DREI FRAUEN AUF DER TOTENINSEL - Carter Brown - E-Book

DREI FRAUEN AUF DER TOTENINSEL E-Book

Carter Brown

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Stellen Sie sich vor, Sie wären Larry Baker - ein hochbegabter, hochbezahlter Fernsehautor. Was würden Sie tun, wenn man Sie auf eine einsame Insel im Pazifik lockt, die alle Anzeichen einer Toteninsel hat? Was würden Sie tun, wenn die einzigen Frauen auf dieser Insel eine Blondine, eine Brünette und eine Rothaarige wären - jede hinreißender als die andere? Was würden Sie tun, wenn die Rothaarige nachts in Ihr Zimmer gestürzt käme, weil sie eine Fratze vor ihrem Zimmer sah - und dieser Fenster zehn Meter über dem Boden liegt? Was würden Sie tun, wenn der Mann der Blondine wutschnaubend in Ihr Tête-à-Tête platzte - obwohl Sie eben noch seine Leiche gesehen haben? Was würden Sie tun, wenn Sie mit der Brünetten in ein Burgverließ geworfen würden - mit einem gemeingefährlichen Irren als Wärter? Larry Baker jedenfalls... tut sein Bestes.   Der Kriminal-Roman DREI FRAUEN AUF DER TOTENINSEL des australischen Schriftstellers Carter Brown (* 1. August 1923 in London, England unter dem Namen Alan Geoffrey Yates; † 5. Mai 1985 in Sydney, Australien) erschien erstmals im Jahr 1965; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1967 (unter dem Titel Falltür - bitte klopfen). Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

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CARTER BROWN

 

 

Drei Frauen

auf der Toteninsel

 

 

 

 

Roman

 

 

 

 

Signum-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

DREI FRAUEN AUF DER TOTENINSEL 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Das Buch

 

 

Stellen Sie sich vor, Sie wären Larry Baker - ein hochbegabter, hochbezahlter Fernsehautor.

Was würden Sie tun, wenn man Sie auf eine einsame Insel im Pazifik lockt, die alle Anzeichen einer Toteninsel hat?

Was würden Sie tun, wenn die einzigen Frauen auf dieser Insel eine Blondine, eine Brünette und eine Rothaarige wären - jede hinreißender als die andere?

Was würden Sie tun, wenn die Rothaarige nachts in Ihr Zimmer gestürzt käme, weil sie eine Fratze vor ihrem Zimmer sah - und dieser Fenster zehn Meter über dem Boden liegt?

Was würden Sie tun, wenn der Mann der Blondine wutschnaubend in Ihr Tête-à-Tête platzte - obwohl Sie eben noch seine Leiche gesehen haben?

Was würden Sie tun, wenn Sie mit der Brünetten in ein Burgverließ geworfen würden - mit einem gemeingefährlichen Irren als Wärter?

Larry Baker jedenfalls... tut sein Bestes.

 

Der Kriminal-Roman Drei Frauen auf der Toteninsel des australischen Schriftstellers Carter Brown (* 1. August 1923 in London, England unter dem Namen Alan Geoffrey Yates; † 5. Mai 1985 in Sydney, Australien) erschien erstmals im Jahr 1965; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1967 (unter dem Titel Falltür - bitte klopfen). 

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

  DREI FRAUEN AUF DER TOTENINSEL

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Dass Boris Slivka lächelte, das kam genauso unerwartet, als stünde man beispielsweise auf einem einlaufenden Dampfer und bewundere die Freiheitsstatue - und plötzlich würde die ihre langen Röcke hochwerfen und mit einem feurigen Cancan loslegen.

»Was hältst du davon, Towaritsch?«, sagte Boris und strahlte mich an. »Klingt das nicht gut?«

»Es wird noch besser klingen, wenn erst die Verträge unterschrieben sind«, brummte ich.

