen kann. "Thriller-Schriftstellerei vom besten." --Midwest Book Review (in Bezug auf Koste es was es wolle) "Einer der besten Thriller, die ich dieses Jahr gelesen habe." --Books and Movie Reviews (in Bezug aufKoste es was es wolle) Jack Mars' #1 Bestseller LUKE STONE THRILLER Serie (7 Bücher) ist ebenfalls erhältlich. Sie beginnt mit Koste es was es wolle(Buch #1), das gratis heruntergeladen werden kann und über 800 fünf-Sterne-Rezensionen erhielt!
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Seitenzahl: 467
Veröffentlichungsjahr: 2020
H I N T E R N U L L H E R
(EIN AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER—BUCH 9)
J A C K M A R S
Jack Mars
Jack Mars ist der USA Today Bestseller Autor der LUKE STONE Thriller Serie, welche sieben Bücher umfasst (und weitere in Arbeit). Er ist außerdem der Autor der neuen WERDEGANG VON LUKE STONE Vorgeschichten Serie und der AGENT NULL Spionage-Thriller Serie.
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BÜCHER VON JACK MARS
LUKE STONE THRILLER SERIE
KOSTE ES WAS ES WOLLE (Buch #1)
AMTSEID (Buch #2)
LAGEZENTRUM (Buch #3)
UMGEBEN VON FEINDEN (Buch #4)
DER KANDIDAT (Buch #5)
UNSERE HEILIGE EHRE (Buch #6)
DER WERDEGANG VON LUKE STONE
PRIMÄRZIEL (Buch #1)
DER HÖCHSTE BEFEHL (Buch #2)
EINE AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER SERIE
AGENT NULL (Buch #1)
ZIELOBJEKT NULL (Buch #2)
JAGD AUF NULL (Buch #3)
EINE FALLE FÜR NULL (Buch #4)
AKTE NULL (Buch #5)
RÜCKRUF NULL (Buch #6)
ATTENTÄTER NULL (Buch #7)
KÖDER NULL (Buch #8)
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Agent Null - Zusammenfassung von Buch 8
Ein höchst geheimes Hitech-Schienengewehr wird sofort nach seinem ersten Test von unbekannten Tätern gestohlen, die vorhaben, die Waffe zu zerstörerischen Zwecken einzusetzen. In einem verrückten Wettstreit gegen die Zeit muss Agent Null all seine Fähigkeiten einsetzen, um den Ursprung dieser unaufhaltsamen Waffe zu entdecken und ihr Ziel herauszufinden, bevor es zu spät ist. Doch gleichzeitig erfährt Null von einer schockierenden Neuentwicklung in seinem mentalen Zustand, die ihn endgültig außer Gefecht setzen könnte.
Agent Null: Die Lücken in seinem Gedächtnis plagen ihn auf neue Weisen, sodass er nun auch andere Leben bei seiner Arbeit aufs Spiel setzt. Trotz seines Zustands stimmt er zu, Teil einer neuen Abteilung der CIA zu werden, in der er zusammen mit seinen Kollegen und im Auftrag des Präsidenten selbständig arbeiten wird und sich nur dem Oval Office zu verpflichten hat. Er hat die Menschen, die ihm nahestehen, immer noch nicht über sein versagendes Gedächtnis informiert, doch er hat seine Töchter um ihre Zustimmung gebeten, um Marias Hand anzuhalten.
Maria Johansson: Nachdem sie monatelang Mischa, ein zwölfjähriges Mädchen, das ein Teil der Verschwörung um die Ultraschallwaffe gewesen war und in einer Zelle im Untergeschoss der CIA gefangen gehalten wurde, besucht hatte, konfrontierte Maria ihre Vorgesetzten und verlangte, dass man das Mädchen in ihre Obhut freilasse.
Maya Lawson: Nachdem sie allein aufgebrochen war und einen ehemaligen CIA-Agenten aufgespürt hatte, der einen Protoypen des Gedächtnishemmers implantiert bekommen hatte, verdächtigt Maya nun, dass ihrem Vater ebenfalls das Gedächtnis gelöscht wurde. Sie weiß allerdings nicht, ob das die Wahrheit ist. Nachdem sie mit Geheiminformationen gefasst wurde, wurde Maya angeordnet, wieder zur Militärakademie West Point zurückzukehren. Das weist darauf hin, dass man sie auf etwas Größeres vorbereitet als sie ahnt.
Sara Lawson: Sara half ihrer Freundin Camilla, indem sie das Mädchen gegen einen gewalttätigen Drogenhändler verteidigte und sie in eine Rehabilitationsanstalt brachte, nachdem sie sich erfolgreich ihrer eigenen Sucht gestellt hatte. Danach entschied sie sich einer Selbsthilfegruppe für misshandelte Frauen beizutreten, doch das Erlebnis ließ einen neuen Gedanken in ihr aufkeimen - dass sie zu mehr fähig ist als nur zu helfen.
Präsident Jonathan Rutledge: Rutledge ist seinem Ziel, Frieden im Nahen Osten zu erreichen, ein großes Stück näher gekommen, nachdem er ein erfolgreiches Abkommen mit dem Ayatollah des Irans abgeschlossen und der König von Saudi-Arabien seine Drohungen zurückgenommen hat. Nun plant er eine neue, kleine Abteilung der CIA zu gründen, ein hoch geheimer Ableger, der von Agent Null und seinem Team geleitet wird.
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
KAPITEL EINUNDDREISSIG
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
KAPITEL DREIUNDDREISSIG
KAPITEL VIERUNDDREISSIG
KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG
KAPITEL SECHSUNDDREISSIG
KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG
KAPITEL ACHTUNDDREISSIG
KAPITEL NEUNUNDDREISSIG
KAPITEL VIERZIG
„Das hier“, sagte der israelische Mann, der sich Uri Dahan nannte. Er schnalzte mit den Lippen, während er einen weiteren Löffel des Gerichts vor sich aß. „Das schmeckt mir sehr gut.“ Arabisch sprach er wegen seines Begleiters; es war eine Sprache, die er zwar fließend beherrschte, die aber nicht seine Muttersprache war. Hebräisch war die Sprache seiner Vorfahren. „Wie heißt es?“
Der palästinensische Präsident Ashraf Dawoud lächelte. „Maqluba. Es kommt aus dem Westjordanland.“ Es war auch eines seiner persönlichen Lieblingsgerichte, das seine eigene Mutter oft in seiner Kindheit zubereitet hatte.
Uri runzelte die Stirn. „Umgedreht?“, fragte er und übersetzte den Namen des Gerichts wortwörtlich.
„Ja“, nickte Präsident Dawoud. „Gebratene Tomaten, Kartoffeln, Aubergine und Blumenkohl, vorsichtig mit Hackfleisch aufeinandergeschichtet. Beim Servieren wird es dann umgedreht. Deshalb –Maqluba.“
„Verstehe.“ Uri Dahan, der israelische Diplomat, der im Auftrag des Premierministers geschickt worden war, hob leicht eine Augenbraue an. „Koscher?“
„… Halal.“
„Das reicht.“ Uri lächelte freundlich. Er hatte darauf bestanden, Uri genannt zu werden und nicht Herr Dahan oder etwas ähnlich Formelles. „Wissen Sie, dass die Hälfte der israelischen Juden nicht die jüdischen Speisegesetze einhalten? Sie sind schon etwas veraltet, finden Sie nicht? Ein bisschen so, wie wenn religiöse Ideologie den Frieden zwischen Nationen verhindert.“
„Das ist wahr“, stimmte Dawoud zu. Abgesehen von ihren beiden Stimmen herrschte Ruhe im Restaurant. Es war eine kleine Gaststätte mit nur acht Tischen und einem, der derzeitig besetzt war. Man konnte es nicht gehoben nennen, weshalb es der perfekte Ort für ein solches Treffen war. Das Essen war einfach, aber authentisch und köstlich. Als er jünger war, lange bevor er durch die politischen Ränge des Parlaments aufgestiegen und zum Präsidenten Palästinas geworden war, hatte Ashraf Dawoud oft in diesem kleinen Restaurant gespeist. Sie befanden sich drei Häuserblocks vom Mövenpick Hotel in Ramallah entfernt, dem Zentrum der palästinensischen Nationalbehörde, und etwa zehn Kilometer nördlich von der heiligen Stadt Jerusalem.
Dawoud hatte den Besitzer großzügig bezahlt, damit er für den Abend schloss, sodass das Treffen stattfinden konnte. Ein Anruf wäre womöglich genug gewesen, doch der Premierminister hatte auf ein persönliches Treffen bestanden; nicht mit ihm selbst, noch nicht, sondern mit Uri Dahan, einem schnurrbärtigen Mitglied der Knesset, Israels Einkammerparlament. Uri sah von Anfang an vielversprechend aus – ganz das Gegenteil von dem, was Dawoud erwartet hatte. Er war ehrlich gesagt eher misstrauisch gewesen.
