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Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Mylady befand sich in einer Stimmung, die man nur als euphorisch bezeichnen konnte. Sie saß im kleinen Salon ihres Hauses in Shepherd's Market und blickte erwartungsvoll auf die Sahnetorte, die ihr Butler gerade aufgetragen hatte. Diese Torte stammte aus einer Konditorei kontinentalen Stils und duftete verführerisch. Mylady selbst hatte das Prachtstück erst vor einer Stunde in diesem Spezialgeschäft gekauft und wollte sich nun daran ergötzen. Parker hatte dazu einen Kaffee bereitet, wie nur er ihn aufzubrühen verstand. Selbst verwöhnte Gaumen aus Wien hätten an diesem Trank nichts auszusetzen gehabt. »Ist die Türglocke abgestellt, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson vorsorglich. Die ältere Dame war eine majestätische Erscheinung, die Energie ausstrahlte, und wollte auf keinen Fall gestört werden. Das ihren Mund nachhaltig wässernde Objekt sollte ihr ganz allein gehören. »Mylady haben keine Störungen zu befürchten«, versicherte Parker höflich und legte seiner Herrin das erste Stück Sahnetorte vor. »Das sieht ja ganz wunderbar aus«, meinte sie. »Ob so etwas allerdings Ihrer Figur zuträglich ist, Mister Parker, wage ich sehr zu bezweifeln.« Sie fürchtete schlicht und einfach, teilen zu müssen. Josuah Parker, das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers, hatte wirklich keine Probleme, was seine Figur betraf. Er war etwas über mittelgroß, fast schlank und schien alterslos zu sein. Sein glattes und ausdrucksloses Gesicht ließ nur höchst selten eine Regung erkennen. Lady Agatha führte die Kuchengabel an das Tortenstück heran und zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen, als an die bleiverglaste Fensterscheibe geklopft wurde.
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Mylady befand sich in einer Stimmung, die man nur als euphorisch bezeichnen konnte. Sie saß im kleinen Salon ihres Hauses in Shepherd’s Market und blickte erwartungsvoll auf die Sahnetorte, die ihr Butler gerade aufgetragen hatte.
Diese Torte stammte aus einer Konditorei kontinentalen Stils und duftete verführerisch. Mylady selbst hatte das Prachtstück erst vor einer Stunde in diesem Spezialgeschäft gekauft und wollte sich nun daran ergötzen.
Parker hatte dazu einen Kaffee bereitet, wie nur er ihn aufzubrühen verstand. Selbst verwöhnte Gaumen aus Wien hätten an diesem Trank nichts auszusetzen gehabt.
»Ist die Türglocke abgestellt, Mister Parker?« fragte Agatha Simpson vorsorglich. Die ältere Dame war eine majestätische Erscheinung, die Energie ausstrahlte, und wollte auf keinen Fall gestört werden. Das ihren Mund nachhaltig wässernde Objekt sollte ihr ganz allein gehören.
»Mylady haben keine Störungen zu befürchten«, versicherte Parker höflich und legte seiner Herrin das erste Stück Sahnetorte vor.
»Das sieht ja ganz wunderbar aus«, meinte sie. »Ob so etwas allerdings Ihrer Figur zuträglich ist, Mister Parker, wage ich sehr zu bezweifeln.«
Sie fürchtete schlicht und einfach, teilen zu müssen. Josuah Parker, das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers, hatte wirklich keine Probleme, was seine Figur betraf. Er war etwas über mittelgroß, fast schlank und schien alterslos zu sein. Sein glattes und ausdrucksloses Gesicht ließ nur höchst selten eine Regung erkennen.
Lady Agatha führte die Kuchengabel an das Tortenstück heran und zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen, als an die bleiverglaste Fensterscheibe geklopft wurde.
