Dan Oakland Story 40: Rote Fracht - U.H. Wilken - E-Book

Dan Oakland Story 40: Rote Fracht E-Book

U. H. Wilken

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Beschreibung

Bleib Eisern, Dan! ​ Die Kavallerie kämpft gegen die Indianer​ Corporal Prewitt und Sergeant Jenkins beobachten Indianer-Scouts und vermuten, dass sie Feinde sind. ​ Ein junger Cheyenne wird gefangen genommen und nach Fort Sill gebracht. ​ Dan Oakland, ein Trapper, versucht, den gefangenen Cheyenne zu befreien. ​ Es kommt zu einem blutigen Kampf, bei dem Dan schließlich den Cheyenne befreit und mit ihm flieht. ​ Doch die Kavallerie kann das nicht auf sich sitzen lassen. Rote Fracht vom Big Horn River ​ Menschenjäger überfallen ein Indianerdorf. Zwei junge Blackfeet werden gefangen genommen und auf ein Bootgebracht. ​ Sky Oakland und seine Squaw Sun verfolgen die Menschenjäger, um die Gefangenen zu befreien. ​ Sie werden jedoch selbst gefangen genommen und sollen nach St. Louis gebracht werden. ​ Während der Fahrt kommt es zu einem Schiffsunglück, bei welchem Sun sich ans Ufer retten kann. Zusammen mit Dan Oakland begibt sie sich nach St. Louis, um die gefangenen Indianer zu befreien, die dort zur Schau gestellt werden sollen.

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Seitenzahl: 291

Veröffentlichungsjahr: 2025

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In dieser Reihe bisher erschienen

4301  U. H. Wilken Lockruf der Wildnis

4302  U. H. Wilken Teufelsbrigade

4303  U. H. Wilken Die Feuertaufe

4304  U. H. Wilken Der weiße Büffel

4305  U. H. Wilken Das Aufgebot des Bösen

4306  U. H. Wilken Grausame Grenze

4307  U. H. Wilken Omaha-Marter

4308  U. H. Wilken Blutige Säbel

4309  U. H. Wilken Der Unbezwingbare

4310  U. H. Wilken California-Trail

4311  U. H. Wilken Berg der zornigen Götter

4312  U. H. Wilken Die Teuflischen

4313  U. H. Wilken In Todesgefahr

4314  U. H. Wilken Schwarzer Horizont

4315  U. H. Wilken Der Raubadler

4316  U. H. Wilken Trail aus Blut und Eisen

4317  U. H. Wilken Der Wolfskiller

4318  U. H. Wilken Nachtfalken

4319  U. H. Wilken Der Geheimbund

4320  U. H. Wilken Tödliche Tomahawks

4321  U. H. Wilken Minnesota

4322  U. H. Wilken Die Revolver-Lady

4323  U. H. Wilken Sterben am Washita

4324  U. H. Wilken Langmesser

4325  U. H. Wilken Der Bärentöter

4326  U. H. Wilken Manitoba

4327  U. H. Wilken Yellow River

4328  U. H. Wilken Land der Sioux

4329  U. H. Wilken Todesvögel

4330  U. H. Wilken Shinto

4331  U. H. Wilken Blutmond

4332  U. H. Wilken Der Skalphügel

4333  U. H. Wilken Todestrommeln

4334  U. H. Wilken Skalpjäger

4335  U. H. Wilken Fort Lincoln

4336  U. H. Wilken Sky

4337 U. H. Wilken Canatta-Kid

4338 U. H. Wilken Sioux-Poker

4339 U. H. Wilken Die steinerne Squaw

4340 U. H. Wilken Rote Fracht

4341 U. H. Wilken Sun

ROTE FRACHT

DAN OAKLAND STORY

BUCH 40

U. H. WILKEN

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

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Copyright © 2024 Blitz-Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier 

Redaktion: Alfred Wallon

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten.

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-689-84321-2

4340 vom 21.02.2025

INHALT

Bleib Eisern, Dan!

Rote Fracht vom Big Horn River

Anmerkung

Über den Autor

BLEIB EISERN, DAN!

Der Tag war warm und schön. Flirrend stach die grelle Septembersonne durch das Geäst der Baumkronen und traf die angespannten Gesichter wartender Soldaten. Corporal Prewitt setzte das Fernglas an und beobachtete vier Ponyreiter, die unterhalb des bewaldeten Talhangs entlangzogen, sehnige Indianer mit bloßen muskulösen Oberkörpern und langen schwarzen Haaren. Schweigend reichte Prewitt das Glas Sergeant Jenkins zurück. „Nun, Corporal Prewitt, was sagen Sie dazu?“ fragte Jenkins leise. „Befreundete Indianer-Scouts oder Feinde?“

„Sioux, schätze ich, Sergeant.“

„Ich reiß Ihnen die dreckigen Ohren ab, Prewitt“, grollte der Sergeant. „Das sind Cheyennes, Mann. Wahrscheinlich Späher.“

„Glauben Sie im Ernst, dass die Southern Cheyennes aus dem Reservat ausbrechen wollen? Das war doch ihr Tod.“

„Von mir aus können die verdammten Rothäute tun, was sie wollen. Ich weiß nur, dass wir alles verhindern müssen, was uns nicht in den Kram passt.“

„Ja, Sergeant.“

„Lassen Sie die Männer ausschwärmen. Aber einen Indianer will ich lebend haben. Verstanden?“

Leise Stimmen drangen durch das Unterholz und versickerten im Dickicht. Pferde trappelten plötzlich los. US-Kavalleristen jagten im halsbrecherischen Galopp durch die Baumlücken und donnerten hinunter ins Tal.

Schüsse rissen drei Cheyennes von den Ponys. Sie überschlugen sich und blieben verrenkt liegen.

Ihre Ponys liefen weiter.

Die Blauröcke hetzten den flüchtigen Cheyenne. Der junge Indianer versuchte, den Todfeinden zu entkommen. Er schlug auf sein Pony ein und jagte durch das hohe Gras.

„Schießt auf das Pony!“ schrie Corporal Prewitt.

Eine Salve peitschte durch das Tal.