Doch nun wurde Uris Heiterkeit zu Festlichkeit, während er die Überreste der Maqluba vor sich anstarrte. „Ich bin überzeugt, dass ich im Namen des Premierministers spreche, wenn ich sage, dass wir alle schon lange auf den heutigen Tag gewartet haben.“ Er blickte Dawoud an. „Aber wir müssen verstehen, dass es Widerstand geben wird. Diese Art von Wandel ist für einige … schwierig.“
Dawoud nickte. „Und unmöglich für andere.“ Es gab jetzt schon Widerstand, besonders im Gazastreifen – doch wann gab es den nicht? Je mehr Gerüchte es darüber gab, dass Israel und Palästina sich dem Frieden näherten, desto größer wurden auch die Anstrengungen der Dissidenten.
„Aber … ich höre, dass Sie Unterstützung haben.“ Uris Lächeln kehrte zurück.
„Sie können offen sprechen“, versicherte ihm Dawoud. „Alle Anwesenden wurden gründlich überprüft.” Abgesehen von den zwei Staatsoberhäuptern gab es nur sechs weitere Anwesende im Restaurant: Zwei muslimische Sicherheitsangestellte, denen Dawoud sein Leben und mehr anvertraute. Sie waren bullige, finster starrende Mitglieder der Präsidentengarde, die sich keine fünf Meter vom Tisch entfernt an der Wand aufhielten. Zwei israelische Sicherheitsangestellte standen in der Nähe der Tür. Einer von ihnen war eine Frau mit kurzem, schwarzem Haar und einem sehr aufmerksamen Blick, der hin und wieder in Richtung des Präsidenten schweifte. Den Koch hatten sie zwar nicht gesehen, doch er hatte das köstliche Mahl zubereitet. Ihr Kellner war ein junger Mann mit großen Ohren, der höchstens fünfundzwanzig sein konnte und außerdem auch ein trainiertes Mitglied der palästinensischen inneren Sicherheitsbehörde war. Nur als Vorsichtsmaßnahme. Man hatte Dawoud zu seiner Zeit vieler Dinge beschuldigt. Doch seine Aufrichtigkeit, knapp gefolgt von seinem Verfolgungswahn, entsprachen tatsächlich der Wahrheit.
„Der amerikanische Präsident“, sagte Uri und hielt inne, um sich seinen Mundwinkel abzuwischen. „Was halten Sie von ihm? Glauben Sie, seine Anstrengungen sind aufrichtig?“
Dawoud strich sich über das Kinn. „Ja.“ Niemand hatte bei Beginn seiner turbulenten Amtszeit angenommen, dass Präsident Jonathan Rutledge eine Legende im Amt werden würde. Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses war aufgrund der Skandale und Amtsenthebung seiner Vorgänger zur Präsidentschaft gekommen. Doch er hatte einen Plan aufgestellt und diesen bisher durchgezogen: nicht nur den Frieden zwischen den Vereinigten Staaten und dem Nahen Osten zu fördern, sondern auch zwischen allen Nahost-Nationen unter sich. Der junge König Basheer von Saudi-Arabien hatte vor weniger als drei Wochen Rutledges Abkommen unterschrieben, genauso wie der Ajatollah des Irans, worauf der US-Präsident sehr stolz war.
Rutledge und Dawoud hatten sich während der letzten Monate mehrere Male ausführlich unterhalten. Dawoud hatte sogar angefangen, den amerikanischen Politiker als Freund zu betrachten.
Als Rutledge den Vorschlag gemacht hatte, einen Friedensvertrag zwischen Palästina und Israel zu verhandeln, war ihm das lächerlich erschienen. Zu optimistisch. Unerreichbar. Doch jetzt, wo ein Mitglied der Knesset und Vertreter des israelischen Premierministers ihm gegenüber zu Abend aß, konnte Dawoud sehen, was Rutledge vor all den Monaten gesehen hatte, als er das Abkommen vorgeschlagen hatte: Es war nicht nur möglich, sondern unvermeidbar.
„Gaza?“, fragte Uri und zog eine Augenbraue schroff hoch.
Er musste nicht weiter erklären. Dawoud wusste, dass er von den Zellen im Gazastreifen sprach. Es waren fanatische Splittergruppen, die unter keinen Umständen Frieden akzeptieren und bei jeder Gelegenheit weiterkämpfen würden. Sie brachten andere und sich selbst für eine Ideologie um, die jegliche Politik und allen Verstand überschritt.
„Wie Ihre Geheiminformationen schon angeben … Ich habe Hilfe.“ Dawoud rückte sich die Krawatte zurecht und entschied sich für Offenheit. „Eine kleine Elite-Einheit, Leihgabe der amerikanischen CIA.“
Da richtete sich der Blick der israelischen Sicherheitsangestellten wieder auf ihn. Es dauerte nur einen Moment, doch ihre dunklen Augen suchten nach etwas, das Dawoud nicht bestimmen konnte. Blitzartig starrte sie danach wieder gerade vor sich.
Uri nickte, schien zufrieden. „Dies war ein höchst produktives Treffen, Präsident Dawoud. Ich glaube, es erreicht jetzt sein Ende. Gibt es sonst noch etwas … ?“
„Sonst nichts, nein.“ Dawoud stand gleichzeitig mit Uri auf. Beide Männer schlossen den obersten Knopf ihres Jacketts, bevor sie sich die Hand über den runden Tisch reichten. „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, Uri Dahan, und richten Sie bitte dem Premierminister aus, dass ich mich auf seinen Anruf freue.“
„Das werde ich tun. Zweifellos wird es ein positives Gespräch.“ Uri lächelte erneut freundlich. „Und bitte, mein Kompliment an den Chef. Einen schönen Abend, Mr Präsident.“ Uri und seine zwei Bodyguards gingen durch die Tür in die Nacht hinaus.
Dawoud schwoll das Herz in der Brust. Wie seltsam, dachte er, dass ein wichtiger Schritt in der Geschichte in einem winzigen Restaurant mit einem Gericht aus seiner Kindheit getan wurde. Er war sich sicher, dass dieses Treffen ein Test von Premierminister Nitzani gewesen war, um herauszufinden, ob Dawouds Absichten wirklich authentisch waren. Wenn er recht hatte, dann war er sich sicher, dass er ihn bestanden hatte. Uri war zwar charmant entwaffnend gewesen, doch Dawoud hatte die verstohlenen Blicke der weiblichen Sicherheitskraft bemerkt.
Zweifellos Mossad, riet Dawoud. Er wunderte sich, ob sie nicht diejenige war, die den Test durchführte. Wie auch immer, er machte sich keine Sorgen darüber, bestanden zu haben, denn er war aufrichtig gewesen.
Ashraf Dawouds Herz war vielleicht geschwollen, doch seine Blase protestierte. Die Fahrt von hier nach Hause dauerte nur fünfzehn Minuten – sogar weniger, falls er es verlangte – aber das war eine unnötige Verzögerung, wenn es hier Toiletten gab.
„Einen Moment“, sagte er seinen Bodyguards, während er auf das WC im hinteren Teil des Restaurants zuging.
Einer von ihnen, ein Mann mit Turban namens Marwan, trat einen Schritt vor, um ihn zu begleiten, doch Dawoud hielt ihn mit einem Lachen auf und hob sanft seine Hand an. „Ich glaube, das kann ich schon selbst erledigen, mein Freund.“
Marwan nickte kurz und ging wieder auf seine Position an der Wand. Dawoud würde es öffentlich nicht zugeben, doch in letzter Zeit war seine Prostata nicht gerade freundlich zu ihm gewesen, und wenn er in der Nähe anderer urinieren musste, so lief er rot im Gesicht an.
Er drückte die Tür zum WC auf, ging zwei Schritte hinein und hielt plötzlich an, als er einen Mann in grauer Uniform sah, der eine Toilettenkabine wischte. Dawoud blickte ihn an – es sollte an diesem Abend sonst niemand im Restaurant sein, selbst wenn er nur die Toiletten reinigte – und der Mann blickte überrascht zurück. Wahrscheinlich hatte er nicht erwartet, dass der Präsident seines Landes ins WC geeilt kam.
„Es … es tut mir leid, Sir“, stammelte der Mann und starrte zu Boden. Er war dünn, sein Kopf war rasiert und er hatte einen widerspenstigen schwarzen Bart. „Sie sagten, ich soll außer Sicht bleiben, ich dachte nicht, dass Sie … ich meine …“
„Ist schon in Ordnung“, versicherte ihm Dawoud. „Sie machen nur Ihre Arbeit.“
„Ich gehe, Sir, ich gehe.“ Der Hausmeister steckte seinen Mopp in einen Eimer, der auf seinem Reinigungswagen angebracht war, auf dem sich Putzmittel, ein Mülleimer und andere Dinge zur Reinigung befanden.
