MISS MERMAID STEHT ZUR WAHL - EIN FALL FÜR DANNY BOYD - Carter Brown - E-Book

MISS MERMAID STEHT ZUR WAHL - EIN FALL FÜR DANNY BOYD E-Book

Carter Brown

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Beschreibung

Dieses Mal hat Danny Boyd, der Privatdetektiv mit dem klassischen Profil, eine besondere Aufgabe Er ist Mitglied einer Jury, die in Miami die Miss Mermaid küren soll. Weshalb aber zahlt man ihm tausend Dollar dafür, ein bestimmtes Urteil zu fällen? Denn so schwer ist die Wahl doch gar nicht: entweder Nr. 26, die atemberaubende Blondine, oder Nr. 27, die Schwarzhaarige mit den rasanten Kurven. Erst als Danny Boyd der Blonden zum zweiten Mal begegnet, begreift er, dass er sich hier auf sehr viel mehr eingelassen hat als auf einen Schönheitswettbewerb... Der Kriminal-Roman MISS MERMAID STEHT ZUR WAHL des australischen Schriftstellers Carter Brown (* 1. August 1923 in London, England unter dem Namen Alan Geoffrey Yates; † 5. Mai 1985 in Sydney, Australien) erschien erstmals im Jahr 1960; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1962. Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

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CARTER BROWN

 

 

MISS MERMAID

STEHT ZUR WAHL

 

 

 

 

Roman

 

 

 

 

Signum-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

MISS MERMAID STEHT ZUR WAHL 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Impressum

 

Copyright © by Alan Geoffrey Yates/Signum-Verlag.

Published by arrangement with the Estate of Alan Geoffrey Yates.

Original-Titel: Graves I Dig.

Übersetzung: E. und M. W. Elwenspoek und Christian Dörge.

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg

Umschlag: Copyright © by Christian Dörge.

 

Verlag:

Signum-Verlag

Winthirstraße 11

80639 München

www.signum-literatur.com

[email protected]

 

Das Buch

 

 

Dieses Mal hat Danny Boyd, der Privatdetektiv mit dem klassischen Profil, eine besondere Aufgabe Er ist Mitglied einer Jury, die in Miami die Miss Mermaid küren soll.

Weshalb aber zahlt man ihm tausend Dollar dafür, ein bestimmtes Urteil zu fällen? Denn so schwer ist die Wahl doch gar nicht: entweder Nr. 26, die atemberaubende Blondine, oder Nr. 27, die Schwarzhaarige mit den rasanten Kurven.

Erst als Danny Boyd der Blonden zum zweiten Mal begegnet, begreift er, dass er sich hier auf sehr viel mehr eingelassen hat als auf einen Schönheitswettbewerb...

 

Der Kriminal-Roman Miss Mermaid steht zur Wahl des australischen Schriftstellers Carter Brown (* 1. August 1923 in London, England unter dem Namen Alan Geoffrey Yates; † 5. Mai 1985 in Sydney, Australien) erschien erstmals im Jahr 1960; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1962. 

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur. 

MISS MERMAID STEHT ZUR WAHL

 

  Erstes Kapitel

 

 

Kann sein, dass sich die meisten Herren an ihre Sekretärinnen gewöhnen, wenn sie sie dauernd im Büro um sich herum sehen. Mir geht es anders. Jeden Tag, an dem ich Fran Jordan von neuem vor mir sehe, passiert die gleiche alte Geschichte. Es versetzt mir einen Schlag.

Fran ist ein Rotschopf mit graugrünen Augen, die kühl und manchmal berechnend sind, weil sie versucht, damit die reife, sinnliche Fülle ihrer Lippen etwas auszugleichen. Sie hat die Art Figur, die die Modezeitschriften fast an den Rand des Ruins brachte, als sie versuchten, sie als unmodern hinzustehlen. Sie hat die Form einer Sanduhr mit einem hohen, vollen Busen, einer schlanken Taille und vollen, runden Hüften, die mich leicht schwindlig werden lassen und mich in diesem Zustand erhalten. An diesem Morgen trug sie einen weißen Pullover zu einem schwarzen, engen Rock, und schon bei ihrem Anblick spürte ich, wie mein Sand verrann.