Von einem Dutzend Kugeln getroffen brach das Pony zusammen. Der junge Cheyenne rollte halbbenommen über den Boden. Er hatte noch den Knall der Schüsse in den Ohren und hörte den heranrasenden Hufschlag der Soldatenpferde wie aus weiter Ferne. Schwankend richtete er sich auf. Sein Gewehr lag irgendwo im Gras.

Er blickte den Reitern mit geweiteten Augen entgegen. Sekundenlang entstellte Todesangst sein Gesicht. Dann griff er zum Tomahawk und riss ihn hoch. Aufschreiend stürmte er den Reitern entgegen. Voller Kraft schleuderte er den Tomahawk los.

Das Wurfbeil spaltete den Schädel eines Soldaten. Brüllend preschten die anderen Reiter heran. Hinter ihnen rutschte der getroffene Soldat blutüberströmt vom durchgehenden Pferd.

„Nicht töten!“ tönte die rauhe Stimme des Sergeants durch das Tal. „Ich will ihn lebend.“

Seine Worte gingen fast im wilden Echo der Schüsse unter.

Der junge Cheyenne zog sein Messer. Er wollte bis zum letzten Atemzug kämpfen. Die Reiter umzingelten ihn. Mit dem blitzenden Messer stieß er nach ihnen, doch Gewehrkolben knüppelten ihn nieder. Bewusstlos sackte er zu Boden.

Die Pferde keuchten. Die Reiter husteten und fluchten. Corporal Prewitt sprang aus dem Sattel und stellte sich breitbeinig über den Cheyenne.

„Rührt ihn nicht an!“ schrie er.

Sergeant Jenkins jagte heran und sprengte den Kreis der Soldaten.

„Keine Sorge, Männer, der Hundesohn wird hängen. Verlasst euch drauf! Wir bringen ihn nach Fort Sill. Schnürt ihn zusammen!“

Sie saßen ab, fesselten den jungen Cheyenne mit Stricken und warfen ihn bäuchlings auf das Pferd des toten Soldaten.

* * *

Die Indianerponys irrten durch die Wildnis und fanden ins Lager. Der dumpfe Hufschlag scheuchte die Indianer hoch.

Sie alle hatten die fernen Schüsse gehört, doch keiner hatte die Deckung verlassen. Jetzt fingen sie die Ponys ein. Sie sahen das Blut an den Körpern der Pferde.

Alle blickten zu ihrem Anführer Bull Head hinüber und starrten auch Catch-the-Bear Dan Oakland an.

Der große Trapper Dan Oakland stapfte durch das kleine Lager und betrachtete die Ponys. Sein raues Gesicht war ernst. Die rauchgrauen Augen blickten die Northern Cheyennes ruhig an.

„Mein Sohn Sky und seine Squaw werden mich begleiten. Wir suchen nach den Kriegern. Bleibt ihr hier verborgen.“

Der junge Häuptling Bull Head hob die Hand, als Gemurmel ertönte.

„Catch-the-Bear ist ein weiser, mutiger Mann“, sagte Bull Head. „Wir warten auf ihn. Aber der Ritt ist nichts für eine Squaw.“

„Sun ist eine Comanchin, Bull Head. Unten im Süden kämpfen auch die Squaws. Sun kommt mit.“

Die Sonne stand schon tief, als drei Reiter das verborgene Lager der Northern Cheyennes verließen.

Sky und Sun folgten Dan Oakland.

Sun war blutjung und schön, eine tapfere Comanchin, die in das Land Dakota gekommen war, um Sky eine gute Squaw zu sein.

Sky, in dessen Adern das Blut des Wildtöters Dan Oakland und einer Sioux floss, saß schlank und geschmeidig im Sattel. Die Sioux nannten ihn Sky the Walker, seitdem er im Comanchenland gewesen war und Sun zu seiner Squaw gemacht hatte.

Die Dämmerung lag wie ein graues Leichentuch im Tal. Nebel nässten die Gräser. Ein zusammengeschossenes Pony ragte aus dem Gras hervor. Nicht weit davon entfernt stießen Dan, Sky und Sun auf die skalpierten Cheyennes.

Während Dan die Toten betrachtete, glitt sein Sohn aus dem Sattel und kniete nieder. Seine Rechte tastete die Hufeindrücke ab.

„Soldatenpferde.“

Dan Oakland blickte zum Talhang, wo die Bäume im Dunst zu einer grauen Masse wurden.

„Sie haben einen Cheyenne mitgenommen. Ich werde ihnen folgen. Du kümmerst dich um die Toten.“

Sky richtete sich auf und stand mit wehenden Haaren im Gras.

„Ja, Vater. Was soll ich Bull Head ausrichten?“

„Er soll weiterziehen. Meidet die Nähe jeder Siedlung, macht große Bogen um jedes Haus und jede Hütte. Wenn Bull Head mit seinen dreiundsiebzig Kriegern jemals das Reservat der Southern Cheyennes erreichen will, darf ihn kein einziger Weißer entdecken.“

Schon ritt Dan Oakland auf den Spuren der Soldaten davon.

Sky und Sun blickten ihm nach. Die Nebelschwaden schlugen hinter ihm zusammen.

„Er wird alles versuchen, um Small Foot freizubekommen, Sun. Wenn ihm das nicht gelingt, ist Small Foot ein toter Mann.“

* * *

Während Dan Oakland nach Fort Sill ritt, zogen die Northern Cheyennes lautlos und wachsam weiter. Hoch im Norden hatten sie das Land ihres Stammes verlassen.

Niemand durfte sie entdecken. Sie ritten in geheimer Mission. Viele schreckliche Dinge hatten sie gehört. Ihren Vettern, den Southern Cheyennes, sollte es im Reservat furchtbar gehen. Sie wollten sehen, was sich dort zutrug. Noch waren die Northern Cheyennes frei.

Tahmelapashme, der fünfzigjährige Häuptling der Northern Cheyennes, den die Sioux Dull Knife nannten, hatte Bull Head und die jungen Krieger auf den Weg geschickt. Unterwegs hatten sie Dan Oakland, Sky und Sun getroffen, die sich ihnen angeschlossen hatten.

Das Reservat lag nahe vor ihnen.