„Sir, bitte.“ Dawoud trat einen Schritt nach vorn und legte eine Hand auf die Schulter des hektischen Mannes. „Machen Sie sich keine Umstände. Tun Sie einfach Ihre Arbeit.“
„J-ja. Danke, Sir. Das werde ich tun.“ Der Hausmeister zögerte erneut, doch nahm seinen Mopp aus dem Wagen und wandte seine Aufmerksamkeit erneut der Toilettenkabine zu.
Dawoud ging zum Waschbecken und bespritzte sein Gesicht mit kühlem Wasser. Er war erst dreiundfünfzig, doch in letzter Zeit waren die Falten um seine Augen tiefer geworden. Sein Bart war schon seit Jahren graumeliert und drohte jetzt an, ganz weiß zu werden. Die kahle Stelle auf seinem Kopf war innerhalb von einem Jahr von der Größe einer Fünf-Agorot-Münze zu der einer Pflaume gewachsen.
Er war niemals ein Trinker gewesen – wenigstens in dieser Hinsicht war er ein gewissenhafter Moslem – doch er musste sich einfach wundern, warum er das Rauchen aufgegeben hatte, wo die Politik ihn doch so viel schneller altern ließ.
Dawoud trocknete sich die Hände ab und ging auf die zweite Kabine zu. Es war die einzige, die nicht von dem Hausmeister und seinem Mopp besetzt war. Er drückte die Tür auf und erstarrte sofort.
Für einen Moment schien es einen Kurzschluss in Dawouds Gehirn zu geben. Sein erster und einziger Gedanke in diesem Moment war die Frage, warum in der Toilettenkabine ein Spiegel stand, denn er starrte sich selbst an. Exakt dieselbe Größe. Derselbe grau-weiße Bart. Dieselben Falten um die Augen. Dasselbe graue Jackett über einem weißen Hemd mit blauer Krawatte.
Allerdings hatte sein Spiegelbild nicht denselben perplexen, verwunderten Ausdruck, der auf seinem eigenen Gesicht stand. Sein Spiegelbild grinste ihn an.
Nachdem sich Dawouds Gehirn wie ein Computer wieder hochgefahren hatte, registrierte es, wer dies war. Seine Überraschung wich einer Mischung aus Neugier und ein wenig Ärger.
„Sie“, sagte er. „Was machen Sie h–“
Er spürte eine Hand am Hinterkopf. Eine weitere ergriff sein Kinn. Jemand war hinter ihm. Doch bevor Dawoud sich umdrehen konnte, rissen die Hände seinen Kopf in die entgegengesetzte Richtung.
Seltsamerweise gab es keinen Schmerz, sondern nur das erschreckende Gefühl von weichen Knochen, die nachgaben und brachen. Dawoud blickte jetzt nach hinten, Funken tanzten in seiner versagenden Sicht, während er in die dunklen, grausamen Augen des Hausmeisters hinter sich blickte. Dawouds Kopf hatte sich zwar umgedreht, sein Körper jedoch nicht.
Dann fiel er – brach zusammen. Seine Muskeln gaben nach; er spürte seine Gliedmaße nicht mehr. Er spürte nicht, dass er auf den Boden fiel. Nur das Fallen. Ein endloser Sturz in die Dunkelheit.
*
„Mach schon, nimm seine Schultern“, verlangte sein Doppelgänger, während er sich bückte und Dawouds Beine ergriff. „Diese idiotischen Bodyguards wissen, dass er ewig braucht, um zu pinkeln, aber die werden nicht mehr viel länger warten.“
Der Killer, der die graue Hausmeisteruniform trug, war schlank, doch stärker als er aussah. Er hob Dawouds obere Körperhälfte an und zusammen warfen sie den Leichnam des palästinischen Präsidenten ohne Umschweife in die Mülltonne des Reinigungswagens. Seine Augen waren immer noch vor Schock aufgerissen und sein Kopf unnatürlich verdreht.
Der Killer bog die Gliedmaße des Präsidenten in die Tonne, warf dann den Müll aus dem WC über die Leiche und zog anschließend fest den schwarzen Müllsack zu. Der Doppelgänger blickte in den Spiegel, rückte sich die blaue Krawatte zurecht und strich das Jackett glatt.
Er konnte nicht glauben, wie einfach dieser Teil gewesen war.
Der schwere Teil war die Planung gewesen. Herauszufinden, wo das Treffen stattfinden würde, was der Präsident tragen würde und schnell die notwendige Kleidung zu beschaffen. Den Killer als Hausmeister in das Restaurant zu schmuggeln, nachdem es geschlossen worden war. Und natürlich den Arztbericht des Präsidenten zu stehlen, in dem festgestellt wurde, dass er ganz sicher dem WC einen Besuch abstatten würde, bevor er ginge.
Der Doppelgänger starrte sich einen langen Moment im Spiegel an. „Sich“ – das war ein lächerliches Konzept. Er wusste nicht mehr, wie er aussah. Wie er ausgesehen hätte, wenn er nicht diese Rolle angenommen hätte. Wenn er sein Haar und seinen Bart nicht vorsichtig gefärbt hätte. Wenn er sich nicht mit Wachs hätte behandeln lassen, um eine passende kahle Stelle zu haben. Neue Falten um seine Augen, chirurgisch geformt. Tausende von Stunden, die er damit verbracht hatte, sich Tonbänder mit Ansprachen, Lachen und Tonfall anzuhören, und sie immer wieder zu wiederholen, bis er der perfekte Doppelgänger für einen paranoiden Nahost-Präsidenten wurde.
„Ich bin Präsident Ashraf Dawoud“, sagte er seinem Spiegelbild.
Plötzlich flog die Tür zum WC auf und ein stämmiger Bodyguard ging hinein, blockierte den Ausgang mit seinem wuchtigen Körper. Der Bodyguard blickte den Hausmeister finster an und griff nach der Beule unter seiner Jacke.
„Marwan“, sagte der Doppelgänger und lächelte entspannt. „Alles in Ordnung. Komm schon, lass den Mann seine Arbeit verrichten. Lass uns gehen.“
Marwan zögerte, doch nickte kurz. „Ja, Sir.“ Der Bodyguard ging zuerst aus dem WC, durch das Restaurant und hinaus zum Auto.
Nicht einmal Dawouds persönliche Präsidentengarde bemerkte es. Nicht einmal Dawouds Frau würde es bemerken. Der Doppelgänger hatte jahrelange Erfahrung damit, jemand anders zu sein. Und dieser Jemand war ein Präsident, der solche Angst davor hatte, im Ausland angegriffen zu werden, dass er die Bedrohung direkt vor sich nicht hatte sehen können und sein Leben einem Mann anvertraut hatte, dem er es nicht hätte anvertrauen sollen.
Der Hausmeister würde die Leiche entsorgen und sicherstellen, dass niemand sie jemals fände. In der Zwischenzeit würde der Doppelgänger auf ihr Ziel zuarbeiten.
Ich bin Präsident Ashraf Dawoud. Und Israel wird nur im Tod Frieden finden.
„Weißt du“, flüsterte Maria, deren Lippen fast Nulls Ohr streiften, „ich hatte mir eigentlich etwas anderes vorgestellt, als ich den Wunsch äußerte, dass wir uns näherkommen.“
Agent Null hätte gelacht, wenn seine verkrampften Gliedmaße ihn nicht genauso gestört hätten wie das Wissen, dass es nicht sein erster Einsatz war, für den er sich in eine kleine Kiste gezwängt hatte.
Ist vielleicht auch nicht das letzte Mal.
Trotz allem hätte er in schlimmerer Begleitung sein können. Eigentlich war es doch fast wie ein Urlaub, wenn man zusammen mit Maria Johansson in einer Kiste steckte. Er konnte kaum sehen, konnte nicht ihr blondes Haar erkennen, das sie für den Zweck zu einem praktischen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, ihre schiefergrauen Augen oder die Lippen, die er jede Nacht vor dem Schlafen küsste. Dasselbe tat er anstatt eines potentiellen Abschieds auch vor jedem Einsatz.
„Ich finde es recht gemütlich“, flüsterte er zurück und zog dabei langsam und schmerzhaft einen Arm unter Marias Rücken hervor.
„Man bezahlt mir nicht genug, um bei eurem Bettgeflüster mitzulauschen“, ertönte Pennys geschliffener britischer Akzent in seinem Ohrhörer. Dr. Penelope León war die siebenundzwanzigjährige begnadete Geheimingenieurin der CIA-Spezialeinsatzgruppe, die Nachfolgerin von Nulls Freund Bixby. Sie war derzeit sechstausendsiebenhundertundachtzig Meilen entfernt von ihrer Position – doch sie begleitete sie mehr als nur im Geiste.