»Danny Boyd«, sagte sie vorwurfsvoll, »wirst du jetzt aufhören, mich anzustieren, und anfangen, mir zuzuhören?«

»Ich höre ja zu«, antwortete ich mit belegter Stimme. »Wenn ich aber mal aufhöre zu stieren, dann ruf einen Arzt, dann bin ich krank.«

»Abends«, erwiderte sie im düsteren Ton, »ziehe ich mich im Dunkeln aus. Wenn ich das Licht brennen lasse, habe ich immer das Gefühl, du beobachtest mich. Dein Blick hat etwas von Röntgenstrahlen an sich.«

»Dazu habe ich Jahre gebraucht«, erklärte ich. »Genauso wie für das vollkommene Profil. Ich habe die Gabe erworben, das Unwesentliche zu übersehen. Bei einem hübschen Mädchen bemerke ich die Kleider einfach nicht mehr.«

»Ich kann mir heute schon vorstellen, wie du in zehn Jahren bist«, sagte sie kühl. »Dann bist du kahlköpfig, fett und kneifst Mädchen im Fahrstuhl.«

»Kennst du die beste Stelle im Fahrstuhl, um Mädchen zu kneifen?«, fragte ich.

»Du könntest gelegentlich versuchen, dich zu benehmen«, antwortete sie abweisend.

»Zwischen den Etagen«, erklärte ich ihr fröhlich. »Wollen wir nicht schnell mal fahrstuhlfahren, dann werde ich's dir vormachen. Du trägst doch heute keinen Hüfthalter.«

»Ich trage nie einen«, erwiderte sie spitz. »Wirst du jetzt aufhören zu stieren und zuhören?«

»Na schön«, fügte ich mich. »Aber warum musst du jeden Flirt immer mit geschäftlichen Dingen verderben?«

Fran atmete tief ein und tat dabei das gleiche für ihren Pullover, was Henry Ford für das Auto getan hatte.

»Wir haben einen neuen Klienten«, sagte sie. »Du erinnerst dich doch, dass wir einen neuen Klienten brauchen? Das ist in ganzen drei Wochen der erste, seit du von Honolulu zurückgekommen bist.«

»Ich habe in Hawaii angestrengt gearbeitet«, protestierte ich. »Ich brauchte eine Erholung.«

»Ich weiß, dass du heiß gearbeitet hast, Danny«, sagte sie zuckersüß, »nur schade, dass du damit kein Geld verdient hast und deine Unkosten selbst bezahlen musstest. Die Geschichte hat uns nur zweitausend Dollar gekostet.«

»Schon gut«, wehrte ich ab, »was ist also mit dem neuen Klienten?«

»Es ist die Mermaid-Badeanzug-Corporation«, erklärte sie in ehrfürchtigem Ton.

»Von denen habe ich noch nie was gehört.«

»Nie? Ist dir denn nicht bekannt, dass fünfzig Prozent aller Mädchen an den Stranden von Florida bis Long Island in diesem Sommer Mermaid Badeanzüge tragen werden?«

»Moment mal, das will ich genau wissen«, sagte ich interessiert. »Heißt das, nur fünfzig Prozent aller Mädchen am Strand werden Badeanzüge tragen oder dass alle Mädchen nur fünfzig Prozent eines Badeanzuges tragen werden? Und wenn ja, welche Hälfte?«

Fran schauderte. »Warum gehst du nicht nach Hause und kommst nach dem Essen wieder? Wir können dann von vorn anfangen. Ich ertrage es nicht, wenn du geistreich wirst. Dann bist du unerträglicher als ein Steuereinzieher.«

»Ich werde dich jetzt also ernst nehmen, wie der junge Ehemann auf seiner Hochzeitsreise sagte«, entschuldigte ich mich.

»Sie veranstalten den Schlusswettbewerb der Miss-Mermaid-Schönheitskonkurrenz in Florida«, erklärte Fran. »Der Wettbewerb beginnt Anfang nächster Woche in Miami, und du sollst einer der Schiedsrichter sein.«

»Schneit es draußen noch?«, fragte ich vorsichtig.