»Aber was hast du denn, Larry?«, erdröhnte Selma Brütens Stimme, bei deren Klang ich immer an ein Nebelhorn denken muss. »Das Schriftstellerproduzentengespann Baker und Slivka steht vor einem Raketenstart in ungeahnte literarische Höhen - und du sitzt herum wie bei deiner eigenen Beerdigung!«

So etwas konnte man von ihr nie sagen, das musste ihr der Neid lassen, dachte ich griesgrämig. Ich mag Selma recht gern, obwohl sie unsere Agentin ist; aber sie ist doch in jeder Hinsicht so kolossal, dass es mir manchmal auf die Nerven geht. Sie sieht aus wie die diesjährige Miss Übergewicht, und ich schätze, ihre Maße betragen so ungefähr 135-105-145, aber ich habe es noch nie fertiggebracht, sie danach zu fragen.

Wanda Prebble, ihre Sekretärin, mag ich auch sehr gern, denn für mich wäre sie die Schönheitskönigin dieses Jahres und aller anderen; ihre Maße bewegen sich so um 93-58-96. Wanda hat rote Haare und einen seltsamen weltfernen Schlafzimmerblick und eine unangenehm unnahbare Art, die sich meines Erachtens jedoch in der richtigen Umgebung wandeln könnte, wie zum Beispiel im Waldorf Astoria. Im Augenblick saß sie neben Selma, Bleistift und Stenoblock parat und die Beine achtlos übereinandergeschlagen, so dass ich noch einen Fingerbreit zarte Haut über dem oberen Ende ihrer Nylons bewundern konnte. Dieser Anblick weckte in mir einen inneren Drang - nämlich schnell reich zu werden und zu probieren, ob meine Waldorf-Astoria-Theorie auch stimmte.

»Wie heißt doch noch gleich der Auftraggeber?«, fragte Boris.

»Westcott«, antwortete Wanda mit verträumter Stimme. »Eugene Westcott.«

»Wenn es Eugene Westcott gefällt«, erklärte Selma, wobei ihre Stimme zitternd Respekt verriet, »dann ist alles andere egal. Sein Wort hat Gesetzeskraft.«

»Ist er denn wirklich so bedeutend?«, forschte Boris.

»Bedeutend? Ha!« Selmas imposante Formen bebten.

»Wie bedeutend denn?«, beharrte Boris mit slawischer Dickköpfigkeit.

»Hast du denn seit eurer Revolution in einer Einsiedlerhöhle gelebt?«, schnarrte sie. »Westcott Aluminium! Westcott Haushaltsgeräte! Westcotts Gemütliche Läden für die Hausfrau! Meines Erachtens gehört ihm halb Amerika.«

»Ich denke, die Regierung besitzt schon 99,5 Prozent des Landes?« Boris blinzelte. »Wenn der Mann also nicht Präsident ist, dann muss er ein Superkapitalist sein.«

»Nun hör bloß auf mit deinen gehässigen und undemokratischen Sprüchen, Boris.« Selmas vier Kinne zitterten grimmig.

»Du verstehst mich falsch, meine Liebe«, erklärte er besorgt. »Ich habe ja nichts gegen Superkapitalisten. Ich schwärme geradezu für sie. Wo sie doch alle so viel Geld in ihren hübschen kleinen Panzergewölben aufbewahren.«

»Okay.« Selma rümpfte verächtlich die Nase. »Aber nun lass gefälligst deine Witze. Wenn Westcott diese neue Serie akzeptiert, ist alles klar. Er kauft im Augenblick so viel Sendezeit, dass ihm niemand widersprechen wird, wenn er verkündet, er habe eine neue Fernsehserie in Auftrag gegeben. Wir brauchen also nur einen einzigen Menschen zu überzeugen - Eugene Westcott -, dann sind wir im Geschäft.«

In der Mitte von Boris’ Glatze erschien ein leuchtender Fleck, als er sich an mich wandte. »Ich fürchte, etwas an der Sache ist faul, Towaritsch«, vertraute er mir flüsternd an.