„Wo bist du, Penny?“, fragte Null.
„Ich sitze gerade in einem Lehnsessel, den ich kürzlich im Labor habe installieren lassen. Aus Wildleder, falls ihr es genau wissen wollt. Ich trage einen Virtual-Reality-Kopfhelm und zu meiner Rechten steht eine Tasse Earl-Grey-Tee –“
Null schnaubte. „Nein, Penny. Wo bist du hier?“
„Ach so. Klar. Die Drohne ist etwa zweihundert Meter nordöstlich. Ich sage euch, die Optik ist einfach unglaublich. Ich kann die Augen des Fahrer durch die Windschutzscheibe erkennen.“
„Fantastisch. Und jetzt sage uns, wo wir sind?“
„Ihr seid etwa achthundert Meter von dem Lager entfernt.“
Null seufzte. Ein weiterer Tag, ein weiteres Lager.
Keine drei Wochen zuvor hatte Präsident Jonathan Rutledge das Leitende Einsatzteam, eine Subdivision der Spezialeinsatzgruppe der CIA, geschaffen. Es bestand nur aus Null und seinem Team aus vier Mitgliedern. Es hatte zu dem Zeitpunkt ausgesehen, als wäre es für beide Seiten ein Gewinn: Direktor Shaw wollte nichts mit ihnen zu tun haben, aber Rutledge schon. Sein Team sollte in absoluter Verschwiegenheit arbeiten (das war nichts Neues für sie) und sich nur vor dem Präsidenten – oder in seiner Abwesenheit vor dem Direktor des nationalen Nachrichtendiensts –verantworten.
Es hatte wie ein toller Einfall geklungen. Doch keiner von ihnen hatte erwartet, dass sie zu glorifizierten Laufburschen des Präsidenten würden.
„Glorifiziert“ war vielleicht sogar etwas übertrieben, denn keiner würde jemals herausfinden, was sie getan hatten. Um Rutledge Ziel, Frieden im Nahen Osten zu schaffen, voranzutreiben, hatten sie bisher erfolgreich zwei Terroristenzellen im Gazastreifen zerlegt und heute war die dritte dran.
Es ist immer ein Lager. Jede dieser Splittergruppen schien einen abgelegenen Standort zu bevorzugen. Es war immer eine Ansammlung von niedrigen, nichtssagenden Flachdach-Gebäuden, die von Mauern oder mit Sandsäcken verstärkten Zäunen umringt waren, die mit Stacheldraht abschlossen.
Die könnten auch gleich ein Schild anbringen. “Vorsicht: Aufständische.“
Der Plan war ganz einfach. Durch Alan Reidiggers weitreichendes Netzwerk von Untergrund- und Unterweltkontakten waren sie mit einem Munitionshändler in Kontakt getreten, der Sprengstoff an diese Gruppe verkaufte, die Hamas angehörte. Sie hatten ihm angeboten, seine Akte zu löschen und hatten im Tausch Plätze für vier CIA-Agenten in zwei der Kisten bei seiner neuesten Lieferung erhalten. Null und Maria befanden sich in einer. In der anderen war der junge Agent und ehemalige Army Ranger Todd Strickland zusammen mit dem neuesten Teammitglied, dem texanischen Piloten Chip Foxworth. Es war spät in der Nacht, man könnte fast sagen früh am Morgen, und sie hofften, dass die Aufständischen ihren Frachtlaster, der mit Segeltuch bedeckt war, in das Lager fahren und die Kisten bis zum Morgen stehenlassen würden. Dann würden die Agenten durch einen geheimen Riegel im Inneren aus den Kisten steigen, den Anführer finden und der Schlange den Kopf abtrennen.
Penny würde per Drohne für sie sehen, das Lager überblicken und ihnen jegliche Regung oder andere wichtige Informationen zukommen lassen. Reidigger war ihr Fahrer. Er befand sich derzeit fünf Kilometer südlich in einem Jeep und wartete auf das Signal, wenn sie bereit wären, sich zurückzuziehen.
Einfach.
Null wusste, dass man den gewünschten Effekt noch viel einfacher durch einen Drohnenangriff erreichen könnte, doch das Wesen dieses Einsatzes war höchst geheim. Niemand unter dem Direktor des nationalen Nachrichtendiensts, nicht einmal der Verteidigungsminister Colin Kressley wusste, dass sie hier waren. Ein paar Stunden zuvor war ein Mann mit Reid Lawsons Pass sogar über die kanadische Grenze gefahren, um einen Freund zu besuchen. Eine Frau namens Maria Johansson war wegen einer Geschwindigkeitsübertretung von der Polizei angehalten worden. Falls Agenten Null oder Ringelblume auf diesem Einsatz sterben sollten, dann würde man einen bedauernswerten Unfall dafür verantwortlich machen und ihre Asche würde den nächsten Verwandten übergeben –in Nulls Fall waren das seine jugendlichen Töchter, Maya und Sara, und in Marias Fall ihr Vater, der Direktor des nationalen Nachrichtendiensts David Barren.
Null wollte nicht wissen, wessen Asche es in Wirklichkeit wäre.
Das Hinterrad des Lasters geriet in eine Furche und Null stöhnte, als seine Schulter hart gegen die Seite der Kiste prallte. Schmerz war ihm nicht fremd, stumpf und beharrlich oder scharf und frisch, doch er fragte sich, wie lange er damit noch weitermachen könnte. Für vierzig war er in guter Verfassung, gesund und stark –wenn man nicht sein sich verschlechterndes Gehirn in Betracht zog, das systematisch seine Erinnerungen löschen würde, bevor es ihn letztendlich umbrächte …
„Ihr fahrt jetzt durch die Tore“, informierte sie Penny durch die kabellosen Ohrhörer. Tatsächlich verlangsamte der Laster seine Fahrt. Null konnte hören, wie Stimmen auf Arabisch riefen, doch trotz seiner fließenden Sprachkenntnisse übertönte der polternde Laster die Worte.
Null griff nach seiner Hüfte, spürte die bekannte und tröstende Form der Glock 19, die hier eingehalftert war. Über seine Brust trug er eine Heckler- Koch-MP5, die mit einem Nylongurt dort festgeschnallt war. Es war eine 9x19mm Parabellum-Maschinenpistole, die mit einem Acht-Zoll-Schalldämpfer und einem Magazin mit vierzig Kugeln ausgestattet war.
Seine andere Hand tastete in der Dunkelheit der Kiste, fühlte eine Schulter, dann einen Ellenbogen und rutschte dann weiter hinunter, bis er Marias Hand, die in einem Einsatzhandschuh steckte, drücken konnte. Sie erwiderte den Druck. Irgendwie verbannte es die gewöhnliche Nervosität vor einem Einsatz, dass er hier mit ihr in diesem winzigen Ort eingesperrt war. Der Duft ihres Haares drang in ihn ein. Marias Anwesenheit war mehr als nur beruhigend; sie war stärkend. Trotz der Probleme in ihrer turbulenten Beziehung gab es niemanden, den er lieber an seiner Seite gewusst hätte: Sie war einst eine Agentenkollegin gewesen und war dann zu nichts geworden, als seine Erinnerungen an sie gelöscht wurden. Dann wurde sie wieder zu einer vorsichtigen Kollegin, einer Liebhaberin, einer Freundin, einer Chefin, wieder zu einer Agentin, zu seiner Teamleiterin und schließlich zu seiner Partnerin, mit der er zusammenlebte.
Das Poltern des Motors verstummte und die Stimmen wurden deutlicher. Sie klangen hinter den Wänden der Kiste weiterhin gedämpft, doch eindeutig genug, damit Null mehrere verschiedene Stimmen wahrnehmen konnte.
„Schnell ausladen!“, befahl eine scharfe Stimme auf Arabisch. „Überprüft den Inhalt und verstaut ihn. Hassad hat Grund zur Annahme, dass wir unter Satellitenbeschattung stehen.“
Den Inhalt überprüfen? Null spürte, wie sich Unsicherheit in ihm breitmachte.
„Penny?“, flüsterte Maria in den Ohrhörer.