Dan Oakland erreichte am nächsten Abend Fort Sill. Die Patrouille mußte kurz vor ihm angekommen sein. Er ritt durch das breite Tor und lenkte sein Pferd über den großen Platz. Vor der Marketenderei stieg er aus dem Sattel.

Das kluge Pferd blieb mit hängendem Zügel reglos stehen. Dans Winchester steckte im Scabbard. Das Pferd würde keinen Fremden heranlassen.

Heisere Stimmen schallten über den Platz. Soldaten rotteten sich vor der Blockhütte mit den Arrestzellen zusammen. Fackeln brannten. Nebel zogen durch das Tor und ließen die Konturen der Palisaden verschwimmen. Immer wieder hörte Dan die wilden Rufe der aufgebrachten Soldaten. Sie wollten den Cheyenne hängen sehen.

Abseits lehnten zwei Armee-Scouts an der Bohlenwand des Depots, rauchten Pfeife und starrten über den Platz.

Dan durfte sie nicht aus den Augen verlieren. Sie könnten ihm gefährlich werden. Ihre kalte Gelassenheit war schlimmer als das Hassgefühl der Soldaten.

Jetzt blickten sie zu ihm herüber.

Langsam stapfte Dan auf sie zu, als suchte er aus kollegialen Gefühlen heraus ihre Nähe.

„Was ist denn da los?“ fragte er und zeigte zum Blockhaus hin.

„Sie haben einen Cheyenne erwischt“, antwortete der rothaarige Scout. „Die Rothaut ist wahrscheinlich ein Northern Cheyenne, soviel wir beide gesehen haben.“

„Ein Northern Cheyenne?“ tat Dan überrascht. „Das ist doch nicht möglich. Der Stamm lebt hoch im Norden. Kein Indianer wird freiwillig in -diese Gegend kommen.“

„Es waren sogar vier Cheyennes“, entgegnete der andere Scout bissig. „Drei sind mausetot. Den Burschen da drüben werden wir noch zum Reden bringen, nicht wahr, Warhol?“ Er lachte.

Warhol grinste. „Sicher, und wenn er sein eigenes Blut saufen muss.“

Dan fröstelte bei diesen Worten.

In diesem Moment wurde es auf dem Platz still. Nur das Schlagen der Flagge am hohen Mast war zu hören.

Aus der Kommandantenbaracke waren zwei Offiziere hervorgetreten. Die Soldaten wichen zurück und machten den beiden Colonels den Weg frei. Posten vor dem kleinen Gefängnis salutierten.

Dan wusste sofort, wer die beiden Offiziere waren.

Der eine hatte nur drei Finger an der Hand. Er war jung und drahtig. Ein Mann, der besessen gegen die Indianer kämpfte. Sie nannten ihn „Three Fingers“. Es war Colonel Ronald S. Mackenzie .

Der andere war Colonel Nelson Miles. Auch an diesem späten Abend trug er seinen langen Armeemantel, dessen Innenseite mit Bärenfell gefüttert war. Die Indianer hatten ihm den Namen „Bear Coat“ gegeben.

„Mr. Mackenzie“, hörte Dan Nelson Miles sagen, „ich will hier keinen Mann mehr sehen.“

Mackenzie stieß mit scharfer Stimme einen Befehl aus. Sofort liefen alle Soldaten in die Unterkunft. Nur die Posten blieben vor der Blockhütte stehen.

Der Platz war wie leergefegt. Auch die Soldaten der Patrouille hatten den Platz verlassen.

Die Colonels erreichten das kleine Militärgefängnis. Die Posten rissen die Tür auf. Lichtschein fiel auf die Schwelle. Die Tür wurde hinter den Offizieren geschlossen.

„Was werden sie mit dem Cheyenne machen?“ gab Dan sich unwissend.

Die Scouts warfen sich einen schnellen Blick zu, grinsten und starrten Dan Oakland an. Warhol antwortete: „Sie werden ihn fragen, und er wird nichts sagen. Und wenn auch wir keinen Erfolg haben sollten, werden sie ihn morgen früh aufknüpfen.“

Dan brachte sogar ein flüchtiges Lächeln zustande. „Das hätte ich mir denken können.“

„Wir sind gleich allein mit dem Hundesohn. Wenn du zusehen willst? Ich hab’ nichts dagegen.“

„Ja... erlauben die Colonels das denn?“

„Das ist denen völlig egal. Hauptsache ist, dass wir was aus dem rothäutigen Halunken herauspressen.“

„Verstehe.“ Dan blieb äußerlich ruhig.

Drüben glitt die dicke Tür des Blockhauses auf. Miles und Mackenzie traten hervor. Die anderen Offiziere flankierten sie. Jetzt verließen auch die beiden Soldaten das Blockhaus. Die Colonels gingen zur Kommandantenbaracke zurück. Der Sergeant musste ihnen folgen. Alle verschwanden in der Baracke. Die Posten stellten sich wieder vor die Tür.

„Sie haben nichts aus dem Cheyenne herausbekommen“. meinte Warhol. „Gleich sind wir dran.“

Nach Minuten kam ein Lieutenant aus der Kommandantenbaracke und gab den beiden Scouts einen Wink, machte kehrt und verschwand wieder.

Die Scouts setzten sich in Bewegung. Sie sprachen leise mit den Posten und zeigten auf Dan Oakland. Die Posten nickten und ließen Dan Oakland vorbei.

Knarrend schwang die schwere Tür auf.

* * *

Der junge Cheyenne Small Foot lag in der Zelle. Er blutete aus der Nase und hatte Platzwunden im Gesicht. Die Lippen waren angeschwollen. Mitleidlose Schläge mit Gewehrkolben hatten ihn entstellt.

Dan blieb an der Tür stehen.

Warhol öffnete die Zellentür. Dann stürzten sich beide Scouts auf den wehrlosen Indianer. Sie packten ihn und warfen ihn brutal auf eine Pritsche. Schon riss Warhols Begleiter das Bowiemesser hervor und jagte es durch die Wade des Cheyenne.

Sie packten den Cheyenne an den langen Haaren und stießen ihm die Daumen in die Augen. Als der Cheyenne noch immer schwieg, zog Warhol ein paar Hölzer hervor und wollte sie dem Cheyenne unter die Fingernägel schlagen.

