UNTERNEHMEN HONGKONG - Carter Brown - E-Book

UNTERNEHMEN HONGKONG E-Book

Carter Brown

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Andy Kane hat die Wahl zwischen Blond, Brünett oder Überleben... Seit sechzehn Jahren liegt vor der Küste Rot-Chinas eine Kassette mit reichem Innenleben - eine Million Dollar! Die blonde Tess, die brünette Natalie und der Chinese Wong haben indes nur eines gemeinsam: die Überzeugung, dass einzig Andy Kane den Schatz zu bergen vermag. Alle drei Versprechen ihm ein Vermögen, die Frauen noch mehr...    Der Roman   UNTERNEHMEN HONGKONG   von Carter Brown (eigentlich Allan Geoffrey Yates; * 1. August 1923 in London; † 5. Mai 1985 in Sydney) erschien erstmals im Jahr 1962; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1965.    Der Apex-Verlag veröffentlicht   UNTERNEHMEN HONGKONG   in seiner Reihe APEX NOIR, in welcher Klassiker des Hard-boiled- und Noir-Krimis als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden. 

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CARTER BROWN

 

 

Unternehmen Hongkong

 

Roman

 

 

 

 

Apex Noir, Band 20

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

UNTERNEHMEN HONG KONG 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Andy Kane hat die Wahl zwischen Blond, Brünett oder Überleben...

Seit sechzehn Jahren liegt vor der Küste Rot-Chinas eine Kassette mit reichem Innenleben - eine Million Dollar! Die blonde Tess, die brünette Natalie und der Chinese Wong haben indes nur eines gemeinsam: die Überzeugung, dass einzig Andy Kane den Schatz zu bergen vermag. Alle drei Versprechen ihm ein Vermögen, die Frauen noch mehr...

 

Der Roman Unternehmen Hongkong von Carter Brown (eigentlich Allan Geoffrey Yates; * 1. August 1923 in London; † 5. Mai 1985 in Sydney) erschien erstmals im Jahr 1962; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1965.  

Der Apex-Verlag veröffentlicht Unternehmen Hongkong in seiner Reihe APEX NOIR, in welcher Klassiker des Hard-boiled- und Noir-Krimis als durchgesehene Neuausgaben wiederveröffentlicht werden. 

  UNTERNEHMEN HONG KONG

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Sie war so voll trügerischer Verlockung wie ein orientalischer Traum; wunderschön, von einem Hauch der Süße umgeben, völlig unwirklich. Ein Mädchen mit brünettem Haar und einem herrlichen Körper, dessen Linien sich unter dem hautengen, seitlich geschlitzten Cheongsam aus schimmernder, orangefarbener Seide abzeichneten. Ihr Name war Natalie Dove, und als ich das erste Mal sah, wie sie schmollend die volle Unterlippe vorschob, wenn etwas nicht nach ihrem Kopf ging, begann ich, einen Traum von Tausendundeiner Nacht um sie zu spinnen.

»Beachten Sie bitte die typische Atmosphäre einer Nacht in Hongkong«, sagte ich glücklich zu ihr. »Den zitronengelben Mond, den man listig aus einem Stück Pappe ausgeschnitten und an den mitternachtsblauen Himmel geheftet hat. Während wir hier auf dem Dachgarten sitzen, schweift unser Blick über den Hafen, hinüber zu den Rätseln Kowloons, den mächtigen Gipfeln der New Territories, bis zum...«

»Andy Kane!«, unterbrach sie mich brüsk. »Wenn ich nach einer Stadtrundfahrt Verlangen gehabt hätte, wäre ich in ein Reisebüro gegangen.«

»...Tai-ma-Shan, der höchsten Erhebung«, fuhr ich fort, ohne ihren Einwurf zu beachten. »Und dort drüben auf der anderen Seite liegt das Festland, China-dunkel, geheimnisvoll und rot. Hongkong ist das Sündenbabel des Ostens, die letzte Bastion westlichen Einflusses - ein Schmelztiegel von West und Ost, der die schönsten Frauen der Welt hervorgebracht hat, die Eurasierinnen. Hier kann man haben, was das Herz begehrt - gegen Barzahlung. Sprechen Sie einen Wunsch aus, er wird erfüllt werden. Diese Stadt ist gewissermaßen das größte Warenhaus der Welt, und die billigste Ware sind Menschen. Nehmen wir beispielsweise mal die Tanzmädchen.«

»Können Sie denn nie an etwas anderes als Frauen denken?«, erkundigte sich Miss Dove unwirsch.