Sie blickte aus dem Fenster und nickte. »Es schneit noch. Im Januar nichts Ungewöhnliches für New York, oder doch?«

»Wir haben also nicht den ersten April«, sagte ich. »Ich halte es trotzdem für einen Witz.«

»Es ist kein Witz«, widersprach sie. »Sie legen Wert darauf, dass bei der Preisvergabe nicht geschoben wird. Darum engagieren sie Boyd Enterprises.«

»Jetzt weiß ich, dass du Witze machst«, entgegnete ich. »Seit wann stehe ich in dem Ruf, immun gegen Schiebungen zu sein?«

»Übertreibe nicht«, erwiderte sie scharf. »Sie haben tausend Dollar als Vorschuss und für Spesen bezahlt.«

»Und was bringt sie auf die Idee, sie könnten meine Honorarsätze beschneiden?«

»Es wird nichts Besonderes von dir verlangt, Danny«, protestierte Fran. »Du setzt dich Montagmorgen in ein Flugzeug. Ihr örtlicher Vertreter - er heißt Myers - setzt sich mit dir in Verbindung, wenn du ankommst. Du bist Mitglied der Jury bei dem Abschlusswettbewerb, und eine Woche später kommst du nach New York zurück. Du bist eine Woche in Miami, und zwar während der Hochsaison, und hast nichts zu tun, als den ganzen Tag schöne Mädchen in Badeanzügen paradieren zu sehen und wirst auch noch dafür bezahlt.«

»Du überzeugst mich beinahe, Schatz«, sagte ich. »Erzähle mir nur noch etwas mehr von den Mädchen in Badeanzügen.«

»Ich habe schon ein Zimmer für dich im Styx bestellt, und ich habe schon deinen Flugschein. Da ist nur noch ein Punkt. Sie sagten, dass du unter keinen Umständen irgendjemand verraten darfst, wer du bist und warum du da bist.«

»Irgendjemand muss doch erfahren, dass ich Preisrichter bin«, antwortete ich ungehalten. »Wie sollte ich sonst nahe genug herankommen, um mich zu vergewissern, dass die Mädchen nicht schieben? Wenn sie nicht kieksen, weiß man, dass sie sich gepolstert haben. Aber zuerst mal muss man nahe genug sein, um sie überhaupt kneifen zu können.«

»Kneife, so viel du willst«, ereiferte sich Fran, »nur sage ihnen nicht, du wärest engagiert, um dafür zu sorgen, dass nicht geschoben wird.«

Ich bewegte mich flink genug, um ihr keine Zeit zu lassen, mir auszuweichen, und sie kiekste zufriedenstellend.

»Eines muss man dir lassen, Fran Jordan«, sagte ich bewundernd, »du trägst unter deinem Rock wirklich kein Polster.«

 

Nach der letzten Zählung, von der ich hörte, gibt es in Miami Beach dreihunderteinundachtzig Hotels. Alle sind einschließlich des Styx märchenhaft. Ich traf um die Mittagszeit dort ein und fand eine Nachricht von Myers für mich vor. Willkommen in Miami, und er würde mich um halb drei an diesem Nachmittag aufsuchen. Das ließ mir Zeit, mir die Aussicht von meinem Zimmer anzusehen und etwas zu essen. Beim Empfang hinterließ ich, Myers könne mich in der Bar finden. Das tat er genau um 14 Uhr 31.

Er sah aus wie Fran Jordan es mir prophezeit hatte. Er war klein, dick und kahl und trug einen Palm-Beach-Anzug, der schon verknittert gewesen sein musste, als er ihn vom Bügel nahm. Ich wollte ihn fragen, wie viele Mädchen er täglich im Fahrstuhl kneife, aber der Anzug entmutigte mich.

»Mr. Boyd?« Er lächelte unsicher mit einem fragenden Blick in den Augen, so als ob er nie gefunden hätte, was auch immer er verloren hatte - vielleicht war es sein Verstand. »Mein Name ist Maurice Myers von den Mermaid-Badeanzügen.«

»Danny Boyd«, antwortete ich. »Was trinken Sie?«

»Während der Arbeitszeit rühre ich niemals Alkohol an, Mr. Boyd.« Er betupfte sein Gesicht mit einem zerknüllten

Taschentuch. »Wissen Sie, Arbeit und Alkohol vertragen sich nicht.«

»Gin und Tonic sind eine zuverlässige Mischung«, gab ich zu und winkte dem Barmann, mein Glas neu zu füllen.