Tränen kamen aus den Augen des jungen Menschen.

Da griff Dan Oakland ein.

Die Linke traf klatschend das Genick des Scouts Warhol. Der Hieb schleuderte Warhol in die enge Zelle hinein, wo er bewusstlos liegen blieb.

Fauchend drehte der andere Scout sich um und wollte mit dem Bowiemesser zustoßen.

Schon packte Dan seinen Arm, riss ihn an sich heran und hieb den Arm über sein hochschnellendes Knie. Der Scout zerrte den Revolver aus der Halfter und wollte abdrücken. Dan trat ihm die Waffe aus der Hand. Als der Scout nach dem Posten brüllen wollte, schlug Dan ihm den Kolben seines eigenen Colts über den Schädel. Wie von einem auskeilenden Pferd getroffen, raste der Scout mit dem Kopf zwischen die Eisenstangen der Zelle. Er blieb hängen und erschlaffte.

Er war tot.

Schweiß rann über Dans graues Gesicht. Horchend stand er still. Die Posten kamen nicht herein.

Dan trat an den Cheyenne heran. Small Foot erkannte ihn. Mit seinem Messer durchtrennte Dan die Stricke und befreite den Indianer.

„Bleib liegen!“

Dan verband das Bein des Cheyenne mit den Streifen einer zerrissenen Decke und packte den Krug mit Wasser ließ den Cheyenne trinken und wusch ihm dann das Gesicht ab.

„Schrei!“ flüsterte er. „Ich muß die Posten reinlocken.“

Small Foot holte schwer Atem. Sein Körper zitterte unter den Schmerzen. Er stieß einen röchelnden Schrei aus.

Dan ging zur Tür. Er öffnete sie und sagte zu den Posten, die sich ihm zuwandten: „Kommt rein, er hat alles gesagt.“

Ahnungslos betraten die Posten den Raum vor den Zellen.

Dan schloss die Tür und schlug mit dem Colt zu. Die Posten kippten nach vorn und polterten auf den Bretterboden.

Catch the Bear war eisern entschlossen, Small Foot aus Fort Sill herauszubringen. Notfalls musste er auf die Posten schießen. Das junge Leben des Northern Cheyenne war ihm wichtiger.

Hastig riss er einem Soldaten den Uniformrock vom Körper und zog ihn Small Foot an. Er stopfte das lange Haar des Indianers unter den Kavalleriehut.

„Kannst du gehen. Small Foot?“

„Ich muss“, stöhnte der Cheyenne.

„Wir versuchen es, Small Foot. Mein Pferd steht in der Nähe. Du musst aufrecht wie ein Soldat gehen. Wenn du es bis zum Pferd schaffst, sind wir halb draußen.“

Small Foot klammerte sich an Dan fest und setzte den Fuß mit der durchstochenen Wade auf. Der Schmerz war kaum zu ertragen. Small Foot biss die Zähne zusammen und nickte.

Langsam öffnete Dan die Tür. Sie traten hinaus.

Die Posten hatten den herausfallenden Lichtschein bemerkt und blickten zum Blockhaus hinunter. Niemand rief herüber. Die Posten machten weiterhin ihre Runden.

Schwer stützte der Cheyenne sich auf Dan.

Starr blickte er auf Dans Pferd und ging über den Platz. Die Uniform täuschte die Posten. Als Small Foot das Pferd erreicht hatte, griff er haltsuchend nach dem Sattelhorn.

Jetzt kam es darauf an, das Tor zu erreichen. Draußen vor Fort Sill loderten die Lagerfeuer der Indianer, die im Dienst der Armee standen.

Entschlossen packte Dan den Cheyenne und hob ihn auf sein Pferd. Dann sprang Dan in den Sattel. Sofort schlang Small Foot die Arme um ihn. Schon raste das Pferd los und donnerte über den Platz. Im wilden Galopp näherte es sich dem Tor.

Oben brüllten die Posten. Mündungsfeuer stießen durch den Nebel. Krachende Schüsse alarmierten das Fort.

Draußen an den Lagerfeuern richteten die Indianer sich auf. Blei jaulte durch das Tor. Wie ein grauer Spuk raste das Pferd mit Dan Oakland und dem jungen Cheyenne hinaus.

Plötzlich kippte Small Foot schwer gegen Dans Rücken. Der Trapper spürte, wie sich die Hände des Indianers in seiner Lederkleidung festkrallten.

* * *

Alarm in Fort Sill.

Soldaten rannten zu den Pferden, sattelten sie in fieberhafter Eile. Mackenzie und Miles brüllten Befehle. Sergeant Jenkins hastete über den Platz und stürzte in das Blockhaus hinein.

In der Zelle stöhnte Warhol. Der andere Scout hing mit dem Kopf zwischen den Eisenstangen.

Nur der Scout Warhol hatte Dan Oakland deutlich gesehen und konnte sich an das rauhe Gesicht erinnern.

Draußen trieben die Soldaten unter Führung eines Lieutenants die Pferde an und nahmen die Verfolgung auf. Corporal Prewitt ritt mit ihnen. Das Rudel jagte hinaus.

* * *

Dan jagte mit dem Cheyenne durch die Nacht nach Süden. Er ließ das Fort weit hinter sich zurück. Er erreichte steiniges Land. Hier verwischte er seine Spur.

Im Morgengrauen stieg er vom Pferd und hob Small Foot von der Kruppe. Er trug den Cheyenne zwischen die Felsen und legte ihn auf den Bauch.

Small Foot war von den Soldaten in den Rücken geschossen worden.

Dan kniete nieder, riss die blutige Uniformjacke auf und betrachtete die Wunde. Sie sah schlimm aus. Die Kugel steckte. Dan konnte sie nicht herausholen, er würde dabei unweigerlich das Rückgrat verletzen.

Schweigend holte er Verbandszeug aus der Satteltasche, legte es auf die Wunde und zog die Kleidung darüber zusammen. Behutsam drehte er Small Foot auf die Seite, breitete eine Decke aus und legte ihn darauf.

Still saß er neben dem jungen Indianer.

Die Sonne ging auf.

Stöhnend öffnete Small Foot die Augen. Sein Blick kehrte aus weiten Fernen zurück.