»Wenn ich wach bin, nicht«, gestand ich ehrlich.

»Ich wusste ja, dass Sie den letzten Drink hätten stehenlassen sollen«, meinte sie düster. »Sie sind total blau.«

»Nicht blau - eher freudig erregt«, widersprach ich. »Nur selten wird mein Schattendasein durch so viel Glanz und Schönheit erhellt. Kann ich etwas dafür, dass Sie mich inspirieren?«

Ihr Fuß klopfte in gleichmäßigem Rhythmus auf den Boden.

»Würden Sie mal einen Augenblick ernst sein, Andy?«

»Okay, Natalie, mein fleischgewordener Traum.« Ich seufzte. »Aber gern tu ich’s nicht.«

»Eine Million Dollar...« sie senkte die Stimme zu einem Flüstern, »...und sie liegt nur vier Meter tief in der Bucht.«

»Und die Bucht ist fünf Kilometer breit«, versetzte ich kühl. »Außerdem gehört sie zu Rot-China, und die Burschen wachen eifersüchtig über ihre Buchten, besonders über solche, auf deren Grund eine Million Dollar liegt.«

»Das ist doch etwas ganz anderes«, entgegnete sie wütend. »Ich habe eine Karte.«

»Jeder hat eine Karte.« Ich lächelte traurig. »Es ist die erste Voraussetzung zur Schatzsuche. Es ist genau wie bei der unentdeckten Goldmine - erst braucht man einen Goldbarren.«

»Sie glauben mir nicht?« Ihr Ton war eisig.

»Ich lebe seit neun Jahren in Hongkong«, erwiderte ich gelassen. »Wenn ich jede Karte gekauft hätte, die man mir im Lauf dieser Zeit zur Auffindung eines vergrabenen Schatzes angeboten hat, hätte ich meine eigene Bibliothek eröffnen können.«

Natalies Zähne gruben sich behutsam in die verlockende, volle Unterlippe.

»Ich will Ihnen die Karte nicht verkaufen«, erklärte sie frostig. »Ich möchte Sie lediglich bitten, mir zu helfen, die Million in meinen Besitz zu bringen. Sie können sich eine Gewinnbeteiligung verdienen.«

»Das Angebot einer Gewinnbeteiligung an einem Objekt, das Rot-China gehört, ist leider ebenso theoretisch wie die Möglichkeit einer Einnahme des Kreml«, sagte ich bedauernd.

Sie holte tief Atem, und die schimmernde Seide straffte sich.

»Andy Kane«, sagte sie mit rauer, vibrierender Stimme, »wie lange kennen Sie mich?«

»Acht Tage, siebzehn Stunden«, antwortete ich prompt. »Wenn ich dran denke, was dabei herausgekommen ist, hätte ich ebenso gut angeln gehen können.«

»Acht vergeudete Tage«, meinte sie bitter. »Ich habe einen Mann mit Mut gesucht-einen Glücksritter -, einen Mann, der sich in China auskennt, und ich dachte, ich hätte ihn gefunden, als ich Sie kennenlernte, aber Sie sitzen nur herum und trinken wie ein Loch.«

»Nicht ärgern, mein Schatz, nur wundern«, riet ich ihr. »Also, ich werd’ mir die Geschichte anhören, aber ich mache keine Versprechungen.«

Sie steckte sich eine Zigarette an.

»Erinnern Sie sich noch an den Krieg?«

»Klar: Whisky war Mangelware.«

»Mein Bruder war Flieger«, sagte sie. »Mit Stilwell in China.«

»Wollen Sie mir Geschichtsunterricht geben?«

»1941, kurz vor dem Zusammenbruch, flog er einen nationalistischen Funktionär in die Staaten. Der Mann trug eine Aktentasche bei sich, und diese Aktentasche enthielt eine Million Dollar.«

»Das ist es, was mir an den Märchen über vergrabene Schätze so gut gefällt«, meinte ich. »Da werden keine halben Sachen gemacht, es handelt sich immer um ein nettes, rundes Sümmchen.«

»Wollen Sie mir nun zuhören oder nicht?«, fragte sie heftig.