»Guter Gott«, sagte sie, »wer kann denn das sein?«
»Mit Sicherheit ein Freund des Hauses, Mylady«, antwortete Parker. »Wenn Mylady erlauben, wird meine Wenigkeit sofort nachsehen.«
»Räumen Sie aber vorher die Torte weg«, sagte sie. »Ich kann es mir einfach nicht leisten, ganze Völkerscharen durchzufüttern.«
»McWarden hier«, ertönte vor dem Fenster die Stimme eines Mannes, der nun wirklich zu den häufigen Besuchern des Hauses gehörte. McWarden war Chief-Superintendent im Yard und leitete dort ein Sonderdezernat, das sich mit dem organisierten Verbrechen befaßte. Der sehr fähige Kriminalist war dem Innenministerium direkt unterstellt und suchte immer wieder den Rat des Butlers. Dafür nahm er in Kauf, daß Lady Agatha keine Gelegenheit versäumte, sich stichelnd mit ihm anzulegen.
»Er muß den Kaffee gerochen haben, Mister Parker«, grollte Agatha Simpson. »Um diese Zeit kommt er doch sonst nie.«
»Vielleicht sollte man Mister McWarden ein Stück Sahnetorte anbieten«, schlug der Butler vor. »Myladys Gastfreundschaft und Großzügigkeit sind immerhin stadtbekannt.«
»Ein kleines Stück, nun ja.« Sie hatte sich überreden lassen.
»McWarden hier«, rief der Chief-Superintendent noch mal und klopfte erneut. »Ich muß Sie unbedingt sprechen, Mylady.«
»Ihnen wird sofort geöffnet werden, Sir«, gab Parker zurück. Unter den wachsamen Blicken der Hausherrin schnitt er ein schmales Stück aus der großen Torte, die er dann im eingebauten Kühlschrank des Salons verschwinden ließ. Anschließend öffnete der Butler, und McWarden nickte ihm grüßend zu.
»Ich störe doch hoffentlich nicht, wie?« fragte der Chief-Superintendent in Richtung Mylady, als er den Salon betrat.
»Aber nein, mein lieber McWarden«, säuselte sie, worauf McWardens Gesicht Verblüffung ausdrückte. Freundlichkeiten dieser Art waren im Mund der Dame selten.
»Sahnetorte?« staunte der Chief-Superintendent. »Ein neuer Bestandteil Ihrer Diät, Mylady?«
»Man muß flexibel sein, mein lieber McWarden, etwas, was Sie natürlich nicht kennen.«
»Kann Mylady davon ausgehen, daß Sie gewisse Schwierigkeiten haben, Sir?« fragte Parker, um ein sich ankündigendes Wortgefecht zu unterbinden.
»Wir haben es mit einem Giftzwerg zu tun«, erwiderte der Chief-Superintendent und schielte nach dem schmalen Tortenstück, das auf dem Teller vor ihm lag.
»Wollen Sie mich veralbern, McWarden?« grollte die ältere Dame ohne Übergang.
»Mit einem Giftzwerg, wie der Unbekannte sich nennt«, wiederholte McWarden. »Übrigens, ist das Stück Torte für mich?«
»Für wen denn sonst?« raunzte sie. »Glauben Sie, ich möchte mir nachsagen lassen, daß ich geizig bin? Schlagen Sie sich von mir aus den Magen voll.«
»Aber gern, Mylady«, erwiderte McWarden und zog den Teller zu sich heran. »Bei dieser Menge werde ich mir den Magen ganz sicher nicht verderben.«
Wenig später sollte ihm leidvoll aufgehen, daß er sich gründlich geirrt hatte!
*
Der Chief-Superintendent hing kraftlos in einem der tiefen Ledersessel, die vor dem mächtigen Kamin in der großen Wohnhalle des Hauses standen. Der Yardbeamte machte einen abgekämpften Eindruck. Er war kreidebleich, auf seinem Gesicht zeichneten sich Schweißbahnen ab. Der untersetzte, füllige Mann atmete schnell, er schien unter akuter Luftnot zu leiden.