»Die Zentrale teilte mir mit, dass Sie herunterkämen und unser dritter Preisrichter bei dem Wettbewerb sind«, sagte Myers unsicher. »Haben Sie - äh - haben Sie irgendwelche Erfahrungen auf diesem Gebiet, Mr. Boyd?«

»Nur die übliche allgemeine Erfahrung jedes jungen Amerikaners mit rotem Blut«, antwortete ich. »Ich habe mir Mädchen kritisch angesehen, seit ich in den Stimmbruch kam.«

Myers lächelte verlegen. »Die beiden anderen sind durchaus Fachleute als Preisrichter bei Wettbewerben. Ich möchte wissen, warum die Zentrale...«

»Dann sind wir vorteilhaft ausgewogen«, sagte ich. »Zwei Fachleute und ein enthusiastischer Amateur. Wer sind die beiden?«

»Die eine ist Elaine Curzon«, antwortete er. »Sie ist Herausgeberin von Exquisite, dem Modejournal. Sie kennen es doch selbstverständlich?«

»Gewiss«, bestätigte ich kalt. »Ich sitze den ganzen Tag auf Samtkissen herum, rauche Zigaretten mit Seidenmundstück und lese ununterbrochen Exquisite.«

Er betupfte noch einmal sein Gesicht. »Ich beabsichtigte nicht... nun, ich nahm an, Sie hätten von der Zeitschrift gehört. Ich wollte Sie nicht kränken... Das letzte, was ich...«

»Wer ist der andere Preisrichter?«

»Der Fotograf Duval.«

»Den kenne ich auch nicht.«

»Ein wirklich netter Bursche«, sagte Myers begeistert. »Wir kommen ausgezeichnet miteinander aus. Er ist ein Gentleman.« Er sah meinen Gesichtsausdruck und begann sich heftig die Stirn zu betupfen. »Missverstehen Sie mich bitte nicht, Mr. Boyd, ich...«

»Schon gut«, unterbrach ich. »Wann beginnt der Wettbewerb?«

»Morgen Vormittag.« Er schluckte. »Wir haben dreißig Mädchen aus allen Gegenden der Vereinigten Staaten hierhergebracht. Ihre Aufgabe für morgen besteht darin, zwei Drittel von ihnen auszuschalten, so dass nur noch zehn Mädchen für das Semifinale übrigbleiben. Später schalten Sie weitere fünf aus, und der Rest bleibt für die Abschlusskonkurrenz übrig.«

»Ich könnte das zu meiner Lebensaufgabe machen«, informierte ich ihn nüchtern.

»Ich schicke Ihnen morgen um zehn Uhr einen Wagen, um Sie abzuholen, Mr. Boyd«, sagte Myers, »ich hoffe, das sagt Ihnen zu.«

»Ich werde bereit sein und warten.«

»Der Wettbewerb wird im Cypress-Country-Club abgehalten. Dort findet auch alljährlich die Krönung der Grapefruit Königin statt.«

»Wird sie mit einer Grapefruit gekrönt?«

Er lehnte sich auf seinem Stuhl weit zurück und versuchte den möglichst größten Abstand von mir herzustellen, für den Fall, von mir würde etwas abblättern, und er bekäme Flecken davon. »Also.« Er räusperte sich ungehalten. »Ich glaube, damit ist alles geklärt, falls Sie nicht noch irgendwelche Wünsche haben, Mr. Boyd.«

»Habe ich«, sagte ich. »Aber wenn ich morgen die Wettbewerberinnen kennenlerne, wird sich das schon regeln lassen.«

Ein entsetzter Ausdruck breitete sich langsam über Myers Gesicht aus. »Sie können doch unmöglich daran denken, sich mit einer der Wettbewerbs-Teilnehmerinnen privat zu treffen?«

»Weibliche Gesellschaft ist die Kleinigkeit, die mir fehlt«, antwortete ich. »Warum sollte es nicht eine der Bewerberin nen sein? Sie werden schließlich nicht alle plumpe Knie haben.«

»Das können Sie doch nicht tun«, widersprach er leidenschaftlich. »Es geht einfach nicht. Das wäre ein Verstoß gegen die Regeln. Also, das würde den ganzen Wettbewerb in Frage stellen. Ein Verstoß gegen die erste Regel bei jedem Wettbewerb, dass die Preisrichter an keiner Wettbewerberin ein persönliches Interesse haben dürfen.«

»Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Mr. Myers«, sagte ich ihm. »Darf ich Sie versichern, wenn es dazu kommen wird, dass eine Königin der sauren Trauben gekrönt wird, Sie ganz bestimmt größte Chancen haben.«

»Versprechen Sie mir, dass Sie morgen mit keiner der Teilnehmerinnen sprechen, Mr. Boyd«, flehte er mich an.