»Na schön, ich bin ganz Ohr.«

Sie fuhr fort: »Das Flugzeug hatte Maschinenschaden, und mein Bruder musste notlanden. Er versuchte, die Maschine in einem Reisfeld zu Boden zu bringen, doch er raste darüber hinaus und machte am Rand der Bucht Bruch. Das Flugzeug war nur noch ein Wrack, der Chinese kam um. Mein Bruder war verletzt, aber nicht schlimm. Er versenkte die Aktentasche in der Bucht. In der Bucht von Kwan-Po. Dann nahmen ihn die Japaner gefangen.«

Ich schnalzte mit den Fingern, und ein chinesischer Boy nahm unsere leeren Gläser, um sie nachzufüllen.

»Was ist ihm danach geschehen?«, fragte ich.

»Er starb«, sagte Natalie ruhig.

»In einem Gefangenenlager?«

»1944.«

»Und woher wissen Sie die Geschichte?«

»Von einem seiner Mitgefangenen, einem gewissen Carter. Carter wurde zum Verräter, um sein Leben zu retten. Er arbeitete für den japanischen Sender Tokio Rose. Als unsere Truppen bei Kriegsende nach Tokio kamen, wurde er gefasst und zu  sechzehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er ist vor zwei Monaten entlassen worden.«

»Und schnurstracks zu Ihnen gerannt, um Ihnen die Geschichte zu erzählen?«, fragte ich skeptisch. »Warum suchte er nicht selbst den Schatz?«

Sie zuckte die Achseln.

»Weil er pleite war, ohne einen Pfennig in der Tasche. Verräter geraten nicht so schnell in Vergessenheit, Andy. Die Leute erinnerten sich noch an ihn. Er kam ganz verzweifelt zu mir. Ray, mein Bruder, hatte ihm von mir, seiner kleinen Schwester, erzählt. Ich hatte etwas eigenes Geld, genug, um mit Carter eine Abmachung zu treffen. Ich gab ihm einen Betrag, mit dem er vorläufig leben kann und versprach ihm einen Teil des Geldes, falls ich es finden sollte. Als Gegenleistung zeichnete er mir eine Karte.«

Der chinesische Boy trat zum Tisch und stellte die gefüllten Gläser vor uns hin.

»Angenommen, die Geschichte ist wahr«, meinte ich, »das Geld wurde vor achtzehn Jahren in der Bucht versenkt. Sogar eine lederne Aktentasche löst sich in der Zeit auf.«

»Das Geld war wasserdicht verpackt«, versetzte sie. »Ich weiß, dass es noch da ist.«

»Vielleicht haben die Roten es längst gefunden?«

Sie schüttelte den Kopf. »Unmöglich, dann hätten sie wissen müssen, wo sie danach suchen sollen.«

»Es hört sich ganz so an, als sei dieser Carter ein reizender, ehrlicher Mensch. Woher wollen Sie wissen, dass er Ihnen nicht einen Bären aufgebunden hat, um Sie um ein paar Dollars zu erleichtern?«

»Weil er mir verschiedene Sätze und Ausdrücke wiederholt hat«, entgegnete sie. »Sie wissen doch, wie das bei Kindern einer Familie ist. Man gebraucht untereinander bestimmte Worte und Ausdrücke, die für den Außenstehenden völlig sinnlos sind. So war es zwischen mir und Ray auch. Carter hätte von diesen Kinderausdrücken nichts wissen können, wenn Ray ihm nicht darüber erzählt hätte, und außerdem brauchte er mir gar keinen Bären aufzubinden, um Geld von mir zu bekommen. Ich hätte ihm sowieso etwas gegeben, weil er zusammen mit Ray in Gefangenschaft war.«

Es schien zwecklos, noch weiter hin und her zu reden.

