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Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Der Angler, ein Mann von etwa 45 Jahren, untersetzt und kompakt, hatte es sich in dem kleinen Außenborder bequem gemacht. Das Boot war im Schilf vertäut worden und von der nahen Straße aus nicht zu sehen. Der Angler rauchte eine Zigarette und döste keineswegs vor sich hin, wie man es vielleicht vermutet hätte. Er war im Gegenteil hellwach und kümmerte sich überhaupt nicht um die Angelrute, die jetzt verdächtig vibrierte, dann in Schwingungen geriet und sich anschließend bogenförmig straffte. Irgendein Fisch mußte ganz eindeutig den Köder angenommen haben, doch den Angler focht das nicht an. Er suchte mit einem Fernglas den See ab und schien sich ausschließlich um einen zweiten Angler zu kümmern, der in der Mitte des malerisch gelegenen Waldsees fischte. Auch dieser Sportangler saß in einem Außenborder, aber im Gegensatz zu seinem Beobachter kümmerte er sich sehr wohl um die Angelrute. Er schien einen starken und großen Fisch angeschlagen zu haben, denn er drehte die Schnur auf und brachte den Fisch Zentimeter für Zentimeter näher an sein Boot heran. Der Angler im Schilf nahm sein Fernglas von den Augen und griff nach einer Kleinbildkamera mit einem Teleskopobjektiv. Er visierte den Angler in der Seemitte durch den Sucher an, um dann in schneller Reihenfolge eine Aufnahme nach der anderen zu schießen. Plötzlich zuckte dieser Amateurfotograf wie unter einem Peitschenhieb zurück, ließ die Kamera blitzschnell sinken und sah fassungslos auf das Boot in der Seemitte, das sich inzwischen in einen orangeroten Feuerball verwandelt hatte. Bruchteile von Sekunden später erst war die scharfe, reißende Detonation zu hören. Aus dem orangeroten Feuerball wurden Wrackteile hoch in die Luft katapultiert. Brennender Treibstoff aus dem Tank des Bootes bildete eine hohe Wand aus Feuer und Rauch. Der Angler im Schilf dachte erstaunlicherweise nicht daran, seinen Außenborder anzuwerfen und hinaus zur Unglücksstelle zu rasen. Er nahm erneut seine Kamera hoch und schoß eine weitere Reihe von Aufnahmen. An dokumentarischen Aufnahmen schien er besonders interessiert zu sein. Wenig später allerdings weiteten seine Augen sich erneut. Kalter Schweiß bildete eine klebrige Schicht auf seiner Stirn. Sein Atem ging flach und schnell.
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Seitenzahl: 126
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Der Angler, ein Mann von etwa 45 Jahren, untersetzt und kompakt, hatte es sich in dem kleinen Außenborder bequem gemacht. Das Boot war im Schilf vertäut worden und von der nahen Straße aus nicht zu sehen. Der Angler rauchte eine Zigarette und döste keineswegs vor sich hin, wie man es vielleicht vermutet hätte. Er war im Gegenteil hellwach und kümmerte sich überhaupt nicht um die Angelrute, die jetzt verdächtig vibrierte, dann in Schwingungen geriet und sich anschließend bogenförmig straffte. Irgendein Fisch mußte ganz eindeutig den Köder angenommen haben, doch den Angler focht das nicht an.
Er suchte mit einem Fernglas den See ab und schien sich ausschließlich um einen zweiten Angler zu kümmern, der in der Mitte des malerisch gelegenen Waldsees fischte. Auch dieser Sportangler saß in einem Außenborder, aber im Gegensatz zu seinem Beobachter kümmerte er sich sehr wohl um die Angelrute. Er schien einen starken und großen Fisch angeschlagen zu haben, denn er drehte die Schnur auf und brachte den Fisch Zentimeter für Zentimeter näher an sein Boot heran.
Der Angler im Schilf nahm sein Fernglas von den Augen und griff nach einer Kleinbildkamera mit einem Teleskopobjektiv. Er visierte den Angler in der Seemitte durch den Sucher an, um dann in schneller Reihenfolge eine Aufnahme nach der anderen zu schießen.
Plötzlich zuckte dieser Amateurfotograf wie unter einem Peitschenhieb zurück, ließ die Kamera blitzschnell sinken und sah fassungslos auf das Boot in der Seemitte, das sich inzwischen in einen orangeroten Feuerball verwandelt hatte. Bruchteile von Sekunden später erst war die scharfe, reißende Detonation zu hören.
Aus dem orangeroten Feuerball wurden Wrackteile hoch in die Luft katapultiert. Brennender Treibstoff aus dem Tank des Bootes bildete eine hohe Wand aus Feuer und Rauch.