»Da hast du ganz recht.« Ich nickte. »Man will uns irgendwie reinlegen. Wie meinst du das eigentlich, Selma - wir brauchten nur Westcott zu überzeugen? Wie du es anfangs geschildert hast, ist das doch längst passiert. Du hast gesagt, ich könne den Sekt schon einkühlen.«

»Das stimmt auch«, antwortete sie um eine Spur zu hastig. »Es ist nur so, dass Eugene Westcott gewisse - hm - Eigentümlichkeiten hat, verstehst du? Ehe er einen Vertrag unterschreibt, will er gern alle persönlich kennenlernen. Die Idee für die Serie und die Drehbücher genügen ihm nicht, ihn interessieren eben die Menschen, die an  der Produktion beteiligt sind. Na ja...« Ihre Kinne wackelten unsicher. »Natürlich nicht sämtliche Beteiligten, nur die wirklich wichtigen, wie Drehbuchautoren, Produzenten, Hauptdarsteller - das musst du doch verstehen, Larry?«

»Nein«, sagte ich.

»Also...« Ihr Vollmondgesicht strahlte gütig in Boris’ Richtung. »Aber du wirst verstehen...«

»Nein«, sagte Boris energisch.

»Ihr seid die schwerfälligsten Klienten, mit denen ich je zurechtkommen musste, wisst ihr das?« Sie holte tief Luft, wobei sich ihr Kleid beängstigend dehnte. »Begreift ihr denn nicht, er will weiter nichts als... Oh, erklären Sie es ihnen doch bitte, Wanda.«

Das verträumte Rotköpfchen gähnte und entblößte dabei scharfe weiße Zähnchen sowie eine hübsche rosarote Zungenspitze. »Ehe Mr. Westcott den Vertrag unterzeichnet, möchte er euch beide sowie die beiden Stars der geplanten Serie kennenlernen«, sagte sie gelangweilt. »Es ist alles für eine Woche ab kommendem Mittwoch arrangiert.«

»Vor- oder nachmittags?«, knurrte ich.

Leichte Säure kam in ihre Stimme. »Eine Woche lang«, wiederholte sie, »ab nächsten Mittwoch!«

Ich bekam Stielaugen. »Du meinst sieben volle Tage?«

Wanda seufzte. »Genau.«

»Völlig verrückt«, schnauzte ich. »Was ist denn das für ein Kauz, dieser Westcott? Wenn er glaubt, wir lassen uns auf Marathongespräche ein, dann irrt er sich aber. Hab’ ich recht, Boris?«

»Völlig recht, Towaritsch.«

Wanda zuckte die Schultern, verlor offenbar jedes weitere Interesse.

»Wenn ihr euch weigert, eine Woche lang seine Gäste zu sein, braucht ihr gar keine Serie zu schreiben«, erklärte Selma eisig.

»Also - schreiben wir halt keine«, sagte ich.

»Als Weißrusse kann ich stalinistische Methoden nicht gutheißen«, verkündete Boris mit unnachahmlicher Würde. »Mein Vater, der Großherzog, hat mich nicht auf seinen Armen durch halb Sibirien getragen, nur um mich einem anderen Diktator auszuliefern!«

Selma bemühte sich, ein paar Blatt Papier von ihrem Schreibtisch zu nehmen. Für sie war das weitaus mühevoller, als es sich so liest, denn ihre Arme mussten ja immerhin erst den 135er-Umfang passieren, ehe sie an die Tischkante gelangten. Etwa fünf Sekunden lang las sie, die Lippen gespitzt, und dann fuhr sie beiläufig laut fort, so, als tue sie es nur für sich selbst.

»Der Vertrag sieht vor, dass die Herren Baker und Slivka, Autor und Produzent, pro Woche achttausend Dollar erhalten. Ferner erhalten sie einen Anteil in Höhe von sechs Prozent aus den Gesamteinnahmen der Serie - wie ihr hört, heißt es da Gesamteinnahmen, nicht Gewinn. Dieser Anteil wird laufend bis zu einer Höhe von 240 Prozent der Erstaufführungseinnahmen gezahlt...« Darauf widmete sie uns ein feistes fröhliches aufgeblasenes superkapitalistisches Lächeln. »Es ist wirklich ein heller Jammer, dass ihr Mr. Westcotts kleine Eigentümlichkeiten so unerträglich findet, Boys, aber...«

»Ich muss jetzt gehen und Koffer packen«, erklärte Boris eilends. »Was zieht man denn am besten an, wenn man eine Woche lang Gast eines Superkapitalisten ist?«

»Du schäbiger Trotzkist!«, sagte ich gekränkt. »Superkapitalist! Vor ein paar Minuten war er noch ein Stalinist!«

»Hab’ ich das gesagt?« Er lächelte unschuldsvoll. »Ich meinte natürlich Philanthrop.«

»Willst du vielleicht auch deine Ansicht ändern, Larry?«, erkundigte sich Selma.