»Okay«, sagte ich. »Was wollen Sie also von mir?«

»Sie sollen mir helfen, das Geld zu finden«, erwiderte sie. »Ein Drittel gehört Ihnen, wenn wir es finden.«

»Und weshalb bin gerade ich der Glückspilz, der ein Drittel der Beute bekommt?«

»Weil Sie vielleicht der einzige Mensch sind, der das Geld ausfindig machen kann. Sie haben sich hier einen Ruf gemacht.«

»Aber Sie lassen mich’s Ihnen nicht beweisen«, sagte ich anzüglich.

»Einen Ruf als Schmuggler und Blockadebrecher. Sie sind hier eingeführt, Sie wissen, wie man nach Rot-China kommt und wieder zurück.«

»Vielleicht«, meinte ich. »Aber das Unternehmen wird Geld kosten. Wer bezahlt?«

»Ich«, antwortete sie kurz. »Wieviel?«

»Ich habe es eigentlich noch nicht berechnet«, sagte ich. »Aber sagen wir zweitausend Dollar als Minimum.«

»Das kann ich auftreiben.«

»Und angenommen, die Million ist doch nicht mehr da? Keine Aktentasche, keine Million. Was springt dann für mich heraus?«

»Ich zahle Ihnen hundert Dollar pro Tag«, erklärte sie geschäftsmäßig kühl, »außerdem die Kosten für die Organisation.«

»Ich werd’s mir durch den Kopf gehen lassen«, versprach ich.

Sie trank ihr Glas leer.

»Ich hab’ lange genug meine Zeit mit Ihnen verschwendet, Andy Kane«, fuhr sie mich an. »Acht ganze Tage. Warum geben Sie mir nicht sofort eine definitive Antwort?«

»Natalie«, sagte ich hoffnungsvoll, »wenn Sie mir erlauben würden, Sie in Ihr Zimmer im Oriental-Hotel zu begleiten, würde ich bestimmt zu einem raschen Entschluss kommen. So!« Ich schnalzte mit den Fingern.

»Kommt nicht in Frage«, erwiderte sie bestimmt. »Ich gebe Ihnen einen Tag Bedenkzeit, länger nicht. Morgen Abend um neun erwarte ich Ihre Antwort. Gute Nacht, Andy.«

»Gute Nacht, Miss Dove«, sagte ich widerstrebend. »Was tun Sie zur Entspannung? Schach spielen?«

»Patience legen!«

Sie lächelte flüchtig, dann war sie mit einem Rascheln orangefarbener Seide verschwunden.

Ich leerte mein Glas und winkte dem Boy, um mir noch einen Drink zu bestellen, während ich über Natalie Dove und ihren Vorschlag nachdachte. Gerade als ich mir eine Zigarette angesteckt hatte, sagte eine geschmeidige Stimme: »Mr. Kane, was für eine wundervolle Überraschung, Sie hier anzutreffen!«

»Hallo, Wong«, sagte ich ohne Überschwang. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«

Er ließ sich auf dem Stuhl nieder, den Natalie eben erst verlassen hatte.

»Sie begleiten die wunderschöne Dame nicht, wenn sie geht?« Sein Lächeln wurde breiter. »Das sieht Ihnen gar nicht ähnlich, Mr. Kane.«

»Man muss ab und zu auch mal ausspannen«, versetzte ich. »Und das ist eine Lüge.«

»Man sagt, dass die Dame nicht nur zum Vergnügen in Hongkong ist, Andy«, meinte er. »Vielleicht stehen Sie mit ihr in Geschäftsverhandlungen?«

Ich lachte. »Sie wissen doch, was für eine Art von Geschäftsverhandlungen ich mit Frauen führe, die so aussehen wie sie.«

»Natürlich«, sagte er glatt. »Man kennt Ihren Ruf bei den Damen, Andy, aber ich höre, Sie arbeiten im Augenblick nicht?«

»Ich hab’ beschlossen, eine Zeitlang alle fünf gerade sein zu lassen und mich zu erholen. Sie wissen ja, wie das ist - in meiner Branche.«

»Natürlich. Aber ich bedaure, dass Sie nicht verfügbar sind.«

»Das klingt interessant«, meinte ich. »Warum bedauern Sie es?«

Er zuckte vielsagend die Achseln.