Der Angler im Schilf dachte erstaunlicherweise nicht daran, seinen Außenborder anzuwerfen und hinaus zur Unglücksstelle zu rasen. Er nahm erneut seine Kamera hoch und schoß eine weitere Reihe von Aufnahmen. An dokumentarischen Aufnahmen schien er besonders interessiert zu sein.
Wenig später allerdings weiteten seine Augen sich erneut. Kalter Schweiß bildete eine klebrige Schicht auf seiner Stirn. Sein Atem ging flach und schnell. Wie hypnotisiert starrte er auf das gegenüberliegende Ufer, wo plötzlich ein äußerst ungewöhnlich aussehender Wagen erschien.
Dieser Wagen war hochbeinig, kantig und schien aus einem anderen Jahrhundert zu stammen. Dieser Wagen preschte ungewöhnlich schnell von der Straße herunter, jagte ohne jede Rücksicht über die Uferwiese und sprang förmlich in den See hinein. Vorn am Kühler bildete sich eine hohe Bugwelle.
Der Angler im Schilf war unwillkürlich aufgestanden. So etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. Er wartete darauf, daß der seltsam anzusehende Wagen wegsackte und auf Grund ging, doch genau das Gegenteil war der Fall. Der Wagen schien über den See zu schweben, bis der Angler endlich erkannte, daß dieses seltsame Vehikel durchaus schwimmtauglich war. Mit beachtlicher Schnelligkeit hielt der Wagen auf die Unglücksstelle zu.
Hastig griff der Angler im Schilf nach seiner Kamera. Diesen Anblick wollte er unbedingt festhalten. Doch seine Bewegungen fielen zu hastig aus. Er verlor das Gleichgewicht und landete im aufklatschenden Wasser. Die Kamera entglitt seinen Händen und lagerte sich bald darauf im tiefen Uferschlick des Sees ab …
*
„Ich bin fast sicher, Sir, daß es sich keineswegs um einen normalen Unfall handelte“, sagte Josuah Parker, der am Steuer seines schwimmfähigen Monstrums saß und die Unglücksstelle anvisierte, „ein glücklicher Zufall ließ mich alle Einzelheiten hier auf dem See beobachten …!“
„Sacken wir auch wirklich nicht ab?“ erkundigte sich Mike Rander skeptisch. Er suchte den Wagenboden nach eindringendem Wasser ab. Obwohl kein Wassertröpfchen zu sehen war, konnte Mike Rander seine Vorbehalte nicht überwinden.
„Ich möchte mir erlauben, für eine ungestörte Fahrt zu garantieren“, antwortete Josuah Parker gemessen und würdevoll, „die Schwimmfähigkeit meines Wagens wurde nach meinen bescheidenen Privatplänen hergestellt.“
„Warten wir’s ab!“ Rander konzentrierte sich jetzt wieder auf die Unglücksstelle in der Mitte des Sees. Die Bootstrümmer kamen schnell näher. Die Feuerwand war bereits um gut zwei Meter in sich zusammengerutscht. Parker steuerte sein Monstrum dicht an diese Feuerwand heran.
„Darf ich Sie höflichst auf jenen Mann dort aufmerksam machen?“ bat er dann seinen jungen Herrn.
„Was haben Sie entdeckt, Parker?“
„Jenen Herrn dort, Sir … Rechts von den Resten der Bootsspitze …!“
„Natürlich! Jetzt sehe ich ihn auch. Fahren Sie noch näher heran, Parker. Mehr nach rechts!“
„Wie Sie befehlen, Sir!“ Parker manövrierte sein schwimmfähiges Monstrum noch näher an den Bootsrest heran. Mike Rander kurbelte inzwischen das Wagenfenster auf seiner Seite herunter und wollte den treibenden Mann bergen.
„Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, Sir, aber vielleicht erzielen Sie mit meinem Regenschirm ein besseres Resultat …“
Parker reichte seinem jungen Herrn den Universal-Regenschirm. Mike Rander hatte schnell Erfolg und konnte den Bambusgriff stützend unter den Kopf des treibenden Opfers schieben. Parker wendete seinen Schwimmwagen fast auf der Stelle und fuhr dann vorsichtig zurück ans Ufer.
„Er lebt noch!“ Rander hatte den Mann untersucht und sah den Butler verblüfft an. „Damit hätte ich wirklich nicht mehr gerechnet.“
Parker hielt bereits einen kleinen Koffer in der Hand, in dem sich eine komplette Erste-Hilfe-Ausstattung befand. Er versorgte den immer noch bewußtlosen Mann und nutzte die Wartezeit, um sich die Brieftasche des Fischers anzusehen.