„Ich habe es auch gehört“, erwiderte die Ingenieurin eifrig. „Sieht so aus, als würden sie die Kisten jetzt gleich abladen und öffnen. Das war’s dann wohl mit dem Plan … Sieht so aus, als müsst ihr improvisieren. Ich habe sieben Feinde am Boden und einen weiteren im Laster gesichtet. Lasst mich näher herankommen und herausfinden, was ich noch sehen kann.“
„Strickland? Foxworth? Meldet euch.“ Null drückte einen Finger auf sein Ohr, als ob er so das Funksignal verbessern könnte. „Was ist los? Sind die auf einem anderen Kanal?“
„Es könnte Interferenz durch die elektronischen Geräte in den Kisten geben“, gab Penny zu. „Ich bin mir nicht ganz sicher –“
Null rutschte plötzlich zur Seite, als die Kiste bewegt wurde. Mindestens drei Mann ächzten direkt davor. Er stemmte sich mit dem Unterarm gegen die Wand der Kiste und Maria stemmte sich gegen ihn. Plötzlich gab es eine Beschleunigung. Die Kiste klapperte, während sie eine Rampe aus Metallrollen hinunterrasselte. Null biss sich auf die Zähne und hielt sich fest –
Und dann krachte die Kiste auf das Ende der Rampe, wippte unsicher und fiel schließlich auf die Seite.
„Idioten!“, rief eine wütende Stimme außerhalb der Kiste. „Seid vorsichtiger! Habt ihr auch nur einen Schimmer, was da drinnen steckt? Ihr könntet uns alle umbringen!“
Null war jetzt auf dem Rücken und Maria lag auf ihm. Die Seite der Kiste mit dem Riegel, die sich über ihnen befinden sollte, war jetzt direkt neben ihren Köpfen.
„Nun mach sie schon auf!“, rief die wütende, arabische Stimme. „Wir müssen sicherstellen, dass nichts beschädigt ist.“
„Scheiße.“ Maria griff ihre eigene MP5 und spannte sie. Null kam nicht an seine heran, denn sie steckte zwischen seinem und ihrem Körper. „Wir müssen hier irgendwie raus …“
Ein wenig Licht erschien über ihren Köpfen, während ein Brecheisen sich langsam voranarbeitete.
„Ich kann insgesamt sieben sehen“, informierte sie Penny mit ernster Stimme. „Öffnet den Riegel und rollt euch heraus, Richtung Norden. Ihr habt dann zwei direkt vor euch, zwei weitere rechts von euch und –“
„Ich habe gerade keine Ahnung, wo Norden ist!“, zischte Maria. „Sind sie bewaffnet?“
Die Brechstange hebelte und Holz ächzte, während eine Ecke angehoben wurde.
„Bewaffnet, ja“, bestätigte Penny. „Aber sie sind unachtsam. Los jetzt!“
„Du musst zuerst raus“, flüsterte Null. „Ich bin direkt hinter dir …“
Die Brechstange hebelte erneut. Helles Licht durchflutete plötzlich die Kiste, blendete Null fast, als der Deckel abgehoben wurde. Flutlichter, bemerkte er.
Ein Gesicht spähte hinunter. Es sah schockiert aus.
Gleichzeitig griff Maria nach dem Innenriegel und öffnete ihn, stemmte die Seite der Kiste auf wie eine Tür. Sie rollte sich hinaus und kam auf einem Knie auf, legte dabei die MP5 an ihre Schulter an.
Null hob seine eigene Maschinenpistole an und feuerte drei Schuss.
Obwohl sie einen Schalldämpfer hatte, waren die Schüsse viel lauter als die hektischen Rufe der Aufständischen, als der Kopf ihres schockierten Kameraden nach hinten schnappte und dabei einen Nebel aus Blut verspritzte.
Null stand auf. Die MP5 war so fest an seine Schulter angelegt, als wäre sie dort angewachsen.
Pop-pop-pop.
Zwei Schüsse in die Brust und einen weiteren in den Kopf brachten einen anderen Mann zu Fall. Drei Meter rechts von ihm griff einer nach der AK-47, die in der Nähe seiner Hüfte hing. Eine weitere kurze Salve von Null riss den Mann zu Boden, bevor er das Sturmgewehr in den Händen hatte.
Er drehte sich nach rechts, sein Lauf schwang dabei über Marias Kopf, während sie zwei weitere mit gekonnter Präzision auslöschte. Es hätten auch drei sein können; er sah nur, dass Körper am Rand seines Blickfeldes zu Boden fielen.
Ein Mann, der beige gekleidet war, rannte weg. Sein Rücken war Null zugedreht. Zwei Schüsse später stolperte er über seine eigenen Füße und kam kopfüber rutschend im Sand zum Halt.
Und dann war da keiner mehr. Abgesehen von Nulls eigenem Atem konnte er nur das Summen von vier starken Flutlichtern hören, die auf Pfosten um den Laster aufgestellt worden waren. Die Stille herrschte für mehrere, lange Sekunden, bevor Maria verkündete: „Gesichert.“ Es war eine gespenstische Stille, denn selbst schallgedämpfte Schüsse waren laut genug, um nachts die Toten in der ansonsten geräuschlosen Wüste zu wecken, und Null glaubte keinen Moment, dass sich nur acht Männer in diesem Lager befanden.
„Wenn es noch mehr gibt“, sagte Maria, als könnte sie seine Gedanken lesen, „dann machen die sich jetzt kampfbereit. Wir müssen uns beeilen.“
„Ich bekomme mehrere Wärmesignaturen im Gebäude nordöstlich von euch angezeigt“, informierte sie Penny durch ihre Ohrhörer. „Sie bewegen sich schnell. Acht oder neun, vielleicht auch mehr – die Steinmauern könnten meine Sicht versperren.“
„Wo zum Teufel sind Chip und Todd?“, fragte Maria plötzlich.
Null spürte eine Mischung aus Panik und Scham. Er schämte sich, weil er so in das Mini-Feuergefecht verwickelt gewesen war, dass er nicht einmal an sie gedacht hatte, seit die Schießerei begonnen hatten. Und Panik, weil sie nicht herausgesprungen waren, um zu helfen. Probleme mit dem Funkgerät waren eins, aber das hier …
„Gib mir Deckung.“ Er sprang auf die Ladefläche des mit Segeltuch überdachten Lasters. „Strickland? Foxworth?” Er klopfte hektisch auf jede der sieben Kisten auf der Ladefläche des Lasters, schlug auf die Seiten, hoffte auf ein Lebenszeichen.
Klopf-klopf. Es kam aus der Nähe. Null ging auf die Knie und es klopfte erneut.
Klopf-klopf. Eine gedämpfte Stimme aus dem Inneren.
Natürlich konnten sie sich nicht befreien, da eine weitere Kiste auf ihre gestapelt war. Null stöhnte. Sie hatten nicht geplant, dass diese Aufständischen nachlässig genug waren, um explosiven Sprengstoff auf der Ladefläche eines verrosteten Lasters auf furchigen Wüstenstraßen zu stapeln.
„Wartet, Jungs.“ Er ließ die MP5 hängen, während er sich mit beiden Händen gegen die obere Kiste stemmte und drückte. Sie gab kaum einen Zentimeter nach. „Maria!“ Die Kiste wog mindestens ein paar hundert Pfund.
„Beschäftigt!“, rief sie zurück. Sie war am hinteren Ende des Lasters in eine kniende Position gegangen, zielte in die Dunkelheit hinter den Flutlichtern, während sie Rufe vernahmen. Ein Lauf blitzte auf. Maria zielte mit haargenauer Präzision darauf. Ein Mann schrie auf. Sie zielte nach oben und zerschoss zwei der Flutlichter, um ihre Position weniger offensichtlich preiszugeben.
Null stemmte sich mit der Schulter gegen die Kiste und drückte mit aller Macht, doch sie bewegte sich nicht.
Hebelkraft. Ich brauche Hebelkraft, dachte er. Nein „ ich brauche Trägheit.
Eine Salve Maschinengewehrfeuer kam von irgendwo aus der Dunkelheit. Holzsplitter prasselten ihm ins Gesicht, während die Kugel die Kiste traf, die ihm am nächsten stand. Diesen Männern machte es überhaupt nichts aus, auf einen Laster zu schießen, der mit Sprengstoff beladen war.
Null sprang aus dem Laster. Gleichzeitig feuerte Maria wieder nach oben, erlosch die anderen beiden Flutlichter und tauchte sie in die tiefblaue Dunkelheit. Er griff nach der Tür der Fahrerseite und riss sie auf.
Die Schlüssel steckten noch im Schloss. Endlich etwas Glück.
Der Motor erwachte zum Leben und Null trat auf das Gaspedal. Er wurde in seinem Sitz zurückgeworfen; die Kraft dieser alten Blechschüssel überraschte ihn. Er beschleunigte rasch, fuhr direkt auf das nächste, sandfarbene Gebäude zu, aber bremste nicht. Im Rückspiegel erhaschte er einen Blick auf Maria. Sie war auf die Ladefläche gesprungen, hielt sich mit einer Hand an einer Segeltuchschlaufe fest, um nicht herauszufallen, und schoss mit anderen weiter, um ihnen Deckung zu geben.