»Ein Freund«, erklärte er ausdruckslos, »sucht jemanden, der einen kniffligen Auftrag für ihn ausführt.«

»Mich zum Beispiel?«

»Mein Freund braucht japanische Yen. Es handelt sich nicht um eine Transaktion, die über die Bank laufen soll. Sie verstehen. Er ist der Meinung, dass er Yen in Djakarta billiger kaufen kann als hier in Hongkong.«

»Sie suchen jemanden, der auf dem schwarzen Markt in Djakarta Yen für Ihren Freund einkauft, Wong?«

Er lachte höflich. »Im Vertrauen gesagt, Andy, ich habe hinreichend japanisches Geld da, um meinem Freund auszuhelfen, aber wenn ich es ihm anbiete, wird er sich fragen, ob es auch echt ist. Nebenbei gesagt, es ist echt. Mein Freund ist ein misstrauischer Mensch. Wenn ein weißer Mann bis nach Djakarta reist, um das Geld für ihn zu besorgen, wird er bestimmt glauben, dass es echt ist.«

»Da komme ich nicht ganz mit«, gestand ich.

Er breitete die Hände aus. »Es ist ein einfacher Vorschlag, Andy. Ich möchte Sie gern meinem Freund vorstellen. Wir könnten ein Geschäft machen. Sie sagen, Sie fahren nach Djakarta, um ihm die Yen zu besorgen. Doch stattdessen nehmen Sie die Fähre nach Makao und verbringen ein paar angenehme Tage in einem kleinen Hotel, das mir gehört. Nach zehn Tagen oder so werde ich Ihnen die Yen geben, die Sie meinem Freund überbringen s ollen, und alles ist in Butter.« Er strahlte mich an.

»Eine Frage nur«, sagte ich.

»Wieviel Sie dabei verdienen können, Andy? Zweitausend Dollar - und in meinem Hotel in Makao halte ich mir ein sehr hübsches, eurasisches Tanzmädchen. Ich könnte Ihnen ein Einführungsschreiben mitgeben.«

»Klingt wie der richtige Auftrag für mich«, stellte ich fest. »Wann müsste ich fahren?«

Wong überlegte einen Moment.

»Sofort«, erwiderte er dann. »Mein Freund wartet mit Ungeduld auf das Geld. Meiner Ansicht nach wäre morgen früh der richtige Zeitpunkt, um Sie miteinander bekannt zu machen. Er möchte die Transaktion möglichst rasch abwickeln.«

»So bald schon?« Ich hob die Brauen. »Morgen ist mir ein bisschen zu plötzlich. Ich muss es mir überlegen. Ich brauche etwas mehr Zeit, Wong.«

»Aber selbstverständlich.« Ein Lächeln lag auf dem dicken Gesicht. »Denken Sie heute Nacht darüber nach, Andy, und teilen Sie mir morgen früh Ihre Entscheidung mit. Vergessen Sie nicht, das ist für Sie leicht verdientes Geld, und ein Urlaub um diese Jahreszeit - diese Wirbelstürme sind entsetzlich - wäre doch ausgezeichnet.« Er stand auf. »Ich erwarte also Ihre Antwort morgen Vormittag.«

Ich starrte auf seinen breiten Rücken und überlegte, wieviel er wohl für den gutgeschnittenen, seidenen Anzug bezahlt haben mochte. Dann trank ich mein Glas leer und beschloss, mich auf den Heimweg zu machen. Auf halber Höhe der gewundenen Straße, die zur Spitze des Victoria Peak hinaufführte, fuhr ich den Wagen in die Garage. Im Parterre des Zweifamilienhauses lag meine Wohnung. Das obere Stockwerk wurde von einem englischen Beamten und seiner Frau bewohnt, die vor kurzem einen sechsmonatigen Urlaub in England angetreten hatten und wahrscheinlich beide mit einem Bronchialkatarrh zurückkehren würden. Meine Sehnsucht nach ihnen hielt sich in Grenzen.