»Ich denke nicht daran«, schnarrte ich. »Nur weil dieser billige Bolschewik hier neben mir sich für schnöden Mammon verkauft? Das ist kein Grund, meine Ansicht zu ändern. Man hat ja schließlich seinen Stolz.«

»Ganz wie du meinst.« Selma zuckte die kolossalen Schultern und konzentrierte sich auf Boris. »Ich denke, du findest jederzeit einen anderen Autor. Jedenfalls halte dich für die Abreise am Mittwoch bereit. Um elf bist du hier in meinem Büro, wo Mr. Clurman - er ist Mr. Westcotts Privatsekretär - dich und die anderen erwartet.«

»Die anderen?«, fragte Boris.

»Mr. Westcott hat schon die beiden Stars der Serie ausgesucht«, erklärte ihm Selma. »Sie begleiten dich - und Wanda.«

»Wanda?«, entfuhr es mir.

»Natürlich«, erwiderte Selma gereizt. »Ich traue keinem von euch beiden Witzbolden, dass er mir nicht am Ende doch noch das Geschäft verdirbt und mitten in der Woche einfach verschwindet. Wanda fährt mit, um meine Interessen zu wahren.«

»Wirklich?« Rotköpfchens Augen verloren schlagartig jegliche Entrücktheit. »Fein! Vielen herzlichen Dank, Selma.« Ihre wohlgeformte Unterlippe zitterte verführerisch. »Ich wollte schon immer mal den Pazifik sehen.«

»Das nenne ich einen Zufall.« Ich lächelte sie herzlich an. »Ich wollte ihn nämlich auch immer schon mal sehen. Und nun können wir ihn gar beide zusammen sehen!«

»Du hast es dir aber wirklich plötzlich überlegt, nicht wahr?«, meinte Selma mit honigsüßer Stimme.

»Mir ist halt der Gedanke unerträglich, dass Wanda dem Pazifik zum ersten Mal in ihrem Leben gegenübertreten soll - mutterseelenallein«, erklärte ich.

»Na, jedenfalls ist jetzt alles in Butter«, frohlockte Boris. »Mittwoch früh treffen wir uns hier - ich, Larry, Wanda und die - Stars?« Sein Kopf zuckte herum. »Was denn für Stars?«

»Wie ich euch schon erzählt habe«, sagte Selma, »hat Mr. Westcott bereits die Hauptdarsteller der Serie ausgesucht; auch sie werden eine Woche lang seine Gäste sein.«

Boris starrte sie an. »Und wie«, fragte er aus rauer Kehle, »heißen sie?«

»Eugene Westcott ist nie zufrieden, wenn er nicht die besten Leute der Branche kriegt«, erklärte Selma überzeugt. »Ich nehme an, dass er aus diesem Grunde auch Baker und Slivka verpflichten will.«

»Die Namen!«, knirschte Boris.

»Die besten Leute.« Ihre Kinne bebten. »Carole Freeman und Anthony Lucas.«

In Boris’ Bulldoggengesicht spielten sich dramatische Szenen ab. »Das ist mein Ende!«, verkündete er leidenschaftlich. »Ausgerechnet Carole Freeman! Und noch ausgerechneter Anthony Lucas! Was denkt sich dieser billige Stalinist denn, was wir für Pläne haben? Sollen wir eine Reprise von Rosemarie drehen, in 39 Folgen und ohne Musik?« Sein von Trauer verschleierter Blick traf mich. »Erklär du es ihr, Larry.«

»Wir haben uns für diese Serie etwas ganz Neues einfallen lassen«, erklärte ich der dicken Selma. »Nachdem das Fernsehen sich mit einem gewaltigen Sprung nach vorn von den ewigen Box- und Ringkämpfen losgerissen hatte, gab und gibt es ständig eine ganz bestimmte Sorte Serien: komische Filme im häuslichen Milieu. Stimmt’s?«

»Stimmt«, antwortete Selma und nickte.

