AMOK DER AMAZONEN - Carter Brown - E-Book

AMOK DER AMAZONEN E-Book

Carter Brown

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Beschreibung

Freiheit, Gleichheit - Mord! Das erste Opfer lag - eine Kugel in tyrannischen Männerbrust - mitten im Park von AMAZON ACRES, dem Hauptquartier der militantesten Frauenrechtlerinnen Amerikas. Als Anwalt der Amazonen muss Randy Roberts erschöpfend recherchieren. Doch je tiefer er gräbt, desto sicherer ist er, sich hier das eigene Grab zu schaufeln. Denn die Mädchen - im Küssen und Karate gleichermaßen perfekt - haben etwas zu verbergen. Und ihre Lügen, merkt Randy, sind so durchsichtig wie ein Transparent-BH... Der Kriminal-Roman AMOK DER AMAZONEN des australischen Schriftstellers Carter Brown (* 1. August 1923 in London, England unter dem Namen Alan Geoffrey Yates; † 5. Mai 1985 in Sydney, Australien) erschien erstmals im Jahr 1972; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1973. Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

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CARTER BROWN

 

 

Amok der Amazonen

 

 

 

 

Roman

 

 

 

 

Signum-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

AMOK DER AMAZONEN 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Impressum

 

Copyright © 2023 by Alan Geoffrey Yates/Signum-Verlag.

Published by arrangement with the Estate of Alan Geoffrey Yates.

Original-Titel: The Angry Amazons.

Übersetzung: Mechtild Sandberg.

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg

Umschlag: Copyright © by Christian Dörge.

 

Verlag:

Signum-Verlag

Winthirstraße 11

80639 München

www.signum-literatur.com

[email protected]

Das Buch

 

 

Freiheit, Gleichheit - Mord!

Das erste Opfer lag - eine Kugel in tyrannischen Männerbrust - mitten im Park von Amazon Acres, dem Hauptquartier der militantesten Frauenrechtlerinnen Amerikas.

Als Anwalt der Amazonen muss Randy Roberts erschöpfend recherchieren. Doch je tiefer er gräbt, desto sicherer ist er, sich hier das eigene Grab zu schaufeln.

Denn die Mädchen - im Küssen und Karate gleichermaßen perfekt - haben etwas zu verbergen. Und ihre Lügen, merkt Randy, sind so durchsichtig wie ein Transparent-BH...

 

Der Kriminal-Roman Amok der Amazonen des australischen Schriftstellers Carter Brown (* 1. August 1923 in London, England unter dem Namen Alan Geoffrey Yates; † 5. Mai 1985 in Sydney, Australien) erschien erstmals im Jahr 1972; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1973. 

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

  AMOK DER AMAZONEN

 

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Auf dem Schild am Tor des vornehmen, alten Hauses in Palo Alto stand Amazon Acres. Die modernen Lettern sprangen sofort ins Auge, und das entsprach wahrscheinlich genau der Absicht der Frau, die das Schild hatte anbringen lassen. Ich kannte ihren Namen und wusste einiges über sie. Sie hieß Lanette Holmes, war die Erbin eines, wie man unter vermögenden Leuten so gern sagt, bescheidenen Vermögens, und die unerschrockene Gründerin einer zielbewussten und äußerst beredten Vereinigung von Frauen, die sich die Zornigen Amazonen nannten.

Das Tor - schwere Eisenstangen mit zugespitzten Köpfen - hing in einer massiven Backsteinmauer, die mit Metalldornen gekrönt war. Neben dem Tor an der Mauer war ein zweites Schild befestigt. »Bitte läuten«, stand darauf. Unmittelbar darunter befand sich ein Messingklingelzug. Ich - männlichen Geschlechts - kam mir vor wie ein Handlungsreisender, der dem Präsidenten von General Electric einen Eisschrank verkaufen will. Ich zog am Knauf.

»Ja, bitte?« schnarrte eine unverbindlich kühle Frauenstimme.

Ich sah den Lautsprecher hoch über dem Schild.

»Ich bin Werkstudentin«, erwiderte ich in gekünsteltem Sopran. »Ich verdiene mir mein Studium durch Zeitungsverkauf und wollte nachfragen, ob Sie an einem Abonnement für den Playboy interessiert sind.

Das Knistern des Lautsprechers brach abrupt ab. Was meinen Verdacht, dass die Bewohner von Amazon Acres sich durchaus ernst nahmen, nur bestätigte. Einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, die ganze Sache zu vergessen und Lanette Holmes zu empfehlen, sich lieber eine Anwältin zu nehmen; dann aber sagte ich mir, wenn ich das tat, würde ich mir später vielleicht vorwerfen müssen, dass ich nur gekniffen hatte, um meine männliche Eitelkeit zu schonen. Und wo würde sie eine Anwältin mit meinen Qualifikationen finden? Wenigstens wollte ich hören, wozu die Zornigen Amazonen einen Anwalt brauchten.