Als ich das Haus betrat, knipste ich die Wohnzimmerlampe an, und da erblickte ich Sankt Nikolaus, der sich offenbar sechs Monate verfrüht hatte.

Er saß bequem zurückgelehnt in meinem besten Sessel, die Hände im Schoß gefaltet. Über dem langen, kreideweißen Gesicht schimmerte eine Glatze. Er wirkte ungesund, beinahe leichenhaft, und die dünne, brüchige Stimme vermochte diesen Eindruck nicht zu vertreiben.

»Ich muss mich entschuldigen, dass ich einfach so bei Ihnen eingebrochen bin, Mr. Kane«, sagte er höflich. »Ich habe es nur getan, weil mein Anliegen dringend und höchst vertraulicher Natur ist.«

»Keine Ursache«, erwiderte ich. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken machen?«

»Gern«, meinte er. »Scotch? Sie werden Ihrem Ruf gerecht, Mr. Kane. Man sagt, dass nichts Sie aus der Fassung bringt, nicht einmal eine Leiche.«

»Oh, alles Weibliche bringt mich unweigerlich aus der Fassung«, entgegnete ich. »Das Leben ist voller Interpunktionszeichen - haben Sie sich das mal überlegt? Eine schöne Frau ist immer ein Fragezeichen, aber eine Leiche ist nichts als ein Ausrufezeichen.«

Mit einer ungeduldigen Handbewegung tat er meine philosophischen Betrachtungen ab.

»Ich bin geschäftlich hier, Mr. Kane, und ich weiß, dass auch Sie Geschäftsmann sind. Ich möchte mich mit Ihnen über einen verlorenen Schatz unterhalten. Im Wert von einer Million Dollar, um es genau zu sagen.«

»Und wo ist der Schatz verlorengegangen?«

»In einer Bucht«, erklärte er. »Die Sache hat nur einen Haken. Die Bucht gehört zu Rot-China.«

Allmählich schien die Sache interessant zu werden. Ich setzte mich in einen Sessel und zündete mir eine Zigarette an.

»Erzählen Sie«, forderte ich ihn auf.

»Dieser Schatz liegt seit langer Zeit auf dem Grund der Bucht, sehr lange schon. Ich weiß genau, wo er sich befindet, doch um ihn zu heben, muss ich erst in die Bucht und in der Lage sein, meinen Weg zurückzufinden.«

»Das dürfte schwierig sein«, meinte ich.

Er lächelte. »Ich glaube, der einzige Mensch, der mir da helfen kann, der mich hin- und wieder zurückbringen kann, sind Sie, Mr. Kane.«

»Warum ich?«

»Wenn ich recht unterrichtet bin, sind Sie der geeignete Mann für das Unternehmen. Ich beziehe mich auf den Ruf, den Sie hier genießen. Ich will Sie nicht mit geheimnisvollen Andeutungen hinhalten. Der Schatz liegt in der Kwan-Po-Bucht.«

Ich zog ein Gesicht. »Es wäre einfacher, wenn er in Lenins Grab vergraben wäre.«

»Ich sehe ein, dass die Sache schwierig ist«, sagte er. »Aber ich glaube, die Ausführung des Unternehmens liegt im Bereich des Möglichen, und Sie sind der Mann, der es zu einem erfolgreichen Ende führen könnte, Mr. Kane. Der Einsatz lohnt sich.«

»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir Zahlen zu nennen?«, erkundigte ich mich. »Dann werde ich Ihnen sagen, ob mir der Einsatz lohnend genug erscheint.«

»Hunderttausend Dollar«, sagte er langsam.

»Hunderttausend! Wann bekomme ich das Geld?«

»Wenn wir wieder in Hongkong sind.«

»Mit dem Schatz?«

»Natürlich.«

»Und wenn wir ihn nicht finden?«

»Ich komme für Ihre Spesen auf und zahle Ihnen dreitausend Dollar für Ihre Bemühungen. Sie haben nichts zu verlieren.«

»Das ist Ansichtssache«, bemerkte ich scharf. »Wie viele Personen sind an der Geschichte beteiligt, Mr. ...?«

»Carter«, stellte er sich vor. »Jonathan Carter.«