Doch ihr Standort war offensichtlich und der Laster das größte Zielobjekt.
„Jetzt kommt’s.“ Null hielt den Atem an und riss das Steuer stark nach rechts, wendete so eng wie er konnte. Der hintere Teil des Lasters rutschte wild. Die Reifen wirbelten Sand und Kiesel auf, während Gummi und Stahl stöhnend protestierten. Er spürte, dass der Laster leicht kippte, die Reifen auf der Beifahrerseite vom Boden abhoben …
Hinter ihm wurde die Kiste durch den plötzliche Richtungswechsel bewegt. Sie rutschte, stand für einen Moment unsicher auf der Kippe und fiel dann von der unteren Kiste.
Null zuckte zusammen, als sie fiel. Bitte explodiere nicht.
Die Kiste stürzte hart auf die Ladefläche und er seufzte vor Erleichterung auf, als er wieder auf das Gaspedal trat. Der Laster fuhr jetzt parallel zu dem Gebäude, fuhr an ihm vorbei. Null wendete erneut und drehte gerade wieder um, als weiteres Gewehr in der Nacht krachte. Das Fenster der Beifahrerseite explodierte.
Er griff nach einem Schalter an der Seite des Steuers und schaltete die Scheinwerfer an. Ein halbes Dutzend Männer schirmten ihre Augen gegen das plötzliche Fernlicht ab, das sie nun blendete.
Die meisten waren schlau genug, um aus dem Weg zu springen. Null spürte, dass mindestens einer von ihnen unter die riesigen Räder geraten war. Vielleicht waren es auch zwei; man konnte es nur schwer mit Sicherheit feststellen.
Er schaltete das Fernlicht aus und trat auf die Bremsen, verminderte seine Geschwindigkeit, aber hielt nicht an. Das ließ er das nächste Gebäude für sich erledigen: Das vordere Ende des Lasters stieß mit einem einstöckigen Flachdachhaus zusammen und zerstörte dabei einen bedeutenden Anteil der Wand. Der Motor spuckte und wurde abgewürgt, bevor er ihn ausschalten konnte.
Null zog instinktiv den Kopf ein und bedeckte ihn, während Schüsse direkt hinter ihm durch die Luft flogen. Doch sie schossen nicht auf ihn. Er wagte einen Blick zurück und sah, dass die Kiste geöffnet war. Chip Foxworth und Todd Strickland standen darin, schossen auf die überlebenden Angreifer. Ihre Schüsse flogen direkt über Marias Kopf, die sich in kniender Position vor ihnen befand.
Dann wieder Stille.
Null stieg aus dem Laster aus, sein linkes Knie schrie vor Schmerz. Wund, verkrampft, schmerzend –das waren normale Zustände für ihn. Sollte er dies eines Tages nicht fühlen, dann würde er anfangen, sich wirklich Sorgen zu machen.
„Heiße Fahrt, McQueen“, erklang Penny’s Stimme in seinem Ohr.
„Gesichert“, verkündete Maria, doch sie nahm noch nicht ihre Waffe herunter. „Penny?“
„Ich erkenne zwei Wärmesignaturen in dem zweistöckigen Gebäude links von euch“, erklärte sie ihnen. „Mehr sehe ich nicht. Das sind wohl er und jemand, der ihn beschützt.“
Hassad. Der Anführer dieser Splittergruppe. Er war der Grund, aus dem sie hier waren. Die anderen – wie viele waren es? Siebzehn? – die sie umgebracht hatten, waren nur Lakaien. Männer, die ihr Leben für Hassads Anliegen gegeben hatten und es immer wieder täten. Außer es gäbe keinen Hassad und kein Anliegen mehr. Doch jetzt hatte Hassad nur noch Einen.
Doch Einer reichte schon aus. Einer würde immer noch tun, was er könnte, um ihn zu beschützen.
Chip Foxworth kletterte zuerst aus der Kiste und grinste von einem Ohr zum anderen. „Nun“, sagte er in seinem texanischen Akzent, „da lief ja wirklich alles schief, was?“
Foxworth war ein ehemaliger Pilot, der gezeigt hatte, was wirklich in ihm steckte, indem er sich Direktor Shaws direkten Befehlen widersetzt hatte und Null und seinem Team geholfen hatte, letzten Monat nach Addis Abeba zu gelangen. Anschließend hatte er sich geweigert, mit den Behörden zu sprechen und war an ihrer Stelle verhaftet worden. Nach Foxworths Begnadigung hatte Null ihn für das Leitende Einsatzteam angeheuert und es bisher nicht bereut. Foxworth war zwar so alt wie Null, doch irgendwie fühlte er sich neben ihm alt. Der Pilot bewegte sich lebhaft und aufgeweckt. Einsätze wie dieser schienen ihm eine gewisse jugendliche Überschwänglichkeit zu verleihen.
„Die Funkgeräte haben ausgesetzt“, verkündete Strickland, als er vom Laster sprang. „Das habt ihr womöglich schon selbst bemerkt.“ Todd war bei weitem der Jüngste ihres Teams, erst einunddreißig, ein ehemaliger Army Ranger, der einst damit beauftragt gewesen war, Null zu jagen –und das auch getan hatte. Es war sinnvoll, ihn zum Verbündeten zu machen.
„Maria“, sagte Null. „Gib die Anweisungen.“
„Todd, Chip, sichert das Gebäude.“ Sie zeigte auf den nächsten Bau, in den Null kurzerhand den Laster gefahren hatte. „Bewegt euch im Uhrzeigersinn. Null, du kommst mit mir. Lass es uns zu Ende bringen.“
Sie trennten sich wortlos, duckten sich und bewegten sich schnell durch den Sand zu dem zweistöckigen Haus vor ihnen. Im oberen Geschoss war Licht an.
Es gab nur noch zwei. Einer von ihnen war das Zielobjekt. Was ist das S
„Penny?“, fragte Null leise, während er und Maria vor der Holztür auf ihre Positionen gingen.
„Zweiter Stock. Keiner der beiden bewegt sich.“
Null war es unbehaglich. Ihm gefielen diese Art von Pattsituationen nicht, egal wie oft er schon in ihnen gesteckt hatte. Es bedeutete für gewöhnlich, dass die andere Seite einen Vorteil hatte, oder dies zumindest annahm, da sie angreifen mussten. Doch ihnen blieb jetzt wirklich keine andere Wahl mehr.
Er holte aus, trat direkt oberhalb der Klinke in die Tür, und sie flog auf. Maria war sofort eingedrungen, zielte mit ihrem Lauf nach links, dann nach rechts und nickte ihm letztendlich zu.
Es war dunkel hier drinnen, dunkler als draußen ohne das Mondlicht. Null schaltete eine Taschenlampe ein und überprüfte kurz den Raum, bevor er sie wieder ausschaltete. Dies hier war ein Abstellraum, schien es. Waffen, Essen und …
„Medizinische Versorgung?“, fragte Maria.
„Sieht so aus. Lass uns hochgehen. Ich gehe vor.“ Sein Mund fühlte sich trocken an. Die erste Stufe ächzte unter seinem Gewicht und eine Schweißperle formte sich auf seiner Stirn. Er spürte die wohlbekannten Schmetterlinge im Bauch; die Mischung aus Nervosität, Angst und Adrenalin, die fast ekelerregend war. Egal wie oft er so etwas tat, sie begleiteten ihn immer. Der Gedanke, dass jederzeit aus einer unbemerkten Ecke geschossen werden könnte, was ihn innerhalb eines Herzschlags umbringen könnte, verstärkte dieses Gefühl nur noch weiter.
Er erreichte das obere Ende der Treppe ohne Feuer. Nichts. Stille.
Ein Gang endete mit einer Tür am hinteren Ende, die nur leicht angelehnt war. Das Licht einer einzelnen Glühbirne drang daraus hervor.
Null räusperte sich. „Hassad. Wir wissen, dass du da drin bist“, rief er auf Arabisch. „Wir wissen, das da noch jemand ist. Legt eure Waffen nieder. Kommt raus, damit wir euch sehen können. Haltet die Hände hoch.“
Die einzige Antwort war ein trockenes Husten aus dem beleuchteten Raum. Null warf einen verwirrten Blick über seine Schulter. Maria zuckte leicht und winkte ihn voran.
Natürlich würden sie nicht einfach herauskommen. Die kamen niemals einfach heraus.
Null ging langsam, rollte den ganzen Fuß ab, hielt den Lauf seiner MP5 in perfektem rechten Winkel zu seinem Körper, zielte auf das ungefähre Zentrum eines ein Meter achtzig großen Mannes. Kopfschüsse waren natürlich effektiver, doch sie boten ein kleineres Zielobjekt, besonders wenn es sich bewegte.