»Nun, Mister Parker«, fragte Lady Agatha besorgt, »hat er sich wenigstens übergeben?«
»Wiederholt, Mylady«, erwiderte Josuah Parker. »Dennoch, man sollte vielleicht einen Arzt verständigen.«
»Unsinn«, keuchte McWarden, »kein Arzt! Mir geht es bereits viel besser.«
»Möchten Sie vielleicht einen doppelten Cognac?« bot die Dame des Hauses überraschenderweise von sich aus an. McWarden nickte und richtete sich etwas auf. Dieses ehrliche Angebot belebte ihn.
»Sie brauchen sich ja nicht gerade hemmungslos zu betrinken«, meinte Lady Agatha und schaute Parker zu, der bereits einen Cognac präsentierte. McWarden trank hastig. Seine Gesichtsfarbe hellte sich auf, er schüttelte sich und atmete tief durch.
»Kann man davon ausgehen, Sir, daß Sie sich bereits ein wenig besser fühlen?« fragte der Butler.
»Es geht schon«, antwortete McWarden und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Mir wurde plötzlich hundeelend, was ich gar nicht verstehen kann. Mein Magen stülpte sich förmlich um.«
»Sie haben zu hastig in sich hineingeschlungen«, vermutete die ältere Dame, die einen durchaus erleichterten Eindruck machte. Wenn sie es auch so gut wie nie zugab, sie mochte McWarden.
»Hineingeschlungen«, wiederholte der Yardbeamte und blickte Agatha Simpson dann überrascht an. »Moment mal, Mylady, haben Sie von der Sahnetorte gegessen?«
»Wann denn, McWarden?« entgegnete sie. »Sie ließen mir ja keine Zeit.«
»Die Torte, Sir?« Parker hatte bereits verstanden und blickte McWarden konzentriert an.
»Es kann nur die Torte gewesen sein«, antwortete McWarden.
»Unsinn«, protestierte die ältere Dame gereizt. »Sie ist völlig frisch.«
»Vor einer Stunde eingekauft, Sir«, bestätigte der Butler.
»Als ich das winzige Stück im Magen hatte, ging’s bereits los«, erinnerte der Yardbeamte. »Es muß die Torte gewesen sein.«
Josuah Parker ging bereits in den angrenzenden Salon und holte die Torte aus dem Kühlschrank. Er erlaubte sich, ein wenig an ihr zu schnüffeln, als er sie in die Wohnhalle zum Kamin trug. Dabei verzog er andeutungsweise das Gesicht.
»Nun, Mister Parker, mein Gast irrt sich selbstverständlich«, stellte die ältere Dame, die zugleich passionierte Detektivin war, fest.
»Falls meine Wenigkeit sich nicht täuscht, Mylady, ist ein etwas bitterer Geruch durchaus nicht zu verkennen«, meldete Josuah Parker. Er beugte sich zu seiner Herrin hinunter und ließ sie eine Geruchsprobe nehmen.
Schon nach wenigen Augenblicken wandte sie wie angewidert den Kopf zurück und krauste die nicht gerade kleine Adlernase.
»Blausäure«, behauptete Agatha Simpson umgehend. »Unverkennbar, mein lieber McWarden! Besonders rosig dürfte Ihre Zukunft nicht gerade sein.«
»Blausäure?« McWarden wurde munter, griff nach der Torte und roch nun seinerseits.
»Ja und nein«, sagte er nach einer Weile, »aber ich will mich da nicht festlegen.«
»Es könnte sich im Gegensatz zu Zyanwasserstoff aber auch durchaus um Benzaldehyd handeln«, ließ Josuah Parker sich in seiner höflichen Art vernehmen.
»Papperlapapp, Mister Parker«, grollte die Hausherrin, »das macht keinen Unterschied für mich.«
»Sehr wohl. Wie Mylady zu meinen geruhen«, gab Parker mit unerschütterlicher Ruhe zurück. »Mister McWarden hingegen wird mit Freude zur Kenntnis nehmen, daß es doch einen kleinen und nicht unerheblichen Unterschied gibt.«
»Reden Sie schon«, verlangte der Chief-Superintendent.