Ich zog noch einmal am Knauf.

»Sind Sie das wieder?«

»Ja, ich bin es wieder«, antwortete ich devot in der Tonlage, die mir angeboren war.

»Ihre Stimme klingt aber anders.«

»Ich habe nur Spaß gemacht. Ich verkaufe keine Zeitschriften.«

»Was dann? Witzbücher?«

»Nein, ich bin Rechtsanwalt und...«

»Ist Ihr Name Roberts? Randall Roberts?«

»Ich habe meinen Ausweis mit, falls Sie sich vergewissern wollen. Ich weiß, dass bei Ihnen nicht jeder x-beliebige Mann Zutritt hat.«

»Ihre Stimme klingt so, als wären Sie noch gefährlich jung, aber ich werde es riskieren.«

»Besten Dank«, sagte ich trocken.

»Libby erwartet Sie - aber ich fürchte, für Ihre Art von Humor wird sie wenig Sinn haben.«

»Warten Sie nur, bis sie meine männliche Überlegenheit spürt.«

»Die lassen Sie lieber gleich am Tor zurück und holen sie ab, wenn Sie wieder gehen«, versetzte die unverbindliche Stimme kalt.

Vom Stahlschloss kam ein metallisches Knacken, und das Tor sprang auf.

»Bitte schließen Sie das Tor hinter sich.«

Ich marschierte hinein und drückte das Tor wieder zu. Das Zuschnappen des Schlosses klang in der tiefen Stille beinahe ominös. Nicht einmal Vögel zwitscherten hinter diesen Gefängnismauern, die ein riesiges Grundstück umschlossen, das schon die ersten Spuren von Vernachlässigung zeigte. Die Wirkung war allerdings gar nicht übel - wer legt schon Wert auf kurzgeschorene Rasenflächen und perfekt gestutzte Hecken?

Das Haus war ein einstöckiges, weißes Gebäude mit einem von Säulen getragenen Vordach über dem Portal und Gipsposaunenengeln, die zwischen den Fenstern des ersten Stockwerks schwebten. Eine kopflose Venus lag auf der Pritsche eines offenen Lastwagens, der in der Auffahrt parkte. Sie sah aus wie eine geschändete Leiche, die zu Stein geworden war.

Kies knirschte unter meinen Füßen, als ich an dem Lastwagen vorbeiging und die Stufen zum Portal hinaufstieg. Hinter dem Haus drängten sich Baumgruppen zusammen, deren knospende Zweige zaghafte Hoffnung auf den Sommer kundtaten.

Das Portal stand offen. Eine zierliche, rothaarige Frau wartete dort und blickte mir entgegen.

»Mr. Roberts?«

»Das muss der andere sein«, erwiderte ich lau. »Ich verkaufe Zeitschriften...«

»Ich habe für Ihren Humor auch keinen Sinn, Mr. Roberts. Sind Sie wirklich der beste Anwalt von San Francisco?«

»Wer hat Ihnen das gesagt?«, fragte ich, bemüht, keine Überraschung zu zeigen.

»Vielleicht jemand, der unsere Bewegung sabotieren will«, erwiderte sie eisig. »Aber eigentlich sollten wir ja wohl inzwischen an kindische Sticheleien von feindseligen Männern gewöhnt sein. Sie werden sich vorstellen können, dass wir von den sogenannten Herren der Schöpfung ständig unter Beschuss stehen.«

»Ich dachte immer, es wären die Frauen, die aufs Piedestal gehoben werden.«

»Natürlich.« Ihre smaragdgrünen Augen warfen einen flüchtigen Blick zum Lastwagen. »Als Objekte der Lustbefriedigung. Als entpersönlichte Idole, die man ruhig ausbeuten darf, weil man ja regelmäßig Opfergeschenke darbringt. Aber wer möchte schon ein Idol sein, Mr. Roberts? Ich bin lieber ein lebendiger, empfindender, atmender Mensch.«

»Oh, bitte, atmen Sie noch einmal«, bat ich und hielt selbst erwartungsvoll den Atem an.

Sie trug einen knappen weißen Pullover und darunter keinen Büstenhalter, so dass ich den hellen Schimmer ihrer Haut erkennen konnte. Ihre Brüste waren fest und straff, als wollten sie beweisen, dass sie keine Stütze brauchten, und über der linken Brust saß ein rundes Abzeichen, die Darstellung einer Hand, die einen gespannten Bogen hielt.