»Also haben wir uns eine Serie situationskomischer Filme einfallen lassen, die nicht im häuslichen Milieu spielen«, sagte ich. »Selbstredend sind die Hauptfiguren Mann und Frau, aber sie führen ein gänzlich unkonventionelles Leben. Beide sind berufstätig: er ist Produzent am Broadway, sie Modeschöpferin.«

»Daraus kriegen wir jede Menge Gags«, sagte Boris. »Sie entwirft Badeanzüge. Dadurch bekommen wir Sex rein, wie Sex im Fernsehen annehmbar ist - Dutzende von hübschen Mädchen, die in Bikinis herumstehen, nicht krampfhaft weithergeholt, sondern milieugerecht.«

»Wir kriegen sogar Humor hinein, richtigen Humor - nämlich aus dem neuen Stück, das der Mann am Broadway produziert«, erklärte ich weiter. »Wir nehmen Humor ferner aus den ehelichen Auseinandersetzungen, die sich durch die unterschiedliche berufliche Tätigkeit ergeben. Jedes Mal, wenn sie eine Party veranstalten, bekommt er Stielaugen wegen all der flotten Bienen in Bikinis, die in ihrem Dachgartenapartment umherschwirren. Und sie gerät wegen der herzensbrechenden Schauspieler aus dem Häuschen. Das gibt Komödien mit Pfiff!«

»Und was für Pfiff!« Boris schrie es fast heraus. »Mit Carole Freeman und Anthony Lucas - das wird ungefähr so, als ob man mit Shirley Temple und James Bond ein Drehbuch von Brecht verfilmen würde!«

»Ihre letzte Serie war ein enormer Erfolg«, verteidigte sich Selma. »Sie lief vier Jahre lang und war bei den Trendex-Umfragen immer unter den ersten zehn.«

»Sie haben Frauchen und Herrchen eines Hundes gespielt«, zischte ich. »Und der Hund war für die Beliebtheit verantwortlich!«

»Was ist eigentlich aus dem Tierchen geworden, Towaritsch?« Boris ließ plötzlich Interesse erkennen. »Er könnte die Modeschöpferin gewiss besser verkörpern als die Freeman.«

»Er ist gestorben«, sagte ich düster. »Und wem wäre das nicht passiert, wenn er sich einhundertsechsundfünfzig Folgen lang von diesen beiden streicheln lassen musste?«

»Eugene Westcott interessiert sich auch für den moralischen Hintergrund der Serien, die er finanziert«, erläuterte Selma. »Er hält es für nicht weniger als recht und billig, dass ein Schauspieler und eine Schauspielerin, die auf dem Bildschirm ein Ehepaar verkörpern, auch im richtigen Leben miteinander verheiratet sind. Er glaubt, dass einige Zuschauer andernfalls auf unmoralische Gedanken kommen könnten.«

»Die Freeman und Lucas sind miteinander verheiratet?« Boris schüttelte sich plötzlich. »Larry, ich hatte soeben einen Geistesblitz! Rate mal, wer die Hundeserie in Auftrag gegeben hat?«

»Nein!« Ich sah zu Selma hinüber - und stöhnte, als ihre vier Kinne nickten.