»Blausäure wäre auch in geringen Dosen tödlich«, redete der Butler weiter. »Benzaldehyd hingegen ist ein Riechstoff, der als sogenanntes Bittermandelöl ohne Schwierigkeiten im Handel käuflich ist und die Gesundheit mit Sicherheit nicht schädigt.«
»Genau das meinte ich«, lautete Myladys Antwort. »Sie haben mich selbstverständlich wieder mal mißverstanden, Mister Parker. Und was Sie anbetrifft, Mister McWarden, so sollten Sie sich zusammenreißen. Natürlich sind Sie nicht vergiftet worden, das sah ich Ihnen sofort an!«
*
Das hübsche Café im Stadtteil Mayfair nannte sich ›Old-Vienna‹ und war berühmt wegen seiner raffinierten Torten und Gebäcke. Über den drei Schaufenstern waren dunkelrote Baldachine angebracht. In den Auslagen wurden die Kunstwerke der Konditoren gezeigt, alles süße Köstlichkeiten, die zum Kauf verführten.
Diesmal hatte Agatha Simpson keinen Blick für diese Schlankmacher, wie sie die Torten bezeichnete. Sie befand sich in einem Zustand der Aggression und steuerte sofort auf den Backkünstler zu, der hinter einer Vitrine aus Glas und Messing stand und gerade dabei war, einige frisch gezauberte Torten abzulegen. Der Mann war klein, rundlich und trug eine überdimensional große Kochmütze. Als er die energische Dame sah, strahlte er sie an.
»Sie waren zufrieden, Mylady?« erkundigte er sich.
»Ich wäre es gewesen, wenn ich die Absicht gehabt hätte, einen Menschen umzubringen«, raunzte sie den verdutzten Mann an. »Ich verlange selbstverständlich Schadensersatz.«
»Bitte, was?« der Konditormeister, der mit kontinentalem Akzent sprach, schüttelte verständnislos den Kopf.
»Schadensersatz«, wiederholte die ältere Dame grimmig. »Ich habe es gar nicht gern, wenn man eine Sahnetorte mit Zyankali anreichert.«
»Mylady, ich verstehe kein Wort!« Richard Demmel, wie der Konditor hieß, wich vor dem sprühenden Blick seiner Gesprächspartnerin zurück. Hinzu kam, daß Lady Agatha über eine Stimme verfügte, die sonor war und weithin trug. Im Verkaufsraum gab es noch andere Kunden, die die Worte der älteren Dame sehr wohl mitbekommen hatten.
»Der Zustand Ihrer Sahnetorte entsprach in der Tat nicht dem geforderten Optimum«, schaltete Josuah Parker sich in seiner höflichen Art ein. »Störend an ihr war die wenig pikante Beimischung von Bittermandelöl und Brechwurz, wie eine Analyse ergab.«
»Bittermandelöl und Brechwurz?« Richard Demmel schüttelte den Kopf. »Aber das ist doch unmöglich.«
»Wollen Sie damit etwa sagen, ich sei eine Lügnerin?« raunte die Lady.
»Bitte, gehen wir doch in mein Büro«, beschwor Demmel Agatha Simpson und ihren Butler. »Ich bin sicher, daß sich alles als ein Mißverständnis heraussteilen wird.«
Der Konditor komplimentierte seine Besucher um die Vitrine herum ins Büro und schloß dann sorgfältig die Tür. Als er sich zu Lady Agatha und Parker umwandte, war sein Gesicht mehlweiß geworden. Er schien mit einem leichten Schwächeanfall zu kämpfen, stakste zum Arbeitstisch hinüber und ließ sich schwer in den Drehsessel fallen.