»Was ist denn, Mr. Roberts?«, erkundigte sie sich verächtlich, während ihre Augen den meinen folgten. »Sind Sie durch allzu ausgiebige Lektüre des Playboy frustriert, oder sind sie von Natur aus lüstern?«

»Ich bin von Natur aus ein Mann«, gab ich unschuldig zurück.

»Nun, das kann ich Ihnen gerade noch vergeben.«

Das verstohlene Aufblitzen in den grünen Tiefen ihrer Augen sagte mir, dass »vergeben« nicht genau das richtige Wort war, aber ich versagte es mir, auf größere Genauigkeit zu drängen. Schließlich hatte sie ein Image als Opfer einer Männerdiktatur zu wahren. Ich zweifelte nicht daran, dass es mir gelingen würde, sie von der Aufrichtigkeit meiner Bewunderung zu überzeugen - zur rechten Zeit am rechten Ort.

Der blaue Rock, der eng um die runden Hüften saß und in der schmalen Taille durch einen Gürtel zusammengehalten war, war modisch und weiblich genug, ihre femininen Formen zu enthüllen. Sie trug dunkelrote Schuhe mit dicken, hohen Absätzen, und ihr Haar war in der Mitte gescheitelt und fiel ihr lose auf die Schultern. Kurz, sie war eine gutaussehende, vollblütige Frau, auch wenn sie die Männerverächterin spielte.

»Mein Name ist Linda Lazareth«, sagte sie unvermittelt. »Ich bin Journalistin und schreibe für die Amazonen. Vielleicht haben Sie diesen oder jenen meiner Artikel gelesen.«

»Wahrscheinlich. Waren Sie es, die sagte, dass jeder Mann ein potentieller Hitler ist, solange die Frauen sich von ihm beherrschen lassen?«

»Ja, im Wesentlichen stimmt das mit dem überein, was ich schrieb. Der Gedanke an sich stammt von Libby. Ich stimme vollkommen mit ihr überein.«

»Libby?«

»So nennen wir sie alle - Lanette Holmes, Präsidentin und Gründerin der Zornigen Amazonen.«

Ich wartete auf Fanfarenstöße und Hosianna-Gejubel, doch ich hörte von drinnen nur eine laute, klare, harte Stimme.

»Linda? Bist du mit dem verdammten Advokaten da draußen?«

Linda warf mir einen Blick zu, als wollte sie mich herausfordern, jetzt eine respektlose Bemerkung zu machen.

»Ja«, rief sie zurück. »Ich wollte ihn eben hereinführen.«

»Dann komm schon. Damit das endlich erledigt ist und wir dieses Schwein von einem Mann abstechen können.«

Ich hatte keine Ahnung, wer dieses Schwein von einem Mann war, doch was Libby mit ihm vorhatte, lag auf der Hand. Ich folgte Linda in ein weiträumiges Foyer, das mit einem schweren, grauen Teppich ausgelegt war. Der Garderobenständer an der einen Wand war eine Reliquie aus anderen Zeiten, als man in diesem Haus noch Herrenbesuche empfangen hatte. Die gab es heute nicht mehr. Libby war sogar der Ansicht, dass es Herren überhaupt nicht gab.

Das Foyer war leer. Ich blickte Linda fragend an.

»Erste Tür rechts«, sagte sie leise und ehrfürchtig. »Gehen Sie nur hinein.« Und sie lächelte wie ein römischer Zenturio, der einen Christen einlädt, die Arena zu betreten.

Libby war eine Überraschung. Sie war groß, statuenhaft und schön. Sie war kräftig, aber nicht dick, und sie hatte eine gute Figur. Das kurze, ingwerfarbene Haar war lockig, und die eisblauen Augen, hart und prüfend, als sie mich musterten, waren von weichen, dunklen Wimpern beschattet.

»Mr. Roberts, ich möchte gleich zur Sache kommen.« Sie sagte das so bestimmt, dass an ihren Worten nicht zu zweifeln war. »Ich setzte mich mit Ihrer Kanzlei in Verbindung, weil sie mir von einer geschäftlich sehr tüchtigen Bekannten empfohlen wurden. Ich möchte einen Mann wegen übler Nachrede, Verleumdung, Nötigung und...«

»Ehe wir ihn kreuzigen«, warf ich ein, »können Sie mir vielleicht erzählen, was er eigentlich verbrochen hat.«