»Es gibt wichtigere Dinge, um die Sie sich Sorgen machen müssen, Mr. Myers«, antwortete ich mitfühlend. »Zum Beispiel, diesen Anzug einmal bügeln zu lassen.«

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Ein kirschroter Lincoln holte mich am nächsten Morgen im Hotel ab und brachte mich zum Cypress-Country-Club. Nach den Vorbereitungen zu schließen, sah es so aus, als ob der Wettbewerb neben einem Schwimmbassin stattfinden sollte, das die verrückteste Form besaß, die ich jemals gesehen hatte. Der Fahrer öffnete die Wagentür, und ich stieg aus und sah Myers mit hurtigen Schritten auf mich zueilen.

»Guten Morgen, Mr. Boyd.« Ein Lächeln teilte seine Lippen, bekam plötzlich aber Angst und verschwand wieder. »Ein herrlicher Morgen, selbstverständlich. Genießen Sie unser wundervolles Wetter?«

»Ich selbst bin ein Stubenhocker«, antwortete ich. »Was ist denn mit dem Schwimmbassin da los?«

Myers blickte mit gespanntem Gesicht über seine Schulter zurück, als erwarte er, das Schwimmbassin würde aufstehen, um einen Cha-Cha-Cha zu tanzen.

»Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Mr. Boyd.«

»Es hat so eine komische Form, finden Sie nicht?«

»Ah, das.« Er lachte stolz. »Das sind die Umrisse von Florida. Welch herrlichen Anblick bietet doch der Park, finden Sie nicht auch, Mr. Boyd? Sie müssen ihn sich gut ansehen, wenn der Wettbewerb beendet ist. Wir haben einige einzigartige Pflanzen hier. Die fleischfressende Köcherpflanze, zum Beispiel, und die Schampflanze.«

»Was tut die denn?«, fragte ich verblüfft. »Hüpft sie ständig in das falsche Bett?«

»Ha, ha«, lachte er gequält. »Nein, sie schließt ihre Blätter, wenn sie berührt wird. Und dann haben wir hier eine besonders hübsche Rose. Die müssen Sie sehen.«

»Wo ist sie?«, fragte ich begierig.

»Eine wirklich wunderschöne Blume«, antwortete er kühl. »Die Knospe öffnet sich weiß und die Blüte wird bei Sonnenuntergang rot.«

»Ganz wie ein Untersuchungsausschuss des Senats«, meinte ich. »Wo sind denn all die Mädchen?«

»Sie machen sich dort drüben in dem gestreiften Zelt bereit. Kommen Sie, Mr. Boyd, ich will Sie mit den anderen Preisrichtern bekannt machen.«

Ich folgte ihm über einen betonierten Weg, an einer kleinen, aber interessierten Gruppe von Menschen vorbei zu einem Tisch, der nahe an den Rand des Schwimmbassins geschoben worden war. An dem Tisch saßen bereits zwei Personen und zwischen ihnen stand ein leerer Stuhl.

»Da wären wir also. Ja, da wären wir«, schwatzte Myers sinnlos. »Hier ist nun der dritte Preisrichter. Mr. Boyd.« Er strahlte die beiden für einen Augenblick hoffnungsvoll an. Dann wurde sein Ausdruck unsicher. »Also - äh - Mr. Boyd, ich möchte Sie mit den anderen Preisrichtern bekanntmachen. Zuerst ist hier Miss Curzon, Miss Elaine Curzon.«

»Morgen.« Ich nickte ihr zu.

Elaine Curzon war eine dunkelhaarige Person in einem weißen Kostüm aus grobem Leinen. Ihre großen dunklen Augen waren eiskalt, und sie sah wie eine nahe Verwandte von Mackie Messer aus. Sie neigte den Kopf einen Zoll, während die Eiseskälte ihres Blicks in meinen Kopf drang und meine roten Blutkörperchen zum Abtransport an die Blutbank des Roten Kreuzes tiefkühlte.

Myers räusperte sich gezwungen. »Und dies ist Mr. Duval, Claud Duval, der berühmte Fotograf.«

Duval war groß und dünn mit einer langen Nase und melancholischen Augen, wie ein Bluthund, der durch Inzucht degeneriert war.

»Angenehm«, sagte er mit tonloser, leicht nasaler Stimme.

»Dies ist Ihr Platz, Mr. Boyd.« Myers deutete auf den leeren Stuhl. »Auf dem Tisch vor sich werden Sie einen Block und einen Bleistift finden. Das Verfahren ist ganz einfach.