Er erreichte die Tür und lehnte sich mit einer Schulter sanft dagegen. Durch den Schlitz, der nur ein paar Zentimeter weit aufstand, konnte er nichts außer dem Fußende eines Bettes erkennen.
Hinter ihm kniete Maria, zielte mit ihrer Waffe und nickte.
Null atmete tief durch. Er brach die Tür mit der Schulter auf und zielte mit dem Lauf von rechts nach links.
Er blickte erstaunt. Vor ihm war ein Mann, nicht älter als vierzig, der von Null weggedreht war. In seinen Händen lag keine Waffe, sondern die Hand eines viel älteren Mannes, der am anderen Ende des Zimmers im Bett lag. Es sah aus wie ein Krankenhausbett. Am Rahmen waren Räder angebracht und die Seiten hatten verstellbare Stahlstäbe.
Der alte Mann saß aufrecht, sein Bart war weiß und sein Kopf ganz kahl. Die Medikamente, die sie unten gesehen hatten, ergaben plötzlich Sinn. Null erkannte den Apparat neben dem Bett.
Chemotherapie. Es schien, als stürbe Hassad sowieso schon.
„Hände hoch“, befahl ihnen Maria. „Dreh dich langsam um.“
Der jüngere Mann ließ Hassads Hand los, drehte sich langsam um und hob dabei seine Hände hoch.
Scheiße.
„Ich werde euch nicht meinen Vater töten lassen“, sagte der Mann ihnen leise.
Das Hemd des Mannes stand offen. Unter ihm trug er eine Weste mit C-4. In seiner linken Hand hielt er ein kleines, schwarzes, rechteckiges Gerät. Der Detonator.
Hassad stieß erneut ein rasselndes Husten hervor.
„Maria“, flüsterte Null. „Geh raus. Hau ab.“
„Ganz und gar nicht“, erwiderte sie knapp.
Sie war stur. Das war eines der Dinge, die er am meisten an ihr mochte. „OK. Brust.“
„Arm.“
„Warte“, sagte er ihr.
„Bist du er?“, wollte Hassads Sohn wissen und starrte Null neugierig an. „Mein Vater wusste, dass du kommen würdest. Wir dachten, er wäre paranoid. Aber er hatte recht. Du … du siehst nicht wie er aus. Mir wurde gesagt, er wäre ein Gespenst.“
„Entschuldigung, wenn ich euch enttäusche“, murmelte Null.
Komm schon. Mach es nochmal.
Er wartete mit dem Finger auf dem Abzug. Der Finger des Mannes zuckte auf dem Schalter der Zündung.
„Ich will meinen Vater nicht umbringen“, sagte der Bombenattentäter unumwunden.
„Dein Vater ist ein Mörder, der drei Bombenanschläge organisiert hat, die siebenundzwanzig Unschuldigen das Leben gekostet haben“, erwiderte Maria hart. „Er stirbt heute Nacht sowieso.“
Hassads knochige Finger griffen nach dem Arm seines Sohnes. „Omar, ich bin soweit, mein Sohn. Ich werde Allah mit offenen Armen begrüßen und ich werde wissen, was Fr– “ Der alte Mann wurde plötzlich nach vorn geworfen und hatte einen weiteren Hustenanfall.
Jetzt. Null schoss zwei Mal. Beide Schüsse trafen Omar in die Brust, über der Weste direkt unter seinem Schlüsselbein.
Gleichzeitig feuerte Maria einen Schuss, traf Omars Unterarm und trennte ihn fast ab. Der Mann fiel nach hinten. Der Detonator flog aus seiner jetzt nutzlosen Hand und fiel zu Boden.
Null zog den Kopf ein und ging in Deckung. Das hätte allerdings auch kaum etwas gegen die Bombe geholfen.
Doch zum zweiten Mal innerhalb von zehn Minuten gab es keine Explosion und er konnte ausatmen.
Er und Maria stürmten in das Zimmer. Omar schnappte nach Luft, Blut rann aus seinem Mund, sein Körper zitterte.
Hassad starrte zu ihnen herauf und sein milchiger Blick war voller Habgier. „Ihr glaubt, dass ihr gewonnen habt“, krächzte der alte Mann. „Doch wir werden für unseren Dienst für Ihn im nächsten Leben außerordentlich belohnt.“
Null wollte etwas sagen, doch ihm fehlten die Worte. In diesem Moment verspürte er nichts außer einer erdrückenden Traurigkeit für den Mann. Und für die anderen, diese Männer, die so durch Glauben und angeblichen Sinn indoktriniert worden waren, dass sie bereit gewesen waren zu morden und ihre eigenen Leben dafür zu opfern.
Es fühlte sich wie ein anderes Leben an, als er Reid Lawson, der Professor für europäische Geschichte gewesen war. Er hatte so viele Vorlesungen über so viele Kriege gehalten, die aus religiösen Gründen geführt worden waren. Es war eine ideologische Juxtaposition, die niemals bewiesen, doch immer von den Gläubigen gerechtfertigt werden konnte.
Er spürte eine Hand auf seiner Schulter. Maria drückte sie leicht.
„Ich mache es.“
Er ging zur Seite, als sie die MP5 an ihre Schulter anlegte. Man musste es Hassad anerkennen, dass er nicht einmal mit der Wimper zuckte.
Null bemerkte am Rand seines Blickfelds, dass sich etwas regte. Er drehte sich schnell um. Omar hatte es geschafft, sich auf den Bauch zu drehen. Seine gesunde Hand hatte er um den gefallenen Detonator gelegt.
„Nein!“, Null warf beide Arme um Marias Taille und drehte sich, riss sie von den Beinen. Mit seinem ganzen Körpergewicht wuchtete er nach vorn, warf sie beide aus dem Fenster.
Glas splitterte. Die Splitter rissen an seiner schusssicheren Weste, seinen Hemdsärmeln, an seiner Haut.
Er hörte die Explosion nicht, aber er spürte sie. Die Hitze, die sie ausstrahlte. Die Druckwelle, die sie nach vorn drückte, selbst als sie schon ins Nichts fielen.
Und dann –stießen sie auf etwas. Es gab unter ihnen nach. Ihre Körper machten kein Geräusch, als sie gleichzeitig aufprallten, dann wieder etwas weiter fielen und schließlich auf festem Boden ankamen.
Ihm tanzten Sternchen durch sein Blickfeld. Maria lag auf ihm. Hinter ihr stand der Himmel in Flammen. Er versuchte zu atmen, doch ihm blieb die Luft aus.
Der gesamte zweite Stock des Baus war zerstört, er brannte. Brennender Schutt fiel um sie herum zu Boden. Maria wurde von ihm gehoben und dann spürte er starke Hände unter seinen Schultern, die ihn hochzogen und ihn auf die Beine stellten, während er hustete und prustete.
„Null!“ Die Stimme klang weit entfernt. In seinen Ohren klingelte es. „Null, ist alles in Ordnung?“, rief Todd Strickland ihm ins Gesicht.
„Ja“, versuchte er zu sagen, doch es kam als „Uff“ heraus.
„Ist was gebrochen?“
Er ging ein paar wackelige Schritte. Nein, nichts schien gebrochen. Er war erschöpft, es tat ihm alles weh, seine Muskeln waren verkrampft –das Gewöhnliche. Morgen früh würde er aufwachen und hätte alle möglichen neuen Schmerzen. Nur mehr vom Selben.
Maria sah aus, als wäre es ihr besser ergangen als ihm. Er hatte die Wucht des Fensters entgegengenommen und sie war auf ihm gelandet. Er blickte zurück. Sie waren etwa vier Meter gefallen und waren auf dem Dach eines Autos abgeprallt, das hinter dem Gebäude geparkt war. Das Dach hatte nachgegeben und die Fenster waren herausgesprungen.
„Wir müssen weg hier“, sagte Foxworth. „Penny? Gib Alan zur Abholung Bescheid.“
„Schon geschehen“, erklang die Stimme in seinem Ohr. Gerade hatte sie es ausgesprochen, da fuhren ihnen schon zwei runde Scheinwerfer entgegen. Der Jeep rutschte zum Halt und der kräftige Fahrer stieg aus. Er kratzte sich an seinem widerspenstigen Bart und rückte seine Fernfahrermütze zurecht, deren Rand mit Schweiß verschmiert war.
„Meine Güte.“ Alan Reidigger lachte laut auf, während er die Überreste des Lagers inspizierte. „Ihr seid aber auch so geheim wie der verdammte Kölner Faschingsumzug.“
*
Null zuckte zusammen, als Strickland einen dicken Tropfen Sekundenkleber auf eine vier Zentimeter lange Schnittwunde an seinem Kinn auftrug. Es war eine Übergangslösung, bis er die Wunde nähen lassen konnte. Er war sich nicht sicher und es war ihm auch egal, ob sie von dem Sprung aus dem Fenster oder der Landung auf dem Auto stammte. Er wusste nur, dass sie brannte. Das war gut so, denn es bedeutete, dass er immer noch etwas spüren konnte.