Sie stand vor einem schweren Mahagonischreibtisch und betrachtete mich mit kühler Nachdenklichkeit. Ihre vollen, straffen Schenkel zeichneten sich unter der hautengen, rostroten Hose ab, die in hohen, hochhackigen Stiefeln steckten. Ihr Busen, prall unter dem orangefarbenen Pullover, war so voll und rund und gut entwickelt wie alles Übrige an ihr. Ihre Haltung war nachlässig, doch selbstsicher, und aus ihren Augen strahlte innere Kraft. Es fiel mir nicht schwer zu verstehen, wie sie auf den Gedanken gekommen war, ihre Vereinigung Die Amazonen zu nennen. Ich kannte außer Linda zwar keine der anderen Anhängerinnen, doch Lanette Holmes entsprach dem Typ in geistiger und körperlicher Hinsicht. Immerhin war ich froh, festzustellen, dass sie in ihrer Anlehnung an das antike Vorbild nicht so weit gegangen war, sich die rechte Brust amputieren zu lassen, wie das die echten Amazonen getan hatten, um Platz für Pfeil und Bogen zu haben. Ich hätte ihr gern zu so viel Zurückhaltung gratuliert, hielt es jedoch für besser zu schweigen. Es konnte ja sein, dass sie den Gedanken als Herausforderung auffasste.

»Er hat uns gedroht. Mir im Besonderen und unserer Organisation ganz allgemein«, erklärte sie mit ihrer lauten Stimme. »Er hat sogar einen Feldzug gegen uns...«

»Hat dieses bösartige männliche Wesen vielleicht auch einen Namen?«

Sie warf mir einen kriegerischen Blick zu, offenbar argwöhnend, ich wäre sarkastisch. Doch ich erwiderte ihren Blick völlig ausdruckslos.

»Charles Morgan«, antwortete sie. »Er interessiert sich für eine der Funktionärinnen unserer Organisation - auf eine ganz primitive, tierische Art und Weise. Sie haben sie eben kennengelernt.«

»Linda Lazareth?«

»Richtig. Bis vor wenigen Monaten unterhielten die beiden enge Beziehungen zueinander, rein körperlicher Natur. Morgan sah in Linda natürlich nie den Menschen, nahm nicht einmal ihre Ansichten ernst. Als sie sich aber den Amazonen zuwandte, da wurde er ausfallend.«

»Linda gegenüber?«

»Zuerst mir gegenüber. Als aber dann seine gemeinen Angriffe auf meine Person keine Wirkung zeigten, als er entdeckte, dass Linda für sich selbst denken kann - und zwar sehr klar und logisch -, startete er einen systematischen Feldzug, um unsere Organisation in den Schmutz zu ziehen und lächerlich zu machen.«

»Er machte diese Angriffe öffentlich?«

»Ja, natürlich. Er ist Journalist, genau wie Linda. Sie arbeiteten beide für dieselbe Zeitung, ehe Linda ihre untergeordnete Stellung aufgab, um ihre Fähigkeiten ganz in den Dienst der Amazonen zu stellen.«

Sie schritt um den Schreibtisch herum und zog eine Schublade auf. Sie warf einen losen Haufen von Zeitungsausschnitten auf die blank polierte Schreibtischplatte.

Ich griff nach dem obersten Artikel. »Nieder mit dem Büstenhalter, es lebe die Gleichberechtigung«, lautete die Überschrift.

Berichtet wurde von einer Abordnung Zorniger Amazonen, die beim kalifornischen Verfassungsgericht in Sacramento kriegerisch die Anwendung der »Bill of Rights« für die

Frauen auf gesellschaftlichem wie wirtschaftlichem Gebiet gefordert hatte. Der Artikel war in ironischem Ton gehalten und tat das Ansinnen als ein Beispiel typisch weiblichen Geltungstriebs ab, von Frauen vorgebracht, so war zwischen den Zeilen zu lesen, die von ihren Männern nicht streng genug an die Kandare genommen wurden.

Ich legte den Ausschnitt auf den Schreibtisch zurück.

»Ich kann verstehen, dass der Ton des Artikels Sie erbost«, bemerkte ich mit nicht ganz aufrichtiger Teilnahme. »Aber von übler Nachrede kann man da beim besten Willen nicht sprechen.«

»Das ist nicht alles«, versetzte sie kurz. »Bei weitem nicht. Er hat sowohl Linda als auch mir gegenüber sehr handfeste Drohungen ausgestoßen - persönlich und telefonisch. Wenn Sie es aufgrund des vorhandenen Materials nicht fertigbringen, erfolgreich gegen ihn vorzugehen, dann sind Sie nicht der Anwalt, für den meine Bekannte Sie zu halten schien.« Sie inspizierte mich abschätzend, und ich kam mir langsam vor wie ein Stück Schweinebraten im Mohair-Anzug. Ich zupfte an meiner Krawatte und blickte sie mit gewinnendem Lächeln an, doch sie blieb misstrauisch. »Es wird doch hoffentlich nicht so sein, dass Sie gegen diesen Mann nicht vorgehen wollen, weil Sie mit ihm sympathisieren?«

»Was waren das für Drohungen, von denen Sie eben sprachen?«, erkundigte ich mich, eilig ausweichend.