„Ein gewisser Cyril Hacklett, Sir“, meldete Parker seinem jungen Herrn, „den Papieren zufolge ein Motelbesitzer aus Detroit.“
„Er scheint zu sich zu kommen, Parker.“ Rander beugte sich über das Opfer.
Der Motelbesitzer aus Detroit öffnete die Augen und schien angestrengt nachzudenken. Dann öffneten sich seine Lippen. Er murmelte Worte und Satzfetzen, die nicht genau artikuliert waren. Der Sinn dieses Murmelns blieb verborgen.
„Wer wollte Sie umbringen?“ erkundigte Parker sich rundheraus und kniete neben dem Sportangler nieder. „Bitte, antworten Sie! Wer wollte Sie umbringen? Antworten Sie, wenn ich höflichst darum bitten darf!?“
„Carter … Billy Carter!“ stammelte der Sterbende jetzt ungewöhnlich deutlich, „Carter … Paßt auf …! Sie sind hinter uns her …!“
Parker richtete sich auf und nahm die schwarze Melone vom Kopf. Er sah auf den jetzt toten Mann hinunter und wußte, daß ihm wieder einmal ein wahrscheinlich interessanter Fall über den Weg gelaufen war.
*
„Wie kommen Sie darauf, daß er ermordet wurde?“ Mike Rander sah seinen Butler verdutzt an.
„Darf ich auf die Explosion verweisen, die das Boot in Trümmer verwandelte, Sir?“
„Sie dürfen, aber das genügt nicht.“
„Der Außenbordmotor war offensichtlich abgestellt, als Mister Hacklett fischte, Sir. Wieso, so frage ich mich bescheiden, konnte dieser abgestellte Motor samt Tank ohne fremde Einwirkung explodieren?“
„Da ist was dran, Parker!“ Rander schüttelte sich eine Zigarette aus der Packung. Parker reichte seinem jungen Herrn prompt Feuer.
„Meiner bescheidenen Ansicht nach, Sir, wurde die Explosion durch Fernzündung verursacht.“
„Sehr aufwendig, wie?“
„Technisch weniger, Sir, im Hinblick auf einen Sportangler doch ziemlich ungewöhnlich. Ich möchte unterstellen, daß Mister Hacklett nicht nur einer der vielen Touristen ist, die dieses herrliche Fleckchen Erde zur Zeit bevölkern.“
„Sie werden ja fast lyrisch, Parker … Freuen Sie sich nicht zu früh! Dies hier ist kein Fall für uns. Wir fahren gleich weiter nach Chikago.“
„Wie Sie wünschen, Sir! Ich stelle allerdings die Frage zur Diskussion, ob man diesen Unfall samt tödlichem Ausgang nicht den zuständigen Behörden melden müßte.“
„Daran werden wir kaum vorbeikommen, Parker. Fahren wir los! Hier können wir doch nicht mehr helfen.“
„Sollte man den Toten wirklich allein zurücklassen, Sir?“
„Die Frage erübrigt sich, Parker. Wir bekommen Besuch!“
Während Mike Rander noch sprach, deutete er hinüber zur nahen Straße, wo jetzt ein Jeep hielt, dem drei Männer entstiegen, die allerdings keinen offiziellen Eindruck machten. Sie trugen Jeans, kurze Jacken und Fischerkappen. Sie kamen schnell zu Rander und Parker an den Strand hinunter.
„Hat’s Ärger gegeben?“ fragte der untersetzte stämmige Mann, der einen sehr selbstsicheren Eindruck machte.
„So kann man es allerdings ausdrücken“, erwiderte Parker. Er deutete auf seinen jungen Herrn, „Mister Rander aus Chikago, Anwalt …“
„Hallo“, begrüßte Rander die drei Männer, „Sie kommen leider zu spät … Diesem Mann ist nicht mehr zu helfen!“
Die drei Männer sahen auf Hacklett hinunter und sagten vorerst kein Wort.
„Falls Sie Einzelheiten zu hören wünschen, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung“, erbot Parker sich.
„Nicht nötig“, sagte der Stämmige, „wir haben den Unfall oben von den Hügeln aus gesehen.“
„Kennen Sie besagtes Opfer?“
„Möglich, daß wir uns hier schon mal gesehen haben. Was wollen Sie jetzt tun?“
„Die Behörden verständigen“, schaltete Mike Rander sich ein. „Würden Sie freundlicherweise hier Zurückbleiben?“
„Okay, läßt sich machen. Aber beeilen Sie sich, viel Zeit haben wir nicht!“
Mike Rander und Josuah Parker gingen zu dem hochbeinigen Monstrum hinüber. Ein Anruf des Stämmigen stoppte sie.