Die Sonne ging gerade auf, als die fünf auf einer felsigen Klippe warteten, die das Meer überblickte. Sie befanden sich drei Kilometer außerhalb von Aschkelon und etwa vierhundert Meter von einer alten Landebahn entfernt, die als ihr Abholort diente. Das Flugzeug sollte jeden Augenblick ankommen. Bis es soweit war, hatten sie es sich bequem gemacht und unterhielten sich, während sie die Aussicht auf das ruhige Mittelmeer genossen und die Sonne hinter ihnen aufging.
Aus dieser Entfernung fiel es ihnen schwer zu glauben, dass das immer noch schwelende Lager nur ein paar Kilometer südwestlich lag. Wenn Null den Schmerz ignorierte und sich auf den Punkt konzentrierte, an dem der orangefarbene Horizont auf die See traf, glaubte er fast, dass dies ein Urlaub war und er an einem exotischeren, wünschenswerteren Ort als an der kriegsgeschundenen israelischen Küste weilte.
Maria saß auf einem großen, flachen Stein etwa acht Meter vom Jeep entfernt. Sie hatte ihre Knie an sich gezogen, während sie auf das Wasser hinausstarrte. Er ging zu ihr herüber und setzte sich neben sie, begleitet von ein wenig schmerzlichem Stöhnen.
„Wie geht es dir?“, fragte er.
„Könnte viel schlimmer sein.“ Sie lächelte, doch blickte nicht zu ihm herüber. „Ich bin schon froh, dass ich überhaupt etwas spüre.“
Er nickte zustimmend. „Worüber denkst du nach?“
„Jetzt gerade?“
„Jetzt gerade. In diesem Augenblick.“
„Ich denke … es ist wunderschön.“ Sie seufzte schwer. „Das macht es alles wert.“
„Alles was?“
„Was wir tun. Wir riskieren unsere Leben, um den Frieden zu bringen, und nur sehr wenige werden jemals darüber Bescheid wissen. Rutledges Plan. Alles. Alles was wir tun. Momente wie dieser … scheinen es wert zu machen. Nicht nur es wert zu machen, sondern es notwendig zu machen.“
Null antwortete nichts. Hatte Maria wegen ihrer Einsätze in letzter Zeit eine innere Zerrissenheit erlitten, so hatte sie nichts davon erzählt. Es war ein Gedanke, der ihm schon mehr als einmal durch den Kopf gegangen war; nicht nur in letzter Zeit, sondern während seiner gesamten Karriere bei der CIA. Er hatte zwei jugendliche Töchter, die jetzt fast unabhängig waren, doch die ihn immer noch hin und wieder brauchten. Er hatte eine Zukunft mit Maria, wie lange auch immer seine eigene Zukunft noch wäre. Oder eigentlich auch ihre. Abgesehen vom Zerfall seines Gehirns hätte er auch ganz einfach heute Nacht durch eine Kugel sterben können.
Als der schweizer Neurologe Dr. Guyer ihm erklärt hatte, dass der Schaden, der durch den Gedächtnishemmer entstanden war, sein Erinnerungsvermögen verschlechtern und ihn letztendlich töten würde, hatte sich Null ein Versprechen gegeben. Er wollte das Leben vollends ausschöpfen, in der Gegenwart bleiben. Die Vergangenheit war vorbei; die Zukunft war ungewiss. Doch jetzt … ?
Jetzt …
Jetzt.
Es ist der richtige Zeitpunkt. Jetzt.
Er öffnete eine kleine Vordertasche auf seiner Einsatzweste und griff mit zwei Fingern hinein. Er zog einen kleinen, braunen Umschlag hervor, der etwa so groß wie ein Dollarschein war. Er kippte den Inhalt, einen einzigen Gegenstand, in seine Hand. Er war wirklich nicht protzig; ein halbes Karat, rund geschliffen, auf einem Weißgold-Ring. Doch seine Reinheit war makellos und er blitzte im Morgenlicht so brillant wie ein Stern.
„Null …?“, murmelte Maria und beobachtete ihn dabei, wie er den Ring hochhielt.
Er konnte sich ein Lächeln nicht unterdrücken. Er ging nicht auf ein Knie und wartete auch nicht, bis sie aufstand. Er hielt einfach nur den Diamanten zwischen Daumen und Zeigefinger hoch, während er neben ihr auf einem flachen Felsen in Israel saß, der das Mittelmeer überblickte, und sagte: „Wirst du mich heiraten?“
Sie lächelte auch. Dann schnaubte sie, versuchte, ein Lachen zurückzuhalten, doch es gelang ihr nicht. „Das machst du hier? Jetzt?“
„Ja. Hier und jetzt.“
„Und du … du hast den auf dem Einsatz bei dir getragen?“
„Ja. Das stimmt.“ In Wahrheit hatte er den Ring während der letzten drei Wochen überall mit sich herumgetragen, seitdem er am Valentinstag den Segen seiner Töchter erhalten hatte, seitdem er den Ring weniger als vierundzwanzig Stunden später gekauft hatte. Er hatte ihn während der letzten beiden Einsätze, an denen sie teilgenommen hatten, bei sich getragen. Er hatte ihn bei sich getragen und auf den perfekten Moment gewartet, und der war nun gekommen. Ihm klebte Blut am Hals, das sich um sein Ohr verkrustet hatte und ihre beiden Gesichter waren rußverschmiert. Marias Haar war zerzaust und sie trugen immer noch Einsatzwesten und MP5 über ihre Schultern, und es war der perfekte Moment.
„Bist du dir sicher?“, fragte sie plötzlich und ihr Lächeln verzog sich zu einem sorgenvollen Gesichtsausdruck. „Ich meine, hast du darüber nachgedacht? Die Mädchen, und Mischa, und das Team, und die–?“
„Ja“, erwiderte er einfach. Ja, er hatte darüber nachgedacht und sich sogar den Kopf darüber zerbrochen, bis ihm bewusst geworden war, dass er sich nur selbst mit Was-Wenn-Gedanken gefoltert hatte.
Seine Töchter mochten sie. Zusammen würden sie mit Mischa umgehen können. Sie waren ein Team und es gab eine simple Tatsache, die er einfach nicht bestreiten konnte: „Alles in meinem Leben ist einfacher, wenn du da bist. Ich will, dass du immer in meinem Leben bist.“
„Dann … ja.“ Sie nickte. „Ja, ich werde dich heiraten.“ Sie lachte wieder. „Natürlich werde ich das tun.“ Maria zog ihre linke Hand hervor, bevor sie merkte, dass sie immer noch die schwarzen Kevlar-Einsatzhandschuhe trug. Sie zog sie hastig aus und hielt ihm wieder die Hand hin.
Null zog ihr den Ring an. Er passte perfekt.
Und dann lehnte sie sich zu ihm und küsste ihn. Er wünschte sich, dass sie für immer bleiben könnten, genau hier, auf einem warmen Felsen in der Morgensonne, an einer fremden Küste, mit niemandem in der Nähe–
„Äh.“
Ach so. Da waren noch andere.
Null und Maria drehten sich beide um und stellten fest, dass Chip und Todd offensichtlich vorspielten sich zu unterhalten und in eine andere Richtung blickten. Doch Reidigger starrte sie direkt an, seine dicken Arme vor der Brust verschränkt, die Ecken seines Bartes waren zu einem breiten Grinsen hochgezogen.
„Na, das war jetzt aber schon verdammt überfällig“, kündigte er an. „Mazel tov. Ich nehme an, dass dich das zu Frau Null macht?“
Null zwickte sich ins Nasenbein, um ernst zu bleiben, aber er musste dennoch lachen. „Danke, Alan.“
Er stand auf und hielt Maria beide Hände hin, half ihr hoch und umarmte sie dann fest. Ihr Haar roch nach Shampoo, Rauch und Schießpulver. Ein Dröhnen aus dem Himmel kündigte das eintreffende Learjet an; ihr Transportmittel zurück in die USA.
Sie waren auf dem Heimweg. Nach Hause zu dem Heim, das sie teilten, wo seine Töchter sich unglaublich freuen würden, dass er um ihre Hand angehalten hatte, wo sie bald schon einen Neuankömmling in ihrer seltsamen kleinen Familie erwarteten.
Nichts daran hätte sich wie der perfekte Moment anfühlen sollen, doch alles daran fühlte sich genauso an.
Maya Lawson trug gerade sechs Bücher und ihr Tablet, als der Firstie sie anrempelte.