»Schinden Sie kein Mitleid«, grollte Lady Agatha. »So etwas verfängt bei mir nicht.«
»Ich bin ruiniert«, stöhnte Richard Demmel.
»Nun übertreiben Sie nicht gleich«, fuhr die Detektivin den Meister der Konditorkunst an.
»Sie sind bereits die dritte Kundin, die eine verdorbene Torte bekommen hat«, redete Richard Demmel weiter. »Ich weiß mir keinen Rat mehr, Mylady.«
»Es kamen also bereits Reklamationen, Mister Demmel?« fragte Josuah Parker. »Enthielten die Torten ebenfalls Brechwurz und Bittermandelöl?«
Demmel nickte nur und war den Tränen nahe.
»Wann wurden die beiden Torten beanstandet, Mister Demmel?« lautete die nächste Frage des Butlers.
»Gestern und heute je eine«, entgegnete Richard Demmel. »Glauben Sie mir, ich habe dafür keine Erklärung. Ich stehe vor einem Rätsel.«
»Die Torten wurden von Ihnen zubereitet, Mister Demmel?«
»Von mir und meinen Mitarbeitern, die seit Jahren in meiner Konditorei arbeiten«, erwiderte der Konditor. »Auf meine Mitarbeiter kann ich mich unbedingt verlassen.«
»Das wird sich noch heraussteilen, mein Lieber«, schaltete die ältere Dame sich drohend ein. »Ich werde den Dingen jetzt natürlich auf den Grund gehen.«
»Darf man fragen, um welche Leute es sich handelte, die betroffen wurden?« Parker blieb gelassen und höflich.
»Mistreß Elsie Lattam, eine alte und treue Kundin«, erwiderte der Zuckerbäcker. »Und dann war da noch ein Mister Clark Pottner.«
»Ebenfalls ein sogenannter alter Kunde?« forschte der Butler weiter.
»Nein, nein, in diesem Fall nicht«, gab Demmel zurück. »Mister Pottner ist neu hier im Haus.«
»Ihr Einverständnis voraussetzend, Mister Demmel, wird man sich die Adressen der beiden Kunden notieren«, schlug der Butler vor.
»Wo Mister Pottner genau wohnt, weiß ich nicht, er dürfte aber aus Mayfair stammen.«
»Haben die beiden Kunden ebenfalls Schadensersatz gefordert?« Agatha Simpson blitzte den Konditor an.
»Mister Pottner.« Demmel nickte. »Mistreß Lattem konnte ich besänftigen.«
»Und in welcher Form, junger Mann?«
»Nun, ich lieferte ihr selbstverständlich eine Ersatztorte«, gab Demmel Auskunft.
»Ich weiß nicht, ob ich mich damit zufrieden geben werde«, deutete die ältere Dame rachsüchtig an. »Um ein Haar hätten Sie mich jetzt auf dem Gewissen.«
*
»Sie haben sich aber ganz schön entschädigen lassen, Mylady«, sagte Mike Rander, seines Zeichens Anwalt. Der große, schlanke Mann, der an einen bekannten James-Bond-Darsteller erinnerte, was sein Äußeres betraf, besaß zwar eine eigene Anwaltspraxis, doch hauptsächlich befaßte er sich damit, das Vermögen der älteren Dame zu verwalten.
»Pralinen, Schokolade und Törtchen«, zählte Kathy Porter auf. Sie war die Gesellschafterin und Sekretärin Agatha Simpsons und fast so etwas wie eine Tochter der Lady. Kathy Porter war ebenfalls groß und schlank, hatte dunkelbraunes Haar mit einem deutlichen Rotstich und war eine attraktive Erscheinung. Seit geraumer Zeit war sie mit Mike Rander eng befreundet, was die Dame des Hauses gern sah. Sie träumte nämlich davon, die beiden jungen Menschen, wie sie sie nannte, miteinander zu verheiraten.
»Mylady waren ungemein empört und ließen sich entsprechend abfinden«, schaltete der Butler sich ein.