„Hallo, Sie … Hat er noch was sagen können?“
„Er hat … Rander wollte spontan und ziemlich arglos antworten. Josuah Parker nahm sich die Freiheit, seinen jungen Herrn zu unterbrechen.
„… einige Namen geflüstert, an die Mister Rander und meine bescheidene Wenigkeit sich erst wieder erinnern müssen“, erklärte Parker und mied den empörten Blick seines jungen Herrn.
„Was sollte denn das?“ fragte Rander, als sie im Wagen saßen und losfuhren, „wenn Sie glauben, mich in einen Fall hineinziehen zu können, dann sind Sie aber mächtig auf dem Holzweg, Parker! Sobald wir die Polizei informiert haben, werden wir weiterfahren!“
„Wie Sie wünschen, Sir …!“ Parker nickte andeutungsweise, „ich möchte nur hoffen, daß die drei Herren Ihnen und meiner Wenigkeit dies gestatten.“
„Wie kommen Sie denn darauf?“
„Falls Sie sich umwenden, Sir, wird Ihnen kaum entgehen, daß der Jeep folgt. Eine gewisse Ahnung sagt mir, daß die drei Herren den verunglückten Sportangler sehr wohl kannten!“
*
Lieutenant Madison vom Büro des Sheriffs sah dem davonfahrenden Krankenwagen nach. Dann wandte er sich wieder an Rander und Josuah Parker.
„Sieht ziemlich trostlos aus“, meinte er und deutete auf den See hinaus, „ich brauche Taucher, um an die Bootstrümmer heranzukommen. Nur so kann ich beweisen, ob das Boot absichtlich in die Luft gejagt wurde. Wenn überhaupt!“
„Aber dazu brauchen Sie uns ja nicht mehr, oder?“ Rander kam es darauf an, so schnell wie möglich nach Chikago zurückzukommen. Noch hoffte er, einem neuen Kriminalfall entwischen zu können.
„Von mir aus können Sie losfahren“, sagte Madison, ein schlanker, harmlos aussehender Mann von 40 Jahren, „falls ich Sie brauche, weiß ich ja, wo ich Sie erreichen kann.“
„Kommen Sie, Parker!“ Rander ging bereits voraus. Er konnte nicht schnell genug zum und in den Wagen kommen.
„Darf ich noch einmal wiederholen, Sir …“ Parker hatte weniger Eile und unterhielt sich mit Lieutenant Madison, „Mister Hacklett war also tatsächlich ein Tourist und wohnte im Recreation Center jenseits des Waldes dort?“
„Stimmt … Das steht einwandfrei fest.“
„Kennen Sie dieses Recreation Center, Sir?“
„Natürlich. Ein sehr attraktiver Bau. Neu, erst vor einigen Jahren errichtet worden. Tolle Einrichtung und erstklassiges Personal!“
„Sie waren demnach schon dort, Sir?“
„Selbstverständlich. Bei der Einweihung und später auch noch einige Male.“
„Ist Ihnen der Name Carter bekannt Sir?“
„Ein Dutzendname, würde ich sagen.“
„Leider, Sir, leider …!“
„Hat dieser Name etwas mit dem Toten zu tun?“ Madisons Gesicht nahm einen wachsamen Ausdruck an.
„Aber keineswegs, Sir. Es handelte sich nur um eine Frage, die man belanglos nennen muß. Ich bedanke mich sehr herzlich für die freundlichen Auskünfte.“
Madison sah dem Butler nach, der nun ebenfalls zum hochbeinigen Monstrum hinaufstieg, das am Rand der Uferstraße stand.
„Was war denn noch?“ fragte Rander mißtrauisch.
„Ich erkundigte mich diskret nach einem gewissen Mister Carter, Sir.“
„Sagte ich Ihnen nicht schon, daß Sie sich auf dem Holzweg befinden, Parker? Diesmal steigen wir nicht ein! Ich habe die Nase voll. Ich will mich nicht weiter mit Gangstern und Ganoven herumschlagen. Ich habe schließlich noch einen Beruf.“
„Sehr wohl, Sir!“ Parker schloß die Wagentür hinter seinem jungen Herrn und setzte sich steif und würdevoll ans Steuer. Sekunden später dröhnte und röhrte der Motor los. Das hochbeinige Monstrum verschwand in einer Wolke aus Staub, aufgewirbeltem Sand und Auspuffwolken.