„Bleib stillliegen, Small Foot“, sagte Dan. Seine Stimme klang sehr weich. „Wir sind in Sicherheit. Hier finden uns die Blauröcke nicht. Willst du was trinken?“

Small Foot schüttelte schwach den Kopf. Er blutete aus dem Rücken und aus der Wade. Erschüttert sah Dan den jungen Cheyenne an.

„Ich bring dich nach Norden zurück, Small Foot.“

„Nein, Catch-the-Bear,” flüsterte Small Foot stöhnend. „Ich — will nicht, dass du — zurückreitest. Sky the Walker und — Bull Head warten auf dich. Sie brauchen — dich. Lass mich — hier sterben ...“

„Du wirst noch viele Sonnen sehen, Small Foot.“

„Nein, ich weiß, du — meinst es gut — aber ich — geh in das Land des Großen Geistes. Ich ...“

Seine Stimme brach ab. Der Körper bäumte sich wie unter einem wilden Hieb auf, fiel zurück und erschlaffte. Die toten Augen starrten in den Morgenhimmel.

Im hellen Schein der Sonne gab Dan ihm ein Felsengrab in der steinigen Wildnis. Er ritt weiter und suchte die Northern Cheyennes.

Immer wieder dachte er an Miles und Mackenzie. Warum waren die beiden hohen Offiziere im kleinen Fort Sill gewesen? Vielleicht inspizierten sie die Truppen. Womöglich stand aber auch ein neuer Angriff auf die Indianer bevor. Ehrgeizige Offiziere und skrupellose Politiker wollten, dass der Pulverrauch in riesigen Schwaden über das Indianerland hinwegwehte.

* * *

Die Sonne glühte über den riesigen Staubschüsseln des Südens.

Ein Buggy rollte über den staubigen Weg. Zwei Pferde trotteten vor dem leichten Wagen. Im Schatten des aufgespannten Sonnenschirms saß ein blonder Mann und hielt die Zügelenden.

Die rollenden Räder und die leise quietschenden Achsen störten die Stille.

Jetzt bog der blonde Mann vom Weg ab und hielt im Schatten der Felsen an. Er kletterte vom Buggy und gab den Pferden zu Saufen. Dann nahm er sein Gewehr vom Bock und schritt den steinübersäten Hang empor.

Ein alter abgestorbener Baum war sein Ziel.

Unter diesem Baum lagen Blechbüchsen.

Er packte mehrere und stellte sie auf einen Felsen.

Dann schritt er weiter, hielt das Gewehr gesenkt und blickte über das öde Land. Weiße Wolken türmten sich am Horizont.

In einiger Entfernung von den aufgestellten Blechbüchsen drehte er sich um, legte das Gewehr an und begann zu schießen.

Laut peitschten die Schüsse durch die Einöde.

Kugeln durchschlugen die Blechbüchsen. Wirbelnd hüpften sie über den steinigen Boden.

In einem Canyon waren siebzig Reiter der Northern Cheyennes unterwegs. Bull Head, ihr junger Häuptling, horchte auf. Sein Gesicht spannte sich. Mit kehliger Stimme rief er mehrere Krieger zu sich.

Sky und Sun befanden sich mit zwei Spähern weit vorn. Sky konnte nicht wissen, dass Bull Head seine Leute losschickte, die sich sofort auf den Weg machten.

Mike Dickinson lud nach und schoss auch die letzten Büchsen von den Felsen. Zufrieden stellte er die Büchsen wieder auf die Felsenmauer.

Er nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, schraubte sie zu und warf sie zu Boden. Einen Augenblick lang stand er still und dachte an seine Schwester Rhonda. Sie war Lehrerin und lebte in der Nähe des Cheyennelagers in einem Holzhaus. Er konnte nicht verstehen, warum sie den Indianern helfen wollte und den Kindern Lesen und Schreiben beizubringen versuchte.

An diesem heißen Tag wollte er trotz der Hitze seine Schießübungen fortsetzen. In der Nähe der Indianeragentur und des Cheyennelagers durfte er nicht schießen. Darum fuhr er oft hinaus und übte sich unter dem toten Baum.

Lächelnd trat er zurück und legte an.

Heißes Blei verließ den Lauf des Gewehres, durchschlug die Büchsen, stieß gegen hartes Gestein und suchte sich als Querschläger einen Weg.

In diesen Sekunden tauchten fünf Krieger Bull Heads auf.

Das Blei bohrte sich in die Brust eines Northern Cheyenne und riss ihn vom Pony.

Mike Dickinson sah die Indianer nicht. Er senkte sein Gewehr und schritt langsam zum Buggy zurück.

Tot lag der Cheyenne auf dem glühend heißen Boden. Die anderen Krieger starrten auf ihn und gerieten in Wut. Sie waren nicht wie die Southern Cheyennes Gefangene in einem Reservat, sie waren noch frei und kämpferisch. Sie trieben die Ponys hart an und jagten den Geröllhang empor.

Mike hörte sie, als sie am toten Baum vorbeiritten, drehte sich um und erstarrte einen Herzschlag lang. Dann flüchtete er zum Buggy, stolperte und verlor das Gewehr. Er raffte sich auf und warf sich auf den Buggy. Der Zweispänner raste über den steinigen Weg. Unerbittlich blieben die Northern Cheyennes hinter ihm und begannen zu schießen.

Der Buggy sprang und schleuderte hin und her.

Eine Kugel bohrte sich in den Rücken des Mannes.

Verzweifelt klammerte er sich am Buggy fest. Die Wagenpferde rasten durch ein weites Tal. Mike blickte nicht zurück. Der Schmerz übermannte ihn. Er stöhnte laut, schrie röchelnd.

Der Buggy raste unvermindert schnell durch die Einöde.

Die Verfolger blieben zurück.

Dickinson erreichte den Weg, der zum Indian Bureau führte. Er konnte die Zügel nicht länger halten.

Die Pferde kannten den Weg. Sie wurden langsamer.

Dickinson schrie heiser und röchelnd, griff zur Peitsche und schlug zu. Er stürzte beinahe vom Wagen, musste sich wieder festhalten und blickte zurück.