»Nur alles verpackte Ware«, machte Agatha Simpson klar. »Ich möchte schließlich nicht noch mal vergiftet werden.«
»Sie haben sich die Konditorei angesehen, Parker?« fragte Mike Rander lässig. Sein vertrauter Ton hing mit der Tatsache zusammen, daß er und Parker vor Jahren gemeinsam in den USA waren, wo sie viele Abenteuer erlebt hatten.
»Die sogenannte Backstube, Sir, macht einen völlig unverdächtigen Eindruck«, berichtete der Butler. »Sie glänzte geradezu vor Sauberkeit.«
»Und doch wurden drei Torten präpariert«, warf Kathy Porter ein. »Ob eine Absicht dahintersteckt, Mister Parker?«
»Eindeutig, Miß Porter«, entgegnete der Butler. »Die Verwendung von Brechwurz deutet darauf hin.«
»Ein scheußlicher Name«, fand die ältere Dame.
»Und eine durchschlagende Wirkung«, redete Rander weiter, »der gute McWarden dürfte da spezielle Erfahrungen gemacht haben.«
»In der Tat, Sir«, meldete Parker sachlich und höflich. »Die beiden Alkaloide Emetin und Cephaelin der Radix Ipecacuanhae sorgen auf dem Umweg einer Entzündung der Magenschleimhäute für mehr oder weniger häufiges Erbrechen.«
»Sie sind wieder mal bestens informiert, Parker.« Mike Rander lächelte.
»Meine Wenigkeit war so frei, Sir, gewisse Erkundigungen einzuziehen«, antwortete Parker. »Die Beimischung von Brechwurz in die erwähnten Torten sollte Mister Demmel wohl in Verlegenheit bringen.«
»Um ihm dann mit Schadensersatzforderungen zu kommen, wie?« Rander war hellhörig geworden.
»Oder um Mister Demmel zu erpressen, Sir.«
»Wurde er in dieser Hinsicht bereits angesprochen?«
»Bisher noch nicht, Sir, wenn man Mister Demmel glauben darf.«
»Und wie könnte man die Torten präpariert haben?« wollte Kathy Porter wissen.
»Die fertigen Köstlichkeiten werden nach der letzten Garnitur in einem Kühlraum verwahrt, der sich an die Backstube anschließt«, wußte Parker zu berichten. »Dieser Kühlraum ist aber auch durch eine zweite Tür zu erreichen, die von einem Korridor aus zu erreichen ist.«
»Weshalb war der gute McWarden eigentlich gekommen?« fragte Mike Rander. »Erwähnten Sie nicht einen Gangster, der sich Giftzwerg nennt, Parker?«
»In der Tat, Sie, doch Mister McWarden war nach seinen häufigen Magenentleerungen leider nicht mehr in der Lage, sich näher zu diesem Thema zu äußern. Er hatte verständlicherweise nur den einen Wunsch, sich nach Hause zu begeben.«
»Er wird wiederkommen«, wußte Lady Agatha im voraus und befaßte sich bereits mit einer vierten Praline. »Und was diesen Giftzwerg betrifft, Mister Parker, so habe ich nichts dagegen, wenn Sie ihre Fühler ausstrecken. Sie wissen ja, worauf es mir ankommt.«
Parker verbeugte sich knapp. Was Lady Agatha ihm da vorschlug, hatte er ohnehin vor.
*
Clark Pottner wohnte in einem Apartmenthaus, das früher mal ein kleines Hotel war. Große bauliche Veränderungen hatte man nicht vorgenommen. Die Eingangshalle erinnerte noch immer an ein Hotel. Es gab viel falschen Marmor, Stuck und Plüsch.
»Man wünscht einen ungemein schönen Nachmittag«, sagte Parker und lüftete die schwarze Melone. Sein Gruß galt einem älteren Mann, der hinter dem Tresen der früheren Rezeption saß und unwillkürlich aufstand, als der Butler erschien.