»Drohungen gegen mein Leben«, antwortete sie. »In Lindas Beisein bezichtigte er mich, eine normale, gesunde Frau pervertiert und zu einer humorlosen, aggressiven Männerverächterin gemacht zu haben. Er sagte, er würde dafür sorgen, dass ich dieses Verbrechen mit dem Tod bezahlte. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, dass er und Männer seines Schlages die Verbrecher sind, wollte er tätlich werden.«

»Und Linda hielt ihn zurück?«

»Aber nein! Sie haben das Mädchen gesehen - sie ist höchstens einsfünfundfünfzig groß und wie die meisten Frauen von klein auf gedrillt worden, ihre körperliche Zartheit als Symbol ihrer Minderwertigkeit zu akzeptieren. Im Gegensatz zu mir hat sie nicht gelernt, die Kraft und die überlegene Zähigkeit ihres Körpers einzusetzen.«

»Mit anderen Worten, Sie verprügelten Charles Morgan und warfen ihn hinaus?«

Sie lächelte mit unverhohlenem Vergnügen.

»Mit vierzehn meisterte ich Judo, mit zwanzig Karate. Ja, ich beförderte ihn ohne Schwierigkeiten hinaus, zurück an seine Schreibmaschine, die einzige Waffe, die er bisher gegen mich einsetzen konnte. Doch es besteht kein Zweifel daran, dass er liebend gern weitergehen würde, wenn er sich auch seit unserer Begegnung auf telefonische Drohungen beschränkt hat.« Sie lachte ohne Erheiterung. »Es erstaunt mich immer wieder von neuem, Mr. Roberts, wie leicht die Männer in ihrer Eitelkeit zu treffen sind.«

»Vielleicht ist er nur deshalb so wütend, weil Sie seinen Schädel ein wenig zu hart getroffen haben«, meinte ich.

»Unsinn. Ich habe dem Mann nichts Ernstes angetan. Ein paar bläue Flecken, weiter nichts. Hart getroffen habe ich lediglich seinen männlichen Stolz.«

»Niemand lässt sich gern demütigen. Selbst wenn Sie ein Mann gewesen wären, würde er Ihnen wahrscheinlich grollen.«

Sie nickte langsam. »Ich sehe schon, Sie sind wie die meisten Männer immer bereit, ihre Verbündeten im Kampf um die Macht zu verteidigen. Nein, Mr. Roberts, vielleicht ist es doch besser, wenn ich mir eine Anwältin nehme...«

»Ich fürchte nur, Sie werden im Moment in San Francisco keine finden, die Ihnen helfen kann«, warf ich ein. »Wie Ihre Bekannte Ihnen wahrscheinlich bereits gesagt hat.«

Sie starrte mich mit düsterer Miene an, und die Linien, die ihre Stirn durchzogen, störten die herbe Schönheit ihrer Züge.

»Ja, Sie haben recht. Aber diesem Mann muss Einhalt geboten werden. Und er soll mir für die Drohungen und die Beleidigungen, die er gegen mich ausgestoßen hat, bezahlen. Also, was schlagen Sie vor?«

Ich trat von einem Fuß auf den anderen. Neben dem Schreibtisch stand ein Ledersessel, doch sie hatte ihn mir nicht angeboten.

»Nun, wir könnten Klage erheben«, meinte ich widerstrebend. »Aber Ihre Aussichten, einen Prozess zu gewinnen, sind gering, selbst wenn Sie von einem Anwalt meines Kalibers vertreten werden.« Ich lächelte, um mir den Anschein zu geben, als sollte das ein Scherz sein, doch an ihrem Gesichtsausdruck erkannte ich, sie wusste, dass es mir ernst war.

»Oder Sie könnten eine einstweilige Verfügung erwirken, die ihm verbietet, Sie oder Linda zu belästigen. Ich persönlich halte es allerdings für das beste, erst einmal mit ihm zu sprechen. Vielleicht genügt eine Warnung. Vielleicht gelingt es mir, ihn mit der Androhung einer Klage dahin zu bringen, dass er klein beigibt.

---ENDE DER LESEPROBE---