Die Cheyennes bogen auf den Weg ein.

Schüsse übertönten das Knattern der Hufe. Ein Streifschuss riss Dickinsons Schulter auf. Er sackte in sich zusammen.

In der Ferne stieg Herdrauch über dem Dach eines breiten Adobehauses empor. Dort war die Indianeragentur.

Dorthin führte der Weg. Es waren noch Meilen.

Die Northern Cheyennes rissen die Ponys zurück und hielten. Sie wollten nicht im Reservat gesehen werden.

Mike Dickinson kauerte wie tot auf dem Buggy.

Das Pferdegespann raste weiter in die graue Dämmerung hinein.

* * *

Zur gleichen Zeit näherte sich Dan Oakland dem Indian Bureau.

Er wollte sein Pferd tränken. Es gab weit und breit kein Wasser. Über dem Brunnen der Indianeragentur drehte sich das Windrad und quietschte durchdringend. Der Herdrauch wirbelte im Abendwind über die leeren Stangenkorrals. Der Sand auf dem Hof gleißte rot im Schein der untergehenden Sonne.

Ein schwarzgekleideter Mann kam aus dem Stall. Der Silberschmuck an seinem Stetson und an der Jacke funkelte. Als er Dan Oakland erblickte, legte er die Hand auf den Colt in der tiefhängenden Halfter und rief irgendetwas zum Haus hinüber.

Sekunden später erschien ein beleibter Mann und sah Dan entgegen.

Im Hintergrund lag Gerümpel vor einem Stall, der nach einer Seite hin offen war. Zusammengebrochene Wagen und alte Räder lagen dort, Blechbüchsen, hartgewordenes Zaumzeug und verrostete Steigbügel.

Ruhig ritt Dan über den Hof.

Er blickte die ungleichen Männer prüfend an und erkannte sofort, dass der schwarzgekleidete Mann gefährlich werden könnte.

„Tag“, sagte er.

„Tag, Fremder“, antwortete der beleibte Indianeragent. „Halt dich hier nicht lange auf, klar? Das hier ist ein Reservat.“

„Verstehe.“ Dan nickte und wollte absitzen, als er den heranrasenden Buggy wahrnahm. Auf dem Bock schwankte schlaff eine Gestalt hin und her. Die beiden Pferde tobten in wilder Panik auf die Agentur zu.

„Aufpassen!“ schrie der schwarzgekleidete Mann und rannte an Dan vorbei, „Ins Haus, Mr. Mallory!“ Er riss den Agenten mit sich über die Türschwelle.

Dan trieb sein Pferd hart an den Stall heran. Schon jagten die Pferde mit dem Buggy in einem scharfen Bogen über den Hof. Der Wagen schlug plötzlich um. Das Geschirr zerriss, die Pferde galoppierten weiter — und der Buggy überschlug sich. Wie eine übergroße Gliederpuppe wirbelte der blonde Mann über den Hof und landete dumpf krachend vor der Hauswand. Der Buggy raste in das Gerümpel hinein, zerbarst und flog auseinander. Schrill wiehernd jagten die beiden Wagenpferde davon. Weit draußen blieben sie stehen.

Dan warf sich vom Pferd und rannte zum Haus. Er warf sich neben dem blonden Mann auf die Knie und drehte ihn vorsichtig auf den Rücken.

Der Indianeragent und der Revolvermann hasteten aus dem Haus und knieten neben Dan nieder.

Sie alle sahen die blutdurchtränkte Kleidung und die tödlichen Wunden. Dan ließ den Mann schon nach Sekunden wieder los, blickte auf und schüttelte schweigend den Kopf.

„Mein Gott“, ächzte der Agent, „das ist Mike Dickinson.“

„Yeah“, dehnte der Texaner, „und er ist tot.“

„Zwei Kugeln haben ihn erwischt“, murmelte Dan. „Eine Kugel steckt im Rücken, die andere hat die Schulter aufgerissen. Scheint ’ne ziemlich wilde Gegend hier zu sein.“

Der Indianeragent starrte ihn mit geröteten Augen an.

„Vergiss, was du gesehen hast, Fremder! Es ist schlimm genug, dass es geschehen ist. Dieser junge Mann hinterlässt eine Schwester, die im Reservat die Kinder der Cheyenne unterrichtet. Ein sinnloses Unternehmen, sag ich. Aber das geht dich nichts an, Fremder.“

Dan nickte gelassen und stand auf. „Ich hab’ es schon vergessen.“

„Das ist gut, Fremder. Jetzt hol dir Wasser aus dem Brunnen und halt dich hier nicht zu lange auf."

„Well.“ Dan drehte sich um und ging mit langen Schritten zum Stall, wo sein Pferd stand. Er hörte die Worte des Indianeragenten und sah nicht zurück.

„Fassen Sie an, Seven! Wir bringen ihn ins Haus. Dann mach ich mich auf den Weg. Rhonda Dickinson wird den Tod des Bruders schon überwinden.“ „Mr. Mallory, Dickinson wurde regelrecht zusammengeschossen. Soll ich nicht mal nachsehen und nach Spuren suchen? Vielleicht treiben sich ein paar Banditen im Reservat herum.“

„Sie bleiben hier, Waco Seven. Das Haus darf nicht unbewacht sein. Denken Sie an die Cheyennes und an die Lebensmittel, die im Haus lagern.“

„In Ordnung, Mr. Mallory, ich bleib hier.“

Dan hatte sein Pferd erreicht und drehte sich um. Er sah, wie Mallory und Waco Seven den Toten in das Haus trugen. Der aufgewirbelte Staub hatte sich gelegt. Die Dämmerung zog über den Hof. Das Windrad des Brunnens stand still.

Langsam ging Dan zum Brunnen und zog den Ledereimer aus der Tiefe. Er ließ erst sein Pferd saufen. Es pumpte das Wasser in sich hinein und prustete. Dan füllte den Eimer wieder, trank und spülte sich den Staub vom Gesicht Waco Seven schlenderte heran. Der schwarzgekleidete Mann schien von Ratlosigkeit und Argwohn geplagt zu werden.

„Du hast dich wohl verlaufen, Trapper? Wohin willst du eigentlich?“

Flüchtiges Lächeln huschte über Dans wettergebräuntes Gesicht.