»Mr. Westcott war ja so froh über den Erfolg der Filme«, sagte sie beglückt. »Er war ganz verzweifelt, als das arme Tier starb und die Produktion eingestellt werden musste.«

»Lebe wohl, neue Serie«, sagte Boris düster. »Bye-bye, Eugene Westcott.«

»Und Bye-bye für eure wöchentlichen achttausend«, knurrte Selma. »Lebt wohl, ihr sechs Prozent der Einnahmen. Und denkt nicht mehr an euren Besuch bei Eugene Westcott...«, sie sah mich an, und zwei schlaue Grübchen nisteten sich in ihrem Mondgesicht ein, »...mit Wanda!«

»Sicher«, meinte ich matt. »Na ja, vielleicht sollten wir die Sache doch nicht übers Knie brechen, Towaritsch. Ich will sagen: Was können wir schon dabei verlieren, eine Woche lang Westcotts Gäste zu sein?«

»Vielleicht den Verstand?«, sagte er schlicht.

»Ich meine«, beharrte ich, »dass wir ihn vielleicht überreden können, die Dinge so wie wir zu sehen?«

»Er ist der Auftraggeber«, sagte Boris nüchtern.

»Ach, jedenfalls könnten wir mal Gnade walten lassen wie der gute alte Zar, hm?« redete ich ihm zu.

»Ich denke nicht gern daran«, murmelte er, »aber genau das hat Zar Nikolaus 1917 getan, und du weißt ja, was daraus geworden ist.«

»Das ist doch kein Vergleich«, widersprach ich. »An der Westküste lässt’s sich doch mal eine Woche aushalten - oder?« .

Wanda hob den Kopf. »Du hast schon wieder etwas missverstanden, Larry«, sagte sie verdrossen. »Nicht an der Westküste - vor der Westküste!«

»Ich kann keine fünf Meter weit schwimmen«, murmelte Boris, »und höchstens eine halbe Stunde auf dem Rücken treiben. Aber eine ganze Woche im Wasser? Das ist absurd!«

»Mr. Westcott besitzt eine eigene Insel vor der Westküste«, schnauzte Wanda. »Dort wohnt er fast ständig.«

»Eine eigene Insel?« Boris schien beeindruckt. »Die sollte ich mir vielleicht doch anschauen.«

»Klingt nicht schlecht«, pflichtete ich bei.

Ich schloss kurz die Augen und malte mir aus, wie Wanda ausgestreckt im goldgelben Sand lag, mit einem lächerlich winzigen Bikini bekleidet, derweil wir gemeinsam die Brandung beobachteten.

»Also abgemacht?«, krächzte Selma.

»Ich glaube schon«, sagte Boris und nickte. »Ich denke mir, eine eigene Insel ist eine feine Sache - und eine aus Aluminium muss ich unbedingt gesehen haben.«

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Ich schaute aus dem Fenster des Flugboots und beobachtete, wie die Insel sich von einem Stecknadelkopf am Horizont zu einer runden grünen Oase inmitten der Wasserwüste auswuchs. Das Grün ähnelte dem in Boris’ Gesicht. Es war kaum mehr als eine halbe Stunde her, seit wir vom Flughafen Los Angeles aus gestartet waren, aber er sah aus, als fahre er seit sechs Monaten vor dem Mast und umrunde gerade zum drittenmal Kap Hoorn.

Die Insel schien etwa zwei Meilen Durchmesser zu haben; beherrscht wurde sie von einem ansehnlichen Berg in ihrer Mitte. Westcott hatte sein Haus an diesen Berg gebaut, und so, aus der Vogelschau, sah es eigentlich mehr wie eine Festung aus. Boris warf einen Blick darauf, dann stöhnte er laut.

»Chateau d’If!«, murmelte er dramatisch. »Wo der Graf von Monte Christo lebendig begraben wurde.«

Danach beging er den Kardinalfehler, senkrecht hinabzublicken, wo der Ozean und das Flugboot einander rasant näher kamen. Seine Augen schlossen sich fest, und seine Hände tasteten nervös nach der Papiertüte, die gewöhnlich neben der Faltmappe mit der Aufschrift Fliegen macht Freude! steckt. Aber hier an Bord fehlte beides.

Es bumste ein paarmal, als die Schwimmkörper auf dem Wasser landeten, dann tuckerte das Flugzeug gemächlich auf die Mole zu.

»Bin ich schon tot?«, wimmerte Boris, das Gesicht in beiden Händen vergraben. »Ertrinken wir jetzt in einem Meer aus unserem eigenen Blut?«