„Halten Sie vor dem nächstbesten Schnellimbiß“, sagte Mike Rander und räkelte sich entspannt im Sitz, „ich denke, wir haben es geschafft, Parker.“
„Sehr wohl, Sir!“ entgegnete Parker nur und zuckte mit keiner Wimper, als er am Straßenrand eine Hinweistafel entdeckte, die auf ein gewisses Recreation Center hinwies. Seiner Ansicht nach war dieses Haus gewiß der richtige Ort, um eine Zwischenstation zu machen. Es mußte ja nicht unbedingt ein üblicher Schnellimbiß sein.
*
„Na, dieser Schnellimbiß ist aber ziemlich groß ausgefallen“, sagte Mike Rander eine knappe Viertelstunde später, als Parker das hochbeinige Monstrum vor einem Hotel anhielt, das im altenglischen Landhausstil erbaut war und überraschend einladend und appetitlich aussah.
„Ich bin sicher, Sir, daß hier ein blutfrisches Steak gereicht wird. Wenn Sie erlauben, werde ich vorher aber Erkundigungen einziehen.“
„Ich komme gleich mit“, sagte Rander arglos, „sieht wirklich sehr nett aus. Scheint zu dem Bau da oben auf dem Hügel zu gehören.“
Rander deutete auf einen Gebäudekomplex, der sich an den bewaldeten Hang eines mittelhohen Hügels anschmiegte. Um ein Herrenhaus, ebenfalls im altenglischen Stil, gruppierten sich kleine, stilsaubere Einzelhäuser. Parker fühlte sich zurückversetzt in die englische Provinz und, mußte sich gewaltsam einreden, daß hier keine Originale, sondern Nachschöpfungen standen. Das Schloß eines englischen Herzogs hätte nicht echter aussehen können. Allein die gepflegten Rasenflächen zwischen den Häusern und die Baumgruppen darauf vollendeten die Illusion.
„Sehr nett“, wiederholte Rander noch einmal, als sie auf den Gasthof unten an der Straße zugingen. Zu beiden Seiten dieses Gasthofes erhoben sich hohe Mauern aus Bruchsteinen, die beiderseits im nahen Wald verschwanden und wahrscheinlich das gesamte Areal umschlossen.
„Ich muß gestehen, daß mich das anwandelt, Sir, was man etwas schwärmerisch heimatliche Gefühle nennt“, bekannte der Butler, als sie die Halle des Gasthofes betraten. Hier gab es niedrige Deckenbalken, viel Zinngeschirr, Butzenscheiben und alte, natürlich ebenfalls stilechte Möbel.
„Irgendwann werde ich mit Ihnen wieder nach England müssen“, spottete Mike Rander arglos, „Sie scheinen es mit dem Heimweh zu haben!“
„Ich möchte Ihre Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen, Sir!“
Rander kam zu keiner Antwort.
Hinter der Anmeldung erschien ein kompakter Mann von etwa fünfzig Jahren, etwas zu gutmütig und zu arglos aussehend.
„Da sind Sie ja!“ rief er Rander und Parker entgegen, „Sie sind schon seit ’ner halben Stunde überfällig!“
„Wieso?“ fragte Mike Rander ehrlich verblüfft zurück.
„Ein kleiner Unfall, der den allgemeinen Verkehrsfluß hemmte“, erläuterte Josuah Parker schnell.
„Kommt ja auf die genaue Stunde gar nicht an“, sagte der kompakte Empfangschef, „Sie können gleich durch ins Gästehaus Nr. 6 fahren. Ich laß’ die Barriere hoch … Moment!“
Rander und Parker gingen zurück zum hochbeinigen Monstrum. Rander fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.
„Was soll dieser Unsinn?“ fragte er den Butler ärgerlich, „es ist doch offensichtlich, daß der Mann uns mit anderen Gästen verwechselt.“
„Selbst auf die Gefahr hin, mir Ihren Unmut zuzuziehen, Sir, möchte ich dringend raten und vorschlagen, vorerst auf diesen Irrtum einzugehen.“
„Was versprechen Sie sich denn davon, zum Henker?“
„Information, Sir, zumal der Tote hier wohnte.“
Die Fortsetzung der Unterhaltung konnte zu Parkers Freude nicht stattfinden, denn der Empfangschef erschien an der großen Einfahrt rechts vom Restaurant und sperrte das Tor auf. Dahinter war in einem Abstand von etwa drei Metern eine schwere Barriere aus Stahlrohr, die er nun hochgehen ließ.
Rander und Parker — bereits im Wagen — durchfuhren die Sperre und gelangten über eine schmale Asphaltstraße hinauf zum Gästehaus Nr. 6, einem wirklich reizend anzusehenden Bau, dessen Fenster einladend geöffnet waren.