„Das weiß ich selber noch nicht. Irgendwohin, immer der Nase meines Pferdes nach.“

„Ziemlich hässliche Schindmähre.“

„Aber treu, Waco Seven. Von Menschen kann man das nicht immer sagen.“

„Kommt drauf an. Jedenfalls haust du gleich ab — und mach einen großen Bogen um das Lager der Cheyennes, verstanden?“

„Du sagst das so, als wenn die Indianer die Pest hätten.“

Die hellen blauen Augen des Texaners schillerten seltsam.

„Nicht die Pest, aber eine Krankheit, die schlimm genug ist. Ich rate keinem Weißen, das Lager zu betreten.“

Dan horchte alarmiert auf. Er wollte Waco Seven nach der heimtückischen Krankheit fragen. Doch Seven schlenderte schon davon und verschwand im Haus der Indianeragentur.

Im Stall rumorten Pferde. Im weiten Tal war jetzt Totenstille. Der Wind war gestorben.

Das Land war trostlos und erschreckend öde. Hier konnten die Southern Cheyennes nicht überleben.

Das mussten Politiker und Militärs gewusst haben. Dennoch hatten sie einen einst stolzen und in den letzten Jahren stark zusammengeschrumpften Stamm in dieses Gebiet getrieben.

Er wischte mit dem Handrücken über das tropfnasse Gesicht und stapfte nach den Trümmern des Buggys hinüber. Im Zwielicht entdeckte er wenig später den abgebrochenen Pfeilschaft. Er riss ihn aus dem Holz des Buggys hervor und betrachtete ihn. Es war der Pfeil eines Northern Cheyenne. Ohne zu zögern, zerbrach Dan ihn und warf die Teile zwischen das Gerümpel. Jetzt wusste er, dass Bull Heads Krieger den blonden Mann auf dem Buggy gehetzt und getötet hatten.

Das könnte ihr Verderben sein.

Er musste zu ihnen reiten, sie finden und mit Bull Head sprechen. Die Zeit drängte.

Im Haus flackerte Licht auf und fiel auf die Türschwelle. Stimmengemurmel war zu hören.

Der Agent und sein Leibwächter traten vor die Tür, als sie den Hufschlag hörten. Dan Oakland tauchte in die Dämmerung hinein und verschwand.

„Ich hab’ das verdammte Gefühl“, sagte Waco Seven leise, „dass dieser Fremde uns Schwierigkeiten machen könnte.“

In den Augen des Agenten flackerte es düster auf. „Ich will keinen Kummer und Verdruss haben, Seven. Sie sind dazu da, um mir das vom Halse zu schaffen. Sollte dieser Fremde unseren Ratschlag nicht befolgen, dann sorgen Sie dafür, dass er außerhalb des Reservats verunglückt.“

Seven lachte kalt auf.

„Lassen Sie mich von der Leine, Mr. Mallory, und ich bringe ihn um.“

„Nein, nicht jetzt. Schließen Sie den Stall und das Haus ab, wenn ich unterwegs bin. Den Toten lasse ich hier. Rhonda Dickinson braucht ihren Bruder nicht zu sehen. Im Übrigen ging er mir auf die Nerven. Er war faul und trieb sich nur im Reservat herum. Außerdem war er so neugierig wie ein altes Weib. Das kann ich nicht vertragen.“

„Jetzt ist er stumm wie ein toter Hund.“

* * *

Lautlos zogen sie durch die Nacht Als die Sterne hell zu funkeln begannen, schlichen sie in die Schatten der hohen Felsentürme und zogen die Ponys in die Deckung.

„Wohin willst du, Sky?“ flüsterte Sun.

„Zu Bull Head, Sun. Warte hier!“

Geschmeidig glitt Sky um die Felsen und blieb neben Bull Head stehen. Der junge Cheyenne-Häuptling starrte zu zwei Spähern empor, die an einem mächtigen Felsen emporkletterten.

„Lass dir Zeit, Bull Head“, sagte Sky leise, „oder reite wie der Teufel zum Lager deiner Vettern und sieh nach, was dort geschieht. Die Weißen in diesem Land sind gefährlich. Sie könnten die Blauröcke in den Forts in dieses Reservat rufen und uns jagen lassen.“

„Sky-the-Walker ist ein mutiger Krieger, aber er spricht mit der Zunge einer ängstlichen Squaw“, entgegnete Bull Head stur. „Unsere Vettern müssen hier in der Nähe ihr Dorf haben. Bull Head läuft nicht vor ein paar Bleichgesichtern davon wie ein Rebhuhn. Er wird die Weißen töten, wenn sie ihm zu nahekommen.“

„Du hast schon fünf Krieger verloren, Bull Head. Drei wurden im Norden erschossen, einer wurde verschleppt. Jetzt ist wieder ein Späher getötet worden.“

Düster blickte Bull Head Sky an. Im Gesicht arbeiteten die Muskelstränge.

„Du willst, dass ich auf Catch-the-Bear warte.“

„Das wäre am klügsten, Bull Head. Mein Vater wird uns finden. Er hat die Nase eines Wolfes. Wir sollten uns verbergen und abwarten. Wenn du aber in das Lager unserer Freunde willst, tu es heute Nacht, nicht morgen, wenn es wieder hell ist und Weiße uns sehen könnten. Dieses Land ist eine große Falle.“

Bull Head lächelte hart.

„Wir gehen heute Nacht.“

Er starrte wieder zu den Spähern empor. Sky sah, wie sie den höchsten Punkt erreichten und über das Land spähten. Auf einmal gaben sie Zeichen. Bull Head knurrte zufrieden.

„Sie sehen das Lager unserer Vettern, Sky-the-Walker. Wir brechen sofort auf. Hast du mir noch was zu sagen?“

„Ja. Wenn der Weiße deine Krieger gesehen hat, wird bald Militär in das Reservat kommen. Hüte dich vor den Landmessern, Bull Head!“

Der junge Häuptling winkte ab. Er verachtete die Bleichgesichter. Im Norden hatten sie noch keine Gewalt über die Cheyennes. Er wusste nicht, wie elend die Cheyennes des Südens leben mussten, wie stark in diesem Gebiet die Militärposten waren. Auf dem langen Weg nach Süden waren sie nur ein einziges Mal auf Blauröcke gestoßen. Dabei hatten drei Kundschafter den Tod gefunden und waren skalpiert worden. Er fühlte sich überlegen und sicher.