Die Mädchen werden der Reihe nach vor den Preisrichtern vorbeiparadieren, und jedes Mädchen hat an ihrem Badeanzug eine Nummer. Wenn die Parade vorüber ist, werden Sie drei Ihre Notizen vergleichen und entscheiden, welche Mädchen ausgeschaltet werden sollen und welche Mädchen in das Semifinale kommen.«

»Schön«, sagte ich und ging um den Tisch zu dem leeren Stuhl.

»Dann wollen wir jetzt sofort anfangen.« Myers strahlte wieder. Ich hielt ihn für einen geborenen Masochisten, die Sorte, die mit voller Wucht gegen eine Ziegelwand rennt, in der Hoffnung, sie sei so wohlerzogen, dass sie Platz mache.

Nachdem er fort war, zündete ich mir eine Zigarette an und fragte mich, warum er meinen Rat nicht befolgte und seinen Anzug in die Reinigung schickte.

»Wie ich diese verdammten Schönheitswettbewerbe hasse!«, erklärte Elaine Curzon mit schroffer Stimme. »Wenn die Anzeigenaufträge für die Mermaid-Badeanzüge nicht wären...«

»Ganz und gar meine Ansicht«, stimmte Duval steif zu. »Wenn der Etat Ihrer Werbeagentur für Fotos nicht wäre...«

»Ich finde es wundervoll«, sagte ich und rieb mir vergnügt die Hände. »Der ganze Einfall des Wettbewerbs ist wundervoll, und all diese wundervollen Puppen...«

»Puppen?« Duval schauderte.

»Wenn Sie noch weitere vulgäre Bemerkungen zum besten zu geben haben, Mr. Boyd«, sagte Elaine Curzon beißend, »tun Sie es lieber gleich.«

Aus den Lautsprechern, die um das Schwimmbassin aufgestellt waren, ertönten Fanfarenstöße. Dann verkündete Myers den Beginn des Wettbewerbs. Die kriegerischen Klänge gingen unvermittelt in die Anfangstakte von »Ein hübsches Mädchen ist wie eine Melodie« über. Dann machte sich die erste Bewerberin auf ihren Weg an dem Tisch des Preisrichterkollegiums vorbei.

Nie zuvor in meinem Leben habe ich mich so konzentriert. Als es so weit war, dass Bewerberin Nummer 26 den Tisch erreichte, spürte ich es in meinem Blut - dieses siegessichere Gefühl, das plötzlich einen Besucher der Spielbank in Las Vegas überfällt, nachdem er eine ganze Woche ständig verloren hat.

Fünfundzwanzigmal hatte ich einfach benommen dagesessen, während einige der aufregendsten Badeanzugfüllungen an mir vorbeiwanderten, die ich je gesehen hatte. Die Fee der günstigen Gelegenheiten hatte sich praktisch an meiner Tür die Finger wund geklopft und war vermutlich zu der Ansicht gekommen, ich sei einfach ein Tölpel. Aber Nummer 26 war meine Glückszahl, glaubte ich, und gleich darauf blinzelte sie mir zu.

Sie war eine Sahnigblonde, mit langem, sanft gewelltem Haar, das gerade bis zu ihren Schultern reichte. Sie trug einen Bikini mit Leopardenfellmuster, der etwas eingelaufen war, aber glücklicherweise war Nummer 26 nicht mit ihm eingelaufen. Ein großes, kräftig gebautes Mädchen, mit fließenden Kurven, die die engen Hüllen ihres Bikinis prall füllten und gerade noch nicht sprengten. Sie drehte sich langsam im Kreis, bis sie uns wieder ansah. Dann blickte sie mit einem trägen Lächeln auf den Lippen mir voll in die Augen, und ihr rechtes Augenlid senkte sich zum zweiten Mal.

»Wie heißen Sie, mein Schatz?«, fragte ich sie.

»Alisha.« Sie stülpte ihre Lippen provozierend vor, während sie sprach. »Alisha Hope.«

»Mit dem, was Sie haben, meine Süße«, sagte ich mit belegter Stimme, »kann keine Hoffnung Sie im Stich lassen.«

»Mr. Boyd«, fuhr Elaine Curzon mich scharf an, »vergessen Sie bitte nicht, dass Sie Preisrichter sind.«

»Der unbestechlichste«, erwiderte ich, während ich unentwegt die sahnige Blondine betrachtete. »Haben Sie heute Abend etwas vor, mein Schatz?«

Ihr Lächeln vertiefte sich. »Nicht das Geringste«, murmelte sie kehlig.