Die Späher stiegen noch abwärts, als die Cheyennes schon aufbrachen. Still und zusammengesunken saßen sie auf den Ponys, doch ihre Wachsamkeit war noch nie so groß gewesen. Nahezu geräuschlos bewegte sich die lange Reiterkolonne durch die Mondnacht.

Sky und Sun ritten abseits und trieben die Pferde den Hang eines Höhenzuges empor. Zwischen den Felsen auf der Kammhöhe hielten sie an.

Vor ihnen lag weit, steinig und voller Sand das Tal der Southern Cheyennes. Die Spitzzelte ragten aus dem gleißenden Sand hervor. Ein paar Hunde streunten umher und suchten nach Fraß. Alte Armeedecken hingen im Lager. Es fehlten die hohen Stangen mit den Skalpen. Einige wenige Ponys standen mitten im Lager. Nirgendwo entdeckten Sun und Sky einen indianischen Wachtposten.

„Sie schlafen alle“, sprach Sky leise und nachdenklich. „Sie fühlen sich sicher oder haben sich selber bereits aufgegeben.“

Sun zog fröstelnd die Schultern an.

Weit und breit war kein Soldat zu entdecken. Die fernen weiten Hänge lagen verlassen im bleichen Sternenlicht.

Am Fuße des Höhenzuges ließ Bull Head halten. Die Indianer stiegen von den Ponys. Bull Head befahl, die Tiere zurückzulassen. Mehrere Cheyennes mußten die Ponys bewachen. Zu Fuß kamen die Krieger herauf. Bull Head trat neben Sky und starrte lange in das Tal.

„Wo sind die Büffel, von denen die Bleichgesichter gesprochen haben?“ fragte er bitter. „Wo sind die Antilopen, wo ist das klare Wasser? Sind meine Augen erblindet, dass ich nichts erkenne?“

„Deine Augen blicken wie die eines Adlers, Bull Head. Du siehst dort unten die Wahrheit, nicht das, was die Weißen gesagt haben. Sie haben Dull Knife schändlich belogen.“

Bull Head knurrte dumpf wie ein angriffsbereiter Wolf. Er winkte.

Die Krieger schlichen abwärts und auf das Lager zu.

Auch Sky und Sun ließen die Pferde zurück und machten sich zu Fuß auf den Weg. Sky hielt seine Winchester im Schatten des Körpers, damit das Metall nicht das Mondlicht reflektieren konnte.

Unwillkürlich suchte Sun nach seiner Hand. Er umfaßte sie fest.

Die Hunde schlugen kurz an, kamen ihnen winselnd entgegen und bettelten um Fraß. Die kleine Ponyherde ruckte hoch. Die Tiere äugten herüber.

Wieder gab Bull Head seinen Leuten Zeichen.

„Was hat er vor?“ raunte Sun.

„Wir sollen in die Wigwams gehen. Alle sollen verschwinden. Er hat recht. Wenn auch nur ein einziger Soldat in der Nähe ist und uns sieht, haben wir bald hundert Blauröcke auf unserer Spur.“

Sky übertrieb nicht. Die Armee hatte beide Stämme voneinander getrennt und das Land dazwischen abgeriegelt. Die Militärs wussten genau, dass die Northern Cheyennes niemals nach Süden gehen würden, wenn sie wüßten, wie erbärmlich ihre Vettern lebten, wie trostlos ihr Dasein war, wie schrecklich die heimtückische Krankheit unter ihnen wütete.

Aber sogar dicht vor dem Lager konnte Sky nichts von dieser Krankheit entdecken.

Wie Schatten glitten die Northern Cheyennes in das Lager und verteilten sich. Bull Head zischte — und alle verschwanden in den Wigwams und weckten die ausgemergelten und knochigen Gestalten.

Ein Stöhnen und Schluchzen ging durch das Lager. Viele Southern Cheyennes weinten vor dem Besuch aus dem hohen Norden.

Sky zog Sun in einen Wigwam hinein.

Beide erschraken.

Da kauerten Männer wie Skelette im Halbdunkel. Da lag eine Frau, die ihrem Baby keine Milch mehr geben konnte. Da saßen Kinder und blickten fiebrig zu Sky und Sun empor.

Diese Menschen wurden von einem Fieber geschüttelt. Nur der Tod konnte die armen Seelen von ihren Qualen erlösen. Es gab kein Chinin im Reservat, kein kräftiges Essen, kein Gemüse, keine Medizin — es gab nur Hitze, Staub, Hunger und Durst.

Sie hatten Malaria.

Sky spürte, wie Sun heftig zitterte. Er verließ mit ihr fluchtartig das Zelt. Sie verließen das Lager und hasteten den weiten Hang empor, um das Grauen von sich abzuschütteln. Auf der Kammhöhe blieben sie stehen.

Sun kamen die Tränen. Ihre Lippen bebten. Sie drückte das Gesicht an Skys Brust und schloß die Augen. Sie beruhigte sich nur langsam.

Sky hatte kein Wort gesagt. Sein Gesicht hatte graue Flecken.

„Die Armee“, stöhnte Sun, „lässt sie die Indianer einfach sterben?“

„Ja!“ Skys Antwort klang wie ein Schrei. „Ja, Sun! Sie tut nichts. Sie wartet auf den Tod der Cheyennes.“

„Ich will nicht, dass sie sterben“, sagte Sun und war plötzlich ganz ruhig. „Wir müssen ihnen helfen, Sky.“

„Woher sollen wir die Medizin holen, Sun? Die Weißen nennen die Medizin Chinin. Ich weiß es, ich musste damals in ihrem Krieg mitkämpfen. Du hast recht, wir müssen alles versuchen, Sun. Es muss hier einen Indianeragenten geben. Komm!“

Sie liefen zu den Pferden, warfen sich in die Sättel und ritten durch die Sternennacht.

Die Northern Cheyennes blieben im Lager ihrer Vettern.