»Wann und wo?«, fragte ich.

»Sie halten den Wettbewerb auf, Boyd«, beklagte sich Duval. »Um Himmels willen...«

»Um acht«, sagte die sahnige Blondine schnell. »Ich wohne im Cirocco.«

»Abgemacht«. Ich notierte mir Namen und Adresse.

Alisha Hope schenkte mir ein letztes, überwältigendes Lächeln und schwebte dann von unserem Tisch davon. Ihr folgte eine große Brünette, in einem Badeanzug mit oval geschnittenem weißen Rückenteil, der die goldene Sonnenbräune ihrer Haut prachtvoll zur Geltung brachte. Wenn ich nicht bereits eine Verabredung mit Alisha Hope getroffen hätte, dann wäre Nummer 27 genau das richtige gewesen. Die Art und Weise, wie sie mich ansah und genau wie Alisha die beiden anderen Preisrichter ignorierte, war ermutigend. Aber um sich mit zwei Mädchen am gleichen Abend zu verabreden, musste man entweder ein Organisator oder ein Übermensch sein. Die letzten drei Mädchen folgten Nummer 27 in schneller Folge, und dann lag alles bei den Preisrichtern.

»Wir wollen mit Nummer eins anfangen«, sagte Elaine Curzon geschäftig, »diese Blonde mit der zottigen Pudelfrisur. Mein Urteil lautet nein.«

»Einverstanden«, sagte Duval gelangweilt.

»Mr. Boyd?«, fragte Elaine.

»Mein Urteil ist: ja«, erklärte ich.

Ihre Lippen spannten sich. »Wir wollen Meinungsverschiedenheiten zurückstellen und später darauf zurückkommen. Nummer zwei: ich sage ja.«

»Angenommen.« Duval nickte.

»Nein«, entgegnete ich fest.

Sie starrten sich gegenseitig ein paar Sekunden lang an, dann richteten sie ihre Blicke mordlustig auf mich.

Elaine warf ihren Bleistift auf den Tisch. »Das ist ja lächerlich«, fauchte sie. »Offensichtlich ist es das erstemal, dass Sie als Preisrichter wirken, Mr. Boyd.«

»Ich weiß, was mir gefällt«, entgegnete ich selbstbewusst.

»Wenn das so weiter geht, werden wir den ganzen Tag hier sitzen«, sagte Duval verärgert. »Ich habe einen schweren Nachmittag vor mir. Farbaufnahmen für eine führende Zigarettenfirma. Zwölf Modelle und ein Schwimmbassin warten auf mich.«

»Wollen wir ein Abkommen treffen?«, fragte ich gleichgültig.

»Was wollen Sie damit sagen?«, knurrte er mich an.

»Nummer 26 und Nummer 27 sind drin«, erklärte ich.

»Nein!«, erklärte Elaine Curzon schroff.

»Sei nicht so voreilig, meine Liebe«, sagte Duval schnell. »Was geschieht, wenn wir zustimmen?«

»Dann können Sie mit den anderen achtundzwanzig Mädchen machen, was Sie wollen«, antwortete ich. »Zu welchem Ergebnis Sie da auch kommen, mir soll es recht sein.«

Er malte versunken auf seinem Block herum«

»Sieht so aus, als ob wir auf diese Weise am schnellsten aus allen Schwierigkeiten herauskommen«, sagte er schließlieh seufzend.

»Erpressung«, sagte Elaine aufgebracht. »Unverhüllte Erpressung.« Für etwa zehn Sekunden kochte sie innerlich, bis sie sich schließlich fügte. »Wahrscheinlich muss ich mich damit einverstanden erklären, wenn ich nicht den Rest des Tages hier sitzen und mich mit Ihnen herumstreiten will.«

Bis die Ergebnisse bekanntgegeben und die zehn am Semifinale beteiligten Mädchen vor die Kameras traten, dann noch einmal vor dem Publikum vorbeiparadierten, war Mittag vorbei. Wir aßen auf Rechnung der Mermaid-Badeanzüge, und dann bestand Myers darauf, mich auf einen ausführlichen Rundgang durch den Park zu führen.

Als der kirschrote Lincoln mich vor dem Hotel absetzte, war es gegen halb sechs.

---ENDE DER LESEPROBE---